ÖSTERREICH-UNGARNS LETZTER KRIEG 1914-1918

HERAUSGEGEBEN VOM ÖSTERREICHISCHEN BUNDESMINISTERIUM FÜR LANDESVERTEIDIGUNG UND VOM KRIEGSARCHIV

VIERTER BAND

DAS KRIEGSJAHR 1916

ERSTER TEIL

VERLAG DER MILITÄRWISSENSCHAFTLICHEN MITTEILUNGEN

WIEN

ERSTER TEIL DIE EREIGNISSE VON JÄNNER BIS ENDE JULI

UNTER DER LEITUNG VON EDMUND GLAISE-HORSTENAU BEARBEITET VON

JOSEF BRAUNER, EDUARD CZEGKA, JAROMIR DIAKÓW, FRIEDRICH FRANEK, WALTHER HEYDENDORFF, RUDOLF KISZLING, FRANZ MÜHLHOFER, ERNST WISSHAUPT UND

GEORG ZÖBL

MIT 29 BEILAGEN UND 4 SKIZZEN

VERLAG DER MILITÄRWISSENSCHAFTLICHEN MITTEILUNGEN

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, Vorbehalten

Copyright 1930 by Verlag der Militärwissenschaftlichen Mitteilungen in Wien

Einbandzeichnung von Rudolf Junk in Wien

Druck von Wertnner, Schuster Co., A. G., Wien V und Augustinus-Druckerei

Klosterneuburg

VORWORT ZUM VIERTEN BANDE

Krieg 1914—1918“, der nach Stoffgliederung und Aufbau den drei ersten Bänden gleichgehalten ist, enthält die Kriegsereignisse der sieben ersten Monate des Jahres 1916, außerdem eine Darstellung der Ausgestaltung der k.u.k. Wehrmacht, ihrer inneren Verfassung und der Entwicklung ihrer Kampfweise in der Zeit zwischen dem Winter 1914 15 und dem Frühjahr 1916.

er vorliegende vierte Band des Werkes „Österreich-Ungarns letzter



Die Schilderung der Frühjahrsoffensive gegen Italien bringt, abweichend von den bisherigen Richtlinien, mitunter auch die Kämpfe kleiner Einheiten, weil sie in dem schwierigen Gebirgsgelände Südtirols die Kriegshandlungen oft entscheidend beeinflußten. Desgleichen wurden die Durchbrüche der Russen bei Łuck und bei Okna eingehender beschrieben, um die Ursachen der überraschend großen russischen Erfolge bloßzulegen. Die Bearbeitung der Offensive gegen Italien litt darunter, daß von italienischer Seite noch kein diese Kriegsepoche behandelndes offizielles Kriegswerk vorliegt. Man war daher auf die Memoirenliteratur und die knapp gehaltenen Darstellungen von Privatpersonen angewiesen. Die Schriftleitung behält sich vor, nach Erscheinen des italienischen Generalstabswerkes, wenn erforderlich, einen Nachtrag über die italienischen Führerentschlüsse in einem der nächsten Bände zu bringen.

Die einzelnen Abschnitte wurden von nachstehenden Mitarbeitern verfaßt:

„Die Neujahrsschlacht 1916 gegen die Russen“ vom Hptm. d. BH. Wisshaupt;

„Die Eroberung von Montenegro und von Nordalbanien“ vom Obstlt. d. BH. Mühlhofer;

„Österreich-Ungarns Heer vom Karpathenwinter bis zum Frühjahr 1916“ vom Mjr. d. BH. Dr. Franek;

„Die drei Kriegstheater bis Mitte Mai 1916“ vom GM. d. R. Zöbl; einzelne Abschnitte haben Obstlt. d. BH. Brauner (Kärntner- und Isonzofront), Oberstaatsarchivar Obst. a.D. Kisz ling (Russischer Kriegsschauplatz) und Obstlt. d. BH. Mühlhofer (Balkan) bearbeitet;

,,Die Frühjahrsoffensive 1916 gegen Italien“ vom GM. d. R. Zöbl mit Beiträgen des Obstlt. Brauner (Kärntner- und Isonzofront), Mjr. Dr. Franek (K. u. k. I. Korps) und Hofrat d. R. Obst. a. D. Ehnl (K. u. k. VIII. Korps);

,,Die Offensive der Russen im Sommer 1916“ vom Obersten Ki szli ng gemeinsam mit Obstlt. d. R. Diakow, Mjr. d. BH. Dr. Czegka und Hptm. Wisshaupt;

„Die Südwestfront und der Balkan im Juni und Juli“ von Mjr. d. R. Heydendorff (Südtirol), Obstlt. Brauner (Isonzofront) und Obstlt. Mühlhofer (Balkan);

„Probleme der Kriegführung im ersten Halbjahr 1916“ vom Obst. Kiszling.

In gleicher Weise, wie es im Vorwort des III. Bandes angeführt ist, haben sich um das Werden des vorliegenden Bandes verdient gemacht: GO. d. R. Sarkotic-Lovcen, Gen. d. R. Ing. Ratzenhofer, GM. d. R. Spannocchi, Generalstaatsaixhivar Univ.-Prof. Dr. Bittner, Hofrat d. R. Obst. a. D. Ehnl, Hofrat d. R. Rtm. a. D. Sacken, Wirkl. Amtsrat Obstlt. a. D. Martinec und Amtsrat Mjr. a. D. Pi bl. Gen. d. R. Ing. Ratzenhofer überwand außerdem als neuer Leiter des Verlages in unermüdlicher Tätigkeit die Schwierigkeiten, die der Fortführung eines solchen Werkes in einer wirtschaftlich so bedrängten Zeit in wachsendem Maße entgegenstehen müssen. Allen genannten sowie den zahlreichen Führern und Generalstabsoffizieren des alten Heeres, die einzelne Abschnitte vor der Drucklegung zu überprüfen und zu ergänzen die Güte hatten, sei herzlichst gedankt.

Daß sich das Werk nach wie vor der ebenso unentbehrlichen wie verständnisvollsten Förderung durch den gewesenen Bundesminister für Heereswesen, Altbundeskanzler GdI. Vaugoin und durch seinen ersten Mitarbeiter, GdI. Schiebel, rühmen durfte, soll wie immer mit besonderem Nachdruck hervorgehoben sein.

Unveränderlicher Dank gebührt auch der großen Gemeinde der Bezieher, deren Treue zur guten Sache nicht genug gerühmt werden kann.

Wien, Herbst 1933.

Der Leiter der kriegsgeschicht- Der Direktor des Kriegsarchivs liehen Abteilung des Kriegsarchivs Dr. h. c. GLAISE-HORSTENAU KISZLING

INHALTSVERZEICHNIS

Seite

Vorwort zum vierten Bande.................................    V

Verzeichnis der Abkürzungen .................XVI

Die Neujahrsschlacht 1916 gegen die Russen

Die militärische Lage um die Jahreswende 1915 16....................3

Die Entschlüsse bei Freund und Feind..........................3

Die Vorbereitung für Angriff und Verteidigung..........5

Der Verlauf der Schlacht....................8

Die ersten Angriffe der Armee Letschitzki gegen Rarancze 27. bis 30. Dezember 1915).....................8

Der Angriff der Armee Schtscherbatschew an der Strypa (29 Dezember 1915

bis 4. Jänner 1916)...................11

Der Höhepunkt der Schlacht.................15

Der Einbruch der Russen bei Rarancze (1. bis    7.    Jänner)......15

Neuerlicher Durchbruchsversuch der russischen 7. Armee bei Kujda-

nów (7. Jänner)...................19

Massenangriffe der Russen bei Rarancze (10.    bis 19. Jänner) ...    22

Der Ausklang der Schlacht.................24

Betrachtungen über die Neujahrsschlacht.............27

Die Eroberung von Montenegro und Albanien

Der Feldzug in Montenegro...................33

Die Weisungen an die Befehlsgruppen..............33

Lage und Ereignisse bis zur Jahreswende.............35

Die Ereignisse an der montenegrinischen Nordfront bis zur Einnahme von

Berane........................38

Die Vorrückung des k.u.k. VIII. Korps und der    62. ID.......40

Die Offensive gegen die montenegrinische Westfront........42

Aufmarsch und Bereitstellung................42

Taktische Erwägungen und Befehle für die    Eroberung des Lovcen .    45

Die Erstürmung des Lovcen................48

Beginn der Verhandlungen.................53

Die Ereignisse    bis    zur Waffenstreckung    des    montenegrinischen Heeres .    .    56

Die Ereignisse    bis    Ende Jänner................59

Die Eroberung von Nordalbanien.................65

Die Vorrückung bis an den Škumbi..............65

Anmarsch    und    Bereitstellung................65

Die Eroberung    von Durazzo    (23.    bis 26.    Feber;.........71

Seite

Die Ereignisse bis Mitte März.....................76

Neugruppierung, Weisungen und Operationsstillstand.......76

Die Italiener in Valona..................78

Die deutsch-bulgarische Front bis Mitte März 1916........80

Österreich-Ungarns Heer vom Karpathenwinter bis zum Frühjahr 1916

Der Ausbau der Wehrmacht..................85

Verbrauch und Ersatz der Menschenkräfte............85

Ausbau der Fußtruppen und Wandlungen bei der Reiterei.......90

Der Ausbau der Artillerie..................96

Ausgestaltung und Tätigkeit der Hilfswaffen und der lleeresanstalten .    .101

Die Militär Verwaltung in den besetzten Gebieten..........109

In Polen.......................109

In Serbien, Montenegro und Albanien............113

Wandlungen der Heer-    und Kampfführung.............116

Der Weg zu einem    neuen Angriffsverfahren...........116

Neue Leitgedanken und Erfahrungen über die Abwehr im Stellungskriege    .    122

Die Kampfweise auf dem italienischen Kriegsschauplätze.......131

Die seelischen Kräfte....................137

Die drei Kriegstheater bis Mitte Mai 1916

Der Winter an der Südwestfront.................145

Plan der Italiener und Verteilung ihrer Kräfte für den weiteren    Kampf    .    145

Der Ausbau des italienischen Heeres im Jahre 1916........149

Die Wintermonate an    der Gebirgsfront..............152

Die Kämpfe in    Tirol..................152

Die Begebenheiten an der Kärntner Front ^Mitte Dezember 1915 bis

Ende März    1916)..................156

Die Ereignisse bei der k.u.k. 5. Armee von der Jahreswende bis    Anfang März    162

Die Wiedereroberung der Höhen von Oslavija.........164

Die fünfte Isonzoschlacht (11. bis    16. März)............167

Die k.u.k. 5. Armee bis zum    Beginn der Schlacht........167

Plan und Durchführung des    italienischen Angriffes.......169

Die Einleitung der Frühjahrsoffensive    gegen Italien..........172

Conrads endgültiger Entschluß zur Offensive...........172

Pläne des Heeresgruppenkommandos Erzherzog Eugen und des 11. Armeekommandos ....................174

Vorbereitungen und Versammlung der Streitkräfte..........179

Die Grundlagen der Vorbereitung..............179

Das Aufgebot der Kräfte.................183

Maßnahmen zur Geheimhaltung und zur Täuschung des    Feindes    .    .    186

Die öst.-ung. Ablenkungsangriffe am Isonzo und an der Kärntner

Front 17. März bis 7. April)..............189

Der Aufmarsch in Südtirol.................193

Seite

Die Gegenmaßnahmen der Italiener...............197

Die Ereignisse an der Tiroler Front von Anfang April    bis    Mitte    Mai    .    202

Die Kämpfe im Raum westlich der Etsch...........202

Die Sprengung des Col di Lana..............207

Die Ereignisse am Isonzo und an der Kärntner Front bis    Mitte    Mai    .    .    212

Die Aprilkämpfe im Suganatal................216

Der Gegenangriff der k.u.k.    18.    Infanteriedivision........220

Die Zeit des Wartens....................224

Die Ursachen für das Aufschieben des Angriffes.........224

Änderungen der Angriffsordnung..............227

Die Abwehrbereitschaft der Italiener.............230

Die Ostfront und der Balkan bis Mitte Mai 1916...........232

Kräfteabgaben der dem k.u.k. AOK. unterstehenden Ostfront und Stellungsbau .......................232

Pläne und Beschlüsse der Westmächte und der Stawka im ersten Jahresviertel 1916...................... 236

Die Kampfereignisse an der Ostfront von Anfang Februar bis    Mitte    Mai    1916    239

Die Begebenheiten auf dem Balkan im Frühjahr 1916.........245

Die Frühjahrsoffensive 1916 gegen Italien

Die Schlacht bei Folgaria und Lavarone..............253

Der Durchbruchsangriff der k.u.k. 11. Armee (15. bis 19. Mai .... 253

Die beiden ersten Schlachttage (15. und 16. Mai)........255

Das Ringen um die Entscheidung (17. bis 19. Mai.......261

Die Neuordnung der Heeresgruppe Erzherzog Eugen........267

Das Ablenkungsmanöver des XVII. Korps.............271

Die Gegenmaßnahmen der italienischen Führung..........273

Der Durchbruchsangriff des III. Korps..............277

Die Vernichtung der italienischen 34. Division.........277

Die Eroberung des Kempeirückens..............284

Die Ereignisse im Suganatal (20. bis 26.    Mai).........291

Hemmungen bei der 11. Armee................293

Die Umgruppierung auf dem rechten Armeeflügel (20.    bis    25.    Mai)    .    .    293

Die Vorgänge beim XX. Korps (20. bis 26. Mai).........296

Die Ereignisse an der Südwestfront abseits der 3. und der 11. Armee

(15. Mai bis 10. Juni)..................301

Die Schlacht bei Asiago und Arsiero    ',27.    Mai    bis    16.    Juni).......305

Die Absichten für die Weiterführung der Offensive........305

Die Besitznahme von Asiago (26. bis 29. Mai)..........311

Die Fortsetzung der Angriffe der 11. Armee (26. Mai bis 7.    Juni'i    .    .    .    .316

Die Kämpfe bei Arsiero.................316

Die Eroberung des Mt. Priaforä und die Kämpfe bei    Posina    .    .    .    .319

Der letzte Angriff auf den ßuolepaß.............321

Die Kämpfe um den Mt. Cengio..............322

Der Durchbruchsversuch im Asticotal............324

Seite

Die Ausbreitung der 3. Armee auf den Hochflächen der Sieben Gemeinden

,29.    Mai bis 8. Juni)..................327

Der    Durchstoß gegen die Val Canaglia............330

Die Eroberung des Mt. Meletta......-........333

Die Kämpfe im Becken von Asiago.............335

Der Ausklang der Offensive 10. bis 16. Juni)...........339

Die    Einschränkung der Ziele...............339

Der    letzte Angriff der 11. Armee .............342

Die    letzten Kämpfe der 3. Armee..............344

Der    Befehl zum Übergang in die Verteidigung.........347

Rückblick auf die Frühjahrsoffensive 1916 gegen Italien.......349

Die Offensive der Russen im Sommer 1916

Die Vorbereitungen bei Feind und Freund .... *.........359

Die Entwicklung des Planes für die russische Sommeroffensive .... 359

Die    Angriffsvorbereitungen Brussilows............364

Die Abwehrmaßnahmen an der öst.-ung. Ostfront von Mitte Mai bis zum

3. Juni 1916    .....................368

Der erste Ansturm des russischen Südwestheeres 4. bis einschließlich 9. Juni) 375

Der 4. Juni bei der k.u.k. 4. Armee..............375

Ablenkungsangriffe der 11. Russenarmee am 4. und 5. Juni......378

Der Durchbruchsangriff der 8. Russenarmee am 5. und 6. Juni.....382

Verlust der ersten und der zweiten Stellung westlich von Olyka am

5. Juni......................382

Rückzug der ganzen 4. Armee am 6. Juni...........388

Die Schlacht bei Łuck ,7. bis einschließlich 9. Juni.........394

Der Verlust des Brückenkopfes (7. Juni)............394

Vorbrechen der Russen über den Styr bei Łuck (8. und 9. Juni) .    .    . 404

Betrachtungen zur Durchbruchsschlacht bei Olyka—Łuck.......410

Die Angriffe der Armee Sacharow nordwestlich von Tarnopol 6. bis einschließlich 9. Juni)...................415

Die Angriffe der 7. und der 9. Russenarmee............417

Die Pläne der Generale Schtscherbatschew und Letschitzki.....417

Der Vorstoß der Russen gegen die Gruppe Benigni (4. bis 9. Juni) .    . 420

Der Durchbruch der Russen bei Jazlowiec v6. bis 7. Juni).....426

Das Zurückweichen des XIII. Korps von der Strypa (^8. bis 10. Juni) . 429 Die oberste russische Führung und die Gegenmaßnahmen der Verbündeten

zwischen 5. und 9. Juni..................435

Neuerliche Russenstürme auf beiden Dniesterufern , 10. bis 16. Juni .... 440

Der    Durchbruch bei    Okna    10. Juni)..............440

Rückzug der k.u.k. 7.    Armee am 11.    und    12. Juni........446

Das Standhalten    der    Südarmee (10.    bis    12. Juni)........451

Die    Entwicklung der    Lage    in Ostgalizien    und    in der Bukowina vom 13. bis

zum 15. Juni......................456

Neue russische Angriffe gegen die Mitte der Südarmee v13. bis 15. Juni) 460

Seite

Rückblick auf die Geschehnisse zu beiden Seiten des Dniester.....464

Die Zwischenzeit bis zur Gegenoffensive der Verbündeten in Wolhynien

(10. bis einschließlich 15. Juni)...............467

Die Zurücknahme der Armee Puhallo hinter die Linie Plaszewka—

Styr—Lipa (10. bis einschließlich 13. Juni).........467

Rückzug der    k.u.k. 4. Armee    zwischen    dem    10.    und    dem    13.    Juni    .    .    .    472

Die Gruppe    Bernhardi und    der    Nordflügel    Linsingens    zwischen    dem

10. und    dem 13. Juni.................474

Linsingens Angriffsplan und die Absichten Brussilows......477

Die Begebenheiten bei der Heeresgruppe Linsingen am 14. und    15. Juni    479

Beratungen und Entschlüsse der Feldherren um Mitte Juni......484

Verhandlungen zwischen Conrad und Falkenhayn......... 484

Ein neuer Entschluß der Stawka..............487

Die Gegenoffensive    der Mittelmächte...............489

Anfangserfolge in Wolhynien am 16. Juni.............489

Fortsetzung des Angriffes der Verbündeten (17. bis 19. Juni vormittags)    .    .    493

Die Kämpfe beim festhaltenden Nordflügel der Heeresgruppe    Linsingen

^16. bis 19. Juni vormittags)..............497

Linsingens geänderter Angriffsplan und die Kampfereignisse bis zum 20. Juni 500 Die Kämpfe in der Bukowina und in Ostgalizien bis zum 20. Juni .... 505

Der Verlust von Czernowitz (16. bis 18. Juni)..........505

Die Lage in der Mitte der öst.-ung. Ostfront vom 16. bis 20. Juni .    . 508

Das Vordringen der Russen    in der Bukowina    bis an die Suczawa

(19. bis 20. Juni)...................511

Die großen Führerentschlüsse zu Beginn der zweiten Junihälfte.....514

Conrads Entschluß zur Einstellung der Offensive gegen Italien .    .    .514

Plan einer Gegenoffensive beiderseits vom Dniester.......517

Die Pläne der russischen Führung zur Fortsetzung der Offensive .    .    . 522

Fortführung der Offensive Linsingens gegen Łuck (21. bis 29. Juni) .    .    . 524

Die Kämpfe in der Zeit vom 21. bis 24. Juni..........524

Neuerliche Abänderungen der Gegenoffensive Linsingens (25. bis 29. Juni) 530 Brussilows Befehle zur Wiederaufnahme des Angriffes ^25. bis 29. Juni) . 535 Der Flankenstoß der Armeegruppe Marwitz und das Verebben der Gegenoffensive Linsingens (30. Juni bis 3. Juli)...........537

Das weitere Vordringen der Russen in der Bukowina (21. bis 24. Juni) .    . 547

Die Armeen Bothmer und Böhm-Ermolli vom 21. Juni bis anfangs Juli .    . 553

Die    Schlacht bei Kolomea (erste    Phase).............555

Der Beginn der Kämpfe (24.    bis 27. Juni)...........555

Der Durchbruch der Russen am Pruth und bei Kuty (28. bis 30. Juni) 559 Neue Krise bei der k.u.k. 7. Armee und Gegenangriffe der Verbündeten

(1. bis 3. Juli)...................564

Die allgemeine Offensive des Zarenheeres in der ersten Julihälfte    568

Die Kriegslage zu Beginn des zweiten Halbjahres 1916........568

Die    russische Nordfront und der    Angriff der Westfront.......571

Die Schlacht bei Baranowicze    (2. bis 9. Juli)..........572

Der Ansturm des nördlichen Heeresflügels der russischen Südwestfront .    . 578

Seite

Verlust der Styrschlinge bei Czartorijsk und Rückzug Linsingens hinter

den Stochod ,4. bis 9. Juli '...............578

Die festhaltende Mitte der Heeresgruppe Linsingen und der letzte Vorstoßversuch der Armeegruppe Marwitz ^4. bis 9. Juli).....591

Neue Russenstünne gegen den südlichen lleeresflügel (4. bis    10.    Juli)    .    .    594

Die Schlacht bei Kolomea i zweite Phase'» ^4. bis 6. Juli)......594

Schtscherbatschews Angriff bei Barysz und bei Monasterzyska (4. bis

10. Juli'i ...............’.....599

Kämpfe in den Karpathen vom 7. bis zum 10. Juli........602

Endgültige Verlegung des Schwergewichtes der Russen in den Raum südlich vom Pripiatj....................608

Die Ereignisse an der Ostfront vom    10. bis zum 15. Juli.......610

Kämpfe um die Behauptung der    Stochodlinie..........610

Stillstand bei der Mitte und am Südfliigel der Heeresgruppe Linsingen

,10. bis 15. Juli)...................614

Neuerliche Vorstöße der Russen am Koropiec (10. bis 15.    Juli)    .    .    .    615

Fortdauer der Kämpfe in den Karpathen (10. bis 15. Juli).....617

Neues    Aufflammen der russischen Offensive in der zweiten Julihälfte    ....    623

Angriffe der Nordfront und der Westfront (16. bis 29. Juli)......623

Kuropatkins Vorstoß gegen Bausk..............623

Der Ausklang der Schlacht bei    Baranowicze..........624

Angriffe der Armee Sacharow (16.    bis 21. Juli)..........626

Ausweichen der Armeegruppe Marwitz hinter die Lipa (16. bis 19. Juli) 627

Die Schlacht bei Beresteczko (20. bis 21. Juli)..........633

Stillstand der Russen in Ostgalizien und weiteres Vorgehen Letschitzkis in

den Karpathen 16. bis 20. Juli)..............638

Führerentschlüsse bei Feind und freund (19. bis 21. Juli).......642

Entlastungsvorstoß aus der Mitte der Armee Pflanzer-Baltin (21. bis 27. Juli) 646 Neuerliche Vereitelung der Bereitstellung der Durchbruchsgruppe am

Dniester 21. bis 27. Juli'...............649

Die Schlacht bei Brody 22. bis 28. Juli.............650

Der Schlacht bei Kowel entgegen (22. bis 27. Juli'..........658

Betrachtungen zur Brussilow-Offensive 1916...........660

Die Südwestfront und der Balkan bis Ende Juli 1916

Die italienische Gegenoffensive in den Sieben Gemeinden.........667

Die Kämpfe in der zweiten Junihälfte..............667

Die neue Abwehrfront der Heeresgruppe Erzherzog Eugen und der

italienische Angriffsplan................667

Das Beziehen der Dauerstellung und das Nachstoßen der Italiener .    . 670

Die Abwehrschlacht in den Sieben Gemeinden (1. bis 24. Juli).....675

Beurteilung der Lage, Entschlüsse und Maßnahmen auf beiden Seiten . 675

Die Ereignisse in der ersten Julihälfte............677

Die italienischen Angriffe in der Vallarsa und im Posinabecken Borcolaschlacht - r 10. bis 24. Juli...............6S3

Seite

Der zweite Vorstoß der Italiener gegen das k.u.k. III. Korps (22. bis

24. Juli) .....................686

Die Fleimstaloffensive der Italiener (21. bis 27. Juli........689

Begebenheiten an den übrigen Abschnitten der Südwestfront.......693

Gefechte an den Tiroler Nebenfronten..............693

Die Ereignisse am Isonzo und an der Kärntnergrenze Juni    und Juli 1916 . 696

Der Kampfraum am Isonzo vorübergehend als Nebenfront.....696

Der Gasangriff auf der Hochfläche von Doberdö........698

Die Kämpfe und Kräfteverschiebungen an der Isonzofront im Juli 1916 703

Die Ereignisse an der Kärntner Front............706

Die Balkanfront von Mitte Mai bis Ende Juli    1916..........708

Die Begebenheiten in Albanien................'708

Lage und Erwägungen bei Freund und Feind............712

Probleme der Kriegführung im ersten Halbjahr 1916 Personenverzeichnis und Verzeichnis der öst.-ung. und der verbündeten Truppenverbände

Personenverzeichnis ......................729

Verzeichnis der    öst.-ung. Truppenverbände..............736

Verzeichnis der    deutschen Truppenverbände .............744

Verzeichnis der    bulgarischen Truppenverbände ............745

Verzeichnis der    türkischen Truppenverbände.............745

Druckfehlerverzeichnis .....................747

BEILAGEN- UND SKIZZENVERZEICHNIS

Lage in Wolhynien und Ostgalizien am 1. Jänner 1916.......Beilage 1

Kämpfe bei Kujdanów. Lage am 1. Jänner 1916..................„    1

Kämpfe bei Rarancze. Lage vom 1. bis 2. Jänner vorm. 1916 ....    „    1

Kriegsgliederung der k.u.k. 7. Armee am 15. Dezember 1915 ...    „    1

Kriegsgliederungen für das erste Halbjahr 1916..................„    2

Die Eroberung von Montenegro und von Nordalbanien durch die k.u.k.

3. Armee. 5. Jänner bis 18. März 1916......................„    3

Lage auf dem Westbalkan am 1. Jänner 1916......................,,    3

Die Eroberung des Lovcen..................................„    3

Lage in Albanien Mitte März 1916..........................„    3

Die Einnahme von Berane..................................„    3

Die Eroberung von Durazzo..................................„    3

Tabellen zur Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht vom Kriegsbeginn bis

Anfang Mai 1916......................................„    4

Laufbild der Eisenbahn-Truppentransporte vom 6. Dezember 1915 bis

Ende Mai 1916......................................,,    5

Die Lage in Tirol Mitte Februar 1916..........................,,    6

Verteilung der italienischen Streitkräfte Mitte Februar 1916..........„    6

Die Bahnen und Straßen im Operationsgebiet der Offensive aus Südtirol 1916    „    7

Lage im Küstenlande vor Beginn der fünften Isonzoschlacht (11. März 1916)    „    8

Die Heeresgruppe Erzherzog Eugen anfangs April 1916 und die italienischen Verteidigungsstellungen............................,,    9

Das Kampfgelände in der Val Sugana..........................,,    9

Lichtbilder der Bocche di Cattaro und der Lessinischen Alpen..........„    10

Lichtbilder des Kampfraumes auf den Hochflächen von Asiago ....    „    11

Die Schlacht bei Folgaria und Lavarone..........................12

Endgültiger Angriffsplan der Heeresgruppe Erzherzog Eugen..............12

Die Lage am 15. Mai 1916......................................12

Absicht des 11. Armeekommandos nach Befehl vom 19. Mai 1916 ...    „12

Die Artillerie der 11. Armee am 15. Mai 1916.............13

Durchbruchsraum des XX. Korps..............................,,    14

Die Gruppierung der Infanterie am 15. und am 20. Mai 1916...........,    14

Durchbruchsraum des III. Korps..................................15

Die Lage des III. Korps am 23. und am 25. Mai 1916 abends ....    „    15

Die Gruppierung der Infanterie am 28. Mai und am 6. Juni 1916 ...    ,,15

Die Lage am 26. Mai 1916......................................16

Verteilung der italienischen Streitkräfte Anfang Juni 1916..........„    16

Die Lage am 12. Juni 1916..................................„    17

Das Kampfgelände um den Mt. Priaforä ............................17

Das Kampfgelände um den Mt. Meletta ............Beilage 17

Die Lage am Isonzo Mitte Mai    1916............................,,    17

Die Lage an der Kärntnerfront    Mitte Juni 1916..................„    17

Die Lage in Wolhynien und in    Ostgalizien am 4.    Juni 1916 früh ...    ,.18

Angriffsplan nach den Weisungen der Stawka vom 31. Mai 1916 ....    „    18

Laufbild der Eisenbahn-Truppentransporte vom l.Juli bis 2. August 1916    19

Die Durchbruchskämpfe in Wolhynien vom 4. bis einschließlich 9. Juni 1916    „    20

Die Kämpfe bei Okna am 4. Juni 1916..........................„    21

Der Durchbruch bei Jazlowiec.    6. bis 10. Juni 1916................,,    21

Der Durchbruch bei Okna. 10.    bis 12. Juni 1916..................,,    21

Die Lage in Ostgalizien und in der Bukowina vom 17. bis einschließlich

26. Juni 1916............................................21

Die Heeresgruppen    Böhm-Ermolli und    Linsingen    vom    10.    bis    15. Juni    1916    ,,    22

Die Gegenoffensive    der Heeresgruppe    Linsingen    vom    16.    bis    20. Juni    1916    ,,    22

Die Gegenoffensive    der Heeresgruppe    Linsingen    vom    21.    bis    29. Juni    1916    „    23

Die Gegenoffensive    der Heeresgruppe Linsingen vom 30. Juni bis 3. Juli    1916    „    23

Schlacht bei Kolomea. 28. Juni bis 7. Juli 1916.............24

Kämpfe bei Monasterzyska. 4. bis 13. Juli 1916............24

Kämpfe in den Karpathen. 6. bis 27. Juli 1916....................„    24

Schlacht bei Brody. 25. bis 28. Juli 1916........................,,    24

Kriegsgliederungen für den russischen Kriegsschauplatz    im Juli 1916 .    .    „25

Die Schlacht bei Baranowicze. 2. bis 9. Juli 1916..................„    26

Verlust der Styrschlinge bei Czartorijsk und Rückzug Linsingens hinter

die Stochodlinie. 4. bis 15. Juli 1916.............26

Ausweichen der Armeegruppe Marwitz hinter die Lipa. 16. bis 19. Juli 1916    „    26

Die Schlacht bei Beresteczko. 20. bis 21. Juli 1916................„    26

Lage und Verteilung der Kräfte im Osten am 27. Juli 1916..........„    27

Die Lage an der k.u.k. Ostfront am 27. Juli 1916...........27

Lage auf dem westlichen Kriegsschauplatz Ende Juli 1916............„    27

Die Lage der k.u.k. 3. und 11. Armee am 30. Juni 1916........28

Die Fleimstalfront. 21. Juni 1916...............................,    28

Die Kräftegruppierung auf dem Nordteil der Hochfläche von Doberdö am

29. Juni 1916......................28

Kampfraum Tofanen- Ruffredo. 8. Juli 1916.............28

Lage auf dem Balkan Ende Juli 1916..........................„    29

Der Kampfraum an der unteren Vojusa........................„    29

Die Verteidigungsstellungen der ital. 2. und 3. Armee im Frühjahr    1916 .    Skizze    1

Lage an der Kärntnerfront und am oberen Isonzo nach Durchführung

der Ablösungen anfangs April 1916........................,,    2

Angriffsplan nach den Weisungen der Stawka vom 13. März 1916    ...    ,,    3

Die Adamellogletscher......................................,,    4

Kampfraum bei Riva im April 1916............................,,    4

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN

AOK. Armeeoberkommando ArtKmdt., ArtKmdo. = Artilleriekommandant i^-kommando)

Baon. - Bataillon belg. -- belgisch

BkBaon., BkKomp. Brückenbataillon ^-kompagnie)

BregD., VardD. -- Bregalnica-^Vardar-)di-vision Bt. = Batterie D. = Division Det. = Detachement Dionskav. = Divisionskavallerie DOHL. — Deutsche Oberste Heeresleitung DonD. I ^11), DrinD., MorD., ŠumD., TimD. = Donau- (Drina-, Morava-, Sumadia-, Timok-) division I. (II.) Aufgebotes DR.. HR., UR. = Dragoner- (Husaren-, Ulanen-) regiment EisSichAbtlg. = Eisenbahnsicherungsabteilung

ER. = Eisenbahnregiment F = Feld

FABrig. = Feldartilleriebrigade FHR., FHD. = Feldhaubitzregiment (-division) finn. finnisch FJB. = Feldjägerbataillon FKR., FKD. = Feldkanonenregiment ’-di-vision)

F1W. = Flammenwerfer FiakBt., Flakzug= Fliegerabwehrkanonenbatterie (-zug)

Flakn. == Fliegerabwehrkanone FiiegKomp., FliegAbtlg. = Fliegerkompagnie (-abteilung [deutsch])

Frw. -- Freiwilligen

FsAR., FsABaon., FsAKomp. = Festungsartillerieregiment ^-bataillon, -kompagnie)

FsIBrig., FsIBaon. = Festungsinfanteriebrigade ^-bataillon)

Gb — Gebirgs

GbAR. = Gebirgsartillerieregiment GbBrig. = Gebirgsbrigade GbSchR. = Gebirgsschiitzenregiment GdA., GdI., GdK. =■ General der Artillerie ^Infanterie, Kavallerie)

Gen. - General

GendR., GendBaon., GendSchwd. = Gendarmerieregiment (-bataillon, -schwadron)

GID., GKD., GKosD. = Gardeinfanterie-(-kavallerie-, -kosaken-) division (deutsch, russ.)

GLt. = Generalleutnant ^deutsch, ital., russ.)

Gr\V., GrWZug = Granatwerfer (-zug) GrzJKomp. = Grenzjägerkompagnie GrzSchutzKomp. = Grenzschutzkompagnie H = Ilonvéd HaBrig. = Halbbrigade 1 Ib = Haubitze

HHR., IIHD. -- Honvédhusarenregiment (-division)

IIID., HIBrig., HIR. = Honvédinfanterie-division (-brigádě, -regiment)

ID., IBrig., IR., IBaon. = Infanteriedivision (-brigádě, -regiment, -bataillon) IPKomp. = Infanteriepionierkompagnie kauk. = kaukasisch

KavSchR., KavSchD. = Kavallerieschützenregiment (-division)

KD., KBrig. = Kavalleriedivision (-brigade) KJR. = Regiment der Tiroler Kaiserjäger Kn = Kanone

KombD. = kombinierte Division (serb.) KombKD. kombinierte Kavalleriedivision KosD., KosBrig. = Kosakendivision (-brigade)

KSchD., KSchBrig., KSchR., KSchArtKmdo. = Kaiserschützendivision (-brigade, -regiment, -Artilleriekommando)

Kub. Kuban

LdgBt. = Landungsbatterie

Lst — Landsturm


LstSAbt. = Landsturm-Sappeurabteilung LstEtBaon. = Landsturmetappenbataillon LstHusBrig., LstHusR., LstHusD = Landsturmhusarenbrigade (-regiment, -division)

MaBaon., MaKomp., MaSchwd. = Marschbataillon (-kompagnie, -schwadron) MG., MGAbtlg., MGKomp. = Maschinengewehr (-abteilung, -kompagnie [deutsch])

Ms. = Mörser

MW., MWAbtlg., MWKomp. = Minenwerfer (-abteilung, -kompagnie [deutsch])

PB. = Pionierbataillon Pos. = Positions R. = Reserve

RD. — Reservedivison ^deutsch), Reichswehrdivision (russisch)

RdfBaon. = Radfahrbataillon RFKR., RHFKR. = Reserve- ,-honvéd-) feldkanonenregiment RFHR., RHFHR. = Reserve- -honvéd-) feldhaubitzregiment

RIBrig., RIR. = Reserveinfanteriebrigade (-regiment [öst., deutsch]) rt.AD. = reitende Artillericdivision rt.DSchD.= reitende Dalmatiner Schützendivision

rt.SchR. = reitendes Schützenregiment rt.TKSchD. = reitende Tiroler Kaiserschützendivision SB. — Sappeurbataillon SchD., SchBrig. = Schützendivision {-brigade [öst., russ.])

SchR., SchBaon. Schützenregiment (-bataillon)

Schwd. = Schwadron Sekt. = Sektion

sFAR., sHFAR. = schweres ^Honvéd-) Feldartillerieregiment sFHD = schwere Feldhaubitzdivision sHbBt. = schwere Haubitzbatterie sib. = sibirisch

Stawka = Russische Oberste Heeresleitung StSchBaon., StSchAbtlg. = Standschützenbataillon (-abteilung) turk. = turkestanisch


Bei den Truppen sind die 1918 gültigen Bezeichnungen angewendet.

DIE NEUJAHRSSCHLACHT 1916 GEGEN DIE RUSSEN

IV

i



Die militärische Lage um die Jahreswende 1915/16

Die Entschlüsse bei Freund und Feind

Als Ende 1915 die zweiten Kriegsweihnachten ins Land zogen, da hallte — nach den schweren Herbstkämpfen — nur schwacher Kriegslärm durch die friedlos gewordene Welt. Einzig im Südwestwinkel Deutschlands, am Hartmannsweilerkopf, flammte knapp vor dem Christabend für kurze Weile ein heftiger örtlicher Kampf auf, der mit einem Abwehrerfolg der Deutschen endete. Aber hinter den Fronten sannen die Hauptquartiere um so emsiger nach, wie der Krieg aus seiner neuerlichen Erstarrung befreit, wie er im kommenden Jahre zur Entscheidung gebracht werden könnte (Bd. III, S. 565 ff.).

Die Mittelmächte litten schon schwer unter der Absperrung, die der Feindbund über sie verhängt hatte. Die Zeit arbeitete unzweifelhaft gegen sie. Desto wichtiger war es für die Heeresleitungen, möglichst bald einen Weg ins Freie zu finden. GO. Freih. v. Conrad hatte anfangs Dezember den Plan, im Frühjahr 1916 mit vereinten Kräften über Italien herzufallen, zu entscheidender Erwägung gestellt. War Italien abgeschüttelt, dann sollte die stärkste Front des Feindes, die französischbritische, an die Reihe kommen. Die verhältnismäßig kurze Frist, die vor dem Einsetzen der Angriffsvorbereitungen in Südtirol zur Verfügung stand, wollte der öst.-ung. Generalstabschef noch zur Niederwerfung Montenegros und Nordalbaniens ausnützen. War es schon fraglich, ob es zur Vertreibung der Entente aus Saloniki kommen werde, so sollte doch der Westflügel der neuen Balkanfront und damit der Südosten der Monarchie einigermaßen gesichert sein.

GdI. v. Falkenhayn setzte beiden Vorschlägen Conrads undurchsichtige Zurückhaltung entgegen. Dies veranlaßte die k.u.k. Heeresleitung Mitte Dezember, ohne die förmliche Zustimmung der DOHL. die für den Aufmarsch gegen Montenegro nötigen Weisungen zu erteilen, wobei sie auch über die bisher dem GFM. v. Mackensen unterstellte k.u.k. 3. Armee frei verfügte. Darüber kam es zu einem völligen Bruch zwischen den beiden Generalstabschefs, der die Jahreswende überdauern sollte. Freilich hatte der deutsche Generalstabschef inzwischen ganz ohne Vorwissen des Bundesgenossen einen für die weitere Kriegführung des

l*

ganzen Vierbundes viel schwerer wiegenden Entschluß gefaßt. Sein Blick hatte sich längst vom Balkan und von Italien weg nach dem Westen gewendet, wobei ihm allerdings nicht ein Vernichtungsschlag im Sinne der großen Lehren der Kriegsgeschichte vorschwebte, sondern die von des Gedankens Blässe angekränkelte Hoffnung, die feindliche Widerstandskraft irgendwie,,zermürben“zu können. Zu einem solchenZermürbungs-kampf wähnte er die Franzosen durch einen Angriff gegen ihre Ausfallspforte Verdun herauszufordern. Erinnert man sich noch, daß im öst.-ung. Hauptquartier schon im Juli 1915 die Möglichkeit gestreift worden war, den Strauß gegen Italien gegebenenfalls auch ohne Mitwirkung des Verbündeten zu wagen, so zeichnete sich damit schon um die Jahreswende 1915/16, mochte auch Österreich-Ungarn noch keine bindenden Entschlüsse gefaßt haben, das wenig günstige Bild ab, das die Kriegführung der Mittelmächte in der nächsten Zukunft bieten mußte. Hatte im Jahre 1915 gemeinsames Handeln den beiden Kaisermächten gewaltige Erfolge gebracht, so bargen die zu getrenntem Vorgehen führenden Absichten für 1916 den Keim des Mißerfolges in sich, wobei noch zu bedenken ist, daß der über die stärkeren Mittel verfügende Heerführer, GdI. Falkenhayn, den Möglichkeiten einer Kriegsentscheidung auf dem Schlachtfelde überhaupt mit bangen Zweifeln gegenüberstand.

Entgegen den Führern der Mittelmächte hatten sich die der Entente bei ihren Beratungen im Dezember 1915 im Grundsätzlichen willig dem Gebote der Stunde unterworfen. Was sie bisher vergeblich versucht hatten: einen gemeinsamen Angriff aller wider den Festungswall des Gegners — das sollte und mußte endlich im Jahre 1916 zur Tat werden! Erheblich schwerer wurde es den Teilnehmern des Kriegsrates von Chantilly, sich über die Frist zu einigen, zu der der gewaltige Sturm losbrechen sollte. Die Kämpfe des Jahres 1915 hatten am Marke aller Alliierten gezehrt. Es mochte, so sehr man in jeglichem Belange aus dem Vollen schöpfen konnte, wohl noch geraume Zeit verstreichen, ehe man ein entsprechendes erfolgverheißendes Machtaufgebot an Mann und Material zur Stelle gebracht hatte. Man beschied sich schließlich, den Generalangriff für den Monat März in Aussicht zu nehmen. Aber kaum einer der Konferenzteilnehmer mochte ernsthaft daran geglaubt haben, sein Versprechen erfüllen zu können.

Mit diesem durch die Not aufgezwungenen Aufschub war allerdings eine große Gefahr verbunden. Der Gegner konnte mit seinem Schwerte in die Maschen des Netzes fahren, noch ehe es über seinem Haupte zugezogen war. Dies zu verhindern, dazu wurde bemerkens-

Die Kriegspläne für das Jahr 1916

werterweise gerade jene Macht vorzeitig auf den Plan gerufen, die — abgesehen von Serbien — aus dem Feldzuge 1915 die allerschwersten Wunden heimgetragen hatte: das Zarenreich. Den Anreiz hiezu hatte teils der neue Generalstabschef der Russen, Alexejew, selbst gegeben; zum Teil war er noch aus der Not Serbiens erwachsen (Bd. III, S. 559ff. und 584). Auch die Hoffnung, Rumänien mitzu reißen, spielte hinein. So übertrug man, war auch der Augenblick einer unmittelbaren Hilfeleistung Rußlands für die Serben längst versäumt, zu Chantilly dem Zarenheere die Aufgabe, den Gegner die nächsten Monate über zu fesseln. Die erste Kriegshandlung dieser Art war schon in Vorbereitung, als in der Konferenz der Beschluß gefaßt wurde. Und Alexejew war trotz der Niederlagen von 1915 nicht der Mann, sich bescheidenen Hoffnungen hinzugeben. Der Angriff, der die öst.-ung. Front über Lemberg und Kolomea zurückwerfen sollte, hätte nach den Plänen dieses Generals nur den Auftakt zu jenem Entscheidungsschlag gegen die Donaumonarchie bilden sollen, von dem er schon seit etlichen Wochen träumte. Ein großer Anfangserfolg sollte das mehr denn je zögernde Rumänien zum Eingreifen veranlassen und in weiterer Folge die Alliierten auch auf dem Balkan zu neuen Taten entflammen.

5


Die Vorbereitungen für Angriff und Verteidigung

Hiezu Beilage 1

Zu den großen Hoffnungen des Führers standen freilich die wenig günstigen Vorbedingungen, die für den Angriff der Russen gegeben waren, in einigem Widerspruch. Wohl war die neugebildete 7. Armee, Gen. Schtscherbatschew, (II., XVI. Korps, V. kauk. Korps, S.turk. SchD., 2. selbst. DonKosBrig., 21. DonKosBrig.) schon anfangs Dezember von Odessa in den Raum Woloczysk-Husiatyn, das XI. Korps vom Nordflügel der russischen 9. Armee und das XII. Korps aus Wolhynien an die bessarabische Grenze befördert worden. Die Korps der 7. Armee zählten jedes 30.000 Streiter und hatten mehr Geschütze als zu Beginn des Krieges, darunter allerdings nur wenig schwere Batterien. Auch die Reihen der 2. SchD. und der 82. RD., die beide aus Wolhynien nach Kamieniec-Podolski und nach Ulaszkowce herbeigeführt wurden, waren nach den verlustreichen Herbstkämpfen wieder aufgefüllt worden. Aber es herrschte noch immer Mangel an Munition; "die Zuschübe der Entente über Archangelsk und Wladiwostok waren noch unzureichend. Auch hatte die nach dem Yorbilde des Jahres 1812 von der russischen Heeresleitung schon im Sommer eingeleitete allgemeine Flucht der Bevölkerung die Etappe in Verwirrung gebracht. Hungerndes, hilfloses Volk und auch tausende von Marodeuren strömten durch Städte und Dörfer. Die Bahnen waren verstopft, der Transportdienst war völlig zerrüttet. Die Munitions- und Lebensmittelzuschiibe wurden zeitweilig ganz unterbrochen. Im Dezember trat an der russischen Südwestfront eine schwere Verpflegskrise ein. Die Magazine in der Etappe waren leer. Die Armeen litten bitteren Mangel an Verpflegung, Schießbedarf, Bekleidung und Schuhwerk1). Dazu hemmte die schlechte Witterung alle Truppenbewegungen. Anfangs Dezember brach Tauwetter ein. Die in Morast und Schlamm versinkenden Fuhrwerke und Geschütze blieben allenthalben stecken. Um die Weihnachtszeit folgte härteres Winterwetter. Schneegestöber verwehte die Straßen. Die Flüsse trieben Eis; unter dem Anprall der Eisschollen brachen viele Brücken zusammen.

Außerdem hatten sich zwischen Iwanow und seinem Stabschef, Gen. Sawitsch, mancherlei Zwistigkeiten ergeben. Im letzten Augenblick mußte Sawitsch durch den Gen. Klembowski ersetzt werden2). Unter solchen Umständen war es kein Wunder, wenn Iwanow wenig Vertrauen auf das Gelingen der Winteroffensive setzte. Sein Angriffsplan paßte sich aber den weitgesteckten Zielen des Gen. Alexejew an. Der 9. Armee, Gen. Letschitzki, (XII., XI., XXXII., XXXXL, XXXIII. Korps, III. KavKorps) war der erste Angriff zugedacht. Sie sollte durch einen kraftvollen Vorstoß zwischen Dniester und Pruth die Aufmerksamkeit des Gegners von der Hauptangriffsfront ablenken. Die 7. Armee (V.kauk., II., XVI. Korps), der noch das XXII. Korps der 11. und das II. KavKorps der 9. Armee überwiesen wurden, hatte den entscheidenden Schlag über die Strypa zu führen. Gen. Schtscherbatschew sollte den Durchbruch an einer ihm geeigneten Stelle erzwingen und dann die öst.-ung. Front nach Norden aufrollen. Die 11. Armee, Gen. Sacharow, (XVIII., VI., VII. Korps) hatte sich später dem Angriffe der 7. Armee anzuschließen, während der 8. Armee, Gen. Brussilow, (XVII., VIII., XXXIX., XXX, XXXX, XXIV. Korps, V. KavKorps) die Aufgabe zufiel, durch erhöhte Kampftätigkeit die Streitkräfte des Gegners in Wolhynien festzuhalten3).

1) G o 1 o v i n e, The Russian Army in the World War (in englischer Sprache, New Haven 1931), 183 ff., 230.

2)    Lemke, 250 Tage in der zaristischen Stawka (in russischer Sprache, Leningrad 1920), 298.

3)    Klembowski, Strategische Studie über den Weltkrieg 1914—1918 (in russischer Sprache, Moskau 1920), IV. Teil, lOf.

Bei der k.u.k. Heeresleitung in Teschen waren schon Mitte Dezember Nachrichten eingelaufen, daß bei den Russen das XI. Korps in Ostgalizien und das XII. Korps in Wolhynien aus der Front gezogen und einwaggoniert wurden. Wohin diese beiden Korps gefahren wurden, konnte man bald erfahren. Am 18. Dezember begannen die Russen gegen den rechten Flügel der Armee GdK. Freih. v. Pflanzer-Baltin1), namentlich im Flügelgelände nördlich von Bojan, eine lebhafte Aufklärungstätigkeit zu entwickeln. Beim k.u.k. XI. Korps wurden bei diesen Gefechten Gefangene eingebracht, die zu den Regimentern der 11., der 12., der 19. und der 32. Russendivision gehörten. Damit war festgestellt, daß die Russen das XII. und das XI. Korps gegen die Bukowina herangeführt hatten, und es bestand für die öst.-ung. Führung kein Zweifel mehr, daß Letschitzki beabsichtigte, das Frontstück zwischen Pruth und Dniester anzugreifen.

GdK. Pflanzer-Baltin zog schnell die Folgerungen aus dieser Lage und begann noch am 19. mit Truppenverschiebungen, um seinen rechten Flügel zu verstärken. Die Masse der um Sniatyn versammelten 51. HID.

— Divisionsstab, 201. HIBrig., Artillerie — wurde mit der Bahn nach Czernowitz gefahren und war vom XI. KorpsKomdo. hinter die Brigade Papp in den Raum von Mahala-Rarancze zu ziehen. Die übrigen Truppen der 51. HID. sollten einstweilen als Armeereserve nördlich von Czernowitz verbleiben. Die bei Kotzmann bereitgestellte 202. HIBrig. hatte nach Czernawka hinter die Mitte der 42. HID. abzurücken. Auch wurde die Artillerie des XI. Korps durch zwei schwere und vier leichte Haubitzbatterien sowie durch eine leichte Kanonenbatterie aus den anderen Frontabschnitten der 7. Armee verstärkt. Am 21. ließ Pflanzer-Baltin zwei Regimenter des XIII. Korps an den rechten Armeeflügel, das IR. 16 nach Toporoutz und das IR. 50 in den Raum um Okna, entsenden; das FJB. 27 des Korps FML. v. Hadfy wurde hinter den linken Flügel des XI. Korps gestellt. Die 5. HKD. und das IR. 57 der 12. ID. versammelte das Armeekmdo. bei Zastawna. Von Dorna Watra wurden vier Bataillone der Gruppe Obstlt. Scholtz, die in den Waldkarpathen schanzten, mit dem Auftrag nach Zurin herangezogen, die Flanke des Korps GdK. Edl. v. Korda vor einer Umgehung durch die Russen auf dem rechten Pruthufer zu schützen. Ferner entschloß sich die Heeresleitung, die 9. IBrig., die erst vor kurzem vom Korps FZM. Ritt. v. Benigni an die Isonzofront abgegeben worden war (Bd. III, S. 483), wieder der 7. Armee zuzuführen.

*) Gliederung der k.u.k. 7. Armee am 15. Dezember siehe Beilage 1.

S    Die    Neujahrsschlacht    1916    gegen    die    Russen

All diese Truppenbewegungen sollten möglichst rasch durchgeführt werden, denn der Angriff gegen das XI. Korps war nach den Aussagen der russischen Gefangenen noch zu Weihnachten zu erwarten. Am 23. und in den beiden folgenden Tagen kam es auf der tief verschneiten Hügel fläche östlich von Toporoutz und von Rarancze zu lebhaften Kämpfen mit russischen Vortruppen. Im Nebel und Schneegestöber wurden die öst.-ung. Vorposten von den Russen überfallen. GdK. Korda zog die ihm zugewiesenen Armeereserven näher hinter seinen Südflügel heran, die 201. HIBrig. nach Mahala und Rarancze, die 202. HIBrig. nach Toporoutz und das IR. 16 nach Czernawka. Am 26. nachmittags begannen neue russische Batterien auf die Stellungen des Korps Korda sich einzuschießen. Alles deutete darauf hin, daß ein russischer Angriff auf den Frontabschnitt von Rarancze unmittelbar bevorstehe.

Der Verlauf der Schlacht

Die ersten Angriffe der Armee Letschitzki gegen

Rarancze (27. bis 30. Dezember 1915)

Hiezu Beilage 1 sowie Nebenskizzen

Der Angriff, der die öst.-ung. Wehrstellung vom Pruth bis zum Dniester durchstoßen sollte, wurde vom Gen. Letschitzki mit allen Divisionen des XII. (12. u. 19. ID.) und des XI. Korps (32. u. 11. ID.) aus Bojan und aus dem Tale des Rakitnabaches angesetzt1). Den Gegner hier anzugreifen, hieß ihn an einer starken Stelle packen. Auf dem von GM. Foglár, dem Kommandanten der 51. HID, befehligten Südflügel des k.u.k. XI. Korps hielt Obstlt. Papp mit drei ungarischen Landsturmund mit vier Gendarmeriebataillonen sowie mit der ruthenisch-rumäni-schenFreiwilligenabteilung das linke Pruthufer und die starkverschanzte Höhe Dolżok besetzt. Nördlich anschließend auf dem Höhenrand östlich von Rarancze und von Toporoutz und dann weiter im Norden durch die Waldzone bis zum Dniester verlief, tief eingegraben, die Stellung der 42. HID, FML. Liposćak. Die verstärkte Artillerie des XI. Korps, insgesamt 36 leichte und 11 schwere Batterien, hatte GdK. Korda in neun Gruppen, davon je drei unter einheitlichem Befehl nahe hinter der Hauptstellung postiert. Insbesonders vermochten die hinter dem nach

*) Klembowski, 12.

Osten vorspringenden Dołżok und nächst Toporoutz aufgestellten Artilleriegruppen das Vorfeld auf der Hügelfläche vonRarancze flankierend zu bestreichen.

Am 27. Dezember um 7 h früh begann die Schlacht. Auf der ganzen Front von Kalinkovvcy bis Bojan brach das Feuer der russischen Batterien los. Es richtete sich hauptsächlich gegen die Verschanzungen auf dem Dołżok und schlug die Schrapnellschutzdächer ein. Die Artillerie des Korps Korda antwortete aus allen Rohren und beschoß die russischen Angriffswellen, die sich aus Bojan und aus den kleinen Niederungen, die vom Rakitnabach auf die Hügelfläche von Rarancze hinaufführen, vorwärtssammelten. Mühsam arbeiteten sich die tiefgegliederten Regimenter des XII. Russenkorps gegen die beiden Flanken der Höhe Dołżok heran. Auf der Hochfläche östlich von Rarancze und von Toporoutz schoben sich langsam die ersten Schützenlinien des russischen XI. Korps vor, während nördlich der Waldzone aus dem Dorfe Czarny Potok und aus der Dniesterschleife von Samuszyn Schwarmlinien des XXXII. Russenkorps vorrückten und einen Angriff vortäuschten.

Unter dem Abwehrfeuer der öst.-ung. Artillerie kam das Vorgehen der russischen Infanterie auf der ganzen Front alsbald zum Stehen. Die Schützenketten gruben sich in dem gefrorenen Boden ein. Um Mittag legte die russische Artillerie Sperrfeuer in das Gelände von Rarancze, um ein Eingreifen der dort vermuteten Reserven des Gegners zu verhindern. Indes hatte aber GdK. Korda in der richtigen Erkenntnis, daß sich der russische Hauptangriff gegen den nach Osten vorspringenden Stellungsteil auf dem Dołżok richte, schon die ihm vom Armeekmdo. zur Verfügung gestellte 201. HIBrig. aus der Niederung des Hukeubaches dicht hinter den bedrohten Abschnitt herangeschoben. Um lh nachm. versuchte die russische Infanterie, gegen die beiden Flanken des Dołżok vorzugehen, sie wurde aber durch das Seiten- und Stirnfeuer der öst.-ung. Artillerie blutig abgeschlagen. GdK. Pflanzer-Baltin zog unterdessen ein Regiment der 200. HIBrig. (HIR. 302) nach Mahala, das andere (HIR. 301) nach Rarancze heran. Am Abend trafen die ersten Transportzüge der vom italienischen Kriegsschauplatz zurückberufenen 9. IBrig. in Zuczka ein. Sie hatte am 28. nach Mahala zu rücken.

An diesem Tage entbrannte der Kampf aufs neue. Vergebens suchten frische Angriffswogen des XII. Russenkorps von Bojan aus die rechte Flanke der Höhe Dołżok aufzureißen, vergebens mühten sich Verstärkungen der linken Flügeldivision des russischen XI. Korps, die Hochfläche von Rarancze zu erstreiten. Die Angreifer wurden abermals von dem Stirn- lind Flankenfeuer der öst.-ung. Batterien erfaßt und brachen vor den Stellungen der Brigade Papp und vor dem rechten Flügel der kroatischen 42. HID, FML. Lipošéak, entkräftet zusammen. Unterdessen setzte Letschitzki nach einem mächtigen Geschützfeuer das zweite Treffen der russischen 11. ID. von Kalinkowcy aus zu einem neuen Sturme in der Richtung auf Toporoutz an. Aber auch vor Toporoutz hielten die Kroaten in ihren zerschossenen Gräben heldenmütig stand und schlugen, durch die Artillerie vortrefflich unterstützt, alle russischen Angriffe ab. GdK. Korda hatte nur Teile des in Czernawka bereitgestellten IR. 16 in dem Abschnitt zwischen Toporoutz und dem Südrande der Waldzone einsetzen müssen, um die schwer ringenden tapferen Grabenbesatzungen zu verstärken.

Nördlich der Waldzone waren am 28. die 103. RD. des russischen XXXII. Korps bei Dobronoutz und die 74. RD. des russischen XXXXI. Korps in der Dniesterschleife von Sa.muszyn vorgegangen. Diese Angriffe, mit schwächeren Kräften geführt, wurden vom linken Flügel der 42. HID. leicht abgewiesen. Vor dem Korps Benigni gingen feindliche Kräfte, die sich schon am 27. gegen den Brückenkopf von Sińków vorgearbeitet hatten, wieder in ihre Ausgangsstellungen zurück. Dagegen entwickelten sich vor der 6. KD, am linken Flügel des Korps Hadfy, russische Schwarmlinien, was auf einen bevorstehenden Angriff gegen die Brückenkopfstellungen bei Uścieczko deutete. GdK. Pflanzer-Baltin entschloß sich daher, das IR. 5 der 15. ID, das hinter dem linken Flügel des XIII. Korps in Reserve stand, mit der Bahn von Buczacz nach Horo-denka fahren zu lassen, um es im Falle der Not bei der 6. KD. einsetzen zu können.

Die Nacht zum 29. widerhallte von erbitterten Minenwerfer- und Handgranatenkämpfen auf dem Dolżok, wo sich die Russen mit Mühe durch den gefrorenen Boden dicht an die Stellungen der Brigade Papp herangegraben hatten. Als der Morgen graute, wehrten die Gendarmeriebataillone dieser Brigade einen neuen, allerdings schwächlichen russischen Angriff aus Bojan ab. Indessen sammelten sich frische Kräfte der russischen 11. ID. von Kalinkowcy wieder nach vorwärts und schritten um Mittag, nach neuerlichem Wirkungsschießen der russischen Artillerie, bei Toporoutz und nördlich davon, zum Angriff. Teile des IR. 16 und vor allem die Artillerie halfen, auch diesen Ansturm zu brechen. Nun vermochten die erschöpften Angriffsdivisionen des Gen. Letschitzki den Kampf nicht mehr fortzusetzen und mußten sich vor den Stellungen des Korps Korda eingraben.

Der Angriff der Armee Schtscherbatschew an der

Strypa

(29. Dezember 1915 bis 4. Jänner 1916)

Für den entscheidend gedachten Angriff, der die öst.-ung. Stellung an der Strypa durchbrechen sollte, hatte Gen. Schtscherbatschew den verhältnismäßig schmalen Abschnitt zwischen Wiśniowczyk und Bobu-lińce ausgewählt. Gegen diese Front marschierte im ersten Treffen das II. Korps auf. Dahinter wurden ansehnliche Streitkräfte, die 3. turk.SchD. und das XVI. Korps bereitgestellt, um nach dem Durchbruch den Keil tiefer einbohren zu können. Zu beiden Seiten des II. Korps hatten das

V. kauk. Korps zwischen Bobulińce und der von Czortków nach Buczacz führenden Straße, das XXII. Korps zwischen Wiśniowczyk und Bieniawa Begleitangriffe zu führen. Bei Czortków wartete das drei Divisionen starke II. Kavalleriekorps auf den Augenblick, da es zur Verfolgung vorreiten könnte.

Gen. Schtscherbatschew verzichtete auf Erkundungsunternehmen, um den Gegner besser überraschen zu können. Er begann erst am 28. Dezember, einen Tag vor dem gewählten Angriffsbeginn, seine Divisionen aus dem Raume Strusów—Kossów gegen die mittlere und untere Strypa vorzuführen, die hier von Österreich-Ungarns XIII. und VI. Korps gehalten wurde. Mühsam arbeiteten sich die Truppensäulen durch das tief verschneite Hügelgebiet vorwärts. Die vorausgesandten Abteilungen stießen in der Gegend von Dobropole auf die Vorpostenstellungen der vom GM. Blasius v. Dáni befehligten 39. Division. Dieses Vordringen des Feindes erweckte beim VI. Korpskmdo. sofort den Eindruck eines bevorstehenden größeren Angriffes der Russen auf Kujdanów. GdI. v. Arz befahl seinen Sicherungstruppen, einem ernsten Kampf auszuweichen und in die Hauptstellungen zurückzugehen, die am linken Korpsflügel auf dem Westufer der Strypa verliefen.

Am 29. Dezember früh entspannen sich im Vorland der Strypa lebhafte Gefechte. Die von der 132. IBrig. des Korps FML. Hofmann besetzte Höhe Mogila wurde überraschend durch Abteilungen des russischen XXII. Korps angegriffen und genommen. Gleichzeitig durchbrach dieser Feind auch südlich der Mogila plötzlich die Vorpostenlinie der

39. HID., so daß sich ein Teil der Sicherungstruppen nur unter Kampf und mit Verlusten über die Brücken der Strypa in die Hauptstellungen zurückziehen konnte. Als die Russen jedoch weiter gegen Wiśniowczyk vorstießen, empfing sie das Feuer der 39. HID., deren Batterien aus dem

1*2    Die    Ncujahrsschl.icht    1916    gegen    die    Russen

Abschnitt östlich von Kujdanów vom Ostufer flankierend wirkten. Der Angriff kam dadurch bald ins Stocken. Ebenso wurden feindliche Kräfte, die sich gegen die 12. ID. auf dem Südflügel des VI. Korps heranschoben, durch Artilleriefeuer niedergehalten. Finnische Truppen waren gegen den Brückenkopf von Burkanów vorgeprellt. Sie wurden von der 132. IBrig., Obst. Edl. v. Bolzano, unter beträchtlichen Verlusten abgeschlagen. Die in der Mitte des Korps Hofmann fechtende 131. IBrig. wies einen Vorstoß gegen den Brückenkopf von Sokołów zurück.

Aus den Aussagen der Gefangenen war zu erkennen, daß vier russische Divisionen — 26. und 43. ID., 3. und 4. finn. SchD. —, in der Mitte gegen das VI. Korps zusammengeballt, im Angriffe waren. GdK. Pflanzer-Baltin ließ am 29. abends das nach Horodenka rollende IR. 5 anhalten und nach Buczacz umkehren. FML. Iiadfy hatte das IR. 57, das seinem Korps überwiesen worden war, in Zaleszczyki bereitzustellen, um es nötigenfalls zur Verstärkung der Strypafront dem IR. 5 nach Buczacz folgen zu lassen. Aus Teschen erging am 29. Dezember an das Kommando der Südarmee der Befehl, die vom GM. Werz geführte, bei Kozowa in Reserve stehende 38. HID. an die 7. Armee abzugeben. An Stelle der 3S. HID. wurde die aus der Front der 2. Armee ausgeschiedene 43. SchD. nach Kozowa beordert.

Am 30. bei Morgengrauen begannen russische Batterien, die in der Nacht aufgefahren waren, die Stellungen des VI. Korps, namentlich den rechten Flügel der 39. HID., auf den Höhen östlich von Kujdanów, planmäßig zu beschießen. Da der überraschende Einbruch nicht gelungen war, suchte Schtscherbatschew durch seine Artillerie die Verschanzungen des Gegners sturmreif zu machen. Die Regimenter des bei Dobropole aufmarschierten russischen II. Korps sammelten sich inzwischen in den Mulden und Tiefenlinien der leichtgewellten Hügelfläche gegen die Strypa zu nach vorwärts und wurden dabei von der Artillerie des k.u.k. VI. Korps und auch des Korps Hofmann unter Sperrfeuer gehalten.

Um Mittag wuchs der Geschützkampf zu bisher unbekannter Stärke an. Die russischen Batterien überschütteten den rechten Flügel der 39. HID. mit ihren Geschossen. Die Schanzen auf den Höhen am Ostufer der Strypa waren in Rauch und Staubwolken gehüllt. Die standhaften Verteidiger ertrugen das Feuer, obwohl ihre Gräben stark beschädigt wurden. Als die russische Angriffsinfanterie um 2h nachm. zum Angriff schritt, um den Durchbruch bei Kujdanów zu erzwingen, geriet sie abermals in das Kreuzfeuer der Geschütze und Maschinengewehre und wurde trotz mehrmaliger Sturmversuche blutig abgewiesen.

GdK. Pflanzer-Baltin hatte inzwischen dem VI. Korps die Spitzenbrigade (76. HIBrig.) und die Artillerie der von der Südarmee in Eilmärschen heranrückenden 38. HID. überwiesen. Ferner ordnete er schon am Morgen den Abtransport des IR. 57 von Zaleszczyki nach Buczacz an. Da trafen am Nachmittag beim 7. Armeekmdo. Nachrichten ein, die einen scharfen Vorstoß der Russen auch gegen die Dniesterfront erwarten ließen. An Korda erging daher der Befehl, von der knapp nördlich von Czernowitz stehenden 9. IBrig. ein Regiment mit Bahn nach Horodenka und das andere nach Werenczanka zu fahren, was gewagt werden konnte, weil es an der bessarabischen Grenze am 30. Dezember ruhiger geworden war.

Während Letschitzki auf der Hügelfläche östlich von Rarancze einen neuen Schlag vorbereitete und zur Ablenkung der Aufmerksamkeit des Gegners schwächere Kräfte gegen den von der 6. KD. verteidigten Brückenkopf von Michalcz,e vorführte, setzte Schtscherbatschew am 31. den Angriff an der Strypa fort. Am Vormittag wurde russische Infanterie, die gegen das VI. Korps vorzugehen versuchte, durch Artillerie niedergehalten. Die Spitzenbrigade und die vorausgesandte Artillerie der 38. HID. langten unterdessen in Gnilowody ein. Am Nachmittag brach nach mehrstündigem Wirkungsschießen der Artillerie das russische II. Korps gegen Kujdanów vor. Der stärkste Druck richtete sich gegen das HIR. 9, das auf dem rechten Flügel der 39. HID. stand. Bis zu fünfzehn Reihen tief wälzten sich die Angreifer heran. Das Ringen war schwer, wurde aber von der Honvéd bestanden. Die russischen Angriffswellen erhielten wieder Stirn- und Flankenfeuer aus Grabengeschützen und Maschinengewehren. Mit Handgranaten gingen die Verteidiger den Stürmern zu Leibe. Als sich die zerschossenen russischen Angriffshaufen nach sechsmaligen vergeblichen Sturmversuchen durch das von Leichen bedeckte Vorfeld in ihre Ausgangsstellungen zurückzogen, sprangen die Verteidiger mit wilden Rajta- und Éljenrufen aus ihren Deckungen und schossen stehenden Fußes den Flüchtenden nach1).

In der Silvesternacht fuhren die Batterien der neuangekommenen 38. HID. auf, Maschinengewehre wurden zur Unterstützung der Grabenbesatzungen vorgesandt. Müde standen die tapferen Streiter des VI. Korps in ihren Verschanzungen und warteten auf neuen Angriff. Doch die russische Artillerie schwieg über Nacht und gestattete dem Verteidiger, die schweren Schäden an den Stellungen auszubessern.

Am Neujahrsmorgen versuchte das russische II. Korps wieder gegen A r z, Zur Geschichte des großen Krieges 1914—1918 (Wien 1924), 96f.

die Höhen östlich von Kujdanów und gegen die anschließenden Verteidigungsabschnitte des VI. Korps vorzugehen; doch kamen die Angriffe unter der Wirkung des Abwehrfeuers der öst.-ung. Artillerie nicht zur Entwicklung. Der Einsatz der Batterien und der Maschinengewehre der 38. HID. hatte genügt, um die Truppen des Korps Arz zum weiteren Standhalten zu befähigen.

Bei der Südarmee richtete sich gegen einen östlich von Sokołów vorgeschobenen Stützpunkt der 131. IBrig. am 1. Jänner ein Vorstoß von Teilen des russischen XXII. Korps, der gleichfalls abgeschlagen wurde. Die Stellungen des XIII. Korps und die von der 6. KD. verteidigte Brückenschanze von Michalcze standen tagsüber unter dem heftigen Feuer russischer Geschütze.

Am 2. lag das russische II. Korps entkräftet in seinen Angriffsstellungen und mußte sich mit einem stehenden Feuerkampfe begnügen. Am 3. machte sich um 3 h nachm. von Pilawa her gegen die von der 12. ID,, GM. Edl. v. Hinke, verteidigten Höhen südöstlich von Bobulińce ein schwächerer Vorstoß des V. kauk. Korps geltend. Gleichzeitig entwickelten sich am Nordflügel des XIII. Korps Vorfeldkämpfe.

GdK. Pflanzer-Baltin hatte mittlerweile zwei Regimenter der 38. H-ID. von Gnilowody nach Monasterzyska fortgezogen, um sie mit der Bahn zum XI. Korps zu fahren. Auf die Nachricht, daß russische Infanterie in die Vorpostenstellungen des XIII. Korps eingedrungen sei, wurde eines der beiden Regimenter nach Buczacz befohlen. Das V. kauk. Korps wagte indes nicht, den Brückenkopf von Buczacz entschieden anzugreifen. Es führte den Kampf mit wenig Nachdruck und kam am 4. über die Vorpostenlinie des XIII. Korps nicht hinaus. Erst gegen Abend richtete sich südlich der Straße Buczacz—Czortków ein Angriff gegen die Hauptstellungen der 36. ID., der aber schon im sehr wirksamen Artilleriefeuer liegen blieb.

Damit hatte sich der erste Ansturm der Russen gegen den Nordflügel der Armee Pflanzer-Baltin erschöpft. Die Armee Schtscherbatschew hatte seit der Eröffnung der Schlacht fast 18.000 Streiter geopfert, wogegen das k.u.k. VI. Korps in derselben Zeit nur 800 Mann, hauptsächlich durch Artilleriefeuer, verloren hatte. Die russische Heeresleitung war bitter enttäuscht, daß der so überaus verlustreiche Angriff der Armee Schtscherbatschew, auf den sie große Hoffnungen gesetzt hatte, nicht zur Überraschung des Gegners und zum Durchbruch durch die Strypafront geführt hatte. „Die großen Verluste“ — so schrieb Gen. Alexejew an Iwanow — „stehen mit den geringen Erfolgen nicht im Einklang. Man muß dem Sturmreifschießen der gegnerischen Stellung mehr Augenmerk zuwenden und alle Streitmittel zum Kampfe heranziehen1).“ Während das XXII. Korps und insbesonders das V. kauk. Korps nur schwächliche Angriffe führten, hatte das II. Korps mehr als die Hälfte seiner Streiter vor und in den Hindernissen des Gegners liegen gelassen. Schtscherbat-schew hatte zu Beginn des Kampfes den Verlauf der öst.-ung. Wehrstellung an der Strypa nicht gekannt. Seine Artillerie beschoß stundenlang Höhen im Vorfeld des k.u.k. VI. Korps, die längst geräumt waren. Auch als der Augenblick der Überraschung vorbei war, beschränkte der methodische Armeeführer seinen Angriff auf den verhältnismäßig schmalen Frontabschnitt Wiśniowczyk—Bobulińce und ließ ansehnliche Streitkräfte — drei Divisionen — unbenützt hinter dem zusammenbrechenden

II. Korps stehen.

Aber auch die russische 11. Armee, GdK. Sacharow, verharrte während des schweren Ringens in ihren Gräben. Schon rechnete Gen. Alexe-jew mit der Möglichkeit, daß die deutsche Südarmee selbst die Offensive ergreifen und auf Tarnopol und Zbaraż vorstoßen könne. Er wies am 2. Jänner den Gen. Iwanow telegraphisch an, ohne Verzug Vorkehrungen zu treffen, um ein Vorgehen der Deutschen mit einem Gegenschlag aus dem Kremieniecer Bergland oder aus der Front Wiszniewiec—Zbaraż beantworten zu können 2).

Zu diesem Zwecke wurden die Mitte Dezember von der Westfront nach Odessa verlegten russischen Gardetruppen (I. und II. GKorps unter Gen. Bezobrazow) hinter die russische 11. Armee in den Raum von Woloczysk herangezogen. An Schtscherbatschew und an Letschitzki ging der Befehl, den Kampf mit allem Nachdruck weiterzuführen.

Der Höhepunkt der Schlacht

Der Einbruch der Rtisse?i bei Rarancze (1. bis 7. Jänner)

Schon am 1. Jänner entbrannte an der bessarabischen Grenze ein neuer schwerer Kampf, in dem Letschitzki die Mitte des k.u.k. XI. Korps zwischen Toporoutz und Rarancze zu sprengen suchte. Er ballte in den Waldstücken und in den Rinnen, die von Osten auf die Hügelfläche führen, zwei Divisionen, die 32. und die 19. ID., zum wuchtigen Stoße zu-

1)    Lemke, 299 u. 312.

2)    Ebenda, 299.

sammen. Um den Gegner zu täuschen, ließ Letschitzki die russische

12. ID. schon in der Silvesternacht von Bojan aus die Südflanke des Dolżok angreifen. Die auf dieser Höhe fechtenden zwei Gendarmeriebataillone wiesen den feindlichen Überfall blutig ab.

Am Morgen des Neujahrstages setzte gegen den Abschnitt Toporoutz-Rarancze schweres Vorbereitungsfeuer der russischen Artillerie ein. Zwischen 9 h und 11 h vorm. richtete sich ein erfolgloser Vorstoß der russischen

11. ID. aus der Niederung von Kalinkowcy gegen den Abschnitt von Toporoutz bis zur Waldzone. Bald darauf ging ein Geschützfeuer über die Stellungen auf der Hochfläche östlich von Rarancze nieder, wie es in solcher Heftigkeit vor Czernowitz noch nicht gehört worden war. In den Stellungen am Südflügel der 42. HID. stürzten die Schrapnellschutzdächer ein und verlegten die Gräben. Qualm und Rauch wälzte sich über die Beobachtungsposten und raubte ihnen Atem und Sicht. Die Besatzungen hatten sich Unterstände in die vordere Grabenwand und in die Schulterwehren gewühlt und harrten in drangvoller Enge des feindlichen Ansturmes.

Um Mittag legten die russischen Batterien Sperrfeuer in die Niederung des Hukeubaches. Doch inzwischen hatte FML. Lipočsak schon Teile der 202. HIBrig. in die feuertoten Räume dicht hinter den mächtig beschossenen Stellungsteil vorgeschoben. Als nun die russische Infanterie durch die zerschossenen Drahtverhaue auf dem äußersten Südflügel der 42. HID. in die arg beschädigten Stellungen eindrang, stürzten sich die Bataillons- und die Regimentsreserven sowie die Truppen der 202. HIBrig., die knapp hinter dem Höhenrand lagen, auf den Feind und trieben ihn wieder aus den Gräben hinaus. Aber nach neuerlicher Beschießung durch die russische Artillerie wälzten sich um 3 h nachm. frische Angriffshaufen — sechs russische Regimenter — heran. Diesmal vermochte der ungestüm anrennende Feind in einer Ausdehnung von etwa anderthalb Kilometern in vordersten Stellungen der 42. HID. festen Fuß zu fassen. Weiter gelangte der russische Angriff allerdings nicht. Denn schon auf die erste Nachricht von dem Einbruch der Russen hatte GdK. Korda von seinen Korpsreserven zwei Bataillone der 51. HID. von Rarancze auf die kampfumtobte Hochfläche vorgezogen. An dem Westrand der Höhe vermochten sich die erschöpften Grabenbesatzungen, unterstützt von den herbeigeeilten Verstärkungen, festzuklammern. Die entkräftete russische Angriffsinfanterie mußte sich mit dem an sich kargen Gewinn auf der Hügelreihe bescheiden, der allerdings genug bedeutungsvoll war, denn er gestattete den russischen Artilleriebeobachtern Einblick in die

Schwerer Kampf bei Toporoutz und Rarancze

Mulde des Hukeubaches und in die Sammelräume der Reversen des Korps Korda. Glitten die Verteidiger bei einem neuerlichen Ansturm der Russen vom Höhenrand herab, dann war die Gefahr groß, daß damit die ganze Front des XI. Korps unhaltbar würde.

17


Als sich die Dämmerung in die Niederung des Hukeubaches senkte, führte Obst. v. Sávoly, der Kommandant der 202. HIBrig., ein Regiment der 51. HID., das Pflanzer-Baltin der 42. HID. überwiesen hatte, auf die Hochfläche vor. Zwar verirrten sich die Reserven in der Dunkelheit, doch konnte während der langen Winternacht die verhältnismäßig schmale und wenig tiefe Einbruchstelle durch die buntgemischten Scharen der 202. HIBrig., der Brigade Obstlt. Papp, der 51.HID. und der 42.HID. abgeriegelt werden.

Unterdessen holte GdK. Korda das IR. 16 von Czernawka und das ihrr vom Armeekmdo. auch noch unterstellte letzte Regiment der 5 l.HID. (HIR. 305) von Mahala nach Rarancze heran. Pflanzer-Baltin beorderte das von Buczacz nach Horodenka rollende IR. 5 nach Zuczka (knapp nördlich von Czernowitz) und befahl dem XI. Korps, das verlorene Frontstück bei Rarancze zurückzuerobern. Am 2. bei Morgengrauen setzte FML. Liposćak die herbeigeeilten Verstärkungen — das HIR. 305 und das IR. 16 — unter der Führung des GM. Tanárky von Rarancze her zum Gegenangriff an. Schon beim Aufstieg auf die Hügelfläche stießen die zwei Regimenter mit den Russen zusammen. Der Feind wurde zurückgedrängt, doch allen Bemühungen, den verlorenen Stellungsteil zurückzuerobern, blieb der Erfolg versagt. Gegen Mittag setzten gegen die Fronteinbuchtung zwischen Rarancze und Toporoutz überaus scharfe Gegenstöße der Russen ein.

In Anbetracht der kritischen Gefechtslage zog GdK. Korda alle Reserven, die er auf seinem linken Flügel entbehren konnte — das FJB. 27, ein Bataillon des IR. 50 und eine Brigade der 11. HKD. —nach Rarancze und nach Toporoutz heran. Als die auf dem rechten Flügel der 42. HID. fechtenden Truppen nach heißen Ringen sämtliche Vorstöße der Russen am Westrand der Hügelfläche aufgefangen hatten, wollte FML. Liposćak den Gegenangriff fortsetzen lassen. Allein GdK. Pflanzer-Baltin, der am 2. aus seinem Flauptquartier zum XI. Korpskmdo. nach Sadagóra geeilt war, um die Abwehr an Ort und Stelle selbst zu regeln, verbot jeden weiteren Gegenangriff mit den durch den Kampf völlig durcheinandergekommenen Truppen. Er befahl dem FML. Liposćak, die Verbände zu ordnen und Reserven aus der Feuerlinie herauszuziehen. Dem XI. Korps überwies Pflanzer-Baltin die als Rückhalt für den Dniester-

IV    2 abschnitt bestimmte 9. IBrig. von neuem. Er betraute den GM. Elmar, den Korpsartilleriechef der Gruppe Benigni, mit der Organisation der Abwehr durch Artilleriefeuer und gab dem GdK. Korda die Weisung, die 9. IBrig. hinter dem Dolzok bereitzuhalten, um mit ihr den Russen in die Flanke zu stoßen, falls sie die Mitte des XI. Korps durchbrechen sollten. Auch waren am rechten Pruthufer bei Zurin vier Batterien bereit, den Feind mit Flankenfeuer zu überfallen. Schließlich rollte noch ein Regiment der 38. HID. über Kolomea zur Unterstützung des XI. Korps heran. Da der Feind aber auch am Dniester die Brückenschanze von Michaleze dauernd bedrohte, sah sich GdK. Pflanzer-Baltin genötigt, dieses Regiment als Ersatz für das IR. 5 nach Iiorodenka abzulenken. So nützte der tatenfrohe Führer der 7. Armee das Bahnnetz hinter der Front der 7. Armee im vollen Maße aus, um seine Reserven rasch an die bedrohten Stellen der Front zu befördern.

Auch die Heeresleitung war nicht müßig gewesen und sandte dem rechten Flügel der Armee Pflanzer-Baltin die auf dem Balkan freigewordene Gruppe FML. Fülöpp (4 Landsturmbataillone und 2 Batterien) als Verstärkung zu. Außerdem wurden in Wolhynien ansehnliche Streitkräfte zugunsten der Front in Galizien und in der Bukowina ausgeschieden. Schon am 21. Dezember hatte die Südwärtsverschiebung des Kavalleriekorps FML. Edl. v. Lehmann (2., 4. und 7. KD.) von Łuck gegen Brody begonnen. Bei Sapanów, Dubno und Chorupan an der Ikwa, bei Czernysz am Kormin und im Styrbogen von Czartorijsk flackerten wohl seit den letzten Tagen des Jahres 1915 kleine Gefechte auf. Es waren aber nur Täuschungsangriffe der Russen, die wirkungslos blieben und die Reserven des Gegners nicht zu binden vermochten.

Am 2. Jänner ordnete die Heeresleitung den Abtransport der

40. HID. von Radziwilow nach Kolomea an. Als Ersatz für diese Division hatte die aus dem Verbände der 1. Armee ausgeschiedene 24. ID. hinter die 2. Armee zu rücken. Ferner gedachte die Heeresleitung, die bei Łuck stehende 21. SchD. nach Radziwilow zu verschieben, um sie von dort ebenfalls mit der Bahn an den rechten Heeresflügel verschieben zu können.

Vor Czernowitz brannten die schweren Kämpfe fort. Am 3. griffen die Russen auf den Hügeln östlich von Rarancze wieder an, alle ihre Anstürme scheiterten jedoch an der heldenmütigen Haltung der Verteidiger (IR. 16, HIR. 26, Teile der 51. HID. und der 202. HIBrig.). Desgleichen mißglückte ein scharfer Vorstoß der russischen 74. RD. aus der Samuszynschlinge gegenüber dem zähen Widerstande der kroatischen Honvéd. Gen. Letschitzki schonte seine Truppen nicht und erneuerte am

4., unter Einsatz der 11. ID. und der 2. Plastunbrigade, nach heftigem Artilleriekampf auf dem welligen Hügelland östlich von Rarancze seine Anstürme. Allein auch dieser Angriff brach im Feuer der öst.-ung. Artillerie zusammen; doch waren die Reihen der am Höhenrand standhaltenden kroatischen und ungarischen Bataillone schon sehr stark gelichtet. Das XI. Korps hatte bereits 8000 Streiter eingebüßt. GdK. Korda, vom Armeekommandanten aufs neue gedrängt, die Verbände zu ordnen, benützte die'Nacht auf den 5., um frische Streitkräfte an der schmalen Einbruchsstelle einzusetzen. Er ließ die erschöpften Grabenbesatzungen

— IR. 16, drei Regimenter der 51. HID. — durch die 9. IBrig., sowie durch das IR. 50 ablösen und nach Mahala und Czernawka in Ruhequartiere verlegen.

In der Nacht auf den 7. brach eine russische Abteilung unversehens in die Verschanzungen auf dem Dołżok ein, aber die Gendarmeriebataillone der Brigade Obstlt. Papp schlugen sich wacker und warfen den Feind im Gegenstoß aus ihren Stellungen hinaus. Tags darauf griffen vier russische Regimenter auf der Hügelfläche von Rarancze nächst der Einbruchstelle auf schmalem Raume an. Die Nordmährer vom IR. 93 und das HIR. 26 widerstanden tapfer diesen neuen russischen Anstürmen.

Neuerlicher Durchbruchsversuch der russischen 7. Armee bei Kujdanóiv

(7. Jänner)

Gen. Schtscherbatschew hatte unterdessen zu neuem Angriff an der Strypa gerüstet. Er führte die 3. turk. SchD. und Teile der 41. ID. des XVI. Korps in die wellige Hügelfläche südlich von Dobropole und schob diese Truppen zwischen dem II. Korps und dem V. kauk. Korps in die Front ein, um noch einmal den Durchbruch bei Kujdanów und bei Bobu-lińce zu versuchen.

Dieser Vorstoß erfolgte überraschend am 7. Jänner bei Morgengrauen. In ungestümem Anlauf gelang es den vordersten Angriffswellen der 3. turk. SchD., auf dem linken Flügel der k.u.k. 12. ID. in die Stellungen einzudringen. Mehrere hundert Mann wurden gefangen; außerdem gingen der durchbrochenen 12. ID. sieben Maschinengewehre verloren. Schon stießen die Russen den weichenden Grabenbesatzungen gegen die Strypa nach und erreichten die auf das Ostufer vorgeschobenen Batterien des Verteidigers. Aber die russische Artillerie feuerte in böser Irrung in die eigenen Stürmer hinein und beschoß die schon eroberten Stellungen, die sie noch vom Gegner besetzt wähnte. Die Masse

der 3. turk. SchD. war daher nicht imstande, den Stoßgruppen dichtauf zu folgen. Ehe sich Unterstützung geltend machen konnte, wurden die vordersten russischen Abteilungen von einem Gegenstoß der Ilonvéd-infanterieregimenter 16 und 24 und von Teilen des IR. 57 getroffen. Die verlorenen Geschütze wurden durch diese Truppen zurückerobert und die in Verwirrung gebrachten Angreifer aus den Stellungen der

12. ID. hinausgeworfen. Was von den Russen nicht im Handgemenge zugrunde ging, eilte unter dem Verfolgungsfeuer der Honvéd in wilder Flucht zurück. Mehr als 700 Gefangene blieben in der Hand der Sieger.

Um 11h vorm. rollten gegen die ganze Front der 39. HID. und auch gegen den linken Flügel der 12. ID. neue Angriffswellen der Russen heran. Das zum XIII. Korps abgezweigte HIR. 22 der 38. HID. wurde von Buczacz in Eilmärschen zum VI. Korps herangezogen. Die Masse der 38. HID., schon früh in der Mitte des VI. Korps eingesetzt, versteifte den Widerstand der ermatteten Grabenbesatzungen und half, die russischen Angriffe abzuwehren. Als es Abend wurde, gingen die zerschossenen russischen Angriffsgruppen in ihre Ausgangsstellungen zurück. Der Versuch des Gen. Schtscherbatschew, über die stark verschanzten Höhen von Kujdanów durchzubrechen, war abermals gescheitert.

Seit dem 8. Jänner stand die Schlacht an der Strypa. Gen. Schtscherbatschew begnügte sich, seine Artillerie wirken zu lassen. Aber noch rechnete Pflanzer-Baltin damit, daß die Russen ihre Durchbruchsversuche mit verstärkten Kräften wieder aufnehmen werden. Hinter der dem

VI. und dem XIII. Korps gegenüberstehenden russischen Front waren durch Flieger große Truppenbewegungen beobachtet worden. Auf den Hügeln östlich von Bobulińce wurden Gefangene eingebracht, die der russischen 47. ID. angehörten. Es schien, als ob das verbrauchte russische II. Korps durch das ganze XVI. Korps ersetzt worden wäre.

GdK. Pflanzer-Baltin beantwortete diese Truppenbewegungen bei den Russen, indem er von seinem rechten Armeeflügel das IR. 5 und das zum XI. Korps entsandte HIR. 21 der 38. HID. nach Buczacz beorderte. Auch die in Horodenka ausgeladene Gruppe FML. Fülöpp wurde dem XIII. Korps überwiesen. Am 11. übernahm GM. Werz, der Kommandant der 38.HID.,den Befehl über die in der Mitte des VI.Korps eingesetzten Regimenter seiner Division.

In der Vermutung, daß sich der Angriff der Russen bis Tarnopol ausdehnen werde, setzte auch die Heeresleitung ihre Reserven wieder in Bewegung. Von der Heeresgruppe Böhm-Ermolli wurden die 24. ID. und die 2. KD. des Kavalleriekorps Lehmann der 7. Armee nach Mona-

Ein Angriffsplan Linsingens

sterzyska zugeführt. Auch wurde erwogen, die 70. HID. aus Siebenbürgen nach Galizien oder in die Bukowina heranzuziehen. Außerdem sollten aus Wolhynien zwei weitere Divisionen, die 21. SchD. und die

21


11. ID., an den rechten Heeresflügel verschoben werden.

Solcherart wurden allerdings dem GdI. v. Linsingen Kräfte genommen, die er für einen Angriff zu verwenden gedachte. Es lagen Nachrichten vor, daß die Russen aus Wolhynien außer dem XII. Korps auch noch Teile des VIII., des XXX. und des XXXX. Korps nach Ostgalizien und an die bessarabische Grenze weggezogen hätten. GdI. Linsingen hatte nicht übel Lust, die Russen anzugreifen und er suchte, wie schon im Dezember (Bd. III, S. 557), GO. Conrad für seinen Plan zu gewinnen. Wohl schien ihm ein Vorstoß über Sarny nicht möglich. Der Styr und die Sümpfe waren noch nicht fest zugefroren. Auch war der Nachschub auf der Bahn über Kowel völlig unzulänglich (Bd. III. S. 556). Doch empfahl er in einem Schreiben vom 8. Jänner der k.u.k. Heeresleitung einen Angriff entlang der Straße Łuck—Rowno. Zu diesem Zwecke sollte die 11. ID. die deutsche 1. ID. freimachen. Aus ihr und der deutschen 22. ID., ferner aus der 3. ID., der 21. SchD. und der 37. HID. wäre, eine Stoßgruppe zu bilden, die, in der linken Flanke durch die

41. HID. gedeckt, auf Rowno und dann entlang des Horyń nach Süden vorzudringen hätte. Auch die 1. Armee wäre aufzufordern, sich an diesem Angriff zu beteiligen. Auf diese Weise sollten die in Ostgalizien angreifenden russischen Armeen in der Flanke bedroht und zum Einstellen ihrer Offensive veranlaßt werden. Auch GdI. Falkenhayn war für das Unternehmen und schlug dem GO. Conrad am 10. Jänner vor, die 1. Armee an die Befehle des GdI. Linsingen zu weisen.

Diese Pläne fanden aber Conrads Beifall nicht. Die schlechten Wege, das ungünstige Wetter, die unzulängliche Bespannung der Geschütze, die geringe Leistungsfähigkeit der nach Wolhynien führenden Bahnen, obendrein die im Herbst des Jahres 1915 während des Vorstoßes auf Rowno gemachten üblen Erfahrungen und nicht zuletzt die Überzeugung, daß ein Angriff in so weiter Entfernung auf den Gang der Ereignisse im südlichen Ostgalizien und in der Bukowina keine Wirkung ausüben werde, waren die Gründe seiner Ablehnung. Übrigens wollte sich GO. Conrad jetzt auf eine reine Abwehr wider die russischen Angriffe beschränken und seine Reserven nicht in einem wenig aussichtsreichen Unternehmen verbrauchen. Trug er sich doch schon mit der Absicht, alle im Nordosten verfügbaren Kräfte im Frühjahr gegen Italien zu verwenden (Bd. III, S. 588 ff.).

Verstimmt antwortete GdI. Falkenhayn am 13. auf diese Eröffnungen, er halte den Angriff in Wolhynien nach wie vor als das wirksamste Mittel, um auf die russische Offensive in Ostgalizien einzuwirken. Trotzdem läge es ihm ferne, eine Offensive weiter zu befürworten, zu der Conrad kein Vertrauen habe. Durch die Abgabe von Kräften aus den nicht angegriffenen Frontteilen an die angegriffenen Abschnitte würde schließlich die ganze Front nirgends mehr recht widerstandsfähig sein. Auch würden durch dieses Verfahren, die in Ostgalizien eingesetzten deutschen Truppen (3. GID. und 48. RD.) in der starren Defensive für unabsehbare Zeit festgelegt werden. Er sprach zum Schlüsse seines Schreibens die Erwartung aus, daß Conrad alles daran setzen werde, um die deutschen Kräfte alsbald freizumachen. Allein GO. Conrad, der inzwischen die bei Łuck stehende 21. SchD. nach Rudnia (Eisenbahnstation nordöstlich von Brody) in Marsch gesetzt hatte, beharrte auf dem Gedanken einer unmittelbaren Verstärkung der bedrängten 7. Armee. Er wies daher den GdI. Linsingen an, auch noch die 11. ID. für eine Verschiebung nach Süden freizumachen. Die 4. Armee hatte dafür aus ihrer Front eine Division herauszuziehen, um sie als neue Heeresgruppenreserve für Linsingen bei Łuck zu versammeln.

Massena?igriffe der Russen bei Rarancze (10. bis 19. Jänner)

Während Gen. Schtscherbatschew nach dem mißglückten Vorstoß der 3. turk. SchD. seinen ermatteten Truppen eine Ruhepause gewährte, gab sich Letschitzki mit dem dürftigen Angriffsergebnis bei Rarancze nicht zufrieden. Er suchte immer wieder den so schmalen und so flachen Keil, der in die Stellung des k.u.k. XI. Korps eingetrieben worden war, zu erweitern.

Am 10. Jänner machte sich zunächst auf den Hügeln südlich von Toporoutz ein vereinzelter Vorstoß der Russen fühlbar. Zur selben Zeit entwickelten sich in der Dniesterschleife von Samuszyn feindliche Abteilungen zum Angriff, Auch beim Korps Hadfy schienen die Russen sich wieder gegen die Brückenschanze von Michalcze vorwärtssammeln zu wollen. Die 6. KD. wurde durch Teile der Gruppe Obstlt. Scholtz verstärkt.

Am 11. schlugen das IR. 93 und das HIR. 26 in einem erbitterten, von 10 h vorm. bis zum Abend andauernden Ringen fünf neue russische Vorstöße bei Rarancze blutig zurück. Am 12. flauten die Kämpfe ab.

Neue russische Massenstürme gegen Toporoutz-Rarancze

Hinter dem rechten Flügel des XI. Korps langten inzwischen die Regimenter der 9500 Gewehre starken 40. HID. ein. Die Russen ließen Korda Zeit, die ermatteten Grabenbesatzungen durch frische Truppen zu verstärken. GM. Edl. v. Nagy, der Kommandant der 40. HID., übernahm. den Befehl im Verteidigungsabschnitt von Rarancze bis Toporoutz. Er konnte in diesem nur 41/2 km breiten Frontstück dem Feinde fünf Regimenter — zwei der neuangekommenenen 40. HID., das allerdings choleraverseuchte IR. 93 und die beiden Regimenter der 202. HIBrig. — entgegenstellen. Dicht hinter den Kampfstellungen lagen die Bataillonsund Regimentsreserven in den feuertoten Räumen am Höhenrande. Zwei Regimenter der 40. HID., ein Regiment der 9. IBrig., das IR. 50 und eine Brigade der 11. HKD. standen als Divisions- und als Korpsreserve in der Niederung des Hukeubaches. Alle Truppen der 42. HID. waren nunmehr in dem von FML. Lipoščak befehligten Abschnitte nördlich von Toporoutz bis zum Dniester vereinigt. Den Abschnitt vom Pruth bis zum Dolżok hielt GM. Foglár mit den Bataillonen der Brigade Obstlt. Papp und mit Teilen der 51. HID. besetzt. Im Raume nördlich von Czernowitz standen dem GdK. Pflanzer-Baltin die übrigen Truppen der 51. HID., das IR. 16 und das vom Korps Hadfy herangezogene IR. 97, das vorübergehend in den Verband der 9. IBrig. treten sollte, zur Verfügung. Auch die Artillerie des XI. Korps war allmählich verstärkt worden. Es standen zwischen dem südlichen Pruthufer und Toporoutz insgesamt 35 Batterien, darunter 51/2 schwere, unter dem einheitlichen Befehle des GM. Elmar. Diese Batterien bildeten das eiserne Gerüst der Verteidigung, die am Westrande der Hügelfläche wohl eingerichtet war.

23


Am 14. Jänner ließ Gen. Letschitzki nach mehrstündigem Trommelfeuer einen neuen Massenangriff durch sechs Regimenter, zwölf bis vierzehn Glieder tief, gegen Rarancze—Toporoutz unternehmen. GM. Elmar hielt die russischen Batterien unter schwerem Feuer. Ein Teil seiner leichten Geschütze, die dicht hinter der ersten Stellung aufgestellt waren, bestrich die als Anmarschwege für die russischen Angriffstruppen benützten Tiefenlinien der ganzen Länge nach; verheerend waren auch seine Sperrfeuerbatterien, die flankierend wirkten und erst im Augenblick des Vorbrechens der russischen Sturmkolonnen schlagartig ein überraschendes Schnellfeuer eröffneten. Auf der feuergepeitschten Hügelfläche von Rarancze brachen sechs russische Angriffe zusammen. Ein großer Teil der russischen 11. Division wurde bei diesen fürchterlichen Stürmen aufgerieben.

Trotzdem entschied sich Iwanow für die Fortsetzung des Kampfes.

Er führte Letschitzki die 2. SchD. zu und befahl ihm, die Höhen zwischen Toporoutz und Rarancze unter allen Umständen zu erstreiten1). War diese überhöhende Stellung in der Flanke der k.u.k. 7. Armee genommen, dann waren drei Divisionen der 9. Armee auszuscheiden, um sie der 7. Armee zur Wiederaufnahme des Angriffes zuzuführen.

Wiederum nützten Pflanzer-Baltin und Korda die seit dem 15. währende Kampfpause zur Vorbereitung neuer Abwehr aus. Das IR. 50 wurde an Stelle des abgekämpften IR. 93 in die Front geschoben, die Artillerie des XI. Korps noch durch eine 30.5 cm-Mörserbatterie verstärkt.

Am 19. Jänner vor Tagesgrauen brach die russische 2. SchD. mit anderen Truppen gegen Rarancze und gegen Toporoutz vor. Der erste Ansturm wurde schon durch das Abwehrfeuer der wachsamen Verteidiger und vor allem durch die Artillerie abgewiesen. Als es Tag wurde, rollten neue Angriffswogen heran. Bei Toporoutz drangen die Russen in diesem zweiten Ansturm durch den zerschossenen Drahtverhau in die Stellungen der 202. HIBrig. ein. Aber sie wurden von den Besatzungen unter blutigen Verlusten wieder hinausgeworfen. Bald darauf wurden die Stellungen der 40. HID. am Höhenrand östlich von Rarancze bestürmt. Auch hier hielt die Honvéd tapfer und trieb die Russem, die erst nach wiederholten Anläufen hier und dort in ein Grabenstück einzubrechen vermochten, mit Handgranaten, Bajonett und mit ungarischen Streitäxten, „Fokos“ genannt, zurück. Bis zum Nachmittag währte dieser fürchterliche Kampf. Abends konnte GM. Nagy melden, daß seine tapferen Truppen nicht weniger als sechzehn tief gegliederte Angriffe abgeschlagen hätten. Das Vorfeld war mit Leichen und Verwundeten bedeckt. Mehr als 500 Russen, die dem Gemetzel entkommen waren, wurden als Gefangene eingebracht. Das k.u.k. XI. Korps hatte am 19. Jänner 1500 Mann eingebüßt.

In den nächsten Tagen raffte sich Gen. Letschitzki zu einem Massenangriff nicht mehr auf. Um so heftiger tobten die Grabenkämpfe auf den Hügeln bei Rarancze. Auf dem Dołżok, wo sich die Russen dicht an die Verschanzungen der Brigade Papp herangewühlt hatten, flammte am 22. der Minenkrieg auf; er forderte 300 Russen als Opfer.

Der Ausklang der Schlacht

GdK. Pfanzer-Baltin hatte inzwischen dem XI. Korps die 24. ID.

S. 20) überwiesen. Diese Division wurde an Stelle der abgekämpften 202. HIBrig. und des IR. 50 in der Mitte der 40. HID. eingeschoben.

*) Klembowski, 13.

Damit wuchs die Feuerkraft in dem 41/, km breiten Kampfabschnitt zwischen Rarancze und Toporoutz auf etwa 17.000 Gewehre und 180 Geschütze. Dahinter standen noch etwa 15.000 Gewehre als Reserven.

Von der Heeresleitung wurden der Armee Pflanzer-Baltin über Brody und Lemberg die 21. SchD. und vom Balkan die 21. LstGbBrig. (5 Bataillone und 2 Batterien) zugeführt. Die Masse der 32. ID. wurde der Südarmee überwiesen. Als Ersatz für diese Division gelangte die durch die 7. KD. am Nordflügel der 2. Armee abgelöste 31. ID. nach Zalosce. Überdies wurde jetzt die 11. ID. der 4. Armee aus Wolhynien nach Rudnia herangezogen, um sie nötigenfalls auch nach Galizien überführen zu können.

Zu dieser neuerlichen Vermehrung der Streitkräfte in Galizien und in der Bukowina wurde die Heeresleitung durch russische Truppenbewegungen veranlaßt. Immer wieder berichteten Kundschafter über das Auftauchen russischer Verstärkungen in der Nähe der bessarabischen Grenze. Es wurden dort außer der 2. SchD. noch drei andere Schützendivisionen erwartet. Auch vor der Front der Südarmee wurden drei frische russische Divisionen — eine Grenadierdivision sowie die 21. und die 36. ID. — vermutet. Es hieß, daß das russische VIII. Korps bei Dubno durch Reichswehrtruppen abgelöst werde, um gegen Tarnopol verschoben zu werden. Auch vom Styr schienen die Russen Truppen fortzuziehen. Dazu erfuhr die Heeresleitung aus aufgefangenen Funkgesprächen, daß sich die russischen Gardetruppen, die Mitte Dezember bei Odessa aufgetaucht waren, nunmehr an der Grenze Ostgaliziens hinter der Front der russischen 11. Armee befanden. Alle diese Nachrichten erweckten den Eindruck, als ob die Russen ihren Angriff zu erweitern und auch von Tarnopol her gegen die Südarmee einen Schlag zu führen gedächten.

In der Tat hatte Gen. Iwanow im Sinne der Weisungen der Stawka befohlen, mit der durch drei Divisionen der 9. Armee zu verstärkenden 7. Armee den Angriff an der Strypa noch im Jänner wieder aufzunehmen1). Aber es scheint, daß Iwanow nur widerstrebend ans Werk ging. Er erstattete am 22. Jänner der russischen Heeresleitung einen Bericht, in dem die geringe Anzahl der an der Südwestfront vorhandenen schweren Geschütze und Maschinengewehre sowie die unzulänglichen Munitionszuschübe als die hauptsächlichsten Ursachen des Scheiterns aller Anstrengungen bezeichnet wurden. Auch wurde Gen. Iwanow die Sorge nicht los, daß der Gegner seine nun auf dem Balkan freigewordenen Klembowski, 13.

Reserven nach Galizien und in die Bukowina werfen könnte. So verwies er denn auch auf die Ungunst der militärischen Lage, die an der russischen Südwestfront eintreten könnte, wenn es nicht bald gelänge, den Mangel an Streitmitteln zu beheben. Er werde dann unter den schwersten Blutopfern den Kampf fortsetzen und die Entscheidung in einer anderen Richtung suchen müssen.

Gen. Iwanow erhielt aber noch am gleichen Tage vom Zaren den Befehl, den Angriff in Galizien ohne Verzug wieder aufzunehmen. Außerdem schickte ihm Gen. Alexejew ein Telegramm, in dem er dem beklagten Mangel an Kampfmitteln um so geringere Bedeutung beizumessen erklärte, als Schtscherbatschew mit einem großen Teil seiner Streitkräfte in Untätigkeit verblieben sei. Ferner erinnerte Alexejew den Oberbefehlshaber der Südwestfront daran, daß die Artillerie seiner Angriffsarmeen die Stellungen des Gegners nicht wirksam genug bekämpfe und die Infanterie von dem sappenartigen Heranarbeiten zu wenig Gebrauch gemacht habe 1).

Gen. Schtscherbatschew plante nunmehr, den Angriff am 27.Jänner wieder aufzunehmen. Allein das Wetter hatte umgeschlagen, die Schneemassen schmolzen, die Truppen kamen auf den verschlammten Straßen nicht vorwärts, das Fleranführen der Artillerie, der Munition und der Verpflegung stockte, so daß Schtscherbatschew an diesem Tage nicht schlagbereit war.

Nun war aber auch die Heeresleitung selbst schon gegen die Fortführung des Kampfes. Gen. Alexejew hatte inzwischen noch einmal den Alliierten jenen großen konzentrischen Angriff vorgeschlagen, der in dem Einbruch des russischen Heeres über die Karpathen nach Ungarn und in dem gleichzeitigen Vordringen von zehn Korps der Alliierten vom Balkan her über die Donau gipfeln sollte (Bd. III, S. 559ff.). Dieser Plan war aber von den Franzosen in Anbetracht der mißlichen Lage der Ententestreitkräfte auf dem Balkan abermals verworfen worden.

Damit hatte der Angriff auf die Strypalinie und auf Czernowitz, der die Voraussetzungen für den großen konzentrischen Angriff auf die Donaumonarchie schaffen sollte, seinen höheren Sinn verloren. Zudem erweckte das unsichere Verhalten Rumäniens im russischen Hauptquartier ernste Befürchtungen. Unter dem Eindruck der Mißerfolge der russischen Waffen schien sich eine Schwenkung der rumänischen Politik zugunsten der Mittelmächte zu vollziehen. Man hörte von dem Abschluß eines Lieferungsvertrages zwischen dem Donaukönigreich und den ver-

*) Lemke, 255 f.

Die Haltung Rumäniens

bündeten Mittelmächten und vernahm mit großer Sorge die Nachricht, daß die deutsche und die bulgarische Heeresleitung an Rumänien ein kurz befristetes Ultimatum stellen wollten, um es zum Anschluß an die Mittelmächte zu bringen.

27


In solcher Lage befahl Gen. Alexejew am 26. Jänner, den Angriff in Galizien einzustellen. Gen. Iwanow sollte jetzt Truppen aus der Front ausscheiden, um sie in Bessarabien, in der Nähe der rumänischen Grenze, zum Schutze der Südflanke des russischen Heeres zu versammeln1).

Betrachtungen über die Neujahrsschlacht

So war denn das Ringen, das vom 27. Dezember bis zum 19. Jänner vor den Toren von Czernowitz und an der Strypa getobt hatte, für die Russen vergeblich gewesen. Es war den Armeen Letschitzki und Schtscherbatschew nicht geglückt, Czernowitz zu erobern, die Strypa-linie zu durchbrechen und damit die Voraussetzungen für den geplanten tödlichen Angriff gegen die Donaumonarchie zu schaffen. Unerreicht war auch das politische Ziel der Winterschlacht, der ersehnte Anschluß Rumäniens an die Entente, geblieben. Das schwere Ringen hatte mit einem vollen Abwehrsiege der Armee Pflanzer-Baltin geendet.

Dieser glänzende Erfolg der öst.-ung. Waffen war errungen worden dank den geschickten Abwehrmaßnahmen einer festen Führung, sowie der Zähigkeit und Ausdauer einer wackeren Truppe, die alle Mühsale und Entbehrungen des langandauernden Kampfes standhaft überwunden hatte. Mit entsagungsvollem Heldentum hatte die Infanterie in Schneesturm und Frost Tag für Tag in der Feuerlinie ausgeharrt und, von der Artillerie sehr verständnisvoll unterstützt, alle Stellungen gegen eine örtlich oft vielfache Überlegenheit behauptet. DerTruppenzusammensetzung nach hatten alle Stämme der Donaumonarchie an der Neujahrsschlacht unterschiedslos rühmlichsten Anteil genommen. Gerade dieses feste Zusammenstehen der vielsprachigen Truppe hatte zum Erfolge viel beigetragen und ungemein ermutigend gewirkt.

Vorzügliches hatte auch die Artillerie der Armee Pflanzer-Baltin geleistet. Sie hatte namentlich in den Abwehrkämpfen bei Rarancze die entscheidende Rolle gespielt. Während die schweren Batterien die feindliche Artillerie bekämpften und ein Teil der nahe hinter der ersten Stellung aufgefahrenen leichten Batterien die von der russischen Angriffs-x) Klembowski, 13ff.; Lemke, 298 u. 479.

Die Neujahrsschlacht 1916 gegen die Russen

infantcrie benützten Tiefenlinien auf dem welligen Hügelland von der Seite beschossen, lauerte der andere Teil der leichten Batterien auf den Augenblick, da die russischen Sturmwellen aus ihren Sammelräumen hervorbrachen, um sie sogleich mit einem vernichtenden Flankenfeuer zu überfallen1). Dieses nach den Erfahrungen in den Kämpfen am oberen Isonzo angewandte Abwehrverfahren hatte den Erfolg, daß die russischen Angriffe zumeist schon im Artilleriefeuer zusammenbrachen.

2S


Wesentlich hatte aber zu dem Abwehrsiege der Armee PflanzerBaltin auch das verfehlte Angriffsverfahren der Russen beigetragen. Die Armeen Letschitzki und Schtscherbatschew griffen jede nur auf einem verhältnismäßig schmalen Frontabschnitt an und ließen ihre Angriffsdivisionen nacheinander anrennen. Die Armee Sacharow verharrte während des schweren Ringens in vollständiger Untätigkeit und auch die Armee Brussilow vermochte nicht, mit vereinzelten Täuschungsangriffen die Reserven des Gegners festzuhalten. So war es dem Gegner möglich gewesen, die angegriffenen Frontteile durch Herbeiziehen von Reserven aus den nicht angegriffenen Abschnitten zu verstärken. Überdies lag zwischen den auf enge Räume beschränkten russischen Durchbruchsversuchen jedesmal eine Kampfpause von mehreren Tagen, die dem Verteidiger nicht nur gestattete, die Schäden an den Stellungen wieder auszubessern, sondern auch die erschöpften Grabenbesatzungen durch frische Truppen zu ersetzen.

Die Armee Pflanzer-Baltin hatte in der siegreichen Abwehrschlacht mehj- als 30.000 Streiter verloren. Die blutigen Verluste mußten größtenteils dem mächtigen Vorbereitungsfeuer der russischen Artillerie zugeschrieben werden. Besonders groß waren die Verluste der Besatzungen in den mit Schrapnelldächern eingedeckten Schützengräben. Die einschlagenden Geschosse zerschlugen die Schrapnelldächer, die nun herabstürzten, die Gräben verlegten und die Besatzungen verletzten. Auf Grund dieser betrüblichen Erfahrung wurde die Schaffung von tiefen offenen Gräben, von bombensicheren Unterständen für die Beobachter und tiefen Erdhöhlen (Fuchslöcher) für die Truppe empfohlen, um dadurch die Wirkung des feindlichen Trommelfeuers künftig abzuschwächen. Der Wert dieser Stollen und Kavernen im vordersten Kampfgraben wurde allerdings nicht gleichmäßig eingeschätzt; doch riefen die Truppen selbst danach. Auch die Meinungen über die Zweckmäßigkeit der hinter dem vordersten Kampfgraben errichteten Hundertmeterlinie waren nicht ganz

*) Kiszling, Die Neujahrsschlacht in Bessarabien (Österr. Wehrzeitung 1926, Folge 1).

übereinstimmend. Das VI. Korps fand auf Grund der in den Kämpfen an der Strypa gemachten Erfahrungen die Hundertmeterlinie zu nahe, weil sie vielfach gleichzeitig mit der ersten Linie überrannt wurde. Es wurde betont, daß das seitliche Abriegeln eines feindlichen Einbruches noch wichtiger erscheine, als das Auffangen in der Stoßrichtung. Beim XI. Korps waren die feindlichen Angriffe dank der Artillerieabwehr über den vordersten Kampfgraben nicht hinausgelangt. Die bei Rarancze gestandene

42. HID. hielt daher sehr viel von der Hundertmeterlinie. Sie befürwortete, im vordersten Kampfgraben nur Beobachter zu lassen, die übrigen Mannschaften aber in den nächstbefindlichen Verkehrs- und Verbindungsgräben aufzustellen; die Reserven sollten noch während des Trommelfeuers möglichst nahe herangeschoben werden.

Durch dieses rasche Hineinstopfen der Reserven in die vordere Linie wurden die Truppen zusammengedrängt, ihre Verbände völlig zerrissen und sehr unklare Befehlsverhältnisse geschaffen. Diese Übelstände waren dem GO. Pflanzer-Baltin keineswegs verborgen geblieben.Er hatte während der Kämpfe bei Rarancze wiederholt darauf gedrungen, die Verbände zu ordnen und geschlossene Regimenter zur Bildung von Reserven herauszuziehen. Es bedurfte jedoch harter Befehle, um in den Kampfpausen die Verteidigung in diesem Sinne neu zu organisieren. Bei der Truppe bestand der ausgesprochene Drang, die vorderste Linie möglichst dicht zu besetzen. Das „Mann an Mann“ gab dem Soldaten im Graben ein Gefühl der Beruhigung und Zuversicht. Selbst höhere Führer konnten sich bei Rarancze von der außerordentlich dichten Besetzung der vordersten Linie nicht lossagen, obgleich sie schwere Verluste bedingte. Ihnen erschien es selbst vorteilhafter, mit durcheinander geratenen Teilen verschiedener Regimenter zu kämpfen, als die infanteristische Feuerkraft vorne durch Herausziehen von Reserven zu schwächen.

Das Zusammendrängen der ganzen infanteristischen Kraft in der vordersten Linie, eine Folge des nahen Heranhaltens der Reserven, hatte sich allerdings bei Rarancze durch die Eigentümlichkeit der Geländeverhältnisse von selbst ergeben. Die russische Artillerie beherrschte vollständig die Niederung und das Westufer des Hukeu-baches. Die Reserven wurden daher jedesmal schon mit dem Einsetzen des russischen Trommelfeuers aus der Niederung in die feuertoten Räume nahe hinter den vordersten Gräben vorgeführt. Drangen die russischen Schützenlinien in die Gräben ein, so wurden sie, wenn schon nicht von den Besatzungen im Handgemenge, doch stets von den nahen Reserven im raschen Gegenstoß wieder hinausgeworfen. Völlig übereinstimmend wurde in allen Berichten über die Kämpfe bei Rarancze auf die vorbildliche, durch GM. Elmar organisierte Feuerabwehr der Artillerie hingewiesen. Dem Artilleriechef war es möglich, von einem guten Aussichtspunkte aus das ganze Kampffeld zu überschauen und persönlich das Sperrfeuer auf den kritischen Punkt zu vereinigen, auch dann, wenn die Beobachter in der vordersten Linie ausgefallen und die Telephonleitungen zerschossen waren. Ein besonderer Wert wurde auf flankierende Wirkung des Sperrfeuers gelegt. Deshalb wurde die Masse der Feldartillerie sehr nahe hinter die vorderste Kampflinie gestellt. Alle diese Erfahrungen aus dem vom XI. Korps erfochtenen prächtigen Abwehrsiege sollten alsbald Gemeingut der ganzen Ostfront werden. Allerdings fragte es sich, ob das bei Rarancze unter ganz bestimmten Voraussetzungen erprobte Abwehrverfahren auch auf die anderen Frontabschnitte vorbehaltlos zu übernehmen war.

Auch die russische Führung schöpfte aus den Winterkämpfen mannigfache Erfahrungen. Die Armeen Letschitzki und Schtscherbatschew hatten bei ihren verfehlten Angriffen fast 70.000 Streiter eingebüßt. Alexejew war über diese unerhörten Opfer schwer betroffen und rügte die schlechte Zusammenarbeit der Waffen und das unsichere Schießen der russischen Artillerie gegen kaum erkundete Stellungen (S. 19). Auch verwies er besonders darauf, daß es Führung und Truppe noch nicht verstanden hätten, Laufgräben gegen den Gegner vorzutreiben und die reichen Kampfmittel zu einem einheitlichen Massenstoß zu verwenden. Iwanow dagegen beklagte sich darüber, daß seine Kampfmittel

— Artillerie und Munition — zu einem Angriff größeren Stiles nicht ausgereicht hätten1). Ob seinen Armeen nach weiterer Aufrüstung die Kraft erwachsen würde, mit der Methode des brutalen Massenangriffes, verflochten mit dem sappenartigen Heranarbeiten der Infanterie, die starken öst.-ung. Wehrstellungen zu zerschlagen, darüber konnte erst die Zukunft entscheiden.

*) Lemke, 298 u. 348 ff.; Klembowski, 14f.

DIE EROBERUNG VON MONTENEGRO UND VON NORD ALBANIEN

Der Feldzug in Montenegro

Hiezu Beilagen 3 und 10 Die Weisungen an die Befehlsgruppen

Die von der k.u.k. Heeresleitung Ende November 1915 gefaßte Absicht (Bd. III, S. 328), den Lovcen durch Handstreich in Besitz zu nehmen, reifte bereits in den nächsten Wochen zu dem Entschlüsse aus, Montenegro niederzuwerfen und die Hand auf Nordalbanien zu legen. Am 16. Dezember erließ GO. Conrad die vorbereitenden Weisungen an den Generalstabschef der 3. Armee (Bd. III, S. 598), am 20. Dezember verfügte er gegen den Willen der DOHL. die Abtrennung dieser Armee von der Heeresgruppe GFM. Mackensen, der sie seit Oktober unterstellt gewesen war. GdI. v. Kövess, unter dessen Befehl auch die zur Mitwirkung bestimmten Truppen des Kommandierenden Generals in BHD., GdI. v. Sarkotić, traten, erhielt die Aufgabe, die in Montenegro und Nordalbanien haltenden feindlichen Kräfte anzugreifen und dabei den Südflügel seiner Armee über Prizren auf Skutari vorgehen zu lassen.

Der Einklang im Vorgelien mit der bulgarischen Westgruppe (Bd.

III, Beilage 31) war durch das Heeresgruppenkommando Mackensen herzustellen, an welches die östlichen Teile der 3. Armee auch weiterhin hinsichtlich des Nachschubes gewiesen blieben.

Das 3. Armeekmdo. bildete am 24. Dezember drei Befehlsgruppen1). Die erste umfaßte alle an der Westgrenze Montenegros stehenden und dorthin noch befohlenen Kräfte, mitinbegriffen die Flottenabteilung in der Bucht von Cattaro; die zweite bestand aus der 62. ID.; die dritte aus dem VIII. Korps mit der 53., der 57. und der 59. ID., der 10. GbBrig.2) und der LstlBrig. GM. v. Haustein.

Nach den ersten Weisungen des 3. Armeekmdos. hatte GdI. Sarkotić mit der Masse seiner Kräfte aus den Bocche di Cattaro und der Krivošije die Linie Virpazar—Podgorica zu gewinnen und diesen Vorstoß im Sinne bisheriger Anordnungen der k.u.k. Heeresleitung mit der Gewinnung des Lovcengebietes einzuleiten. Zur Deckung der linken Flanke der Hauptkraft hatte eine Nebengruppe aus der Gegend von Trebinje in den Raum von Nikšič vorzugehen, von wo dann alle entbehrlichen Teile gegen Podgorica vorzuführen waren. Die Truppen bei Bileća und weiter

x) Konopicky, Die Niederwerfung Montenegros (Schwarte, V, 189).

2) Anstatt der ursprünglich bestimmten 21. LstGbBrig. (Bd. III, S. 575).

IV    3

nördlich davon hatten die ihnen gegenüberstehenden feindlichen Kräfte zunächst zu binden und später in das feindliche Gebiet bis zur Piva einzndringen. In dem Raum östlich dieses Flusses sollte die 62. ID. vorrücken und mit starkem linkem Flügel von Mojkovac aus das Vorgehen des VIII. Korps unterstützen. Dieses Korps hatte mit mindestens drei Brigaden den Angriff möglichst weit auf Podgorica vorzutragen und hiezu möglichst bald den Raum um Berane in Besitz zu nehmen; stetige Vorbewegung sollte den Feind hindern, seine Kräfte in anderer Richtung zu verwenden. Die 57. ID. war, sobald es die Nachschubverhältnisse zuließen, in den Raum Djakova—Prizren zu senden und hatte von dort aus zunächst Abteilungen an die Drinstrecke Firza—Bruti vorzutreiben, um dann mit möglichst starken Teilen nach Skutari stoßen zu können.

Dieser Operationsplan sah somit einen umfassenden Angriff auf das Land der Schwarzen Berge vor, durch den die montenegrinischen Streitkräftevöllig eingekreist werden sollten. Bot die günstige Ausgangsstellung auch alle Erfolgsmöglichkeiten, so standen der Durchführung des Angriffes doch sehr bedeutende Schwierigkeiten entgegen. Eine der größten Widrigkeiten für die Operation gegen Montenegro und Nordalbanien lag in dem unzulänglichen Nachschub, der selbst hinter den Mindestforderungen weit zurückblieb. Die Vorverlegung der Fassungsstellen von den bisherigen Bahnenden an die Spitze neu zu bauender Feldbahnen verzögerte sich immer wieder. So konnte das Feldbahnmaterial für den Einbau der Strecke Ustiprača—Plevlje auf den bosnischen Bahnen noch immer nicht durchgebracht werden. Auch stockte, da die Schmalspurbahn im Tale der Westlichen Morava nicht durchaus im Betrieb war, der Zuschub für den Feldbahnbau von Kraljevo durch das Ibartal schon so lange, daß mittlerweile die Wiederherstellung der Vollbahn von Skoplje über Priština nach Mitrovica fast vollendet war. Als Ersatz für die erhofften Feldbahnen mußten Fuhrwerke eingesetzt werden, die ursprünglich für den fahrenden Nachschub im Truppenbereich in Aussicht genommen waren. Auf solche Weise waren auf den vorderen schlechten und zurzeit vereisten Nachschubswegen bis zu zweihundert Kilometer zu überwinden, wodurch der größere Teil der Ladung für den Bedarf der Trains selbst aufging. Auch nach Eröffnung der Vollbahn bis Mitrovica konnte aus Mangel an geeigneten Wegen der Nachschub mittels Fuhrwerken gegen Berane nur über Novipazar geleitet werden. Zur Versorgung der 57. ID. wurde der Bau einer Feldbahn von Ferizovic nach Prizren in Aussicht genommen. Bei Ipek endeten alle fahrbaren Wege.

Lage und Ereignisse bis zur Jahreswende

An der montenegrinischen Westfront vollzog sich der Aufmarsch ohne nennenswerte Störungen. Von den dem GdI. Sarkotić unterstellten Verbänden hielten am 28. Dezember im Abschnitte des XIX. Korps die Gruppe Obstlt. Törk um Cattaro, die Gruppe Obstlt. Lottspeich östlich von Risano, dahinter die Brigaden Obst. v. Zhuber (Teodo), FML. Schiess (Radovic—Radovanic), GM. Streith (Baošic—Jošica) und Obst. v. Colerus (Gruda); die 20. LstGbBrig. sammelte sich in Castelnuovo, während die vom Isonzo anrollende 14. GbBrig. mit ihren Anfängen Bosn.-Brod erreicht hatte. Im Abschnitte der Nebengruppe des FML. Braun stand die mobile Gruppe Trebinje im Raume Lastva, die Gruppe Lörinczy um Trebinje, indes die anrückende Brigade Obst. v. Hausser in Goražde einlangte; die als allgemeine Reserve bestimmte 21. LstGbBrig. hatte Čacak erreicht und sollte nach Trebinje rücken.

An der Front herrschte bis Ende Dezember im allgemeinen noch Ruhe. Nur die Gruppe Lottspeich erkämpfte sich am 28. Dezember, um die nördliche Flanke der Bereitstellung zu sichern und den Feind von der Hauptangriffsrichtung abzulenken, die Grenzhöhe Grahorina östlich von Risano. Auch an der montenegrinischen Nord- und Ostfront wurde die Kampfpause bis zum Jahresende nur mehr durch kleinere Geplänkel unterbrochen; Schneestürme auf den Höhen und der elende Zustand der durch Regen grundlos gewordenen Wege und Niederungen lähmten vorübergehend sogar die Tätigkeit der kleinen vorgeschobenen Abteilungen. Wohl aber lebte hinter der Front nordöstlich von Novipazar und im Kopaonikgebirge das Bandenunwesen auf.

Beim VIII. Korps gestatteten die Nachschubverhältnisse erst jetzt, daß die rückwärtigen Teile der 10. GbBrig. nach Rožaj aufschlossen, während die 18. GbBrig. nach Novipazar rückte. Dagegen war die 57. ID. durch die überspannten Anforderungen an alle Nachschubsmittel noch unbeweglich und augenblicklich sogar außerstande, die zur Ablösung der bulgarischen 3. ID. nötigen geringen Kräfte nach Djakova und Prizren vorzutreiben; ihre Kraftwagen kamen nur bis Belonjin westlich von Prokuplje, und Pferdefuhrwerke gelangten nur bis Kur-šumlje, wo schon das Tragtier an ihre Stelle treten mußte. Da wegen einer Brückensenkung bei Leskovac der Verkehr voraussichtlich erst am 5. Jänner 1916 aufgenommen zu werden vermochte, konnte die 57. ID. den Vormarsch von Priština nicht vor dem 4. beginnen und den Raum Djakova-Prizren daher frühestens am 8. oder 9. erreichen.

3*

Das VIII. Korpskmdo. beabsichtigte, mit der 10. und der 18. GbBrig. unter FML. Snjarić, dem Führer der 59. ID., zunächst über Rožaj und Berane vorzustoßen; die 17. GbBrig. hatte sich mit dem linken Flügel über Goduša der Bewegung anzuschließen. Die dem Korpskmdo. unmittelbar unterstellte 9. GbBrig. hatte wenigstens mit stärkeren Teilen von Ipek gegen Plav vorzugehen. Die endlich mit Kälteschutzmitteln versorgte Brigade GM. Schwarz wurde über Moikovac gegen Kolašin gewiesen, wobei sie von der 205. LstlBrig. unterstützt werden sollte, die aber über Moikovac nicht hinauszurücken hatte. In der Folge fiel der 17. GbBrig. die Aufgabe zu, den Raum zwischen Bijelopolje und Berane zu sichern, ihre Vortruppen aber nur bis an das östliche Limufer vorzuschieben. FML. Snjarić hatte hierauf mit einer Brigade nach Andri-jevica vorzudringen und mit der anderen Berane zu halten. Die 57. ID. hatte sich erst nach gesichertem Bahnzuschub gegen Djakova—Prizren vorzubewegen; die Brigade Haustein war zur Sicherung der Etappe nach Novipazar und Mitrovica vorzuziehen.

Das am 30. Dezember in Sarajevo eingetroffene 3. Armeekmdo. erteilte bereits tagsdarauf einleitende Befehle für den auch schon der Zeit nach beiläufig festgesetzten Vormarsch. Im Kampfraume der Truppen des GdI. Sarkotić schien es geboten zu sein, die Gruppe FML. Braun bald nach Beginn ihres Vormarsches von Risano aus zu versorgen, da sie nur beschränkte Gebirgsausrüstung hatte. Hiezu war es aber notwendig, die Höhen bis Dragalj durch eine Brigade aus der Krivošije (20. LstGbBrig.) zu säubern; diese Brigade war in der Folge dem FML. Braun zum Vorgehen auf Niksić zu überweisen und ihr zeitliches Zusammenwirken mit der Nebengruppe anzustreben. Da man über den Verwendungsort der anrollenden Brigade Hausser noch im Zweifel war, mußte davon auch die Ausladung der nachfolgenden 21. LstGbBrig. abhängig gemacht werden. Die Operationen hatten an der ganzen montenegrinischen Westfront annähernd gleichzeitig, aber erst nach dem Eintreffen der 14. GbBrig. zu beginnen.

Gleichzeitig wurde der 62. ID. und dem VIII. Korpskmdo. eröffnet, daß der Angriff gegen die Westfront Montenegros voraussichtlich am

9. Jänner 1916 beginnen werde, sich durch mangelhafte Sichtverhältnisse aber auch um Tage verschieben könne; unabhängig davon sei aber das eheste Erreichen der Limstrecke Berane—Andrijevica anzustreben.

Da zwischen der öst.-ung. und der bulgarischen Heeresleitung nur förmliche Beziehungen bestanden, sollte das 3. Armeekmdo. dem bulgarischen Verbindungsoffizier nur dann volle Auskunft erteilen, wenn die bulgarische 3. ID. zur gemeinsamen Aktion gegen Albanien angewiesen würde, und auch diese Mitteilungen nur auf die Geschehnisse beim linken Armeeflügel beschränken.

Über den Feind wußte man, daß die zuletzt zurückgewichenen Reste der serbischen Armeen sich westlich von Andrijevica und bei Plav sammelten, während die Masse bereits Skutari und S. Giovanni di Medua erreicht hatte. Ferner waren Nachrichten eingelaufen über die Landung italienischer Truppen in Durazzo, denen sich auch die feindlich gesinnten Albaner unter Essad Pascha angeschlossen hatten. Die Mehrzahl der Arnauten aber kämpfte gegen die Montenegriner. Diese schienen allen Anzeichen nach zur hartnäckigen Verteidigung ihres heimatlichen Bodens entschlossen zu sein und überhäuften in der letzten Zeit die Ententepresse mit Siegesmeldungen.

Die durch die feindliche Flotte von Brindisi aus mit den albanischen Häfen aufgenommene Verbindung konnte von den k.u.k. Seestreitkräften auch in der zweiten Dezemberhälfte nicht nennenswert gestört werden. Auch das am 29. erfolgte Unternehmen einer Flottenabteilung unter Führung des Kreuzers „Helgoland“ ist mehr als rühmlich denn als erfolgreich zu verzeichnen1).

Während Ende Dezember die Montenegriner noch an allen ihren bereits zusammengedrängten Fronten hielten, standen die Serben nur mehr mit geringen Kräften mit ihren Gegnern in Fühlung. Zur nachhaltigen Verteidigung der gefährlichsten Einbruchslinie in das Becken von Skutari wurde in Andrijevica die „Kombinierte Gruppe“ der serbischen 1. Armee gebildet und der montenegrinischen Sandžakgruppe unterstellt. Auch die durch das obere Škumbital führende Einbruchspforte mußte von den Nachhuten der Timokarmeegruppe (Krajinagruppe) gegen die nachdrängenden Teile der zweiten Brigade der bulgarischen 8. ID. östlich von Elbasan gehalten werden. Die hiefür von den Italienern erbetene Hilfe wurde nicht gewährt; überhaupt verweigerte Rom jede militärische Unterstützung außerhalb der Hafenbereiche von Durazzo und Valona und verschwieg den Serben aus militärpolitischen Gründen sagar die Stärke und Gliederung ihrer bisher in Albanien gelandeten Verbände.

Mittlerweile wurden von der serbischen Heeresleitung die Truppen und Flüchtlinge bei S. Giovanni di Medua und Durazzo zur Einschiffung bereitgestellt. Der Stand betrug am 31. Dezember insgesamt 140.000

x) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918 (Wien 1929/31), 250 ff.

Mann mit etwa 55.000 Gewehren, 179 Maschinengewehren und 81 Geschützen; außerdem waren noch 35.000 Pferde und 10.000 Stück Schlachtvieh vorhanden1).

Die Ereignisse an der montenegrinischen Nordfront bis zur Einnahme von Berane

Nach den Weisungen des GdI. Kövess vom 24. Dezember (S. 33) waren die feindlichen Kräfte während der Vorbereitungen zum Angriff auf die Westfront Montenegros hauptsächlich im Nordosten des Landes festzuhalten; hiezu hatte das VIII. Korps, unterstützt durch den linken Flügel der 62. ID., mit mindestens drei Brigaden zunächst Berane zu nehmen. Dieser Ort bildete nicht nur den Ausgangspunkt der wichtigen Straße nach Skutari, sondern bot durch seine Lage innerhalb des geschlossenen slawisch-orthodoxen Siedlungsraumes am Rande arnautisch-islamitischen Gebietes den serbisch-montenegrinischen Kräften (Kombinierte Gruppe der serbischen 1. Armee) auch noch politischen Halt. Auf die ganz besondere operative Bedeutung dieses Raumes hatte bereits GFM. Mackensen in seinem Befehle vom 5. Dezember 1915 (Bd. III, S. 572) hingewiesen und daher zur ehesten Besitznahme dieser wichtigen Örtlichkeit mit Einsatz aller Mittel gedrängt. Nicht zuletzt war ein entscheidender Eriolg der öst.-ung. Kräfte in diesem Kampfraume auch militärpolitisch anzustreben, weil die bulgarische Heeresleitung ihre im Gebiete von Djakova und Prizren stehende 3. ID. aus durchsichtigen und für Österreich-Ungarn unerwünschten Gründen von Nordalbanien scheinbar nicht abziehen wollte. Eine etwaige Ablösung durch die bereits hiezu bestimmte 57. ID. mußte sich aber voraussichtlich über die entscheidende Kampfphase der Gesamtoperation gegen Montenegro hinaus verzögern, da die Masse der 57. ID. noch immer unbeweglich bei Priština stand und erst bis zum 8. Jänner 1916 (S. 34) mit einzelnen, schwachen Abteilungen Djakova und Prizren erreichen konnte. Das von den Bulgaren angeforderte Material zur Überbrückung des Drin bei Kula Lums deutete überdies auf eine Offensive der bulgarischen 3. ID. in dem der 57. ID. zugewiesenen Operationsraum.

Obwohl das VIII. Korps, wenigstens mit seinen vorgeschobenen Verbänden, im Drängen und Drohen nicht nachgelassen hatte, beeilte

]) Großer Generalstab, Der große Krieg Serbiens zur Befreiung der Serben, Kroaten und Slowenen, abgekürzt: ,,Serb. Gstb. W.“, XIII, 399, 424.

Vorrückungsplan für das VIII. Korps

sich FZM. v. Scheuchenstuel, zum operativ und militärpolitisch so verheißungsvollen Schlag gegen Berane rechtzeitig auszuholen. Schon bis zum 3. Jänner waren die 10. und die 18. GbBrig. in die Linie Gradina— Rožaj vorzuführen und die 17. GbBrig. bei Uglo bereitzustellen; westlich anschließend sollte sich der linke Flügel der 62. ID. zum Angriff auf Mojkovac gruppieren. Derart waren diese Kampfeinheiten in einem nach Südwesten offenen Bogen gegen den Raum um Berane angesetzt. Aus dieser Lage hatte FML. Šnjarič am 5. Jänner vormittags mit der 10. und der 18. GbBrig. westwärts und mit der 17. GbBrig. südwärts über Goduša auf Berane vorzugehen; die 53. ID. hatte den ihr zugewiesenen Abschnitt bei Bijelopolje festzuhalten und im Einklänge mit der anschließenden linken Flügelgruppe der 62. ID. die Höhen von Mojkovac zu nehmen. Am Südflügel des VIII. Korps sollte die 9. GbBrig. von Ipek westwärts in den Talschluß der Bistrica Pejs vorrücken und die Verbindung mit FML. Šnjarič (59. ID.) herstellen.

39


Zur Verteidigung Nordost-Montenegros stand, gleichsam im inneren Bogen, gegenüber der 62. ID. die Mojkovacgruppe (6500 Gewehre, 25 Geschütze), vor dem VIII. Korps und der 9. GbBrig. die Vasojevic-gruppe (4600 Gewehre, 14 Geschütze), der die Kombinierte Gruppe der serbischen 1. Armee (2 Infanterieregimnter mit 4 Geschützen) unterstellt war1). Allenfalls konnte noch mit einer allgemeinen Reserve aus serbischen Kräften (1 Infanterieregiment und 6 Geschütze) gerechnet werden, die bei Spuž bereitstand. Diese serbischen Truppen wurden jedoch noch vor Beginn der entscheidenden Kämpfe bis auf unwesentliche Reste und die wenigen Geschütze aus dem Verbände des montenegrinischen Heeres gezogen. Aber nicht militärpolitische Gründe gaben hiezu den Anlaß, sondern lediglich die erbitterten Klagen der montenegrinischen Behörden über rücksichtslose Beitreibungen und Plünderungen durch serbische Mannschaft und nicht zuletzt die Drohung der montenegrinischen Streiter, eher die Front zu räumen, als Haus und Hof derart untergehen zu lassen2). Schon am 4. Jänner mußte der serbische Ministerrat dem Wunsche des Königs Nikola entsprechen und die letzten Kampftruppen vom montenegrinischen Boden nach Skutari abschieben, um sie im Notfälle wenigstens von dort aus einsetzen zu können. Daher standen der k.u.k. 3. Armee bei ihrem bevorstehenden Agriff gegen das Land der Schwarzen Berge bis auf wenige serbische Geschütze nur mehr montenegrinische Verbände gegenüber.

!) Serb. Gstbs. W., XIV, 2.

2) Ebenda, 18.

Die Vorrückung des k. . k. VIII. Korps mid der 62. ID.

Während sich am linken Flügel der 62. ID. die Gruppe des GM. v. Reinöhl (3 Bataillone der 205. LstlBrig. und 3 Bataillone des k. u. LstlR. 6 der Brigade Schwarz) am 5. Jänner erst sammelte und tags-darauf zum Angriff auf Mojkovac bereitstellte, waren die Brigaden des VIII. Korps bereits im unaufhaltsamen Vordringen über die verschneiten Höhen des unwirtlichen Bihor, der massigen Wasserscheide zwischen dem Quellgebiet des Ibar und dem oberen Lim. Feindliche Vortruppen zurückdrängend, erreichte die 17. GbBrig. die Höhe -<J>-1400 westlich von Goduša und den Ort selbst. Auch die 18. GbBrig. verzeichnete bei ihrem Vorrücken über die fast 2000 m aufsteigende Kruševica planina beträchtlichen Raumgewinn, und links anschließend gelang es der 10. GbBrig., noch am 6. die heißumstrittene Turjakhöhe zu nehmen. Weiter südlich machten sich bereits die Erfolge der ins Quellgebiet der Bistrica Pejs vorgesandten Abteilungen der 9. GbBrig. geltend.

Am 6. kam es auch im Kampfraume der Gruppe GM. Reinöhl zurr* Zusammenstoß. Das vorgeschobene k.u.LstlR. 6 säuberte zwar im ersten Anlauf eine Sattelhöhe nordöstlich von Mojkovac, konnte aber die Gegenangriffe der zahlenmäßig überlegenen Montenegriner nur durch Einsatz aller seiner Reserven und herangezogener Verstärkungen unter großen beiderseitigen Verlusten abweisen; auch in der folgenden Nacht ließ der Feind seine Angriffe stellenweise aufleben. Der am 7. vormittags erneuerte Vorstoß des k. u. LstlR. 6 auf die Höhen südöstlich von Mojkovac kam unter heftiger Gegenwirkung bald zum Stehen und schon mittags setzten die Montenegriner in breiter Front zum allgemeinen Angriff an. Ihr Hauptstoß richtete sich von Mojkovac nordwärts gegen das k. k. LstlR. 409 der 205. LstlBrig. Nur unter Aufgebot aller verfügbaren Kräfte konnten die stellenweise eingedrungenen und erbittert kämpfenden Montenegriner durch Gegenstöße zurückgeworfen werden. Starker Schneefall und dichter Nebel erschwerten den wenigen Offizieren die Gefechtsführung. Der Brigadier selbst war es, der an der Spitze seiner letzten Reserven erfolgreich zum rettenden Gegenstoß ansetzte, worauf der nun erschütterte Feind unter dem Schutze des Nebels und der einbrechenden Nacht das Gefecht abbrach1).

Die Lage der Gruppe GM. Reinöhl blieb aber dennoch eine recht zweifelhafte, da noch immer starke feindliche Abteilungen beide Flanken

x) GM. Wilhelm v. Reinöhl wurde für diese Waffentat mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet.

stark bedrohten und zu Gegenmaßnahmen zwangen. Zur Verbesserung der taktischen Lage wurde der Angriff am nächsten Tag wieder aufgenommen; Mojkovac und die südöstlich gelegenen Höhen wurden aber von den Montenegrinern behauptet. Dagegen gelang es, die unterhalb des Ortes über die Tara vorgedrungene feindliche Abteilung wieder über den Fluß zu werfen und die Flanken zu sichern. An die allgemeine Fortführung des Angriffes war aber zunächst nicht zu denken; die Landsturmtruppen hatten in den letzten Kampftagen über 700 Mann, darunter 224 Tote, verloren und zeigten bedrohliche Spuren allgemeiner Erschöpfung, zumal noch immer ein großer Teil ohne Kälteschutzmittel den Unbilden des Winters ausgesetzt war. Kein Wunder, daß sich GM. Reinöhl entschließen mußte, den Angriff erst nach gründlicher Artillerievorbereitung fortzuführen; seiner Aufgabe, möglichst starke Kräfte zu binden, hatte er aber bereits entsprochen. Die auf dem Gefechtsfelde eingetretene Ruhe ließ auch erkennen, daß die Kampflust der Montenegriner wegen der erlittenen schweren Einbußen !) erheblich abgekühlt war.

Inzwischen hatte sich aber durch die Erfolge der Truppen Scheu-chenstuels die taktische Lage im weiteren Kampfraume recht vorteilhaft gestaltet. Die Brigaden des VIII. Korps hatten nach teilweise sehr lebhaften Gefechten den Widerstand der Montenegriner überwunden und standen am 8. Jänner bereits auf den östlichen Talhöhen des Lim im flachen Bogen von Bioča über das Gebiet von Vasojevici bis östlich von Berane. Für den folgenden Tag konnte der 59. ID. daher schon der Raum um Berane als Ziel gesteckt werden, während die 17. GbBrig., nordwärts anschließend, das östliche Limufer säubern sollte. Der Ort Berane selbst wurde am 9. aber noch nicht erreicht, da die Montenegriner stellenweise die wichtigsten Zugänge hartnäckig hielten, und die Vorrrückung über das meterhoch verschneite Gebirge und die grundlosen Wege bei ständigem Schneefall ohne jegliche Sicht und Verbindung nur streng methodisch und daher recht langsam vor sich gehen konnte. Erst am 10. wurde von der 59. ID. der letzte feindliche Widerstand vor Berane auf den Höhen östlich des Platzes gebrochen. Die scharf nachdrängenden Vortruppen der 10. GbBrig. vermochten auch noch über die brennende Limbrücke hinweg das westliche Flußufer und die Ortschaft zu gewinnen. Die Montenegriner hatten sich auf die Berge südlich und südwestlich des Fleckens zurückgezogen; den vorgeschobenen Abteilungen der 9. GbBrig. versperrten

r) Allein in der von den Montenegrinern geräumten Kampfzone wurden 205 Leichen geborgen.

sie aber in den Schluchten der Mokra planina noch erfolgreich die Übergänge nach Andrijevica und Plav. Auch auf den Höhen südöstlich von Mojkavac hielten die feindlichen Streitkräfte noch unverändert ihre Stellungen; man mußte sich mit dem durch die Gruppe GM. Reinöhl Erreichten vorläufig zufrieden geben. Übrigens hatte man mit Rücksicht auf die Art und Stärke der eigenen und der feindlichen Kräfte dort einen durchschlagenden Erfolg überhaupt nicht erwartet. Die an der montenegrinischen Nordfront stehenden Teile der 62. ID. (Gruppe des GM. v. Vuche-tich und 209. LstlBrig.) hatten durch ständige Bedrohung der Übergänge an der unteren Tara bei Nefertara und Prenčanje dem Abfließen feindlicher Kräfte wirksam gesteuert.

Als gleichzeitig mit der Kunde von der Eroberung von Berane am

10. Jänner auch die mittlerweile von der Streitmacht des GdI. Sarkotić an der montenegrinischen Westfront erfochtenen Erfolge bekannt wurden, war sich das 3. Armeekmdo. darüber klar, daß die in entgegengesetzten und getrennten Kampfräumen bedrängten und sichtlich erschütterten feindlichen Hauptkräfte wohl an keinem Frontteil mehr die Überlegenheit gewinnen konnten. Für die am Feinde befindlichen Brigaden Scheu-chenstuels bestand daher weiterhin die Aufgabe, im Drucke von Nordosten gegen Podgorica nicht zu erlahmen, während die allgemeine Lage das Vorführen der endlich von Priština anrückenden 57. ID. als Südflügel der Armee gegen Skutari erheischte.

Die Offensive gegen die montenegrinische Westfront Aufmarsch und Bereitstellung

Um beim Angriff auf die montenegrinische Westfront sämtliche hiezu bestimmten Truppen, vor allem die schlagkräftige 14. GbBrig. und die schwere Artillerie, zur Wirkung zu bringen, konnte der Beginn der Kampfhandlung vom GdI. Kövess frühestens für den 8. Jänner angesetzt werden. GO. Conrad stimmte zu und erklärte sich auch mit der vom FML. Trollmann geplanten Verwendung der schweren Artillerie und der Durchführung des Unternehmens aus der Bucht von Cattaro einverstanden. Der Einfluß der Heeresleitung beschränkte sich lediglich auf den Hinweis, daß die Grundbedingungen für das Gelingen des Angriffes auf den Lovcen, den Schlüsselpunkt der montenegrinischen Westfront, in dem sowohl nach Zeit wie auch nach Raum möglichst vereinigten Massenfeuer der Artillerie liege, unter dessen Schutz sich die Infanterie an den Feind heranzuschieben habe, um dann unmittelbar nach Verlegung des Artillerie

Operationsplan zur Gewinnung des Lovcen

feuers den gewählten Einbruchsraum zu gewinnen. Auch das 3.Armee-kmdo. beeinflußte den Gang der Ereignisse im Befehlsbereiche des GdI. Sarkotić nicht mehr, wenn wir vom Befehl zu einer kurzen Unterbrechung des Einschießens der schweren Artillerie aus Gründen der Geheimhaltung absehen1). Dagegen ließ noch das 3. Armeekmdo. am 4. den Bahntransport der 21. LstGbBrig. zeitweilig einstellen, um die bereits im zugewiesenen Verwendungsbereiche befindlichen Verbände materiell hinreichend versorgen zu können; aus dem gleichen Grunde schien notgedrungen auch eine Verzögerung im Anrollen der Brigade Hausser geboten.

43


Die ersten operativen Befehle, die das 3. Armeekmdo. am 31. Dezember 1915 (S. 36) ausgegeben hatte, wurden durch den GdI. Sarkotić schon am 2. Jänner 1916 ergänzt. Danach hatte die 14. GbBrig. den Angriff in der vordersten Kampflinie mitzumachen. Da diese Brigade jedoch nicht auf vollem Kriegsstande war, erschien zur Erlangung einer kräftigen Gefechtsfront im Rahmen der 47. ID. außer den Gruppen Törk und Lottspeich noch das Einsetzen der FsIBrig. oder der Gruppe Zhuber geboten. Eine weitere Brigade cles XIX. Korps hatte aus dem Raume Paß Han am 8. den Grenzrücken Bjeloš zu nehmen und zu befestigen, um hiedurch zur späteren Versorgung der Gruppe Braun die Straße Dragalj—Nanove zu öffnen und stärkere feindliche Kräfte anzuziehen. Diese Brigade war schon am 6. in ihre Ausgangslage zu bringen und hatte unter Mitwirkung der benachbarten Artillerie, bei gleichzeitiger Sicherung gegen Grahovo, überraschend anzugreifen. Als Korpsreserve sollte die Brigade Hausser in der Zeit vom 7. bis zum 14. in Zelenika eintreffen. Die Mitwirkung der 5. Schiffsdivision war im Einvernehmen mit ihrem Kommandanten unter Berücksichtigung ihrer maritimen Aufgabe zu regeln.

FML. Braun hatte mit den mobilen Teilen der Besatzung von Trebinje und der Gruppe Lörinczy (101/2 Bataillone und 13V2 Batterien) aus dem Raume östlich von Lastva anzugreifen, um zunächst die Linie Omutić—Viljuše zu gewinnen; das Vorgehen des rechten Flügels war durch das XIX. Korps von Lisac aus zu unterstützen. Die Kräfte bei Bileća und Avtovac hatten den gegenüberstehenden Feind durch rege Tätigkeit nach eigenem Ermessen zu binden.

Als Reserve des Kommandierenden Generals sollte die 21.LstGbBrig. während der dritten Jännerwoche je nach Notwendigkeit entweder im Raume um Cattaro oder bei Trebinje eintreffen.

x) Sarkotić, Die Lovcenaktion (Sarajevo 1916), 19.

Ein Verschieben des Angriffes im Lovcen-Gebiet, der am 8. beginnen sollte, war nur bei ungünstigem Wetter vorgesehen.

Im Sinne dieses Befehles standen am 7. Jänner abends beim XIX. Korps die Gruppe des FML. v. Sorsich mit den Brigaden Schiess und Streith in der Linie Traste—Sutvara, die 47. ID., FML. Edl. v. Weber, mit der verstärkten 14. GbBrig. und der Gruppe Törk anschließend bis Cattaro, mit einer schwachen Demonstrationsgruppe zwischen Cattaro und Orahovac, mit der Gruppe Lottspeich bei Veljeselo, der FsIBrig. bei Teodo. Die 20. LstGbBrig. war Korpsreserve bei Baošic; die schwere Artillerie war mit ihrer Masse auf dem Vermač und mit kleineren Gruppen nördlich des Grahovac und bei Orahovac eingebaut, während die 5. Schiffsdivision mit der Hauptkraft aus den Buchten von Teodo und Cattaro und mit einem Torpedofahrzeug aus der Bai von Traste zu wirken hatte. Am nördlichen Flügel des XIX. Korps befand sich die Gruppe Zhuber südwestlich von Dragalj.

Die Nebengruppe unter FML. Braun hielt am 7. Jänner mit ihrem Südflügel auf der Höhe Lisac und nordwärts entlang der Grenze in der Linie von Miči motika bis zur Höhe Crkvica. Die mobilen Kräfte von Bileća standen nordöstlich und die von Avtovac südöstlich ihres Festungsbereiches.

Als Reserven des Kommandierenden Generals erreichten die ersten Transporte der anrollenden Brigade Hausser bereits ihren Bestimmungsort Zelenika, während die 21. LstGbBrig. noch außerhalb des Kampfbereiches bei Rogatica stand.

GdI. Sarkotić hatte sich am 6. Jänner nach Bileća und Trebinje und am 7. nach Castelnuovo begeben.

Trotz aller Vorsicht bei den Vorbereitungen mußte angenommen werden, daß die Bewegungen im Aufmarschraume dem wachsamen Feinde nicht verborgen bleiben konnten. Tatsächlich traf die montenegrinische Heeresleitung schon am 4. Maßnahmen zur Abwehr des allgemeinen Angriffes, den man auf Grund verschiedener Nachrichten am 6. und 7. Jänner erwartete. Außerdem konnte sie aus unvorsichtigen Äußerungen von in Gefangenschaft geratenen öst.-ung. Fliegern entnehmen, daß der bereits für den 3. angesetzte Vorstoß nunmehr am 7. erfolgen werde1). In Erwartung des unausbleiblichen entscheidenden Waffenganges war die Heeresleitung wieder bestrebt, mit Hilfe der Serben im Raume von Sku-tari eine Reserve zusammenzuziehen, zumal sich der Druck des Gegners schon am 5. gegen die Nordfront geltend machte.

Serb. Gstb. W., XIV, 59.

Zaktische Erwägungen und Befehle für die Eroberung des Lovcen

Das bevorstehende Unternehmen gegen den Lovcen übte nicht nur auf die Truppen, sondern auch auf Führer und Stäbe einen ganz besonderen Reiz aus. Galt es doch, dem kleinen Königreiche, dem niemals ruhenden und stets lästigen politischen Widersacher der Donaumonarchie, den operativ wichtigsten Schlüsselpunkt zu entreißen, jenen Ge-birgsstock, in dem das Volk der Schwarzen Berge das Unterpfand seines gesamten Landbesitzes und seiner Unabhängigkeit erblickte.

Andererseits war der Besitz des Lovcen-Gebietes zur militärischen Sicherung der Bucht von Cattaro als Kriegshafen der Monarchie für die Zukunft ein Gebot der Notwendigkeit. Die Nachteile der landwärts bisher noch vollkommen ungeschützten Lage hatten sich schon seit Kriegsbeginn nur zu oft recht empfindlich fühlbar gemacht. Begreiflich, daß sich die berufenen Führer schon lange Zeit hindurch mit allen taktischen und schießtechnischen Einzelheiten des gewiß schwierigen, aber auch verlockenden Unternehmens beschäftigten. Ihre Pläne hiezu waren daher auch schon gereift, als die ersten operativen Weisungen am 26. November 1915 aus Teschen einlangten. Es kann somit nicht verwundern, daß die darin anbefohlene „direkte Wegnahme des Lovcen-Gebietes durch einen Vorstoß etwa aus dem Raume von Cattaro über den Sattel von Krstač, unterstützt durch nähere Umfassungsbewegungen über Mirać einerseits und Vk. Zalesi andererseits“ weder vom GdI. Sarkotić noch vom FML. Weber als beste Lösung angesehen wurde, da diese rührigen und verantwortungsbewußten Führer einen Angriff gegen die über tausend Meter felsstarrend aufragende feindliche Stirnwand bei nur beschränkt möglicher Flankenunterstützung und selbst nach jeder nur denkbaren Feuervorbereitung für äußerst verlustreich und aussichtslos hielten. Sie suchten die kampftechnisch so schwierige Aufgabe auf die taktisch sinnreichste Art zu lösen und vertraten der obersten Heerführung gegenüber die Ansicht, daß der Hauptangriff nicht über den Sattel von Krstač, sondern über den Solar als Schlüsselpunkt der feindlichen Lovcen-stellung zu führen sei und durch teilweise zeitlich vorangehende, beiderseitige Umfassung gesichert und erleichtert werden müsse.

GO. Conrad, der nur die großen Richtlinien der mittlerweile eingeleiteten Gesamtoperation gegen Montenegro und Nordalbanien (Bd. III, S. 598) und daher nicht die Fragen örtlicher Angriffsmaßnahmen im Auge hatte, hielt zwar am Hauptstoß über den Krstač fest, stellte es aber der Unterführung frei, auch Teile aus der Župa-Niederung anzusetzen.

ln solchem Sinne konnte nunmehr der Kommandierende General den inzwischen mit der Durchführung des Angriffes betrauten FML. Trollmann anweisen; aber auch dieser verwarf nach eingehender Erkundung und einschlägiger Besprechung mit seinen vorzüglich vertrauten Unterführern der Infanterie, der schweren Artillerie und der Marine den Hauptstoß über den Krstač wegen der voraussichtlich ganz unüberwindlichen Schwierigkeiten und entschied sich, die Masse des XIX. Korps über den Solar und die beiderseitigen Begleithöhen anzusetzen. Der Aufstieg von Cattaro und über die Grenzlinie nördlich davon sollte nur durch untergeordnete Kräfte unternommen werden, während gleichzeitig damit eine stärkere rechte Flügelgruppe aus der Żupa und, zeitlich vorangehend, eine andere an der Nordflanke gegen Vališta zur beiderseitigen Umfassung vorgeführt werden sollte. Erst nach der Gewinnung von Kuk als Ausgangspunkt der zweiten Straßenverbindung mit Cetinje sollte die Räumung der Sattelgegend Krstač erzwungen und die Hauptnachschubslinie von Cattaro her geöffnet werden.

Da auf Grund dieses von der Heeresleitung inzwischen genehmigten Angriffsplanes GdI. Sarkotić bereits am 2. Jänner (S. 43) den Aufmarsch und die Bereitstellung seiner Kräfte an der montenegrinischen Westfront befohlen hatte, konnte FML. Trollmann den Gruppen seines Korps tags darauf ihre Aufgaben stellen. Danach hatte FML. Sorsich im unmittelbaren Anschluß an die 47. ID. mit starkem linkem Flügel über Sutvara—Majstori vorzurücken, um die Linie Spas (1 km nordwestlich von Budua) —Zabijo (1 km südlich von Majstori) zu gewinnen. Nördlich davon war die 47. ID. mit ihrer Hauptkraft (14. GbBrig., Gruppe Törk, FsIBrig.) bis auf die Höhen Trestanik—Osma grk — östlich Mali Boštur —Golobrdo—Bukovica—Nordhang Tatinjak vorzuführen; eine Nebengruppe (Lottspeich) hatte diesen Angriff in der Nordflanke zu sichern und zur Unterstützung den Nordhang des Tatinjak und nördlich anschließend die Linie über Veli vrh—Gomilice zu nehmen. Am Nordflügel des Korps sollte die Brigade Zhuber unter Sicherung gegen Grahovo die Grenzrücken des Bjeloš und Senj überraschend angreifen und sich dort zur Sicherung der zu öffnenden Nachschublinie von Dragalj über Nanove festsetzen; die zur Unterstützung der Gruppe Lörinczy über Lisac gegen Omutić zu entsendende Abteilung des XIX. Korps (S. 43) war dem FML. Braun zu unterstellen.

Das Einschießen der Artillerie war bis zum 7. abends zu beenden. Nach Einbruch der Dämmerung hatte die Bereitstellung zum Angriff der Hauptkräfte zu erfolgen, der tags darauf beginnen sollte; nur die Gruppe

Lottspeich hatte bereits am 7. ihre Vorrückung anzutreten, um möglichst starke feindliche Kräfte anzuziehen.

Die in drei Gruppen unter Obst. Franz Edl. v. Portenschlag bereitgestellte Artillerie1) erhielt die Aufgabe, ihr Feuer auf die Einbruchsstellen zu vereinigen und jene Räume niederzuhalten, aus denen der Angriff vom Feinde flankiert werden konnte. Im Rahmen dieses Schießprogrammes hatte auch die 5. Schiffsdivision mitzuwirken2). Teile der schweren Artillerie waren von den einzelnen Angriffsgruppen vorzuziehen, sobald ein hinlänglicher Raum entsprechend gesichert erschien.

Die Eigenart des Angriffsgeländes erforderte neben eingehender Schulung der Kampftruppen und entsprechend angepaßter Verwendung der Streitmittel auch noch besondere Vorkehrungen für einen klaglosen Nachschub.

Der festungsartig aufragende Gebirgsstock des Lovcen überragt mit seinem 1759 Meter hohen Gipfel die inneren Randhöhen des Kriegshafens um fast tausend Meter, so daß er den Montenegrinern alle kampftechnischen Vorteile zur Abwehr bot. Der Angreifer hatte daher außer der von Natur aus begünstigten feindlichen Gegenwirkung auch noch gewaltige Höhenunterschiede in schwierigem Anstieg über trostlose Karstfelsen zu bezwingen. Zudem zeigt das Kalkmassiv des Lovcen wie kein anderer Teil des Dinarischen Faltengebirges die Erscheinungen der Verkarstung. Infolge ausnahmsloser Tiefenentwässerung in den stark gefalteten Kalken und wildzerklüfteten Karstfeldern herrscht Wasserarmut trotz ergiebiger Niederschläge. Mangels ausgleichender oberflächlicher Wasserwirkung und oberirdischer Gerinne fehlt daher die Talbildung, so daß das Gelände ein wirres, jede Kampfhandlung 'störendes Relief darstellt.

Da der Nachschub während der ersten Gefechtstage lediglich mit Tragtieren und selbst mit diesen bei der mittleren und nördlichen Gruppe nur bis zu gewissen Stellen bewältigt werden konnte, mußten Trägerkolonnen aus den zahlreichen Arbeiterabteilungen des Kriegshafenbereiches aufgestellt werden. Große Anforderungen stellte die Wasserversorgung. Noch in seinem letzten Befehl vom 6. Jänner mahnte das 3. Armeekmdo. zu sparsamem Verbrauch und gebot eindringlich, es sei zu trachten, die vorhandenen Wasserspender, vor allem die Wasserleitung von Cetinje, womöglich unversehrt in Besitz zu bekommen. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die zum überwiegenden Teil aus Landstürmern aller Gaue der völkerreichen Monarchie zusammengewürfelten Truppen mit vorbildlicher Opferfreudigkeit am Werke waren und dem bevorstehenden Kampfe mit Zuversicht und Vertrauen in die Führung entgegensahen.

Die Erstürmung des Lovcen

Im Sinne der erhaltenen Weisungen setzte die Gruppe Lottspeich ihren bereits am 28. Dezember 1915 eingeleiteten Angriff (S. 35) schon am 7. Jänner gegen Gomilice und auf die Höhen beiderseits von Vališta fort. Da die verstärkten Teile der montenegrinischen Lovcen-gruppe erheblichen Widerstand leisteten, konnte die stark angestrengte Landsturmbrigade erst tags darauf etwas Raum gewinnen und gegen Veli vrh und Ml. Zalesi wirken, um den aus der inneren Bucht von Dobrota aufsteigenden Abteilungen vorwärts zu helfen.

Trotz eines sternenklaren Himmels herrschte am 8. Jänner in der noch schneefreien Landschaft um 6 h morgens nächtliche Dunkelheit, als Obst. Portenschlag das wohlberechnete Massenfeuer der Feld- und Werksbatterien beginnen ließ und auf den Einheiten der Flottenabteilung des Konteradmirals Hansa mit dem Hornsignal ,,Klarschiff zum Gefecht“ die rotweißroten Flaggen hochgingen. Viele hunderte Geschützrohre überschütteten die seit langem ermittelten Hauptstellungen auf dem Lovcen, Krstač und Peštingrad mit einem plötzlichen Hagel von Geschoßen, deren donnernde Explosionen in den Felswänden vielfältigen Widerhall fanden.

Sobald es die Sichtverhältnisse erlaubten, erwiderte die montenegrinische Artillerie mit schweren Haubitzen und Mörsern, die in gut verdeckten Stellungen auf dem Krstač und dem Kuk standen, das Feuer. Besonders die deutlich sichtbaren Kriegsschiffe lagen bald in gefährdenden Granatgarben und mußten, kaum schußbereit, wiederholt ihre Ankerplätze wechseln oder sich dem Geschützfeuer der Montenegriner ganz entziehen. Dennoch zeigte sich recht bald die Überlegenheit unserer Fernkampfwaffen. Allenthalben verstummten schon im Laufe des Vormittags die feindlichen Batterien. Kurz nach Mittag verhüllten dichte Wolken den Gipfel des Lovcen und deckten allmählich den ganzen Himmel, bis bei Regen und Schneefall jede Sicht schwand. Die trefflich geleitete Artillerie hatte aber bereits den allgemein abrollenden Angriff der Infanterie ermöglicht.

Im Küstengebiet hatten die durch die Flotte aus dem Seeraume von Traste unterstützten Brigaden der Gruppe Sorsich vormittags Vranovic genommen und sich bis abends an die feindlichen Hauptstellungen in der Linie über Prčija glava herangearbeitet; sie standen mit ihrem linken Flügel im Anschlüsse an die 47. ID. östlich von Sutvara. Diese Division hatte schon um 8 h früh mit Teilen der 14. GbBrig. die montenegrinische Stellung auf dem Krimalj angegriffen und mit dem Rest der Brigade und der Gruppe Törk den Aufstieg auf den Solar und die Höhen nördlich davon begonnen. Da aber auf dem messerscharfen Grat des Krimalj das zweimalige Massenfeuer der schweren Artillerie ohne besondere Wirkung geblieben war, konnte der Infanterieangriff bis Mittag noch immer nicht Raum gewinnen. Erst nachdem durch das Zielfeuer schwerer Geschütze die zwischen den Felsblöcken eingenisteten Maschinengewehre außer Gefecht gesetzt worden waren, mußten auch die letzten Verteidiger ihre fast für uneinnehmbar gehaltene natürliche Felsenburg vor der 14. GbBrig. und der Gruppe Törk räumen, wodurch auch die anderen Angriffgruppen ihren bisher verhinderten Aufstieg auf den Solar bis zur letzten Straßenserpentine fortsetzen konnten.

Dem linken Flügel der 47. ID. gegenüber, vor der Gruppe Lottspeich, leisteten die Montenegriner auf den Grenzhöhen östlich von Orahovac noch ungebrochenen Widerstand; ebenso hartnäckig verteidigten sie gegen die Brigade Zhuber am Nordflügel des XIX. Korps den Höhenkamm des Bjeloš. Doch waren durch diese Umfassungsgruppe beträchtliche Teile der feindlichen Lovcenverteidigung gebunden und vom entscheidenden Kampfplatze ferngehalten.

Als sich nach einer gewitterreichen, aber sonst ereignislosen Nacht am Sonntag, den 9. Jänner, um 6 h früh das Massenfeuer der gesamten Artillerie neuerdings auf die feindlichen Stellungen legte, konnte der Angriff fast von allen Teilen des Korps Trollmann befehlsgemäß fortgesetzt werden.

Im Küstenstreifen der Zupa mußten die Streitscharen des Prinzen Petar schon beim ersten Anlauf der Brigade Schiess die Prčija glava räumen, während die Brigade Streith in den Raum Pelinovo vordrang. Die auf die Mackova gomila zurückgegangenen feindlichen Hauptkräfte lagen bereits am frühen Nachmittage neuerdings unter dem Flankenfeuer des Kreuzers „Aspern“, der aber bald vor einem überlegenen feindlichen Geschwader aus zwei Kreuzern und vier Zerstörern Hafenschutz suchen mußte1). Doch ungestört von der See aus, erkämpfte sich die Gruppe Sorsich bis zum Abend mit der Linie Mackova gomila—šišič ihr Tagesziel.

Nördlich anschließend hatte die Masse der 47. ID., in zäher Ausdauer alle Geländehindernisse überwindend, nach gründlicher Artillerievorbereitung den Solar samt den benachbarten Höhen genommen und damit die feindlichen Hauptstellungen längs der Randkuppen des Hochlandes durchbrochen.

Außer dem Verlust dieser Schlüsselstellung beklagte die Lovcen-Verteidigung unter der zerstörenden Wirkung der öst.-ung. Fernkampfwaffen auch bereits die Einbuße ihrer gesamten schweren Artillerie2). Nachdem am 9. Jänner nachmittags die Munitionslager bei Kuk durch einen Volltreffer in die Luft gesprengt worden waren und die Verteidiger des dortigen Straßenendes durch dieses Erlebnis allen Mut verloren hatten, war dem Angreifer eine wichtige Verkehrsader ins Herz des Landes geöffnet. Bei der trostlosen moralischen Verfassung der montenegrinischen Truppen konnte ihr König auf eine günstige Wendung der mißlichen Lage beim unmittelbaren Kampf um den Lovcen wohl nicht mehr hoffen.

Dagegen hatten die nördlichen Verbände der Lovcen-Gruppe den öst.-ung. Truppen bisher noch jedweden bedrohenden Raumgewinn verwehrt. Vor der Gruppe Lottspeich räumten sie nach zähester Abwehr erst am 9. die Höhen Gomilice und Prosjenik, während sie gegenüber der Brigade Zhuber noch immer den Bjelos behaupteten.

Im Angriffsraume der Gruppe Sorsich konnte die montenegrinische Artillerie noch am 9. Jänner abends zum Schweigen gebracht werden. Tags darauf drang die Brigade Schiess bis in die Linie Prijevor—Lastua vor, während nördlich anschließend die Brigade Streith die Höhen Goliš und Koložun bezwang und noch gegen Zabija und Kolovir anstieg.

Im Kampfgebiete der 47. ID. führte der Angriff am 10. Jänner bereits zum taktisch entscheidenden Raumgewinn. Schon zu Mittag waren alle Randhöhen der Hochebene überschritten, und bis zum Abend auch die dem eigentlichen Lovcen vorgelagerten Höhen erreicht. Nur auf dem Krstač und auf den südlichen Sattelhängen, wohin auch die schwere Artillerie wirkte, mußte von der FsIBrig. noch ein letzter feindlicher Widerstand

*) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918, 266.

2) Serb. Gstb. W., XIV, 71.

gebrochen werden. Feuerzeichen verkündeten bei einbrechender Dämmerung, daß durch die Vortruppen der Brigade Törk auch der Gipfel des Lovcen, des heiligen Berges der Cernagorzen, erstiegen war.

Inzwischen hatte die Gruppe Lottspeich nach harten Kämpfen die Höhen beiderseits von Vališta genommen und mit einer Abteilung von Westen her Ml. Zalesi erreicht. Vor der Brigade Zhuber wurde der feindliche Widerstand auf den Grenzrücken durch Artilleriewirkung und Flankenbedrohung zwar geschwächt, der Angriff kam aber in Schnee und Kälte nur mühsam vorwärts.

Nach dem Verluste ihrer Hauptstellungen auf den Randhöhen hatten sich die durch das gegnerische Artilleriefeuer tief erschütterten Kern-^truppen der Lovcen Verteidigung schon während der Nacht auf den 10. Jänner gegen die Linie Stirovnik—Dolovi—Trestanik zurückgezogen. Im Laufe des Tages gaben dann auch die letzten Verteidiger des Krstač-sattels unter dem verheerenden Feuer der Schiffsgeschütze den nutzlos gewordenen Widerstand auf. Damit war dem nachdrängenden Gegner aber nicht nur die wichtigste Nachschublinie erschlossen, sondern zugleich auch die bedeutendste Straßenverbindung bis auf einen Tagmarsch zur Landeshauptstadt geöffnet.

Aus dieser bedrängten Lage versuchte sich die montenegrinische Heeresleitung durch einen nächtlichen Gegenschlag zu befreien. Die Durchführung ihrer Weisungen wurde jedoch von den kampfmüden Truppen verweigert. Vergebens bemühten sich beherzte Führer mit den Prinzen Mirko und Petar, die bereits meuternden Streiter noch ein letztes Mal zum befreienden Kampfe aufzurufen *). Nur träge und zögernd näherten sich die aus dem Innern herangeführten Verstärkungen dem Kampffelde und kein Ansporn konnte die Hilfe beschleunigen. Dagegen ließen die vorderen Kampftruppen verlauten, daß sie nach mehrtägigem Hungern, „nackt und barfuß“2), nicht einmal den Unbilden des Winters, geschweige denn einem übermächtigen Gegner zu trotzen vermöchten und daher den Kampf aufgeben müßten; wirkungslos verhallten selbst die durch die Prinzen übermittelten königlichen Befehle und Mahnungen.

Vor' der Gruppe FML. Braun (S. 44), die am 8. Jänner aus der Linie Höhe Lisac—Dorf Skozji Grm—Trebinjčica in mehreren Angriffssäulen vorbrach, hielten starke Verbände der feindlichen Herzegowinagruppe die Grenzhöhen. Im Angriffsraume der Gruppe Lörinczy entwickelte sich bald ein lebhafter Kampf um den Kordonposten Kozmač

1)    Serb. Gstb. W., XIV, 76.

2)    Ebenda, 76.

und die Höhe Vucija, die wichtigsten Stützpunkte des Feindes. Auch am folgenden Tage vereitelten die Montenegriner in zäher Abwehr jeden taktischen Erfolg, trotzdem ihre Artillerie bereits zum Schweigen gebracht war. Erst am 10. Jänner konnten nach mehrstündigem erbittertem Ringen die Höhen erstürmt werden; die zerütteten feindlichen Scharen wichen fluchtartig gegen Dugi Do. Inzwischen hatten auch die Flügelgruppen im Süden die Höhe Omutić erstritten und im Norden den feindlichen Widerstand auf der Hercegova und östlich davon gebrochen.

Weiter im Norden entrissen am 8. Jänner die mobilen Streitkräfte der Festung Bileća dem rechten Flügel der montenegrinischen Westfront den Grenzraum Kovčeg—Vardar, in dem sie sich die nächsten Tage über behaupteten. Auch die Gruppe Avtovac verdrängte am 8. die feindlichen*. Vortruppen über die Grenzhöhen, räumte diese jedoch wieder und führte bis zum 10. nur mehr Scheinangriffe.

Die k.u.k. 3. Armee stand am 11. Jänner begreiflicherweise ganz unter dem Eindruck der Einnahme des Lovcen1) und des Ortes Berane, der wichtigsten Stützpunkte des Feindes auf beiden operativen Hauptrichtungen gegen die Landesmitte. In gehobener Kampfstimmung strebten die siegreichen Truppen trotz physischer Übermüdung und großer Entbehrungen ihren Zielen zu. Während die Montenegriner an ihrer ganzen Nordfront und an den nordwestlichen Grenzen noch erfolgreichen Widerstand leisteten, zeigten sich vor dem XIX. Korps bereits allgemein Rückmärsche, so daß die Vortruppen der 47. ID. vormittags bis in die Linie Blatište—Jezerski vrh—Golobrdo nachrücken konnten und Cetinje schon unmittelbar bedrohten.

In dieser gefährdeten und wegen des Zusammenbruchs der Lovcenver-teidigung aussichtslosen Lage hatte die montenegrinische Regierung ihrem Könige bereits am Vorabend den Abschluß eines Waffenstillstandes zwecks weiterer Verhandlungen über den Abbruch der Feindseligkeiten vorgeschlagen2). Wohl im Vertrauen auf die zur Stunde vom russischen Zaren versprochene Hilfe und in der Hoffnung auf die Macht seines persönlichen Einflusses lehnte der König noch jedwedes Zugeständnis ab und forderte die Fortführung des Krieges mit allen Mitteln. Erst als am folgenden Morgen seine letzten Aufrufe an die zurückflutenden Truppen unbeachtet verhallten, fügte sich Nikola den Vorschlägen seiner Rex) FML. Ignaz Trollmann und FML. Viktor Weber Edl. v. Webenau wurden für die Eroberung des Lovcen mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet.

2) Serb. Gstb. W., XIV, 76.

Bitte der Montenegriner um Waffenstillstand    53

gierung. Die Landeshauptstadt zeigte bereits das Bild der Auflösung der staatlichen Ordnung und allgemeiner Verwirrung. In wilder Hast rollten die Wagen der königlichen Familie und die der Gesandtschaften gegen Rijeka. Während sich die hungernden Flüchlinge schon drohend um die staatlichen Magazine stauten, wurden von der Regierung die bevollmächtigten Parlamentäre zu ihrem Canossagang abgefertigt.

Beginn der Verhandlungen

Kaum eine Stunde später übergaben die Abgesandten der montenegrinischen Regierung bei den Vortruppen der 47. ID. auf dem Golobrdo ein vom Ministerpräsidenten Mijuškovič gefertigtes Schriftstück, in dem um einen sechstägigen Waffenstillstand und um die Einleitung von Friedensverhandlungen angesucht wurde. Die Heeresleitung in Teschen, der das 3. Armeekmdo. das Angebot sofort übermittelte, antwortete jedoch, daß nur bedingungslose Waffenstreckung der gesamten montenegrinischen Armee und die Auslieferung aller noch im Lande stehenden serbischen Truppen die Einstellung der Feindseligkeiten herbeiführen könne. Vorläufig seien die Kampfhandlungen ohne Unterbrechung bis zum völligen Vollzug dieser Bedingungen fortzuführen.

Dieser Mahnung hätte es kaum bedurft, da weder das 3. Armeekmdo. eine Verzögerung des Vormarsches auch nur im entferntesten erwogen hatte, noch derTatendrang derTruppen, geschweige denn der ihrer Führer, irgendwie erlahmt war. Wohl hatten einige Verbände durch übermäßige blutige Verluste und mangelhafte Versorgung, wie die Brigaden Schwarz und Reinöhl (S. 41), oder durch zahlreiche Erfrierungen, wie die Gruppe Zhuber1), zumindest für die nächste Kampfperiode ihre bisherige Schlagkraft eingebüßt und bedurften der Erholung; im großen Ganzen ließ aber der Zustand der Kampftruppen wenig zu wünschen übrig. Der ursprünglich so gefürchtete Schneefall hatte auf dem westmontenegrinischen Hochkarst die Wassernot behoben und dadurch den Nachschub entlastet, während das seit dem 10. Jänner herrschende sonnige Winterwetter trotz der durch eine heftige Bora empfindlicher gewordenen Kälte der Mannschaft eher zuträglich wurde.

Am 12. Jänner stießen die Kampftruppen des Kommandierenden Generals an der montenegrinischen Westfront allenthalben noch auf Widerstand, tags darauf aber fanden sie das Vorgelände im allgemeinen vom Feinde frei.

*) Allein das k. k. LstlBaon. 6 verzeichnete 327 Fälle von Erfrierungen.

Im Küstenstreifen führte FML. Sorsich seine Truppen auf die Höhen bei Martinovic. Anschließend erreichten die Brigaden der 47. ID. die Straßenhöhen westlich von Bjeloši und Bajce. Nachdem eine Nachrichtenabteilung der 14. GbBrig. bereits am 13. Jänner nachmittags kampflos in Cetinje eingerückt war, wurde die Gruppe Törk noch in der folgenden Nacht in die königliche Hauptstadt verschoben. Auf dem nördlichen Flügel des XIX. Korps besetzten die Vortruppen Lottspeichs den Ort Ubli, während die Gruppe Zhuber den Raum Grahovo—Nanove sicherte. Im Abschnitte des FML. Braun war die Gegend bis über die Höhen östlich von Spila frei vom Feinde; auch vor den mobilen Gruppen Bileća und Avtovac waren die Montenegriner abgezogen.

An der Tara dagegen und auf den Höhen südlich von Mojkovac, gegenüber der Gruppe Reinöhl, hielt der Feind nach wie vor seine Stellungen; auch im Kampfraume des VIII. Korps fanden die Brigaden der 59. ID. auf den Talhöhen beiderseits des Lim südlich von Berane noch erheblichen Widerstand, und den vorgeschobenen Abteilungen der 9. GbBrig. blieben die Übergänge nach Andrijevica versperrt.

Inzwischen konnte die Masse der 57. ID. bis in den Raum von Prizren vorgeführt werden; ihre Nachrichtenabteilungen hatten bereits die an der Drinstrecke von Firza bis Kula Lums stehenden Sicherungen der bulgarischen 3. ID. abgelöst, deren Hauptkraft nunmehr nach Monastir (Bitolj) in den Verband der bulgarischen 1. Armee abrückte. Im neueroberten nordalbanischen Gebiete verblieben nur einzelne Abteilungen der 3. Bulgarendivision, während in der Westflanke der 1. Armee Verbände der 8. ID. bei Dibra und östlich von Elbasan sicherten.

Bei allen bisherigen Erfolgen der k.u.k. 3. Armee vermißte aber die öst.-ung. Heeresleitung den nach der operativen Lage gebotenen Druck auf die montenegrinische Nordfront, wobei der Schwerpunkt über Kolašin und gegen die Landesmitte, den Raum von Šavnik, zu legen gewesen wäre. Wegen der zur Zeit so trostlosen Nachschublage war aber ein Vormarsch stärkerer Verbände der 62. und der 53. ID. erst anfangs Februar zu gewärtigen, wobei überdies die an die mittlere Piva vorgeführten Kräfte nur von Nikšič aus zu versorgen gewesen wären. Selbst bei einem Rückzug des Feindes aus dem Taraabschnitte war wegen des körperlichen Zustandes der notleidenden Landsturmtruppen auch zur Stunde nur eine Verfolgung mit schwächeren Kampftruppen und nur ohne Rücksicht auf deren Versorgung möglich.

Soweit die allgemeine Lage des montenegrinischen Heeres nach Kampf und Aufklärung zu beurteilen war, konnte das 3. Armeekmdo., abgesehen von dem Raumverlust der feindlichen Kampftruppen, nur eine geringe Veränderung der ursprünglichen Verteilung der montenegrinischen Streitkräfte annehmen, die sich wahrscheinlich auf eine mäßige Verstärkung der Südwestfront beschränkte. Höher als die Verluste an Mann und Gerät mußte jedoch die zermürbende Wirkung der überlegenen Streitmittel und der als schmachvoll empfundenen Preisgabe des Lovcen auf den Kampfwillen der Montenegriner eingeschätzt werden. Obwohl das bedrängte Heer ebenso wie das darbende Volk einem Friedensschluß gewiß nicht abgeneigt sein konnten, war bei der Entschlossenheit des Königs ein Aufleben des allgemeinen Widerstandes immerhin noch denkbar.

Aus diesem Grunde mußte alles darangesetzt werden, die Offensive zu voller Reife zu bringen. Da sich der aus Nordosten erwünschte Druck wegen mannigfacher unüberwindlicher Hindernisse verzögern mußte, lag das Schwergewicht in der Folge hauptsächlich doch wieder bei den aus Südwesten und Westen vorzuführenden Kräften, die Podgorica und Nikšič voraussichtlich früher erreichen mußten, als dies von der 62. ID. und vom VIII. Korps zu erwarten war. Das Armeekmdo. beabsichtigte daher, erst nach der Besitznahme dieser Orte durch die Truppen des GdI. Sarkotić beträchtliche Teile aus dem Nordosten nachzuziehen und die Reste über Sarajevo an die montenegrinische Westfront zu verschieben.

Dort konnte bereits von den zurückgebliebenen Verbänden des XIX. Korps die 20. LstGbBrig. auf den Krstač und die Gruppe Hausser in den Raum südwestlich von Cattaro nachgeführt werden, während die Reserve des Kommandierenden Generals, die 21. LstGbBrig., wegen der geringen Leistungsfähigkeit der Nachschublinie noch immer in Sarajevo zurückgehalten werden mußte.

Inzwischen hatte sich die militärische Lage Montenegros bedeutend verschlechtert, da das ursprünglich nur auf den Lovcenabschnitt beschränkte Abfluten der Streitscharen nunmehr an der ganzen Westfront einsetzte, wobei jeder geräumte Gau seine Söhne zurückhielt, und ein Großteil der Weiterziehenden wieder nur seiner heimatlichen Scholle zustrebte. Die wenigen, die noch bei den Fahnen blieben, sollten unter dem Serdar Vukotic auf dem Taraboš (westlich von Skutari) und dem rechten Ufer der Bojana neuerlich zum Widerstande rüsten.

Unter den untrüglichen Zeichen allgemein drohender Auflösung mußte sich auch der König, der seiner Umgebung noch geschickt starke Entschlußkraft vortäuschte, den nachdrücklich wiederholten Friedensforderungen seiner bereits zurückgetretenen Minister fügen und in neuerliehe Verhandlungen mit dem Gegner einwilligen. Die Serben hatten unterdessen ihre noch auf montenegrinischem Boden stehende Artilleriemannschaft ^S. 39) ohne Geschütze und Bespannungen nach Skutari abgezogen. König Nikola wollte diese Maßnahme noch verzögern, bis die Antwort des Kaisers FJI auf einen Brief eingetroffen sein würde, in dem der König um einen „ehrenvollen Frieden“ gebeten hatte. Gleichzeitig mit diesem Handschreiben des Königs war beim Kmdo. der 47. ID. in Njeguši am 13. Jänner abends ein neuerliches Friedensangebot der montenegrinischen Regierung eingelangt. Sowohl der Kaiser Franz Joseph wie auch das Ministerium des Äußern machten in ihren Antwortschreiben die Einleitung der Friedensverhandlungen von der Erfüllung der bereits von der Heeresleitung gestellten Bedingungen (S. 53) abhängig; diese wurden aus Teschen am 15. Jänner nochmals und unverändert im Wege des 3. Armeekmdos. dem montenegrinischen Oberbefehlshaber übermittelt.

Bis zu diesem Tage erfuhr die allgemeine Lage keine wesentliche Veränderung. Die einzelnen Kampftruppen des Kommandierenden Generals rückten in die bereits am 13. von ihren Vortruppen erreichten Räume und schoben ihre Aufklärer ohne nennenswerten Widerstand auf einen Tagmarsch vor.

Im nordöstlichen Montenegro dagegen hielt die feindliche Abwehr noch ungebrochen an. Während die Höhen im Mündungswinkel der Bi-strica südwestlich von Berane von einem Bataillon der 18. GbBrig. erst am 14. erstürmt werden konnten, hatten sich die vorgeschobenen Abteilungen der 9. GbBrig. im Quellgebiete der Bistrica Pejs noch immer feindlicher Angriff zu erwehren. Auch der Vertreter Serbiens bei der montenegrinische Heeresleitung, Gen. Jankovic, meldete am 15. Jänner1) seiner Regierung, daß eine sichtliche Besserung der Lage der verbündeten Streitkräfte eingetreten sei; er hielt bei entsprechender Versorgung der Truppen sogar noch einen Gegenangriff für durchaus möglich und erfolgversprechend.

Die Ereignisse bis zur Waffenstreckung des montenegrinischen Heeres

Auf Grund der Beurteilung der beiderseitigen Lage stimmte die Heeresleitung auch den weiteren Absichten des 3. Armeekmdos. vollkommen zu. Darnach war anzustreben, tunlichst starke Kräfte von der

!) Serb. Gstb. W., XIV, 113.

Nordfront auf Podgorica vorzuführen und die zwecks Entlastung des Nachschubes zurückbleibenden Teile an die bosnische Bahn zu verschieben, um sie ehest an der Westfront oder im Küstengebiet einzusetzen.

In diesem Sinne verfügte GdI. Kövess am 14. Jänner die Wiederaufnahme des Vormarsches seiner Hauptkräfte und befahl auch, die Brigaden der 53. ID. zur Verschiebung an die bosnische Bahnlinie herauszuziehen. Die Masse des XIX. Korps sollte über Rijeka gegen Podgorica und je eine Brigade gegen Virpazar und Danilovgrad vorgeführt werden, während im Küstengebiet nur schwächere Kräfte anzusetzen waren. Die Brigade Zhuber konnte erst nach gründlicher Erholung herangezogen werden. Am 16. sollte der Vormarsch gegen die montenegrinische Westfront angetreten werden. Beim Korps Trollmann waren die materiellen Grundlagen hiefür wohl gegeben, hingegen lagen bei der Gruppe Braun die Verhältnisse weniger günstig, da die Straße Dragalj— Podbožur nur streckenweise ausgebaut war.

Die zweifelhafte Haltung Montenegros forderte sowohl Erwägungen über Weiterführung des Krieges als auch für den Fall einer Unterwerfung. Bei notwendiger Fortsetzung der Operationen beabsichtigte GdI. Kövess mit den Kampftruppen der Westfront zunächst die Linie Virpazar—Podgorica—Danilovgrad—Nikšič zu erreichen und Reserven bei Rijeka und Cetinje bereitzustellen. Die 59. ID. sollte bei ihrer Vorrückung auf Podgorica anfänglich von der 205. LstlBrig. unterstützt und diese erst später nachgezogen werden. Der aus der Nordfront ausgesparten 53. ID. hatte auch die 209. LstlBrig. der 62. ID. zu folgen, wobei zu berücksichtigen war, daß für ihre Verschiebung an die Westfront die derzeit noch überlastete bosnische Bahn erst nach drei Wochen frei werden konnte.

Für den Fall einer Unterwerfung Montenegros gedachte GdI. Kövess, vom XIX. Korps je zwei Brigaden nach Rijeka und Podgorica und je eine Brigade nach Virpazar und Danilovgrad vorzuführen und die anderen in Cetinje und Njeguši zu gruppieren; die Masse der Gruppe Braun hätte nach Nikšič zu gelangen, eine schwache Brigade als Reserve des Küstenschutzes bei Trebinje Aufstellung zu nehmen gehabt. Auch das XIX. Korps hatte eine Brigade in das Kriegshafengebiet (Zupa) auszuscheiden. Von den Kampftruppen im Nordosten hatte die 59. ID. mit der 205. LstlBrig. staffelweise über Mateševo in den Raum von Podgorica zu rücken, wo für sie Verpflegung bereitgestellt werden mußte, bis ihre wahrscheinlich leer folgenden Staffel in den Nachschub von Cattaro eingereiht werden konnten. Zur Verbindung mit Ipek war die 17. GbBrig. im Raume Berane—Andrijevica—Kolašin zu gruppieren, während sich die Brigade Schwarz und die 209. LstlBrig. zunächst bei Plevlje zu sammeln hatten.

Die zum Vormarsch aus der Linie Ipek—Prizren gegen Skutari und Alessio bestimmte 57. ID. und die 9. GbBrig. sollten vorläufig bis zur Regelung des Nachschubes das bisher eroberte serbische Gebiet nach dieser Richtung hin sichern.

Um die Befehlverhältnisse zu vereinfachen, wurden das XIX. Korps, die Gruppe Braun und die 5. Schiffsdivision am 15. Jänner dem 3. Armeekmdo. auf dessen Anregung unmittelbar unterstellt. Diese Befehlsregelung entsprach auch der Auffassung des Kommandierenden Generals, der sich dann als militärischer und politischer Landeschef wieder ausschließlich seinen umfangreichen Aufgaben widmen konnte.

Nach der das montenegrinische Friedensangebot ablehnenden Antwort der Wiener Regierung, mußte sich schließlich unter dem Eindrücke revolutionärer Sturmzeichen auch König Nikola den Anschein geben, als wollte er sich den Forderungen seiner Minister nach bedingungsloser Waffenstreckung beugen.

Mit der am 16. Jänner mittags in Cetinje überreichten Note an die k.u.k. Regierung wurde die Unterwerfung der montenegrinischen Armee als Voraussetzung der Friedensverhandlungen angenommen, was das Ministerium des Äußern in seiner tags darauf übermittelten Antwort nochmals als Grundbedingung forderte. Gleichzeitig wurde das k.u.k. 3. Armeekmdo. von Teschen über die Art der Entwaffnung angewiesen und die Einstellung der Feindseligkeiten befohlen. Am 17. Jänner reisten die montenegrinischen Unterhändler aber plötzlich ab. Auf diese Unterbrechung der Verhandlungen stellte das AOK. Zwangsmaßregeln in Aussicht und drohte auf einen vom Serdar Vukotic gezeichneten Vorbehalt gegen die inzwischen übermittelten Bestimmungen der Waffenstreckung mit der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten am 21. Jänner. Da diese auf Wunsch der Wiener Regierung um einen Tag hinausgeschoben wurde, konnte am 23. auch der Vertrag über die Waffenstreckung abgeschlossen werden; zur Unterzeichnung derselben kam es aber erst am 25. Jänner, obwohl die Unterwerfung tatsächlich bereits seit Tagen in vollem Gange war.

Diese Verzögerung der Verhandlungen ist wohl zweifellos auf die schwankende Haltung des Königs Nikola zurückzuführen. Noch am 17. erfuhren die Serben aus dem Munde der Königin *), daß der montenegrinische Hof in Erwartung günstigerer Friedensbedingungen seine von

!) Serb. Gstb W., XIV, 127.

den. ausländischen Vertretern angeregte Abreise verschoben habe. Aber schon drei Tage später landete der von den Vertretern der Entente umgestimmte König mit seinem Ministerpräsidenten Mijuškovič auf einem italienischen Torpedoboote in Brindisi, wo er erklärte, alle Bedingungen abzulehnen und den Kampf weiterzuführen. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen hatte er einem Rumpfministerium überlassen.

Die Ereignisse bis Ende Jänner

Auf den Gang der militärischen Ereignisse übten diese politischen Schachzüge des Königs jedoch keinen wesentlichen Einfluß mehr aus, da die Entwaffnung inzwischen rasche Fortschritte machte. Das montenegrinische Heer hörte auf zu bestehen. Der k.u.k. 3.Armee waren die Wege in die nordalbanische Küstenebene offen, wo in den Hafenräumen von S. Giovanni di Medua und Durazzo die Trümmer des serbischen Heeres und zahlreiche Flüchtlinge schon seit Monatsfrist vergebens der versprochenen Hilfe harrten. Nur zögernd hatten sich innerhalb dieser bangen Wochen einzelne italienische Schiffe der Küste genähert und kaum nennenswerte Mengen von Lebensmitteln3) gelandet. Die Überschiffung der Truppen war um diese Zeit noch immer nicht im Gange, und immer eindringlicher erhoben sich die verzweifelten Hilferufe der bedrängten Serben gegenüber ihren säumigen Verbündeten, wobei sie den Italienern „Schikanen“4) unterschoben, Vorwürfe, die besonders in der französischen Presse ihren Widerhall fanden. Tatsächlich waren aber neben der allgemeinen Unschlüssigkeit der Entente in erster Linie die äußerst ungünstigen Hafenverhältnisse an der nordalbanischen Küste sowie deren unmittelbare Bedrohung durch die öst.-ung. Flotte aus dem nahen Kriegshafen von Cattaro an dem Zögern der Italiener schuld. Zumal der offene Hafen von Medua war stark gefährdet, und es ist verständlich, daß die italienischen Schiffe zunächst den von Durazzo vorzogen. Aber erst als durch die Erfolge der Armee Kövess Skutari bedroht zu sein schien, entschloß sich auch Paris zu beschleunigter Hilfe durch die französische Flotte3). Konnte die serbische Heeresleitung in Skutari damals noch hoffen, daß die endlich zugesicherte Überschiffung von Medua und Durazzo aus nach Korfu4) nunmehr zeitgerecht einsetzen werde, so entschieden sich ihre Verbündeten wegen der drohenden Lage in Montenegro und der äußerst mißlichen Hafenverhältnisse bei S. Giovanni di Medua am 17. aber doch zur ausschließlichen Einschiffung der Serben in Durazzo und Valona.

Die hiezu notwendigen Verschiebungen bedeuteten für die wegen Erschöpfung kaum beweglichen serbischen Heeresteile einen neuen Leidensweg. Unbeschreibliche Not ließ Verzweiflungsausbrüche besorgen, die schon bisher nur mit Mühe niedergehalten worden waren. Mit geballter Faust, tiefen Groll im Herzen hörten die hungernden und darbenden Haufen von der Einschiffung des serbischen Hofes und von der Flucht des Königs von Montenegro. Auch bei den Führern stieg die Erregung; als der italienische Gen. Guerrini in Durazzo am 19. verlauten ließ, daß ein Teil der Truppen wahrscheinlich bis Santi Quaranta verschoben werden müsse, stellte der serbische Heerführer, Gen. Bojovic, den bereits befohlenen Abmarsch nach Valona ein und bat die in Korfu weilende Regierung, dem „plangemäßen Zugrunderichten“1) der serbischen Soldaten endlich Einhalt zu gebieten.

Da die dadurch entstandene Ratlosigkeit dem Hauptquartier Teschen nicht verborgen blieb, regte GO. Conrad am 16. Jänner beim 3. Armeekmdo. an, ehestens eine gemischte Abteilung im Küstengebiet südlich vom Skutarisee über die Bojana vorzutreiben. Daraufhin befahl GdI. Kövess, womöglich schon am folgenden Tage zwei Bataillone mit einer Gebirgsbatterie der 14. GbBrig. über Virpazar und Stari Bar zu entsenden, Skutari überraschend zu nehmen und weiter gegen Alessio— S. Giovanni di Medua vorzurücken, um Verwirrung hervorzurufen und den Feind empfindlich zu schädigen. Als Rückhalt hatte eine Abteilung der Brigade Schiess über Stari Bar an die Bojana zu rücken und den Fluß zu überschreiten; auch sollte baldigst eine Gebirgsbrigade folgen, damit in diesem Küstenraume über eine stärkere Kraftgruppe verfügt werden konnte.

Schon Ende 1915 hatte GO. Conrad in einem Gedankenaustausch über die allgemeinen politischen Kriegsziele gegenüber dem Minister des Äußern, Freih. v. Burián, die Meinung vertreten, Serbien, Montenegro und Albanien als selbständige Staaten vollkommen verschwinden zu lassen, und die nicht an Bulgarien fallenden Teile Serbiens, ganz Montenegro und Nordalbanien bis zum Mati der Monarchie einzuverleiben. GO. Conrad vertrat auch die Ansicht, daß für die Waffenhilfe zur Vertreibung der Italiener von der Ostküste der Adria den Bulgaren MittelSerb. GstbW., XIV, 148.

albanien mit Durazzo und den Griechen das Gebiet von Valona zugesprochen werde. Die bisherigen Erfolge der Armee Kövess und die mißliche Lage der Serben reiften nun den Entschluß, das Gebiet Nordalbaniens bis an die Linie Mati—Dibra militärisch in Besitz zu nehmen und vom Feinde zu säubern.

Um diese Absicht durchzuführen, hatte die 3. Armee nach den Weisungen vom 17. Jänner zunächst mit etwa acht Brigaden und angemessener schwerer Artillerie den Raum von Skutari zu erreichen. Hiezu waren vom Korps Trollmann vier Brigaden südlich des Skutari-sees und eine nördlich davon vorzuführen, während die 59. ID. und eine Brigade der 62. ID. über Matesevo-Podgoxica vorrücken sollten; Skutari war ehestens zu nehmen.

Die 57. ID. und die 9. GbBrig. sollten nach Bedarf entweder in südwestlicher oder in südlicher Richtung angesetzt werden. Die Masse dieser Kraftgruppe war inzwischen an der Linie Ipek—Djakova—Prizren reichlich mit Nachschubmitteln auszustatten und ihre Versorgung sicherzustellen. Gemischte Abteilungen und Albanerlegionen sollten baldigst in die Linie Skutari—Kruja vorgetrieben werden.

Aus der Nordfront waren drei Brigaden über Plevlje herauszuziehen und mit der 21. LstGbBrig. im Raume von Sarajevo, eine fünfte Brigade bei Cattaro oder Trebinje zur Verfügung der Heeresleitung bereitzustellen. Das Abziehen von fünf Brigaden war nur der Beginn einer allmählichen Verringerung der Balkantruppen, die durch die schon in Aussicht stehende Operation gegen Italien bedingt war. Die

21. LstGbBrig. wurde aber zunächst zur Verstärkung der 7. Armee in die Bukowina gefahren (S. 25).

Die von der 14. GbBrig. vorgetriebene Abteilung unter Obstlt. Krammer besetzte am 23. Jänner abends kampflos Skutari und erhielt tags darauf zunächst den Befehl, alle dort befindlichen Schifffahrtsmittel zu beschlagnahmen, da solche für den Nachschub über den See sehr von nöten waren.

Beim Korps Trollmann hatten die Vortruppen der Gruppe Sorsich bei Katrkol die Flußebene der Bojana erreicht, während Teile der 47. ID. in Podgorica J) einrückten und dort von der Bevölkerung freudig begrüßt wurden. In Nikšič dagegen, das von den Vortruppen der

ł) Auf dem Wege dahin erschien der königliche Prinz Mirko und berichtete von Greueltaten in der von ihm verlassenen Stadt. Es handelte sich aber nur um ein Scharmützel mit Arnauten, bei dem deren bedeutendster Führer und ältester Freiheitskämpfer, Issa Boletini, zugleich mit seinem Sohne getötet wurde.

Gruppe Braun besetzt wurde, zeigten sich die Bewohner sehr ablehnend, ja geradezu feindlich.

Dennoch machte die Unterwerfung der Montenegriner im allgemeinen rasche Fortschritte. Auch im Nordosten des Landes, wo der Widerstand bisher allenthalben noch angedauert hatte, begannen die feindlichen Verbände vor der 62. ID. mit der Waffenstreckung, während eine Abteilung der 59. ID. von Berane aus Andrijevica erreichte, so daß die nach dieser Richtung vorgeschobenen Teile der 9. GbBrig. nach Ipek eingezogen werden konnten. Diese Brigade sollte nunmehr der 57. ID. angegliedert und mit dieser dem 3. Armeekmdo. unmittelbar unterstellt werden.

Zum Vormarsch nach Nordalbanien wurden im Sinne der Weisungen der Heeresleitung vom XIX. Korps die 14. GbBrig., die 20. LstGbBrig., die FslBrig. und die Brigaden Schiess und Streith bestimmt, während vom VIII. Korps die 59. und die 57. ID. sowie die 9. GbBrig. und von der 62. ID. die 205. LstlBrig. teilzunehmen hatten.

Im Kampfraum des Korps Trollmann waren nach Maßgabe der Nachschubmittel die Truppen in Skutari zunächst auf zwei und später auf drei Brigaden zu verstärken und brückenkopfartige Stellungen auszubauen. Virpazar und Podgorica sollten vorläufig noch stärker besetzt, in Rijeka oder Cattaro Reserven zurückgehalten werden. Die 59. ID. mit der 205. LstlBrig. konnte man, da es an Verpflegung gebrach, nach Podgorica erst dann vorrücken lassen, sobald die Straßenunterbrechung zwischen Cattaro und dem Krstač behoben war. Die 57. ID. und die 9. GbBrig. hatten nach Bedarf und dann wahrscheinlich in südlicher Richtung vorzugehen. Die endgültige Regelung der Befehlsverhältnisse mußte für alle Gruppen vorläufig noch in Schwebe gelassen werden. Die nicht für den Vormarsch bestimmten Verbände wurden als Besatzung für den Kriegshafeoi Cattaro und des eroberten Landes sowie zum Küstenschutz bestimmt.

Ein rasches Vorführen stärkerer Verbände in die nordalbanische Küstenebene war aber wegen Nachschubschwierigkeiten noch nicht möglich, obwohl militärische und politische Gründe dazu drängten. Glaubwürdigen Nachrichten zufolge sollten die Italiener Durazzo bereits verlassen haben, was den Abzug der serbischen Heeresteile gegen Süden bedingt hätte. Flottes Zugreifen war daher um so mehr angezeigt, als auch bei den Bulgaren dieselbe Absicht angenommen werden mußte. Aus diesen Gründen befahl die Heeresleitung, zunächst eine gutausgerüstete gemischte Abteilung in den Raum von Durazzo vorzusenden und die Gewinnung dieses wichtigen Hafenortes womöglich durch eine Albanerabteilung einzuleiten.

Die letztangeführte Maßregel verfolgte den Zweck, die noch unter italienischem Einflüsse stehenden Albaner durch eigene Landesbrüder rechtzeitig zur Waffenhilfe für die Monarchie aufzubieten, was bei der allgemein herrschenden, ererbten Feindschaft gegen Serben und Montenegriner nicht erfolglos bleiben mochte. In den bisher von serbischen und montenegrischen Truppen besetzten albanischen Gebieten hatte nach deren Abzug die von drückender Fremdherrschaft befreite Bevölkerung allenthalben zu den Waffen gegriffen, um sich an den weiteren Unternehmungen des k.u.k. Heeres zu beteiligen. Die in den befreiten arnautischen Gauen organisierten Aufgebote waren bereits unter Führung ortskundiger öst.-ung. Offiziere von Prizren her gegen die Küste im Anmarsche.

Vor diesen albanischen Gruppen erreichte aber eine Nachrichtenabteilung der 2. GbBrig. von Prizren aus schon am 31. Jänner Nerfusa am Zusammenflusse der Quelladern des Fani, während das Detachement Krammer (vier Bataillone, zwei Gebirgsbatterien) Alessio und Medua besetzte und Sicherungen bis an den Mati vortrieb. Die Serben waren bereits am 24. Jänner von Medua nach Durazzo abgezogen; ihre Nachhuten hielten am Išmi. Nach den Befehlen vom 28. Jänner hatte sich die Masse des Korps Trollmann bei Aufrechterhaltung des Küstenschutzes und sobald es die Nachschubverhältnisse zuließen, im Raume von Skutari zu vereinigen und dem Armeekmdo. eine Brigade bei Rijeka zur Verfügung zu stellen. Von den Verbänden des VIII. Korps war nur die

2. GbBrig. von Prizren über Dibra auf Durazzo vorzuführen, während alle anderen Truppen auf den italienischen Kriegsschauplatz abzuschieben waren: die 59. ID. (10. und 18. GbBrig.) über Podgorica—Zele-nika und die 57. ID. (6. und 9. GbBrig.) über Belgrad; auch die 205. LstlBrig. hatte im Verbände der 62. ID. über Plevlje zu folgen.

Die Lage des nunmehr ausschließlich auf Durazzo basierten serbischen Heeres hatte sich inzwischen wirtschaftlich kaum gebessert und militärisch noch bedeutend verschlechtert, da in Rom große Meinungsverschiedenheiten über die Art der Hilfeleistung herrschten.

GLt. conte Cadorna, der von Haus aus jedem Unternehmen in Albanien widerraten hatte, wollte auch jetzt noch Durazzo auf dem Landwege räumen und sich auf Valona stützen, während der Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Baron Sonnino, auch jenen Platz als politisches Unterpfand zu halten wünschte. Obwohl der italienische Heerführer am

22. Jänner betonte, daß diese politischen Forderungen den militärischen Möglichkeiten unterzuordnen seien, und sogar seinen Rücktritt anbot1), beschlossen die politischen Kreise dennoch, das Expeditionskorps in Albanien um eine Division zu verstärken und die Truppen in Durazzo dem Kriegsminister unmittelbar zu unterstellen.

Während König Nikola mit seinem Ministerpräsidenten Mijuškovič bereits in Rom weilte, leitete der öst.-ung. Gesandte Otto am 28. Jänner mit dem montenegrinischen Rumpfkabinett in Cetinje die politischen Verhandlungen ein, forderte aber die Rückkehr des Regierungschefs oder die schriftliche Bevollmächtigung der im Lande zurückgebliebenen Minister. Die Friedensverhandlungen selbst wollte das Wiener Kabinett jedoch nur mit Unterhändlern führen, die vom Könige persönlich bevollmächtigt waren, mit dem die Verbindung durch eine neutrale Macht hergestellt werden sollte.

Schon am 2. Februar überreichten die montenegrinischen Vertreter in Cetinje einen Vortrag zur Weiterleitung an den König, worin dieser aufgefordert wurde, die Friedensunterhändler binnen zwei Tagen namhaft zu machen. Da jedoch die spanische Vermittlung durch Frankreich erschwert und schließlich vereitelt wurde, beendete der Ballhausplatz die diplomatischen Verhandlungen und veröffentlichte seinen bisherigen Notenwechsel mit Montenegro; auch dem Drängen der Heeresleitung, im Lande der Schwarzen Berge die Militärverwaltung einzuführen, wurde nachgegeben.

Inzwischen hatte Mijuškovič die Tätigkeit der im Lande verbliebenen Minister als eigenmächtig bezeichnet, worauf diese mit dem Prinzen Mirko erwiderten, daß der König ohne Wissen seiner Regierung abgereist sei, was nicht nur niederschmetternd gewirkt, sondern auch die Gefahr innerer Unruhen heraufbeschworen habe.

Da zur Zeit auch die gesamte deutsche Presse lebhaft für möglichst günstige Friedensbedingungen eintrat, verwahrte sich das Wiener Außenamt in Berlin gegen die öffentliche Erörterung der Kriegsziele, was von den Mittelmächten vertragsmäßig verboten war. Aber auch im diplomatischen Gedankenaustausch sprach sich Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg gegen harte Friedensbedingungen aus und befürwortete eine Vergrößerung Montenegros auf Kosten Serbiens, das der Ballhausplatz, wie der Reichskanzler aus vertraulichen Berichten erfahren hatte, als selbständigen Staat (S. 60) ohnehin verschwinden zu lassen beabsichtige. Burián dagegen bezeichnete eine milde Behandlung Montenegros als einen schweren Fehler und wollte es durch Abtrennung aller albanischen Gebiete dauernd unschädlich machen; was Serbien betraf, eröffnete er, daß noch keine endgültigen Entschlüsse gefaßt worden seien. Bethmann betonte aber auch in der Folge die werbende Kraft eines milden Friedensschlusses auf die Kleinstaaten, dessen günstige kriegspolitische Folgen für die Mittelmächte zur Zeit von ihren Feinden nicht nur vielfach erörtert, sondern sogar ernstlich befürchtet wurden. Wien dagegen verschloß sich diesen sicherlich nicht unbegründeten Erwägungen; es beabsichtigte, Montenegro zwar unter der dermaligen Dynastie, aber nur als Binnenstaat, beiläufig mit den Grenzen, die im Berliner Vertrage von 1878 festgesetzt worden waren, fortbestehen zu lassen; eine geheime Militärkonvention, eine Zollunion, sowie gleiches Münz- und Währungssystem sollten es jedoch politisch, militärisch und wirtschaftlich an die Donaumonarchie binden.

Die Eroberung von Nordalbanien

Die Vorrückung bis an den Škumbi Anmarsch und Bereitstellung

Während die Flieger in den ersten Februartagen ein Zusammenschieben der serbischen Kräfte im engeren Hafengebiete von Durazzo und deren Verladung bei Tag und Nacht sowie ein Ab fluten feindlicher Kolonnen über Kavaja gegen Valona meldeten, verdichteten sich die Nachrichten, daß Nordalbanien auch von den Italienern geräumt werde.

In der Tat war die von den Serben eingestellte Verschiebung nach Valona (S. 60) am 22. Jänner doch wieder in Fluß gekommen; sie wurde von der Timokarmeegruppe gesichert, während die 1. Armee Durazzo deckte, wo zuerst die 3. und die 2. Armee eingeschifft werden sollten. Erst als die serbischen Nachhuten in der Nacht auf den 9. Februar über den Arsen setzten, übernahmen die Italiener die bisher verweigerte Sicherung5) des Hafenraumes von Durazzo. Auch von Elbasan rückte die KombD. als Nachhut der serbischen Südgruppe erst am 9. gegen Valona, wo die Einschiffung schon am 28. Jänner begonnen hatte.

Um den vor Durazzo stehenden Feind noch rechtzeitig fassen zu können, forderte die k.u.k. Heeresleitung am 5. Februar das 3. Armee-

!) Serb. Gstb. W., XIV, 257.

kmdo. auf, möglichst starke Teile des XIX. Korps und der 2. GbBrig. dorthin vorzuführen und alle diese Kampftruppen unter einheitlichen Befehl zu stellen. Zur Vermeidung der ständig notwendigen Neubezeichnungen der bisher nach ihren Führern benannten Verbände waren mittlerweile das Gruppenkmdo. Sorsich in das 63. IDKmdo., die Brigade Schiess in die 210. LstlBrig., die Brigade Streith in die 211. LstlBrig., die FsIBrig. in die 22. LstGbBrig., die Gruppe Zhuber in die 24. LstGbBrig., die Brigade Obst. Rudolf Löbl (früher Haustein) in die k. u. 212. LstlBrig. und die Brigade Schwarz in die 23. LstGbBrig. umgewandelt worden.

Der Vormarsch gegen Süden hatte unterdessen langsame Fortschritte gemacht. Die vom Mati südwärts vordringende Abteilung Krammer (S. 63) erreichte über Miloti und Mamuras am 3. Februar Teke Fuša Krujs, von wo aus Kruja, die Stadt Skanderbegs, besetzt wurde. Erst vor Preza wechselten die Aufklärer die ersten Schüsse mit Nachhuten der serbischen 1. Armee1), die in vorbereiteten Stellungen auf den südlichen Talhängen des Ismi vorläufig noch jedweden weiteren Raumgewinn verwehrten, so daß unterdessen der Rest der 211. LstlBrig. bis zum 5. nach Mamuras, die 210. LstlBrig. aber nach Alessio nachrücken konnten. Die übrigen Kampfgruppen des XIX. Korps (47. ID. mit der 14. GbBrig. und der 20. LstGbBrig.) standen noch im Raume von Skutari. Von der auf Prizren basierten 2. GbBrig. war ein Detachement unter Obstlt. Zloch (11/2 Baone., 1/2 Batterie) von Kula Lums über Oroši bis an den mittleren Mati gelangt und sollte, wie nunmehr auch die Masse dieser Brigade, über Kruja und Durazzo vorstoßen, wohin auch die bereits flott gewordenen Albanergruppen gewiesen waren.

Schon beim Vormarsch bis an den Ismi lernten die Truppen ihren neuen Feind kennen: die albanische Küstenebene, mit ihren gewaltigen, ungezähmten Flußläufen, mit ihren ausgedehnten Lagunen und Sumpfgebieten, in denen undurchdringliche Wälder und trügerische Rieden abwechseln. Das Hauptmerkmal des Kriegsschauplatzes war jedoch in den bereits unter subtropischem Einfluß stehenden klimatischen Verhältnissen und ihren Folgeerscheinungen zu erblicken: der strengen Scheidung von Trocken- und Regenzeit und dem davon abhängigen Auftreten der Malaria2).

Mit der durchschnittlich im Oktober einsetzenden und mit kurzer Unterbrechung oft bis April andauernden Regenzeit schwindet die

Serb. Gstb. W., XIV, 242.

2, V e i t h, der Feldzug in Albanien (Schwarte, V, 512 ff.).

Albanien als Operationsgebiet

Gangbarkeit wenigstens in den Niederungen fast vollständig. Immer größere Flächen treten unter Wasser, und auch die nicht überschwemmten Teile werden derart aufgeweicht, daß ein dauerndes Freilager unmöglich wird. Der Verkehr ist dann hauptsächlich nur mehr auf die sandigen und vielfach überhöhten Flußufer beschränkt, indes die meisten Wegstrecken des Tieflandes geradezu kaum überwindbare Hindernisse werden.

67


Diesen Wegverhältnissen entsprach auch die gegenwärtige Gruppierung der 63. ID. mit je einer Brigade bei Kruja und bei Alessio. Beide Brigaden waren notgedrungen auf die einzige durchlaufende Marschlinie gesetzt, die bald einem grundlosen Schlammstreifen glich, teilweise ganz unter Wasser stand und, meist zwischen Sümpfen und steilen Bergfüßen dahinführend, jede Entfaltung, ja selbst die Entsendung von Seitenhuten ausschloß. Von selbst ergab sich die Nötigung, auch die nachfolgenden Brigaden der 47. ID. auf diese Marschlinie zu weisen, die sich sogar die Übersetzung des hochangeschwollenen Mati immer wieder von neuem erzwingen mußten, abgesehen von den Schwierigkeiten, die der Nachschub auch schon bisher zu überwinden hatte.

Als nun der vorerwähnte Befehl der Heeresleitung beim 3. Armeekmdo. einlangte, wies dieses den FML. Sorsich an, mit der 210. und der 211. LstlBrig., der 20. LstGbBrig., der 14. GbBrig. und den Albanergruppen Durazzo zu nehmen und hiezu die Letztgenannten über Kruja gegen Tirana und Kavaja umfassend anzusetzen.

Die italienische Besatzung von Durazzo bestand zur Zeit aus der Brigade Savona, einem Bataillon Territorialmiliz, zwei Gebirgsbatte-rien, 14 Feldkanonen und vier 12 cm-Geschützen!). Nach den Weisungen vom 30. Jänner (S. 64) sollte die Räumung zunächst wohl vorbereitet, aber erst unter drohendem Druck des Gegners vollzogen werden; mit der schwierigen Aufgabe, den richtigen Zeitpunkt für das Aufgeben des Hafens wahrzunehmen, wurde Gen. Ferrero betraut. Jedenfalls waren Einschiffung und Abschub der serbischen Heeresreste zu decken, was unter großen Schwierigkeiten bis 9. Februar gelang.

Mittlerweile hatten die Vortruppen der 63. ID., FML. Sorsich, die Höhen im Küstengebiet zwischen Išmi und Arsen kampflos erreicht und am 9. Februar Tirana besetzt, das von Abteilungen der Timok-armeegruppe erst zwei Tage zuvor geräumt worden war2). Dazwischen wandte sich die Masse der 211. LstlBrig. aus dem Raume Preza—Vorra gegen Durazzo und gewann die das Gebiet beherrschende Höhe Mali

*) Cadorna, Altre pagine, 162.

2) Serb. Gstb. W., XIV, 286.

Barzes, wo am 11. ein italienischer Angriff mühelos abgewiesen werden konnte. Bis 14. Februar hatten alle Teile dieser durch Abteilungen der 14. GbBrig. verstärkten Brigade aufgeschlossen und standen in breiter Front auf den rechten Talhöhen des Arsen von Ruškuli bis Mali Barzes den Italienern gegenüber, während die vordersten Truppen der 210. LstlBrig. bis Larušku nachgerückt waren. Von den nachfolgenden Verbänden der 47. ID. erreichten an diesem Tage die 20. LstGbBrig. Alessio und die Masse der 14. GbBrig. Skutari. Die von Prizren über Fani—Oroši auf Kruja anrückende 2. GbBrig. stand mit ihrem vorgeschobenen Detachement bereits an der Kampflinie bei Preza. Auch die erste kampffähige, bei’ läufig sechshundert Mann starke Albanergruppe konnte, von Hptm. Hässler befehligt, über Tirana bis auf die Höhen nördlich von Kavaja vorgeführt werden; als sich dieser Ort am 16. Februar ergab, war die italienische Stellung vor Durazzo zu Land vollkommen umschlossen.

Die feindliche Hauptwiderstandslinie1) verlief vom linken Mündungsufer des Arsen flußaufwärts bis an die Hügel von Bazar Šjak, dann, über diese als Brückenkopf beiderseits der Straße nach Tirana vorspringend, bis gegenüber Res und wieder vom linken Flußufer über Teke Aleksit bis auf den Strandfelsen Škam (Sasso Bianco). Hier hatte auch eine Rückhaltstellung auf den Bodenwellen zwischen dem Arsen und den Lagunen Flügelanlehnung. Außerdem waren die schmalen Landverbindungen der Halbinsel Durazzo beiderseits der Lagune Kneta Durcit durch Schanzen gesichert.

Die Lage der italienischen Besatzung von Durazzo war sicherlich iiicht günstig, da die Brigade Savona nur einen so beschränkten Raum festhalten konnte, daß der von der Seeseite ohnehin schon gefährdete Hafen nunmehr auch vom Festlande bedroht bleiben mußte und andererseits ein rechtzeitiger Entsatz zu Lande, von Valona aus, wegen der drohenden Flankenstellung der bulgarischen Streitkräfte am oberen Śkumbi kaum in Betracht kam. Überdies konnte der gewagte militärische Einsatz mit den erhofften politischen Erfolgen in Albanien nicht mehr in Einklang gebracht werden, da sich die Scharen Essad Paschas bis auf geringe Reste verlaufen hatten, dieser eigennützige, bei seinen Landsleuten unbeliebte Großgrundbesitzer sein Spiel selbst verloren gab und bereits am 12. Februar um rasche Einschiffung2) bat.

Gerade dieser Umschwung war es, der den italienischen Konsul in

x) R a v e n n i, Cenni sull’azione italiana in Albania dal 1914 al 1918 (Revista militare italiana, 1931, Heft 7 und 8).

2) Cadorna, Altre pagine, 163 ff.

Durazzo bewog, schon tags darauf von Rom die schleunige Räumung des Hafens zu fordern. Aber weder diese Forderung noch die neuerliche Mahnung Cadornas veranlaßten die politischen Kreise zur freiwilligen Preisgabe der Stadt, da man nicht nur um die künftige Stellung in Albanien besorgt war, sondern sogar ungünstige Rückwirkungen auf das Mutterland befürchtete. Dessenungeachtet entschloß sich der von den politischen Stellen mit der nachhaltigen Verteidigung betraute Gen. Fer-rero zur unverzüglichen Räumung, nachdem ihn der Kommandant der adriatischen Flotte, Vizeadmiral Herzog der Abruzzen, am 14. Februar auf die Gefahren einer Verzögerung der vorgesehenen Einschiffung aufmerksam gemacht hatte. Dennoch mußte die Durchführung unterbleiben, da vom Befehlshaber des Expeditionskorps in Valona, Gen. Ber-totti, ein weiteres Ausharren im Sinne der Anweisung und der Dienstvorschriften gefordert wurde, zumal nach den letzten Nachrichten eine ernste Bedrohung weder durch österreichische noch durch bulgarische Kräfte zu erwarten war. Aber erst nachdem neuerliche Vorstellungen gegen ein weiteres Verbleiben in Durazzo erfolglos geblieben waren, beschloß Gen. Ferrero, äußersten Widerstand zu leisten; schließlich war er sogar gezwungen, die im andauernd hohen Wellengang auf offener Reede in Seenot geratenen leeren Transportschiffe abdampfen zu lassen.

Diese eindeutigen Schiffsbewegungen im Hafen von Durazzo waren den vorgeschobenen Truppen des Angreifers natürlich nicht verborgen geblieben und konnten, zusammen mit den untrüglichen Wahrnehmungen an der italienischen Landfront, nur auf nachhaltigen feindlichen Widerstand schließen lassen. Im Gegensatz hiezu war das XIX. Korpskmdo. auf Grund überholter Nachrichten noch überzeugt, daß nach dem bereits vollzogenen Abtransport der Serben auch die italienische Besatzung den Hafen räumen werde, und beabsichtigte daher, diesenAbschub durch rasches Zugreifen zu stören. Als nun am 17.Februar der Angriff schon für den folgenden Tag anbefohlen wurde, konnte das 63. IDKmdo. auf die inzwischen veränderte Lage beim Feinde hinweisen, die eine Verstärkung der zur Stelle befindlichen Angriffskräfte forderte. Hiefür waren zunächst neben Teilen der 210. LstlBrig. die Vortruppen der 2. GbBrig. (Detachement Zloch), sowie die vorgezogene Artillerie der zurückgebliebenen 20. LstGbBrig. in Aussicht genommen.

Die jüngsten über Teschen eingelangten Nachrichten, die den letzten Entschluß Ferreros außer Zweifel stellten, bestimmten nun FML. Trollmann, den bevorstehenden Stoß auf Durazzo so lange aufzuschieben, bis außer der gesamten 210. LstlBrig. auch noch die der 63. ID. unterstellte 20. LstGbBrig. dabei mitwirken konnte. Da sich auch die Heeresleitung dieser Ansicht anschloß, wurde der Angriff auf den 21. festgesetzt, mußte aber wegen unvermeidlicher Verzögerungen im Anmarsche schließlich bis zum 23. Februar hinausgeschoben werden.

Mit diesem Vortreiben von drei Brigaden in den künftigen Kampfraum von Durazzo, wohin als vierte noch die 14. GbBrig. folgen sollte, war deren operative Schlagweite bereits bedenklich überschritten. Die Heeresleitung, die die Armee Kövess ursprünglich mit Nachschubmitteln derart ausrüsten wollte, daß die Versorgung von sechs Gebirgsbrigaden bis an den Škumbi dauernd gewährleistet blieb, mußte sich, um die Erfordernisse für den südwestlichen Kriegsschauplatz nicht zu beeinträchtigen, vorläufig auf geringere Zuwendungen beschränken.

Gegenwärtig war die Straße nach Skutari kaum halben Weges gegen Alessio fahrbar und dann nur mehr für Tragtiere benützbar. Die Brigaden konnten daher höchstens im Raume nördlich davon bis einschließlich Alessio klaglos versorgt werden. Erst nach gründlicher Ausgestaltung der Etappenlinie1) war eine weitere Vorrückung möglich; Zeit und Umstände ließen sich aber noch nicht übersehen.

Bei alldem sei nochmals daran erinnert, daß die Kampftruppen vor Durazzo mit dem Ende der fahrbaren Straße südlich von Skutari bloß durch eine saumbare, beinahe schon bis hundert Kilometer gestreckte Nachschublinie verbunden waren, auf der die Tragtiertrains wegen Selbstverbrauches nur ungenügende Nutzlasten vorbrachten. Der Mangel an ausreichender Verpflegung verminderte bereits die Leistungsfähigkeit der Truppen.

Allen diesen Mängeln gegenüber konnte aber FML. Sorsich seine Truppen nicht nur auf die äußerst verzweifelte Lage der italienischen Besatzung, sondern auch auf ihre zahlenmäßige Unterlegenheit hinweisen und überdies auch noch die große Bedeutung der bevorstehenden Kampfhandlung in dem Sinne erläutern, daß mit einem Siege auch das Ende der bisherigen Leiden in Albanien zu erhoffen war.

Solcherart angespornt, gelangten die Truppen bis 23. Februar in ihre Angriffsgruppierung. Als rechte Flügelgruppe standen Teile der

Geplant %var: Drahtseilbahn von Cattaro nach Njeguši, Autoverkehr bis zum Skutari-See, Schiffsverkehr von Virpazar nach Skutari, von dort Feldbahn und später auch Autoverkehr nach Alessio; anschließend Drahtseilbahn bis Preza. Außerdem sollte der Seeverkehr bis San Giovanni di Medua ausgedehnt und schließlich auch eine zweite Etappenlinie von Ferizovic über Prizren—Kula Lums—Oroši bis Pezana angelegt werden.

210. LstlBrig. unter Obstlt. Juriševič im Raume um Ruškuli am unteren Arsen. In der Mitte, um die feindliche Brückenkopfstellung, hatten sich beiderseits der Straße das Detachement Krammer und anschließend die nunmehr vom Obst. Lörinczy befehligte 211. LstlBrig. bereitgestellt. In den südlichen Küstenstreifen, westlich vom Arsen, schob sich die 20. LstGbBrig. unter Obst v. Farkas, während das Detachement Zloch und zu äußerst die Albanergruppe Hässler den linken Flügel abschlossen. Die nicht eingesetzten Teile der 210. LstlBrig. wurden teils als Reserve, teils zu dringenden Wegarbeiten verwendet.

Gegen Süden schien der Raum bis zum Semeni im allgemeinen frei vom Feinde, da die freundlich gesinnten Albaner, den geringen Widerstand der Anhänger Essad Paschas brechend, bereits bis Berat vorgedrungen waren. Elbasan war schon am 13. Februar von einem öst.-ung. Nachrichtendetachement erreicht worden; auch die Bulgaren hatten dorthin ihre Sicherungen vorgetrieben.

Mittlerweile war auch die von den Italienern am Semeni zurückgehaltene serbische KD. nach Valona herangezogen worden; sie hätte ursprünglich über Tepeleni nach Santi Quaranta rücken sollen, um die Einschiffung in Valona zu entlasten. Aber die Serben hatten Einspruch erhoben, wie sie überhaupt alle doch lediglich aus taktischen oder rein nautischen Gründen angeordneten Verschiebungen als überflüssige Quälereien empfanden und nur zögernd durchführten.

Es steht jedoch außer Zweifel, daß für die durch den italienischen Oberbefehl geregelte Überschiffung nur maritime Erwägungen maßgebend sein konnten. Waren doch hiezu weit über tausend Fahrten der beteiligten Kriegsschiffe notwendig, die 81 Dampfer mit 223.000 Tonnen Rauminhalt auf 322 Transporten zu sichern hatten1). Die bei diesem Manöver erlittenen, kaum nennenswerten Verluste stellen der italienischen Flottenführung das beste Zeugnis aus.

Die Eroberung vo?i Durazzo (23. bis 26. Feber)

Nach den letzten Befehlen des 63. IDKmdos. sollte die bereitgestellte Infanterie am 23. Februar noch vor Anbruch der Morgendämmerung so weit vorgehen, daß sie in einem Zuge in die feindlichen

*) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 271 ff. — Nach italienischen Quellen wurden aus den albanischen Häfen insgesamt 260.895 Menschen, 10.153 Pferde und 68 Geschütze abtransportiert, von denen 193.514 Mann auf das Heer und die Behörden der Serben entfielen. Die Serben selbst geben

Stellungen einbrechen könne. Die artilleristische Vorbereitung hatte um 6 h, die Vorrückung der Infanterie um 7 h 30 vorm. zu beginnen, wobei die einzelnen Angriffsgruppen konzentrisch auf Durazzo vorzuführen waren. Auf die Mitwirkung der in Cattaro befindlichen Kriegsschiffe mußte nach einem Berichte der Flottenabteilung über schweren Seegang verzichtet werden, so daß der Angriff vom Hafenbereiche her gefährdet blieb, wo die Flieger bisher dreizehn feindliche Kriegsschiffe1) zählten.

Da die meisten Vorgänge zur See auch vom Lande aus beobachtet werden konnten, war dem lauernden Angreifer auch die am 19. erfolgte Landung von feindlichen Truppen nicht verborgen geblieben. Es handelte sich um die Ausschiffung von zwei Kompagnien aus Valona, durch die Gen. Bertotti auf Grund alarmierender Nachrichten2) die Besatzung von Durazzo verstärkte. Für Gen. Ferrero aber bildete dieser Zuschub nur mehi einen äußerst dürftigen Ersatz der inzwischen durch Krankheiten hervorgerufenen starken Verluste. Sein Entschluß zum äußersten Widerstand blieb bei dem hohen Seegang die einzig mögliche Lösung der ihm im Gegensatz zur Heeresleitung von Rom aus gestellten Aufgabe.

Vor der Gruppe Juriševič, am unteren Arsen, leisteten die schütteren italienischen Sicherungen im Vertrauen auf das Flußhindernis kaum nennenswerten Widerstand. Sie taten recht daran, denn in der Tat hatten bis zum 23. Februar abends nur wenige Leute das linke Ufer auf schwimmenden Balken gewonnen.

Im Brückenkopf um Bazar Šjak dagegen verteidigten sich die Italiener wider den einheitlichen Angriff der Gruppe Krammer und der 211. LstlBrig. recht hartnäckig. Den Schlüsselpunkt der Verteidigung bildeten die Stellungen auf der beherrschenden Höhe Kodra Šjak und vor Djepale, die mittags erstürmt wurden, worauf sich der Verteidiger über den Arsen zurückzog und die Straßenbrücke in Brand steckte. Damit war aber der rasch eingeleiteten Verfolgung ein so entschiedenes Halt geboten, daß auch die Absicht des Divisionärs, den Hauptstoß

152.000 Mann und 10.153 Pferde an. (Bogdanovic, Der Rückzug des serbischen Heeres an das Meer [in serbischer Sprache, Agram 1927], Blge. B.). Außerdem wurden von den Italienern gegen 23.000 öst.-ung. Kriegsgefangene überschifft, die als Rest von 70.000 Mann den unbeschreiblichen Leidensweg von Niš bis an die Adria überstanden hatten.

J) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 278. Tatsächlich wurde die Räumung Durazzos von 15 italienischen und 3 englischen größeren und 19 kleineren Einheiten unterstützt und gesichert. Überdies lag das italienische Schlachtschiffgeschwader in Brindisi zum Auslaufen bereit.

2) Cadorna, Altre pagine, 167.

auf Durazzo längs der Straße weiterzuführen, zunichte wurde. Auch war der Schwerpunkt des weiteren Angriffes nunmehr auf die im Küstenstreifen westlich vom Arsen unter Obst. Farkas angesetzten Kräfte übergegangen. Auf dem äußersten Flügel dieser Kampfgruppe hatte Hptm. Hässler mit seinen Albanern schon frühzeitig und ganz überraschend den Škam erstürmt. Bald darauf mußte der Feind auch seine anschließenden Stellungen auf Skalnjuri der Gruppe Zloch überlassen. Weiter östlich, bis an den Arsen, gerieten die Italiener aber erst kurz nach Mittag ins Wanken, worauf sie sich vor den anstürmenden Gruppen der 20. LstGbBrig. überraschend schnell loslösten.

Da zur Stunde der Hauptangriff der Nachbargruppen am Arsen bereits zum Stehen gekommen war, entschloß sich Obst. Farkas, die ganze Last des weiteren Angriffes auf sich zu nehmen und unverzüglich auf Durazzo nachzustoßen.

Obwohl die Verfolgung ungesäumt aufgenommen wurde, konnten die abflutenden Italiener von den im unübersichtlichen Gelände bald zerrissenen Verbänden nirgends mehr gefaßt werden; auch der lockende Versuch, die erst halbverbrannte Knetabrücke zu überschreiten, scheiterte am feindlichen Maschinengewehrfeuer.

Die italienischen Truppen, die beim allgemeinen Rückzug auch über die bei Raštbul-Sinavlaš vorbereiteten Rückhaltstellungen hinaus gewichen waren, standen schon abends an der inneren Uferlinie der Halbinsel von Durazzo und schanzten auf den schmalen Landverbindungen beiderseits des Strandsees Kneta Durcit. In dieser fast isolierten Lage konnte die Verteidigung wenigstens noch mit der abstoßenden Wirkung der überlegenen Schiffsartillerie rechnen, wogegen ein weiterer Widerstand auf dem Festlande die bereits unvermeidlich gewordene Einschiffung nur gefährdet hätte. Zum erlösenden Befehle hiezu mußte sich die römische Regierung noch am 23. Februar entschließen, worauf Gen. Ferrero bereits in der folgenden Nacht von der geschützten Westküste der Halbinsel aus die Räumung einleitete.

Bei der 63. ID. hatte sich die Lage während der Nacht auf den 24. nur unwesentlich geändert, da sämtliche am rechten Ufer des Arsen angesetzten Kräfte durch dieses Flußhindernis aufgehalten wurden. Erst am Morgen konnte die Mittelgruppe auf dem linken Ufer gesammelt werden. Sie wurde aber vom Divisionär als Reserve zurückbehalten; nur ihre Artillerie wurde dem Obst. Farkas zur Verfügung gestellt, der sich bis Mittag auf der Geländewelle von Raštbul-Sinavlaš zum gewaltsamen Nachstoß bereitstellte.

Während zunächst auch noch das 63. IDKmdo. an dieser Absicht festhielt, wurde ihre Verwirklichung durch die feindliche Schiffsartillerie vereitelt, die mit andauerndem Sperrfeuer jeden Vorstoß über die Knetabrücke unmöglich machte. So wurde es bald klar, daß die mittlerweile schon in vollen Gang gekommene Einschiffung der Brigade Savona augenblicklich nur mehr durch Fernwaffen gestört werden konnte, wozu überdies auch die Verhältnisse trotz erdrückender Überlegenheit der feindlichen Artillerie einluden, da die ohnehin ungeschützte Reede fast gänzlich in Sicht und Wirkung des Angreifers lag. Als nun die vereinigten Batterien der 20. LstGb.- und der 211. LstlBrig. um 1 h nachm. überfallsartig das Feuer eröffneten, begannen die Italiener aus Mehlsäcken einen Schutzwall vor dem offenen Hafenplatz zu errichten, um wenigstens den Verkehr zur Landungsbrücke zu decken. Freilich war vorläufig damit nur das Einschiffen von Mannschaft und tragbaren Gegenständen ermöglicht.

Ähnlich wie der Angreifer vor der Knetabrücke, lag nun auch die Gruppe Juriševič bis zum 25., diesen mitinbegriffen, untätig vor der nördlichen Landzunge, denn nach wie vor mußte mit dem schweren Feuer der feindlichen Schiffsartillerie gerechnet werden, zumal eine Entlastung durch die eigene Flotte kaum zu erwarten war. Alle ihre jüngsten Versuche, den Angriff auf Durazzo zu unterstützen, mußten wegen „schweren Seeganges“x) abgebrochen werden. Die Gründe der auffallend geringen Tätigkeit der 5. Schiffsdivision während der Über-schiffung der serbischen Heeresreste sind aktenmäßig nicht festgelegt. Panzerkreuzer und Schlachtsschiffe traten überhaupt nicht in Verwendung. Es ist nach allem anzunehmen, daß man über den Umfang der Aktionen des Feindes zur See nicht im klaren war und daher kampfkräftige Typen gegen scheinbar überlegene Seestreitkräfte nicht auszuspielen wagte.

So war ein Handstreich gegen die im Augenblicke uneinnehmbare Hafenstadt wohl ausgeschlossen. FML. Sorsich entschloß sich, die inzwischen bei Vorra eingetroffene 14. GbBrig. zum Vorstoß über die nördliche Landverbindung anzusetzen. Sie sollte die dorthin vorgeschobenen Kräfte ablösen, während die 210. und die 211. LstlBrig. mit Ausnahme ihrer Batterien als Reserve hinter dem Arsen zu vereinigen waren. Diese Neugruppierung kam in der Folge aber nicht mehr zur Geltung, da die angestrebte gewaltsame Lösung durch die unterdessen eingetretenen Ereignisse schon überholt war.

J) Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 277.

Die abzulösende Gruppe Jurševič hatte am 26. früh über die unbesetzten Hügel von Pala vorgefühlt. Die Grenzjägerkompagnie 3 war dem abgezogenen Feinde bis Portes nachgerückt. Als die italienische Nachhut bei einbrechender Dunkelheit auch diese Stellung räumte, folgten die Grenzjäger und erreichten noch vor Mitternacht die bereits vom Feinde verlassene Hafenstadt.

Gen. Ferrero hatte nach dem Feuerüberfall am 24. die Einschiffung zwar auf die Nachtzeit beschränken und aus Mangel an genügenden Schiffen vorübergehend sogar unterbrechen müssen, konnte sie aber unter großen Schwierigkeiten und mit anerkennenswertem Geschick dennoch bis zum 26. abends vollenden. Das gesamte fahrbare Geschütz sowie ein Großteil der Verpflegsvorräte mußten zurückgelassen werden, fast tausend Pferde wurden erschossen. Aber trotz dieser Entlastung ging die Einschiffung am Schlüsse in größter Hast vor sich.

Kaum hatten die letzten italienischen Nachhuten die durch das treffsichere Feuer der öst.-ung. Batterien bereits unhaltbar gemachten Schanzen auf Kneta verlassen, traten auch schon die Vortruppen der Gruppe Farkas ihre inzwischen gut vorbereitete Vorrückung an.

Wohl donnerten noch die schweren Schiffsgeschütze, aber die in der Stadt auflodernden Brände verrieten mit gewaltigen Explosionen die vollzogene Räumung, und mit den letzten Schüssen der Flotte hatten die Italiener Durazzo preisgegeben.

Doch sogar ohne feindliche Gegenwirkung erforderte es noch geraume Zeit und größte Vorsicht, bis das tückische Hindernis der Lagunen im Dunkel der Nacht überwunden werden konnte. Durch eine tags vorher von einer Büffelherde verratene Furt und auf Flößen erreichten die Vortruppen der Gruppe Farkas das Stadtgebiet, wo sie von den Grenzjägern in ein Gefecht verwickelt und dabei auch noch von den eigenen Fliegern mit Bomben beworfen wurden. Erst in der Morgendämmerung klärte sich die Lage, worauf Obst. Farkas vom griechischen Konsul die Stadt übernahm.

Damit endete das Unternehmen gegen Durazzo, bei dem die Angreifer 4 Offiziere und 69 Mann (darunter 10 Albaner) durch Tod einbüßten und gegen 300 Verwundete und 50 Vermißte verzeichneten, während ihnen am 23. Februar allein 17 Offiziere und 742 Mann als Gefangene in die Hand fielen. Außerdem erbeuteten sie 34 Geschütze, 1 Maschinengewehr, 14.000 Gewehre, große Mengen von Munition und Schanzzeug, 8 Munitionswagen, beiläufig die einwöchige Verpflegung für den damaligen Stand der 63. ID. und dazu 17 Wasserfahrzeuge.

Gerade diese Einbußen der fluchtartig abgezogenen Besatzung verstärkten bei den berechnenden Albanern nicht nur den Eindruck der italienischen Niederlage, sondern vergrößerten auch den des kriegerischen Erfolges des Angreifers, was zunächst in recht lebhafter Teilnahme der Bevölkerung an den Siegesfeiern zum Ausdruck kam und zweifellos auch den politischen Erfolg der Donaumonarchie gegenüber seinem Rivalen ganz allgemein besiegelte. Kein Wunder, daß die schuldbewußten römischen Kreise diese vornehmlich politischen Mißerfolge nunmehr durch das Schlagwort von der „glorreichen Räumung“ von Durazzo zu verschleiern suchten.

Ein schwerer Fehler überhaupt aber war es, „Ziele von internationaler Bedeutung mit ungenügenden Mitteln erreichen zu wollen“ L) und die Einschiffung noch hinauszuschieben, nachdem ein Erfolg mit derartigem Einsatz nicht mehr erzielt, ein Mißerfolg aber wohl noch verhindert werden konnte.

Die Ereignisse bis Mitte März Neugruppierung, Weisungen und Operationsstillstand

Schon am 24. Februar beabsichtigte FML. Trollmann eine Neugruppierung, die nach der bevorstehenden Einnahme von Durazzo notwendig wurde, da alle hiezu eingesetzten Kampftruppen allmählich der 63. ID. unterstellt worden waren, während das in Skutari zurückgebliebene 47. IDKmdo. dadurch ausgeschaltet wurde. Was von der

3. Armee noch außerhalb des nordalbanischen Kampfraumes stand, war größtenteils schon für anderweitige Verwendungen im Abtransport. Eine baldige Entwirrung der zurückbleibenden Truppenverbände und die Ordnung der Kommandoverhältnisse waren geboten.

Das 3. Armeekmdo. befahl daher ebenfalls schon am 24., nach der Gewinnung von Durazzo die Masse des XIX. Korps im Raume dieses Hafens und bei Tirana zu gruppieren, Kavaja und Elbasan zu besetzen, mit Vortruppen an den Škumbi zu rücken und darüber hinaus vorläufig nur zu sichern und aufzuklären, da nach der Säuberung Nordalbaniens bis zu dieser Flußlinie die Aufgabe der Armee zunächst schon erfüllt war. Mit diesen Maßnahmen erklärte sich auch das AOK.

*) Cadorna, Altre pagine, 166; V e i t h, Der Angriff auf Durazzo (Mil. wiss. u. techn. Mitt., Wien, Jhrg. 1922, Separatdruck 2).

einverstanden, ohne jedoch neue Weisungen zu geben; gleichzeitig wurde aber der Abmarsch der 2. GbBrig. und der 22. LstGbBrig. anbefohlen, die womöglich im Anschluß an die 59. ID. und das VIII. Korpskmdo. über die Bocche abzuschieben waren (Beilage 5.). Falls es die innere Lage Montenegros zuließ, sollte an Stelle der 22. die 24. LstGbBrig. nach Skutari rücken, während eine Brigade des XIX. Korps aus dem Raume Durazzo—Tirana nach Alessio zu verlegen war. Schließlich verfügte die Heeresleitung, daß die Befehlsgewalt in Albanien an das XIX. Korpskmdo. übergehen sollte, da auch das 3. Armeekmdo. unter seinem am 26. Februar zum Generalobersten ernannten Führer auf einen anderen Kriegsschauplatz abzugehen hatte.

Im Sinne dieser Befehle erfolgte nunmehr die Neuordnung. Während die 2. GbBrig., das Detachement Zloch mitinbegriffen, die 22. LstGbBrig. und mehrere inzwischen meist zu Brigaden umgewandelte Gruppen nordwärts über die Bocche und über Trebinje abgingen, um aus dem Armeebereiche abzurollen, strebten die Befehlsstellen und Verbände des Korps Trollmann in die am 3. März anbefohlene Gruppierung. Danach hatte das 63. IDKmdo. mit der 210. LstlBrig. nach Alessio zu gelangen, die

211. LstlBrig. wurde in die Gegend Mamuras—Kruja verlegt; nach Tirana sollte das 47. IDKmdo. mit der Masse der 14. GbBrig. kommen, von der Teile Kavaja und Elbasan besetzten, während sich die 20. LstGbBrig. im Raume Durazzo—Bazar Šjak ausbreitete.

Alle diese Bewegungen verzögerten sich jedoch durch neuerliches Hochwasser, das nicht nur sämtliche Brücken zerstörte, sondern auch die wichtigsten Wegstrecken überschwemmte. So war der Mati um fast vier Meter gestiegen und mußte von den Verpflegsstaffeln und den nordwärts ziehenden Kolonnen auf Kähnen und Einbäumen überschifft werden, während der hochgehende Drin den Verkehr zwischen Alessio und Skutari unterband, wo auch die Straße streckenweise tief unter Wasser stand. Da eine baldige Verbesserung der Nachschublinie nicht zu erwarten war, hatte das XIX. Korps in seiner gegenwärtigen Lage vorläufig seine größte Schlagweite erreicht.

Dieser Beschränkung entsprachen auch die letzten Weisungen aus Teschen, die zwar die Befehlsverhältnisse regelten, aber keine neuen Angriffsaufgaben stellten. Nach dem für Mitte März angesetzten Abgehen des 3. Armeekmdos. hatte der Führer des XIX. Korps den Befehl in Nordalbanien weiterzuführen und dieses Gebiet bis an die Linie Škumbi—Rapon—Dibra und an der Küstenstrecke Bojana— Škumbi gegen feindliche Einbrüche und Landungen zu sichern; die

Masse des Korps war unter ausreichender Besetzung von Skutari zunächst im Raume Durazzo—Tirana bereitzuhalten.

Der durch diese Weisungen nunmehr auch von der Heeresleitung geduldete Stillstand am Škumbi entsprach zur Zeit aber weder der allgemeinen militärischen, noch der politischen Lage, da sich die Italiener nach dem Falle von Durazzo vollständig auf Valona zurückgezogen hatten und das vom Feinde freie Gebiet bis zur Vojusa somit den Bulgaren offen stand, deren Vortruppen bereits Berat besetzt hielten.

Trotz alledem war aber an eine Fortsetzung der Kriegshandlung noch während der Regenzeit nicht zu denken, so daß die zunächst dringendste Forderung, wenigstens bis an die italienische Front vorzufühlen, vorläufig den albanischen Freischaren überantwortet werden mußte, denen man auch noch die Selbstversorgung zumuten konnte.

Diese Aufgabe fiel damit an den Freischarenführer Kapitän v. Ghilardi *), der mit seinen in Nordalbanien großzügig aufgebotenen Verbänden hiezu schon Ende Februar verwendungsfähig am Škumbi bereitstand und Streifscharen sogar bis an den Semeni vorgetrieben hatte.

Die Italiener in Valona

Diese Bewegung war es, die bei den Italienern den Eindruck hervorrief, daß starke feindliche Kräfte — Gen. Bertotti meldete am 1. März zwei öst.-ung. Korps und bulgarische Truppen2)—hinter einem dichten Schleier von albanischen Freischaren gegen Valona im Vorrücken begriffen seien.

Obwohl das italienische Expeditionskorps seit 29. Februar wieder der obersten Heeresleitung unterstellt war, konnte die von der römischen Regierung bereits eingeleitete Verstärkung auf drei Divisionen rieht mehr verhindert werden. Für die nachdrücklichst gestellte politische Forderung, Valona auch gegen einen überlegenen Feind bis aufs äußerste zu halten, war Cadorna aber noch immer nicht zu gewinnen; ihn dünkte das dort stehende Aufgebot nicht nur überhaupt schon als zu großer Einsatz, sondern auch noch als Schwächung der nationalen Hauptfront, gegen die er einen öst.-ung. Angriff befürchtete.

*) Als ehemaliger öst.-ung. Offizier hatte sich Ghilardi bereits zur Zeit der provisorischen Regierung Ismail Kemals und später unter dem Fürsten Wied an den Freiheitskämpfen der Skipetaren hervorragend beteiligt; während der ententefreundlichen Herrschaft Essad Paschas stand er in bulgarischen Bandendiensten.

2) C a d o r n a, Altre pagine, 169-

Dieser Einstellung des italienischen Generalstabes entsprachen denn auch die am 2. März erlassenen Weisungen. Danach hatte die bisherige, 130 km lange Front an der Vojusa bloß als vorgeschobene. Sicherungslinie zu gelten, während die bedeutend verkürzte Hauptstellung nunmehr auf den inneren Randhöhen der Bucht' von Valona zu errichten war und im Verein mit der Flotte in reiner Abwehr gehalten werden sollte. Nun aber bangte der Marineminister um den Besitz des Hafens, der als östlicher Stützpunkt der Adriasperre mit allen Mitteln, zu Wasser und zu Lande, behauptet werden mußte. Trotz Unterstützung dieser Forderung durch den Außenminister verharrte Cadorna nach wie vor auf seiner Weigerung und drohte sogar mit der Räumung Valonas, falls das Verlangen der Flotte nach artilleristischer Verstärkung des Hafens nicht von dieser selbst erfüllt werden könnte. Der Marineminister bot auf diese Drohung hin fünf Batterien mittleren Kalibers an, mit denen sich GLt. Settimio Piacentini, der neuernannte Kommandant in Valona, zufriedengab. Mitte März formierte man aus den Verbänden der dortigen Besatzung die 38., die 43. und die 44. ID. als XVI. Korps, dem auch noch das 10. Bersaglieriregiment und drei Regimenter Territorialmiliz unmittelbar unterstellt wurden. Damit war die Zahl der von der Politik gegen den Willen der Heeresleitung für Albanien ausgespielten Truppen innerhalb der letzten Monate von drei auf achtundvierzig Bataillone hinaufgeschnellt, also auf einen Sollstand von zwei italienischen Armeekorps. Cadorna verharrte auch weiterhin bei der Auffassung, daß diese Entsendung auf einen so entlegenen Nebenkriegsschauplatz umsoweniger zu rechtfertigen sei, als es dem Gegner, der von seinen Kraftquellen durch einen 300 km tiefen, unwirtlichen, von der Seeseite her bedrohten Raum getrennt war, bei etwaigen Kriegshandlungen gegen die Stadt Valona ohnehin an der ausreichenden Stoßkraft gebrechen mußte.

In der Tat konnten die erholungsbedürftigen Kampftruppen des k.u.k. XIX. Korps nur dadurch mit dem notdürftigsten Nachschub versehen werden, daß sie 100 km tief gegliedert blieben (S. 77); hätte man sie gegen Süden hin aufschließen lassen, dann wäre der Troß jeweils ohne Verpflegung und Futter bei ihnen eingelangt, da er alle Lasten für sich selbst verbrauchen hätte müssen. Versorgungsschwierigkeiten verboten es den schwachen Vortruppen sogar, über den Škumbi hinauszugehen. Nur die Albanerfreischar unter Ghilardi konnte, da sie sich des von den Italienern freiwillig preisgegebenen fruchtbaren Gebietes von Muzakja bemächtigte, bis an die Vojusa vorgehen, deren

Nordufer sie von der Mündung bis zum Knie bei Kjosa in der ersten Märzhälfte besetzte.

Damit verebbte der denkwürdige Feldzug der öst.-ung. Streitkräfte auf dem Westbalkan. Mochte auch dieses Geschehen, an der Macht der feindlichen Waffen gemessen, nicht mit einer der großen Schlachten am Isonzo oder im Westen zu vergleichen gewesen sein, so hatten die Kämpfer, deren Weg über den Lovcen und durch die von menschlicher Kultur vielfach fast unberührte Wildnis Montenegros und Nordalbaniens gegangen war, körperlich und seelisch außerordentliches zu leisten. Dies ist namentlich deshalb hervorzuheben, da die auf dem Westbalkan aufgebotene Streitmacht zum weitaus größten Teil aus milizartigen Verbänden mit verhältnismäßig bejahrten Soldaten und einem sehr dürftigen Rahmen von Berufsoffizieren bestand. Es spricht für die hervorragenden soldatischen Eigenschaften aller Völker, die einst Österreich-Ungarn ausmachten, daß diese Landstürmer alle Beschwernisse dieses „Kolonialfeldzuges“ willig auf sich nahmen: die gewaltigen körperlichen Leistungen, die das Gelände, angefangen von der Ersteigung des Lovcen, immer wieder aufzwang, wie die Gefahren, von denen Leib und Leben durch einen im Kleinkrieg trefLich bewanderten Feind, noch mehr aber durch Hunger, Entbehrung und Krankheit bedroht waren. So gehört denn auch dieser Krieg zu den erstaunlichen Taten, die das Schicksal noch in die Geschichte des habsburgischen Heeres eintrug, ehe es das inhaltsreiche Buch für immei zuschlug.

Die deutsch-bulgarische Front bis Mitte März 1916

An der mazedonisch-griechischen Grenze war das Jahr 1915 zur Neige gegangen, ohne daß es zu der grundsätzlich geplanten Offensive der Verbündeten gegen Saloniki gekommen wäre (Bd. III, S. 567). Auch in den folgenden Wochen blieb es ruhig. Die Generalstäbe Deutschlands und Bulgariens gaben ihren Plan zwar noch nicht auf, aber politische und militärische Notwendigkeiten führten immer wieder zu neuen Fristerstreckungen. Vor allem war es geboten, sich der Neutralität oder der Freundschaft der Griechen zu versichern, deren Armee in zwei Gruppen zu beiden Seiten des von den Verbündeten in Aussicht genommenen Vorrückungsraumes versammelt war. Nicht minder schwer wogen die technischen Hemmnisse, die sich einem größeren Angriffsunternehmen in einem unwirtlichen Gebirgslande entgegenstellten, wo das Ochsenfuhrwerk der Bulgaren das Hauptbeförderungsmittel für Schießbedarf, Kriegsgerät und Nahrung bildete. So kam man Mitte Februar überein, den Angriffsbeginn noch bis zum 15. März hinauszuschieben. Aber auch die Ausführung dieser Absicht sollte unterbleiben.

Am 21. Februar brach vor Verdun der große Sturm los. Dem deutschen Generalstab widerstrebte es begreiflicherweise, sich in ein zweites Unternehmen auf einem entlegenen Kriegstheater verstricken zu lassen, ehe die Entwicklung auf dem französischen Schauplatz einigermaßen abzusehen war. Zudem ließen die Meldungen über die Lage bei Saloniki nicht verkennen, daß sich der Feind dort häuslich einrichtete und seinen Widerstand von Tag zu Tag verstärkte. Drei französische und fünf britische Divisionen — die den Mittelmächten zugekommenen Nachrichten wußten irrtümlicherweise sogar von mehr — standen bereit, die letzte Machtstellung der Entente auf dem Balkan entschlossen zu behaupten1). Sie konnten, dank der uneingeschränkten Beherrschung der See durch die Alliierten, jeden Augenblick verstärkt werden, zumal von Ägypten her. Nach allem vermochte gegen diese Streitmacht ein Angreifer nur dann aufzukommen, wenn er über mindestens gleich starke und nicht erheblich weniger gut ausgerüstete und versorgte Kräfte verfügte.

Inzwischen hatte aber schon der Verlauf der ersten Kampfwoche auf der Walstatt von Verdun deutlich genug dargetan, daß eine einigermaßen erfolgreiche Fortführung dieses Unternehmens die Leistungsfähigkeit des deutschen Heeres stark genug in Anspruch nehmen werde. So sprachen die verschiedensten Gründe dafür, auf den Angriff gegen Saloniki bis auf weiteres überhaupt zu verzichten. Man beschloß, sich auf möglichst starke Abwehrmaßnahmen an der griechischen Grenze zu beschränken.

Im Gedankenaustausch zwischen Conrad und Falkenhayn scheinen die Angriffspläne gegen Saloniki seit Mitte Dezember 1915 keinerlei Rolle mehr gespielt zu haben. Dies mag auffallen, wenn man erwägt, welch großen Wert noch kurz zuvor der k.u.k. Generalstabschef auf die völlige Vertreibung der Alliierten von der Balkanhalbinsel gelegt hatte. Wie sein reichsaeutscher Amtskollege war wohl auch er vor allem durch andere Ereignisse und Absichten abgelenkt worden: durch den Feldzug auf dem Westbalkan, durch die Pläne gegen Italien, durch die

*) G a 11 w i t z, Meine Führertätigkeit im Weltkrieg 1914/16 (Berlin 1929), 514f.; Jochim, Der Feldzug in Serbien (Schwarte, II, 416ff.); Ministěre de la guerre, Les armées franęaises dans la grande guerre (Paris 1923), VIII, Big. 53, weiterhin angeführt als „Franz. Gstb. W.“.

IV politischen Auseinandersetzungen mit Bulgarien, die noch zu streifen sein werden. Außerdem ist es doch nicht ausgeschlossen, daß auch Conrad allmählich an der Ausführbarkeit des an sich gewiß bedeutsamen Gedankens zu zweifeln begann. War es doch kaum zu verkennen, daß jeder bescheidene Fortschritt, den die Verbündeten bei ihren Angriffsvorbereitungen erzielten, durch die Abwehrmaßnahmen des Feindes ungesäumt überholt wurde. So begnügte sich das Teschener Hauptquartier von der Jahreswende an, die Meldungen zur Kenntnis zu nehmen, die von ihren Verbindungsoffizieren beim GFM. Mackensen und bei den Bulgaren kamen. Irgendein Versuch, die Entschlüsse der zwei Verbündeten zu beeinflussen — eine Mitwirkung des dritten, der Türken stellte Conrad nicht hoch in Rechnung — ist in den Akten nicht wahrzunehmen.

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Im Einzelnen auf die Frage einzugehen, ob ein Angriff der Verbündeten auf Saloniki je Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, fiele aus dem Rahmen dieser nur den Ereignissen an den öst.-ung. Fronten zugewandten Darstellung6). Die Geschichte ist die Probe aufs Exempel schuldig geblieben und sie hat damit auch andere Fragen unbeantwortet gelassen, so die, wie sich das Geschick der vornehmlich doch auf die Zufuhr vom Meere angewiesenen Griechen politisch und wirtschaftlich weiterhin gestaltet hätte. Militärischer Erfolg hätte wohl am ehesten gewinkt, wenn man die Bulgaren zu Anfang Dezember den schwachen Divisionen Sarrails hätte nachstoßen lassen. Daß Falkenhayn dies aus Rücksicht auf Griechenland untersagte, veranlaßte den französischen Schriftsteller de Civrieux zu dem scharfen Urteil 7): „In dem unbegreiflichen Entschlüsse, eine siegreiche Armee an einer Linie halten zu lassen, hinter der sich der geschlagene Feind wieder kampfbereit aufstellen konnte, lag der Keim zu dem Zusammenbruch der bulgarischen Front im September 1918“ 8).

Ob man nun ein Versäumnis zu erblicken hat oder nicht — es gehört jedenfalls zur Tragik der Mittelmächte, daß auch hier, wie im Herbst zuvor in Rußland, der Degen gesenkt wurde oder gesenkt werden mußte, ehe strategisch ganze Arbeit geleistet worden war.

ÖSTERREICH-UNGARNS HEER

VOM KARPATHEN WINTER BIS ZUM FRÜHJAHR 1916

IV

6


Der Ausbau der Wehrmacht

Verbrauch und Ersatz der Menschenkräfte

An der Schwelle eines neuen Kriegssommers, der das Ringen der beiden feindlichen Mächtegruppen im Jahre 1916 — wie man meinte: das Ringen um die Entscheidung —, einleiten sollte, ist es am Platze, in der Schilderung der Ereignisse innezuhalten und auf die Entwicklung zurückzublicken, die sowohl Verfassung und Ausgestaltung der k.u.k. Armee als auch ihre Kampfweise und ihre seelischen Kräfte in der Zeit zwischen den beiden Kriegswintern genommen haben. Zutiefst erschüttert und mit schwerer Einbuße an Kraft war die Wehrmacht der Donaumonarchie in das Jahr 1915 eingetreten. Der über alle Maßen harte Karpathenwinter hatte ihr keine Erholung gegönnt, sondern in einem Kreislauf von atembeklemmender Schnelligkeit den größten Teil der eiligst zusammengerafften, nur notdürftig ausgebildeten Ersätze verbraucht. Man lebte in dieser Zeit höchster Not wahrhaft von einem Marschbataillon zum ändern. Vermochte man damit wenigstens den Rahmen des Heeres zu erhalten, so mußte es der Zukunft Vorbehalten bleiben, ihn mit den ja noch ansehnlichen Reserven der Monarchie wieder aufzufüllen.

Aber dann trat — eher als man zu hoffen gewagt hatte — ein langsamer, jedoch unverkennbarer Umschwung ein. In dem Maße, als die Karpathenkämpfe abflauten, fanden vom April an immer größere Teile der Front Beruhigung und eine gewisse Stetigkeit der Lage. Die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne, die die Schrecken des Winters verjagten, taten ein übriges. Die Verluste durch Kampf nahmen ebenso ab, wie jene durch Erkrankungen. Die Kampfstände besserten sich; Anfang Mai 1915 zählten viele Divisionen schon wieder 8000 bis

10.000 und mehr Feuergewehre, und wenn auch noch in gar mancher Einheit weniger als 5000 Streiter marschierten, so war das doch mit den Ständen der vergangenen Monate nicht zu vergleichen. Sichtlich erholte sich die Truppe körperlich und seelisch. Die bald nach Gorlice einsetzende Periode des Aufschwunges förderte diese Entwicklung. Mit den Erfolgen wuchsen Erfahrung und Können, damit auch Zuversicht und Selbstbewußtsein. An ihren schweren Aufgaben festigten sich die Reste der Armee von 1914 und verschmolzen mit den frischen Kämpfern zu einem neuen, schlagkräftigen Kriegswerkzeug.

Daran änderte sich auch nichts, als die erfolgreichen Operationen im Norden neue beträchtliche Opfer kosteten und einen monatlichen Abgang von 160.000 bis 180.000 Mann verursachten, als ferner vom Juni an die Südwestfront dazukam, wo die Abgänge bald von 14.000 auf 60.000 Streiter im Monat anwuchsen. Bedenklicher war es schon, als sie in den Septemberkämpfen in Galizien allein die Ziffer 200.000 überschritten. Nur auf dem Balkankriegsschauplatze blieb der Menschenverbrauch das ganze Jahr hindurch, auch während der Offensive im Herbst, wirklich gering1).

Gewiß hatten die Verluste auch recht erhebliche Schwankungen der Kampfstände im Gefolge. Im Sommer und im Herbst kam es immer wieder vor, daß Divisionen vom vollen Stande bis auf 5000 Kämpfer und noch weniger zusammenschmolzen; im Großen hielt die einmal gewonnene Besserung jedoch an. Es gab ja immer wieder Zeiten der Erholung; besonders die über ein halbes Jahr währende Winterruhe 1915/16, die nur durch die Neujahrskämpfe in Bessarabien und in Galizien unterbrochen wurde, blieb nicht ohne Rückwirkung auf die Kampfstände. Da sich die Abgänge in dieser Zeit — übrigens hauptsächlich durch Erkrankungen hervorgerufen, — in mäßigen Grenzen hielten, betrug der Durchschnittsstand aller Divisionen Ende Dezember

1915 im Nordosten mehr als 11.000, im Südwesten 9000 Feuergewehre; er stieg bis zum Mai 1916 hier auf 11.000, dort sogar auf 15.000.

An sich betrachtet waren die Verluste seit dem Mai 1915 sicherlich nicht mehr ganz so hart wie im Herbst 1914 und in den schweren Karpathenmonaten; auch kennzeichnete es deutlich die zunehmende Festigung der Verbände und des Kampfgeistes, daß sich nun im Norden

Über die Verluste auf allen drei Kriegsschauplätzen nach den Meldungen der Armeen siehe Blge. 4, Tabelle 1. Diese Meldungen bedürfen jedoch insofern einer Richtigstellung, als dort unter den Vermißten auch alle nicht verläßlich festgestellten Toten sowie eine gewisse Zahl von Verwundeten und Kranken enthalten sind, über deren Verbleib im Augenblicke der Meldung Unsicherheit bestand. Auch eine Anzahl Versprengter, die wieder zu ihren Truppen zurückkehrten, ist in den als vermißt Gemeldeten inbegriffen. Ein nach diesen Gesichtspunkten berichtigtes Bild über die go-samten Abgänge seit Kriegsbeginn stellt die Tabelle 2 dar. Näheres hierüber siehe Franek, Die Entwicklung der öst.-ung. Wehrmacht in den ersten zwei Kriegsjahren. (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933). Vgl. auch Rai zenhofe r, Verlustkalkül für den Karpathenwinter 1915 (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1930, 991 ff.) auch die Art der Abgänge änderte. War doch der Anteil der Gefangenen und Kranken an dem gemeldeten Gesamtabgang in den ersten vier Monaten des Jahres 1915 derart gestiegen, daß auf 10 Tote und Verwundete ebensoviele Gefangene und 12 Kranke kamen. Seit dem Mai verschob sich dieses Verhältnis so, daß auf 10 Mann blutigen Verlustes nur mehr 8 Gefangene und 6 Kranke entfielen. Diese Zahlen müssen freilich als Durchschnitt aufgefaßt werden, und der auch in dieser Hinsicht so ungünstige September hatte auf 10 Tote und Verwundete zwar nur 4 Kranke, aber schon wieder 15 Gefangene und Vermißte aufzuweisen. Sprach es in diesem Zusammenhange zwar für die Truppenmoral, daß sich auf dem südwestlichen Kriegsschauplätze das ganze Jahr hindurch unter 10 aus der Reihe der Kämpfer Ausscheidenden nur 1 Gefangener und 4 Kranke befanden, so konnte andererseits nicht übersehen werden, welch starke Steigerung gerade der blutigen Verluste darin zum Ausdruck kam. Schon bei der Darstellung der Isonzoschlachten ist wiederholt darauf hingewiesen worden, wie sehr die Steinsplitterung des Karstbodens die Zahl der Verwundungen vervielfachte und die Vorteile nahezu aufhob, die die straff eingerichtete Abwehr mit ihren stets nur geringen örtlichen Veränderungen zu bringen vermochte.

In seiner Gesamtheit war daher der Menschenverbrauch auch im Jahre 1915 sehr bedeutend. Es schieden insgesamt 2,118.000 Männer aus den Reihen der Feldarmeen. Seit Kriegsbeginn waren 3,368.000 Kämpfer dauernd oder vorübergehend von der Walstatt abgegangen, mehr als im August 1914 eingerückt waren; 756.000 Männer waren entweder gefallen, ihren Verletzungen erlegen oder gänzlich undienstbar geworden und somit als bleibende unwiederbringliche Opfer zu beklagen. Da sich etwa 775.000 Streiter in der Gewalt des Feindes befanden, so fehlten zusammen bereits 1,531.000 Männer, mit denen nicht mehr gerechnet werden durfte, mehr als der vierte Teil aller, die seit August 1914 das Soldatenkleid angezogen hatten.

Denn um die Lücken in den Verbänden der Kampftruppen zu füllen, hatte man ihnen in den ersten 17 Kriegsmonaten ebensoviele Marschbataillone zuführen müssen; das waren jedesmal 220.000 bis

280.000, im ganzen Jahr 1915 2,953.000 Kämpfer gewesen, zu denen noch etwa 360.000 Mann für Neuformationen kamen. Besonders wertvoll erwies sich dabei, daß nahezu die Hälfte aller Verwundeten und Kranken verhältnismäßig rasch volle Genesung fand und einen trefflichen Grundstock für die Ersätze zu bilden vermochte. Tatsächlich enthielten die Marschbataillone bis zu 80 v. H., im Durchschnitt 54 v. H., kriegserfahrene Offiziere und 20 bis 40 v. H. Soldaten, die den Krieg bereits kennen gelernt hatten. Bis Ende 1915 kehrten insgesamt 37.693 Offiziere und 1,032.554 Mann — ein gutes Drittel der gesamten Ersätze

— zum zweiten Male oder öfter ins Feld zurück.

Der weitaus überwiegende Teil der notwendigen Kräfte mußte jedoch ohne Unterlaß aus den Menschenreserven der Heimat geschöpft werden. Die Zwanzigjährigen und die Neunzehnjährigen zogen in den Kampf, die Dienstpflichtigen aller Jahrgänge bis zum 42. Lebensjahre wurden neuerlich gemustert oder, wie es hieß, „durchgekämmt“. Doch schon im Frühjahr war klar geworden, daß all dies nicht ausreichen werde, den Ersatz an Kämpfern auch nur bis Jahresende, geschweige denn darüber hinaus zu sichern. In dieser Lage entschloß man sich anfangs Mai, die Wehrgesetze abzuändern und die Landsturmpflicht nach oben um sieben Jahre bis zum 50., nach unten um ein Jahr bis zum 18. Lebensjahr auszudehnen. Wurde damit auch gewiß nur sehr verspätet nachgeholt, was im Frieden an der vollen Ausnützung der Wehrkräfte versäumt worden war, so bedeutete es im gegebenen Augenblicke doch einen tiefen und schmerzlichen Eingriff in das Wirtschaftsleben.

Die Achtzehnjährigen mochten noch leichter entbehrt werden; sie rückten im Oktober ein und Anfang Jänner 1916 mit den XVIII. Marschbataillonen an die Front. Mit diesen jungen Leuten waren nun seit Beendigung der Mobilisierung nicht weniger als 2,409.000, insgesamt also 5,693.000 Männer, zu den Fahnen gerufen, überdies fast 300.000 nicht dienstpflichtige Arbeiter herangezogen worden.

So viele Arbeitshände entbehrte die heimatliche Kriegswirtschaft schwer genug. Schon bisher hatte man ihrem steigenden Menschenbedarf dadurch Rechnung tragen müssen, daß man etwa 953.000 bei der Musterung als „tauglich“ befundene Männer von der Einrückung zum Waffendienste enthob. Um die Ernährung von Heimat und Heer zu sichern, arbeiteten zur Anbau- und Erntezeit zusammen überdies an die

718.000 beurlaubte und mehr als 62.000 in Arbeitspartien kommandierte Soldaten auf den Feldern und in den landwirtschaftlichen Betrieben der Heimat. Etwa 25.000 landwirtschaftliche Maschinisten, Bergarbeiter und Eisenbahner, die schon eingerückt waren, hatte man gleichfalls zu ihrer Arbeit zurückgeschickt. Mit Recht trachtete man deshalb, die sieben ältesten Jahrgänge so lange wie möglich in der Wirtschaft zu belassen; aber in der zweiten Hälfte des Jahres kam auch an sie die Reihe. Da vorauszusehen war, daß eine größere Zahl von ihnen den körperlichen Anforderungen des Frontdienstes weniger gewachsen sein werde, ging man gegen Ende des Jahres daran, den Kampftruppen eine neue Kraftquelle dadurch zu erschließen, daß man bei den Etappentruppen, dem Troß, und bei den anderen nicht zum Kampf bestimmten Abteilungen alle Volltauglichen durch Mindertaugliche ersetzte1).

Nun waren ja die gewaltigen Anstrengungen der Heimat gewiß nicht ohne Erfolg geblieben. Seit dem Frühjahr hatte die Führung wahrnehmen können, daß sich die Abgänge nunmehr mit dem jeweiligen Ersatz die Waage hielten, ja in guten Monaten niedriger blieben als dieser. Deutlich spiegelten die gebesserten Kampfstände (S. 86) diese Lage wieder. Insgesamt standen um die Wende 1915/16 an allen drei Kampffronten 2,700.000 öst.-ung. Krieger, eine Million mehr als ein Jahr zuvor, und in der Heimat gab es noch immer 1,736.000 Soldaten 2).

Allein, wie befriedigend diese Lage auch scheinen mochte, so durften sich die verantwortlichen Stellen doch keiner Täuschung darüber hingeben, wie schwer künftig der Ersatz der Menschenkräfte fallen würde. Wußten sie doch, daß an dem Tage, an dem die XVIII. Marschbataillone ihre Kaderstationen verließen, dort nur mehr 75.000 gesunde Männer Zurückbleiben würden. Noch durfte in absehbarer Zeit auf einen Teil der genesenen Verwundeten und Kranken gerechnet werden, auch waren etwa 600.000 Männer schon gemustert und harrten noch der Einberufung, aber damit waren die Reserven der Monarchie fast bis zur Neige ausgeschöpft.

Als die Heeresleitung Ende Oktober diese Lage überblickte, entschloß sie sich, den bisherigen Vorgang der Ersatzleistung insoweit zu ändern, daß sie die Marschbataillone vom Jänner 1916 an nur mehr in Zwischenräumen von sechs Wochen bereitstellen ließ. Auf diese Art konnten im Laufe eines Jahres drei Reihen von Ersätzen erspart werden. Bei den im Augenblick überaus günstigen Standesverhältnissen war eine solche Maßnahme ohne weiteres zulässig. Jedoch selbst sie schien, so weit man zu dieser Zeit urteilen konnte, den Menschenersatz nur knapp bis zum Herbst 1916 zu gewährleisten. Ernstlich mußte der Gedanke erwogen werden, auch die Siebzehnjährigen zu den Fahnen zu rufen.

x) Diese „Austauschaktion“ wirkte sich erst im Laufe des Jahres 1916 aus, machte dann aber immerhin bis zum Mai 1916 etwa 4600 Offiziere und 300.000 Mann für die Verwendung an der Front frei. Man durfte damit rechnen, daß in der Folge noch weitere 2000 Offiziere und 68.000 Mann dazukommen würden.

2) Blge. 4, Tabellen 3 und 4 geben ein Bild über die gesamte Menschenbewegung im Felde sowie zwischen Heimat und Heer im Jahre 1915.

Ausbau der Fußtruppen und Wandlungen bei der

Reiterei

Die so weitgehende Inanspruchnahme der Menschenreserven hatte indessen auch schon einen Ausbau der Streitkräfte gestattet, der über die bloße Erhaltung der Kampfkraft einigermaßen hinausreichte. Freilich, nach vorausbedachten Plänen war das — mit Ausnahme von der Artillerie — nicht vor sich gegangen; vielmehr hatte die Not des Augenblicks immer wieder zu Aushilfslösungen gedrängt, und die Neigung zu solchen ist in organisatorischer Hinsicht gewissermaßen kennzeichnen für das Jahr 1915.

Ein treffendes Bild davon gibt die Entwicklung der Fußtruppen1). Große Veränderungen in ihrem Aufbau und in ihrer Gliederung können bis zum Frühjahr 1916 nicht verzeichnet werden; aber es verriet doch eine fühlbare Kraftverstärkung — diese betrug beispielsweise anfangs Mai 1916 70 Bataillone —, daß gar manche Regimenter nicht alle Ersätze zum Ausfüllen der Lücken in ihren Reihen brauchten, sondern damit neue Bataillone zusammenstellten.

In der Not des Karpathenwinters sowie zur Aufrichtung der Südwestfront waren überdies zahlreiche eilig zusammengeraffte Marschformationen in den Kampf geworfen worden. Da sich dabei manche ganz vorzüglich bewährten, führten sie oft in bunt zusammengewürfelten, aber durch blutiges Erleben zusammengeschweißten Verbänden ihr selbständiges Dasein fort, das aufrechtzuerhalten sie mit dem Stolz einer wenn auch noch so jungen Tradition eifrig bemüht waren. So erfreulich solche Erscheinungen vermerkt werden konnten, mußte ihnen die Heeresleitung, die auf diese Art nur die Zahl der Ersätze fordernden Einheiten wachsen sah, dennoch bald enge Schranken setzen. Immerhin entstanden aus selbständigen Marschverbänden und aus anderen Notschöpfungen auch neue Truppenkörper, die dauernd in die Kriegsgliederung eingingen und im Frühjahr 1916 schon 60 Bataillone ausmachten.

Womöglich noch deutlicher tritt zu Tage, wie sehr die Kunst der Aushilfen immer wieder neue Kräfte hervorzuzaubern vermochte, wenn man die Entwicklung des Landsturmes, besonders die seiner im Kampf verwendeten Abteilungen betrachtet. Den 233 Landsturmbataillonen, die bei Kriegsbeginn mit den Feldarmeen auf die Walstatt geeilt waren, hatten sich noch im Herbst 1914 30 Landsturmmarschbataillone und nahezu

*) Vgl. Blge. 4, Tabelle 5.

200 Landsturmbataillone 2. Aufgebotes1) zugesellt, gar manche von ihnen bei der Armeegruppe Pflanzer-Baltin als Kampftruppen. Da gar nicht daran gedacht werden konnte, allen diesen Verbänden, denen der Karpathenwinter hart zusetzte, dauernd Ersätze zuzuführen, verfiel eine erhebliche Anzahl der Auflösung. Im Frühjahr 1915 gab es daher kaum 300 Landsturmbataillone, von denen etwa ein Drittel im Kampf, an die 80 im Sicherungsdienste an den Flußläufen der Balkanfront, der Rest in Festungen, in Etappenverwendungen und in den Donaubrückenköpfen standen. Schon aus dieser Zeit hatten sich jedoch einzelne bewährte Landsturmverbände als sehr wertvolle Bereicherung der Kriegsgliederung erhalten. So vor allem die deutsch-erbländische 1. LstlBrig., die sudeten-ländisch-westgalizische 106. LstlD. sowie einige kleinere Gruppen im Bereiche der 7. Armee. Auch eine große Zahl anderer Heereskörper hatte Landsturmtruppen in ihrem Verbände.

An die von einem neuen Feinde bedrohte Grenze im Südwesten eilten neuerlich zahlreiche Abteilungen des Landsturmes. Zusammen mit den schon erwähnten selbständigen Marschbataillonen und mit den Standschützenabteilungen, von denen noch die Rede sein wird, ergab sich hieraus in bedrängter Stunde ein ansehnliches Aufgebot von 13 Brigaden und 7 Halbbrigaden, zum Teil in 6 neue Divisionen zusammengefaßt. Die Mehrzahl dieser Einheiten, 10 Brigaden und 4 Halbbrigaden (4 Divisionen) hatte dauernden Bestand.

Als es dann zur Offensive gegen Serbien an aktiven Truppen fehlte, zeigte sich zum dritten Male, welch wertvolle Kräfte die öst.-ung. Armee in ihrem Landsturm besaß. In der Tat bildeten auf dem Balkankriegsschauplatze die im Flußsicherungsdienste und in den Festungen stehenden Landstürmer eine höchst erwünschte Reserve. Ihr tatkräftiger Führer, GdK. v. Tersztyánsky, zögerte nicht, sie in ebenso großzügiger wie kühnerWeise zu verwerten. Eine schon anfangs Juli 1915 aus Abteilungen der Savesicherung und aus einem der Festung Sarajevo entnommenen Bataillon formierte Gebirgsbrigade (19. Lst.) hatte noch im selben Monate an die Südwestfront abgegeben werden müssen. Nun aber setzte in den folgenden Wochen eine rege Organisationstätigkeit ein, als deren Ergebnis im September nahezu die gesamten Kräfte der Flußsicherungen und de^ Festungsbesatzungen, in 13 mobile Brigaden gegliedert, zum Vormarsch nach Serbien bereit standen. Die Heimat hatte eine weitere Brigade (die 205. LstlBrig.) schon im Juli für den gleichen Zweck aufgebracht.

*) Es waren 130 k. k. Landsturmterritorial- und 97 k. u. Landsturmetappenbataillone gebildet worden; 30 Bataillone verblieben in den Donaubrückenköpfen.

Die meisten dieser neuen, außerordentlich rasch gefestigten und bewährten Verbände hatten dann auch an der Eroberung von Montenegro hervorragenden Anteil. Ohne Übertreibung kann man von einer neuen Landsturmarmee sprechen, die da förmlich aus dem Boden gestampft wurde. Es war sicherlich in der erfreulichsten Weise überraschend, welch außergewöhnliche Leistungen diese nicht mehr in den jüngsten Mannesjahren stehenden Kämpfer gerade unter den beschwerlichsten Verhältnissen zu vollbringen wußten, wie sie die Gebirgsländer Serbien, Montenegro und der Südwestfront boten. Die mannigfachen Wandlungen in der Verwendung des unter den verschiedensten Bezeichnungen auftretenden Landsturmes machten es anfangs November 1915 nötig, seine Gliederung zu vereinfachen und die im Kampf stehenden Einheiten Landsturminfanteriebataillone zu benennen, zum Unterschiede von den andere Dienste versehenen Landsturmetappenbataillonen. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich, daß von insgesamt 382 Bataillonen 210 als Kampftruppen in Verwendung standen x).

Nicht weniger wichtig erwies sich die mit Ausbruch des italienischen Krieges eintretende Vermehrung der Freiwilligenformationen. Die Tiroler ließen es sich nicht nehmen, ihren stolzen Überlieferungen zu folgen und — vom Jüngling bis zum Greise — an die bedrohte Grenze ihrer Heimat zu eilen. Es ist schon ausführlich dargelegt worden (Bd. II, S. 292), wie ihre Standschützenabteilungen2) eine feste Stütze der ausgedehnten Front in der Region des ewigen Schnees und Eises bildeten, und wie den Tirolern auch die Männer jener Alpenländer nacheiferten, in denen — wie in Kärnten, Oberösterreich und Salzburg — gesetzliche Grundlagen dafür noch nicht bestanden hatten. Allerdings durften alle diese neugeschaffenen Verbände aus Freiwilligen ebenso wie die schon früher aufgestellte, inzwischen verstärkte Polenlegion sowie die Abteilungen der Rumänen und Ruthenen nur insoweit als

x) Im Frühjahr 1916 gab es 201 Landsturminfanterie- und 192 Landsturmetappenbataillone. Außer den letztgenannten bestand zu dieser Zeit noch eine größere Zahl von inzwischen geschaffenen Wach- und Sicherungsformationen sowie Arbeiterabteilungen, die teils in der Etappe und in den besetzten Gebieten, teils in der Heimat Verwendung fanden. Nach durchgeführter Austauschaktion waren sie ausschließlich aus Mindertauglichen aller Jahrgänge zusammengesetzt. Eine Übersicht über diese Verbände, deren Zahl übrigens starken Schwankungen unterlag, zeigt Blge. 4, Tabelle 6.

2) Vgl. auch Pfersmann, Vom stillen Heldentum eines Volkes (in dem von Kerchnawe herausgegebenen III. Band der Sammlung „Im Felde unbesiegt“ [München 1923], 282 ff.); von demselben, Das Werden des Tiroler Standschützenkorps (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1932, 257 ff., 449 ff.).

wirkliche Kraftverstärkung betrachtet werden, als sie Personen dem Heere zuführten, die nicht ohnehin der Dienstpflicht unterlagen. Sie vermehrten gleichwohl die Kriegsgliederung um 42 Bataillone und 48 Standschützenabteilungen.

An dem inneren Aufbau der Fußtruppen änderte sich nichts Wesentliches. Nur langsam schritt die schon längst als dringend erkannte Vermehrung der Maschinengewehre vorwärts. Wohl hob die einzige für deren Erzeugung in Betracht kommende Waffenfabrik in Steyr ihre Monatsleistung von 180 auf 320 und vermochte dadurch bis zur Wende 1915/16 schon 4084, bis Ende April 1916 weitere 1420 Maschinengewehre zu liefern9); mehr als 1500 beschädigte wurden überdies in den großen Werkstätten der Heimat wiederhergestellt. Aber der größte Teil dieser Waffen wurde lange Zeit beim Ersatz der Verluste sowie bei der Ausrüstung der Neuformationen und der Ersatzkörper aufgebraucht. Im Dezember 1915 hatten erst 251 Bataillone, Ende April 1916 immerhin schon 487 Bataillone eine zweite Maschinengewehrabteilung zu zwei Gewehren erhalten, wobei die italienische Front in erster Linie10) berücksichtigt worden war. Es sollte noch bis in die zweite Hälfte des Jahres

1916 dauern, bevor man überall so weit war. Die zwei Abteilungen waren übrigens schon im Jänner zu einer solchen mit 4 Gewehren verschmolzen.

Unterdessen fand mit Beginn 1916 auch ein neues Kampfmittel bei der Infanterie Eingang. Damit sie gut eingenistete und hinter Schutzschilden stehende Maschinengewehre mit eigenen Mitteln wirksamer bekämpfen konnte, war ein eigenes kleines Geschütz von 37 mm Kaliber geschaffen worden, das nun in Abteilungen zu zwei Stücken an die Front kam. Im Mai besaßen 158 Truppenkörper schon 168 Infanteriegeschützabteilungen. Verhältnismäßig geringen Aufschwung nahm hingegen bis zum Frühjahr 1916 das Minen werferwesen; zwar erhielt die Infanterie nach und nach schon einige 9 cm-Minenwerfer, und kamen auch solche größerer Kaliber an die Front1), aber im Vergleich zu den Massen dieser Waffen beim Feinde, besonders auf dem italienischen Kriegsschauplätze, fiel das alles kaum ins Gewicht.

Recht augenfällig wandelte sich die äußere Erscheinung des Kriegers. Die alte hechtgraue Uniform verschwand nicht so schnell vom Schlachtfelde, und je mehi' Marschbataillone mit dem neuen feldgrauen, einen Stich ins Grüne enthaltenden Kleide in den Kampftruppen aufgingen, desto bunter wurde ihr Aussehen. Auf dem Karst blieb übrigens da,s „Hechtgrau“ noch recht lange geschätzt. Rascher wich der schöne Kalbfelltornister dem viel billigeren und leichter in großen Massen herstellbaren Rucksacke. Trug dieser auch nicht dazu bei, den soldatischen Eindruck der Krieger zu erhöhen, so ließ sich in ihm doch viel mehr von den kleinen Notwendigkeiten unterbringen, die dem Manne bei der langen Dauer seiner Abwesenheit von der Heimat und von geordneten Lebensverhältnissen unentbehrlich wurden oder zu sein schienen. Solche Bedürfnisse waren es nicht zuletzt, die oft neben der unvermeidlichen Mehrbelastung durch Winterwäsche und Lagerdecken, durch Handgranaten und Werkzeug für den Stellungsbau das Gewicht beträchtlich steigerten, das der Infanterist auf seinen Schultern zu tragen hatte. Dabei ertönte, besonders von der unter Steinsplitterungen arg leidenden Karstfront, bereits der Ruf nach einem weiteren Ausrüstungsstücke, dem Stahlhelm, der in Zukunft einen neuen bestimmenden Zug in das Gepräge des Kriegers bringen sollte.

Inzwischen machte die unabwendbare organisatorische Angleichung der in ihrem äußeren Bilde ohnehin schon verwandelten Kavallerie (Bd. II, S. 18 f.) an die Fußtruppen bedeutende Fortschritte. Äußerst selten nur hatten die Reiter während des ganzen Jahres Gelegenheit gefunden, ihrer ursprünglichen Eigenart gemäß verwendet zu werden2). Besonders seit wieder der Schützengrabenkrieg aufgelebt war, kam fast nur mehr der Fußsoldat zur Geltung. Aber selbst wenn das Bedürfnis eingetreten wäre, die Reiterkräfte stärker auszubauen, so hätten sich solchen Wünschen schon sehr entscheidende Hindernisse in den Weg gestellt. Zu Beginn des Jahres 1915 hatte die Honvéd noch zwei Landsturmhusarenregimenter aufzustellen vermocht, allerdings auch dies zum größten Teil nur auf Kosten schon bestehender Landsturmhusarendivisionen. Schon längst hatte die Erhaltung der Reiterstände darunter

a) Diese wurden meist von Sappeuren bedient. Vgl. Blge. 4, Tabelle 10.

2) Vgl. C z e g k a, Die Wandlungen in der Verwendung und Organisation der Kavalleriedivisionen während des Weltkrieges. (Mil. wis3. Mitt. Wien, Jhrg. 1928, lff.) gelitten, daß es ebensosehr an zugerittenen Pferden gebrach, wie an der Möglichkeit, Reiter in genügender Zahl auszubilden. Die ursprünglich nur vorübergehend aus pferdelosen Reitern gebildeten Fußabteilungen waren daher mit der Zeit bis zu Bataillonsstärke angewachsen und machten als Schützenschwadronen und -divisionen schon einen bleibenden Bestandteil der Kavalleriedivisionen aus.

Als nun in den ersten Monaten des Jahres 1916, vor allem zur Bespannung neuer Batterien, ein großer Bedarf an Pferden eintrat, kam es zu entscheidenden Eingriffen in die Zusammensetzung der Reiterei. Im Februar beschränkte man die Kavallerieregimenter auf vier Schwadronen zu je 150 Reitern, mußte jedoch schon im April auf einen Stand von 120 Reitern herabgehen. Dafür sollten die Kavalleriedivisionen eine zweite, wenn nötig auch eine dritte Schützendivision auf stellen. Tatsächlich gab es im Mai 1916 schon 31 Schützendivisionen. Demnach hatte die Reiterei ihren großen Rahmen nur um den Preis eines bedeutenden Wandels in ihrem inneren Gefüge aufrechthalten können11). Die Kavalleriedivisionen und -brigaden, die noch im Dezember 1915 durchschnittlich zu zwei Dritteln aus Reitern bestanden hatten, mußten nun bereits mehr Feuergewehre als Reiter angeben, wenn sie ihre Standesmeldungen erstatteten. Schon seit dem Frühjahr 1915 waren zur Erhöhung ihrer Feuerkraft auch jene Reiterregimenter, die noch keine Maschinengewehre hatten, mit solchen ausgestattet worden. Anfangs Mai 1916 besaßen 49 Regimenter, mehr als doppelt so viele als zu Kriegsbeginn, je eine Kavallerie-Maschinengewehrabteilung zu vier Gewehren.

So hatte also die Wehrmacht der Monarchie, ungeachtet aller Hindernisse und trotz des gewaltigen Menschenverbrauches in einundzwanzig blutigen Kriegsmonaten, vor allem ihre Streitkräfte zu Fuß um mehr als 140 Bataillone zu verstärken vermocht12). Das drückte sich nicht zuletzt auch in der Zahl höherer Führungseinheiten aus: in 26 Korps und 1 Kavalleriekorps waren jetzt 69 Infanteriedivisionen, 20 Brigaden außer Divisionsverband, sowie 11 Kavalleriedivisionen und 3 Kavalleriebrigaden außer Divisionsverband zusammengefaßt. Im

Vergleich zum Kriegsbeginn bedeutete dies eine Vermehrung um 8 Korps mit 19 Infanteriebrigaden oder 28 Brigaden und 4 Kavalleriebrigaden1).

Der Ausbau der Artillerie

Den größten Ausbau erfuhr im Jahre 1915 die Artillerie. Anfangs hielt wohl die bittere Not noch an. Ja sie verschlimmerte sich sogar zum Teil. Das Geschützmaterial hatte arg gelitten. Besonders bei den Haubitzen M 99 häuften sich die Schäden so sehr, daß die Besorgnis aufstieg, das alte Kampfgerät könnte zusammenbrechen, bevor das neue in größerem Umfange fertig war. Gerade in dieser schweren Zeit mußte noch dazu die neue italienische Front mit verstärkten Artilleriekräften bedacht werden.

Es erforderte das Aufgebot aller Nervenkraft und der bewährten österreichischen Kunst im Improvisieren, um diese Krise zu überwinden. Zunächst mußten alte Kanonen aus dem Jahre 1875 die empfindlichsten Lücken füllen. Nach und nach wurden an siebzig solcher Batterien oder Züge, von Landsturmmännern bedient, eingestellt, und zwar vorwiegend an der Südwestfront. An ihrer Stelle traten Geschütze verschiedenster Art, die in Rußland und in Belgien erbeutet worden waren. Auch die Marine half aus, indem sie der Isonzofront einige Kanonen abgab. Vor allem aber war die Friedensreserve von 900 Geschützen, darunter 800 neue Kanonen noch nicht verbraucht. Im Sommer und Herbst wuchs daher zunächst vorübergehend die Zahl der Feldkanonenbatterien um 88 auf 357 Einheiten.

Auf ihnen und den anfänglich nur vereinzelt eintreffenden neuen Haubitzbatterien ruhte lange Zeit die Hauptlast des Artilleriekampfes. Aber während neben ihnen die Masse der veralteten Geschütze, so gut und so lang es eben ging, ihren letzten Dienst tat, erstanden in den unter Anspannung aller Kräfte arbeitenden Fabriken ihre modernen Nachfolger. Mit dem großzügigen Ausbauplane, den die Heeresleitung zu Beginn des Jahres aufgestellt hatte (Bd. II, S. 17 f.), war der Industrie die Richtung gewiesen worden. Es gelang zuerst den Skodawerken und dem Arsenal, dann später auch den Böhlerwerken, die Geschützerzeugung

x) Vgl. Blge. 4, Tabelle 8. Das Kavalleriekorps stellt ebenso wie drei von den vier Kavalleriebrigaden außer Divisionsverband lediglich eine veränderte taktische Zusammenfassung schon bestehender Einheiten dar. Eine wirkliche Vermehrung ist nur durch die Bildung einer ungarischen Landsturmhusarenbrigade eingetreten.

kräftig in Schwung zu bringen. Bis Ende 1915 wurden 1847 Geschütze aller Kaliber erzeugt; in der ersten Hälfte 1916 kamen weitere 1428 dazu. Zusammen mit dem ursprünglichen Friedensvorrat von 900 verfügte die Heeresleitung somit in dieser und in der nächsten Zeit über 4175 Geschütze aller Kaliber für Ersätze und für Neuaufstellungen.

Vor allem kam es — das bestätigten die Kämpfe des Jahres 1915 immer wieder aufs neue — darauf an, die Steilfeuergeschütze ausgiebig zu vermehren. Aber erst in der zweiten Hälfte des Jahres tauchten die so sehr ersehnten neuen leichten und schweren Haubitzen in größerer Zahl an der Front auf. Neue Gebirgskanonen und die weittragenden 10.4 cm-Kanonen folgten ihnen. Jetzt konnte man daran gehen, nicht nur die Abgänge zu ersetzen1), sondern auch alte Haubitzbatterien sowie überzählige Kanonenbatterien mit dem neuen 10 cm- und 15 cm-Haubitzgerät auszustatten. Um rascher möglichst viele neue Einheiten aufstellen zu können, rüstete man einzelne der grundsätzlich sechspiecig gedachten Feldbatterien mit nur vier Geschützen aus. In den ersten Monaten des Jahres 1916 traten die Umrisse der geplanten Neugliederung schon deutlich hervor: neugebildete 10 cm-Haubitzbatterien wurden zu Feldhaubitzregimentern, die schweren Feldhaubitz- und die 10.4 cm-Kanonenbatterien zu schweren Feldartillerieregimentern vereinigt. Schließlich sollte eine allgemeine Umnumerierung die Bezeichnung der Artillerietruppenkörper (Feldkanonenregimenter, Feldhaubitzregimenter und schwere Feldartillerieregimenter) mit den Nummern der zuständigen Infanteriedivisionen in Übereinstimmung bringen.

Für die Gebirgsartillerie hatte die Ergänzung auf volle 14 Regimenter zu sechs Kanonenbatterien mit neuem Material und zwei Haubitzbatterien als erstes Ausbauziel gegolten. Es war Ende 1915 nahezu ganz erfüllt. Aber schon viel früher, im März, hatte sich gezeigt, daß diese Vermehrung bei weitem nicht genügte, daher wurde beschlossen, die Gebirgsartillerie auf 36 Regimenter zu je sechs Gebirgskanonen- und 3 Gebirgshaubitzbatterien zu erhöhen. Auch damit war im Frühjahr 1916 schon der Anfang gemacht.

Alles in allem konnte um diese Zeit die schwerste Artillerienot wohl als überwunden gelten. Anfangs Mai waren bei der Feld- und Gebirgsartillerie 804 Batterien mit 4018 Geschützen vorhanden2). Das bedeutete eine Vermehrung seit Kriegsbeginn um 1408 Geschütze oder

x) Die gesamten Abgänge bis Ende 1915 betrugen — das unbrauchbar gewordene Material der alten Modelle eingerechnet — rund 1000 Geschütze.

2) Vgl. Blge. 4, Tabelle 9.

IV um 54 v. H. Nicht weniger wichtig war es, daß damit zugleich auch das Artilleriegerät entscheidend erneuert worden war. Ein gutes Drittel

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— und wenn man die durchaus modernen Feldkanonen dazurechnet, sogar zwei Drittel — des gesamten Materials bestand jetzt aus neuen Geschützen modernster Art. Im Durchschnitt kamen nun 52 Rohre auf jede Division, vier auf jedes Kampfbataillon. Wenn diese Zahlen auch noch empfindlich hinter dem angestrebten Ziele zurückblieben13), so stellten sie doch einen gewaltigen Fortschritt gegenüber dem Kriegsbeginn dar, zu dem der Durchschnitt 42 Geschütze bei der Division, 2.8 für das Bataillon betragen hatte, und es wurde sicherlich schon als Erleichterung empfunden, daß dabei die Zahl der Haubitzen von 24 auf 37 unter 100 Geschützen gestiegen war.

Da der Feldkrieg in überwiegendem Maße zum Kampf um befestigte Stellungen wurde, gewann — in Ermangelung einer eigentlichen schweren Artillerie des Feldheeres — die Festungsartillerie besondere Bedeutung. Auch die von ihr bedienten mobilen Batterien hatten eine ansehnliche Vermehrung von 76 auf 123 (von 280 auf 420 Geschütze) erfahren14), wobei die mit Recht zu einer vielbegehrten Waffe gewordenen 30.5 cm-Mörser, deren es nun 21 Batterien gab, eine wichtige Rolle spielten.

So war denn die Artillerieausrüstung bedeutend verbessert, es war mitten im Kriege eine organisatorische und industrielle Leistung vollbracht worden und noch im Zuge, wie sie in solchem Umfange in Österreich-Ungarn wohl ohne Vorbild war. Die oberste Führung stand von nun an nicht mehr unter dem lähmenden Drucke, sich den Feinden artilleristisch unterlegen zu wissen, was in der Folge auch auf ihre Entschlußfreiheit zurückwirkte. Unternehmungen, wie der Angriff auf Montenegro im Jänner und die Offensive gegen Italien im Mai 1916 wären noch wenige Monate zuvor wegen Mangels an Artillerie wenig aussichtsreich gewesen.

Ein ganz hervorragender Anteil an diesem Erfolge mußte der heimischen Industrie zugeschrieben werden. Die Leistung war ihr um so höher anzurechnen, als sich dabei schon frühzeitig ein neues Übel hemmend in den Weg stellte: die Knappheit an Rohstoffen. Schon anfangs 1915 hatte der Mangel an Kupfer, Nickel und Blei die Errichtung einer „Metallzentrale“ erfordert, der ersten einer Reihe ähnlicher Schöpfungen, die in der Folge notwendig werden sollten. Da die Vorräte an den genannten Metallen im Lande bald erschöpft waren, und die immer wirksamer werdende Blokadę Bezüge aus dem Auslande verhinderte, schritt man daran, Kupferdächer und Kirchenglocken einzuschmelzen; die verschiedensten Betriebsgeräte aus Gewerbe und Landwirtschaft, ja selbst aus den Küchen des bürgerlichen Haushaltes sollten den gleichen Weg gehen. Nur schwer entschloß sich die Heeresleitung um die Mitte des Jahres 1915, das Bronzerohr — den Hauptverbraucher des wertvollen Kupfers — aufzugeben und ent-gültig und allgemein zum Stahlrohr überzugehen. Dabei spielte aber wieder das Nickel eine sehr wichtige Rolle, an dem es gleichfalls fehlte. Man zog die alten, noch nach soliden Friedensgrundsätzen erzeugten Kessel der Fahrküchen und Kochkisten ein und gewann aus ihnen 500 Tonnen Nickel. Mannigfache Geräte der Privatwirtschaft folgten ihnen. Noch sträubte man sich aus psychologischen Gründen, die Nickelmünzen einzuziehen, aus denen 1900 Tonnen Nickel zu gewinnen waren. Um Blei zu ersparen, wurden die Schrapnells mit Kugeln aus Eisen gefüllt.

Aber so störend alle diese Schwierigkeiten mit den „Sparmetallen“, wie sie nun hießen, auch wirkten, so konnten sie durch fortgesetzte Aushilfen, später auch durch Ausnützung von Rohstoffvorkommen in den besetzten Gebieten noch verhältnismäßig leicht überwunden werden. Zu einer wahrhaft ernsten Gefahr wurde hingegen lange Zeit hindurch der Mangel an den zur Erzeugung von Pulver und Sprengstoffen erforderlichen chemischen Grundstoffen. So lange nicht die für ihre Erzeugung notwendigen, gänzlich unzureichenden industriellen Anlagen der Monarchie durch Erweiterungen und Neubauten ausgestaltet waren,

— was im großen das erste Halbjahr 1915 beanspruchte — konnte den daraus entstehenden Nöten nur durch ein kompliziertes System von Aushilfen sowie durch meist viel zu geringe Lieferungen aus Deutschland begegnet werden. Zeitweise war es nötig gewesen, die Erzeugung der schwersten Geschosse und der Infanteriemunition stark einzuschränken, um wenigstens den Schießbedarf für die leichten und mittleren Geschütze fertigstellen zu können.

Hemmungen anderer Art kamen dazu. So stieg die Produktionsziffer der Granaten erst, als auch ihre Erzeugung aus Gußeisen zugelassen und dadurch die Zahl der hiefür in Betracht kommenden Betriebe vergrößert wurde. Aber die nur wenig leistungsfähigen Unternehmungen befriedigten dann auch wieder nicht. Unter allen diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß die Bemühungen, gleichzeitig mit dem Ausbau der Artillerie auch mehr Munition für sie zu erzeugen, nur mühsam erkämpfte Erfolge brachten, und daß die schon geschilderte Munitionsnot (Bd. II, S. 18) noch lange anhielt. Der beengende Zwang, oft mehr mit Munition sparen zu müssen, als für die Unterstützung der hart kämpfenden Infanterie gut war, schwand das ganze Jahr 1915 hindurch nicht. Noch im Juli mußte z. B. bei der 7. Armee der Angriff einer größeren Kampfgruppe eingestellt werden, weil es an Geschossen fehlte.

Freilich, im Vergleich zu der katastrophalen Lage um die Jahreswende 1914/15 hatte sich vieles gebessert. Von den militärischen Stellen unablässig angeeifert, steigerte die Industrie ihre Produktion sichtlich von Woche zu Woche. Erzeugte sie zu Anfang des Krieges in jeder Woche noch etwa 55.000, im Dezember 1914 schon über 100.000 Artilleriegeschosse, so vermochte sie jetzt bald durchschnittlich 200.000 bis

250.000, eine Zeitlang sogar 300.000 Geschosse wöchentlich zu liefern. Das war eine gewaltige, höchst anerkennenswerte Leistung, entsprach aber trotz allem nicht dem Bedarf. Hoben doch die Forderungen der Südwestfront die kaum gewonnene Erleichterung alsbald wieder auf. Überdies mußten ja auch erst beträchtliche Munitionsmengen für die neuen Geschütztypen angesammelt werden, bevor man diese in die Front stellen konnte. Daß dabei auch die Zahl der Geschoßgattungen wuchs, wurde zu einer weiteren Schwierigkeit, die auch sonst nicht wenig zu schaffen machte. Erforderte doch beispielsweise die Tiroler Front Vorsorge für nicht weniger als 45 Geschoßgattungen. Insgesamt waren an die 100 verschiedenen Munitionssorten zu erzeugen.

So mußte man sich denn zufrieden geben, wenn seit der zweiten Hälfte 1915 für jedes Gewehr etwa 200, für jedes Feld- und Gebirgs-geschütz 200 bis 300 Schuß im Bereiche der Armeen vorhanden waren, und die Heeresleitung noch über eine kleine Reserve verfügte. Im Norden erlaubten übrigens die winterliche Kampfruhe und der Sparsinn der Truppe, diesen Stand bis zum Frühjahr 1916 noch erheblich zu verbessern; auch kennzeichnete es die zunehmende Besserung der Lage, daß man beispielsweise die in Tirol stehende 11. Armee zur beabsichtigten Offensive für jede Feldkanone mit 2160, für die Feldhaubitzen und die 15 cm-Haubitzen mit rund 600 und die Gebirgsgeschütze mit 1000 bis 1400 Schuß auszustatten vermochte.

Ausgestaltung und Tätigkeit der Hilfswaffen und der

Heeresanstalten1)

Gemessen an dem Aufschwung der Artillerie, blieb die Entwicklung der anderen noch nicht besprochenen Waffen und Truppen nur in geringen Grenzen. Gewiß war die jüngste Waffe, das Flugzeug, längst schon zu einem unentbehrlichen Instrumente der Führung geworden. Nicht nur im Bewegungskrieg an der russischen Front, wo es galt, tief hinter die Schlachtlinien des Feindes zu schauen, sondern vor allem auch in der taktischen Aufklärung an Fronten, die im Stellungskampfe festgeklammert lagen, hatte es außerordentliche Bedeutung erlangt2). Dabei gewann die Erkundung durch das Lichtbild, zu dessen einfachen Formen auch schon der „Reihenbildner“ getreten war, zusehends an Wichtigkeit. Auch die Artillerie bediente sich beim Einschießen immer häufiger des Fliegers als Beobachter.

In der Luft war es allmählich bewegter geworden. Die Feinde hatten ihre Luftkräfte sichtlich vermehrt; schon waren die Flieger mit Maschinengewehren versehen und warfen da oder dort Bomben auf Bahnhöfe und sonstige Anlagen hinter der Front ab. Was bei Ausbruch des Krieges noch wenig über dürftige Anfänge hinaus war, drängte nun überall stürmisch nach Vermehrung und Ausbau. Im Juli 1915 wurde die Stelle eines „Kommandanten der Luftfahrtruppen“ geschaffen und dem Obersten Uzelac übertragen. Er sollte über die Feldformationen im Wege von „Stabsoffizieren der Fliegertruppe“, denen alle auf einem Kriegsschauplätze befindlichen Fliegerkompagnien unterstanden (mehrere von diesen gegebenenfalls zu „Fliegergruppen“ zusammengefaßt) verfügen, gleichzeitig aber in allen Fragen, die Neuanschaffungen betrafen, an das Kriegsministerium gewiesen sein.

Allerdings setzte beim Flugwesen mehr noch als auf anderen Gebieten die Leistungsfähigkeit der Rüstwerkstätten dem organisatorischen Wollen eine Grenze. Anfänglich fast ganz auf Aushilfe aus Deutschland angewiesen, setzte die Monarchie bis Ende 1915 schon sieben Flugzeug-und sechs Motorenfabriken in Betrieb; sie erzeugten bis dahin jedoch nur 408 Flugzeuge und 512 Motoren3), wenig mehr, als zum Ersatz der Abgänge sowie für die Schulung von Flugzeugführern und Beobach-

x) Siehe hiezu auch Blge. 4, Tabelle 10.

2)    Vgl. B a u r, Wir Flieger (Wien 1928).

3)    M a d a r á s z, Die k.u.k. Luftfahrtruppen im Weltkriege (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1928, Sonderheft Luftflotten, 552ff.).

teni nötig war. Zu den 15 Fliegerkompagnien, die im August 1914 bestanden hatten, kamen daher vorerst bei Eintritt Italiens in den Krieg nur noch drei von ungefähr zusammengestellte Kompagnien dazu. Erst das Jahr 1916 sollte auch hier einen kräftigeren Aufschwung bringen. Anfangs Mai gab es 25 Fliegerkompagnien, zwölf auf dem nördlichen, ebensoviele auf dem südwestlichen Kriegsschauplätze und eine in Castel-nuovo; eine weitere Vermehrung stand in kurzer Frist zu erwarten.

Um die zunehmende feindliche Fliegertätigkeit von der Erde aus bekämpfen zu können, hatten sich manche Frontteile schon seit dem Frühjahr 1915 mit Improvisationen aus Feldkanonen beholfen; die Versuche, für diesen Zweck ein eigenes Geschütz zu schaffen, brachten jedoch noch lange kein annähernd befriedigendes Ergebnis. Tatsächlich kamen bis Mai 1916 nur 7 Luftfahrzeugabwehrbatterien und 23 -züge an die Front.

Nur unwesentlich hatte sich das Ballonwesen entwickelt. Den zwölf Festungsballonabteilungen von 1914 hatten sich lediglich drei in den ersten Kriegsmonaten aufgestellte Feldballonabteilungen zugesellt. Da aber diese wie jene außerhalb der Festungen bei den Armeen Verwendung fanden, wurden im Jänner 1916 alle einheitlich in Feldballonabteilungen umbenannt. Auch ihre Zahl sollte erst im Laufe dieses Jahres vergrößert werden.

Ein überaus reiches Betätigungsfeld fanden die technischen Truppen. In den schwierigsten Phasen des Angriffes standen die Sappeure inmitten der vordersten Infanterie, wo sie gemeinsam mit ihr die feindlichen Drahthindernisse zu zerstören hatten. Sie bedienten auch alle neuen besonderen Kampfmittel, wie Minenwerfer, Granatwerfer, Landtorpedos und Flammenwerfer und wirkten damit gleichfalls als unmittelbare Kämpfer. Schließlich leiteten und beaufsichtigten sie die schier unermeßlichen Arbeiten beim Bau und bei der Instandhaltung von Wegen und Brücken, von Unterkünften und Stellungen. Die letztangeführte Aufgabe trat besonders im Südwesten hervor, wo der Stellungsbau im Karst und Fels unendliche Mühe bereitete und nur durch die Anwendung von pneumatischen Bohrmaschinen entscheidend gefördert werden konnte1). Der ungemein bedeutungsvollen technischen Arbeiten zur Wasserversorgung auf dem Karste ist schon an anderer Stelle gedacht worden. (Bd. III, S. 360.) Ein neuer Wirkungskreis erschloß sich den Sappeuren dadurch, daß die elektrische Kraft für Zwecke des Krieges Verwertung fand. So hatten besondere Abteilungen elektrischen Strom zum Betriebe von

1) Im Frühjahr 1916 gab es 14 mobile Gesteinsbohrzüge.

Wasserpumpen, für die Zufuhr von Luft in tiefgelegene Unterkünfte sowie zur Beleuchtung zu erzeugen. Geringere Bedeutung erlangten die sogenannten Hochspannungshindernisse, mit Starkstrom geladene Drahtverhaue, die zuerst im Südwesten (Bd. III, S. 354), und im Winter 1915/16 auch an einzelnen Stellen der russischen Front eingerichtet wurden.

Obwohl man die Zahl der Sappeurkompagnien — vornehmlich durch Heranziehen bewährter Landsturmsappeurabteilungen — auf 100 Kompagnien vermehrte, reichten sie doch für die mannigfaltigen Arbeiten bei weitem nicht aus. Die Hilfe zahlreicher Bau- und Arbeiterabteilungen, darunter auch solcher, die man aus Kriegsgefangenen bildete, kam ihnen daher sehr zustatten.

Nicht so günstig stand es mit den Pionieren. Gab es für sie schon beim Vormarsch in Rußland eine Fülle von Arbeit, so erwiesen sie aufs neue ihren altbewährten Heldenmut wie ihr fachliches Können, als es galt, im Sommer die Weichsel bei Iwangorod, im Herbst die Donau vor Belgrad zu bezwingen. Bei keiner Truppe war aber die Sorge um den Ersatz der Menschenverluste so brennend, wie bei den Pionieren. Der Wasserdienst erfordert lange Schulung, eine viel längere, als die drängenden Ersatzforderungen oft zuließen. War demnach an einen Ausbau der Pioniertruppe nicht zu denken — es gab im Frühjahr 1916 sogar um fünf Pionierkompagnien weniger als zu Kriegsbeginn —, so erwies es sich bis weit ins zweite Kriegsjahr als unschätzbarer Vorteil, daß Sappeure und Pioniere erst kurz vor dem Kriege organisatorisch getrennt worden waren und daher, wenn es sein mußte, gleichartig verwendet werden konnten. Aber der Leute aus dieser Zeit wurden immer weniger, die Scheidung der Techniker zu Wasser und zu Lande immer augenfälliger.

Die Einrichtungen, die dem Nachrichtenverkehr dienten, waren von Haus aus so beschaffen gewesen, daß sie höchstens in dem Maße des Ausbaues bedurften, als neugeschaffene höhere Befehlsstellen und die ausgedehnten Landstriche, die die Armeen hinter sich brachten, mit Verbindungsmitteln ausgestattet werden mußten. Daß das freilich nicht wenig war, geht schon aus einer erheblichen Zunahme der Zahl von Telegraphen-, Telephonabteilungen und Feldradiostationen hervor. Wesentliche Neuerungen waren jedoch nicht zu verzeichnen. Nach wie vor dienten die Einrichtungen für drahtlose Telegraphie weniger dem eigenen Nachrichten verkehr, als dem Abhorchen des feindlichen; nur zur Verständigung zwischen dem Flieger und seinen Auftraggebern, namentlich der Artillerie, kam das Funkgerät auch aktiv mehr in Gebrauch. Die höchsten Befehlsstellen nahmen mit um so größerer Vorliebe den Fernschreiber in Anspruch, als er auch das bald beliebt gewordene „Hughesgespräch“ ermöglichte, das nicht nur vom Feinde nicht abgehorcht werden konnte, sondern überdies den Sachverhalt und die darüber gepflogene Aussprache gewissermaßen dokumentarisch festhielt. Hingegen blieb für die mittlere Führung der Fernsprecher dauernd das herrschende Mittel zur Übermittlung von Befehlen und Meldungen. Zu ruhigen Zeiten des Stellungskrieges gewöhnte sich auch die Truppe daran, den Fernsprecher bis in die vordersten Gräben ausgiebig zu benützen. Da Freund und Feind bereits ein gut entwickeltes Verfahren kannten, Telephongespräche mitzuhören, lag darin manche Gefahr, der man durch ein weitverzweigtes System von Decknamen, allerdings nur unvollkommen, entgegenzuwirken suchte.

Schon bei der Schilderung der Operationen konnte wiederholt die wahrhaft ausschlaggebende Rolle angedeutet werden, die in wachsendem Maße wieder den Bahnen zufiel1). Das zeigte sich am sinnfälligsten bei den Truppenbewegungen. Vielleicht noch größere Anforderungen an die Verkehrsmittel der Donaumonarchie stellten die zur Erhaltung der Kampfkraft erforderlichen regelmäßigen Zuschübe. Bloß zum Ersatz der Menschenkräfte rollten im Jahre 1915 schätzungsweise an die

100.000 Waggons an die Front; die Zufuhr von Verpflegung forderte annähernd die gleiche Menge von Wagen, jene von Kriegsgerät aller Art sogar noch viel mehr. Dazu kam eine kaum geringere Bewegung innerhalb der Armeebereiche, dann aber auch in der Heimat, wo nicht nur Ersatzkörper zu verlegen, Verwundete und Kriegsgefangene Waffen und Kriegsrüstung im ganzen Lande zu verteilen waren, sondern ganz besonders auch der Förderbedarf der Kriegswirtschaft zusehends anschwoll. Man gewinnt eine Vorstellung von der Größe der in dieser Beziehung vollbrachten Arbeit, wenn man ermißt, daß im Jahre 1915 lediglich von der Transportleitung der Heimat 111.526 Transporte in Bewegung gesetzt wurden, die neben der Menge nach nicht mehr feststellbarem Kriegsgerät 66.408 Offiziere, 8,068.405 Mann, 466.907 Pferde und 49.461 Fuhrwerke beförderten. Dabei ist selbst dieses eindrucksvolle Bild noch unvollständig, da darin zahlreiche Transporte von Truppen und Heeresgütern nicht enthalten sind, die nur inner-

x) Vgl. hiezu Ratzenhofer, Eisenbahn- und Schiffahrtswesen (in Verkehrswesen im Kriege [Carnegiestiftung], Wien 1931, 149ff.); von demselben, die Aufsätze in den Mil. wiss. Mitt., Jhrg. 1927, 301 ff., 433ff., 692ff.; Jhrg. 1928, 56ff., 149ff.; Jhrg. 1930, 231 ff., 594ff.; Jhrg. 1931, 1031 ff.

halb der Bereiche der Armeen und in den von den Verbündeten besetzten Gebieten liefen.

Die Voraussetzungen für solche Leistungen waren keineswegs überall gegeben. Auf ihrem Siegesmarsche nach Brest-Litowsk fanden die Verbündeten das Bahnnetz von den Russen allenthalben gründlich zerstört vor. Den öst.-ung. Truppen fielen mehr als 6000 Kilometer Bahnstrecke zur Wiederherstellung zu, auf denen viele Hunderte von Anlagen schwer beschädigt waren1); ungezählte Unterbrechungen des Oberbaues, sowie die Notwendigkeit, 2500 Kilometer breitspuriger Geleise auf Normalspur umzunageln, verursachten viel zeitraubende Arbeit.

Noch größere Schwierigkeiten erwuchsen den Heeren der Mittelmächte daraus, daß in den Räumen, die sie zu durchschreiten hatten, auf russischem Boden vom Frieden her ein nur sehr unzulängliches Vollbahnnetz bestand. Mit Absicht hatte das Zarenreich von Granica bis Brody nirgends an das österreichische Bahnnetz angeschlossen und dadurch eine 450 Kilometer lange und 100 Kilometer tiefe Zone ohne jede Bahnverbindung bestehen lassen. Wohl hatten die Russen dann zur Zeit der Besetzung Galiziens Kriegsbahnen von Władimir-Wołyński nach Sokal, von Lublin nach Rozwadów vorgetrieben und eine Verbindung von Ostrowiec nach Nadbrzesie begonnen. Aber bis diese nur flüchtig ausgeführten und dann wieder gründlich zerstörten Neubauten uns zu gute kommen konnten, sollte noch kostbare Zeit verstreichen. Da auch auf den anderen Strecken die Kopfstationen nur langsam den Armeen folgten, hatte sich schon beim Vormarsch auf Brest-Litowsk manches Hemmnis eingestellt2). Als die Heere der Verbündeten dann, den bahnarmen Raum im Rücken, ihre Dauerstellungen bezogen, wuchsen die Schwierigkeiten des Nachschubes, der nun auf wenige, weitab gelegene Bahnstationen basiert und — auf polnischem Boden — über Strecken geführt werden mußte, auf denen der Betrieb noch lange mit schweren Hindernissen rang. So diente für die Zufuhr nach Kowel, dem Bahnknoten zur Versorgung der 4. Armee, die Linie, die über Iwangorod

*) Allein auf den 1240 Kilometern des Bahnnetzes der Staatsbahndirektion Lemberg waren es 291 Objekte. Die Zerstörung war so gründlich, daß bis Ende Juni 1917 erst 192 dieser Objekte wieder gänzlich hergestellt werden konnten.

2) Vgl. Bd. II, S. 621 f. Besondere Schwierigkeiten erwuchsen dem Nachschubdienste. Es gab Zeiten, wo öst.-ung. Truppen bis zu 150 km Luftlinie von ihren Bahnendpunkten entfernt waren. Ende August hatte z. B. das nördlich von Brest-Litowsk kämpfende k.u.k. XII. Korps seine nächste Fassungsstelle bei Iwangorod, westlich der Weichsel.

heranführte. Hier aber unterbrachen Hochwasser und Eisstöße zweimal, darunter einmal viereinhalb Monate lang, die notdürftig wiederhergestellte Brücke; man mußte hemmungsreiche Umwege über die neugebauten Russenbahnen wählen, die überdies erst allmählich zu stärkeren Leistungen befähigt wurden. Es fehlte auch nicht an Reibungen anderer Art. Fröste verminderten die Leistungsfähigkeit der Lokomotiven; im Dezember wurden binnen wenigen Tagen 30 Maschinen undienstbar. Schneeverwehungen, unzulängliche Stationseinrichtungen, Personalmangel führten in dieser Zeit zu derart ungünstigen Förderleistungen, daß die 4. Armee in eine schlimme Verpflegskrise geriet.

Die schwersten Bedenken verursachte es jedoch, daß unter den herrschenden Umständen ein rasches Heranbringen von Verstärkungen unmöglich, eine Verschiebung von Kräften nur auf zeitraubenden Umwegen durchführbar war und daher gegebenenfalls jeder Versuch, ernsten russischen Angriffen durch größere Truppenverschiebungen zu begegnen, an den Verkehrsverhältnissen hätte scheitern müssen.

Diese wahrhaft kritische Lage wurde nun bis zum Frühjahr 1916 durch eine Reihe von großzügigen Arbeiten in einer Weise überwunden, daß man ohne Übertreibung von einem „Aufbau des Rückgrates der Ostfront“1) sprechen kann. Man erhöhte auf einer Länge von 1500 Kilometern die Leistungsfähigkeit der wichtigsten Linien, darunter besonders auch jene der drei östlichsten Karpathenbahnen, stellte 234 Kilometer russischer Kriegsneubauten wieder her und richtete 14 neue Rangier-und Absteilanlagen ein. Größte Bedeutung gewann jedoch der Bau einer neuen 130 km langen Vollbahn von Bełżec nach Rejowiec, die in harter, winterlicher Arbeit binnen acht Monaten fertiggestellt und schon im April 1916 mit einer Leistungsfähigkeit von 30 Hundertachsern in Betrieb genommen werden konnte. Zur Erleichterung des Nachschubes wurden rund 1000 Kilometer verschiedener Feld- und Rollbahnen von den Endpunkten des Vollbahn Verkehrs in den Truppenbereich vorgetrieben. Ungemein wertvoll für die Versorgung des äußersten Südflügels der Front war schließlich eine Benzinelektrobahn, die, schon seit dem Februar 1915 vollendet, von Borgoprund über den Magurapaß nach Dorna Watra führte und, in ihrer Art sehr leistungsfähig, Siebenbürgen mit der Bukowina verband. Sie wurde überdies durch eine Schmalspurbahn von Borsa über den Prisloppaß nach Jakobeny unterstützt.

Weitaus geringer waren die Arbeiten, die die stabile Front im Süd*) Vgl. Ratzenhofer, Das Rückgrat der Dauerfront im Osten (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1932, 974).

westen erforderte. Außer — allerdings sehr umfangreichen — Verbesserungen von Stationseinrichtungen im ganzen Kriegsgebiete ist vor allem der Bau der Gailtalbahn, der Ausbau des zweiten Geleises auf den Strek-ken Salzburg—Wörgl und Branzoll—Calliano, sowie die Benzinelektro-bahn Duttoule—Kostanjevica hervorzuheben. Außerordentlichen Umfang nahmen jedoch hier die Seilbahnen an, ohne die es auf die Dauer kaum möglich gewesen wäre, die Truppen in den Hochgebirgsabschnitten zu versorgen1).

Auf dem Balkankriegsschauplatze machte neben der Wiederherstellung zerstörter Anlagen vor allem der Bahnanschluß an das Heimatnetz wegen der Übergänge über Save und Donau viel zu schaffen. Sehr bald stellten Trajekte bei Semendria und bei Belgrad die Verbindung mit dem serbischen Netze her. Ende Dezember 1915 war die 380 Meter lange Savebrücke bei Belgrad mit Kohn- und Roth-Wagnermaterial fertiggestellt2). Um dieselbe Zeit konnte auch schon eine neu gebaute Vollbahn von Batajnica nach Boljevci in Betrieb genommen werden, die zuerst mit Überschiffungen und einer Straßenbrücke, später durch ein Schmalspurtrajekt an die serbische Linie Zabrež—Valjevo anschloß. Da die Hauptstrecke Belgrad—Nis—Skoplje—Veles samt dem Flügel Semendria—Vk. Plana unter der Leitung der deutschen Militär-Eisenbahndirektion 7 stand3), konzentrierten sich die öst.-ung. Bahninteressen vornehmlich auf die miteinander nicht zusammenhängenden Schmalspurstrecken des Landes, zu deren Betrieb das Heeresbahnkommando Süd errichtet wurde. Das Bestreben, diese Strecken miteinander zu verbinden, verursachte in der Folge noch viel Arbeit und führte erst sehr spät zu teilweisem Erfolg.

Der sonst noch zur Versorgung der Truppen mit Verpflegung, Munition und Kriegsmaterial aller Art aufgebotene Apparat erwies sich in der Regel auch den größten Anforderungen gewachsen. Schon lange hatte man darauf verzichten müssen, das Heer vornehmlich aus den Vorräten derjenigen Länder zu erhalten, in denen es operierte. Statt dessen war eher noch für die Ernährung der meist in größter Armut lebenden Landesbewohner vorzusorgen gewesen. Es war schon viel gewonnen, wenn es trotzdem dann und wann gelang, die ohnehin schon auf Brotkarten gesetzte Heimat wenigstens teilweise zu entlasten. Tatsächlich

*) Vgl. Brunner und Prohaska, Die Seilbahnen und ihre Verwendung im Kriege (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1932, 104 ff.).

2)    Vgl. Ehrenbuch der Feldeisenbahner (Berlin 1930), 304 und 335.

3)    Die Strecke Belgrad—Vk. Plana wurde jedoch unter deutscher Leitung von öst.-ung. Personal betrieben.

waren Verpflegskrisen wie jene bei der 4. Armee im Dezember 1915 seltene Ausnahmen. Und selbst in diesem Falle litt weniger die Ernährung der Kämpfer als die der Pferde. Die Tiere kamen dann bald bedenklich von Kräften; viele gingen zugrunde. War das vorläufig noch eine nach Ort und Zeit begrenzte Erscheinung, so bot sie doch Anlaß zu berechtigter Besorgnis. Denn viele Pferde waren schon den Strapazen der Einleitungskämpfe im Herbst 1914 sowie besonders des Karpathenwinters zum Opfer gefallen. Bis zur Jahreswende 1915/16 betrug der Abgang etwa 320.000 Pferde. Während der Bedarf der Heeresverwaltung ständig wuchs, nahm die Gesamtzahl der in der Monarchie vorhandenen Pferde sichtlich ab1). Um so entschiedener mußte man sich dem Ausbau des Kraftfahrwesens zuwenden. Schon war aus der unbedeutenden Improvisation von 58 Autotrainkolonnen der ersten Kriegszeit eine neue „Autotruppe“ geworden, die anfangs Mai 1916, abgesehen von zahlreichen Spezial- und Personenfahrzeugen, 227 Autokolonnen umfaßte.

Der Sanitätsdienst hatte durch umsichtige Maßnahmen nicht nur die große Choleragefahr im Winter 1914/15 völlig überwunden, sondern auch die Wiederkehr solcher Schrecken zu verhindern gewußt2). Daß trotz aller Vorbeugungsmittel, unter denen die Impfungen gegen Cholera und Typhus die erste Stelle einnahmen, Erkrankungen an Typhus und Ruhr nicht ausblieben, manchmal selbst größeren Umfang annehmen konnten, war bei den wechselvollen klimatischen Verhältnissen, unter denen sich das Leben der Kämpfer abspielte, nicht zu vermeiden. Leider fehlte es noch an Anstalten, um die Läuseplage zu bekämpfen, die besonders den Typhus zu verbreiten half. Kriegsseuchen größeren Umfanges konnten jedoch dauernd abgewehrt werden.

In großzügiger Weise waren die Einrichtungen für die Aufnahme der Verwundeten und Kranken sowie für ihren Abtransport in die Heimat ausgestaltet und verbessert, die Spitäler im Armeebereiche vermehrt,

Nach einem im Kriegsarchiv erliegenden Manuskript des Staatsarchivars Major a. D. Dr. S t ö 1 1 e r, Österreich-Ungarns Pferdeverbrauch im Weltkriege, betrug der Stand an Pferden in militärischer Verwendung in Feld und Heimat bei Kriegsbeginn 704.000, Ende 1915 944.000. Eine Pferdezählung im Jahre 1915 ergab, daß die Zahl der Pferde in der Monarchie von 3,900.000 vor dem Kriege auf 2,100.000 zurückgegangen war. Wenn diese große Differenz auch zum Teil darin ihre Erklärung findet, daß sich pferdereiche Gebiete zur Zeit der Zählung in Feindesgewalt befanden und daher nicht erfaßt werden konnten, so war doch der Rückgang des gesamten Pferdebestandes unverkennbar.

2) Im August 1915 waren in Ostgalizien bei den IR. 27 und 42 vereinzelte Cholerafälle aufgetreten; die Ausbreitung der Seuche konnte jedoch hintangehalten werden.

zahlreiche Krankenzüge eingerichtet worden, Anstalten, an denen sich nach wie vor das Rote Kreuz, der Deutsche Ritterorden und der MalteserRitterorden auf das verdienstvollste beteiligten.

Die Militärverwaltung in den besetzten Gebieten

ln Polen

Organisatorische Aufgaben ganz besonderer Art ergaben sich für die verbündeten Heere, sobald der in Feindesland vorgetragene Bewegungskrieg fremden Boden in größerem Umfange unter ihre Herrschaft brachte und die anfänglich nur von den Etappenbehörden ausgeübte staatliche Verwaltungstätigkeit auf breiterer Grundlage eingerichtet werden mußte. Bei der Verteilung des Gebietes sowie bei den Grundsätzen der Verwaltung spielten neben wirtschaftlichen Erwägungen begreiflicherweise auch politische Absichten und Wünsche eine große, nicht immer erfreuliche Rolle. Mit einem Schlage war das Polenproblem1) wieder aufgerollt, das während des ganzen 19. Jahrhunderts keine Lösung gefunden hatte, zu dem aber die Donaumonarchie aus innen- wie außenpolitischen Gründen ganz anders eingestellt sein mußte, als das Deutsche Reich.

Vorerst traten übrigens besondere Pläne über die künftige politische Gestaltung Polens beim deutschen Bundesgenossen nicht hervor. Um so größere Hoffnungen hegte man in maßgebenden österreichischen Kreisen. Zwar hatte eine zu Kriegsbeginn vorbereitete Proklamation, die eine — zumindest von den österreichischen Polen einstimmig gebilligte — „austropol-nische Lösung“ zum Ziele erhob, auf Einspruch Tiszas unveröffentlicht bleiben müssen; doch hatte wenigstens das AOK. an die Bewohner von Russisch-Polen einen Aufruf erlassen, darin es ihnen die Befreiung vom mos-kowitischen Joche verhieß. Auch der russische Oberbefehlshaber hatte nicht versäumt, um die Herzen der Polen zu werben, indem er ihnen in

x) Aus der umfangreichen Literatur über die Polenfrage vgl. u. a. Biliński, Wspomienia i dokumenty (Warszawa 1925); Burián, Drei Jahre meiner Amtsführung im Kriege (Berlin 1923), 62ff.; Bethmann-Hollweg, Betrachtungen zum Weltkriege (Berlin 1921), II, 25ff.; Conrad, Aus meiner Dienstzeit 1906—1918 (Wien 1921—1925), IV, 206ff.; Dmowski, Polityka polska i odbudowanie państwa (Warszawa 1925); Fisher, America and the new Poland (New York 1928); Gratz und Schüller, Die äußere Wirtschaftspolitik Österreich-Ungarns (Carnegie-Stiftung, öst.-ung. Serie, Wien 1925), 261 ff.; P a i ć, Das austropolnische Problem im Weltkriege (Manuskript, Kriegsarchiv); Piłsudski, Mes premiers Combats (Paris 1931); Roth, Die Entstehung des polnischen Staates (Berlin 1926).

einem Manifest volle Autonomie im Rahmen des russischen Reiches zusicherte, ein Versprechen, das freilich ebensowenig Widerhall erweckte, wie es ernst gemeint war1).

Die weitgesteckten Ziele Österreichs stellten sich zunächst noch als verfrüht heraus. Immerhin waren die Zentralmächte nach ihren im Dezember 1914 erfochtenen Siegen doch schon bemüßigt, ansehnliche Landstrecken in Verwaltung zu nehmen2). Durch ein am 10. Jänner 1915 beschlossenes, Conrad auch wirtschaftlich keineswegs befriedigendes3) Abkommen zu Posen (Bd. II, S. 56) wurde das Gebiet derart aufgeteilt, daß der Donaumonarchie der Raum südlich der Pilica, jedoch mit Ausschluß von Czenstochau sowie des Kohlen- und Industriebeckens von Bendzin-Dąbrowa, zufiel. Demnach nahmen unter Leitung der Etappenkommandos der 1. und der 2. Armee alsbald sieben Kreiskommandos die Verwaltungstätigkeit auf.

Als sich dann im Mai 1915 die Armeefronten nördlich der Weichsel vorwärts schoben, wuchs sofort die Zahl dieser Kreisämter, denen schon am 17. Mai die Militärgouvernements Kielce und Piotrków übergeordnet wurden. Bis Ende August hatten die Verbündeten ganz Russisch-Polen in ihre Gewalt gebracht; die Regelung des Verhältnisses zwischen den beiden Mächten in dem gemeinsam eroberten Gebiete wurde nicht leicht. Schon seit der Einnahme von Warschau wuchs das Interesse im Deutschen Reiche für Polen. In der Frage der politischen Zukunft des Landes gingen die Auffassungen und Ziele der siegreichen Befreier bald auseinander. War der deutsche Reichskanzler Dr. v. Bethmann-Hollweg der „austro-polnischen“ Lösung bisher nicht abgeneigt gewesen, so gewann nun in weiten deutschen Kreisen die Idee, einen polnischen Pufferstaat unter starker Anlehnung an Deutschland zu gründen, eine solche Bedeutung, daß sich ihr auch der Reichskanzler nicht zu entziehen vermochte4).

Bei solchen widerstreitenden Absichten, die sich zudem vielfach mit besonderen, gleichfalls nicht einheitlichen Bestrebungen polnischer Kreise kreuzten, war es fürs erste sicherlich am vorteilhaftesten, die Teilung des besetzten Landes in zwei gesonderte Verwaltungsgebiete, ein deutsches

*) Vgl. Glaise-Horstenau, Die Katastrophe — Die Zertrümmerung Österreich-Ungarns und das Werden der Nachfolgestaaten (Wien 1929), 31 f., 69 f.

2)    Für das Folgende vgl. M i t z k a, Die k.u.k. Militärverwaltung in RussischPolen, bei Kerchnawe, Die Militärverwaltung in den von den öst.-ung. Truppen besetzten Gebieten (Carnegie-Stiftung, öst.-ung. Serie, Wien 1928), 8 ff.

3)    C o n r a d, V, 823.

4)    G r a t z und Schüller, 267 ff.

und ein österreichisch-ungarisches, beizubehalten. Als Grenze zwischen ihnen wurde eine Linie bestimmt, die von der alten „Dreikaiserecke“ längs der nach Nord führenden Bahn, dann an Czenstochau östlich vorbei über Wręczyca an die Warthe bis in die Nähe von Sieradz verlief. Von hier wendete sie sich nach Osten, folgte dem Lauf der Pilica und der-Weichsel bis Iwangorod, ging den Wieprz und die Tyśmienica entlang weiter und erreichte bei Opalin den Bug, der zugleich den Bereich der Militärverwaltung gegen den Etappenraum der Armeen schied.

Der öst.-ung. Rechtsauffassung hätte es entsprochen, daß wenigstens die zentrale Leitung der Administrativgewalt gemeinsam in der Landeshauptstadt ausgeübt werde1). Da Warschau, von den deutschen Truppen eingenommen, mitten im deutschen Verwaltungsgebiet lag, war das nicht zu erreichen und gewiß auch aus praktisch-technischen Gründen kaum durchführbar. So wurde denn am 25. August 1915 gleichzeitig mit der Schaffung des deutschen Generalgouvernements Warschau, bei Auflassung der Militärgouvernements Kielce und Piotrków das k.u.k. Militär-generalgouvemement errichtet, das seinen Sitz zuerst in Kielce, dann von Oktober an in Lublin hatte, und an dessen Spitze der GM. Freih. v. Diller berufen wurde. In Warschau sollte die Monarchie nach langwierigen Verhandlungen, die erst im Dezember mit dem Teschener Abkommen ihren Abschluß fanden, durch einen Verbindungsoffizier des AOK. und durch einen Delegierten des k.u.k. Außenministeriums vertreten sein2). Mannigfache Fragen anderer, vornehmlich wirtschaftlicher Art waren schon vorher durch Vereinbarungen im Juni (Kattowitzer Abkommen) und im September (Berliner Abkommen) bereinigt worden.

Vielseitige Aufgaben gab es in dem alsbald eine Fläche von 45.000 Geviertkilometer umfassenden, von etwa viereinhalb Millionen Menschen bewohnten und in 22 Kreise geteilten Lande zu bewältigen. Für ihre Durchführung hatten neben fallweisen grundsätzlichen Entscheidungen der Heeresleitung allgemeine Grundzüge zu gelten, die von derselben Stelle schon im Februar 1915 erlassen worden waren. Den verantwortlichen militärischen Kommandanten standen für die fachliche Bearbeitung der verschiedenen Geschäftszweige Zivilkommissäre und Fachorgane, die vorwiegend dem mit der Landessprache und der Volkspsyche vertrauten Beamtenkörper des Kronlandes Galizien entnommen waren, zur Seite. Zunächst galt es, Ruhe, Ordnung und öffentliche Sicherheit aufrechtzu-

^Burián, 66.

2) Zum Verbindungsoffizier wurde der GstbsObst. Ritt. v. Paić, zum Vertreter des Außenministeriums der Legationsrat Freih. v. A n d r i a n bestimmt.

halten. Es zeigte sich, daß die Russen Agenten und selbst Soldaten zu Zwecken von Spionage, Stimmungsmache gegen die Siegerund zur Verübung von Sabotageakten im Lande verstreut zurückgelassen hatten. Die Bevölkerung stand vielfach unter dem geheimen, aber empfindlichen Drucke solcher Individuen und sogar ganzer Banden, die ihre Tätigkeit zum Teil unter Ausnützung nationaler Gegensätze zwischen Polen und Ukrainern auszuüben suchten. Solchen Erscheinungen mußte mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden.

Besonders wichtig war die Sorge für die rasche Einrichtung und sichere Abwicklung des Eisenbahnverkehrs, vor allem für die Versorgung der Kampffront. Für den Betrieb auf den wieder instand gesetzten, vielfach ausgestalteten und ergänzten russischen Linien wurde Ende August

1915 in Radom ein eigenes Kommando der „Heeresbahn Nord“ eingerichtet; die Weichselschiffahrt hatte die Vollbahnen zu entlasten. An Brücken-und Straßenbauten hatten die rasch fortschreitenden Armeen und die Etappenbehörden noch manches zu tun übrig gelassen. Post und Telegraph vermittelten — natürlich mit gewissen, aus militärischen Gründen unerläßlichen Beschränkungen — den Verkehr.

Größte Bedeutung für die bereits an Lebensmitteln und Rohstoffen Mangel leidende Monarchie kam aber der wirtschaftlichen Ausnützung des besetzten Gebietes zu. Das Jahr 1915 hatte in Russisch Polen eine nur mittelmäßige Ernte gebracht, ihre von Etappe und Militärverwaltung nach Möglichkeit betriebene Einbringung überdies unter dem Mangel an Menschen und an Fuhrwerken gelitten. Nun war die stärkste Ausnützung des fruchtbaren Landes für das kommende Jahr vorzubereiten und auch der beträchtliche Viehstand zu erfassen. In dem besetzten Gebiete lagen wertvolle Berg- und Hüttenwerke, aus denen Kohle, Blei, Kupfer und Zink zu gewinnen waren. Die Produktion dieser Rohstoffe in Gang zu bringen, an denen es in der Heimat bereits stark fehlte, war dringendes Bedürfnis. Gab es schon dabei große Hemmungen zu überwinden, so erwies es sich wegen der Furcht der beteiligten Kreise vor einem Wechsel der Lage, aber auch wegen Kapitals- und Rohstoffmangel als noch schwieriger, die Industrie wieder in Betrieb zu setzen. Nur Unternehmungen, die zur Verarbeitung von Lebensmitteln in Betracht kamen, konnten entscheidend gefördert und wieder in Schwung gebracht werden.

Schließlich eröffnete sich der Verwaltung auch beim Wiederaufbau der zerstörten Ortschaften und auf dem Gebiete humanitärer Fürsorge für die zahlreichen Flüchtlinge ein weites Betätigungsfeld.

Die militärische Durchdringung des Landes sowie die in diesem sich entwickelnde gewaltige Arbeitsleistung fanden äußerlich sinnfälligen Ausdruck in den Besatzungstruppen und Arbeiterabteilungen, die es alsbald belebten. Um die Jahreswende 1915/16 standen den Kreiskommandos und dem Gouvernement 16 Landsturmetappenbataillone und vier Landsturmhusareneskadronen zur Verfügung; 21 Eisenbahnsicherungsabteilungen sorgten für den Schutz der Bahnlinien, 24 Telegraphenbau-undBetriebsabteilungen für den Telegraphendienst, 18 Arbeiterabteilungen, darunter 11 aus Kriegsgefangenen gebildete, arbeiteten an den Straßen und Brücken. In den ersten Monaten des Jahres 1916 wuchs die Zahl der Arbeitsformationen auf 35, darunter 19 aus Kriegsgefangenen. Schon im Herbst 1915 war damit begonnen worden, die zum größten Teil arbeitslose Zivilbevölkerung zum Straßen- und Eisenbahnbau anzuwerben. Da russische Agenten die Nachricht verbreiteten, daß es sich um Rekrutenanwerbungen handle, war es dabei anfänglich zu Unruhen gekommen. Aber bis Ende April gab es dann doch schon mehr als hundert polnischrussische Zivilarbeiterabteilungen. Schließlich verlegte man auch eine Anzahl von Ersatzkörpern in das besetzte Gebiet, entlastete damit die Heimat, und gab zugleich dem Gouvernement Mittel in die Hand, um im Notfälle Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten zu können.

ln Serbien, Montenegro und, Albanien

Vielleicht noch schwieriger als im Norden ließ sich die Regelung der Verwaltungsbefugnisse in dem eroberten Serbien an. Es war nur natürlich, daß die Monarchie, deren Interessen schon seit Jahrzehnten nach dem Balkan wiesen, und deren weitere Entwicklung nicht zuletzt von der Gestaltung bedingt sein mußte, die das südslawische Problem bekam, bestrebt war, in diesem Lande entscheidenden Einfluß zu gewinnen, welchen Weg immer auch in Zukunft die Bereinigung dieser Fragen nehmen mochte. Aber auch die Bulgaren hatten hier wichtige Interessen. Die DOHL. schob abschließende Vereinbarungen über die Verteilung der Machtbefugnisse in dem zu erobernden Gebiete möglichst hinaus, vielleicht in der Absicht, den Ereignissen nicht vorzugreifen, vielleicht auch von dem Bemühen geleitet, den neuen bulgarischen Bundesgenossen bei guter Laune zu erhalten. Die operativen Armeegrenzen, jeweils auf Antrag des GFM. Mackensen von den verbündeten Heeresleitungen festgesetzt, bildeten daher zunächst, nicht anders als überall, die Grenzen auch der Verwaltungs- und Einflußgebiete.

Als die Operationen zum Stillstand gekommen waren, wurde aber eine dauernde Regelung bald unaufschiebbar. Abgesehen von unvermeidlichen Reibungen zwischen untergeordneten Organen bei Beitreibungen und bei ähnlichen Anlässen, drängten auch politische Gründe zur Entscheidung. Die Bulgaren begannen bereits, sich als Herren von ganz Mazedonien und eines großen Teiles von Serbien zu betrachten. Schon Ende November hatte Conrad seinen Einfluß dahin geltend machen müssen, daß der Monarchie das Gebiet entlang der Linie Mitrovica—Ipek—Skutari und nördlich davon als Interessensphäre gewahrt blieb (Bd. III, S. 334).

Aber erst Ende Dezember kam eine Vereinbarung zustande, derzu-folgc den Deutschen — solange ihre Truppen unter deutschem Oberbefehl auf dem westlichen Balkan operierten — nur der schon erwähnte Bahnbetrieb (S. 107) sowie die Besetzung einiger Etappenorte an diesen Strek-ken Vorbehalten wurde, im übrigen aber die Donaumonarchie das Land westlich, Bulgarien jenes östlich der Morawa und der bei Kruševac in diese mündenden Rasina in ihre Verwaltung zu nehmen hatten. Südlich der Rasina sollten weiter die Armeegrenzen maßgebend bleiben.

Auch damit waren noch keineswegs alle Schwierigkeiten beseitigt; denn die genannten Wasserläufe bildeten zwar eine deutliche, aber im wirtschaftlich-praktischen Sinne durchaus keine geeignete Grenze1), und beiden Teilen war jedenfalls der ungeteilte Besitz der selir fruchtbaren, dichtbevölkerten Täler der genannten Flüsse vorgeschwebt. Als dann die Bulgaren auch noch über den zugewiesenen Raum vordrangen, sich in den Becken von Priština, Prizren, Djakova und Elbasan festsetzten und gegen die Adria strebten, kam es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Sofia und Teschen2). Bei deren Beilegung mußte sich GdI. Falkenhayn als Vermittler bemühen, da vornehmlich er es gewesen war, der Bulgarien als Bundesgenossen herangezogen hatte und jetzt die Verpflichtung in sich fühlte, die Interessen des neuen Freundes zu vertreten. Dies um so mehr, als Bulgarien den geraden Verhandlungsweg mit der Donaumonarchie meist vermied. Es währte aber noch bis zum Frühjahr 1916 bis eine Einigung erzielt werden konnte.

Jmmerhin hatten die Ende Dezember 1915 abgeschlossenen Verhandlungen dazu geführt, daß am 1. Jänner das Militärgeneralgouvernement Serbien aufgestellt wurde, das seine Wirksamkeit allmählich auf ein Ge-

x) Vgl.’ Kerchnawe, Militärverwaltung, 4 und 53 ff.; K i r c h, Krieg und Verwaltung in Serbien und Mazedonien 1916—1918 (Stuttgart 1928).

2) Cramon, Unser österreichisch-ungarischer Bundesgenosse im Weltkriege (2. Aufl., Berlin 1922), 49 f.

biet von 29.664 Quadratkilometer mit 1,373.500 Einwohnern erstreckte und sich in 13 Kreise und ein selbständiges Bezirkskommando (Belgrad) gliederte. Zum Gouverneur wurde FML. Gf. Salis-Seewis, ein genauer Kenner des Balkans und Freund der Südslawen, bestimmt.

Die Aufgaben der Militärverwaltung waren im Wesen dieselben wie in Polen. Auch hier spielte neben der administrativen Tätigkeit im engeren Sinne der Betrieb und die Instandhaltung der Bahnen, Verbesserung der Straßen, Bekämpfung der bis dahin besonders stark aufgetretenen Seuchen, Einrichtung von Schulen u. dgl. m. eine große Rolle.

Aus dem selbst notleidenden, vom Kriege stark heimgesuchten Lande konnte fürs erste wohl kaum irgendein nennenswerter wirtschaftlicher Nutzen gezogen werden. Da die Verwaltung überdies mehr auf Fürsorge und auf die optimistische Hoffnung eingestellt war, den Serben eine öst.-ung. Herrschaft wünschenswert erscheinen zu lassen, mochte es vielleicht auch an der unumgänglichen Härte gefehlt haben, die notwendig gewesen wäre, um die trotz allem vorhandenen sowie die noch erschließbaren Hilfsquellen des Landes schärfer zu erfassen. Tatsächlich blieben die Truppen, auch die zur Besetzung des Landes in diesem verteilten, nicht ohne Entbehrungen ganz auf den Nachschub aus der Heimat angewiesen. Einzig die Hoffnung blieb, daß sich diese Lage durch die inzwischen eingeleitete planmäßige Bewirtschaftung in der Zukunft bessern würde.

Nicht geringen Hindernissen begegnete die Befriedung des Landes, dessen Bevölkerung, an den Besitz von Waffen seit jeher gewöhnt, von fanatischer Vaterlandsliebe und von großem Selbstgefühl durchdrungen, nicht darauf verzichtete, den Siegern Schaden zuzufügen, wo es nur anging. In gefährlicherem Ausmaße noch als in Polen waren hier von der geschlagenen serbischen Armee Nachzügler zurückgeblieben, die entweder als unverdächtige Bauern in ihren Dörfern lebten oder in verborgenen Schlupfwinkeln ihrer unwegsamen Bergwildnis Zuflucht fanden. Wagten sie sich vorerst auch noch nicht mit größeren Unternehmungen hervor, so machten doch häufige Sabotageakte den Sicherungstruppen und den Verwaltungsbehörden genug zu schaffen.

Die militärischen Kräfte, deren die Verwaltung in diesem unruhigen Lande zu ihrem Rückhalt bedurfte, mußten mit der Zeit ansehnlich verstärkt werden. Bei der Errichtung des Gouvernements standen hiezu nur 13 Landsturmetappenbataillone und je ein Reservebataillon zweier Infanterieregimenter (IR. 23 und 33) Zur Verfügung. Sie waren Mitte März auf 23, bald nachher auf 44 Bataillone angewachsen. Dazu kamen 17 Gendarmerie-Streifzüge, 21/2 Eskadronen, 1 Brückenkompagnie, 3 Flußminen-

s*

züge und 19 Arbeiterabteilungen. Mit der Verlegung von Ersatzformationen wurde, nicht zuletzt offenbar wegen der zunächst noch gering eingeschätzten wirtschaftlichen Ergiebigkeit des Landes, zurückgehalten. Ende März befanden sich erst die Ersatzkörper eines Infanterieregiments und zweier Kavallerieregimenter im besetzten Gebiet.

Die im Februar 1916 vollendete Bezwingung Montenegros erforderte schließlich auch die Einrichtung einer Verwaltung in diesem Lande, wobei das am 1. März ins Leben gerufene, dem bisherigen Kommandanten der 47. ID., FML. Weber, anvertraute Militärgeneralgouvernement Ce-tinje in dem wirtschaftlich kümmerlichen, einer unwirtlichen Steinwüste gleichenden Lande noch weit schwierigeren Verhältnissen zu begegnen hatte1). Die Besetzung des in sieben Verwaltungskreise geteilten Gebietes beanspruchte schon von den ersten Märzwochen an 22 Bataillone, 21 Gendarmeriestreifzüge und einige Arbeiterabteilungen.

Die Verwaltung der besetzten Teile Albaniens wurde in ähnlicher Weise dem XIX. Korpskommando übertragen (S. 77).

Wandlungen der Heer- und Kampffiihrung

Der Weg zu einem neuen Angriffsverfahren

In der Entwicklung der Kampfführung wie der Heerführung stellte der Frühling des Jahres 1915 einen unverkennbaren Wendepunkt dar. Die winterlichen Kämpfe, die in den Karpathen einen großen Teil des öst.-ung. Heeres gefesselt hatten, waren durch einen rastlosen Wechsel von Angriff und Verteidigung gekennzeichnet gewesen, durch ein an Leiden und Opfern unerhört reiches Ringen, das unter den auflösenden und zersetzenden Einflüssen eines rauhen Winters auf unwirtlichen, vereisten, kaum gangbaren Bergeshöhen (Bd. II, S. 125, 141), notgedrungen fast ohne Artillerieunterstützung, in schier unbegreiflicher Beweglichkeit hin und her gewogt war2).

Als diese Kämpfe zum Abschluß kamen, waren alle anderen Teile der Front vom Nordrand der Karpathen bis an Ostpreußens Grenze längst im Stellungskampf erstarrt gewesen. Wer aus dieser Lage entscheidende Wendungen herbeiführen wollte, sah sich mit neuen Opera*) K e r c h n a w e, Militärverwaltung, 270 f.

2) Vgl. auch: Anton P i t r e i c h, Der österreichisch-ungarische Bundesgenosse im Sperrfeuer (Klagenfurt 1930), 163 f., 183ff.

tionen auch vor neuen Aufgaben der Kampfführung. Überall standen geschlossene Fronten einander gegenüber, weithin sichtbare Linien von Erdverschanzungen und Stacheldraht schlängelten sich durch die Landschaft, verteidigungsbereite Stellungen hüben und drüben, die erst überwunden werden mußten, bevor an einen Bewegungskrieg gedacht werden konnte.

Gewiß, der Gedanke weit ausholender Umfassung hatte unausgesetzt Conrads Tatendrang beschäftigt (Bd. II, S. 301, 724); aber es gab nirgends mehr offene Flanken, gegen die man zur Umfassung hätte ansetzen können. Und da es umstritten war, ob das gleiche Ergebnis auch durch ein Zusammenwirken von Kräften aus so weit entfernten Räumen wie Ostgalizien und Ostpreußen herbeigeführt werden könne, rückte der Gedanke des Durchbruches von selbst in den Vordergrund.

Nun hatte es ja schon in den ersten Kriegsjahren nicht an Versuchen gefehlt, feindliche Fronten zu durchbrechen1). Dabei waren aber große strategische Entscheidungen weder gesucht noch erreicht worden. Auch dem Durchbruche, der bei Gorlice ins Werk gesetzt wurde, waren aus mannigfachen Gründen verhältnismäßig enge Grenzen gesteckt worden (Bd. II, S. 297 ff.). Der Erfolg übertraf jedoch alle Erwartungen, erweiterte sich zum ersten Male zu einem strategischen Durchbruch, führte aber dennoch nicht zur Vernichtung des Feindes. Freilich brachte ja auch die Durchführung der Idee einer doppelseitigen Umfassung nur ein einziges Mal — bei Tannenberg — eine solche Vernichtung, d. h. in diesem Falle ein „Cannae“ hervor.

So mußten den siegreichen Heeren der Mittelmächte schrittweise neue Ziele gegeben werden. Dabei ergab es sich, daß der immer wieder in Szene gesetzte Durchbruch eigentlich gar nicht als Mittel betrachtet wurde, einer geschlossenen, erstarrten Front offene Flanken abzugewinnen, sondern vielmehr als wuchtiger Stoß, der den Feind aus seinen Stellungen zum Weichen bringen sollte. Es ist schon gezeigt worden, (Bd. II, S. 726 f.), wie daraus jenes „abwechselnde Vorwärtsstampfen der schweren Kriegsmaschine“ im „Stirnkampf mit jeweilig zusammengezogenen, sozusagen fluktuierenden Stoßgruppen“ wurde, bei dem große Pläne auf weite Sicht zurücktreten mußten vor dem Bestreben, jedesmal dort vorwärtszukommen, wo im Augenblick die Bedingungen Erfolg versprachen.

Den viel weiter gesteckten Wünschen Conrads mochte dieses Verfahren trotz der großen Ergebnisse, die es mit sich brachte, nur wenig

!) So in der Mačva im Oktober 1914 (Bd. I, S. 661 ff.), dann während der Schlacht in Masuren im Februar 1915; auch die Operation zum Entsatz von Przemyśl war als Durchbruch gedacht (Bd. II, S. 196 ff.).

genügen; die Armee jedoch befreundete sich gar schnell damit. Ohnehin hatte die Idee der Umfassung schon dadurch einigermaßen an Wertschätzung eingebüßt, daß die Truppe, wann immer sie gegen feindliche Flanken vorging, stets auf eine schnell genug entgegengestellte Front getroffen war. Nun aber überwog selbst dann, wenn — wie im Feldzug von Rowno — unverkennbare Möglichkeiten zu einer Umfassung im großen Stil schon aus dem Anmarsche heraus gegen die Tiefe der feindlichen Flanken Vorlagen, das Bestreben, lieber die Flügel frontal anzugreifen und zugleich auf die Möglichkeit eines Durchbruches auch in der Front nicht ganz zu verzichten. Wohl oder übel mußte es in Kauf genommen werden, daß dabei ein wirksames Zusammenfassen von überlegenen Kräften an einer Stelle sehr erschwert wurde. Solche Angriffe gediehen dann freilich trotz aller heldenmütigen Anstrengungen nicht bis zum vollen Durchbruch der Front. Wenn dann auch die Flügeloperationen den Ausschlag gaben, so führten sie doch — zur geringen Befriedigung Conrads — nur zu schrittweisem Zurückdrängen des Feindes, dem es dabei immer gelang, seine Kräfte einem vernichtenden Schlage zu entziehen.

Aber das beeinträchtigte kaum den erwiesenen Sieg des Durchbruchgedankens, der sich als taktische Handlung von Gorlice angefangen rasch überragende Geltung errang. Fortan sprachen alle Befehle bis weit in die Truppe hinein nur mehr vom „Durchbruch“. Bei seiner Ausführung setzten sich die Erfahrungen der ersten zehn Kriegsmonate am deutlichsten in die Praxis um; der Begriff der „Artillerievorbereitung“ sowie die Vorstellung des Zusammenwirkens zwischen den beiden Hauptwaffen, damit die Idee des planmäßigen, systematischen Angriffes gewannen feste Formen. Es wurde erkannt, daß darin nichts dem Zufall überlassen bleiben dürfe, sondern daß der Erfolg organisiert werden müsse.

Traf die Infanterie auf eine vorbereitete feindliche Stellung, so erschöpfte sie sich nicht mehr so oft wie früher in nutzlosen blutigen Opfern, sondern klammerte sich zunächst an dem erreichten Gelände fest. Jetzt galt es, in aller Eile, aber ohne Hast die Artillerie in Stellung zu bringen, ausreichenden Schießbedarf für sie herbeizuschaffen und ihre Wirkung nach Ort, Zeit und Munitionsaufwand festzulegen; Einzelheiten der feindlichen Stellung mußten erkundet und die Angriffsräume für die einzelnen Kampfverbände — gewöhnlich in der Form von „Gefechtsstreifen“, die bis weit hinter die feindliche Schlachtfront reichten — genau bestimmt werden. Dort, wo man sich die Zeit nahm, den Angriff in dieser Weise vorzubereiten — zuweilen genügten hiezu ein bis zwei

Tage —, und wo die als nötig erachteten Mengen an Artillerie und Schießbedarf, wie fast immer bei den deutschen Truppen, auch tatsächlich zur Verfügung standen, ließ der Erfolg nicht auf sich warten. Während das Feuer der Artillerie manche Bresche in die feindlichen Verteidigungsanlagen riß und die Widerstandskraft ihrer Besatzung zermürbte, arbeitete sich die Infanterie aus den seichten Gräben, die sie in der. vorangegangenen Nächten mit dem Spaten vorgetrieben hatte, ganz nahe an den Feind heran. Zur bestimmten Minute verlegte die Artillerie ihr Feuer hinter die Kampflinie des Feindes und dann drangen die Sturmwellen durch die zerschossenen Hindernisse in die Gräben des Verteidigers ein. War dieser schon genügend erschüttert, so gab es bald Scharen von Gefangenen. Zuweilen flackerte da oder dort das blutige Handgemenge auf und erst sein Ausgang schuf die Möglichkeit, den Angriff weiter vorwärts zu tragen.

Obgleich diese Art, befestigte Stellungen anzugreifen, im Wesen schon den Vorkriegsvorschriften nicht fremd gewesen war, wurde sie tatsächlich doch als etwas neues empfunden und setzte sich an den verschiedenen Teilen der Front nur allmählich und nur in dem Maße durch, als größere Verbände in den Siegeszug auf Brest-Litowsk mitgerissen wurden. Auch dann noch keineswegs gleichmäßig. Nicht leicht ließ sich die festgewurzelte Friedensvorstellung von der entscheidenden Gewalt des freien Angriffs im offenen Felde durch die Erkenntnis verdrängen, daß man es eigentlich immer mit mehr oder weniger befestigten Stellungen zu tun hatte. Noch gar oft überwog der „gute Glaube, daß Schnelligkeit den Erfolg erleichtere, daß man hasardieren müsse, um den Feind noch unvorbereitet zu treffen, oder günstige Gelegenheiten nicht zu versäumen“1). Aber man traf ihn in Wahrheit kaum jemals mehr unvorbereitet. Nur ein gründlichst vorbereiteter Angriff hatte noch Aussicht auf Gelingen.

Oft aber fehlte es an der hiezu unentbehrlichen Stoßkraft; daß Infanteriedivisionen mit 5000 bis 7000 Feuergewehren auf Abschnitten von 20 bis 30 Kilometer Breite anzugreifen hatten, war keine Seltenheit. Noch weniger konnte das neue Angriffsverfahren auf die Mitwirkung einer dem Feinde überlegenen Artillerie mit zahlreichen Steilfeuergeschützen und mit viel Munition verzichten. Aber gerade darin wurde es, wie schon ausgeführt (S. 97) nur langsam etwas besser. So manche Division machte den ganzen Vormarsch im Sommer 1915 mit 40, ja selbst

1) Schön, Die deutschböhmische 29. Infanterietruppendivision am Stochod (Reichenberg 1926), 11.

mit noch weniger, zum Teil veralteten Geschützen mit. Auch diese bahnten oft und oft der stürmenden Infanterie den Weg zum Siege, aber sie hatten es dabei wesentlich schwerer als ihre Waffengefährten im verbündeten deutschen Heere, wo auf eine Division meist 70 Geschütze und mehr entfielen. Dabei konnte es Vorkommen, daß öst.-ung. Heereskörper gerade ihre wirksamsten Geschütze an andere Frontteile abgeben, aber gleichwohl angreifen mußten.

Vor allem erforderte der planmäßige Angriff Zeit zur Vorbereitung und Durchführung, mehr Zeit, als man oft glaubte, aufwenden zu dürfen und als man manchmal in bedrängten Lagen wirklich zuwarten durfte. Nicht selten mußte die Infanterie auch deshalb ohne zureichende Unterstützung durch Artillerie angreifen, weil das Heranbringen einer größeren Zahl von Batterien mehr Zeit in Anspruch genommen hätte, als man zur Verfügung hatte oder zu haben glaubte. Der Angriff ging dann aber gar nicht so schnell von statten als man gehofft hatte. Im unbehinderten feindlichen Artilleriefeuer lichteten sich die vorgehenden Linien. Bald sprachen feindliche Maschinengewehre aus versteckten Gräben mit; der Angriff stockte; fieberhaft wurde zum Spaten gegriffen. Tapfere Unterführer rissen da und dort Teile der Linien ein wenig vor, bis der Geschoßhagel so vernichtend wurde, daß das Schicksal des Angriffes besiegelt war.

Oft kam die brave Infanterie trotz allem an die feindlichen Drahthindernisse heran. Aber diese waren unversehrt, der Feind dahinter unerschüttert. Wagten die Kämpfer dann in vielleicht allzu gehorsamer Bravour den Sturm doch, so blieben sie in den Hindernissen hängen oder mußten unter empfindlichen Verlusten zurück. Dann wurden die Angriffe aus nächster Entfernung wiederholt, Reserven eingesetzt; Blut mußte die fehlende Artilleriewirkung ersetzen. Jetzt spielten Stunden keine Rolle mehr, Tage gingen darüber hin. Nächtliche Stürme suchten zu erringen, was bei Tag nicht gelungen war. Zuweilen mit Erfolg, aber nicht selten auch vergeblich. Die Regimentsgeschichten wissen von zahllosen Kämpfen zu erzählen, die so verliefen und schwerste Opfer kosteten.

Doch auch dort, wo der vorderste russische Graben im ersten Anlauf genommen wurde, war damit das schwere Ringen erst eingeleitet. Die eroberte Stellung wurde meist sofort „umgedreht“, zur Verteidigung 'wider zu erwartende Gegenangriffe eingerichtet. Das weitere Verfahren hing dann stark vom Verhalten des Feindes ab. Bei Einbrüchen auf schmaler Front trachtete man, den gewonnenen Raum durch Aufrollen einer oder beider Flanken zu erweitern, ein Kampf übrigens, der in seiner besonderen Eigenart (fast durchwegs in dem verwickelten

Grabengewirre mit Handgranate und Bajonett geführt) sich erst später schärfer herausbilden sollte.

Wohl drängte in der Regel nach geglücktem Einbrüche alles geradeaus vorwärts; allein es fehlte — der Führung nicht minder als der Truppe

— noch lange an der Erkenntnis, daß es jetzt vor allem darauf ankam, die zweite und die dritte Linie des Feindes rasch zu bezwingen, um möglichst bald die Räume seiner Artillerieaufstellung zu überwinden. Wo nur dünne Linien mit wenig Reserven, durch Artillerie unzureichend unterstützt, den Angriff führten, wäre das übrigens auch meist eine schier unlösbare Aufgabe gewesen. Blieb jedoch die feindliche Artillerie als Rückgrat der Stellung unversehrt, so waren auch nach den schönsten Anfangserfolgen Rückschläge durch Gegenangriffe kaum zu vermeiden.

War jedoch der Bereich der vorbereiteten russischen Stellungen trotz allem überwunden, dann gab es einige Tage lang wieder den eigentlichen lebhaften Bewegungskrieg mit seinen weiten Märschen zahlreicher Parallelkolonnen durch den Sand oder den polnischen und galizischen Morast, durch weite Wälder, an brennenden Ortschaften, zerstörten Bahnanlagen vorbei, von gesprengten oder verbrannten Stegen und Brücken, künstlich angestauten Flußläufen oder versumpften, stehenden Wässern mehr oder weniger lang aufgehalten. Diese Vormärsche waren vielfach eingeleitet und unterbrochen durch örtliche Gefechte von verschiedenem Umfange, in die auch ganze Regimenter und größere Verbände verwickelt wurden, und in denen es nicht so genau geregelt zuging, wie in der wohlorganisierten Durchbruchsschlacht. Hier herrschte wieder beträchtliche Ungewißheit und Unübersichtlichkeit über rasch wechselnde Lagen, hier wurde von vermengten Verbänden mit großer Wildheit und Erbitterung um Ortschaften und Gehöfte, Wasserläufe und Waldstücke gerungen, hier gab es Überraschungen auf beiden Seiten und Gelegenheiten in Hülle und Fülle, bei denen sich die Tatkraft der Unterkommandanten und die tapfere Haltung des einzelnen Soldaten bewährte. Auch von solchen Kämpfen gibt die Geschichte der Truppenkörper reiche Kunde.

Meist handelte es sich dabei um Gefechte mit russischen Nachhuten, die den zähen Kampf um Zeitgewinn mit nicht geringerem Geschick führten, als ihre obersten Führer ausgreifende Rückzüge anzulegen wußten. Gar oft mußten unsere Truppen den ganzen Tag lang blutig um eine Stellung ringen, die von ihren Verteidigern dann noch am selben Abend preisgegeben wurde. Der tatsächlich erfolgte Rückzug der Russen konnte gewöhnlich erst am nächsten Morgen erkannt werden.

Die Leistungen, welche die Kämpfer in diesen Monaten vollbrachten, erscheinen aber erst im rechten Lichte, wenn man ermißt, daß bei der k.u.k. Wehrmacht damals eine Vorbereitung von nur acht Wochen für die jungen und alten Rekruten genügen mußte, bevor sie in die hin- und herwogenden Kämpfe geworfen wurden. Dabei litt selbst diese kurze Ausbildung in der Heimat sehr unter mannigfachen Hemmungen, unter denen der Mangel an Gewehren noch immer die größte Rolle spielte. Erst knapp vor ihrem Abgehen ins Feld vermochte man die Marschformationen mit Schußwaffen zu beteilen, und konnte der Soldat noch in aller Eile ein paar scharfe Übungsschüsse abgeben. Man hoffte zu einem günstigeren Ergebnis zu gelangen, indem man seit dem Juni 1915 die Ersätze nur mehr vier Wochen in der Heimat, vier weitere Wochen aber im Bereiche der Armeen, durch ein mehr kriegserfahrenes Personal und auch sonst unter besseren Bedingungen schulen ließ. Aber da gingen wieder durch Bahntransport und durch Märsche hinter der Front kostbare Tage verloren; die Klagen über unzulängliche Ausbildung der Ersätze verstummten nicht, und die rauhe Wirklichkeit wurde dann wohl immer zu einem harten Lehrmeister. Erst vom Herbst angefangen wurde der Mann drei Monate lang, davon vier Wochen im Etappenraume, unterwiesen, bevor er in die Kampftruppe eingereiht werden durfte.

Der Reiterei kam in all den vielen Schlachten und Gefechten kaum je eine Sonderstellung zu. Maschinengewehr, Karabiner und Spaten waren ihre vertrauten Hauptwaffen geworden, die sie in einer Schlachtfront mit der Infanterie gebrauchte. Es ist eigentlich zu verwundern, daß ihr der vier Monate lang über weite Strecken dahinrollende Bewegungskrieg keine rechte Gelegenheit brachte, im Sinne der Vorkriegsansichten zu wirken. Höchstens für rasche Verschiebungen wurde ihre größere Beweglichkeit verwertet. Erst als am Rande der Polesie die russische Front entzweigerissen worden war und unsere Armeen sich gegen den südlichen Teil, gegen Rowno, wandten, ergab sich noch einmal die echte Reiteraufgabe, die Flanke dieses Angriffes zu schützen. Tatsächlich wurden hier nach und nach sieben öst.-ung. Kavalleriedivisionen neben einei deutschen gegen starke russische Reiterei eingesetzt1).

Neue Leitgedanken und Erfahrungen über die Abwehr im S t e 11 u n g s k r i e g e

In einer Zeit, die völlig im Zeichen siegreichen Vormarsches stand, gab es natürlich weder Anlaß noch Gelegenheit, sich viel mit den Pro-

J) C z e g k a, Wandlungen, 10.

blemen der Verteidigung zu befassen. Feindlichen Gegenangriffen wurde entweder in dem hiezu rasch hergerichteten Grabengewirre entgegengetreten, das man eben in Besitz genommen hatte, oder man schlug sie in der schon geschilderten hin- und herwogenden Form des Bewegungskampfes ab, die kaum eine Möglichkeit zu einem planmäßigeren Abwehrverfahren bot.

Kamen die Operationen vorübergehend zum Stillstand, sei es infolge größerer Gegenstöße des Feindes, oder aus anderen Gründen, so verschwanden die Schwarmlinien sofort in der weichen Erde. Längst schon war das Graben nicht mehr scheel angesehen, sondern zu einer wohlgeübten Fertigkeit geworden. Währte der Aufenthalt länger, so lebte bald wieder der mehr oder weniger ruhige Stellungskrieg auf, mit seiner emsigen Arbeit am Ausbau der Stellungen, dem Geplänkel zwischen Patrouillen und Feldwachen, aber auch mit der bescheidenen Wohnlichkeit, die rasch entstehende Unterstände und die armseligen Dächer der noch stehengebliebenen Dörferreste boten, mit seinen lang entbehrten Möglichkeiten zur Körperpflege und zu flüchtiger Ruhe. Gar bald gingen solche Idyllen zu Ende, wenn ein eigener Angriff oder der Rückzug der Russen wieder nach vorne rief.

Mit dem Ausklingen des Herbstfeldzuges von Rowno vor die Aufgabe gestellt, sich für einen neuen Kriegswinter bereitzumachen und nunmehr planmäßig eine Dauerstellung zu schaffenL), knüpfte die Truppe zunächst an die bisherige Gewohnheit an. Sie ließ dort, wo sie in den eben abflauenden Kämpfen zuletzt gestanden war, möglichst schnell einen durchlaufenden Schützengraben erstehen und wandte alle Mühe und Sorgfalt darauf an, ihn ebenso für längeren Aufenthalt wie für den Kampf einzurichten. Tief in die Erde gegraben, oder — wo Sumpfland es gebot — hoch aufgezogen, alle acht bis zehn Meter durch Traversen (Schulterwehren) geteilt, schmiegten sich seine Linien an das Gelände. Davor wuchs ein Hindernis aus Stacheldraht von Nacht zu Nacht in die Breite, nach und nach verstärkt durch selbsttätig entzündbare Handgranaten, eingebaute Minenfelder, Stolperdrähte und Fußangeln. Der Kampfgraben erhielt wieder seine Schrapnelldächer und Schießscharten. An vielen Orten zog sich wenige Schritte dahinter ein zweiter, dem Verkehr dienender tiefer Graben hin. Verbindungsgräben liefen im Zickzack nach rückwärts. Unterstände, im vordersten Graben oder in seiner

x) Über die Entwicklung der Feldbefestigung in dieser Phase des Weltkrieges vgl. auch die Aufsätze von Obst. Ing. Brosch-Aarenau in den Techn. Mitt., Wien, Jhrg. 1920, 112, und Obst. Ing. Schneck in den Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1927, 54.

unmittelbaren Nähe, sollten angesichts des bevorstehenden zweiten Kriegswinters vor allem den Kämpfern einen heizbaren Raum bieten. Mit wenig Aufwand — Häuser und Zäune der Umgebung mußten das erforderliche Material liefern — und so rasch wie möglich fertiggestellt, boten sie in der Regel höchstens gegen Schrapnellfeuer Schutz.

In diese anfangs fast ganz aus der Praxis der Truppen hervorgehenden Arbeiten griff alsbald auch die Führung ein. Der begründete Wunsch, den Stellungsbau, der ja voraussichtlich die nächsten Monate ausfüllen mußte, auch schon einem bestimmten Abwehrverfahren anzupassen, lenkte begreiflicherweise den Blick nach dem Westen und nach der italienischen Front, wo darin inzwischen reiche Erfahrungen gesammelt worden waren. Gewiß ließen sich diese Erfahrungen nicht ohne weiteres auf den russischen Kriegsschauplatz übertragen. Standen an jenen Fronten den Mittelmächten auf verhältnismäßig engen Räumen die maschinenreichen Industriemächte gegenüber, so hatten sie es hier mit einem mehr an Menschen als an Kampfmitteln reichen Feinde zu tun, der aber zur Kampfführung über unermeßliche Gebiete verfügte. Auch so lange man noch glaubte, im Osten mit einer schwächeren Artilleriewirkung beim Feinde rechnen zu dürfen, ein Glaube, der übrigens schon im November

1915 nicht mehr allgemein galt, war der Zwang, die eigene Kraft auf so große Ausdehnungen erstrecken zu müssen, bitter genug empfunden worden. Und wenn hier der Preisgabe selbst ansehnlicher Geländeteile bei weitem nicht jene entscheidende Bedeutung zukam, wie im Westen oder gar am Isonzo, soferne nur das Kampfwerkzeug, die Truppe nicht allzusehr hergenommen wurde, so hatte es doch als bittere Erfahrung des Karpathenwinters und des Herbstfeldzuges 1915 gebucht werden müssen (Bd. II, S. 254, Bd. III, S. 80), daß oft ein geringfügiger Einbruch des Feindes den Verteidiger zur Zurücknahme ausgedehnter Frontabschnitte veranlaßte. Die Ursache dafür lag zum Teil sicherlich in einer besonders ausgesprochenen Empfindlichkeit gegen offene Flanken, eine Erscheinung, die sich übrigens — bei der Führung zuweilen noch mehr als bei der Truppe — auch im Angriff zeigte. Manchmal mochten wohl auch noch andere Gründe, wie örtliche Führungsfehler, die gleichmäßige und schüttere Besetzung allzu stark gestreckter Fronten, Überanstrengung und in selteneren Fällen auch die Unzuverlässigkeit einzelner Truppen, mitspielen, um eine unverhältnismäßig große Auswirkung feindlicher Teilerfolge herbeizuführen. Wie dem immer gewesen sein mochte, es schien jedenfalls nicht länger anzugehen, die Verteidigung auf eine einzige Stellung, die im Wesen selbst nur aus einer Linie bestand, zu stützen.

Schon Ende November 1915 hatte das AOK. „Anhaltspunkte für die Ausführung von Feldbefestigungen“ hinausgegeben, in denen die Anlage von zweiten und dritten Stellungen hinter der ersten in Entfernungen von zwei bis drei Kilometern voneinander gefordert war, mit dem Grundgedanken, daß die gleichzeitige Niederkämpfung zweier Stellungen durch die feindliche Artillerie ausgeschlossen sein sollte. Jede Stellung hatte aus zwei bis drei durchlaufenden, verteidigungsfähigen Linien zu bestehen; auch sollten einzelne Stützpunkte in deren Rücken einem feindlichen Einbrüche die Stirne bieten und Riegelstellungen, zu denen vor allem die Verbindungsgräben auszubauen waren, ein Aufrollen nach der Flanke verhindern.

Für den Verlauf der einzelnen Linien trat die Forderung nach weitem Ausschuß so sehr zurück, daß selbst ihre Anlage auf feindab gelegenen, der feindlichen Beobachtung weniger offen liegenden Hängen empfohlen wurde (Hinterhangstellungen), eine Lösung, die freilich bei unseren Truppen nie recht Anklang fand. Größter Wert wurde auf die gegenseitige Flankierung aller Teile des Kampfgrabens gelegt, wobei den entweder offen über Bank feuernden oder in eigene Nischen kofferartig vor den Graben gestellten Maschinengewehren eine große Rolle zugedacht war.

Ganz eingedeckte Schützengräben, die sich vielfach noch großer, aber unverdienter Beliebtheit erfreuten, wurden verboten und sogar die Nachteile der durchlaufenden, festen Schrapnelldächer bereits voll erkannt. Höchstens als Schutz gegen Regen und Schnee sollten für kleinere Teile des Grabens leicht abwerfbare Dächer zugelassen werden. Dafür war verlangt, daß die gesamte Besatzung Schutz gegen Massenfeuer der Artillerie in granatsicheren Unterständen finden müsse, die teils unter der Kammlinie des vordersten Grabens, teils in hinteren Linien vier Meter tief bergmännisch unter die Erde miniert (sogenannte „Fuchslöcher“) oder mit der Zeit als Eisenbetonbauten geschaffen werden sollten. Die Artillerie, die sich im übrigen in ähnlicher Weise durch schußsichere Deckungen zu schützen hatte, sollte so nahe wie möglich an die vorderste Infanterie heranrücken und Stellungen wählen, aus denen sie flankierend wirken konnte.

Das waren sehr voraussehende Weisungen, aber bis sich ihre Gedanken an der ganzen Front durchsetzten, hatte es natürlich noch seine guten Wege. Zu der schier unendlichen Vielfalt der Arbeiten fehlten die Kräfte. Die Truppe hatte wahrlich Tag und Nacht zu schaffen und zu graben. Die vielen Anlagen mußten nicht nur gebaut, sondern auch instandgehalten werden. Da waren die Wände gegen Nachrutschen des Erdreiches mit allerlei Geflecht, seltener mit Brettern zu verkleiden, bei

Schneefall die tiefen Gräben, die Unterstände und Schießscharten freizulegen. Setzte Tauwetter ein, so standen trotz aller Vorsorgen für den Wasserablauf große Teile der Gräben unter Wasser, Holzbauten, wie Schrapnelldächer, Unterstände u.dgl. m., zu Zeiten gefrorenen Bodens gebaut, sanken ein und mußten erneuert werden. Kein Wunder, daß hinteren Stellungen nur geringere Aufmerksamkeit zugewandt blieb, und daß sie mehr angedeutet als wirklich ausgeführt wurden. Da sie nicht dauernd instandgehalten werden konnten, verfielen sie nicht selten nach kurzer Zeit.

Dazu kam, daß sowohl örtliche Gelände- und Bodenverhältnisse, wie auch verschiedenartige Auffassungen der höheren Befehlsstellen und schließlich die unterschiedliche Neigung der Truppen zur Abwehr und zur Erdarbeit, eine gleichmäßige Anwendung der Neuerungen an allen Teilen der Front ausschlossen. Die Weisungen für den Stellungsbau wuchsen an; teilweise widersprachen sie einander. Schon ausgeführte Arbeiten mußten wieder zugeschüttet werden. Nach neueren Erfahrungen der Westfront wurde der Ausbau einer „Hundertmeterlinie“ verlangt. „Niemand verstand wozu“1). Später kam eine „Fünfhundertmeterlinie“ dazu. Obwohl das alles ja nichts anderes bedeutete, als die längst in Angriff genommenen zweiten und dritten Linien, gab es doch manches Mißverständnis. Mit den Schrapnelldächern blieb es nicht bei der strengen Auffassung der „Anhaltspunkte“. Manche Vorteile schienen für sie zu sprechen. An vielen Orten war das zwischen Kampf- und Verkehrsgraben aufgeworfene Erdreich dazu benützt worden, in Form hoher Wälle sogenannte „Überbankstellungen“, auch „Nacht-“ oder „Schneestellungen“ genannt, auszubauen. Über ihren Wert gingen die Meinungen auseinander; bei Tauwetter begannen die durch viele Gräben zerschnittenen, geschwächten Erdblöcke zu rutschen, was neuerliche Arbeit verursachte. Die Truppen, die ja auch noch den aufreibenden Sicherungsund Patrouillendienst zu besorgen hatten, fanden kaum die spärlichste Ruhe, selbst dann nicht, wenn sie an der Front abgelöst wurden und als Reserve ins Hintergelände kamen. Denn dort gab es gleichfalls Reservestellungen und Wege anzulegen und instandzuhalten, des nachts außerdem Bau- und Hindernismaterial den Stellungskompagnien zuzutragen. Schließlich konnte auch auf die mindestens zur Wahrung der Manneszucht unentbehrliche Ausbildung nicht ganz verzichtet werden. Zu der womöglich noch wichtigeren gründlichen Kampfschulung, besonders für den

Max P i t r e i c h, Die Schlacht bei Okna (Wien 1926), 43.

Angriff, blieb der Truppe keine Zeit übrig; auch fehlte es noch fast überall an entschiedener Anregung hiezu durch die höheren Stellen.

Allenthalben vereinigten Führung und Truppe ihre ganze Aufmerksamkeit eigentlich auf die — freilich nicht zu unterschätzenden — Einzelheiten des Baues der Stellungen; darüber jedoch, wie man in diesen Stellungen den Abwehrkampf zu führen gedachte, gab es kaum eine einheitliche, jedenfalls keine geregelte Vorstellung. Fest stand nur, daß die vorderste Linie unbedingt zu halten war, und alle Vorbereitungen zielten darauf hin, den Kampf um diese Linie, und zwar in ihr zu führen.

In dieser Lage trafen die russischen Angriffe um die Jahreswende unsere Truppen und Stellungen östlich von Czernowitz und an der Strypa. Die Truppen bestanden diese Probe auf das glänzendste. Obgleich das nun von den Russen zum ersten Male angewendete mächtige Artilleriemassenfeuer die Gräben verschüttete, gelang es überall, die heftigen, bis zu 16 Sturmwellen tiefen, mit großer Zähigkeit immer wieder versuchten Angriffe blutig abzuwehren. Die Fuchslöcher hatten der Beschießung gut widerstanden und bald das anfänglich schwankende Vertrauen der Kämpfer gewonnen. Brach der feindliche Angriff nicht schon im Artilleriefeuer des Verteidigers zusammen, was aber oft der Fall war, so gelang es doch der Besatzung fast immer — wenn nicht anders, so durch das Verlegen des feindlichen Artilleriefeuers alarmiert — rechtzeitig aus den Unterständen zum Nahkampfe mit dem durch das zerschossene Hindernis eingedrungenen Feind hervorzubrechen. Aber selbst wenn der Feind ein Grabenstück in seinen Besitz bekam, verhinderte der Widerstand in hinteren Linien und in rasch besetzten Riegelstellungen jedes Vertiefen oder Erweitern des feindlichen Einbruches und die Gegenstöße der ganz nahe bereitgestellten kleinen Reserven genügten fast immer, das Verlorene wieder in Besitz zu nehmen.

Bisher hatten in der Abwehr stets zwei widerstreitende Grundsätze unentschieden um Geltung gerungen: die Erkenntnis, daß einem eingebrochenen Feinde am besten durch den einheitlichen, artilleristisch gut vorbereiteten, durch starke Truppen ausgeführten Gegenangriff Halt geboten werde, und die Hoffnung, durch zwar vereinzeltes, aber rasches Stopfen entstandener Lücken feindliche Anfangserfolge an der weiteren Ausbreitung zu hindern. Nun war das letztgenannte Verfahren im großen sicherlich auch ein Sinnbild der immer unzureichenden Mittel; wenn es diesmal in schmäleren Räumen unzweifelhaft Erfolg gebracht hatte, so nicht zuletzt deshalb, weil das Gelände — eine langgestreckte Bodenstufe hatte die nahe Bereitstellung der Reserven verlangt — den sofort einsetzenden Gegenstoß begünstigte. Es war die Frage, ob das gleiche Verfahren auf anderer Walstatt nicht zur Zersplitterung der Kräfte führen und wirkungslos bleiben würde; dieser Zwiespalt bildete zusammen mit der Vorstellung, daß der entscheidende Kampf jedenfalls in der vordersten Linie zu führen sein werde, so recht eigentlich das Kernproblem der bis weit in das Jahr 1917 hinein geübten starren Verteidigung.

Auch sonst ließen die Erfahrungen keine einheitlichen Schlüsse zu. Wie weit die einzelnen Linien von einander entfernt sein sollten, wurde ebenso wie der Wert hinterer Linien verschieden beurteilt1). Die Fuchslöcher gewannen wohl höchste Wertschätzung, aber es war nicht leicht, zu entscheiden, wie groß sie am zweckmäßigsten angelegt werden sollten. Dem Wunsche, möglichst rasch die ganze Besatzung unterzubringen, entsprach es, große Deckungen für 30 bis 50 Mann herzustellen; dem stand wieder die Tatsache entgegen, daß die Sicherheit mit der Größe abnahm. In waldreichen Gebieten war — besonders zur Verkleidung von Erdwänden und für die Schrapnelldächer — viel Holz in die Stellung eingebaut worden. Das hatte sich im schweren Artilleriefeuer der Neujahrsschlacht als verhängnisvoll erwiesen; die herumfliegenden Baumstämme und Balken erschlugen viele Leute, die Trümmer verrammelten die Gräben und behinderten den Verkehr. Jetzt erscholl der Ruf ,,fort mit den Schrapnelldächern!“ — aber er drang noch immer nicht bis zu allen Teilen der Front durch. Auf die Verkleidung der Wände mit Holz konnte man, wo nichts anderes zur Verfügung stand, trotz der Erkenntnis ihrer Gefährlichkeit, nicht verzichten.

Sicherlich sprachen sich in all den schon vor der Neujahrsschlacht angebahnten und dann nachher entschieden betriebenen Neuerungen des Stellungsbaues bereits die ersten Ansätze der zukünftigen Flächenverteidigung aus. Aber bis zu ihrer Durchführung bedurfte es doch auch einer wesentlichen geistigen Umstellung. Schließlich, wieviele Linien und Stellungen man auch plante und — mit der Zeit — sogar baute, das Ideal blieb doch, den feindlichen Ansturm an dem vordersten Graben zerschellen zu lassen. Die Truppe selbst drängte dorthin, wo sie mit ihrer unausgesetzten Arbeit nicht nur die erträglichsten Lebensbedingungen, sondern auch die besten Voraussetzungen für den Kampf geschaffen hatte, wo sie alle ihre Waffen — und es kamen allmählich zu den vermehrten Maschinengewehren auch Infanteriegeschütze, Granatwerfer, Minenwerfer, da und dort selbst einzelne Feldgeschütze hinzu — bereitgestellt hatte. Wenn die Führung auch das Gefährliche solcher Anhäufung erkannte, so trat

!) Max P i t r e i c h, Okna, 43 f.

sie doch nur zögernd dagegen auf, weil am Ende auch sie in der Behauptung der vordersten Linie die sicherste Gewähr des Erfolges sah.

Am wenigsten Grund, ihre Kampfweise zu überprüfen, hatte — so glaubte man — die Artillerie. In der Tat durfte sie sich außerordentlichen Anteil an den bisherigen Erfolgen zuschreiben. Das wohlvorbereitete Sperrfeuer hatte sich auch in der Neujahrsschlacht als sehr wirksam erwiesen. In einzelnen Fällen war es gelungen, mehr als 40 Batterien von einer Stelle aus einheitlich zu leiten. Da die Batterien sehr weit vorne aufgefahren waren, konnten sie die Reichweite ihrer Geschütze gut zur Geltung bringen und — was so sehr erstrebt wurde — überall flankierend wirken. Dabei hatte die Erfahrung etwaige Bedenken Lügen gestraft, daß die Batterien auf diese Art allzu leicht den Wechselfällen der jeweiligen Infanterielage ausgesetzt sein könnten. Die in solchen Fällen gerade in kritischen Augenblicken unvermeidliche Frage, „ausharren oder Geschütze retten“, war tatsächlich an die braven Artilleristen gar nicht herangetreten. Es war natürlich, daß die in den Neujahrskämpfen bewährten Grundsätze beibehalten und weiter ausgebaut wurden.

Es sollten noch Monate vergehen, bis die mehr oder minder glückliche Lösung aller dieser Fragen neuerlich auf die Probe gestellt wurde. Einstweilen gab es auch im Stellungskriege manche Abwechslung. Die schon Ende Jänner wieder eintretende Kampfruhe war weder gleichmäßig noch andauernd. An manchen Stellen lagen die feindlichen Gräben ganz nahe; da ruhte das Geplänkel zwischen Scharfschützen und Handgranatenwerfern nie und eine unvorsichtige Wendung des Kopfes aus dem Deckungsbereich des Schutzschildes mußte blutig bezahlt werden. Gleichwie an der italienischen Front entbrannte an mehreren Stellen der bukowinaisch-bessarabischen Front, dann bei Cebrów nordwestlich von Tarnopol der ebenso mühsame wie nervenzermürbende Minenkrieg. Wo die Entfernung der Linien aber sehr groß war, entwickelte sich bald ein Kampf um die Vorherrschaft im „Niemandsland“. Hiefür hatten viele Truppenkörper schon 1915 eigene „Jagdkommandos“ aus besonders geschickten und unternehmungslustigen Leuten gebildet. Im zweiten Kriegswinter bestanden sie schon fast überall und lieferten bei ihrer ebenso romantischen wie gefährlichen Aufgabe manches Scharmützel mit ähnlichen Abteilungen der Russen und mit deren Feldwachen. Da wurde dann die Stille der Nächte, in denen sonst nur das Schauspiel der von beiden Seiten in farbigen Lichtbogen aufzischenden Leuchtraketen, sowie der hin und wieder aufblitzenden Scheinwerfer Zeugnis einer kampfbereiten Wachsamkeit gab, durch ein plötzlich aufflackerndes und ebenso rasch verstummendes Ge-IV    9 wehrgeknatter zerrissen. Wenn der Morgen graute, kehrten die in ihren weißen Schneemänteln fast unsichtbaren Gestalten durch das Hindernis wieder zurück. Gar oft brachten sie überwundene Feinde, aber auch manch einen Kameraden mit, der seinen Heldenmut mit dem Leben oder mit schwerer Verwundung bezahlt hatte.

Bei Tag unterbrach gewöhnlich nur für kurze Zeit das mit einer gewissen Regelmäßigkeit einsetzende „Störungsfeuer“ der einen oder der anderen Artillerie die Ruhe. Überstieg es das gewohnte Maß, so antwortete die Gegenseite mit einem schärferen „Vergeltungs'feuer“ und nicht selten entwickelte sich daraus ein förmliches Artillerieduell. Manchmal aber entbrannten auch kleinere oder größere örtliche Gefechte; bald mußten aus Erkundungsgründen Gefangene eingebracht, bald die Lage eines ungünstig verlaufenden Stellungsteiles verbessert werden. Zuweilen wurden „besondere Unternehmungen mit begrenzten Zielen“ auch nur durchgeführt, um den Angriffsgeist nicht allzusehr verkümmern zu lassen. Solche Anlässe, die dann immer Gelegenheit gaben, planmäßige Artilleriewirkung mit einem genau geregelten Verhalten der Infanterie zu verbinden, waren gar nicht selten. Nicht immer stand ihr Ergebnis im Einklang mit den Opfern, die sie gekostet hatten.

Schon mußten auch Vorsorgen gegen eine neue Waffe getroffen werden, gegen das Gas. Sie blieben vorerst noch recht primitiv. Wollappen oder Werg, später eigens hergerichtete Schutzpäckchen sollten mit einer in den Gräben bereitgestellten Kalklösung getränkt, vor Mund und Nase gehalten werden und die Atmungsorgane gegen das Gas schützen. Erst um die Jahreswende 1915/16 kamen die ersten Gasschutzmasken aus Deutschland. Ein besonderer Beobachtungsdienst wurde eingerichtet, und der „Gasalarm“ mit Glocken und ähnlichen Vorrichtungen sollte die Besatzung rechtzeitig warnen, wenn aus den feindlichen Gräben abgeblasene Gasschwaden sich vorwälzen würden. Es kam indessen im Bereiche öst.-ung. Truppen vorerst nirgends dazu. Obwohl auch bei uns schon Granaten mit einer Füllung aus sogenanntem „T-Stoffe“ erzeugt wurden, einer Flüssigkeit, die ein Tränen hervorrufendes, übelriechendes Gas entwickelte, widersetzte sich der ritterliche Kaiser Franz Joseph auf das entschiedenste ihrer Verwendung. Noch im Oktober 1915 fand sich auf einem über Gaskämpfe erstatteten Berichte die Bemerkung, daß daran bei k.u.k. Truppen nicht gedacht werden dürfe.

Inmitten seiner vielfältigen Arbeit bot der Stellungskrieg den Truppen, namentlich nach Neujahr 1916, doch auch wieder ein zwar bescheidenes, aber doch beglückt empfundenes Behagen. Wochen des Grabendienstes wechselten mit dem Aufenthalt in Reservestellungen. Unter geschickten Händen wuchsen zahlreiche Waldlager, ganze Blockhäuserkolonien aus dem Boden, von Gartenanlagen umgebene kleine „Villen“, die mit dürftigem, aus zerschossenen Dörfern zusammengetragenem Hausrat wohnlich gemacht wurden. Bald hatten Ansiedlungen, Wege und bedeutsame Punkte in der Landschaft ihre besonderen Namen, die meist an heimatliche Bezeichnungen oder an die Namen beliebter Führer anknüpften. Feldpost, „Liebesgaben“ und die nun gleichfalls in Übung gekommenen kurzen Urlaube stellten den Kontakt mit einer Welt her, in die man noch lange nicht dauernd zurückkehren sollte. Gute und wenigstens zeitweise reichlichere Verpflegung entschädigte jetzt für so manche Entbehrung der verflossenen Monate; noch höher wog es, wenn ein erbeutetes Huhn oder Wild Gelegenheit gab, die eigenen Kochkünste an solcher Zubuße zu entfalten.

Aus wärmedurchfluteten Blockhäusern klangen dann wohl auch heimische Lieder in die dunkle Nacht. Manch ein poetischer Erguß brachte ebenso urwüchsigen Volks- und Soldatenhumor wie gemütvolles Empfinden zum Ausdruck. Und am Tage des Herrn standen in den vom glitzernden Rauhreif überhangenen Wäldern Hunderte von erlebnisgereiften Männern um einen einfachen Feldaltar, neigten in Demut ihr Haupt vor dem Walter des Geschicks und gedachten der vielen guten Kameraden, die die Kugel schon von ihrer Seite gerafft hatte, sowie des Friedens, den sie sich wohl erst noch erkämpfen müßten.

Die Kampfweise auf dem italienischen Kriegs-

sch auplatze

Aus der besonderen Lage an der Südwestfront entwickelte sich eine Kampfweise nach eigenen Gesetzen. Von Haus aus war ihr — im großen betrachtet — die Aufgabe striktester Verteidigung zwingend vorgeschrieben (Bd. III, S. 8, 347). Da selbst zu einzelnen begrenzten Entlastungsstößen die Kräfte fehlten (Bd. III, S.347 f.), blieb auch darin keine Wahl, wie die Abwehr geführt werden solle. Die politischen Ziele des Feindes: Görz, Triest, Trient lagen in unmittelbarer Nähe der Kampflinien oder hart an der Grenze des Wirkungsbereiches der feindlichen Geschütze. Unter diesen Umständen war das Festhalten von jedem Fußbreit Boden mit hartem Willen dringendes Gebot.

Bei den völlig unzureichenden Mitteln gegenüber einem zahlen-

9*

mäßig und nach Ausrüstung weit überlegenen Feind mochten anfangs die Aussichten selbst solcher Kampfweise zweifelhaft gewesen sein. Alsbald aber wurde daraus jene „starre Verteidigung“, die mit nur geringen Wandlungen das Kennzeichen aller Isonzoschlachten blieb (Bd. III, S. 349). Unter welch mühevollem Ringen mit dem widerspenstigen Boden die Truppe allenthalben ihr Kampffeld zurechtrichten mußte, wie sehr die Lebensbedingungen des öden, lebenslosen Karstgebietes, sowie der nicht minder unwirtlichen, verkarsteten Höhen bis hinauf zum karnischen Hauptkamm ihr dabei das Dasein erschwerten, ist schon ausführlich geschildert worden (Bd. III, S. 352 ff., 359 ff.).

Lange Monate hindurch blieben dort Steinriegel und im besten Falle knietiefe Gräben die Stätte, wo die vordersten Kompagnien lebten und kämpften, seichte Dolinen der Aufenthalt der unteren Befehlsstellen und der Reserven sowie die Brennpunkte des täglichen Lebens und Leidens. Mit einer Regelmäßigkeit, die um nichts die Größe der Opfer und des Heldenmutes der Kämpfer verminderte, spielte sich die Abwehr ab. Stunden- und tagelang waren die Streiter dem mörderischen Feuer der feindlichen Geschütze und Minenwerfer in der deckungslosen Steinwüste sozusagen schutzlos preisgegeben. Von Stunde zu Stunde verringerte sich die Zahl derjenigen, die noch — Handgranate am Leibriemen und Gewehr in der Hand — des feindlichen Sturmes harrten. Aber wenn er endlich losbrach, was geradezu als Erlösung empfunden wurde, weil dann wenigstens der Hagel von Eisen und Steinsplittern aussetzte, hielten die zusammengeschmolzenen Reste des Verteidigers trotz allem an den durcheinandergeworfenen Steinhaufen unerschüttert und abwehrbereit fest. Und schon schlug, durch die rote Leuchtrakete ausgelöst, wirksames Sperrfeuer in den Angreifer, dessen Sturm zu zerflattern, sich in zahlreiche Einzelhandlungen aufzulösen begann. Gegen die wohl tapfer aber zusammenhanglos vordringenden Gruppen flogen jetzt im Bogen die Handgranaten, pfiffen die Garben der Maschinengewehre. Ungezählte Angriffe wurden so im Keime erstickt. Da und dort ging ein gänzlich verschüttetes, von Kämpfern entblößtes Grabenstück verloren. Aber hinter einem Felsblock knatterte ein Maschinengewehr, aus einer Doline sprangen Reserven heraus, bald tobte blutiges Handgemenge. Der Italiener warf neue Regimenter in den Kampf; aber auch der Verteidiger erhielt Verstärkung. Von beiden Seiten heulten wieder Artilleriegeschosse heran, rissen Erde und Felsstücke in die Luft und tiefe Lücken in das Kampfgewühl von Freund und Feind. Leuchtkugeln flogen als Hilferufe an die Schwesterwaffe durch den dichten Nebel von Staub und Rauch gegen den. Himmel. Heiß und blutig wurde Schritt um Schritt zurückgewonnen, bis die Gegend, wo wirre Drahtknäuel und Steinhaufen die frühere Linie bezeichneten, wieder im Besitz der Verteidiger war. Sie bildeten freilich nur mehr ein kleines Häuflein, das in einer der nächsten Nächte abgelöst werden mußte. Die neuen Bataillone, schon beim Marsche in die Stellung durch Verluste geschwächt, führten hinter den flüchtig wieder hergestellten Steinriegeln den gleichen Kampf; bis der erschöpfte Angreifer in seine Ausgangsstellungen zurückkehrte, oder hinter von ihm neu errichteten Steinriegeln Ruhe suchte1).

Ohne Pause, ohne Rast hub sogleich die Vorbereitung für die nächste Schlacht an. Wieder erstanden die Mauerriegel aus übereinandergeschlichteten Brocken des grauen, scharfkantigen Kalkgesteins und aus den mit solchen Trümmern angefüllten Sandsäcken, wieder wurden die Lücken im Hindernis mit frischem Stacheldraht und eisernen spanischen Reitern geschlossen, neue Hindernisreihen geschaffen. Weiter ging die harte Plage mit dem schwer bearbeitbaren Boden, dem jeder Zoll Deckung mit Brecheisen und Krampen abgerungen werden mußte; nur wenn einige Sprengpatronen kamen, ging es nach mühsamer Arbeit mit dem Handbohrer etwas rascher in die Tiefe. Nach wie vor mußten Wellblech und Pappe als Dach dienen bei Borastürmen wie bei Schirokkoregen. Richtige granatsichere Unterstände, hier Kavernen genannt, konnten nur äußerst langsam in mühsamer Bohr- und Sprengarbeit fertiggebracht werden. Noch im Dezember 1915 waren sie höchst selten anzutreffen.

An der Front konzentrierte sich alles Leben auf die wenigen Nachtstunden. Die Regimentsgeschichte des IR. 47 sagt darüber folgendes 2): „Regsam wie in einem Ameisenbau ging es im Stellungsbereich nach Einbruch der Dunkelheit zu. Ablösende Abteilungen kamen und gingen. Sappeurpartien übernahmen von ihren Kameraden die Fortsetzung des Kavernenbaues, Arbeiterabteilungen brachten spanische Reiter und technisches Material, Pfosten und Bretter. Nun erst war es möglich, Verwundete zum Regimentshilfsplatz zu bringen, Gefallene, falls ihre Beerdigung nicht in einer nahen Doline erfolgte, zurückzuschaffen und die Schäden der tagsüber erfolgten Beschießung zu überblicken und zu beheben. Zerstörte Telephonlinien, deren Instandsetzung den aufopfernd braven Telephonisten am Tage nicht möglich war, wurden ausgebessert. Auf

x) Überaus packende Schilderungen solcher Isonzokämpfe bringen Kalten-boeck in seinem Kriegsbuche „Armee im Schatten“ (Innsbruck [1932]), 147ff. und Weber, Menschenmauer am Isonzo (Wien 1932).

2) Vogelsang, Das steirische IR. 47 im Weltkrieg (Graz 1932), 330 f.

den wenigen Anmarschwegen herrschte ein geradezu lebensgefährliches Gedränge. Endlose Tragtierkolonnen, Artilleriemunitionsstaffel, Verwundetentransporte, mitten hindurch wieder Truppenkolonnen, alles in größter Eile zu oder aus den Stellungen marschierend. Sorgfältig werden die Feuerpausen der italienischen Artillerie ausgenützt, um heil und rasch über die gefährdeten Strecken zu kommen.

Der Jubelruf: Die Menage ist da! kündete den Licht- und Höhepunkt des endlosen Stellungstages an. Von den Tragtieren soweit als möglich vorgebracht und von den Leuten der Kompagnie in die Stellung getragen, wurden die Kochkisten in Windeseile ihres ersehnten Inhaltes entleert. Dann gelangten als heiß ersehnte Beigabe Briefe und Zeitungen zur Ausgabe. Dabei hieß es stets auf der Hut sein, denn krachend und steinesplitternd fielen dazwischen italienische Granaten ein, platzten einem Feuerball gleich Schrapnelle, pfiffen verirrte Infanteriegeschosse, dann wieder tastete der Lichtkegel eines italienischen Scheinwerfers grellweiß das Gelände ab, oder es beleuchteten blitzartig die Raketen der des Nachts sehr nervösen Welschen das Vorterrain.“

Es war ein stilles, manchmal viel zu wenig gewürdigtes Heldentum, das da von Rechnungsunteroffizieren und Köchen, Fahrsoldaten und Tragtierführern allnächtlich vollbracht wurde. Neben den Erfordernissen des täglichen Bedarfes mußten in den Bereich der Kampfbataillone auch noch die sogenannten „Trommelfeuervorräte“ geschafft werden, eine zur Not für drei Tage ausreichende Verpflegsmenge, die aus Fleisch- und Kaffeekonserven, Zwieback und Rauchmaterial und etwa einem Liter Wasser für jeden Mann bestand, und die als eiserne Reserve diente für den Fall, daß schweres Artilleriefeuer den Zuschub vorübergehend ausschließen sollte.

Inzwischen arbeiteten im Rücken der kämpfenden Truppen Sappeure und Arbeiterabteilungen an einer ganzen Reihe planmäßig ermittelter Stellungen. Sie waren keineswegs als Anlagen einer beweglichen Flächenverteidigung gedacht; auch wenn nach und nach die Hundertmeter- und die Fünfhundertmeterlinie dazukamen (man nannte sie hier „b“- und „c“-LinienJ, sollten sie lediglich als Rückhalt und Aufnahmsstellungen dienen. Als dann später Gesteinsbohrmaschinen in wachsender Zahl herangebracht wurden, konnte der Ausbau hinterer Stellungen und der Kavernen einigermaßen beschleunigt werden.

Wie sich in den Grenzgebirgen Kärntens und in der Fels- und Gletscherwelt Tirols der Kampf mit dem Feinde und den kaum weniger gefährlichen Naturgewalten abspielte, ist in groben Strichen (Bd. III

S. 361 ff.) schon geschildert worden1). Daß man im Hochgebirge auch angreifen konnte, hatte eine ganze Reihe erfolgreicher Angriffe bewiesen. Man hatte gelernt, sie gut zu organisieren. War einmal ein solcher Vorstoß nicht geglückt, so hatte er doch meist wertvolle Erfahrungen für spätere Unternehmungen gebracht.

Noch augenfälliger war die Gewöhnung an den Krieg und an seine neuzeitliche Form dort, wo in dem unwegsamen, außergewöhnlich schwierigen Gebirgsgelände des Balkans ein zäher, kampfgewohnter, verschlagener Feind bezwungen worden war.

Kein Zweifel, die Armee hatte in diesen nahezu zwei Jahren gelernt, sich den neuen, bisher nicht einmal geahnten Forderungen dieses so ganz anders gearteten Krieges anzupassen: anzugreifen und dabei, soweit es die immer noch geringen Kampfmittel zuließen, Blut zu sparen, zu verteidigen und dabei mit einem Mindestmaß von Kräften auszukommen. Das Vertrauen in die Wirksamkeit dieser Erfahrungen war gewiß eine Voraussetzung für die Pläne, die die Heeresleitung nun im Frühjahr

1916 verwirklichen wollte. Wenn sie jetzt das Schwergewicht des Krieges zur ersten Offensive nach dem Südwesten verlegte, so hatte sie in der Tat allen Grund, fest auf die Abwehrkraft der anderen Teile der Armee zu bauen. Dem rückschauenden Beobachter stellt sich freilich das Kampfverfahren der Verteidigungsschlacht im Nordosten und im Südwesten grundverschieden dar. Auf dem italienischen Schlachtfelde hatte vieles zusammengewirkt, um der Abwehr äußerst feste Formen zu geben. Wohl widersetzte sich das Gelände dem Ausbau widerstandsfähiger Kampfanlagen, bot aber dafür auch außerhalb der dürftig ausgestalteten Linien, die als Stellung galten, auf Schritt und Tritt dem einzelnen Kämpfer wenigstens notdürftige Deckung, und kleineren Gruppen die Möglichkeit zu verdeckter Aufstellung und zu überraschenden Gegenstößen. Gerade im schwierigen Gelände wurde so die auch hier grundsätzlich starre Abwehr im Rahmen der niederen Taktik aus

x) Außer der dort angeführten Literatur seien noch hervorgehoben: B a x a, Alpen im Feuer. Mit den Kärntner Achterjägern an der italienischen Front (Klagenfurt 1931); C z a n t, Alpinismus und die Gebirgsfronten im Weltkrieg (Berlin 1926); Fröhlich, Der Kampf um die Berge Tirols (Bregenz 1932); J a k o n c i g, Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg (Innsbruck 1931); Krug, Alpcnkrieg (Graz 1918); Langes, Front in Fels und Eis ^München 1933); Ompteda, Bergkrieg (Berlin 1932); P i chler, Der Krieg in Tirol 1915—16 (Innsbruck 1924); Weber, Feuer auf den Gipfeln, Südtiroler Alpenkrieg (Regensburg 1932); ein reicher Schriftennachweis findet sich bei M eil, Österreichische Literatur über den Gebirgskrieg (Mil. will. Mitt., Wien, Jhrg. 1927, 640ff.).

der Truppe heraus beweglich und zu einem Kampfe um die vorderste Linie, aber nicht in ihr.

Anders im Nordosten. Wohl waren die Erfolge der Jännerschlacht einem ähnlichen Verfahren, wie es am Isonzo seit längerem erfolgreich geübt wurde, zu danken gewesen. Aber die Bodengestaltung erlaubte nicht, die Lehren dieses Beispiels zu verallgemeinern. Hier, im Hügel-und Flachland Ostgaliziens und Wolhyniens, ging, sobald die auf das stärkste befestigte erste Linie in die Gewalt des Feindes geriet, die wesentliche Grundlage des gesamten Widerstandes verloren. Die hinteren Stellungen waren meist schwach und kein Ersatz für die im Gelände fehlenden natürlichen Widerstandslinien, wie solche sich im Südwesten überall rasch und leicht finden ließen.

Dazu kam, daß die Truppen auf den beiden Kriegsschauplätzen sehr verschieden große Räume zu verteidigen hatten. Zwar kämpften auch im Südwesten manche Divisionen — so die 18. ID. bei Görz — in Ausdehnungen von 20 Kilometern, streckten sich andere an weniger bedrohten Frontstücken bis auf 36 Kilometer (48.ID. auf dem Karni-schen Kamm); wo aber die heftigsten Angriffe tobten, so bei Doberdö, standen auf 16 Kilometer Breite sechs bis sieben Divisionen mit 60.000 Feuergewehren und mit einer Artillerie, die immerhin auf jeden Kilometer etwa 20 leichte und 6 schwere Geschütze wirken lassen konnte.

Auf dem russischen Kriegsschauplätze war die Kräfteverteilung nur in der siegreichen Neujahrsschlacht ähnlich, sogar noch etwas günstiger gewesen, wo beispielsweise in dem viereinhalb Kilometer breiten angegriffenen Abschnitte Toporoutz—Rarancze 15.000 Feuergewehre in der Front und ebenso viele dahinter zur Ablösung bereit standen, und 180 Geschütze den Kampf unterstützten. In der Regel mußte man sich auf diesem Kriegsschauplätze jedoch mit viel geringeren Kräften zufrieden geben. Kam doch anfangs Mai 1916 bei der 7. Armee, der Deutschen Südarmee und bei der 4. Armee unter Einrechnung aller Reserven nur eine Division auf je 10 Kilometer, im ganzen Raume zwischen Sereth und Pripiatj eine gar nur auf je 25 Kilometer. Wenn dabei auch die Besetzung der russischen Linien meist von ähnlicher Dichte war, so blieb die Größe der Frontabschnitte doch immer von bedeutendem Einfluß auf die Kampfführung. Nicht unberücksicht darf bleiben, daß allmählich die erprobtesten Einheiten an die Kampffront gegen Italien gezogen worden waren. Schließlich scheint es sogar, als ob die Kämpfer selbst unter sehr verschiedenen seelischen Eindrücken gestanden wären, wenn sie sich an der einen oder der anderen Front befanden.

Die seelischen Kräfte

In den vorhergehenden Abschnitten ist der Aufschwung geschildert worden, den die Wehrmacht Österreich-Ungarns vom Frühjahr 1915 bis zum Frühjahr 1916 auf dem Gebiete der Kampfstärken und in der Ausrüstung genommen hatte. Stand hinter diesen Fortschritten auch das Gespenst drohenden Menschenmangels und der wachsenden Knappheit an Rohstoffen, so konnte fürs erste den kommenden Kämpfen doch mit Ruhe und Zuversicht entgegengesehen werden. Dies galt für den Körper des Heeres und — mit gewissen Einschränkungen auch für dessen Geist. Diesem hatte der Mai 1915, der Mai von Gorlice, in doppeltem Sinne-einen Frühling gebracht. Und daß im gleichen Monat im Südwesten des Reiches ein neuer, gefährlicher Feind sein frisches Schwert erhob, hat nur noch mehr Entschlossenheit in die Herzen getragen. Unter den kaiserlichen Fahnen, die am Isonzo und in den Grenzgebirgen Südtirols gehißt wurden, erlebte — in seiner ehrwürdigen Armee — das bunte Völkerreich an der Donau nachgerade seine letzte Wiedergeburt. Zugleich machte im Norden das Heer den großen Siegeszug mit, der es gemeinsam mit dem deutschen Bundesgenossen von Gorlice und Tarnow über Lemberg und Iwangorod bis Brest-Litowsk und an den Rand der großen Sümpfe führte, und es schöpfte aus der Niederlage der russischen Millionenarmee, der es sich eben noch in den Karpathen mit dem Aufgebot der letzten Kraft erwehrt hatte, neues, den Tag überdauerndes Selbstbewußtsein.

Gegenüber diesen Ergebnissen brachte dann freilich im Kriege gegen Rußland das Leben in der „Dauerstellung“ gewisse Schatten mit sich. Durch die aufreibende Arbeit am Stellungsbau in der Unbill des kontinentalen Winters blieb den Truppen wirkliche körperliche Erholung versagt. Dafür aber hatte für sie der Feind seinen Nimbus gefürchteter Überlegenheit zum guten Teil verloren. Das darauffolgende Versanden •der Kämpfe durch lange Zeitfristen und an breiten Frontabschnitten •schädigte nicht nur die Kampfvertrautheit, sondern ließ im Herzen des einfachen Mannes auch etwas von der Vorstellung heranreifen, als ob man den Friedensschluß in den mühselig hergestellten und erhaltenen Gräben erleben könnte, ohne sie noch einmal ernsthaft verteidigen zu müssen. Dergleichen Empfindungen konnten im Südwesten, wo der Kampf die Nerven unausgesetzt in Spannung hielt, nicht aufkommen. Zudem kämpfte hier die Masse der Soldaten mit einem weit stärkeren Gefühle der Heimatnähe als im fernen Nordosten und der Slawe war überdies von dem Drucke befreit, gegen verwandtes Blut kämpfen zu müssen.

Die Kraftprobe, auf die Reich und Heer im Frühjahr 1915 zurückblicken konnten, wirkte selbstverständlich am stärksten auf die führenden Völker des Reiches. Es wurde zu einem geschichtlichem Symbol, daß die letzte Truppe, die der greise Kaiser Franz Joseph vor seinem Heimgang an sich vorüberziehen ließ, ein Tiroler Jägerregiment gewesen ist1). Die deutschen Regimenter hatten nicht eine Stunde lang aufgehört, sich als Garde des um Sein und Nichtsein ringenden Reiches zu fühlen, und sie hatten nur den einen Wunsch, nun auch gegenüber dem neuen Feind an der Verteidigung heimatlichen Bodens unmittelbar mitwirken zu dürfen

— ein Wunsch, der den meisten unter ihnen spätestens im Frühjahr 1916 erfüllt werden sollte. Nicht minder gehobenen Sinnes hatten die Magyaren das Zurückweichen der Russen von den Karpathen miterlebt, und mit begreiflichem Stolz wurden ihre Führer, an der Spitze Stephan Graf Tisza, nimmer müde, den Ruhm ihrer Truppen mit dem Schwung des nationalen Temperaments in aller Welt zu verkünden, wobei freilich auch immer wieder eine Forderung durchklang, die die anderen Reichsgenossen nachdenklich stimmen mußte: das heiße Begehren nach einem weiteren Ausbau des ungarischen „Nationalstaates“ und insonderheit der „Nationalarmee“.

Unerschütterlich standen nach wie vor auch die Kroaten, die Slowenen und die Slowaken zum Reich. Aber auch die im Feldgrau steckenden Söhne anderer slawischer Stämme vermochten sich dem allgemeinen Seelenaufschwung keineswegs ganz zu entziehen. Stellte der Politiker in der Heimat unter dem Eindruck der neuen. Bestandsprobe des Reiches sein oppositionelles Denken doch mindestens erheblich zurück, so mußte es •dem Volksgenossen an der Front schon gar unmöglich sein, gegenüber dem nach dem schweren Karpathenwinter so stark wiedererwachten Lebenswillen des Heeres unempfindlich zu bleiben; wobei noch bei den Südslawen, wie schon berührt, die unmittelbare Bedrohung durch den welschen Erbfeind, bei den Polen die Befreiung ihres Landes von den Russen, bei den Ruthenen die Wiedergewinnung großer Teile der Heimat mehr oder minder starke Impulse boten.

Zwar fand namentlich die k.u.k. 4. Armee in den ersten Wochen der „Gorlice-Offensive“ noch mancherlei Anlaß, über die geringe Widerstandsfähigkeit slawischer Truppenteile Klage zu führen (Bd. II, S. 429), und das Jungbunzlauer IR. 36 mußte sogar, wie zwei Monate zuvor die 28er aus Prag, aus den Listen der Wehrmacht gestrichen werden. Aber

*) Das 1. KJR. unter Obst. v. Soós im Schönbrunner Park auf der Durchreise von Rußland auf den italienischen Kriegsschauplatz.

bald darauf kam vom Isonzo die Kunde, daß sich das noch nicht aufgelöste XI. Marschbataillon des IR. 28 unter der Führung von Offizieren, denen die Maßregelung ihres Truppenkörpers schwer auf der Seele brannte, in den ersten Karstschlachten hervorragend geschlagen habe15), und die Heeresleitung sollte sich ein halbes Jahr später veranlaßt sehen, das Prager Regiment neu aufzustellen. Bald langten auch vom russischen Kriegstheater in wachsender Zahl Meldungen über lobenswerte Leistungen dieser oder jener Truppe mit slawischer Mannschaft ein.

Sogar reichsdeutsche Befehlshaber ließen ab und zu Lob solchen Sinnes hören. Gleiches galt für die siebenbürgisch-rumänischen Regimenter, die in den Reihen des XII. Korps den Zug über Iwangorod bis Baranowicze zurücklegten. Bei den Söhnen kulturell zurückgebliebener Völker spielte auch die Besserung der Lebensbedingungen, wie sie sich seit dem Karpathenwinter vielfach eingestellt hatte, keine unwichtige Rolle. Neben tüchtigen, durch Wort und Beispiel anfeuernden Offizieren bewährte sich die rauchende „Gulaschkanone“, wie die Fahrküche im Soldatenmunde hieß, nach wie vor als Bindemittel verläßlichster Art.

Allerdings blieben, zumal dann, wenn sich wieder kritische Lagen einstellten, mehr oder minder krasse Rückfälle nicht aus. So kamen während der schweren Kämpfe im Herbst 1915 wieder zusehends mehr Klagen, die mit der nationalen Buntheit des Heeres zusammenhingen. Mitunter handelte es sich dabei um Truppenteile, die eben noch belobt worden waren. Den schweren Rückschlag im Feldzug von Rowno schrieb GO. Conrad in seinen Berichten an die Militärkanzlei des Kaisers und Königs teilweise auch dem Versagen verschiedener Truppen aus nationaler Ursache zu. In derselben Zeit wies in Ostgalizien eine böhmische Division nach einem kaum 48stündigen Kampfe in ihren Standesmeldungen fast 5000 Vermißte aus, die hauptsächlich ein tschechisches und ein bosnisches Regiment belasteten. Im Oktober erlitten im Bereiche der Heeresgruppe GdI. Linsingen eine ostgalizische Division und ein tschechisches Schützenregiment empfindliche Schlappen, die gleichfalls auf Rechnung der nationalen Zusammensetzung gesetzt wurden. Solcher Beispiele ließen sich eine ganze Reihe anführen. Sicherlich gab es auch manchen Kommandanten, der irgendeine, auch den besten Truppen nicht erspart bleibende Panik dann, wenn es sich um ein Regiment „unverläßlicher“ Mannschaft handelte, grundsätzlich der nationalen Zusammensetzung ankreidete, mochten die Ursachen auch anderwärts zu suchen gewesen sein. Ebensowenig wäre es richtig, das Versagen slawischer und rumänischer Regimenter — wegen der italienischen Soldaten vergl. Bd. I, S. 46 — ausschließlich politischen Impulsen im engeren Sinne zuzuschreiben. Solche Impulse spielten doch wohl nur in den intellektuelleren Schichten eine größere Rolle. Gewiß aber erleichterten nationalpolitische Einflüsse dem seelisch erschütterten, des Kampfes überdrüssigen Krieger genug oft den Entschluß, sein Heil darin zu suchen, daß er sich gefangen gab oder gar zum Feinde überlief.

Dabei hatte die Erfahrung längst ergeben, daß die Moral der in Betracht kommenden Truppenteile stets beim Einreihen von aus der Heimat eingelangten Marschverbänden den schwersten Proben ausgesetzt war. Der Zustand der Ersatz- und Marschbataillone hatte in den politisch und national schwierigeren Gegenden, zumal in den böhmischen Ländern, in der Tat seit Längerem viel zu wünschen übrig gelassen. Wiederholt kam es bei der Einberufung frisch Gemusterter oder bei ihrem Abmarsch ins Feld zu gröblichen Ausschreitungen, an denen selbstverständlich auch die Bevölkerung Teil hatte, und auch zu schweren Meutereien. Die Militärverwaltung in der Heimat suchte diesen beklagenswerten Übelständen zunächst dadurch beizukommen, daß es die gefährdeten Ersatzkörper in deutsche und magyarische Gegenden verlegte, und so die für das Feld bestimmten Soldaten wenigstens für die letzten Wochen vor ihrem Abgehen an die Front den Einflüssen ihrer bürgerlichen Umgebung entriß. Bei der Feldarmee wurden zeitweilig slawische, rumänische und italienische Ersätze auf andere Truppen aufgeteilt. So begreiflich solche Aushilfsmittel waren, so mannigfach waren die Nachteile, da das Sprachen-wirrsal noch erhöht, die Einwirkung des Offiziers auf den Mann noch erschwert und auch das Gefüge von politisch unberührten Truppenteilen bedroht wurde.

Gewiß war es zu verstehen, daß sich die Heeresleitung auch mühte, das Übel an der Wurzel zu fassen, das ist auf dem Boden der inneren Politik und der Verwaltung. So weit sie, in den weit nach hinten erstreckten Armeebereichen, Herr im Hause war, griff sie selbst, zumal im Anfänge, scharf durch. Standrecht, Freiheitsbeschränkungen, Abschub in Interniertenlagertraten in ihre Rechte. „Dabei kann nicht verschwiegen werden, daß neben Schuldigen manchmal auch Unschuldige getroffen wurden. Sogar Söhne des deutschösterreichischen Stammes entgingen demSchicksale nicht. Manch Gutgesinnter ist durch Unverstand und Übereifer geradezu mit Gewalt in die Reihen der Gegner des Systems getrieben worden“1). Mi*- dem Durchgreifen im Armeebereich betrachtete die Heeresleitung ihre Pflichten aber noch nicht für abgeschlossen. Der Kriegsausnahmezustand und die Ausdehnung der Militärjustiz auf Hochverrat und verwandte Delikte2) bot ihr, zumal im westlichen Staatsteile der Monarchie

— inUngarn widersetzte sich Tisza — die Möglichkeit, auch in das Leben und Treiben der Heimat tief einzugreifen. So wurden auf militärisches Drängen hin in den böhmischen Ländern zahlreiche politische Führer verhaftet, die — was man damals allerdings noch nicht wußte — durchwegs der ,,Maffia“, einer Verschwörerorganisation, angehörten3), und es wurde auch eine ganze Reihe politischer Prozesse abgeführt. Sicherlich unterliefen auch hiebei mehr oder minder schwere Fehlgriffe. Grundsätzlich muß aber doch gesagt werden, daß diese von der Heeresleitung betriebenen Maßnahmen durchaus dem an sich berechtigten Gefühle der Notwehr gegenüber Bewegungen entsprangen, durch die die Kriegführung auf das Empfindlichste beengt und beeinträchtigt wurde.

Aus den gleichen Gefühlsquellen leiteten sich die zahlreichen innerpolitischen Reformvorschläge her, „die der Generalstabschef, hierin nicht selten dem Drängen tatendurstiger Ratgeber nachgebend, durchzusetzen sich bemühte. Der alte Kaiser legte sie meistens zu den Akten. Auch der Ajitrag, an die Spitze Böhmens, Kroatiens und Galiziens militärische Statthalter zu stellen, wurde nur für Galizien angenommen4), da es Kriegsgebiet war, während sich die Heeresleitung in Böhmen mit dem Ersatz des tschechenfreundlichen Fürsten Thun durch den deutschgesinnten Grafen Coudenhove begnügen mußte5).“

Daß der Kampf, der im Heere und in der Heimat gegen staatsfeindliche Strömungen geführt wurde, dem neutralen und dem feindlichen Auslande nicht verborgen blieb, dafür sorgten schon die zahlreichen Auswanderer, Kolonisten und Emigranten aus dem Lager der betreffenden Nationen. Ihre Führung hatte, soweit sie dem Habsburgerreich feindlich gesinnt waren, im Sommer 1915 unbestritten der tschechische Professor

x) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 65.

2)    Redlich, Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege (Wien 1925), 120 f.

3)    Vergleiche aus der großen Literatur Masaryk, Die Weltrevolution, Erinnerungen und Betrachtungen (Berlin 1925); Beneš, Der Aufstand der Nationen (Berlin 1928); R o n g e, Kriegs- und Industriespionage (Wien 1930).

*) Zum Statthalter von Galizien wurde GdI. v. Colard ernannt, dem nach seinem Tode im Frühjahr 1916 GM. Freih. v. Diller und 1917 GO. Graf Huyn folgten.

5) Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 66.

Masaryk übernommen, der im Dezember 1914 mit einem Passe der Regierung sein Vaterland verlassen hatte und bei den Hußfeiem in Zürich nnd Genf, Juni 1915, der „Auslandsrevolution“ ihr Programm gab: Vereinigung aller politischen und propagandistischen Kräfte unter besonderen „Nationalräten“, finanzielle Unabhängigkeit der Bewegung von den Mächten und Aufstellung von „Legionen“, die als Kampftruppen an der Seite der Entente die „Befreiung“ ihrer Völker auch durch Blutopfer erkaufen sollten1).

Was im besonderen die Bildung von Legionen anbelangte, so kamen dafür teilweise Auswanderer und Kolonisten, vor allem aber Kriegsgefangene in Betracht. Bis tief ins Jahr 1916 machte sich nur eine tschechoslowakische Legion an der russischen Front bemerkbar. Gleich zu Beginn des Krieges hatten Kolonisten, zum größten Teil russische Staatsbürger tschechischen Stammes, eine tschechische „Druschine“ aufgestellt; den Kriegsgefangenen wurde der Eintritt erst zu Neujahr 1915 gestattet. In der Front durfte die Druschine nicht als Kampfverband, sondern nur im Erkundungs- und Werbedienst verwendet werden. Trotz der Hunderttausende von Gefangenen wurde erst Ende 1915 ein tschechoslowakisches Regiment und im Sommer darauf ein zweites aufgestellt. Zar und Staatsregierung widerstrebten der Aufstellung von Freiwilligenverbänden immer wieder aus völkerrechtlichen Gründen. Dies hatten auch die Südslawen erfahren müssen, denen die Aufstellung einer aus österreichischen und ungarischen Serben zusammengesetzten Freiwilligendivision gleichfalls erst zu Anfang 1916 bewilligt wurde. Viel früher war in Amerika aus Auswanderern und Kolonisten eine südslawische Legion von einigen tausend Mann entstanden, denen jedoch die Union und Großbritannien die Überfahrt nach Europa verwehrten.

Konnte sich solcherart die „Auslandsrevolution“ vorläufig nur in sehr umgrenztem Ausmaße zur Geltung bringen, so war sich das AOK. ihrer Bedenklichkeit für den Geist der Truppen wie für den Staat überhaupt doch von Haus aus bewußt, womit es in der Folge Recht behalten sollte.

Nach allem lasteten auf der Kriegführung Österreich-Ungarns manche Bürden, von denen sich die Führer national einheitlicher Heere nur eine sehr geringe Vorstellung machen konnten. Daß die Armee trotzdem, auch als es schon tief ins zweite Kriegs jahr ging, noch immer ein höchst achtunggebietendes Kriegswerkzeug war, zeugt für die Kraft einer vieljährigen Staats- und Soldatentradition, der die schwersten Bedrohungen bisher nur sehr wenig anzuhaben vermocht hatten,

lj Glaise-Horstenau, Die Katastrophe, 174 f.

DIE DREI KRIEGSTHEATER BIS MITTE MAI 1916

Der Winter an der Südwestfront

Plan der Italien e rund Verteilung ihrer Kräfte für den

weiteren Kampf

Hiezu Beilage 28 des III. Bandes und Skizze 1

Die am Isonzo erst an der Schwelle des Winters abgebrochenen Kämpfe hatten trotz des größten Aufgebotes an Kräften und schwersten Blutopfern abermals nicht zu dem vom italienischen Volk und Heer erwarteten Siege geführt. Die Eroberung von Görz war nicht geglückt; statt dessen mußte man sich mit der Einnahme des bisher unbekannten Dorfes Oslavija bescheiden.

Der militärische Mißerfolg erschütterte nicht nur das Vertrauen der Öffentlichkeit zur Wehrmacht, er wurde auch im italienischen Heere selbst überaus schwer empfunden, und in der Obersten Heeresleitung war die Siegeszuversicht, mit der die Kriegshandlungen Mitte Oktober aufgenommen worden waren, einer düsteren Stimmung gewichen1). Die Herbstoffensive Italiens hatte jedoch auch keinem der Alliierten eine Entlastung gebracht. Denn gerade zu jener Zeit konnten die Mittelmächte nicht bloß den heranbrandenden Stürmen der Franzosen und Briten in der Champagne und im Artois, jenen der Russen in Wolhynien und in Ostgalizien unerschüttert standhalten, sondern sie vermochten auch planmäßig ihre Absichten auf dem Balkan — die Niederwerfung des serbischen Königreichs und die Öffnung des Landweges zu ihren bulgarischen und türkischen Verbündeten — mit sehr bedeutenden militärischen Erfolgen zu verwirklichen2).

*) Die offizielle italienische Darstellung der Kriegsereignisse kennzeichnet diese Bedrücktheit in der Einleitung zum III. Bande mit den Worten: „Im Dezember 1915 ging die für uns härteste Periode des Krieges zu Ende.“ (M inistero della guerra, L’esercito italiano nella grande guerra (1915—1918) — weiterhin als „Ital. Gstb. W.“ zitiert — [Rom 1927]). Auch Cadorna nennt die eben beendeten Kämpfe den „schwierigsten Zeitabschnitt des ganzen Krieges“ (Cadorna, La guerra alla fronte italiana [Mailand 1917], I, 156).

2) Die Angabe bei Cadorna, La guerra, I, 155, daß Italien durch seine Offensive die Operationen seiner Alliierten wesentlich entlastet habe, ist daher, so weit sie das Jahr 1915 betrifft, nicht zutreffend.

IV

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Nach dem Abschlüsse der Herbstschlachten hatte das italienische Heer überdies eine vorübergehende Krise in der Mannschaftsergänzung zu überwinden. Wegen versäumter Vorsorgen waren schon in der zweiten Novemberhälfte nahezu alle Ersätze für die durch Verluste und Krankheiten geschwächten Kampftruppen ausgeblieben. Trotz der vergleichsweise noch immer etwa doppelten zahlenmäßigen Überlegenheit an Kämpfern und Geschützen gegenüber der öst.-ung. Front am Isonzo dauerte diese verhältnismäßige Schwäche der beiden italienischen Armeen noch einige Zeit an; erst durch die im Dezember 1915 begonnene und sich teilweise schon im Frühjahr 1916 auswirkende großzügige Heeresverstärkung konnte sie vollständig überwunden werden.

Die italienische Heeresleitung hatte noch während der vierten Isonzo-schlacht gegen Ende November 1915 Richtlinien für das Verhalten in den Wintermonaten an ihre Armeen erlassen. Sie hielt in diesen Befehlen an dem bisherigen Grundsätze der Kriegführung fest, „den Widerstand an der Gebirgsfront mit einem Mindestmaß an Kräften fortzusetzen, dafür den Druck gegen die öst.-ung. Stellungen am mittleren und unteren Isonzo mit der Hauptkraft aufs Höchste zu steigern und Breschen durch die feindlichen Linien zu schlagen, um Bewegungsfreiheit und Manövrierfähigkeit gegen die angestrebten Ziele zu erreichen“1). Es war demnach während des Winters vor allem die Wegnahme jener Teile der öst.-ung. Stellungen mit den Mitteln des belagerungsmäßigen Angriffes beabsichtigt, die günstige Ausgangspunkte für die allgemeine Frühjahrsoffensive darstellten.

Diesem Plane entsprechend wurde der Aufgabe der 3. Armee ein besonderes Gewicht beigemessen. Sie sollte spätestens von Mitte Jänner an trachten, sich in den Besitz des Mt. S. Michele und der Höhen am Südrande des Karstes bei Monfalcone zu setzen, um dann bei Beginn des allgemeinen Angriffes sich leichter der Hochfläche von Doberdö bemächtigen zu können.

Die italienische 2. Armee wurde angewiesen, noch im Dezember 1915 Teilangriffe gegen die westlich vom Isonzo befindlichen öst.-ung. Stellungen bei Tolmein, sowie auf dem Mrzli vrh und gegen den Vodil-rücken zu beginnen. Mit Rücksicht auf die am oberen Isonzo in dieser Jahreszeit herrschende schlechte Witterung hatte das italienische Oberkommando diesen Befehl später dahin abgeändert, daß die Angriffe von Mitte Jänner 1916 an vor allem gegen den Brückenkopf von Görz zu richten seien.

!) Ital. Gstb. W., III, Text, 141.

Die Kartusche Gruppe hatte die ihr gegenüberstehenden Kräfte bloß festzuhalten, sonst aber jegliches Unternehmen zu unterlassen.

Bis zum Frühjahr 1916 wollte Cadorna die Masse der italienischen Streitkräfte, soweit sie nicht unbedingt an den ändern Fronten festgelegt waren, nach gründlicher Auffüllung, Erholung und Ausbildung am Isonzo zusammenziehen und, verstärkt durch die während der Wintermonate aufgestellten neuen Heereskörper, den Angriff im Sinne des im Dezember 1915 zu Chantilly abgehaltenen Kriegsrates (Bd. III, S. 582ff.) möglichst gleichzeitig mit der Generaloffensive der Ententeheere an den übrigen Fronten beginnen.

Tatsächlich aber hatte die italienische Heeresleitung, gezwungen durch die vollständige Erschöpfung ihrer Truppen, zunächst doch auf die Freiheit des Handelns verzichten müssen und beschränkte sich von Mitte Dezember bis Anfang März auf die reine Abwehr. Außerdem war es auch die damals gewiß noch ganz unbegründete Sorge wegen angeblicher Truppenansammlungen des Gegners am Isonzo und eines befürchteten, baldigen Angriffs öst.-ung. und deutscher Kräfte aus Tirol1), die der italienischen Führung Anlaß gab, in die Verteidigung zu fallen. Ja es stiegen im italienischen Hauptquartier sogar in der ersten Dezemberhälfte ernste Bedenken auf, ob die Truppen in den erreichten Kampfstellungen am Isonzo überhaupt einem öst.-ung. Angriff verläßlich standhalten würden. Deshalb forderte Cadorna jetzt sehr entschieden den beschleunigten Ausbau aller Stellungen in und hinter dem Truppenbereiche, vor allem den der „Hauptverteidigungslinie“. Diese Kampfanlage, deren Ausbau schon zu Beginn des Krieges beschlossen worden war, sollte als Rückhalt- und Aufnahmsteilung im Falle eines überlegenen feindlichen Angriffes dienen. Sie lag auf dem Hauptkamme der den Isonzo begleitenden Höhen des Mt. Matajur, des Kolovratrückens und der Korada, überquerte dann etwa fünf Kilometer westlich vom Görzer Brückenkopf das Hügelland des Coglio auf den Höhen von S. Martino—Bigliana— Medana und Spessa und verlief längs des Westufers der Versa, des Torre und des Isonzo bis an die Küste.

Gestützt auf die im Ausbau vorgeschrittenen Abwehranlagen des Truppenbereiches, auf die eben erwähnte, aus zwei, stellenweise aus mehreren Linien bestehende Hauptverteidigungsanlage und auf vier weitere bis ans Westufer des Tagliamento zurückliegende Stellungen2),

x) Cadorna, La guerra, I, 157.

2) Das 50 bis 60 Kilometer tiefe Gebiet zwischen der Front und dem Tagliamento war in eine befestigte Zone verwandelt worden. Von den drei vorderen Stellungen

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konnte die italienische Führung hoffen, den um den Preis so hoher Opfer gewonnenen kargen Geländegewinn auch gegen einen überlegenen öst.-ung. Angriff zu behaupten (siehe Skizze 1).

Die Verteilung der italienischen Kräfte blieb im Großen zunächst fast unverändert (Bd. III, Beilage 28). Die im Verlaufe derHerbstschlach-ten am stärksten hergenommenen Verbände wurden aus der Front gezogen; die in der ersten Linie verbleibenden Divisionen hielten ihre Stellungen zumeist nur mit einer Brigade besetzt, während die anderen Brigaden mitunter ziemlich weit hinter der Front in bequemen Rast-und Erholungslagern überwintern sollten. Zur Verfügung des italienischen Oberkommandos wurde bis Ende Dezember im Raume Codroipo —Udine—Cervignano eine Heeresreserve in der Stärke von etwa sieben Divisionen gebildet1).

Den Schutz der Südflanke der italienischen Landfront gegen allfällige Landungsversuche besorgten Truppen des VII. Korps im Verein mit kleinen Marineeinheiten (Motor- und Torpedoboote sowie Wasserflugzeuge), die in den Lagunen von Grado günstige Stützpunkte fanden. Westlich der Aussamündung wurde für die ganze italienische Küste ein eigener Küstenschutz aus Truppenverbänden dritter Linie gebildet2).

An der Gebirgsfront in den Julischen und Kamischen Alpen war alles unverändert geblieben; der harte Alpenwinter hemmte dort fast jede Kampftätigkeit.

Gegen das Ende der Herbstkämpfe, im Dezember, begann die Aufstellung und sodann die allmähliche Überführung des „königlich italienischen Spezialkorps für Albanien“ nach Valona, das am 20. März die Bezeichnung XVI. Korps erhielt (S. 79). Diese Maßnahme bedeutete für die Hauptfront eine Verminderung um rund drei Infanteriedivisionen.

gliederte sich jede in mehrere Linien, die vielfach aus betonierten Schützengräben, Stützpunkten, Unterständen, Maschinengewehr- und Beobachtungsständen mit starken Hindernissen bestanden. Die Tagliamentolinie war schon vor dem Kriege zum Schutze der Flußübergänge ausgebaut worden und hatte in den beiden Brückenköpfen von Codroipo und Latisana, sowie im befestigten Raume von S. Daniele—Gemona permanente Befestigungsanlagen mit Panzerwerken. Am Unterlauf der Flüsse waren Stauanlagen für beabsichtigte Überschwemmungen vorbereitet. Die Stellung auf dem westlichen Ufer des Tagliamento war im Ausbau und erhielt besonders starke Anlagen im Abschnitte Mt. Simeone—Cornino—Pinzano.

!) X. Korps (19. und 20. ID.), XIV. Korps (28. und 30. ID.), 9. ID., 10. ID., Grenadierbrigade, Brigade Caltanisetta und noch ein Infanterieregiment.

2) Das Kavalleriekorps, von dem Teile bis zum Herbst im Küstensicherungsdienst gestanden waren, wurde im Oktober 1915 zum Überwintern ins Hinterland, teilweise sogar in die Friedensgarnisonen verlegt.

Der Ausbau des italienischen Heeres im Jahre 1916

Im Sinne der Abmachungen des Kriegsrates zu Chantilly hatte die italienische Heeresleitung auf die von Cadorna schon im Mai 1915 festgelegten Richtlinien für den Ausbau des Heeres zurückgegriffen und der Regierung im Herbst dieses Jahres das Programm für eine großzügige Heeresverstärkung übermittelt, deren Durchführung bis zum Frühjahr

1916 gefordert wurde. Aber nicht nur eine sehr bedeutende Vermehrung der Streitkräfte durch zahlreiche Neuaufstellungen von Truppen- und höheren Verbänden, sondern auch ganz außergewöhnliche Vorsorgen auf materiellem Gebiet mit reichster Unterstützung durch die Westmächte sollten Italien bis zum Frühjahr verläßlich in den Stand setzen, seinen Verpflichtungen voll nachzukommen.

Die ursprüngliche Forderung Cadornas, das Heer bis zum Frühjahr um 270.000 Mann und 440 Geschütze zu vermehren und derart auf einen Kriegsstand von 1,340.000 Mann und 2344 Geschützen zu bringen, stieß bei der Regierung auf heftigen Widerstand, da die Durchführung „die Mittel des Landes überstiegen und böses Blut gemacht hätte“1). In der Folge mußte sich aber das Kabinett bald den ehernen Forderungen des Krieges beugen und, auch unter dem Drucke Frankreichs, seine Genehmigung zu noch weit größeren Opfern erteilen.

Der nach langen Verhandlungen angenommene Rüstungsplan sah bedeutende Neuaufstellungen vor, die schon in den Kämpfen des Frühsommers 1916 an die Front gelangen sollten. Zunächst wurden im Dezember 1915 die Dienstpflichtigen des Geburtsjahres 1896 einberufen, die mit den Zurückgestellten aus den Jahrgängen 1892 bis 1895 ein Aufgebot von etwa 300.000 Mann ergaben. Die im folgenden angeführten neugeschaffenen Einheiten waren zum größten Teile schon in der ersten Hälfte des Jahres 1916 schlagfertig zum Einsatz bereit.

Die Vermehrung der Infanterie betrug 38 Regimenter (mit 114 Bataillonen), die in 19 Brigaden formiert wurden2). Die Bersaglieritruppe wurde um 14 Bataillone vermehrt, die Alpini erhielten einen Zuwachs von 26 Bataillonen. Außerdem waren 72 Bersaglieri- und 34 Alpinikom-pagnien zur Ergänzung der schon bestehenden Bataillone neu aufgestellt worden.

1)    Ital. Gstb. W., III, Text, 5; vgl. auch Mémoires du maréchal Joffre (Paris 1932), II, 178, 285 f.

2)    Am 1. August 1916 standen bei der Armee im Felde 92 Infanteriebrigaden mit rund 184 Regimentern. Jedes Regiment hatte zu dieser Zeit bereits 3 bis 6 Maschinengewehrsektionen.

Überaus umfangreich war der Ausbau der Maschinengewehrformationen. Die Erzeugung dieser wichtigsten Waffe der Infanterie, die bisher vernachlässigt gewesen war, wurde in größtem Stile von der italienischen Industrie aufgenommen. Trotzdem reichte die Inlandserzeugung nicht aus. Es mußten umfangreiche Bestellungen an Frankreich, England und Amerika vergeben werden. Während das italienische Heer bei Kriegsbeginn nur über 309 Sektionen mit 618 Maschinengewehren verfügt hatte, waren bis Ende 1916 schon 4478 Gewehre vorhanden und die Aufstellung von Maschinengewehrkompagnien bei jedem Bataillon durchgeführt. Weiters wurden bis zum August 1916 etwa 500 Sektionen, bis Ende 1916 rund 1000 Sektionen leichter Maschinengewehre (Maschinenpistolen) eingeführt. Auch bei der Kavallerie wurden 11 Maschinengewehrschwadronen aufgestellt. Neu war die Schaffung von 6 Abteilungen Panzerkraftwagen, die mit Maschinengewehren bewaffnet waren.

Nicht minder eifrig wurde der Ausbau der Artillerie betrieben. Die Vermehrung an Feldbatterien blieb zwar mit nur 19 neuaufgestellten leichten Batterien unter dem Maß des Notwendigen, was aber durch den starken Ausbau der schweren Feldartillerie und des Belagerungsartillerieparkes weit aufgewogen wurde. Durch den Verlust von 8 leichten Feldbatterien, die Abgabe von 6 Feldbatterien nach Lybien und von 36 Batterien für die Fliegerabwehr verminderte sich die Zahl dieser Artillerieverbände derart, daß bei Vermehrung der Anzahl der Infanteriedivisionen im Jahre 1916 nur mehr 28 leichte Feldgeschütze auf jede Division, gegenüber 41 Geschützen im Jahre 1915, entfielen.

Die Gebirgsartillerie erhielt im Jahre 1916 einen Zuwachs von 25 neuen Batterien. Die tragbare Feldartillerie, die sich auf dem schwierigen Gelände des Kriegsschauplatzes besonders bewährt hatte und gegenüber der Gebirgsartillerie weniger Tragtiere benötigte, was bei dem Pferdemangel sehr ins Gewicht fiel, wurde um 56 neue Batterien vermehrt.

Stark fiel der Ausbau der schweren Artillerie des Feldheeres ins Gewicht. Ihr Stand erhöhte sich von 28 Batterien mit 112 Geschützen bei Kriegsausbruch bis zum Sommer des Jahres 1916 auf 98 Batterien mit 392 Geschützen.1) Den größten Zuwachs hatte die Belagerungsartillerie aufzuweisen. Von 46 Batterien mit 158 Geschützen (Kaliber 149 bis 305 mm) bei Kriegsbeginn stieg die Anzahl der Batterien bis zum Ende des Jahres 1915 auf 333, bis zum August 1916 auf 663 (64 schwere, 399 mittlere und 200 leichte) Batterien. Die Zahl der Geschütze hatte sich

x) 40 Batterien 149 mm-Haubitzen, 42 Batterien 105 mm-Kanonen und 16 Batterien 102 mm-Kanonen.

etwa verzehnfacht. Die Vermehrung der Belagerungsartillerie erfolgte nicht bloß durch Neuerzeugungen und Lieferungen der Verbündeten, sondern auch durch weitestgehende Heranziehung der Armierung aller festen Plätze und überzähliger Geschütze der Marine. Für die Bedienung der vielen schweren Batterien wurde auch die Festungsartillerietruppe um rund 250 Kompagnien vermehrt.

Die Formen, die der Krieg gegen den zähen Verteidiger dem angreifenden italienischen Heere aufgezwungen hatte, erforderten den Ausbau der für den neuzeitlichen Stellungskampf unentbehrlichen Minenwerferformationen. Italien war mit 200 improvisierten Minenwerfern in den Krieg getreten. Die Heeresleitung nahm deshalb im Winter 1915/16 einen umfassenden Ausbau des „Bombardierkorps“ vor und verfügte bis zum Ende des Jahres 1916 über 2062 Minenwerfer (von 58 bis 240 mm Kaliber), die in Sektionen und gemischte Gruppen gegliedert waren.

Die über den Winter ins Hinterland verlegte Kavallerie, von der in der Front nur die Maschinengewehrabteilungen und bei jedem Korps eine Schwadron verblieben waren, wurde um 22 Schwadronen vermindert; im Februar ließ die Heeresleitung alle vier Kavalleriedivisionen für den künftig beabsichtigten Einsatz in der Front zu Fuß formieren. Aber schon gegen Ende des Monats Mai wurden zwei der Reiterdivisionen wieder beritten gemacht.

Neben den Kampftruppen wurden bei der großen Ausgestaltung des Heeres auch alle technischen Truppen und Sonderdienste erheblich vermehrt, manche überhaupt erst neu geschaffen. Unter anderem wurden 161 neue Sappeurkompagnien aufgestellt. Die Kraftfahrtruppe des Heeres hatte 10.000 Lastkraftwagen, 900 Personenwagen, 4000 Krafträder und 570 Traktoren in Verwendung.

Das erste Ausbauprogramm für das zu Kriegsbeginn 15 Fliegerstaffeln mit zusammen 75 Flugzeugen zählende italienische Fliegerkorps sah bis Juni 1916 eine Vermehrung auf 45 Staffeln vor. Ende Mai standen bereits 279 neue Flugzeuge an der Front. Bei Ablauf des Jahres 1916 sollte die Gesamtzahl aller Flugzeuge nach dem zweiten Ausbauprogramm 1195 Maschinen betragen, von denen 370 im Dienst zu stehen hatten. Neun Fliegerschulen vermittelten die Ausbildung der Fliegertruppen.

Die Zahl der Lenkluftschiffe stieg im Jahre 1916 auf 10, von denen jedoch nahezu die Hälfte abgeschossen wurde, worauf man den Rest nur mehr im Hinterland verwendete.

Ganz ausgezeichnet wurde die Fliegerabwehr eingerichtet. Ihr standen im Jahre 1916 22 Fliegerabwehrbatterien, 315 einzelne Geschütze, an die 400 Maschinengewehre und 4 Panzerzüge, überdies 9 Jagdstaffeln und 37 einzelne Jagdflugzeuge zur Verfügung.

Für die Versorgung dieser starken Streitkräfte mit Schießbedarf und Kampfgeräten aller Art hielten die Erzeugung durch die italienische Industrie und die Einfuhr aus dem Ausland gleichen Schritt. Im Mai 1916 war die Tageserzeugung auf 50.000 Artilleriegeschosse gegenüber ihrer

14.000 bei Kriegsbeginn gestiegen; zu dieser Zeit waren bei den Armeen an der Front sieben Millionen Geschosse für 4075 Geschütze aller Kaliber vorhanden.

Mit der Aufstellung neuer Truppenverbände war die Bildung höherer Befehlseinheiten notwendig geworden. Als Ersatz für das in Albanien aufgestellte XVI. Korps wurden in der Heimat die 46. und die

47.    ID. aus Neuformationen gebildet. Aus überzähligen Truppen entstand Ende April vor dem Brückenkopf von Görz die 45. ID., die mit der 4. ID. des bisher drei Divisionen starken VI. Korps das neue XX. Korps bildete. Aus den im Mai aus Lybien herangezogenen Truppen wurde die

48.    ID. geschaffen und beim VIII. Korps eingeteilt. Im Juni wurden bei der 3. Armee zum Teil aus von Albanien herangezogenen Truppen, zum Teil durch Umstellungen und Wechsel in den Verbänden die 49. ID., bei der 1. Armee im Etschabschnitte die 37. ID. gebildet. Die Bersaglieri-division der 2. Armee hatte schon im März die Bezeichnung 36. ID. erhalten. Während der Junikämpfe in Südtirol entstand im Abschnitt Brenta —Cismon das XVIII. Korps. Im Mai bildete die italienische Heeresleitung aus dem VIII. und dem XX. Korps der 3. Armee, aus der 2. und der 3. KD. und aus den neu aufgestellten Korps XXII., XXIV. und XXVI. im Raume Padua—Vicenza—Cittadella eine neue 5. Armee. Somit waren im ersten Halbjahr 1916 ein Armeekommando, fünf Korpskommandos und acht Infanteriedivisionen neu geschaffen worden.

Die Wintermonate an der Gebirgsfront Die Kämpfe in ’Cirol Hiezu Beilage 6

Der Führer der italienischen 1. Armee, die seit Kriegsbeginn im weiten Bogen Tirol vom Stilfserjoch bis zum Rollepaß umspannte, ohne auch nur an einer einzigen Stelle die stählerne Kette der Verteidiger durchbrochen zu haben, hatte, von der Heeresleitung aufgefordert, anfangs November 1915 seine nächsten Absichten gemeldet. Er wollte in den Judicarien die Sperre von Lardaro angreifen und die Val dei Concei gewinnen, im Etschtal das Becken von Rovereto besetzen und dieses durch Eroberung der Berggipfel Biaena, Creino und Finocchio sichern, schließlich in der Val Sugana gegen die Befestigungen von Levico und Panarotta vorstoßen. Diesen Vorstoß empfahl er besonders für den Fall, als das bereits eingeleitete Unternehmen zur Besetzung des Cadinjoches und des Rollepasses in den Fassaneralpen einen günstigen Verlauf nehmen sollte. Kaum zwei Wochen später mußte der Armeeführer, GLt. Brusati, melden, daß die starken Schneefälle in den Bergen das gegen die Fassaneralpen vorbereitete Unternehmen wie auch einen auf den Hochflächen von Folgaria und Lavarone geplanten Angriff verbieten. Damit fielen auch die übrigen Pläne schon in sich zusammen, bevor beim Armeekmdo. die allgemeinen Weisungen für den Winter eintrafen. Diesen Weisungen gemäß sollte die 1. Armee weiterhin in der Abwehr verharren, ihre Stellungen bestens ausbauen, den Gegner in Atem halten, aber nur solche örtliche Unternehmen durchführen, die ihr gestatteten, den Zug der vordersten Linie zu verbessern. In seltsamen Widerspruch zu dieser bescheidenen Aufgabe wurde die Armee jedoch zugleich aufgemuntert, die Linie Borgo—Cadinjoch—Cavalese zu gewinnen, da nach Meinung des Oberkommandos in den Fassaneralpen und im Fleimstale nur vier gegnerische Bataillone mit etwa zehn Geschützen ständen. Außerstande diesem Wunsche zu entsprechen, überließ das Armeekmdo. seinen Unterführern freie Wahl in ihrer weiteren Tätigkeit.

Demzufolge herrschte schon von Ende November an den ganzen Winter über und bis ins Frühjahr hinein an der Westfront von Tirol winterliche Ruhe. Wohl gab es da und dort zeitweise Artilleriekämpfe; doch der Kanonendonner verhallte in den verschneiten Bergen ebenso rasch wie das Gewehrgeknatter ausschwärmender Erkundungsabteilungen.

In den Judicarien versuchte die italienische 6. ID. die Eroberung des Mt. Nozzolo und des Mt. Cadria. Nach mehrtägiger kräftiger Beschießung der übrigens zum größten Teil nicht mehr armierten Sperrwerke von Lardaro und der über die vorgenannten Berge gezogenen Verteidigungsstellung griffen am 9. Dezember etwa zwei Bataillone den der österreichischen Hauptstellung vorgelegten Stützpunkt auf dem Mt. Vies umfassend an. Sie erreichten ihr Ziel nicht, erlitten aber starke Verluste. Da jedoch die Möglichkeit nahelag, daß die schwache Besatzung der Vorstellung abgeschnitten werden könnte, ließ der Abschnittskommandant, Obst. Spiegel, den Mt. Vies in der Nacht auf den 10., unbemerkt vom Feinde, räumen. Tags darauf setzten sich die Italiener ohne Kampf in den Besitz dieser Bergrippe. Sie mochten später wenig Freude damit erleben. Außerstande, trotz fortgesetzter Angriffe in den nächsten Tagen die Hauptstellung auf dem Mt. Nozzolo zu erobern, fanden sie sich schließlich in der Zwangslage, angesichts des auf der Kammlinie fest eingenisteten Gegners, förmlich an den Berghang angeklammert, überwintern zu müssen, wollten sie den Geländeteil, dessen Eroberung sie mit so großen Worten verkündet hatten, nicht wieder preisgeben.

Auch östlich vom Gardasee, vor den Verteidigungsabschnitten Riva und Rovereto, verbesserten sich die Italiener ihre Lage dadurch nicht, daß sie im Dezember von den Höhen nordwärts hinabstiegen, an die Furche Lopio—Mori sowie an Rovereto näher herangingen und das Terra-gnolotal sogar überschritten1). Sie blieben dann am Hang unterhalb der österreichischen Stellung liegen, die sie nicht anzugreifen vermochten. Bei dieser allgemeinen Vorrückung des italienischen V. Korps kam es unter zeitweise recht lebhaftem Kanonendonner der beiden Artillerien nur zu kleineren Scharmützeln im weiteren Vorfelde der Verteidiger. Ein in der Ortschaft Manzano (3 km östlich vom Loppiosee) hinter der österreichischen Stellung ausgebrochener Brand erweckte beim italienischen Korpskmdo. die kühne Hoffnung, der Gegner bereite sich zum Rückzug vor. Also trieb es mit aller Schärfe den linken Flügel gegen die Scharrzen bei Mga. Zurez südöstlich von Torbole vor. Aber der Führer des 6. Alpiniregiments vermochte nicht, den verheißenen Lorbeer zu gewinnen. Wohl drangen einige Alpiniabteilungen am 30. Dezember in die Schanzen ein, aber die tapfere Landsturmbesatzung warf sie rasch hinaus. Die Verluste der Italiener, die auch zwei Dutzend Gefangene zurückließen, waren sehr empfindlich; jene der Besatzung betrugen 18 Tote und 54 Verwundete.

Von Neujahr an trat auch im südlichsten Teile der Tiroler Front winterliche Ruhe ein, die nur durch die üblichen Kanonaden zeitweise unterbrochen wurde. So schleuderten die Italiener am 19. Februar eine reichliche Menge 28 cm-Bomben auf das Werk Carriola (Por), der einzigen noch armierten Feste der Sperrgruppe Lardaro. Trotz einiger Treffer blieb der Schaden gering. Die umliegenden Ortschaften des Chiesetales aber fielen im fortgesetzten Feuer der feindlichen Artillerie in Trümmer.

Im Suganatal ging es den Winter über etwas lebhafter zu. Hier offenbarte sich deutlich der Zwiespalt, in den das italienische

i) Ital. Gstb. W., II, Text, 604 f. und III, Text, 511.

1. Armeekmdo. durch die allgemeinen Richtlinien (S. 153) gesetzt worden war. Überschritt die 15. ID. die schon im Herbst erreichte und dann emsig ausgebaute Linie Salubio—Borgo—Armenterra, so fand sie vorwärts keine im Gelände vorteilhaft gelegene Abwehrstellung mehr. Blieb sie mit der Hauptkraft stehen, 6 bis 8 km von der Front ihres Gegners entfernt, so konnte sie ihn wohl kaum „belästigen und in Atem halten“ oder gar, wie das Korpskmdo. es für wünschenswert hielt, ihm den Verkehr auf der Straße Caldonazzo—Folgaria unterbinden. Die Folge war, daß nur Halbheiten zustande kamen. Am 23. Dezember griff ein verstärktes Alpinibataillon den Mt. Carbonile an und erlitt durch die Kaiserjägerstreifkompagnie, die den Berg besetzt hielt, eine gründliche Abfuhr. Die rührigen Verteidiger des Grenzabschnittes stießen im Jänner mehrmals mit Streifabteilungen und starken Patrouillen über die Vorpostenlinie Collo—Novaledo—Mt. Carbonile vor und bedrängten die feindliche Sicherung. Dies reizte die Italiener, die genannte Linie dem Gegner zu entreißen. Die 15. ID. bekam am 1. Februar den Befehl zum Angriff. Aber wieder kam es zu keiner entschlossenen Handlung. Am. 9. stiegen einige Kompagnien den Collo hinan und blieben im Abwehrfeuer liegen. Die schwache Besatzung wehrte sich tapfer; trotz neuerlicher Angriffe blieb der Berggipfel in ihrem Besitz. Auch die in der ersten Hälfte Februar gegen S. Osvaldo und Mt. Carbonile geführten italienischen Vorstöße scheiterten. Mit den dann eintretenden starken Schneefällen schliefen die Kämpfe auch in der Val Sugana ein.

Während die Verteidiger der Fassaneralpen den ganzen Winter über mit Gelassenheit auf den außer Schußweite verharrenden Feind hinüberblicken konnten, sahen sich jene der Dolomiten wiederholt angegriffen. Hier war es vor allem der Col di Lana, der die Italiener nicht zur Ruhe kommen ließ, als fordere ein Fluch über das viele um diesen Berg vergossene Blut immer wieder neue Opfer. Mit harter Hand schrieb das italienische 4. Armeekmdo. dem IX. Korps vor, den Mt. Sief und den Col di Lana unter allen Umständen zu erobern. Am 11. Dezember sollte der Angriff erneuert werden, aber es dauerte fünf mit starkem Artilleriefeuer ausgefüllte Tage, bis die Angriffsgruppen bereitgestellt waren. Drei Kolonnen: links sieben Kompagnien, in der Mitte fünfeinhalb und rechts viereinhalb, stiegen von Süden, von Osten und Nordosten aufwärts. Das 2. Bataillon des KSchR. III stand mit stolzem Trotz bereit, den Heldenberg unter allen Umständen zu halten. In seinem rasenden Feuer, das durch jenes der trefflich geleiteten Verteidigungsartillerie noch übertönt wurde, zersplitterten die Angreifer vollständig; getarnt durch einen nachmittags einsetzenden Schneesturm kehrten sie in die Ausgangsstellung zurück. Unfreundlich war der Neujahrsgruß der Italiener; zuerst wurde der Col di Lana heftig beschossen, dann die ganze Dolomitenfront. Diese Beschießungen wiederholten sich im Jänner und Februar hier wie dort des öfteren. Was den Italienern im offenen Angriff bisher nicht gelungen war, versuchten sie fortan unter der Erde. Sie gruben tiefe Minengänge in die Felsen.

Als der Winter zur Neige ging und GdK. Dankl, zu größerer Aufgabe berufen, die Landesverteidigung von Tirol dem GdI. Roth übertrug, konnte er mit Befriedigung darauf verweisen, daß die Tiroler Abwehrfront unversehrt geblieben war.

Die Begebenheiten an der Kärntner Front (Mitte Dezember 1915 bis Ende März 1916)

Hiezu Beilage 21 des III. Bandes und Skizze 2

Die Armeegruppe GdK. Rohr hatte nach der Unterstellung des XV. Korps eine Frontausdehnung von über 140 Kilometer. Sie zählte um die Jahreswende 73 Bataillone mit 60.800 Feuergewehren. Das XV. Korps wurde als neuer Abschnitt V angegliedert.

Gleich wie in Tirol beschränkte sich die Kampftätigkeit an dieser Front, die, bis auf die beiden Beckenlandschaften am oberen Isonzo und im Fellatale bei Malborgeth, fast durchwegs auf hohen Alpengebirgsketten und Hochgebirgsstöcken verlief, in den Wintermonaten auf verwegene Vorstöße kleiner Infanterie- und Skiabteilungen, die zu Aufklärungszwecken und zu Frontverbesserungen unternommen wurden. Im übrigen störte nur das Feuer der Geschütze und sehr häufig auch das Donnern der Lawinen die winterliche Ruhe der Alpen.

Von den im Dezember durchgeführten Kampfhandlungen war die bedeutendste die Erstürmung der im September verlorenen Gräben südwestlich von Dolje (21/2km nordwestlich von Tolmein) durch das Infanteriebataillon 11/72, das seinen Gewinn gegen alle späteren Rückeroberungsversuche des stark überlegenen Feindes behauptete. Eine Reihe von kleinen, stets erfolgreichen Vorstößen, die mit der Einbringung zahlreicher Gefangener verbunden waren, vollführten die gebirgsgewohnten, tüchtigen Truppen des XV. Korps und der 44. Schützendivision.

Im Jänner und im Februar brachen bei Tolmein, auf den Hängen des Javorček und des Rombon sowie im Gebiete des Plöckenpasses immer wieder kleine Abteilungen des Verteidigers vor, hoben feindliche Sicherungen aus, fielen in die feindlichen Kampfstellungen ein, holten sich mit festem Zugriff da und dort Gefangene heraus und zerstörten Deckungen und Unterkünfte. Ein solches Unternehmen führte am 3. Jänner zur Wegnahme eines italienischen Grabens nördlich von Dolje und am 4. zu heftigen Gegenstößen des Feindes, die im Handgranatenkampf und durch Artilleriefeuer zurückgeschlagen wurden. Auf dem Rombonhang wurde am 18. Jänner eine kleine feindliche Vorstellung genommen und am 22. und 23. gegen Angriffe behauptet.

Anfangs Februar war es der 8. GbBrig. geglückt, das im August 1915 bei Tolmein auf dem Westhang der Höhe A 588 verlorene Gelände zurückzugewinnen. Durch wochenlanges Vortreiben von Sappen gegen die Flügel der Einbruchsstelle war die Hangstellung der Italiener unhaltbar geworden. Der Feind räumte deshalb in den Nächten um die Monatswende unauffällig diese Stellung und ging bis über die Straße Ciginj— Selo zurück. Die 8. GbBrig. schob ihre vorderste Linie zunächst bis nahe an das genannte Straßenstück vor. Die auf diese Art erzwungene Preisgabe des vom Feinde in vielen schweren Kämpfen seinerzeit eroberten Geländes ersparte den Truppen der k.u.k. 1. ID. den schon seit langem geplanten Angriff zur Wiederherstellung der ursprünglichen Lage. Die Vorteile der neuen vordersten Linie lagen vor allem in der Verkürzung der Front und in der Möglichkeit günstiger Flankierung durch die eigene Artillerie x).

Wenige Tage später, am 12. Februar, konnte auch bei der 44. SchD. auf dem Südhange des Rombon eine im August in Feindeshand gefallene Vorstellung durch ein kühnes Unternehmen von Teilen des GbSchR. 1 zurückgewonnen werden. Hier hatten Alpinitruppen (ein Bataillon und eine Gebirgsbatterie) auf der etwa einen Kilometer südwestlich vom Rombongipfel aufragenden Felskuppe, der Cuklahöhe (1776 m), eine stark besetzte vorgeschobene Stellung geschaffen. Sie bildete eine dauernde Bedrohung unserer schwachen Kräfte in diesem schwierigen Hochgebirgs-abschnitte, beherrschte die Hangstellungen vollkommen und machte dadurch jede Bewegung nahezu unmöglich. Überdies bot sie der feindlichen Artillerie einen vortrefflichen Beobachtungspunkt nach der Flanke und hinter die Kampflinien der 44. Schützendivision. Zur Beseitigung dieser

x) In dem vom Feinde verlassenen Raume wurden über 3000 Gewehre mit 300.000 Gewehrpatronen, ferner große Mengen von Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen verschiedentlicher Art eingesammelt, aber auch an die achthundert Leichen gefallener Italiener bestattet.

Nachteile plante der Kommandant des Unterabschnittes von Flitsch, Obst. Edl. v. Schuschnigg, die Höhe im nächtlichen Handstreich zu besetzen.

Zur Durchführung des Vorstoßes hatten am 12. Februar nach Einbruch der Dunkelheit zwei Kompagnien des GbSchR. 1 den Vormarsch in mannstiefem Schnee angetreten und sich unterhalb der feindlichen Stellung zum Angriff bereitgestellt. Um 3h früh wurden die Sicherungen lautlos überwältigt, die Hänge der Felsenstellung erstiegen und die überraschten Italiener nach kurzem Handgemenge zurückgeworfen16). Gegenangriffe, die sofort einsetzten und sich am 13., 14. und 20. Februar nach jedesmal gründlicher Artillerievorbereitung wiederholten, konnten abgewehrt werden. Bei der Säuberung der anschließenden Stellungsteile wurden am 17. Februar einige Dutzend Gefangene und ein Maschinengewehr eingebracht.

Die zahlreichen sonstigen Unternehmungen, die am oberen Isonzo im Februar durchgeführt wurden, waren fast alle erfolgreich. So vermochten Stoßtrupps von der Besatzung des Javorček die feindlichen Sicherungen wiederholt auszuheben, an einer Stelle sogar neunmal. Am 10. Februar stieß eine kleine Abteilung der 8. GbBrig. auf den von den Italienern besetzten Calvarienberg von Woltschach vor und zerstörte dort die Stellungen und Unterkünfte. Schließlich besetzte ein Bataillon der 3. GbBrig. am 22. Februar die Gräben der Italiener auf dem Westhange des Mrzli vrh, es mußte jedoch am nächsten Tage seinen Gewinn vor umfassenden Gegenangriffen preisgeben. Diese kleinen Kampfhandlungen ließen deutlich erkennen, daß der Angriffsgeist der k.u.k. Ti'uppen trotz des langen Stellungskrieges ungebrochen war.

Starke Schneefälle in den Bergen erzwangen dann einen längeren völligen Stillstand jeder Gefechtstätigkeit. Indessen war es im Küstengebiet und am mittleren Isonzo wieder lebhafter geworden. In den ersten Märztagen schwoll der Artilleriekampf auf dem Karst und im Görzischen mächtig an. Vom 11. März an entwickelten sich an der ganzen Front der k.u.k. 5. Armee neue Kämpfe. Zur selben Zeit hatte der Führer der italienischen 2. Armee, GLt. Frugoni, seinen linken Flügel am oberen Isonzo im Sinne der für die Winterkämpfe ausgegebenen Richtlinien zum Vorgehen angewiesen und dem IV. Korps als erstes Ziel die Wegnahme des Mrzli vrh, dem VIII. Korps die Besetzung der noch auf dem linken Isonzoufer von den öst.-ung. Truppen gehaltenen Hügel im Tolmeiner Becken befohlen. Aber in den folgenden Tagen kam es bloß zu starken Beschießungen der Stellungen und zu schwächlichen Annäherungsversuchen in den genannten Abschnitten, die, ohne Kraft und Schwung geführt, nirgends Erfolge erzielten. Schließlich brachen beide Korps der Italiener um die Monatsmitte alle Kampfhandlungen mit Rücksicht auf das schlechte Wetter ab.

Durch den Verzicht auf halbwegs energische Angriffe am oberen Isonzo versäumte der Feind eine sehr günstige Gelegenheit zu billigen Erfolgen. Denn die zum Teil schon durchgeführten und teilweise noch im Zuge befindlichen Ablösungen hatten gerade damals die Kampfkraft des Verteidigers nicht unwesentlich geschwächt und weniger gebirgs-tüchtige Truppen mit älteren Leuten in die Front gebracht.

Die Armeegruppe GdK. Rohr, die vom 25. Jänner an die Bezeichnung k.u.k. 10. Armee führte, war seit den letzten größeren Kämpfen im Oktober 1915 zu einem willkommenen Kraftspeicher für die oberste Führung geworden. Die geringen Gefechtsverluste während der langen Winterruhe und die fortgesetzte Einreihung der laufenden Ersätze hatten die Aufstellung überzähliger Kompagnien und Bataillone bei den Heerestruppen und den Schützenregimentern ermöglicht. Noch im Jänner erhielt die Armeegruppe für ein abgegebenes Honvédbataillon einen Zuwachs von drei Landsturmbataillonen1). Zu Ende dieses Monates begann die Abgabe von Kräften für die inzwischen von der Heeresleitung beschlossene Offensive in Südtirol. Sie hatte nicht unbeträchtliche Truppenverschiebungen im Armeebereiche zur Folge, die erst mit Ende März abgeschlossen wurden.

Zunächst hatte das Kommando der Südwestfront die Vorbereitungen zum Herausziehen von etwa dem fünften Teile aller vorhandenen Feldbatterien und schweren Feldhaubitzbatterien anbefohlen, um diese für einen Einsatz an anderen bedrohten Frontteilen seines Bereiches verfügbar zu machen. Schon am 9. Februar folgte der Befehl zur Abgabe der 48. ID., die bis zum 1. März im Raume Oberdrauburg—Greifenburg bereitgestellt sein sollte. Das Kommando der Südwestfront begründete diese Maßnahme dem bis dahin über die Pläne der Heeresleitung noch nicht eingeweihten Armeekmdo. gegenüber damit, daß „die Gesamtlage es notwendig mache, für die Behauptung der Kärntner—Julischen Front mit

!) Es war dies das IBaon. I/IIIR. 13, das an die k.u.k. 4. Armee abgegeben wurde; dafür wurden die k. k. LstIBaone. IV/10, IV/34 und das k. u. LstlBaon. 17 zugewiesen.

einem Mindestmaß an Truppen vorzusorgen und hiedurch freiwerdende Kräfte für eine Verwendung auf einem anderen Kriegsschauplätze verfügbar zu machen“. Das 10. Armeekmdo. konnte somit auf keinen Ersatz für die abzugebenden Truppen rechnen und mußte für den wichtigen Plöckenraum aus den anderen Abschnitten die besten Truppen frei machen. Es beschloß, den Abschnitt I aus der zurückbleibenden Gruppe Obst. Joseph Fässer, aus der zur 25. GbBrig. ausgestalteten Gruppe Obst. Ritt. v. Wasserthal des XV. Korps, aus drei Bataillonen der 44. SchD. und aus der 57. GbBrig. der 92. ID. zu bilden. Das Kommando über die Truppen im Abschnitt I übernahm am 28. Februar das bisher im Abschnitt II befehligende 94. IDKmdo., FML. Kuczera. Den Befehl über den Abschnitt II, dessen Truppen mit 1. April zur 26. GbBrig. zusammengefaßt wurden, übernahm GM. Globočnik1).

Kaum waren die Ablösungen im Abschnitte I beendet, als das 10. Armeekmdo. den Befehl erhielt, für die vom Balkan in den Armeebereich anrollende und schon früher angekündigte 22. LstGbBrig. eine Gebirgsbrigade des XV. Korps abzugeben sowie die 44. SchD. bis zum 20. Marz aus der Front zu nehmen und für eine Verlegung bereitzustellen.

Die Ablösung der zur Abgabe bestimmten 8. GbBrig. des XV. Korps durch die 22. LstGbBrig. konnte in den letzten Märztagen ohne Bedenken durchgeführt werden, da in dem vom Feinde preisgegebenen Raume vor dem Südflügel des Tolmeiner Brückenkopfes zunächst kaum mit einem neuerlichen Angriff zu rechnen war. Weit schwieriger gestaltete sich die Einrichtung des wichtigen und schwer abzulösenden Hoch-gebirgsabschnittes der 44. SchD. mit neuen gebirgsungewohnten und mit den Kampfverhältnissen unvertrautenTruppen und Führern. Es mußte hier eine ganze Abschnittsbesatzung samt Kommandostellen improvisiert werden. Vom Kommando der Südwestfront wurde dem Armeekmdo. für diesen Abschnitt, der unter Befehl des GM. Greiner zu treten hatte, das bh. IR. 4 zugewiesen, das bisher auf dem russischen Kriegsschauplätze gekämpft hatte und für den Gebirgskrieg erst ausgerüstet werden mußte. Ferner sollten aus dem Abschnitt II das k.k. Landsturmbataillon 41, aus dem Abschnitt III das FJB. 20 und aus dem Abschnitt V das Bataillon 1/91 sowie zwei Bataillone des k. k. LstlR. 26 für den Abschnitt IV freigemacht werden, in dem überdies einige Kompagnien der 44. SchD. als Rückgrat für die neuen, im Abschnitte noch unvertrauten Truppen vor-

a) Die k.u.k. 10. Armee hatte im Laufe der Monate Jänner und Februar insgesamt 16 Baone. mit 15.000 Feuergewehren, 40 MG., ferner 5 GbKnBt., 2 GbllbBt., 2 FHbBt., 2 schwere FHbBt. und 1 schwere MsBt. aus der Front gezogen.

übergehend zurückblieben. Das XV. Korps hatte außerdem seinen rechten Flügel nach Norden auszudehnen und den bisher von der 44. SchD. gehaltenen Teil auf dem Krn zu übernehmen. Die Ablösung der 44. SchD. wurde in der Zeit vom 16. bis 24. März durchgeführt. Ihr Abtransport erfolgte aus dem Raume von Tarvis—Kronau bis zum Ende des Monates, jener der 8. GbBrig. aus dem Raume von Aßling bis zum 4. April. Die Truppen im Abschnitte IV bildeten vom 1. April an die 27. GbBrig.

Die Kampfkraft der 10. Armee war durch die Abgabe der besten Truppenverbände und zahlreicher Batterien ganz bedeutend vermindert worden. Sie zählte anfangs April nur mehr 13 aktive Bataillone, sonst lauter Landsturmtruppen. Dieser Schwächezustand mußte bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der anderwärts angesetzten Kräfte überwunden werden. Die Kärntner Front war allerdings noch durch die schwere Zugänglichkeit der tiefverschneiten Berge geschützt, hingegen konnten die Talstellungen bei Malborgeth, Flitsch und Tolmein stündlich wieder angegriffen werden.

Der Winter, der der Abwehr in mehrfacher Hinsicht zustatten kam, forderte aber auch seine Opfer. So hatte die 10. Armee bis Mitte März durch Lawinenstürze allein 600 Mann an Toten verloren, obwohl alle Skiabteilungen, Lawinenbereitschaften und die gesamten alpinen Fachleute der Divisionen ständig im Dienste standen und stets sofort bei allen Rettungsunternehmen zur Stelle waren. Trotz aller vordenkenden Sorge, trotz der Anwesenheit und Beratung durch zahlreiche bewährte Alpinisten stand man dieser „weißen Pest“, wie sich der bekannte Skimeister und Alpinist Mathias Zdarsky in einem Briefe von der Front an den Armeegeneralstabschef ausdrückte, völlig machtlos gegenüber. Selbstverständlich hatte der Feind mit der gleichen Unbill zu kämpfen.

Auch der Nachschub bis in die Kampfstellungen wurde durch den Winter sehr erschwert. Wohl bildete die Eröffnung der Gailtalbahn bis Kötschach-Mauthen im Dezember für den Abschnitt I eine ebenso fühlbare Erleichterung der Versorgung und des Verkehrs, wie der Durchschlag des Tunnels der Winterstraße am Predil für den Abschnitt IV. Der Vorteil für diesen war um so bedeutungsvoller, als die im Herbst ausgebaute Straße und die Seilbahn über den Mojstrovkasattel in den Wintermonaten oft durch viele Wochen durch Lawinen verschüttet waren. Und als Ende Februar langandauernder Schneefall auch die genannte Winterstraße unbenützbar machte, sicherte der schon im Herbst für den Verkehr eingerichtete Raibler Bergwerksstollen allein den Nachschub zu den Stellungen bei Flitsch.

Die Ereignisse bei der k.u.k. 5. Armee von der Jahreswende bis Anfang März

Hiezu Beilage 28 des III. Bandes

Das Kommando der Südwestfront war sich darüber klar, daß in den W'intermonaten kaum, wohl aber zeitlich im Frühjahr mit der Wiederaufnahme der italienischen Angriffe an den gleichen Frontabschnitten wie bisher, vornehmlich aber am Isonzo zu rechnen sein werde. Nachrichten bestätigten bald, daß in Italien die Zurüstungen für den künftigen Waffengang in größtem Maße begonnen hatten.

Die Aufgaben der nächsten Zeit waren daher für den Verteidiger am Isonzo vorgezeichnet. In Unkenntnis der noch geheim gehaltenen Absichten, die bei der Heeresleitung für das Jahr 1916 bestanden, konnte es sich nur darum handeln, die in den Herbstkämpfen allenthalben schwer beschädigten Stellungen mit allen erlangbaren Mitteln und Kräften so stark wie möglich auszugestalten, den für die künftigen Kämpfe erforderlichen Schießbedarf aufzustapeln und die Truppen schlagfertig zu erhalten. Der letzten Forderung konnte am besten dadurch entsprochen werden, daß man die im nahen Vorfelde der Stellungen festgesetzten Italiener, besonders vor dem Brückenkopf von Tolmein, bei Görz und auf dem Karst, durch gut vorbereitete kleine Vorstöße und Unternehmen zurückdrängte. Dies war auch aus dem Grunde nötig geworden, weil der Feind offenbar daranging, die an den Brennpunkten seiner bisherigen Angriffe befindlichen Bollwerke des Verteidigers, die trotz größten Aufwandes an Zerstörungsmitteln und Kämpfermassen nicht hatten bezwungen werden können, nunmehr durch den Minenkrieg zu bekämpfen. Besonders vor dem engen und zusammengedrückten Görzer Brückenkopf hatten die Führer den Eindruck gewonnnen, daß hier ehestens wenigstens in beschränktem Ausmaße Wandel geschaffen werden müsse.

Die Verteilung der öst.-ung. Truppen am Isonzo blieb zunächst im großen unverändert. Die 5. Armee umfaßte nach der Abgabe des XV. Korps an die Armeegruppe Rohr die Kampffront von Auzza bis zum Meere mit drei Abschnitten:

der Abschnitt I (bisher II) — XVI. Korps mit der 18., der 58. ID., der 9. und der 60. IBrig. — reichte von Auzza bis zur Wippach;

der Abschnitt II (bisher III a) — III. Korps mit der 6., der 28. ID., der 106. LstlD., der 22. SchD. und dem Großteil der 187. LstlBrig. — von der Wippach bis zum Mt. dei sei Busi, diesen mitinbegriffen;

der Abschnitt III (bisher III b) — 61. IDKmdo., 9. ID., 19. LstGb-Brig. — anschließend bis Duino.

Der Küstenabschnitt IV, dessen Bereich seit Mitte Dezember auch die vorher zum Abschnitt III gehörende Bucht von Sistiana umfaßte, erhielt zur bisherigen Besatzung die noch verbliebenen zwei Bataillone der 187. LstlBrig.; das Abschnittskmdo. wurde auf Anordnung des Kommandos der Südwestfront zur einheitlichen Leitung aller Land- und Seestreitmittel dem Konteradmiral Freih. v. Koudelka übertragen1).

Der Küstenabschnitt V (Fiume) blieb unverändert.

Als Verfügungstruppen des 5. Armeekmdos. standen zu Ende 1915 das VII. Korps mit der 17. ID. bei Ranziano und Selo, mit der 20. HID. um Comen; ferner die 16. LstGbBrig. bei Schönpass.

Am 20. Dezember hatte die Heeresleitung den Abtransport der 9. IBrig. nach Südostgalizien befohlen (S. 7), wo die Russen zu einem neuen Schlage gegen die öst.-ung. Front am Dnjester ausholten. Die Brigade. die dem XVI. Korps zugewiesen war, wurde aus der Front gelöst und rollte zwischen dem 22. und dem 29. Dezember nach dem Osten ab. An ihrer Stelle wurde die 16. LstGbBrig. dem XVI. Korpskmdo. unterstellt.

Kurz darauf heischten die Vorbereitungen zum Angriff auf Montenegro (S. 35) auch die Abgabe der 14. GbBrig., die als Reserve des AOK. bei Haidenschaft versammelt wurde und in den letzten Dezembertagen abrollte.

Vom Beginn der Herbstkämpfe an war die Isonzofront wohl durch zwei Infanteriedivisionen (6. und 9.) und zwei Infanteriebrigaden (206. Lst. und 9.) verstärkt worden. In der gleichen Zeit aber mußten drei Brigaden (10. und 14. GbBrig., 9. IBrig.) abgegeben und eine (206. Lst.-IBrig.) aufgelöst werden. So waren anfangs Jänner 1916 zwar zwei Brigaden mehr vorhanden als zu Beginn der Herbstschlachten; doch wurde dieser Zuwachs durch Verluste und Erkrankungen weit aufgehoben2).

0 Diese Kommandoregelung war durch die erhöhte Tätigkeit des Feindes im Golf von Triest bedingt, wo anfangs Dezember italienische Zerstörer wiederholt unsere Minenleger und andere Fahrzeuge angegriffen und die Bucht von Sistiana beschossen hatten. Der Kommandant der 187. LstlBrig., Konteradmiral Koudelka, war gleichzeitig Seebezirkskommandant von Triest, wo jedoch GM. Ritt. v. Wasserthal als Kommandant des Abschnittes IV befehligte. Es war daher eine Klärung der Befehlsverhältnisse nötig geworden. GM. Wasserthal blieb Stadtkommandant von Triest. Zur besseren Verteidigung des Hafens wurden dem Abschnitt IV schwere Geschütze zugewiesen; beim Flottenkommando wurde eine Erweiterung und Ergänzung der Minensperre erwirkt.

2) Der Frontfeuergewehrstand der 5. Armee, einschließlich jenes des vorübergehend abgetrennten XV. Korps, war zu Beginn des Jahres 1916 trotz der Truppenvermehrung der gleiche geblieben wie zu Beginn der Ilerbstkämpfe.

Die Wiedereroberung der Höhen von Oslavija

Von den in der Zeit nach Beendigung der Herbstschlachten bis zum Beginn des Monates März 1916 am mittleren und unteren Isonzo von den k.u.k. Truppen durchgeführten Unternehmen gewann vor allem die Erstürmung der Höhen von Oslavija größere Bedeutung.

Der dort vom Feinde in den letzten Novembertagen erkämpfte Raum rittlings der von St. Florian nach Pevma führenden Straße reichte bis knapp auf einen Kilometer Entfernung an den Fluß heran. Er bildete eine unmittelbare und dauernde Bedrohung der gerade in diesem Abschnitte leicht verwundbaren Verteidigung und konnte vom Italiener jederzeit zum Ausgangspunkt für einen Durchbruch des ohnehin äußerst ungünstig angelegten Brückenkopfes ausersehen werden.

Das trübe, vornehmlich die Tätigkeit der Artillerie behindernde Wetter und die andauernde Nässe, die das ganze Vorfeld in einen tiefen Morast verwandelt hatte, verzögerten die vom Kommandanten des Brük-kenkopfes, GM. Zeidler, geplante Verbesserung der Kampfverhältnisse. Trotzdem war es kleinen Abteilungen und Sturmtrupps noch im Dezember gelungen, den Feind auf der Podgora um etwa 200 Schritte zurückzudrängen. Bei Oslavija konnte das bis ins einzelne vorbereitete Unternehmen aber erst gegen Mitte Jänner durchgeführt werden.

Nach planmäßiger Beschießung des von den Italienern besetzten Einbruchsraumes stießen am 14. abends bei hellem Mondlicht sieben Kompagnien vor und nahmen, wie es beabsichtigt war, innerhalb einer Stunde alle feindlichen Stellungen von der Höhe -c^- 188 bis einschließlich des Kirchenrückens von Oslavija in Besitz1).

Der kühne Vorstoß dieser schwachen Kräfte wirkte wie ein Griff ins Wespennest. Die gesamte übermächtige Artillerie des italienischen

VI. Korps und des Nordflügels der Armee Aosta setzte alsbald mit einem Feuerwirbel von unerhörter Wucht gegen die zurückgewonnenen Stellungen, die Isonzobrücken und die Stadt Görz ein; aus allen Richtungen zog GLt. Capello, der Führer des vom Stoß betroffenen VI. Korps, seine Reserven gegen Oslavija zusammen. Die in Erwartung des feindlichen Massenfeuers nur mit wenigen Zügen besetzte Höhe -<J>-188 mußte am 15. Jänner vor starken Gegenangriffen geräumt werden. Als ein Versuch, sie wiederzugewinnen, mißlang, und auch der Kirchenrücken am 16. nach wechselvollen Kämpfen, in die der Italiener bedeutende Verstärkun-

x) Über 1000 Gefangene, darunter 34 Offiziere; mehrere Maschinengewehre und Minenwerfer wurden eingebracht.

gen geworfen hatte1), wieder verlorengegangen war, mußte das Unternehmen abgebrochen werden. Die Verluste der 58. ID. in den dreitägigen Kämpfen betrugen rund 600 Mann, darunter 14 Offiziere; beim Feind hatten die 27. ID. 68 Offiziere und 1440 Mann, die 11. ID. 43 Offiziere und 741 Mann verloren2).

Am 20. Jänner hatte die italienische Heeresleitung von ihren Verfügungstruppen eine Brigade und von der 1. Armee drei Brigaden für die Ablösung der 11. und der 27. ID. befohlen. Von diesen Truppen gelangten die Grenadierbrigade bis zum 24. Jänner, die von der Tiroler Front herangeführten Verbände erst im Februar in den Bereich des VI. Korps. Mit diesen Maßnahmen sollte dem VI. Korps die Fortsetzung des belagerungsmäßigen Angriffes ermöglicht werden.

Schon am 19. Jänner legte GM. Zeidler dem XVI. Korpskmdo. den Plan zur zweiten und endgültigen Wiedereroberung der Höhen von Oslavija vor. Diesmal sollte der Infanterieangriff nach kurzer Artillerievorbereitung bei Tage erfolgen. Die Durchführung des Unternehmens wurde für den 24. Jänner festgelegt. Die für den Vorstoß bereitgestellten Truppen3), insgesamt 31/2 Bataillone, bezogen bis zum 24. früh die Angriffsgruppierung in den Kavernen und Unterständen in einem Bogen von etwa 1 km Länge, der sich um den etwas vorspringenden feindlichen Abschnitt zwischen der Höhe 188 und dem Südwesthang des Kirchenrückens legte. Nach dem Einschießen der vierundzwanzig an dem Unternehmen beteiligten Batterien begann am 24. nachm. das zweistündige Wirkungsschießen. Um 5 h schritt, durch einfallenden Nebel begünstigt, die Infanterie zum Sturmangriff. Im ersten Anlauf entriß das auf dem rechten Flügel der Angriffsgruppe vorgehende Halbbataillon des ungarischen IR. 69 dem Feinde die Höhe -<>- 188; auch auf dem linken Flügel warfen die Dalmatiner Schützen den Italiener ohne besondere Mühe den Kirchenrücken herab. Nur auf dem Sattel zwischen den beiden Höhen kam es zu einem schweren Ringen. Erst als die beigegebenen Sappeure mit Ekrasit und Flammenwerfern dem Mittelbataillon Lücken durch die starken Hindernisse gebahnt hatten, wurde auch hier der Feind überwunden. Das sorgfältig vorbereitete Unternehmen war völlig geglückt.

*) Bis zum 16. Jänner waren bei Oslavija Teile von sechs Infanterieregimentern und drei Radfahrerbataillone festgestellt worden. Überdies waren bis zum Abend dieses Tages vom links benachbarten II. Korps zwei Bataillone, von den Heeresreserven vier Bataillone im Kampfraum eingelangt.

2)    Ital. Gstb. W., III, Text, 167.

3)    IBaone. 11/52, x/2 111/69, III/SchR. 37, zusammen 10 Kompagnien in erster Linie, IBaon. I/SchR. 37 als Reserve.

Um 7 h abends waren alle in der vierten Isonzoschlacht verlorenen Stellungsteile in unserer Hand, überdies 1200 Gefangene x) und 6 Maschinengewehre eingebracht.

Starke Gegenangriffe2) in der Nacht auf den 25. Jänner veranlaßten jedoch die vorübergehende Räumung des Kirchenrückens, den aber auch der Feind wegen unseres dauernd dahin abgegebenen Artilleriefeuers nicht zu besetzen vermochte. Die dort angelegten Gräben wurden zunächst nur als vorgeschobene Nachtstellung gesichert und erst im März auch als Tagesstellung dauernd eingerichtet.

Obwohl der Italiener bis zum 25. abends vor dem Nordflügel des Brückenkopfes etwa 20 bis 23 Bataillone versammelt hatte, wagte er keinen weiteren Gegenangriff, so daß schon nach zwei Tagen die neue Front notdürftig ausgestaltet war und die Lage in dem Kampfabschnitt von Oslavija als gesichert gelten konnte. Die Verluste, die die Angriffsgruppe am 24. und 25. Jänner erlitten hatte, betrugen 9 Offiziere und 325 Mann, jene der Italiener 120 Offiziere und 2200 Mann3).

Der Kampflärm bei Görz löste auf dem Karst Ablenkungsangriffe der italienischen 3. Armee gegen den Abschnitt des III. Korps aus. Am

24. Jänner begann die ganze italienische Artillerie die Karsthochfläche und den Görzer Abschnitt unter schweres Feuer zu nehmen. Am 25. wurde vom Morgengrauen an das Feuer gesteigert. Um 10 h vorm. griffen das italienische XI. Korps und eine Brigade des XIII. den Mt. S. Michele an. Der wenig entschieden geführte Angriff erreichte kaum die Hindernisse.

Um bei den künftigen Anstürmen gegen den Brückenkopf von Görz und gegen den Karst durch eine einheitliche Leitung gewisse Wechselwirkungen zu erzielen, hatte die italienische Heeresleitung am 30. Jänner das VI. Korps und die 4. ID. von der 2. Armee abgetrennt und dem Herzog von Aosta unterstellt, so daß dessen Armee nunmehr bis zum Mt. Sa-botino reichte4). Ende Jänner begann ein Austausch von Brigaden zwischen der Tiroler- und der Isonzofront, offenbar zu dem Zwecke, um die an der Hauptfront fechtenden Truppen durch weniger verbrauchte

!) Darunter 2 Stabs- und 43 sonstige Offiziere. Die Gefangenen stammten von fünf verschiedenen Regimentern, der Großteil von der 27. ID.

2)    Nach dem Ital. Gstb. W., III, Text, 171 griffen zehn Bataillone an.

3)    Ital. Gstb. W., III, 172.

4)    Das italienische VI. Korps bestand nun aus der 4. und der 11. ID. mit je drei Brigaden und aus der 12. ID. mit 2 Brigaden. Ihm stand nach wie vor die k.u.k. 58. ID. mit einer Infanterie- und zwei Gebirgsbrigaden gegenüber.

zu ersetzen. Im Februar wurden zunächst drei Brigaden aus Tirol vor Görz in die Front gestellt, im März noch zwei Brigaden herangezogen; von einem weiteren Austausch wurde wegen der späteren Entwicklung der Lage abgesehen.

Um den 1. Februar steigerte sich die Tätigkeit des Feindes besonders in jenen Frontabschnitten, wo sich beide Kampflinien sehr nahe gegenüber lagen, so bei Plava, bei Oslavija, auf der Podgora und im nördlichen Teil des Karstes. Fast täglich wiederkehrende Artilleriekämpfe, nächtliche Patrouillenscharmützel, Handgranaten- und Minenwerferkämpfe unterbrachen die winterliche Ruhe des Stellungskrieges. So mißglückte unter anderem am 13. Februar ein Angriffsversuch einiger feindlicher Kompagnien westlich von S. Martino. Vom 25. Februar an führte der Italiener an der ganzen Front demonstrative Beschießungen unserer Stellungen durch. Vorfühlende Abteilungen wurden durchwegs durch Feuer zurückgewiesen; nur am 27. vermochte ein nach starker Artillerievorbereitung zweimal vorstoßendes Bataillon südöstlich von Peteano vorübergehend in unseren Gräben Fuß zu fassen. Im Gegenstoß zurückgeschlagen, verlor es etwa 130 Mann durch Gefangennahme und 100 Mann durch Tod und Verwundung.

Die fünfte Isonzoschlacht (11. bis 16. März)

Hiezu Beilage 8

Die k.u.k. 5. Armee bis zum Beginn der Schlacht

Die Änderungen in der Kräftegruppierung bei der 5. Armee betrafen seit der Jahreswende die Abgabe von Kerntruppen und Artillerie zur Verfügung der Heeresleitung und den nur teilweisen Ersatz der Heeresund Schützenregimenter durch mit der Kampfweise am Isonzo wenig vertraute Landsturmverbände.

Am 8. Februar erließ das AOK. den ersten Versammlungsbefehl, nach dem das III. Korps mit der 6., der 22. und der 28. ID. für den Abtransport auf einen „anderen Kriegsschauplatz“ bereitzustellen war; auch wurde das voraussichtliche Abgehen der 18. ID. angekündigt. Außerdem sollte eine Anzahl von Batterien, besonders neuer schweren Kalibers, abgegeben werden. Als teil weisen Ersatz erhielt die 5. Armee bis Mitte

März zugewiesen: die 62. ID., die 21. LstGbBrig., eine Gruppe von vier Bataillonen und das k. k. LstlR. 11, zusammen 23 Bataillone1). Da für diese Landsturmtruppen keine regelmäßigen Ersätze vorgesehen waren, sollte die 21.LstGbBrig. nach und nach in der 62. ID. aufgehen, damit wenigstens diese Division durch einige Zeit gefechtsstark erhalten werden könnte. Alle neu zugewiesenen Kräfte verlegte das Armeekmdo. in den Bereich des XVI. Korps und nahm die 62. ID. als Ersatz für die abzugehende 18. ID. in Aussicht. Die übrigen Truppen waren als Armeereserve und für Ablösungen bestimmt.

Auf der Karsthochfläche mußte zunächst das III. Korps durch das

VII. abgelöst werden. Die 20. HID. trat an die Stelle der 6. ID., die

17. ID. löste die 28. ID. ab. Der Truppenwechsel wurde zwischen dem

14. und 18. Februar durchgeführt. Das VII. Korpskmdo. übernahm an diesem Tage wieder den Befehl im Abschnitt II. Die 106. LstlD. welcher die 187. LstlBrig. unterstellt wurde, hatte schon am 11. und 12. mit dieser Brigade den Bereich der 22. SchD. übernommen und stand wieder in der Front von der Ruine -<>-143 bis zum Mt. dei sei Busi. Nachträglich hatte das Armeekmdo. noch angeordnet, aus der Front elf Feldkanonenbatterien und eine Feldhaubitzbatterie als leichte Feldartillerie des III. Korps herauszuziehen; diesen Batterien folgte dann die schwere Artillerie des Korps. Weitere schwere Batterien sollten noch abgegeben werden.

Die 22. SchD. war aus der 43. SchBrig. und aus der bisher zur 9. ID. gehörenden 18. IBrig. gebildet worden. Als Ersatz für die letztgenannte Brigade erhielt der Abschnitt III die 16. LstGbBrig. vom XVI. Korps zugewiesen. Die 61. ID. hatte weiterhin aus der 16. und der 19. LstGbBrig., die 9. ID. aus der 17. IBrig. und aus der im Görzer Brückenkopf eingesetzten 60. IBrig. zu bestehen.

Das III. Korps wurde bis zum 1. März für die ihm zugedachte Verlegung bereitgestellt, und zwar die 28. ID. bei Oberlaibach—Loitsch, die

22.    SchD. bei Opčina und die 6.ID. bei Ranziano. Die drei Divisionen rollten dann in der Zeit zwischen dem 12. und 26. März ab. Die 18. ID. wurde bis zum 3. März durch die vom Balkankriegsschauplatz im Bereiche des

XVI. Korps eingelangte 62. ID. abgelöst und vollzog vom 13. bis zum

23.    März den Abtransport.

Durch die Abgabe dieser vier vorzüglich bewährten Divisionen und

*) Hievon waren vom Balkan die 62. ID. vom 17. Februar an und die vier Bataillone Gruppe Obstlt. Maderspach) am 18. März, vom russischen Kriegsschauplatz die 21. LstGbBrig. am 20. Februar und das LstlR. 11 am 2. März eingetroffen.

der schweren Artillerie 1) verminderte sich um die Mitte des Monates März, gerade zur Zeit als die Kämpfe der fünften Isonzoschlacht aufflammten, die Zahl der Bataillone der 5. Armee von 147 auf rund 100, hievon mehr als die Hälfte Landsturmbataillone; die Zahl der Geschütze von 693 auf 467. Da die Pläne der Heeresleitung den Unterführern erst später bekannt gegeben wurden, stiegen bei diesen wohl manche Bedenken auf. Auf einen Bericht des GdI. v. Boroevic vom 15. Februar, in welchem der Armeeführer aufmerksam machte, daß die äußerste Grenze der noch zulässigen Schwächung seiner Front erreicht sei, und Bedenken für den Fall eines möglichen italienischen Angriffes äußerte, bemerkte die Heeresleitung, daß sie sich der durch ihren Entschluß entstandenen vorübergehend schwierigen Lage der 5. Armee bewußt wäre, und daher die aus dem Bericht sprechende ruhige und zuversichtliche Auffassung voll zu würdigen wisse. Übrigens werde sie trachten, das Kräfteverhältnis an der Isonzofront, wenigstens der Zahl nach und artilleristisch wieder zu bessern, für den Fall eines neuerlichen großen italienischen Angriffes aber helfend eingreifen2). Erst am 3. März wurde das Armeekmdo. über die Offensivpläne der Heeresleitung unterrichtet.

Plan und Durchführung des italienischen Angriffes

In den ersten Märztagen setzte ein außerordentlich reger Verkehr auf den italienischen Bahnen in Venetien ein, der bis gegen die Mitte des Monates anhielt. Der eigentliche Grund konnte von uns nicht erkannt werden; ein Teil der Transporte bestand wahrscheinlich aus den schon erwähnten Au stau sch truppen und aus Ersätzen. Anzeichen für ein Abziehen von Kräften lagen nicht vor. Auch die schwere Artillerie schien vor der Front der 5. Armee bisher nicht wesentlich vermindert worden zu sein3).

*) Insgesamt waren von der Isonzofront bis Ende des Monats abgegeben worden: 12 FKn-, 8 GbKn-, 8 EHb-, 2 GbHb-, 6 schwere Kn-, 8 schwere Hb-, 2-15 cm-Ms-, 2-24 cm-Ms- und 3-30.5 cm-MsBatterien (vgl. auch Blge. 2).

2)    Für Mitte März stellte das AOK. auf Grund der über den Feind eingelangten Nachrichten folgenden schätzungsweisen Vergleich der beiderseitigen Kräfte auf:

Verhältnis der k.u.k. 5. Armee zur italienischen 3. Armee und zum italienischen II. Korps wie 1 : 2.6; Verhältnis der k.u.k. 10. Armee zur Karnischen Gruppe, zum IV. und zum VIII. Korps der Italiener wie 1:1.7; Verhältnis der k.u.k. Streitkräfte in Tirol zu der 1. und der 4. Armee der Italiener wie 1.9 : 1.

3)    Die Gruppierung der italienischen Streitkräfte anfangs März zeigt die Big. 8.

Warum der Kampf am Isonzo im März trotz der Ungunst des Wetters und bevor noch die Vorbereitungen für die geplante allgemeine Offensive beendet waren, wieder aufgenommen wurde, ist aus dem Einleitungssatz zum Befehl des italienischen Oberkmdos. zu entnehmen, in dem es heißt: „Die allgemeine Lage macht aus Gründen der Bündnispflicht nötig, mit größter Tatkraft die uns gegenüberstehenden feindlichen Kräfte festzuhalten und ihre Verschiebung auf andere Kriegsschauplätze zu verhindern1).“

Cadorna war mit Rücksicht auf die ihm nicht verborgen gebliebene bedrohliche Ansammlung starker öst.-ung. Kräfte in Südtirol durchaus nicht für ein vorzeitiges Losschlagen an der küstenländischen Front eingenommen; aber zwei Gründe hatten seinen Entschluß zum Angriff im März wesentlich beeinflußt. Der eine lag in der Notwendigkeit, sich durch den Kampf Einblick und Gewißheit über die gar nicht geklärte Lage und die Absichten beim Gegner zu verschaffen; der zweite, viel schwerer wiegende, war die durch die Ereignisse bei Verdun bedingte Aufforderung der französischen Heeresleitung zu einem Entlastungsangriff gemäß den noch im Dezember 1915 getroffenen Vereinbarungen von Chantilly.

Einen festen Plan für die Durchführung dieser Entlastungsoffensive hatte sich die italienische Heeresleitung nicht zurechtgelegt; auch die Wahl der Operationsziele hatte Cadorna seinen Armeeführern mehr oder weniger freigestellt. Sie sollten die Ziele auf Grund der im bisherigen Stellungskampf erreichten Ergebnisse und nach der Lage in ihren Abschnitten selbst bestimmen, aber sich dabei die Hauptziele aller bisherigen Schlachten, die Eroberung von Görz und die Wegnahme von Tolmein, vor Augen halten. Bei der Gleichgültigkeit, die anscheinend dieser Entlastungsoffensive entgegengebracht wurde, und bei dem Mangel eines leitenden Gedankens zerfiel die Schlacht in eine Reihe unzusammenhängender Teilangriffe, die ohne jedes Ergebnis blieben. Der Zweck, die öst.-ung. Truppen an der Isonzofront festzuhalten, wurde nicht erreicht, denn gerade als die italienischen Angriffe gipfelten, war auch die Verlegung der abzugehenden Divisionen im vollsten Zuge.

Da das Wetter größere Kampfhandlungen am oberen Isonzo noch nicht zuließ, hatte die italienische 3. Armee die Hauptlast des Kampfes zu tragen. Der Herzog von Aosta hatte dem starken VI. Korps die Eroberung der Podgora als Ziel gesetzt; das XI. Korps hatte im Abschnitt Mt. S. Michele—S. Martino anzugreifen und gleichzeitig bei Mainizza einen

r Ital. Gstb. W., III, Text 178; Dokumente, 172.

Übergang über den Isonzo zu versuchen oder wenigstens die kleine Schotterinsel bei dem eben genannten Orte zu besetzen. Das XIII. Korps sollte einzelne, im Angriffsbefehl näher bezeichnete Grabenstücke nehmen und das VII. Korps die vorspringenden Teile der öst.-ung. Stellungen östlich von Selz und an der großen Straße bei Bagni (östlich von den Adriawerken) gewinnen. Zu Täuschungszwecken sollte der Kampf mit kleinen Vorstößen und Unternehmungen am 8. März eingeleitet werden.

Am 11. März begann die italienische Artillerie an der ganzen Front ein lebhaftes Feuer aller Kaliber gegen die öst.-ung. Kampfstellungen und die Anmarschstraßen zu richten, das trotz unsichtigen Wetters nachtsüber und am folgenden Tage fortgesetzt wurde, während Stoßtrupps die Hindernisse vor unseren Gräben zu zerstören versuchten. Erst am 13. kam es zu örtlich begrenzten, mitunter heftigen und bis zum Handgemenge geführten Teilangriffen der italienischen Infanterie an den altgewohnten Brennpunkten der Front.

Während es beim VI. Korps nur einem einzigen Bataillon gelang, am 14. in einem schmalen Grabenstück auf der Höhe -<>- 184 beiLucinico vorübergehend einzudringen, griff das XI. Korps auf der Karsthochfläche zäher an. Den stärksten Angriff führten am 13. März etwa sechs bis acht Bataillone der 21. ID. bei S. Martino, wo sich das erprobte k.u.k. IR. 46 gegenüber sechs durchgeführten Sturmangriffen siegreich behauptete. Am gleichen Tage griffen die Italiener noch bei Selz, am 14. bei der Wegkote 111 östlich von Polazzo, am 15. nächst der Höhe -<>• 197 westlich von S. Martino und am 16. südöstlich von Peteano mit Gruppen von Bataillons- bis Regimentsstärke an. Sämtliche Vorstöße scheiterten völlig und mögen dem Feinde namhafte Opfer gekostet haben.

Bei der italienischen 2. Armee führten die vom Armeekmdo. befohlenen Angriffe zu keinem Erfolg (S. 159).

Mit dem 16. März kann das von den Italienern unter bedeutendem Aufwand von Schießbedarf ins Werk gesetzte Unternehmen als beendet betrachtet werden1). Diese Angriffe wurden, obwohl sie an keiner Stelle den Charakter eines einheitlichen Großkampfes annahmen, als „fünfte Isonzoschlacht“ bezeichnet, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, um dem Feinde die eigene Auffassung der Märzkämpfe als eine ernst zu nehmende „Schlacht“ vorzutäuschen und damit im Zusammenhange das Abgehen der eigenen Kräfte vom Isonzo unglaubwürdig zu machen.

Als weitere Verschleierungsmaßnahme wurde ein Zuzug von Trup*) Die Verluste der italienischen 3. Armee in dieser Zeit betrugen 83 Offiziere und 1800 Mann; die Verluste der k.u.k. 5. Armee 485 Tote und 1500 Verwundete.

pen durch entsprechende Marsch- und Lagerübungen der Marschformationen, Errichtung von Unterkünften, Ausladeübungen und dergleichen vorgetäuscht. Schließlich war eine Reihe von Angriffsuntemehmen vorgesehen, die zugleich auch zur Verbesserung der Kampfverhältnisse an geeigneten Frontstellen führen sollten.

Am 14. März wies die Heeresleitung in der Erwartung größerer Kämpfe der 5. Armee die 34. ID. zu, die bis zum 25. vom russischen Kriegsschauplatz eintraf und bei Ranziano als Armeereserve versammelt wurde. Mit dieser Division erreichte die Armee wieder einen Stand von 113 Bataillonen; die mit dem Abgehen des III. Korps und der 18. ID. vorübergehend eingetretene Spannung durfte damit als überwunden angesehen werden. Die Division konnte indessen, da die Lage am Isonzo wieder ruhig geworden war, bald darauf zur Verfügung des AOK. gestellt werden und ging vom 2. April an nach Tirol ab.

Die Einleitung der Frühjahrsoffensive gegen Italien

Conrads endgültiger Entschluß zur Offensive

Der ernste persönliche Zwist zwischen den Generalstabschefs der beiden verbündeten Mittelmächte, der aus der Meinungsverschiedenheit über die Kriegführung auf dem Balkan entstanden war, fand nicht zuletzt dank der Vermittlung durch die Generale Metzger und v. Cramon Ende Jänner 1916 einen versöhnlichen Abschluß. Das weithin sichtbare günstige Ergebnis des Unternehmens gegen Montenegro und Albanien mochte Conrad den Entschluß erleichtert haben, an Falkenhayn den ausbedungenen Entschuldigungsbrief zu schreiben; den tieferen Antrieb zu diesem Schritte fühlte er jedoch gewiß in dem unausweichlichen Gebot der Stunde, die eine Verständigung über die nächsten Ziele des Krieges dringend erheischte. Der wohldurchdachte, aussichtsreiche, aber durch Falkenhayn im Dezember 1915 abgelehnte Plan einer gemeinschaftlichen Offensive gegen Italien lag Conrad am Herzen.

Am 27. Jänner sah man die beiden Generalstabschefs an der Geburtstagstafel des Deutschen Kaisers wieder in freundschaftlichem Gespräch nebeneinander sitzen1). Die Brücke war geschlagen, und Conrad bat den deutschen Militärbevollmächtigten, er möge bei Falkenhayn für seinen Vorschlag Stimmung machen. GM. Cramon läßt uns wissen, daß

x) Cramon, Bundesgenosse, 46.

Conrad ihm hiebei ausdrücklich erklärte, die Offensive „nur unter Mitwirkung deutscher Kräfte durchführen zu können“1). Die Mission führte nicht zu dem von Conrad erwünschten Ergebnis. Am 3. Februar fuhr der Generalstabschef selbst nach Pleß und schilderte Falkenhayn die Erfolgsmöglichkeiten in beredten Worten. Vergebliche Mühe! Zu dieser Zeit waren die deutschen Geschütze schon vor Verdun aufgefahren und die Angriffsdivisionen stellten sich zu dem gigantischen Ringen bereit, das am 12. Februar beginnen sollte und nur der schlechten Witterung wegen erst am 21. einsetzte.

Aber auch Conrad ging von seinen Absichten nicht mehr ab. Er war gewillt, gegen Italien unter allen Umständen die Offensive zu ergreifen, wenn nötig auch ohne den Bundesgenossen. Allerdings war in den ersten Richtlinien für den Angriff im Südwesten, die am 6. Februar, dem historischen Stichtage der Entschlußfassung, ausgegeben wurden, die Zusammensetzung der „Marschstaffel“ (Bd. III, S. 587, 593) noch nicht angegeben. Es mußte eben noch nach den öst.-ung. Streitkräften Ausschau gehalten werden, die an Stelle der für diese Staffel vorgesehenen deutschen Truppen einzusetzen waren.

In diesen dem Kommandanten der Südwestfront erteilten Richtlinien sprach das AOK. die Absicht aus, „nunmehr Italien anzugreifen“. Den entscheidungsuchenden Stoß werde GO. Erzherzog Eugen „mit einer Heeresgruppe aus Südtirol, wenn möglich in den Rücken der feindlichen Hauptkraft zu führen haben“. Die sich fortwährend ändernde allgemeine Lage erlaube noch nicht, die Gliederung der Heeresgruppe im einzelnen festzulegen. Es sei geplant, sie auf eine Stärke von 14 Divisionen mit 60 schweren Batterien zu bringen. Aus dem Landesverteidigungskmdo. in Tirol werde das 11. Armeekmdo. mit dem GdK. Dankl an der Spitze hervorgehen. In der beabsichtigten Kriegsgliederung der 11. Armee waren aufgenommen: das III. Korps mit den ihm zugehörenden drei Divisionen, das VIII. Korps mit der 57. und der 59. ID., das XVI. Korps mit zwei Divisionen2), und ein Korps, das XX., das durch Wiedervereinigung der beiden Divisionen des ehemaligen XIV. Korps entstehen sollte, und zu dessen Führung der mittlerweile zum Feldmarschalleutnant beförderte Thronfolger Erzherzog Karl Franz Joseph ausersehen war.

Fest umrissen war die Aufgabe dieser Armee: „zwischen Etsch und Suganatal, mit gut zusammengehaltener Hauptkraft über die Hoch-

x) Cramon, Bundesgenosse, 47.

2) Später wurde statt des XVI. Korpskmdos. das XVII. bestimmt und diesem die 18. und die 48. ID. unterstellt.

flächen von Folgaria—Lavarone auf Thiene—Bassano vorzustoßen.“ Hingegen war die Zusammensetzung und Bestimmung „einer weiteren Armee, die hinter der elften herangebracht und je nach der Lage, wenn möglich aber zur Ausnützung des Erfolges beim Austritt aus dem Gebirge, verwendet werden sollte“, nur angedeutet.

Weiters wurde dem GO. Erzherzog Eugen eröffnet, daß die nicht in den Angriffsabschnitt eingeschlossenen Teile der Landesverteidigung von Tirol unter den Befehl des GdI. Roth (XIV. Korpskmdo.) treten würden, ferner daß die materielle Vorbereitung wie auch die Versammlung der „Heeresgruppe Erzherzog Eugen“ vom AOK. geleitet und etwa acht Wochen dauern werde.

Pläne des Heeresgru-ppenkommandos Erzherzog Eugen imd des 11. Armeekommandos

Hiezu Beilagen 6 und 9

GO. Erzherzog Eugen wie auch sein Generalstabschef, FML. Alfred Krauss, hatten schon seit Jahr und Tag darüber Gedanken gesponnen, wie dem kräftezehrenden, unfruchtbaren Stellungskrieg an der Südwestfront ein Ende bereitet werden könnte. Die günstige Entwicklung der Gesamtlage Ende 1915 ließ auch in Marburg, dem Hauptquartier des Erzherzogs Eugen, die Hoffnung aufkeimen, daß die Zeit nicht mehr ferne sei, in der man den an der Südwestfront nagenden Feind mit einem kräftigen Schlage abzuschütteln vermöchte. Doch die Heeresleitung vermied den vom Erzherzog hierüber gewünschten Gedankenaustausch. So kamen die Richtlinien des Oberkommandos vom 6. Februar dem Kommando der Südwestfront zwar nicht unerwartet, aber sie überraschten doch durch die gemessene Form, in der der vollendete Beschluß zur Offensive allein aus Südtirol ausgeprägt war1).

Ungesäumt legte es dem Armeeoberkommando seine Auffassung über die Durchführung der Weisungen dar und gab seiner Meinung freimütig darüber Ausdruck, daß mit dem Erreichen der Linie Thiene—Bas-sano nur der erste Schritt getan sei. Die in Aussicht genommene Wirkung in den Rücken der feindlichen Hauptkraft könne es erfordern, daß die 11. Armee nach Erreichen dieser Linie die Offensive ohne wesentlichen Aufenthalt fortsetze. Durch diese Forderung träte die Frage der Ver-

*) Krauss, Die Ursachen unserer Niederlage (3. Auflage, München 1923), 185.

sorgung in den Vordergrund. Die drei Straßen über das Gebirge würden nicht hinreichen; die 11. Armee bedürfe zur Erhaltung ihrer Operationsfähigkeit nach dem Heraustreten in die Ebene einer Bahnlinie. Diese Forderung bedinge, schon beim ersten Ansetzen der Kräfte auf möglichst frühzeitige Besitznahme des Brentatales Bedacht zu nehmen.

„Aber auch die taktischen Rücksichten“, berichtete das Kommando der Südwestfront, „verweisen auf eine breitere Gliederung der Angriffsgruppe unter Einbeziehung der Val Sugana. In dem für das Ansetzen der Hauptkraft gegebenen Angriffsraum von nur 20 km wird die große Überlegenheit an Kraft nicht zur Geltung kommen. Anderseits wird durch die geringe Frontbreite die Gefahr feindlicher Einwirkung gegen die Flanke, besonders beim Heraustreten aus dem Gebirge, wesentlich erhöht. Die neue Armee, welche erst hinter der 11. das Gebirge durchziehen soll, wird nur unter großen Schwierigkeiten helfend eingreifen können. Vermischungen der Verbände, Änderungen in den Befehlsverhältnissen werden unvermeidlich.“ Erzherzog Eugen schlug daher vor, beide Armeen von Haus aus nebeneinander einzusetzen; die eine, sieben Divisionen stark, im Raume von der Etsch bis zum Suganatal, dieses ausgenommen, die andere, zunächst aus zwei Divisionen gebildet, durch das Tal und dessen nördliches Anland etwa bis zur Linie Castel Tesino—Fonzaso. Das Gelände, durch den Steilabfall südlich der Brenta deutlich in zwei Teile geschieden, spräche für diese Teilung der Armeebereiche. Des weiteren wurde betont, daß sich für den sehr wesentlichen Anfangserfolg bei der Suganagruppe der große Vorteil eines Flankenstoßes aus dem Fleimstal ergäbe, der große Wirkung auf die feindlichen Kräfte bei Borgo erwarten ließe. Die später eintreffenden fünf Divisionen würden je nach der Kampflage und je nach Bedarf vom Heeresgruppenkmdo. entweder der Suganaarmee oder der 11. Armee zugewiesen werden. Das Heeresgruppenkmdo. könne durch einheitliche Leitung beider Armeen seinen Einfluß auf die Führung des Durchbruches ausüben. Im Falle nur die 11. Armee den Durchbruch ausführe, müsse die Durchführung dem Armeekmdo. überlassen bleiben. Das Heeresgruppenkmdo. wäre dann nur eine unnütze Zwischenstelle zwischen der Heeresleitung und der 11. Armee.

Das AOK. nahm diesen vom lebhaften Eifer des Kommandos der Südwestfront Zeugnis gebenden Bericht zur Kenntnis und antwortete ausweichend, es würde jetzt durch eine Ergänzung seiner für die Durchführung der Aufgabe volle Freiheit lassenden ersten Weisungen der weiteren Entwicklung der Dinge nur vorgreifen. Die im großen gegebene Raumbegrenzung für die 11. Armee schließe nicht aus, daß auch nördlich des Suganatales die notwendigen Kräfte vorgehen. Die übrigen Darlegungen des Kommandos der Südwestfront, wonach dieses mit größter Beschleunigung die Auslösung der für Tirol bestimmten Kräfte durchführen und hiebei sogar über den gestellten Rahmen hinausgehen werde, fanden in Teschen die vollste Zustimmung. GO. Conrad genehmigte auch den Antrag, daß das als zukünftiger engerer Stab des 11. Armeekmdos. in Aussicht genommene Landesverteidigungskommando über die Absichten der Heeresleitung in vollem Umfange unterrichtet werde.

Dem Landesverteidigungskommandanten, GdK. Dankl, wurde nunmehr durch die ihm am 11. Februar von Marburg erteilte ausführliche Anweisung „Gelegenheit gegeben, bereits auf die ganze Anlage (besonders die Aufstellung der schweren Artillerie) in dem Sinne Einfluß zu nehmen, wie es der vom Armeekommandanten beabsichtigten Lösung der Aufgabe der 11. Armee am besten entspricht“.

Einige Tage später erfuhren jedoch die von der Heeresleitung festumschriebenen Raumgrenzen der 11. Armee eine Lockerung. Das Kommando der Südwestfront teilte dem GdK. Dankl die Hauptzüge seiner dem AOK. dargelegten Auffassung sowie dessen Antwort mit und befahl ihm, einen Plan für das Ansetzen der Kräfte der 11. Armee bei Berücksichtigung der Absichten des Kommandos der Südwestfront zu entwer-fen.Nach Studium und Prüfung mehrerer Möglichkeiten legte GdK.Dankl den Entwurf am 18. Februar vor. Er gedachte, das XX. Korps über die Hochfläche von Folgaria, das III. (drei ID.) über jene von Vezzena anzusetzen, das VIII. zunächst im Raume Calliano-Matarello als Armeereserve bereitzustellen, in der Absicht, mit dem III. Korps den Raum von Asiago, mit dem XX. die Höhen nördlich des Posinatales, den Borcolapaß mitinbegriffen, zu gewinnen. Das XVII. Korps sollte vorerst das Becken Borgo—Strigno, dann den Raum Castel Tesino—Brocon— Canale S. Bovo gewinnen, und hiezu mit je einer Division in der Val Sugana und über die Fassaner Alpen, die Sforc. di Sadole eingeschlossen, vorbrechen. Zur Sicherung des Hauptstoßes in der Südflanke beabsichtigte GdK. Dankl von einer aus Truppen der Tiroler Landesverteidigung zu bildenden Division die Hauptkraft (88. KSchBrig.) zwischen dem Gardasee und der Etsch in die Linie Altissimo—Vignola verstoßen zu lassen, während die 181. IBrig. ihre Stellung Mori—Rovereto—Ser-rada halten sollte.

Ein vom Erzherzog Eugen beabsichtigter Besuch in Tirol zur Besprechung mit dem GdK. Dankl unterblieb auf Wunsch des AOK., damit kein Aufsehen erregt werde. Hingegen fand sich der Generalstabs

chef der 11. Armee, GM. Pichler, beim Kommando der Südwestfront ein, wo am 27. Februar der Plan eingehend erörtert wurde. Auf Grund dieser Besprechung, die allerdings nicht zu einem vollen Einverständnis der beiden Generalstabschefs führte, formte das Heeresgruppenkmdo. am 28. den Auftrag für die 11. Armee:

„Angriff zwischen Etsch und dem nördlichen Steilrand, des Plateau von Vezzena. Ziel: die Linie Thiene—Bassano. Die Hauptkraft hat über die Hochfläche von Folgaria und Lavarone vorzugehen. Eine rechte Nebengruppe hat über den Piano della Fugazza vorzurücken, die Befestigungen der Val Leogragruppe zu nehmen und über Schio vorzudringen. Flankensicherung in der Linie Mori—C. Levante—Mt. Zevola. Ueberdies hat eine Val Suganagruppe teils aus der Richtung Pergine, teils mit Ausnützung der flankierenden Angriffsrichtung aus dem Fleimstal vorzugehen, die Befestigungen um Primolano und sodann die Bahnlinie bis Bassano in Besitz zu nehmen. Flankensicherung in der Linie Cima d’Asta—Brocon—Fonzaso. Die Ausscheidung einer Armeereserve wird nicht nötig sein, da zurZeit, wo der Angriff der 11. Armee beginnt, bereits zwei bis drei Divisionen der 3. Armee zur Stelle sein dürften, die im Bedarfsfalle vom Heeresgruppenkmdo. eingesetzt werden könnten, um Stockungen im Vorwärtsdringen der 11. Armee zu beheben. Es diene Euer Exzellenz zur Kenntnis, daß ich vorläufig beabsichtige, die 3. Armee links der 11. einzusetzen.“

Fast zur selben Stunde, als dieser Auftrag nach Bozen abgesandt wurde, traf in Marburg der Befehl des AOK. ein, es möge berichtet werden, welche Befehle dem Landesverteidigungskmdo. für die Durchführung der Aufgabe der 11. Armee und für den ihrem Angriff vorangehenden Aufmarsch der gesamten schweren Artillerie erteilt wurden und welche Verwendungsmöglichkeiten für die 3. Armee in Erwägung gezogen werden.

Am 1. März meldete das Kommando der Südwestfront den vorerwähnten, dem 11. Armeekmdo. erteilten Auftrag. Es fügte erklärend bei, daß es die 3. Armee deshalb links der 11. Armee einsetzen wolle, weil hauptsächlich im Osten mit dem Auftreten starker, von der Isonzofront gegen den Angriffsraum der Heeresgruppe herangeführter feindlicher Kräfte zu rechnen sei.

Diese Absichten fanden bei GO. Conrad entschiedene Ablehnung. Er ordnete am 3. März an: „Das AOK. muß nach den reichen Erfahrungen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen fordern, für das erste und entscheidende Ziel des Durchbruches die gesamte geschlossene, tiefgegliederte 11. Armee und die gesamte Artilleriekraft, ohne nach rechts oder links auszugreifen, mit voller Wucht einzusetzen. Daher kann von einem gleichzeitigen Durchstoßen in der Sugana keine Rede sein. Die dortige italienische Front ist nach gelungenem Durchbruche über Arsiero—Asiago nicht länger haltbar; dann erst kann der Zeitpunkt für ein Zusammenschießen der Werke von Primolano gekommen sein, vor allem deshalb, weil erst dann die hiezu erforderliche Artillerie verfügbar sein könnte. Ein Vorgehen im Simie dieser Forderungen läßt erhoffen, daß die 11. Armee ihre Aufgabe, auf Bassano und Thiene vorzustoßen, aus eigener Kraft erfüllt, die 3. aber nicht vorzeitig verausgabt wird, sondern für die noch nicht abzusehenden Möglichkeiten in der Hand des Heeresgruppenkmdos. bleibt.“

Gegen diesen bestimmten Befehl gab es keine Einwendung mehr. Das Kommando der Südwestfront setzte daher den am 28. Februar der 11. Armee erteilten Auftrag außer Kraft; nur die ersten Weisungen der Heeresleitung und ihr Befehl vom 3. März blieben gültig.

Waren derart von der Heeresleitung die Aufgaben der Angriffsgruppe neuerlich fest umschrieben worden, so hatte inzwischen die Frage des Krafteinsatzes auf dem rechten Flügel der 11. Armee geschwankt. GdK. Dankl hatte gegen den Auftrag, mit einer rechten Nebengruppe über den Piano della Fugazza und Schio vorzudringen, telegraphisch Bedenken erhoben. Mit einem Erfolg sei dort anfangs April des hohen Schnees wegen keinesfalls zu rechnen. Würden demnach dort zwei Divisionen vorgehen, so wären dann alle Kräfte der Armee gleichmäßig verteilt, demnach der Befehl, „mit gut zusammengehaltener Hauptkraft über die Hochflächen von Folgaria—Lavarone vorzustoßen“, nicht erfüllbar. Das Kommando der Südwestfront hatte diese Bedenken zu zerstreuen versucht und bezüglich der Kraftverteilung darauf hingewiesen, daß auf den Hochflächen beim Angriff anfänglich höchstens fünf Divisionen Raum finden könnten.

Auch dieser Meinungsaustausch fand nun durch das Eingreifen der Heeresleitung ein Ende. Ihren Befehl vom 3. März ergänzend, verfügte das Kommando der Südwestfront, um allen Zweifeln vorzubeugen, daß die Suganagruppe, von der die 48. ID. zu dieser Zeit bereits im Fleimstal einzutreffen begann, samt der ihr zugedachten Artillerie dem 11. Armeekommando auf den Hochflächen zur Verfügung stehe, und daß die beabsichtigte Ablösung der Landesverteidigungstruppen des Grenzabschnittes Val Sugana durch Teile des XVII. Korps zu unterlassen sei. Dadurch konnte das 11. Armeekmdo. das VIII. Korps für die vom Heeresgruppenkommando so nachdrücklich gewünschten Angriff über den Piano della Fugazza in Aussicht nehmen.

Der Angriffsplan der 11. Armee, der für die materielle Vorbereitung, für die Versammlung und für den Aufmarsch der Artillerie maßgebend war, spiegelt sich in der am 31. März vom GdK. Dankl erlassenen und vom Heeresgruppenkmdo. gutgeheißenen Angriffsweisung wider. Dieser gemäß sollte die Armee zwischen Etsch und dem zur Brenta abstürzenden Nordrand der Hochflächen durchbrechen, das XX. Korps in der Mitte, Richtung Arsiero, das VIII. rechts mit dem nächsten Ziel Coni Zugna— Col Santo—Borcolapaß, das III. Korps links, Richtung Asiago, wobei vorgesehen wurde, den Kempeirücken durch eine besonders ausgewählte Abteilung dieses Korps überraschend in Besitz zu nehmen. Das XVII. Korps sollte bei Pergine und südlich von Trient die Armeereserve bilden.

Diesen Plan nahm die Heeresleitung mit der Bemerkung zur Kenntnis, „daß bei der Disponierung des Angriffes die ersten Ziele nicht zu weit, das heißt nicht über mehrere befestigte Linien des Feindes hinweg, gesteckt werden, da hierunter die Wucht des Stoßes und die Ordnung erfahrungsgemäß“ zu Schaden kämen. „Auch auf das Zusammenhalten der Hauptkraft der 11. Armee gegen die Mitte“, betonte das AOK., „wird dauernd hinzuwirken sein, um zu vermeiden, daß die Flügelkorps zu breit werden.“

Vorbereitungen und Versammlung der Streitkräfte Die Grundlagen der Vorbereitung Hiezu Beilagen 7 und 9

Die Vorsorgen zur Offensive stellten den Generalstab vor Aufgaben, wie sie selbst dieser allumfassende Krieg noch nicht aufgeworfen hatte. Es galt, eine gewaltige Truppenmasse zunächst in dem lang hingestreckten, aber drückend engen Etschtale zu versammeln.

Fürs erste bot schon das Heranführen der Infanteriedivisionen und der schweren Artillerie vom Balkan, vom russischen Kriegsschauplatz, von Kärnten und vom Isonzo sowie der Zuschub ungeheurer Mengen an Munition, Verpflegung und vielartigem Kriegsgerät auf der zweigeleisigen Westbahn Wien—Innsbruck1), dann über den verschneiten Brenner,

!) Der Ausbau des zweiten Geleises auf den Westbahnteilstrecken Schwarzach-

S. Veit—Saalfelden und Kitzbühel—Wörg] war erst am 25. August 1915 vollendet. An diesem Tage wurde der durchlaufende doppelgeleisige Betrieb aufgenommen.

sowie auf der sehr ungünstig bei Franzensfeste einmündenden, bei Sillian im feindlichen Feuer stehenden eingeleisigen Pustertalbahn beträchtliche Schwierigkeiten.. Des weiteren forderte die Regelung der Ausladung in den hintereinanderliegenden, infolge der Talenge vielfach beschränkten Bahnhöfen und der Übergang auf die einzige immer neben der Bahnlinie dahinlaufende Reichsstraße, über die schließlich alle Truppenteile marschieren mußten, dann die Unterbringung von Mann und Gerät bis zur Zeit ihrer Verwendung größte Sorgfalt. Nebst anderem war die Vermeidung von Stauungen und Anschoppungen mit ein Grund gewesen, der die Verfasser des ersten Operationsplanes auf den an sich nicht alltäglichen, aber doch wohl folgerichtigen Gedanken gebracht hatte, die Kräfte in zwei Armeen zu teilen: in eine für den Durchbruch besonders ausgestattete und in eine zweite für den Nachstoß, die im schmalen Etschtale notwendigerweise hinter der ersten aufmarschieren sollte. Mochte man auch die Heereskörper nach einem Antrage des Landesverteidigungs-kmdos. vorübergehend in die höher gelegenen Seitentäler verschieben, dies auch, um sie der Sicht und Schädigung durch feindliche Flieger zu entziehen, so verminderte das nur wenig das Truppengedränge im Etschtale, mußte aber vielfach Umwege hervorrufen, die das AOK. vermieden wissen wollte.

Die materielle Vorbereitung an Ort und Stelle und die Regelung der Unterkünfte übertrug die Heeresleitung dem Gstbsobst. Ziller, der mit außerordentlichen Vollmachten ausgestattet und nur an die Anordnungen des AOK. gebunden, am 10. Februar in Trient eintraf.

Aus dem durch mildes Klima ausgezeichneten Etschtale, das zwischen Bozen und Trient eine durchschnittliche Seehöhe von 200 m aufweist, mußten die Truppen durch die Enge von Trient durchgezogen und hinaufgeführt werden zum Kampfe in den Lessinischen Alpen, die zwischen Etsch und Brenta wie ein gewaltiger, rund 2000 m hoher und etwa 30 km breiter Schutzdamm den Zutritt in die oberitalienische Tiefebene sperren.

Dieser Gebirgswall, der üblicherweise, aber nicht ganz zutreffend, in seinen verschiedenen Teilen als „Hochfläche“ bezeichnet wird, kann mit einer ungeheuren Kalksteinplatte verglichen werden, die eine Naturgewalt zerschlagen hat. Kreuz und quer liegen die Trümmer, durch tiefe Täler und Schluchten getrennt. Ganz selten bilden sie wirkliche Flächen. Manchmal scheinen sie völlig auf die Kante gestellt zu sein; so der schmale Rücken zwischen Etsch und Vallarsa, der die Coni Zugna (1865 m) und die Cima Levante ('2021m) trägt. Auch der von ihm durch die Vallarsa getrennte Koloß mit dem Col Santo (2114 m) und dem Pasubio (2236 m) geht ostwärts in einen schmalen Rücken über, auf dem die kleine Platte des Mt. Novegno (1552 m) und des Mt. Priaforä (1653 m) sitzt. Zackig abgerissen ist der Block, der zwischen den tief eingeschnittenen Tälern des Terragnolo- und des Posinabaches einerseits und der Val d’Astico anderseits liegt. Nur in dem Gegenüberhalt zu den felsigen, schroff abstürzenden Rändern mag für seinen Nordwestteil, der in unregelmäßig geformten Stufen gegen Folgaria (1163 m) abfällt, um jenseits die mächtigen Pyramiden Cornetto (Hornberg, 2052 m) und Filadonna (2150 m) aufzubauen, die Bezeichnung „Hochfläche“ Geltung haben. Im Südteil dieses Blockes türmen sich ohne richtigen Zusammenhang der Mt. Coston (1753 m), der Laste alte (1821m), der Coston d’Arsiero (1779 m), der Mt. Campomolon (1855 m) und der Mt. Toraro (1899 m) auf. Der Mt. Maggio (1857 m) und die Cima Malingo (1874 m) krönen die Südwestkante, die eine schmale Rippe südwärts zum zerklüfteten Mt. Majo (1500 m) sendet. Östlich führt ein Übergang bei dem Sp. Tonezza (1696 m) abwärts zur To-nezzaplatte, die mit dem Mt. Cimone (1230 m) plötzlich abbricht.

Zutreffender ist der Begriff Hochfläche für jenen Block, auf dem sich die Gemeinde Lavarone ausbreitet. Zwischen 1150 m und 1400 m schwanken hier die Höhenmarken. Nur der Hochleiten (1528 m) am Nordrand überragt sie. Auch der Gebirgsteil östlich davon zwischen dem Rio Torto und der Reichsgrenze wurde vielfach Hochfläche von Vezzena genannt. Ihr Nordrand mit der Cima di Vezzena (1908 m) und der Cost’ alta (2051m) steht am höchsten.

Jenseits der Grenze und östlich vom Astico breiten sich die „Sieben Gemeinden“ (sette comuni) aus. Von der Ferne besehen, liegen hier zwei mächtige, regellos gewellte Platten. Die eine, mit ihrer Bruchkante, Mt. Kempel (2310 m)—Cima Dodici (2338 m)—Cima Maora (2125 m), steil von der Val Sugana aufragend, ist im allgemeinen gegen Süden und Südosten schief geneigt. Durch einen klaffenden Sprung, die Assaschlucht, ist ein mächtiges Stück, das den Mt. Verena (2019 m) und die Cima di Campolongo (1710 m) trägt, von ihr abgetrennt. Im Nordteil ist sie besonders stark verkarstet und zeigt ein Gewirr von Spitzen und Löchern, aus dem der vom Mt. Kempel (2310 m) gegen den Mt. Meata (1845 m) sowie der durch den Corno di Campoverde (2129 m) gekennzeichnete, gratartige Felskamm deutlich hervortreten. Ihr östlicher Teil trägt die isolierte kahle Berggruppe mit dem Mt. Meletta (1827 m), der auch Mt. Fior heißt, und den Kegel des Mt. Lisser (1636 m), bevor er in die Brentaschlucht abstürzt.

Die zweite große Platte liegt umgekehrt, gegen Norden abgedacht, und zeigt die höherstehende Bruchkante mit dem Mt. Cengio (1351 m), dem Mt. Paü (1420 m), der Cima di Fonte (1519 m) und dem Mt. Bertiaga (1358 m) mehr oder weniger deutlich im Süden. Das untere Assatal, die Yalle dei Ronchi und die Frenzellaschlucht trennen die beiden Platten; nur an der Senke von Asiago (1000m) hängen sie zusammen.

In seiner Gesamtheit wie auch im einzelnen bildete somit das zu überschreitende Kampfgebiet eine keineswegs leicht gangbare Hochfläche. Steil aufragende Höhen, tief eingerissene Talfurchen und unzugängliche Felswände formten ein in vielen Teilen verkarstetes und wasserarmes Gelände, das die Italiener in mehreren hintereinanderliegenden Stellungen zu einem schier unüberwindlichen Festungsgürtel ausgebaut hatten.

Um die Angriffstruppen für den Kampf und für die Bewegung in diesem äußerst schwierigen Berglande zu befähigen, bedurften sie wenigstens eines Teiles jener besonderen Ausstattung, die man schlechthin „Gebirgsausrüstung“ zu nennen pflegte. Nicht alle der hiefür gewählten Divisionen brachten diese mit. Auch das war ein Grund zur erwähnten Gliederung der Heeresgruppe in zwei Armeen.

Nur ein ganz kleines Stück des Gebirgswalles, die Hochflächen von Folgaria und Lavarone, befand sich, dank der noch im Frieden durch GO. Conrad veranlaßten gründlichen Befestigung, in öst.-ung. Besitz. Es bildete gewissermaßen ein Sprungbrett für die Offensive und bekam nun größte Bedeutung für die Aufstellung der mächtigen Geschützmassen, die notwendig waren, um den durch Natur und Kunstbauten so begünstigten Feind niederzuringen. Zur Leitung des Aufmarsches der Artillerie, die möglichst ohne Aufenthalt von den Ausladeorten weg in Stellung zu gehen hatte, wurden unter den hervorragendsten Offizieren des Artilleriestabes zunächst Obst. Janečka und Obst. Franz Portenschlag berufen. Ihrem Vorschläge gemäß drang das AOK. darauf, daß auch möglichst viel schwerste Batterien zu dem etwa für Ende März in Aussicht genommenen Beginn der Offensive in Höhenstellungen feuerbereit stünden. Übermenschliche Leistungen mußten gefordert werden, um die vielen schweren Geschütze und ihren gewichtigen Schießbedarf auf den Bergstraßen hinaufzufahren. Zur Instandhaltung der Aufmarschstraßen, zum Bau von Drahtseilbahnen und zur Errichtung von Notunterkünften und Lagerstätten wurden zahlreiche Arbeiterabteilungen aufgeboten.

Der geschützte Raum von Folgaria—Lavarone war zugleich als Nachschubbasis für jene fernere Zeit vorbestimmt, in der die Masse der Heeresgruppe die feindlichen Stellungen durchbrochen und den Ge-birgsrand erreicht haben werde. Durch drei Straßen mit der Eisenbahn verbunden, war er auch dank der Drahtseilbahnen, die mit aller Tatkraft ausgebaut wurden und schließlich über 300 t Nutzlast täglich förderten, ein Stapelplatz für allerlei Kriegsgüter, die dann auf den Straßen über die Sieben Gemeinden und Arsiero den Truppen zugefahren werden sollten. Kam die von Rovereto beiderseits der Vallarsa eingesetzte Flügelgruppe vorwärts, so öffnete sie ferner noch die Nachschubstraße über den Piano della Fugazza nach Schio und zugleich auch den Weg über den Borcolapaß. Zur ersten, raschesten Wiederherstellung der gewonnenen, vom Feinde wahrscheinlich unterbrochenen Straßen und zur Verknüpfung der beiderseits jetzt bis zu den Kampfstellen gebauten Wegstücke waren zunächst die technischen Truppen der Heereskörper berufen. Die Bereitstellung von Brückengerät und von besonderen Bauabteilungen war jedoch eine Aufgabe der Vorbereitung, in deren Rahmen auch die Beschaffung von Lastkraftwagen für den gedachten Nachschub fiel.

Das Kommando der Südwestfront hatte schon in seiner Stellungnahme zu den ersten Weisungen des AOK. sein Augenmerk stark auf die von diesem angedeuteten ferneren Ziele der Offensive gelenkt und die baldige Gewinnung der Suganabahn als notwendig bezeichnet und auch in seinem Wirkungskreis gleich Anordnungen getroffen, die der Verwendung dieser Bahn gelten sollten. Die Heeresleitung war aber auf eine Erörterung dieser Frage nicht eingegangen; offenbar deshalb, weil die Bahn, die abwärts der Feste Primolano auf einer großen Brücke den Cismon übersetzt, im Canale dei Brenta in den Felswänden eingehauen ist und nicht weniger als elfmal durch Tunnels führt, bevor sie bei Bassano die Ebene erreicht, allzuleicht so gründlich zerstört werden konnte, daß ihre Wiederherstellung unabsehbar lange Zeit beansprucht hätte.

Die Versorgung der Truppen in jener ferneren Zeit mußte auf eine sicherere Grundlage gestellt werden, auf den Nachschub mit Kraftwagen und Fuhrwerk über die Straßen. In Beilage 7 sind die Straßenverbindungen, die man für den Nachschub in Aussicht nehmen konnte, ersichtlich.

Das Aufgebot der Kräfte Hiezu Beilage 2

In den ersten Weisungen zeichnete das k.u.k. AOK. die beabsichtigte Kriegsgliederung der Heeresgruppe Erzherzog Eugen nur in groben Umrissen. Die Masse der 11. Armee war vom Südwestheer zu stellen, und zwar von der 5. Armee das III. Korps mit der 6. und der

2S. ID. sowie der 22. SchD.1), dann die 18. ID., weiters von der 10. Armee die 4S. ID. und endlich aus Tirol die 8. ID., die später den Namen ,,Kaiserjägerdivision“ erhielt. Vom Balkan wurde ihr das VIII. Korps mit der 57. und der 59. ID., vom russischen Kriegsschauplätze die 3. ID.2), die mit der 8.ID. das XX. Korps bilden sollte, und das XVII. Korpskmdo. zugewiesen, das an Stelle des XVI. zur Führung der 18. und der 48. ID. berufen wurde. Über die Zusammensetzung der 3. Armee konnte das AOK. im Februar nicht mehr sagen, als daß geplant sei, aus den in Tirol stehenden Kaiserschützenregimentern eine neue Division zu formieren, aus der 10. Armee auch noch die 44. SchD. und die 8. GbBrig. herauszuschälen (S. 161), vom Balkan die 2. GbBrig. heranzuholen, und drei, vielleicht vier Divisionen der Nordostfront zu entnehmen. Das Abziehen von Truppen dieser Front bildete deshalb den Gegenstand besonderer Erwägung, weil mit der DOHL. Bindungen bestanden, und diese Anfang Mär: zwei deutsche Divisionen aus Wolhynien abzog. Schließlich entschied man sich, das I. Korpskmdo, die 10. ID., die aus der 20. und der ursprünglich zur 11. ID. gehörenden 21. IBrig. zusammengesetzt wurde, die 34. ID. und die 43. SchD. von dort zu holen, ferner das bh. IR. 4, und später das Bataillon IV/96, die nach Kärnten zum teilweisen Ersatz der 44. SchD. gefahren wurden.

Ebenso wie das AOK. darauf bedacht war, die Schwächung der Nordostfront durch Zuschub von Neuaufstellungen und Einreihung von Ersätzen nach Möglichkeit wettzumachen, sah es auch vor, eine ernsthafte Schwächung der Isonzofront durch Zuweisung von zwei bis drei Divisionen anderer Fronten hintanzuhalten. Das Kommando der Südwestfront, das mit größtem Eifer an die neuen Aufgaben herantrat, berichtete indessen, es könne das III. Korps auch ohne Ersatz abgeben, nur zur Ablösung der 18. ID. bedürfe die 5. Armee eines anderen Armeekörpers. Das AOK. wies ihr die auf dem Balkan freigemachte, zum größeren Teil aus Landsturm bestehende 62. ID. und zu deren Ergänzung die Gruppe Obstlt. Maderspach (k. u. LstlR. 2 und FsIBaon. 6) zu (S. 168), ferner vom Nordosten die 21. LstGbBrig., die erst Ende Jänner

J) Die 22. SchD. bestand aus der 43. SchBrig. und aus der ursprünglich zur

9. ID. gehörenden 18. IBrig. (IR. 11 und 73).

2) Die 3. ID. zählte zurZeit nur drei Infanterieregimenter; als viertes erhielt sie später von der 7. Armee das IR. 50. Auch das FJB. 22 zur Vervollständigung der

6. ID. und das FJB. 11 für die 28. ID., sowie das IBaon. IV/3 für die 48. ID. wurden der Nordostfront entnommen.

vom Balkan nach Ostgalizien verlegt worden war (S. 25), und das k. k. LstlR. 11 der 46. SchD., das in diese Brigade eingereiht wurde.

Das 5. Armeekmdo., das übrigens über Ziel und Zweck der Verminderung seiner Streitkräfte nicht eingeweiht worden war, hatte allerdings eine andere Meinung als das Kommando in Marburg. Die Abgabe von vier der besten Divisionen und von zwanzig schweren Batterien erschien ihm bedenklich. „Besonders muß“, schrieb GdI. Boroevic am 20. Februar, „auf die empfindliche Schwächung hingewiesen werden, die durch das Abgehen der 18. ID. hervorgerufen wird. Diese Division, welche seit Beginn des Krieges ihren Abschnitt hält, ist mit diesem derart zusammengewachsen, daß sie die doppelte Kraft jeder, auch der besten anderen Division repräsentiert. Die Festhaltung ihres Abschnittes ist aber für die Festhaltung von Görz geradezu Vorbedingung.“ In Teschen war man sich der vorübergehend schwierigen Lage der 5. Armee bewußt; man würdigte die dennoch ruhige und zuversichtliche Auffassung des Armeekmdos. und versprach Hilfe für den Fall eines neuerlichen großen italienischer Angriffes an der Isonzofront. Die 18. ID. aber ging nach Tirol.

Bei der 10. Armee verursachten die Abgaben keine nennenswerte Schwächung der Kampffront, da diese Armee bis Mitte Februar bereits 42 Kompagnien aus Marschformationen hatte neu aufstellen können.

Nach den Verfügungen der Heeresleitung hatten an der Offensive außer den 20 schweren Batterien der 5. Armee noch 4 der 10. Armee, dann 7 aus Tirol teilzunehmen, insgesamt also 31 schwere Batterien der Südwestfront, während der Nordosten 15, der Südosten 2 beizustellen hatte und 16 schwere Batterien aus dem Hinterlande sowie aus Pola und Krakau zugeschoben werden sollten. Überdies wurden drei 42 cm-Hau-bitzen, zwei ganz neuartige 38 cm-Haubitzen und eine 35 cm-Kanone bereitgestellt1). Zugleich legte das AOK. Wert darauf, daß die nach

!) Die 38cm-Haubitzen schleuderten 740 kg schwere Geschoße bis auf 16 km Entfernung. Sie verließen erst im März die Skodawerke in Pilsen und waren vielseitiger verwendbar als die etwas schwerfälligen, ursprünglich für den festen Einbau in Küstenbefestigungen konstruierten 42 cm-Haubitzen, die Granaten im Gewicht von 800 und 1000 kg auf 15 und 13 km Entfernung schossen. Die 35 cm-Kanone wurde erst Mitte März durch Umbau eines Schiffsgeschützes fertiggestellt. Sie konnte nur auf der Vollbahn fortbewegt werden und mußte daher nahe an dieser in Stellung gehen. Ihre Tragweite war 31km; die Geschoße wogen 700 kg. Als sich der Beginn der Offensive verzögerte, konnten auch noch vier neueste, selbstfahrende 15 cm-Haubitzen ihre erhöhte Tragweite und Wirkung zum ersten Male erweisen. Vgl. P a d i a u r, Die schwere Fernkampf-Artillerie in der alten österr.-ung. Armee. (Mil. wiss. u. techn. Mitt., Wien, Jhrg. 1923, 52 ff.).

Südtirol gehenden Heereskörper mit der ihnen nach der neuesten Organisation zukommenden Artillerie ausgestattet wurden (S. 97). Zu ihrer Vervollständigung wurden 51 Gebirgsbatterien nach Tirol geschoben.

Durch die Vereinigung von 14 Infanteriedivisionen und 64 schweren Batterien in Südtirol erfuhr jedoch das gesamte Kraftaufgebot gegen Italien bis Anfang April bloß eine Vermehrung von rund 8 Divisionen und 39 schweren Batterien über den Stand von 23i/o Divisionen zu Ende der vierten Abwehrschlacht am Isonzo (Ende November 1915). Später, aber noch vor Beginn der Offensive, wurde nur noch die 24. LstGbBrig. vom Balkan zur 5. Armee herangeführt, während diese Armee die neugebildete 21. GbBrig. an die Heeresgruppe Erzherzog Eugen abgab.

Am 21. März erteilte die Heeresleitung der 5. und der 10. Armee Richtlinien für den Fall, daß ihnen eine Auswirkung der Südtiroler Offensive erlaubte, aus der Abwehr herauszutreten. Die 5. Armee sollte dann je eine operationsfähige Division an den Bahnen bei Görz und bei Tolmein bereitstellen.

Maßnahmen zur Geheimhaltung und zur Täuschung des Feindes

Um dem Feinde die geplante Operation zu verbergen, seine Aufmerksamkeit abzulenken und ihn damit von Gegenmaßnahmen abzuhalten, wurden alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen. Der Geheimhaltung der Vorbereitungen legte das AOK. so große Bedeutung bei, daß es dem Kommando der Südwestfront ausdrücklich auftrug, auch gegenüber den unterstehenden Armeeführern Stillschweigen zu bewahren, die Gründe der Truppenverschiebungen unter dem Titel einer geplanten Offensive gegen Rußland zu verschleiern, und sogar dem Landesverteidigungs-kmdo. in Tirol, in dessen Bereich der Aufmarsch der 11. Armee erfolgte, nur das jeweilig unbedingt Notwendige bekanntzugeben. Diese Einschränkung wurde allerdings bald aufgehoben, da GdK. Dankl als zukünftiger Führer der 11. Armee Einblick gewinnen und Einfluß auf den Aufmarsch nehmen mußte. Für die Kommandanten der 5. und der 10. Armee wurde der Schleier des Geheimnisses jedoch erst Mitte März gehoben, zu welcher Zeit auch das Kriegsministerium soweit als nötig unterrichtet wurde. Auch gegenüber den deutschen Verbindungsoffizieren, die sich in Marburg und Bozen befanden, sollte zunächst Stillschweigen bewahrt werden. Diensteifrig wußten sie sich jedoch frühzeitig

Einblick zu verschaffen und ihrer obersten Befehlsstelle Meldung zu erstatten, was in Teschen um so mehr unliebsames Ärgernis erregte, als hier alle Vorbereitungen nur im engsten Kreise besprochen worden waren und auch der deutsche Militärbevollmächtigte vorerst nur in bescheidenem Umfange unterrichtet wurde.

Die ersten großen Artillerie- und Munitionstransporte wurden als „zur Neuarmierung der Festung Trient nötig“ abgelassen. Die Batterien erhielten je nach Geschützart eigene Decknamen, die in dem sehr eingeschränkten Telegraphen verkehr verwendet wurden. Der ganze Privatverkehr aus dem engeren Kriegsgebiete wurde am 1. März eingestellt, ein Urlaub dorthin nicht mehr gewährt. Leider unterblieb die Grenzsperre gegen die Schweiz, weil im Fürstentum Liechtenstein zwar österreichische Zollbeamten standen, eine strenge militärische Überwachung des Grenzübertrittes aus der Schweiz in das Fürstentum aber nicht platzgriff. Erst Ende März wurde zwischen Österreich und Liechtenstein die Grenze vollständig abgedichtet.

Auch das Kommando der Südwestfront blieb in diesen Belangen nicht müßig. So wurden die Vorbereitungen für die möglichst späte Übersiedlung dieses Kommandos nach Bozen unter dem Titel „Verlegung nach Laibach“ getroffen und in dieser Stadt Unterkünfte auch besorgt. In Klagenfurt wurden zudem geräuschvoll Quartiere für ein Armeekommando vorbereitet und GO. Kövess, dem erst sehr spät seine Berufung zum Führer der neu zusammengestellten 3. Armee bekanntgegeben wurde, veranlaßt, bis 17. März in Cattaro zu bleiben und dann einige Tage am Wörthersee Aufenthalt zu nehmen.

Eine am 20. März in Szene gesetzte Besichtigungsreise des ErzherzogThronfolgers an der Isonzo- und Kärntnerfront hatte ebenso der Irreführung feindlicher Kundschafter zu dienen, wie die Ausstreuung falscher, jedoch glaubhafter Nachrichten durch die eigene und die neutrale Presse. Selbst in manche Blätter der Feindesstaaten wußte man derartigen Täuschungen Eingang zu verschaffen. Der Funkdienst strahlte irreführende Depeschen aus.

Scheinuntemehmen, die der Hauptsache nach in zeitweise erhöhter Feuertätigkeit und aus mehrfachen örtlichen Vorstößen an der Kärntner-und küstenländischen Front sowie aus Geschwaderflügen bestehen sollten, wurden vorbereitet.

Bei der 10. Armee begann das XV. Korps das Hauptuntemehmen am

17. März abends. Am 19. und in den nächsten Tagen wurde auch in den anderen Frontabschnitten dieser Armee demonstriert. Die bei der

5. Armee für den 24. geplanten Täuschungsversuche mußten des schlechten Wetter wegen aufgeschoben werden. Im Rahmen dieser Ablenkungsmanöver sollte auch ein Gasangriff unternommen werden. Eingehende Studien hierüber führten bis Anfang März zu dem Ergebnis, daß ein solcher in der Gegend südwestlich von Görz wohl möglich wäre. Die unvermeidliche, wenn auch durch zweckvoUe Vorkehnangen sehr ein-schränkbare Gefährdung eigener Truppen rief jedoch ernste Bedenken bei einzelnen Unterführern wach, so daß im Streite der Meinungen das AOK schließlich entgegen dem Kommando der Südwestfront entschied: „Es wäre nicht ratsam, Kommandanten, die nicht mit vollem Herzen bei einer Sache sind, zur Anwendung eines so gefährlichen und auch noch nicht erprobten Kampfmittels, wie es der Gasangriff ist, zu zwingen.“ Die Vorbereitungen wurden jedoch fortgesetzt, da sie als Täuschungsmaßnahme immerhin von Wert waren.

Um die feindlichen Beobachter irrezuführen, ließ man bei günstigem Wetter Truppenkolonnen tagsüber zur Front, während der Nacht zurück marschieren. Der italienische Tagesbericht vom 11. April bewies, daß diese Bewegungen ihren Zweck erfüllten.

Auch die Kriegsmarine sollte entsprechend mitwirken. GO. Conrad orientierte das Flottenkommando über die bevorstehende Offensive in allgemeinen Zügen und sprach die Erwartung aus, daß die Flotte in der zweiten Märzhälfte einen größeren, auf ernste Schädigung des Feindes abzielenden Vorstoß unternehmen werde. Das Flottenkommando wähnte, daß die Heeresleitung ein unmittelbares Zusammenwirken mit den Landstreitkräften an der Küste verlange, und erklärte sich auf Grund der bisherigen Erfahrungen dazu außerstande. Auch auf den deutlicheren Hinweis Conrads, die Heeresleitung erwarte „eine möglichst große, rücksichtslose Unternehmung der Flotte nach Art des so wirkungsvollen, unmittelbar nach der Kriegserklärung durchgeführten Angriffes auf die italienische Ostküste“, sah sich Admiral Haus unter eingehender Darstellung der Gründe zu der Bitte genötigt, von der ihm zugedachten Aufgabe abzusehen. Conrad antwortete verstimmt, er nehme den Bericht, „insbesondere die für die Zukunft wichtigen Ausführungen über den Wert der Schlachtschiffe“, zur Kenntnis.

An den Geschwaderflügen beteiligten sich indessen auch Marineflieger. Ein solcher Flug wurde am 14. Februar von 11 Flugzeugen nach Mailand ausgeführt, wo das Elektrizitätswerk mit 47 Bomben belegt wurde. Hingegen brachten mehrere Ende März unternommene Bombenflüge gegen Bahnanlagen in Venetien keinen großen Erfolg.

Auch die Bildung einer sogenannten Lagunenflottille wurde befohlen, die aus kleinen, flachgehenden Kanonenbooten, bewaffneten Motorbarkassen, Schleppern und Schleppschiffen bestehen und gegebenenfalls durch die seichten Kanäle der Lagunen in die Flachlandsflüsse Vordringen sollte. Waren die Erfolgsaussichten auch gering, so erweckten die Vorbereitungen in Triest und in den benachbarten Küstenorten doch ablenkende Aufmerksamkeit. Die Lagunenflottille war Ende März auslaufbereit, trat aber nicht in Verwendung.

Die öst.-ung. Ablenkungsangriffe am Isonzo und an der Kärntner Front

(17. März bis 7. April)

Hiezu Beilage 8 sowie Skizze 2

Um die bis Ende März fortlaufende Abbeförderung der von der Kärntner- und küstenländischen Front ausgelösten sechseinhalb Divisionen und zahlreichen Batterien zu verschleiern und den Feind über die eigenen Absichten an der Südwestfront irrezuführen, hatte das AOK. schon am

7.    März Ablenkungsangriffe bei der 5. und der 10. Armee angeordnet, deren erster am 19. März einsetzen sollte.

Als die fünfte Isonzoschlacht schon nach wenigen Tagen erlosch, schien der günstige Augenblick gekommen zu sein, um mit den geplanten Vorstößen einzusetzen und dem Feinde den Beginn von breit angelegten Gegenangriffen vorzutäuschen. Im einzelnen bezweckten die gut vorbereiteten Unternehmen vornehmlich auch die Beseitigung der im Verlaufe der letzten Schlachten entstandenen lästigen italienischen Nester und Sappen im Vorfelde der am meisten umstrittenen Abschnitte. Da man hiebei auf die Mitwirkung der demnächst abzugebenden bewährten

8.    GbBrig. nicht verzichten wollte und eine längere Dauer der Täuschungsangriffstätigkeit den Gesamteindruck einer sich vorbereitenden Offensive nur erhöhen mußte, wurde das erste Unternehmen, entgegen dem Befehl des AOK., beim XV. Korps schon für den 17. März festgesetzt (S. 187).

Am Abend dieses Tages erstürmte das bh.FJB. 6 im Abschnitt der 8. GbBrig., unterstützt von den sich dem Angriffe anschließenden Nachbarbataillonen, auf dem Nordwesthange der Höhe Sv. Maria bei Tolmein die italienische erste Stellung, wobei 16 Offiziere und 542 Mann der 7. ID. als Gefangene, 3 Maschinengewehre und 1 Minenwerfer als Beute eingebracht wurden. Am folgenden Tage konnte das von der Artillerie des XV. Korps vortrefflich eingeleitete und besonders von den Batterien auf der Hochfläche von Lom bestens unterstützte Unternehmen aus dem Brückenköpfe erfolgreich fortgesetzt werden. Bataillone der k.u.k. 1. ID. drangen in die feindlichen Gräben bei Ciginj und südlich davon ein, nahmen neuerlich zahlreiche Italiener gefangen und räumten nach Zerstörung der Deckungen planmäßig die ungünstig in der Tiefe verlaufenden italienischen Linien. Die zur Ablenkung von diesem Angriffe gleichzeitig über die Straße Čiginj—Selo westwärts gegen die italienischen Stellungen auf dem Cemponirücken und gegen den Hrad vrh vorgeschobenen Aufklärungsabteilungen und Stoßtrupps setzten sich auf den Berghängen vor dem Feinde fest und beunruhigten dadurch die ganze Front des italienischen VIII. Korps. Die feindliche Artillerie nahm, scheinbar in der Annahme, daß ein allgemeiner Angriff begonnen habe, die Stellungen der 3. und der 8. GbBrig. vom Sleme bis Selo unter kräftiges Feuer; Gegenstöße des Feindes wurden überall zurückgeschlagen 1). Da die italienische

7. ID. die ursprüngliche Lage auf Sv. Maria nicht wiederherzustellen vermocht hatte, verfügte das VIII. Korpskmdo. die Zurücknahme der Division in die zweite Stellung. Der Erfolg dieses Tages wurde schließlich durch die überraschende Erstürmung der durch Truppen der italienischen 8. ID. verteidigten wichtigen Höhe <>- 854 südlich vom Mrzli vrh gekrönt, wobei das Bataillon 111/46 der 3. GbBrig. dem Feinde 5 Offiziere. 120 Mann und 3 Maschinengewehre abnahm. Die ungesäumt einsetzenden Gegenangriffe des Feindes wurden abgewehrt.

Ähnlich wie bei Tolmein wurden auch bei Flitsch am 19. und

20. März bei hohem Schnee, trotz der im Zuge befindlichen Ablösungen und der vorangegangenen Verminderung der Artillerie, zwei Vorstöße zur Verbesserung des Linienverlaufes auf dem Rombonhange von Teilen des GbSchR. 1 unternommen. Es gelang, in der italienischen Stellung festen Fuß zu fassen, dem Feind zahlreiche Gefangene abzunehmen und alle Gegenangriffe abzuweisen 2). In diesen Kämpfen wurde die Anwesenheit der ganzen 24. ID. der Italiener im Flitscher Becken festgestellt.

In den anderen Abschnitten der k.u.k. 10. Armee konnte es sich mit Rücksicht auf die Schneeverhältnisse nur darum handeln, durch

x) Biz zum 19. März mittags wurden vor dem Tolmeiner Brückenkopf 19 Offiziere und 760 Mann gefangen, 4 Maschinengewehre erbeutet.

2) Der Feind verlor insgesamt 17 Offiziere, 542 Mann und 2 Maschinengewehre, davon 3 Offiziere und 221 Mann an Gefangenen; auffallend gering waren die Verluste der Angreifer, die nur 3 Tote und 8 Verwundete einbüßten.

kräftiges Artilleriefeuer und lebhafte Aufklärungstätigkeit den Feind zu beunruhigen, ihm Verluste beizubringen und dadurch seine Kräfte zu binden. Beobachtungen aus der Front und die Ergebnisse des Abhorchdienstes verrieten, daß dieser Zweck auch erreicht worden war. Insbesondere scheint die Verfügung, daß bei Truppenverschiebungen und Ablösungen die Vormärsche in den vom Feinde eingesehenen Räumen bei Tage, die Rückmärsche bei Nacht oder Nebel zu erfolgen hatten, tatsächlich den Eindruck einer Verstärkung der Kärntner Front hervorgerufen zu haben. Der in der Nacht auf den 21.März eingetretene Wetterumschwung ermöglichte ein unauffälliges Einstellen aller Täuschungsmaßnahmen und Kampfhandlungen. Diese sollten im Plöckenabschnitt und bei Tolmein zu günstigerer Zeit fortgesetzt werden.

Bei der k.u.k. 5. Armee hatte das XVI. Korps beantragt, im Rahmen der befohlenen Ablenkungsangriffe den der Höhe -<>-188 nördlich vorgelagerten Rücken zu nehmen und die Höhen nordwestlich der Pod-gora zu besetzen. Das VII. Korps wollte seine vorderste Kampfstellung zwischen S. Martino und der Wegmarke -<>111 nach vorne verbessern. Das 61. IDKmdo. plante, den La Roccarücken in Besitz zu nehmen (Beilage 8). Vor dem Beginn der Kämpfe wurde dem Brückenkopfkmdo. von Görz am 19. März das kurz vorher eingetroffene k. u. LstlR. 2 und am

21. von der Armeereserve die Infanterie der k. k. 21. LstGbBrig.1) für Ablösungszwecke zugewiesen.

Nach mehreren kleineren Sturmtruppunternehmen am 19. und 20. März wurde der durch äußerst ungünstiges Wetter verzögerte Angriff im nördlichen Abschnitte der Podgora am 26. nachmittags durchgeführt. Zwei Bataillone des SchR. 37 erstürmten nach zweieinhalbstündigen Artillerievorbereitung die italienischen Gräben auf dem Grojna-rücken, wobei 24 Offiziere und 632 Mann der italienischen 11. ID. gefangen sowie 2 Maschinengewehre erbeutet wurden. Nach Abweisung von fünf Gegenangriffen der Italiener, die von Plava bis Cormons alle verfügbaren Verstärkungen herangeführt hatten, wurde der Kampf in der Nacht auf den 28. planmäßig abgebrochen, die gewonnenen Stellungen wurden zerstört und die Dalmatiner Schützen in voller Ordnung in ihre Ausgangsstellungen zurückgenommen2).

Kurz darauf kam es, am 29. abends, zum Angriff auf den Fahrwegrücker nördlich der Höhe -<J>- 188, an dem zwei Bataillone des IR. 80 be

i) K. k. LstlR. 11, 27 und das k. k. LstlBaon. 75.

2) Die Gesamtverluste des Verteidigers beliefen sich auf 69 Offiziere und 1200 Mann, die der Angreifer auf 9 Offiziere und 250 Mann.

teiligl waren. Auch sie erreichten das gegebene Ziel, warfen den Feind zurück, nahmen 9 Offiziere und 350 Mann der Grenadierbrigade gefangen, doch konnte auch dieser Gewinn nicht behauptet werden1).

Der erste Vorstoß aus dem Brückenkopf von Görz löste schon am 27. März einen Befehl der italienischen Heeresleitung aus, nach welchem der Herzog von Aosta mit der Hauptkraft seiner Armee sofort Entlastungsvorstöße auf der Karsthochfläche zur Unterstützung des zum Gegenangriffe schreitenden VI. Korps beginnen sollte. Während die daraufhin auf dem Mt. S. Michele, bei S. Martino und an anderen Stellen der Front einsetzenden Angriffe erfolglos blieben, vermochte sich in der Nacht auf den 28. ein Bataillon der italienischen 14. ID. in der Stellung der 16. LstGbBrig. auf der Höhe 70 östlich von Selz festzusetzen und am 29. die Einbruchstelle auf etwa 400 Schritte zu erweitern. In den folgenden Tagen entwickelten sich langwierige und verlustreiche Kämpfe um das vom Feinde zähe behauptete Grabenstück. Andauernde starke Beschießung der benachbarten Räume durch die italienische Artillerie erschwerte die Säuberung des Einbruchsraumes. Nachdem der Gegenangriff der 16. LstGbBrig. am 29. nicht durchgedrungen war, erbat das Abschnittskmdo. III (61. IDKmdo.) vom VII. Korps die Unterstützung durch die Reserven der nördlich benachbarten 106. Landsturmdivision. Unter dem Eindruck der hierüber vom VII. Korpskmdo. erstatteten Meldung und auf dessen Antrag sah sich das 5. Armeekmdo. veranlaßt, den Abschnitt III dem GdK. Erzherzog Joseph zu unterstellen und diesen mit der Leitung des Gegenangriffes bei Selz zu beauftragen. Die hiezu notwendigen Maßnahmen, besonders die für die entsprechende Artillerievorbereitung, benötigten längere Zeit, so daß es erst in der Nacht auf den

6. April zum Angriffe kam. Das Bataillon IV/91 der 17. IBrig., ausgezeichnet unterstützt durch die Artillerie der 9. ID. und die schweren Batterien der beiden Abschnitte, konnte einen großen Teil der ursprünglichen vordersten Kampflinie zurückgewinnen und behaupten. Die anderen angegriffenen Grabenteile wurden, planmäßig und gründlich zerstört, dem Feinde überlassen. Nun herrschte bei Selz bis Mitte April ziemliche Ruhe.

Kaum hatte sich in den Karnischen und Julischen Alpen das wieder winterlich gewordene Wetter gebessert, als auch bei der k.u.k. 10. Armee die Angriffshandlungen von neuem aufgenommen wurden. Am 26. März entriß im Abschnitte der 94. ID. das Kärntner FJB. 8 dem Italiener in prächtigem Vorstoß die Stellungen auf dem zerklüfteten Gipfel des

x) Der Feind verlor insgesamt 38 Offiziere und 629 Mann; die angreifenden Bataillone büßten 13 Offiziere und 409 Mann ein.

Kleinen Pal. Was von der feindlichen Besatzung dem Tode oder der Gefangennahme entging, suchte sein Heil in der Flucht1).

Da der Erfolg auf dem Kleinen Pal eine Bedrohung der italienischen Front auf dem Karnischen Kamm östlich des Plöckenpasses bedeutete, die von dort aus aufgerollt werden konnte, setzten sofort starke Gegenangriffe ein. In den folgenden Tagen tobten heftige Kämpfe im ganzen Plöckengebiet. Nach einer mehrstündigen Beschießung der Höhenstellungen durch die italienische Artillerie wurden zunächst die Angriffe des Feindes nach erbitterten Nahkämpfen abgewehrt. Als der Italiener nach Heranführung von Verstärkungen und neuerlicher Artillerievorbereitung die ganze Front vom Plöckenpaß über den Freikofel bis zum Großen Pal mit Übermacht bestürmte, mußten die gewonnenen Stellungen auf dem Kleinen Pal wieder geräumt werden; doch vermochte der Feind bei den bis zum 31. März fortgesetzten Angriffen keinen weiteren Erfolg zu erzielen.

Einem am 27. März früh auf Befehl der k.u.k. Heeresleitung durchgeführten Fliegerunternehmen zur Zerstörung der Piavebrücken, an dem sich je ein Geschwader aus Tirol, vom Isonzo und die Marineflieger beteiligten, war wegen widriger Witterung wenig Glück beschieden. Von den 27 aufgestiegenen Fliegern der 5. Armee gingen zwei verloren. Dies hatte zur Folge, daß in Hinkunft größere und leichter zu zerstörende Anlagen als Ziel der Fliegerunternehmen gewählt wurden; so am 7. April die Bahnhofanlagen von Casarsa und S. Giorgio di Nogara, die erfolgreich mit Bomben beworfen wurden.

Wenn auch der mitunter nicht unbeträchtliche Geländegewinn in den geschilderten Kämpfen nur an einzelnen Stellen dauernd behauptet werden konnte, so war doch der eigentliche Zweck der Unternehmen, die Truppenverlegungen zu verschleiern, die italienischen Kräfte an den beiden Armeefronten zu binden und den Feind aus dem nahen Vorfelde an allen gewünschten Punkten zu vertreiben, voll erreicht worden.

Der Aufmarsch in Südtirol Hiezu Beilagen 5 und 7

Soweit sich die Lage Mitte Februar überblicken ließ, konnte die erste Versammlung der 11. Armee gegen den 20. März vollendet sein;

x) Zur Erinnerung an diese Waffentat feiert im öst. Bundesheer das FJB. zu Rad Nr. 5, das, den gleichen Gegenden wie das k.u.k.FJB. Nr. 8 entstammend, dessen Überlieferungen übernommen hat, den 26. März als Truppengedenktag.

die materielle Vorbereitung der ganzen Kriegshandlung, der Artillerieaufmarsch und die Versammlung der 3. Armee mochten wohl den Zeitraum bis etwa Ende März in Anspruch nehmen. Als Grundbedingung für den Erfolg und daher auch für den Beginn des Angriffes erachtete das AOK. die volle Feuerfähigkeit der Artillerie und mindestens die volle Operationsbereitschaft der 11. Armee.

Plangemäß sollten zuerst alle Gerät- und Artillerietransporte anrollen. Da jedoch das Einreihen dieser zu verschiedenen Zeiten marschbereiten und von den mannigfaltigsten Ausgangspunkten kommenden Züge Lücken in der Kette ließ, wurden alsbald auch Truppen und Trains der 11. Armee herangefahren. Diese zur zweckvollen Ausnützung der Aufmarschkraft getroffene Ordnung brachte jedoch den Nachteil mit sich, daß die derart eingeschobenen Heereskörper, Befehlsstellen und Anstalten (57., 3. und 59. ID., VIII. Korpskmdo., Korpstrain VIII und III sowie die 48. ID.) nicht geschlossen eintrafen, und daß ihre Ausladung in den Raum nördlich von S. Michele verlegt werden mußte, von wo sie später zu Fuß in die ihnen zugewiesenen, südlicher gelegenen Räume abrückten, um der 3. Armee Platz zu machen. Die ersten Teile der 48. ID. sammelten sich hiebei gemäß den Entschlüssen des 11. Armeekmdos. (S. 180) imFleimstal. Der Transport der Masse des vom Isonzc anrollenden III. Korps und der 18. ID. sollte erst nach Abwicklung der eben geschilderten Bewegung, etwa vom 10. März an, unmittelbar in den Sammelraum der 11. Armee südlich von S. Michele erfolgen. Daran anschließend wollte man die 3. Armee in den nördlich dieses Ortes gelegenen Räumen versammeln. Auf diese Art hoffte man, die auftretenden Reibungen zu überwinden und den im räumlich sehr beschränkten Etschtale außerordentlich schwierigen Aufmarsch doch zeitgerecht durchführen zu können.

Da trat ein Hindernis auf, dessen man nicht Herr zu werden vermochte — schlechtes Wetter. Gerade Mitte Februar, mitten im Beginn der Vorbereitungen, setzte der bis dahin außergewöhnlich milde Winter mit allen Unbilden ein; unablässig, insbesonders vom 1. März an, fiel dichter Schnee. Dies verursachte Störungen und Unfälle auf den Eisenbahnen und setzte ihre Leistung wesentlich herab. Bis zum 10. März waren von den errechneten 1500 Transportzügen erst 500 in Südtirol eingelaufen. Jede Tätigkeit in den Ausladestationen war sehr erschwert; Güter verdarben in der Nässe. Ein andauernder Kampf mit den Elementen mußte geführt werden, um die Straßen für den Artillerieaufmarsch freizulegen. In tiefem Schnee stapften auf den Hochflächen die Artillerie-

Offiziere, um die erst auszuschaufelnden Plätze für die Aufstellung der Batterien zu ermitteln. Bezeichnend ist ein Bericht des Obst. Portenschlag, Artilleriechefs der 11. Armee, aus dieser Zeit: „Zwei Kilometer vor Mezzomonte (an der Straße Calliano—Folgaria) war am 9. März ein Fortkommen mit Kraftwagen nicht mehr möglich ... Carbonare kann nur mit Schlitten erreicht werden; der fortwährende Schneefall verlegt die ausgeschaufelten Stellen immer wieder. In den Mulden liegt der Schnee 4 Meter hoch; von einer Vornahme von Batteriebauarbeiten, an ein Instellunggehen der Geschütze usw. ist unter diesen Umständen nicht zu denken. Nebel und Schneetreiben behindern jede Aussicht. Die Aufstellung eines Kalküls über die Beendigung des Artillerieaufmarsches ist unter diesen Umständen nicht möglich.“

Die Geschütze blieben stecken. Die zu dieser Zeit zum größten Teil nur mehr mit Eisenreifen versehenen Lastkraftwagen glitten. Nur leichte Pferdefuhrwerke konnten die Höhen erklimmen. Die Förderung von Munition wie aller Lasten auf die Hochflächen, in einer Summe von rund 18.000 Tonnen, war äußerst erschwert. Am 10. März mußte Obst. Ziller melden, daß „bisher nur kaum nennenswerte Mengen hinaufgeschafft wurden“ und, „daß die Vorbereitungen für den Artillerieaufmarsch schon jetzt und selbst wenn keine weiteren Schneefälle eintreten verzögert sind.“ Auch die Ablösung der zur Bildung der 8. ID. und der KSchD. bestimmten Jäger und Schützen auf den verschneiten Alpenketten der Tiroler Westfront und auf den Dolomiten war äußerst gefährlich, zeitweise unmöglich. Lawinen gingen nieder und verschütteten die Bergstraßen. Tag und Nacht wurde unter der drohenden Gefahr neuer Schneestürze gearbeitet. Dennoch blieben die von Caldonazzo nach Carbonare führende Centastraße bis zum 15., die Friccastraße (Matarello—Carbonare), in de rem Zuge eine große Brücke durch eine Lawine abgerissen war, bis zum 22. März verrammelt. Der weiße Tod holte sich hier, wie überall in den Bergen seine Opfer. In der Zeit vom 20. Februar bis

18. März wurden in ganz Tirol 1050 Menschen verschüttet, hievon die Hälfte lebend geborgen und 220 tot ausgeschaufelt.

Mitte März heiterte sich das Wetter endlich auf. Jetzt kam die ins Stocken geratene Maschine wieder in vollen Gang. Die zurückgebliebenen Gerättransporte mußten jedoch gestoppt werden, um der Massenbeförderung der Truppen Raum zu geben. Vom 16. März an trafen nun in dichter Folge ein: die 18. ID., das III. Korps, Reste der 48. und der 57. ID., die 44. ID., die 8. und die 2. GbBrig., das I. Korpskmdo., die 43. SchD. und die 10. ID.; schließlich das 3. Armeekmdo., das sein Hauptquartier Ende März in Bozen aufschlug, wo am 25. März auch das Heeresgruppenkmdo. eintraf, während das 11. Armeekmdo. am 20. März von Bozen nach Trient übersiedelt war.

Die früher nördlich von S. Michele ausgeladenen Heereskörper der

11. Armee rückten indessen südwärts. Aber erst Ende März wurde das Straßenstück Zambana—Trient und damit eine zweite durchlaufende Straßenverbindung im Etschtale fertiggestellt. Auch der unterbrochene Ausbau der Seilbahnen machte jetzt wieder gute Fortschritte (Beilage 7). Mit Aufbietung aller Kraft suchte man nun die Verzögerungen im Artillerieaufmarsch wettzumachen. So unlieb es den Führern auch sein mochte, sie mußten neben den zahlreichen angestellten Arbeiterabteilungen und den Frontreserven auch ganze Kampfbataillone anweisen, auf den Hochflächen Schnee zu schaufeln und den Kanonieren zu helfen. Eine gewaltige Leistung wurde vollbracht1).

Am 20. März übernahmen das VIII. Korps den Grenzabschnitt vom Biaenarücken bis Serrada, dieses inbegriffen, das XX. Korps den Abschnitt östlich davon bis zum Torrente Astico, das III. Korps den anschließenden bis zur C. di Vezzena. Der Grenzabschnitt 6, der über die Val Sugana hinweg bis hinauf zum Kreuzspitz reichte, trat unter den unmittelbaren Befehl des 11. Armeekmdos.

Die Ablösungen in den übernommenen Frontteilen verzögerten sich durch Schneeverwehungen. Sie wurden zum Teil auch absichtlich hinausgeschoben, weil man vermeiden wollte, daß der Feind die Veränderungen frühzeitig wahrnehme. Aus dem gleichen Grunde sollte auch die Bereitstellung der Stoßkräfte auf den Hochflächen erst möglich kurz vor Beginn der Schlacht erfolgen. Nun war aber dieser Zeitpunkt sehr in

!) Bis zum 17. März waren erst sechs schwere und eine Gebirgsbatterie neu in Stellung gegangen; am 10. April waren es 68 schwere, SO Feld- und 47 Gebirgsbatterien, weiters eine 38 cm-Haubitze, die über Calliano und Folgaria auf ihren 1400 m hoch gelegenen Standplatz nahe dem Werk Lusern gebracht worden war, und eine 42 cm-Haubitze, die nicht ohne Fährnisse über die Friccastraße in einer Stellung etwa 2 km südlich vom Mt. Rover in einer Seehöhe von 1250 m auffuhr. Ein besonderes Glanzstück war auch der Transport einer schweren 10.4 cm-Kanone auf den steilen Vezzenagipfel (1900 m) zu dieser Jahreszeit. In den nächsten Tagen wurden dann rasch hintereinander je eine 42 cm-Haubitze bei Calliano und bei Levico sowie die 35 cm-Kanone bei Calceranica eingebaut. Mitte April waren auf die Hochflächen rund 10.0001 Munition und mehr als 30001 technisches Material befördert. An Verpflegung waren in Calceranica, Folgaria, Lavarone, Pergine und Trient über 270 Divisionsverpflegstage bereitgestellt, das heißt der Lebensunterhalt für Mann und Pferd von 9 Divisionen für 30 Tage.

Frage gestellt. Am 10. März hatte GdK. Dankl berichtet, daß nach Ansicht langjähriger Kenner der Hochflächen „die dort liegenden enormen Schneemassen vor vier Wochen nicht soweit zusammengeschmolzen sein dürften, um mit der Infanterie in Gefechtsformation vorwärts kommen zu können“. Gegen Ende März, als der Artillerieaufmarsch wieder in flotten Gang gekommen war, meldete der General die Absicht, am 10. April zu beginnen, soferne die Witterung, besonders die Schneelage, den Angriff zu diesem Zeitpunkte zulasse, und gab dementsprechend am 31. März dem III., dem VIII. und dem XX. Korps Befehl, sich für den 10. April zum Angriff bereitzustellen. Doch die in die Frühlingssonne gesetzten Erwartungen erfüllten sich nicht. Kurz vor der zuletzt in Aussicht genommenen Frist zeigten Versuche ein höchst ungünstiges Ergebnis, und die Korpskommandanten sprachen sich einhellig für eine weitere Verschiebung aus. Erzherzog Karl Franz Joseph berichtete: „Der Schnee ist so tief und so weich, daß der schwer bepackte Infanterist vielfach bis über die Hüfte in den Schnee einsinkt, sich daher im feindlichen Feuer weder rasch bewegen noch decken kann... Die Aussichten für einen erfolgversprechenden Angriff sind demnach derzeit gleich Null.“ GdK. Dankl ließ daher alle Truppenverschiebungen zur Annahme der Angriffsgruppierung am 6. April einstellen und berichtete dem Heeresgruppenkmdo.: „Die Schneeverhältnisse im Angriffsraume, besonders auf der C. di Vezzena, dem ganzen Plateau von Folgaria und dem Col Santo sind sowohl wegen der Schneehöhe als auch dadurch, daß der Schnee nur nachts zum Teile trägt, derartige, daß der Infanterieangriff nur äußerst langsam vorgetragen werden könnte und Erschöpfung der Mannschaft bald eintreten müßte.“ Dies würde hohe Verluste hervorrufen und den Erfolg in Frage stellen. Da sich eine gründliche Besserung der Verhältnisse nicht im voraus feststellen ließ und auch in wenigen Tagen nicht zu erwarten war, beantragte GdK. Dankl, die endgültige Bestimmung des Angriffsbeginnes ihm zu überlassen, und gab die Versicherung, daß er sich aller Folgen wohl bewußt sei. Ungern, aber doch auch aus eigener Überzeugung, mußte das Heeresgruppenkmdo. diesem Antrag zustimmen.

Die Gegenmaßnahmen der Italiener Hiezu Beilage 9

Am 20. Februar legte das italienische 1. Armeekmdo. einen ausführlichen Bericht über die Lage an der Trienter Front vor. Anlaß hiezu gab

ihm eine vom Nachrichtendienst der Heeresleitung verlautbarte Mitteilung, die am 28. Jänner — dieses Datum ist merkenswert — ankündigte, Österreich plane im kommenden Frühjahre eine Offensive an der ganzen italienischen Front und insbesondere aus Tirol, um von hier aus das italienische Isonzoheer in Flanke und Rücken zu treffen und abzuschneiden1).

Der Bericht gab eine erschöpfende Darstellung aller vorhandenen und in Bau befindlichen Befestigungen, zeigte die Unzulänglichkeit der Kräfte auf und schloß mit der Bitte um Verstärkungen, insbesonders um mittlere Artillerie sowie um Bereitstellung von Reserven. Cadorna lehnte die Bitte ab. Er gab zu bedenken, daß das unveränderliche Ziel der Kriegführung Italiens nach wie vor strengstes Zusammenhalten der Kräfte an der Julischen Front erheische und infolgedessen äußerste Beschränkung jener vor Tirol fordere. Die Aufgabe der 1. Armee sei geradezu die, dank der anerkennenswerten Verkürzung ihrer Front von 380 auf 213 km und dem lobenswerten Ausbau ihrer Stellungen Kräfte freizugeben. Die Befürchtungen des Armeekmdos., daß im Falle eines österreichischen Angriffes die Zeit fehlen könne, um Verstärkungen zuzuführen, teilte der Chef des Generalstabes nicht. Er wies vielmehr auf die Erfahrung hin, daß gut ausgebaute Stellungen eine sehr viel längere Zeit zu widerstehen vermöchten, als die neun bis vierzehn Tage, die nach Meinung des Armeekmdos. zur Überführung der gewünschten Reserven etwa notwendig wären. Die Abwehr müsse mit allen zu Gebote stehenden Mitteln in der ersten Linie erfolgen, weshalb diese vor allem stärkstens zu befestigen sei. Unter „erste Linie“ werde jedoch nicht die am weitesten vorgetriebene Besetzung zu verstehen sein, sondern die über Hauptpfeiler des Gebirges gezogene, leichter zu verteidigende vorderste Stellung. Eine Vermehrung der Bestückung der weiter zurückliegenden Linien könne nicht erfolgen. Dessenungeachtet wären auch diese Stellungen bestens auszubauen.

Das Armeekmdo. mußte sich mit diesen Mahnungen wohl oder übel begnügen. Seiner Sache selbst nicht sicher, wies es die Unterführer abermals an, alle Mittel zum Ausbau der Befestigungen aufzuwenden. Doch zu einer tiefergreifenden Maßnahme, wie etwa zur Preisgabe der in manchen Frontteilen höchst ungünstig gelegenen ersten Linie entschloß es sich nicht.

Das Befestigungssystem im Raume östlich vom Gardasee bis zum Cismon, dem linken Nebenfluß der Brenta, war im allgemeinen durch drei hintereinander liegende befestigte Zonen gebildet. Im Abschnitte zwi-

») Ital. Gstb. W., III, Dokumente, 383 sehen dem See und der Furche Terragnolo—Borcolapaß—Posina bestand die erste Zone aus mehreren Linien, von denen die über den Altissimo, die Coni Zugna und den Col Santo verlaufende die Hauptstellung bildete. Die weiter vorgezogenen Stellungen waren feldmäßig ausgebaut und weder gut gelegen, noch besonders widerstandsfähig. Die zweite Zone war entlang der Reichsgrenze errichtet worden; die dritte bestand aus den Festungswerken von Rivoli—Verona.

Im Abschnitt von der genannten Furche bis zum Asticotale waren die erste und die zweite Zone ineinander verschmolzen. Mehrere Ketten äußerst starker, zum großen Teil schon vor dem Kriege begonnener Befestigungen, wie die Werksgruppe Mt. Toraro—Mt. Campomolon, konnten dauernden Widerstand verbürgen. Im folgenden Abschnitte bis zum Steilabfalle zur Brenta lösten sich wieder die Zonen in eine erste Reihe starker Anlagen, die über den Costesin- und Marcairücken gelegt war, und in eine zweite, sehr feste Stellung, die durch die Panzerwerke Cima di Campolongo1) und Mt. Verena sowie durch die Befestigungen bei der Porta di Manazzo gekennzeichnet wurde. In den beiden zuletzt genannten Abschnitten ergaben die Sperrgruppe ,,Agno—Posina“ und die Bauten älterer Zeit südlich und östlich der Assaschlucht die dritte Zone, die, beim Mt. Kempel östlich abbiegend, einer unüberwindlichen Festungsmauer glich. Sollte sie dennoch überwunden werden, so gab eine Flügelstellung, die in der Gegend von Asiago von der dritten Linie abzweigte und östlich an die Sperrgruppe „Brenta—Cismon“ anschloß, neuen Halt.

Im Suganaabschnitt, der bis über den Cismonfluß reichte, sollten gemäß den Berichten des 1. Armeekmdos „sieben“ Linien hintereinander bestehen. Über die Linienführung, die technische Ausgestaltung und die Besetzung dieser Stellungen herrschten ernste Meinungsverschiedenheiten unter den Führern. Cadorna war damit nicht einverstanden, daß man den Hauptwiderstand in der Linie Armenterra—Borgo—Salubio einrichtete; es sollte vielmehr die Linie Ospedaletto—Cimon Rava gewählt und nachdrücklich befestigt werden. Als er jedoch im April zum ersten Male Gelegenheit fand, das Suganatal zu besuchen, mußte er feststellen, daß in Wirklichkeit außer den vordersten Stellungen nicht viel mehr vorhanden war, als die buntfarbigen Linien in der vorgelegten Karte2). Ein Blick auf die Beilage 9, die in großen Zügen jenes Bild wiedergibt, das von österreichischer Seite dank der Erkundung und der mit Scharfsinn be!) Beilage 11 bringt ein Lichtbild dieses Werkes und als Beispiel für eine Talsperre auch jenes von Casa Ratti.

2) C a d o r n a, La guerra, I, 187.

triebenen Erd- und Luftaufklärung im Frühjahr 1916 gewonnen worden war, zeigt, daß auch im Suganaabschnitte drei mehr oder weniger vollendete Befestigungszonen bestanden haben.

Inmitten der Vorkehrungen, die das 1. Armeekmdo. in Voraussicht einer öst.-ung. Offensive betrieb, erhielt es den kurzen Drahtbefehl des Oberkommandos, „am 11. März werde die Offensive an der Front der

2.    und der 3. Armee wieder aufgenommen, damit der Vorteil, daß der Gegner keine Verstärkungen gegen Italien heranführen könne, entsprechend ausgenützt und den Alliierten durch Bindung des Gegners beigesprungen werde. Die 1. Armee habe gleichzeitig und ähnlich wie im Oktober 1915 tatkräftige Unternehmen durchzuführen“. Dieser Befehl erschien wie ein lauter Weckruf zur Wiederaufnahme der über den Winter unterbrochenen Kriegshandlungen. Rasch flüchtete die Sorge wegen einer gegnerischen Offensive und mancher kühne Plan trat an ihre Stelle. Das V. Korpskmdo. gab sofort die Absicht kund, im Etschtale auf Calliano und in der Val Sugana über Caldonazzo bis nach Vattaro vorzustoßen, um mit diesem Doppelgriff die ganze gegnerische Verteidigung der Hochflächen von Folgaria und Lavarone zu Fall zu bringen. Gemäßigtere Absichten hatte der Führer des III. Korps. Er wollte die im Herbst und im Winter ergebnislos gebliebenen Angriffe in den Judicarien nicht wieder erneuern, sondern diesmal an seinem rechten Flügel, nahe beim Gardasee, eine Bresche schlagen. Das rauhe Wetter verhinderte jedoch hier wie dort die Ausführung, und auch die 4. Armee, die den gleichen Befehl erhalten hatte, und deren linker Flügel den Col di Lana anbohrte, mußte noch in winterlicher Ruhe verharren. Indessen schlief die Offensive der 2. und der

3.    Armee — fünfte Isonzoschlacht genannt — wieder ein.

Am 22. März erhielten die Italiener die ersten zuverlässigen Nachrichten über die Versammlung starker öst.-ung. Kräfte in Tirol und von ihrer Absicht, über die Hochflächen anzugreifen1). Die italienische Heeresleitung widerrief jetzt den kurz vorher dem 1. Armeekmdo. gegebenen Befehl zur Abgabe von zwei Brigaden, beschleunigte die Überführung der Brigade Valtellina von der Isonzo- an die Tiroler Front und wies der

1. Armee überdies sechs neuerrichtete Infanterieregimenter sowie einige schwere Batterien zu. Cadorna, der sich zur Zeit in London befand, drahtete dem GLt. Brusati, daß im 'Falle eines gegnerischen Angriffes die vordersten Truppen in die wohlvorbereitete Hauptverteidigungsstellung zurückzunehmen seien und daselbst hartnäckigster Widerstand geleistet werden müsse.

x) Cadorna, La guerra, I, 192

In den ersten Apriltagen meldete das 1. Armeekmdo., daß die beunruhigenden Nachrichten neuerlich volle Bestätigung fänden. Auch der Heeresleitung kam gleichlautende Kunde aus anderen Quellen zu. So entschloß sie sich nunmehr, von der im Friaul versammelten Heeresreservc die 9. und die 10. ID. in den Raum von Thiene—Bassano zu verlegen und stellte weiters dem 1. Armeekmdo. die Zuführung einer aus lOAlpini-bataillonen und 6 Gebirgsbatterien zu bildenden Gruppe in Aussicht. Zugleich sprach Cadorna dem besorgten Armeeführer beruhigend zu, wobei er auf die Zuversicht hinwies, mit der im Hauptquartier zu Udinc die Lage beurteilt werde. In einem einige Tage später, am 8. April, verfaßten Schreiben fand diese Gelassenheit Cadornas ihre Erklärung. Er schrieb dem Armeekommandanten, die beiden eben in Marsch gesetzten Divisionen würden Heeresreserve bleiben; ihre Verlegung in den Bereich der 1. Armee geschehe nur zu dem Zwecke, um jeder, auch der entferntesten Möglichkeit Rechnung zu tragen. Er sei jedoch „überzeugt, daß ein gegnerischer Durchbruchversuch nicht stattfinden werde und die Vorkehrungen des Gegners vor allem den Zweck hätten, andere Bewegungen zu verschleiern1).“

Inzwischen berichtete der Führer der 1. Armee, die vom Oberkmdo. zuletzt getroffenen Maßnahmen böten ihm Gewähr dafür, daß selbst in jenem ungünstigsten Falle, wenn der Gegner über die Hochflächen vorbrechen sollte, die angegriffene Front standhalten werde. Aus eigenen Mitteln hatte er allerdings keine nennenswerte Stärkung des bedrohten V. Korps vorzunehmen vermocht. Nur zwei Alpinibataillone und einige Batterien konnte er vom III. Korps herüberziehen. Doch wies er dieses Korps an, so rasch wie möglich in Tätigkeit zu treten und dadurch den Gegner zum Ablenken seiner Kräfte zu veranlassen. Im gleichen Sinne eiferte er auch das V. Korps an, das geplante Unternehmen im Suganatal ehestens durchzuführen; hingegen sollte es den aussichtslosen Angriff aus dem Terragnolotale gegen Calliano (S. 200) unterlassen.

Da auch die italienische 4. Armee nur auf günstigeres Wetter wartete, um ihr Unternehmen gegen den Col di Lana ins Werk zu setzen, kam es im April, als das Wetter auch in den Bergen zeitweise besser wurde, an mehreren Stellen der Tiroler Front zu lebhaften Kämpfen.

Den Ort des gegnerischen Hauptstoßes richtig voraussehend, forderte GLt. Brusati zugleich den Kmdten. des V. Korps auf, ihm die Versicherung zu geben, ob in jedem Abschnitt der Hochflächen die Befestigungen höchste Widerstandskraft verbürgen.

*) Cadorna, La guerra, I, 195.

Die Ereignisse an der Tiroler Front von Anfang April

bis Mitte Mai

Die Kämpfe im Raume westlich der Etsch Hiezu Skizze 4

Bei Frühlingsbeginn nahmen die Verteidiger im Ortlergebiet (Rayon I) wieder die sogenannte Sommergruppierung an. Auch die Italiener stiegen wieder in die Höhenstellungen hinauf. Am 13. April griffen etwa zwei Alpinikompagnien den Mt. Scorluzzo (3094 m) an, holten sich aber im Angesichte der von der Dreisprachenspitze zusehenden Schweizer eine empfindliche Schlappe. Weiterhin wechselten Patrouillenscharmützel mit Schneestürmen ab.

Im Tonale-Abschnitt (Rayon II) übernahm nach dem Abgehen der 88. KSchBrig. GM. Steinhart die Führung. Nur ein kombiniertes (später

4.) Bataillon des KSchR. I, ein Landsturm- und zwei Reservebataillone sowie 770 Standschützen bildeten im April die Besatzung. Dennoch wurde die Sicherungslinie auf dem Tonalepaß verstärkt und als Hauptwiderstandsstellung vor die Sperrwerke vorverlegt.

In der Meinung, daß ein frontaler Angriff gegen die Paßhöhen aussichtslos sei, hatte der Führer der italienischen 5. ID. schon im Dezember 1915 beschlossen, bei Wiederaufnahme der Kriegshandlungen im Frühjahre über die Gletscher der Adamelloalpen zunächst den Grenzkamm am Ursprung der Val di Genova zu gewinnen, um dann über die Gletscherteichstufe bei der Mandronhütte nordwärts vorgehend, in den Rücken der Verteidiger des Tonalepasses zu gelangen. Das Unternehmen wurde mit Umsicht vorbereitet. Man baute Straßen, Wege, Seilbahnen, stellte alpine Kriegsmittel aller Art bereit, wählte berggewohnte Leute aus und schulte sie für den genannten Zweck. Zahlreiche Patrouillen gingen hinaus, um Pfade über die Gletscher und Schneefelder zu erkunden und zu bezeichnen.

Diese Tätigkeit blieb jedoch den Verteidigern nicht verborgen. Obst. Spiegel, der Kommandant im rechten Abschnitte des Rayons III ließ am 3. April die inmitten der großen Adamellogletscher hervorragende Felsrippe Dosson di Genova durch fünf kleine Wachen, zusammen 57 Mann, besetzen. Zugleich mußte er melden, daß der Feind auch aus der Val Daone und in den Judikarien rührig werde. Ähnliches berichtete GM. Schiesser vom Abschnitt Riva, der jetzt den linken Flügel des verkürzten, jedoch weiterhin von FML. Edl. v. Koennen-Horák befehligten Rayons

III bildete. Neun Bataillone, zumeist Landstürmer, und 1760 Standschützen, sowie 128 Geschütze waren anfangs April die ganzen Abwehrkräfte dieses über rund 60 km ausgedehnten Westteiles der Tiroler Landesverteidigung, und das Heeresgruppenkmdo. war nicht gesonnen, von seinem für die Offensive bereitgestellten Kräften Truppen ohne zwingenden Grund für Nebenzwecke abzusplittern.

Bald wurde man gewahr, daß die lärmenden Kanonaden und die Vorstöße kleinerer Einheiten aus der Val Daone und im Gebiete des Mt. Vies Scheinmanöver waren, daß hingegen die zwischen Ledro- und Gardasee vom Feinde begonnene Tätigkeit ein bestimmtes Ziel verfolge. Tatsächlich begann die italienische 6. ID. mit sieben an ihrem rechten Flügel vereinigten Bataillonen, unterstützt durch reichliche Artillerie, den geplanten Durchbruch gegen Riva (S. 200). Einige 30.5 cm-Bomben, die auf diese liebliche Seestadt niedersausten, kündeten den Sturm an. Die ersten Angriffe wurden am 5. April gegen Costa di Salö und Cima d’Oro geführt. Sie zerschellten an der tapferen Abwehr eines halben Reservebataillons des IR. 29 und einer Kaiserjägerstreifkompagnie. Den gleichen Mißerfolg erlitt der Feind am nächsten Tage, als er hier, den Angriff wiederholend, nun auch die Höhen Passumer und Capi berannte. Am 7. drang er in eine Sappe bei der Cima della Rocca ein. Kaiserjäger und Landsturmmänner, die mit der Seilbahn einzeln heranbefördert wurden, warfen ihn am Abend wieder hinaus. Der Kampf um die Höhenstellungen flaute nun merklich ab. Um so heftiger entbrannte er jedoch am Gestade des Gardasees. Den Brennpunkt bildete die sogenannte Defensionsmauer, ein von nur 110 Mann mit 2 Maschinengewehren verteidigtes kleines Sperrwerk. Trotz mehrtägiger Beschießung, an der auch einige Batterien vom Ostufer des Sees teilnahmen, wies die tapfere Besatzung den ersten, am 8. April geführten, kräftigen Sturm glatt ab. Auch am folgenden Tag holten sich die Italiener nur blutige Köpfe. Erst am 10. abends, als das unablässig einschlagende schwere Geschützfeuer die inzwischen verstärkte Besatzung förmlich dezimiert hatte, fiel die zerschlagene Defensionsmauer in Feindeshand.

Das Heeresgruppenkmdo. gewährte jetzt Verstärkung, indem es zwei Bataillone des IR. 50 dem Rayonskmdo. zur Verfügung stellte. Zwei Kompagnien dieses Regimentes eroberten am 11. die Defensionsmauer zurück. Mit Hartnäckigkeit versuchte der Feind am folgenden Tage nochmals sein Glück. Es war vergeblich. Doch die Erkenntnis, daß die nun völlig zusammengeschossene Sperre den Verteidigern keinen rechten Schutz mehr biete, veranlaßte den Abschnittskommandanten, sie in der

Nacht auf den 14. räumen und eine um etwa 100 m zurückliegende Stellung besetzen zu lassen. Die Italiener gaben sich zufrieden und überließen von nun an ihrer Artillerie allein das Wort. FML. Koennen-Horák konnte die beiden Bataillone des IR. 50 wieder zurückstellen. Seine Aufmerksamkeit wandte sich jetzt in erhöhtem Maße dem rechten Flügel zu. Dort, im Gebiete der über 3000 m hohen Adamellogletscher war die italienische

5. ID. an die Ausführung des durch mehrere Monate gründlich vorbereiteten Unternehmens geschritten.

In der Nacht auf den 12. April stiegen, in mehrere Gruppen geordnet, aber zunächst noch vereint, rund 400 wohlausgerüstete, vor allem mit Skiern versehene Alpini von der Garibaldihütte zum Briziosattel hinauf und überquerten dann den großen Adamellogletscher. Von Süden her sollten zwei weitere Gruppen (120 Mann) aus der Val Adame und aus der Val Salarno hinzukommen, und aus nördlicher Richtung hatten die Besatzungen des Mt. Mandron und des Mt. Venezia sowie vier unter großen Mühen auf die genannten Höhen gebrachte Geschütze den Angreifern beizustehen. Die Überraschung gelang. Die österreichischen Wachen auf dem Dosson di Genova wurden überwältigt. Nur jene auf dem Mt. Fumo vermochte sich noch bis zum 17. zu wehren. Allein die Italiener sahen sich außerstande, den Erfolg auszunützen und gleich die nächste vom Crozzon di Fargorida über den Crozzon ’di Lares zum Corno di Cavento ziehende Felsrippe, die den Ostrand des großen Gletschers bildet und die sie stark besetzt wähnten, in Besitz zu nehmen. Schneestürme taten ein Weiteres. Sie kamen den Verteidigern diesmal gelegen, denn sie konnten jetzt den genannten Rücken doch noch notdürftig besetzen. Auf der anderen Seite regte der erste geglückte Vorstoß das italienische Divisionskmdo. zu neuen Taten an. Es wollte durch sehr bedeutende Verstärkung der Angriffskräfte den Sperriegel überwinden und in die Val di Genova eindringen. Dabei unterschätzte es aber die Schwierigkeiten, die in diesen großen Höhen die Natur allem Beginnen entgegenstellt.

Vierzehn Tage vergingen, ehe neue Vorbereitungen halbwegs getroffen und vier Alpinibataillone versammelt waren, und bis das Wetter sich besserte. Endlich, in der Nacht auf den 29. April, überschritt die erste Angriffswelle den Gletscher und näherte sich bei Morgengrauen der von rund 150 Landstürmern mit 4 Maschinengewehren verteidigten Felsrippe Crozzon di Fargorida—Corno di Cavento. Die Besatzung des Crozzon di Lares sah sich überrascht und ergab sich nach kurzem Kampfe; 50 Mann und zwei Maschinengewehre fielen in Feindeshand. Tapfer wehrte sich die 20 Mann starke Wache auf dem Passo di Cavento bis zum Nachmittage, dann war auch sie überwunden. Um den Fargoridapaß und jenen von Topete — diese Pässe waren das Hauptziel des Angreifers— entspann sich ein erbitterter Kampf .Zwei Kompagnien, die hier nacheinander anrannten, wurden blutig abgeschlagen. Der Führer des 4. Alpini-regimentes, der das Unternehmen leitete, wollte in der Nacht den Angriff erneuern. Es gelang ihm nicht. Indessen hatte Obst. Spiegel alle Reserven seines ausgedehnten Abschnittes in Bewegung gesetzt, so daß bei Anbruch des neuen Tages die Zahl der Verteidiger etwa 300 Mann vom Salzburger Landsturmbataillen 161 betrug. Zugleich rief er die Vorgesetzten Stellen um Unterstützung an, woraufhin das Bataillon X/14 vom Heeresgruppenkmdo. zugestanden und mit Kraftwagen herangebracht wurde. Doch trat es am 30. noch nicht in Tätigkeit, als die Italiener bei Morgengrauen neuerlich vorgingen und abermals zurückgeschlagen wurden. Zu Mittag erreichten die mit bemerkenswerter Zähigkeit wiederholten Angriffe ihren Gipfel. Mit welchem heldenmütigen Opfermut die Verteidiger standhielten, geht aus der italienischen Literatur hervor, nach der von einem dem Fargoridapaß vorgeschobenen Posten 18 Mann tot zusammensinken mußten, ehe die übrigen 11 den Kampf aufgaben1). Die immer mehr zersplitternden Stöße der sichtlich erlahmenden Italiener, die schließlich auch noch 90 Gefangene einbüßten, dauerten bis zum Abend an. Als sich die Nacht über die schimmernden Gletscher senkte, waren die beiden Pässe im sicheren Besitze der Österreicher. Auf dem Crozzon di Lares stand aber seit dem Vortage unangefochten der Feind, und nun erfuhr man, daß er sich auf dem unbesetzt gelassenen Crozzon di Fargorida, nördlich der umstrittenen Übergänge, eingenistet habe. Das Rayonskommando wünschte die Wiederbesetzung dieser beiden Punkte und erbat zu diesem Zwecke weitere Unterstützung. Es erhielt zum Bataillon X/14 noch das Bataillon X/59 dazu.

Hinziehende eiskalte Bergnebel ließen in den ersten Maitagen die Kämpfe verstummen und ermöglichten den Italienern, die völlig erschöpften Angriffstruppen teilweise abzulösen. Das Wetter und der von Osten her überaus schwierige Aufstieg zu den Gletschern verzögerte die Durchführung des in Eile beschlossenen, aber ohne gründlichen und zeitraubenden Aufbau kaum ausführbaren Gegenangriffes. Ein von Teilen des Bataillons X/14 beabsichtigter Versuch, den Crozzon di Lares zurückzugewinnen, mißlang. Vergeblich bemühten sich auch Gruppen vom X/59 und eine Hochgebirgskompagnie die Hindernisse der Natur zu überwinden und den Feind vom Crozzon di Fargorida zu vertreiben. Ein Schnee-

i) Ital. Gstb. W., III, Text, 308.

sturm am 5. Mai forderte große Opfer1). Nördlich der Presanellaalpen unternahmen am 2. Mai Truppen des Rayons II einen Angriff, den Castellacio2) in Besitz zu nehmen. Sie drangen aber nicht durch. Am 7. Mai wurde der Adamellobereich als selbständiger Rayonsabschnitt dem Obst. Seyfried unterstellt. Am 10. nahm der Feind eine günstige Gelegenheit wahr, um vom Crozzon di Lares aus den 1 km östlich davon liegenden Passo dei Diavolo zu besetzen. Dieser Zwischenfall brachte mit sich, daß die ohnedies sehr ausgesetzte Besatzung der so tapfer verteidigten Hauptpässe nun auch im Rücken gefährdet war, und ließ den Entschluß zu ihrer schon in Erwägung gestandenen Rücknahme reifen. Sie erfolgte am 11.Mai unbemerkt vom Feinde, der erst drei Tage später die verlassenen Sättel erstieg. Mit der Besetzung der weit zurückgebogenen Linie Mt. Care alto —Mt. Covel—Stavel—C. dei Tamala—C. delle Ciere—C. delle Rocchette —C. Presena, vor der eine Postenkette stehen blieb, darunter eine den Italienern sehr lästige Wache auf dem Crozzon di Cavento, fanden die Kämpfe im Adamellogebiete ein Ende. Die beiden zuletzt zugeschobenen Infanteriebataillone, die durch die Landsturminfanteriebataillone 160 und 164 ersetzt wurden, konnten alsbald wieder zur 11. Armee zurückkehren 3).

Die Eroberung der Adamellogletscher ist, gemessen an der Zahl der eingesetzten Truppen, die größte Kampfhandlung, die jemals in der Schnee- und Eisregion des Hochgebirges durchgeführt wurde. Das Unternehmen war ein Meisterstück hochtouristischer Massenleistung. Die den gleichen Unbilden der Natur ausgesetzte Abwehr zeigte, neben einzelnen Mängeln, bewundernswerte Standhaftigkeit. Die Verluste waren auf beiden Seiten annähernd gleich4). Wenn die Italiener nach dem Zeugnis des Kommandanten der 5. ID., Gen. Cavaciocchi, ,,die vorgenommenen Ziele nicht erreichten“5), so lag der Grund nicht zuletzt in der unüberwindlichen Schwierigkeit der Lebenshaltung und Versorgung zahlreicher Menschen in der Zone des ewigen Eises. Es trat alsbald Erschöpfung ein, die

!) E h n 1, Das X. Bataillon des oberösterreichischen Infanterieregimentes Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen und bei Rhein Nr. 14 (Wien 1932), 46 ff. und H o e n, Geschichte des salzburgisch-oberösterreichischen k.u.k. Infanterieregimentes Erzherzog Rainer Nr. 59 für den Zeitraum des Weltkrieges 1914—1918 (Salzburg 1931), 410 ff.

2)    Dieser Gipfel liegt beim Grenzbug, 1 km nördlich der C. Lago scuro. Siehe Beilage 13 des Bandes II, in der auch die folgenden Örtlichkeiten zu finden sind.

3)    Vgl. auch Fahr ner, Salzburger Landsturm im Hochgebirgskrieg (Salzburg 1924).

4)    Die Verteidiger verloren 68 Tote, 176 Verwundete und 163 Vermißte, die Angreifer 62 Tote, 177 Verwundete und 124 Vermißte.

5)    Cavaciocchi, L’impresa deH’Adamello (Turin 1923), 61.

an den Rand der Verzweiflung führte und sich nach den Aussagen italienischer Gefangener sogar in Auflehnung gegen die Führer äußerte.

Die Sprengung des Col di Lana Hiezu Skizze 12 des III. Bandes

Ähnlich wie den Rayon III griffen die Italiener auch die Südtiroler Ostfront an zwei weit voneinander abstehenden Stellen an, in der Val Sugana und in den Dolomiten. Die Angriffe in der Val Sugana zeitigten bedeutende Folgewirkungen auf die Gestaltung der österreichischen Offensive aus Südtirol. Ihrer wird im Zusammenhang mit dieser zu gedenken sein. Jene in den Dolomiten stießen auf die Verteidiger des Rayons V, der vom FML. Ludwig Goiginger, dem Kommandanten der „komb. Division Pustertal“ (96. IBrig., Obst. Vonbank und 56. GbBrig., GM. Eccher ab Echo) befehligt wurde. Im März hatte diese Division eine wesentliche Umstellung und eine erhebliche Verminderung der Kräfte erfahren. Von den Kaiserjägern, deren Masse zum XX. Korps abging, blieben nur drei Bataillone und einige Streifkompagnien. An Stelle des KSchR. III kam das SchR. 36, doch verzögerte sich die Ablösung wegen der Lawinengefahr17). Einen keineswegs vollwertigen Ersatz boten drei sogenannte „Trachombataillone“, in deren Reihen alle mit der gefährlichen Augenkrankheit behafteten Leute des ganzen Heeres zusammengezogen worden waren. Landsturm, dem 3000 tapfere Standschützen zur Seite standen, bildete die Mehrheit der Besatzung in dem rund 70 km ausgedehnten Rayon, dessen wichtigste Bastionen von den zurückgelassenen Kaiserjägern besetzt blieben. Erschien die Verminderung der Zahl nach wohl nicht auffallend — man meldete in der Kriegsgliederung vom 1. April 20 Bataillone —, so war doch eine nicht unerhebliche Minderung der physischen und moralischen Widerstandsfähigkeit eingetreten. Zudem hatte die Abgabe mehrerer leichter und fast aller schwerer Batterien zu einer empfindlichen Schwächung geführt.

Das Ziel des italienischen IX. Korps, das unverändert, links mit der 18., rechts mit der 17. ID., in der Front stand, war nach wie vor die

Eroberung des Col di Lana. Den ersten Pfeil schoß jedoch das I. Korps, das dem Ostflügel der Pustertaldivision gegenüberstand, gegen den Rauchkofi ab. Diesen vom Mt. Cristallo nordostwärts abstreifenden Grenzrücken, der gemeinsam mit dem Mt. Piano den Zutritt und Einblick in das Gemärk bei Schluderbach verwehrte, hatte die italienische 2. ID. im Herbst 1915 mehrmals vergeblich zu gewinnen versucht. Wohlüberlegt und seit Februar in allen Einzelheiten gründlich vorbereitet, begann am Abend des 30. März durch ausgesuchte Abteilungen die Ausführung eines wahrhaft kühnen nächtlichen Unternehmens. Durch eine enge, äußerst steile, verschneite Felsrinne stieg eine durch geübte Bergführer verstärkte Kompagnie mühsam aufwärts. Da kündete der Morgen den neuen Tag. Im toten Winkel wurde die nächste Nacht abgewartet, dann der schwierige Aufstieg fortgesetzt und am 1. April bei Tagesanbruch die Scharte erklommen, wo eine schlaftrunkene Wache und alsbald auch der nahe Hauptposten überrumpelt und überwunden wurden. Vergeblich bemühten sich die nächststehenden Abteilungen des SchR. 36, dem auch die Wache angehört hatte, die von den Italienern rasch besetzten Sattelhöhen des Rauchkofis wiederzugewinnen. Auch an den folgenden Tagen mißlangen alle Versuche der bergfremden ostgalizischen Schützen, von denen drei Kompagnien nacheinander, wenig geschickt, immer wieder über die gleichen, nun von feindlichen Maschinengewehren bestrichenen Schneepfade aufwärts zu kommen hofften1). Immerhin fesselten und ermüdeten sie den stärker werdenden Feind, der sich dadurch nicht weiter auszudehnen vermochte. Die Geduld des FML. Goiginger war auf eine harte Probe gestellt. Der verlorene Posten mußte wieder gewonnen werden; ging es nicht mit dem SchR. 36, dann mußten berggewohnte, ortskundige Männer eingreifen. Er formte kleine Abteilungen aus den Landsturmbataillonen 171 und IV/2, aus den Silzer Standschützen und aus ausgewählten Leuten des SchR. 36. Auch ein alpines Detachement vom KSchR. III wurde herbeigezogen. Diese tüchtigen Scharen, unter einheitliche Führung gestellt, griffen nach verstärkter Artillerievorbereitung am 7. morgens an. Nach dreistündigem Kampfe war der Feind vom Berge hinabgeworfen. Außer zahlreichen Toten und Verwundeten verlor er 100 Gefangene und 2 Maschinengewehre. Damit war die vorübergehend beunruhigende Episode vom Rauchkofi beendet. Sie hatte allerdings weitere Verzögerung des Abmarsches der noch nicht abgelösten Teile des KSchR. III zur Folge.

1) Das Ital. Gstb. W., III, Text, 345 sagt, daß die Gegenangriffe viermal wiederholt und zum Schlüsse mit dem Bajonett abgewiesen wurden.

Noch eine Woche verging, ausgefüllt durch belanglose Patrouillengefechte und ablenkende, über die ganze Pustertalfront ausgedehnte Artilleriegefechte. Dann schritt die italienische 18. ID. an die Ausführung des großangelegten, entscheidungsuchenden Angriffes, zur Eroberung des Bergstockes Col di Lana—Mt. Sief. Beim Aussprengen von Unterständen und Galerien hatte sich den Italienern der Gedanke aufgedrängt, einen Minengang unterhalb der öst.-ung. Stellung vorzutreiben. Fast den ganzen Winter über wurde an der Ausführung gearbeitet. Anfangs April wurde die Arbeit eingestellt, da man den Bau einer Gegenmine wahrnahm, die auch tatsächlich am 5. April aufflog, ohne allerdings eine Wirkung hervorzurufen. Nach einer Pause wurde die Bohrung wieder aufgenommen und am 12. April beendet. Zwei Minenkammern nahmen 5500 kg Nitroglyzerin auf. Die so gelegte gewaltige Mine bildete den Schwerpunkt, um den die Angriffsordnung einer Infanteriebrigade gelegt wurde. Nach der Sprengung sollten zuerst neun Kompagnien die Bergspitze erstürmen und ohne Aufenthalt sogleich gegen den Mt. Sief vorstoßen. Starke Artillerie, 84 leichte und 25 schwere Geschütze, hatten vom

15. April an den Col di Lana und dessen Umgebung unter Zerstörungsfeuer zu nehmen.

Beim Verteidiger hatte man schon im Jänner Verdacht geschöpft und einen Horchdienst eingerichtet. Die Besorgnisse zerstreuten sich aber wieder, da man geneigt war, die zeitweilig verstummenden Bohrgeräusche auf Kavernenbauten zurückzuführen. Mitte März tauchten jedoch die Befürchtungen neuerlich auf; sie steigerten sich rasch. Man begann kleine Gegenstollen zu bohren, erlangte aber noch keine Gewißheit. So schwankte die Meinung und bedrückte jeden Einzelnen, mochte er an die Gefahr glauben oder nicht. Die Verteidigung des Col di Lanaabschnittes, der auch den Mt. Sief und die Stellung am Südwesthange des Col di Lana, die sogenannte Bergsappe und die Rothschanze sowie die Stellung im Sattel nördlich des Mt. Sief, in sich schloß, war seit Anfang Februar dem

2. Bataillon des 2. KJR. anvertraut. Eine Kompagnie, ein Sappeurzug, einige Kanoniere und Artilleriebeobachter standen Mitte April auf der Spitze des Berges, als die Italiener mit heftigem Geschützfeuer ihre Angriffsabsicht zu erkennen gaben. Am 16. und 17. trommelte die feindliche Artillerie mit ganzer Kraft. Schweres mußte die Besatzung erdulden. Die Drahtverbindung war zerstört. Am späten Abend brachte ein Verwundeter eine schriftliche Meldung des Kompagniekommandanten vom Col di Lana zurück:    .. Die Stellung ist total zerschossen, ... die Sappe,

die Alarmstiege, der Weg zum Tunnel ein Trümmerhaufen. Der Aufent-iv    14

halt in der Kaverne wird langsam unmöglich, die Lage furchtbar. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Im Falle eines feindlichen Angriffes werden wir Möglichstes leisten, aber alle Zugangswege sind nahezu unpassierbar ..Diesen abgerissenen Sätzen war die Versicherung beigefügt, die Meldung sei nicht im Zustande großer Aufregung verfaßt, sie entspreche vielmehr „traurigst den Tatsachen“. Eiligst machte sich der Regiments-feldkurat Professor Dr. Blumenschein auf, den sichtlich schwer Bedrückten beizustehen. Eine Granate riß ihn unterwegs nieder. In der Nacht zum IS. entschied sich das Schicksal der Besatzung. Kurz vor Mitternacht entzündete ein elektrischer Funke die gewaltige Mine. „Mit dumpfem Schalle spaltete sich der Berggipfel, mächtige Steinblöcke schnellten in die Höhe, die Brustwehren stürzten in einer Ausdehnung von 25 Meter zusammen und begruben die Verteidiger“1). Unmittelbar darauf überschüttete die Artillerie die vorbestimmten Ziele mit Massenfeuer, während die Infanterie sich in Bewegung setzte. Der gesprengte Hauptgipfel war bald besetzt, die nordöstliche Kuppe erst nach scharfem Kampfe. Die über den Südwesthang vorstoßenden Kompagnien wurden aber durch die Kaiserjäger zur Umkehr gezwungen. Als der Morgen anbrach, waren die Angreifer noch nicht über die eben genannte, zuerst eroberte Stellung hinausgekommen. 170 Gefangene, 4 Maschinengewehre, 2 Minenwerfer und ein Gebirgsgeschütz fielen in ihre Hände; was von den 280 Verteidigern darüber zählte, war tot und verschüttet.

Mehrere Stunden war das Ereignis selbst den nahestehenden Abschnittskommandanten unbekannt geblieben. Indessen stellten sich kleine Gruppen, wo sie eben hielten oder sich zusammenfanden, zur Abwehr. So blieb der Grat zwischen Col di Lana und Mt. Sief, dank dem Mute und der Unerschrockenheit eines Oberjägers und seiner Leute im Besitze der Verteidiger. Als sich die Lage nach und nach aufhellte, waren die Führer entschlossen, die Stellung wiederzugewinnen. In der kommenden Nacht sollte der Gegenangriff erfolgen. Ebenfalls nach Einbruch der Dunkelheit wollten aber auch die Italiener ihr Unternehmen gegen den Mt. Sief fortsetzen und schoben zwei frische Bataillone in die Angriffsgruppe ein. Diese kamen gerade zurecht, um dem nach 11 h nachts von zwei Kaiserjägerkompagnien begonnenen Gegenangriff entgegenzutreten. Die Kaiserjäger drangen in solcher Lage nicht durch; sie lähmten aber den Feind,

x) Ital. Gstb. W., III, Text, 336. Aus der zahlreichen Literatur über die Kämpfe um den Col di Lana seien als besonders bemerkenswert hervorgehoben: P e n g o v, Die Kämpfe um den Col di Lana 1915/16. (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1923, 393 ff., 450 ff.); Langes, Front in Fels und Eis, 6.

der den letzten günstigen Augenblick versäumte. Schneetreiben verhinderte sein Vorhaben auch am 19. April. Einstweilen ließ die italienische

18. ID. ein drittes Regiment heranrücken, um so mit aller Gewalt ihr Ziel zu erreichen. Abermals sollte der Sturm bei Dunkelheit, in der Nacht auf den 21. erfolgen und zugleich auch der linke Flügel der 17. ID. angreifen.

FML. Goiginger, der am 20. abends im Kampfabschnitt beim Mt. Sief eintraf, überzeugte sich, daß die von ihm gewollte Wiedereroberung des Col di Lana ohne kräftige Artilleriehilfe1) nur zur vollständigen Aufopferung der stark hergenommenen Kaiserjäger führen mußte, die dann zum Teil durch einzelne rasch herangebrachte Landsturmkompagnien abgelöst wurden. Man beschränkte sich auf die Abwehr. Auf dem Grate, in der Bergsappe und in der Rothschanze stemmten sich die Verteidiger dem nächtlichen feindlichen Angriff entgegen. Die beiden letztgenannten Punkte gingen nach erbittertem Kampfe verloren. Nicht überwunden war bei Tagesanbruch die Besatzung des wichtigen Gratstützpunktes, und auch auf dem Siefsattel hielten die Kaiserjäger und Enneberger Standschützen. An den nächsten Tagen stürmten die Italiener neuerlich vor. Schwer waren ihre Verluste, vergeblich ihr Bemühen. Im Sperrfeuer der Verteidigungsartillerie2) kamen die Angreifer gar nicht recht zur Entwicklung; im Gratstützpunkt, den sie besonders opfermutig immer wieder angingen, trotzte ihnen eine kleine Heldenschar, Männer vom Landsturmbataillon 162. Endlich, am Ostermontag, den 24., ließen die Italiener, durch Kampf, Kälte und den Verlust von 2000 Mann erschöpft, die Waffen sinken. Was ihr Kommandant hatte verhindern wollen, daß „der Mt. Sief ein zweiter Col di Lana werde“, war eingetreten3).

Die Kämpfe dieser letzten Tage hatten den Einsatz aller ursprünglich zum Gegenangriff herangeführten Reserven erfordert. Insgesamt standen im Raum um den Col di Lana 8 Kaiserjäger- und 51/2 Landsturmkompagnien, dazu 3 Standschützenabteilungen. Die überwältigende Übermacht der Italiener war offenbar geworden. Zudem war diesen am

16. April im Drei Zinnengebiet die Besetzung der Sentinellascharte durch Handstreich gelungen. Der immer auch die Gesamtlage verständnisvoll berücksichtigende Rayonskommandant hoffte dennoch, die vom Obst.

*) Die in den Kampfraum wirkende Artillerie zählte 18 moderne und 40 veraltete Geschütze verschiedener Kaliber.

2)    Die Erinnerung an die erfolgreiche Mitwirkung des Festungsartilleriebaons. 1 wird im österreichischen Bundesheere durch die Vorarlberger Minenwerferbatterie der Brigadeartillerieabteilung 6 wachgehalten, die den 23. April als Gedenktag feiert.

3)    Ital. Gstb. W., III, Text, 340.

Vonbank dringlich erbetenen Reserven aus eigener Kraft aufbringen zu können. Dessenungeachtet hielt es das Landesverteidigungskmdo. für nötig, der durch die Verzögerung der großen Offensive entstandenen Lage Rechnung tragen zu müssen und zur Sicherung der geschwächten Landesverteidigung Reserven zu beschaffen. Das Heeresgruppenkmdo. willfahrte der Bitte und befahl am 27. die Überführung der eben für die

3. Armee nordwestlich Bozen ausgeladenen k.u.k. 21. GbBrig.1) in das Pustertal; doch kam es hier erst in der zweiten Hälfte des Mai wieder zu Kämpfen.

Im entfernteren Zusammenhange mit den Kämpfen um den Col di Lana stiegen am 30. April etwa zwei Alpinikompagnien zum Marmolata-gletscher hinauf und brachten einen kleinen Posten auf dem linken Flügel des Rayons IV zu Fall. Da sich die Italiener damit zufrieden gaben, konnte FML. Edl. v. Scholz die beabsichtigten Gegenmaßnahmen unterlassen. Die ihm zu Gebote stehenden Kräfte — Anfang April waren es 71/2 Landsturmbataillone und 2470 Standschützen — reichten gerade noch hin, um die wichtigsten Sättel in den Fassaner Alpen besetzt zu halten. Aber die den Italienern wahrscheinlich nicht verborgen gebliebene Anwesenheit der 48. ID. im Fleimstale hielt sie davon ab, jenes Unternehmen zu beginnen, das Cadorna im Winter eindringlich empfohlen hatte (S. 153).

Das Gesamtergebnis der von den Italienern im Frühjahr gegen die Abwehrfronten der Tiroler Landesverteidigung unternommenen Angriffe war nicht bedeutend. Das Heeresgruppenkmdo. hatte frühzeitig den Zweck der Unternehmungen erkannt, so daß nur fünf Bataillone von ihrer ursprünglichen Bestimmung dauernd abgelenkt worden waren.

Die Ereignisse am Isonzo und an der Kärntner Front

bis Mitte Mai

Hiezu Beilage 8 sowie Skizze 2

Die seit dem 25. März unmittelbar der Heeresleitung unterstellten Führer der 5. und der 10. Armee waren vier Tage vorher von der Bildung der Angriffsgruppe in Kenntnis gesetzt worden. Als zu Ende des Monats der Beginn der großen Unternehmung für Anfang April in Aussicht genommen wurde, hatten die beiden Armeeführer den Auftrag

*) Die 21. GbBrig. bestand aus den Bataillonen: V/bh. 1, V/bh.2, II/SchR. 5, V/Sch-R. 37 und dem bh. FJB. 3, sowie aus der 1/4 5. Schw. DR. 6. Das Rayonskmdo. stellte sie geteilt den beiden Frontbrigadieren zur Verfügung.

erhalten, Vorbereitungen für den Fall zu treffen, daß der Feind bei einem rasch fortschreitenden Erfolge der Heeresgruppe Erzherzog Eugen möglicherweise sich veranlaßt sehen könnte, seine Ostfront wesentlich zu schwächen oder sie gar unter einer Verschleierung zu räumen. Diesen Augenblick rechtzeitig zu erkennen und entschlossen auszunützen, war als die Hauptaufgabe der 5. und der 10. Armee bezeichnet worden.

Nach dem Kräfteverhältnis konnte der Anstoß zu einem solchen angriffsweisen Handeln nur aus der Front kommen; die höhere Führung hatte es bloß in die richtigen Bahnen zu lenken. Hiebei galt als Richtschnur, daß die 5. Armee, die sich nach der am 1. April erfolgten Rücküberweisung des XV. Korps wieder in vier Abschnitte (I, II, III a und III b) gliederte, gegebenenfalls südlich der Linie Krn—Monte Maggiore— Gemona an die befestigte Tagliamentolinie vorgehen sollte, während die

10. Armee dem etwa abziehenden Feinde an den Oberlauf des Taglia-mento zu folgen hatte. Damit der richtige Augenblick zur Aufnahme der Vorrückung nicht versäumt werde, ordnete das 5. Armeekmdo. die Durchführung eindringlicher Erkundung an; dann schuf es sich durch die Ablösung der 9. ID., die mit der 17. IBrig. bei Selo, mit der 60. IBrig. bei Dörnberg versammelt wurde, eine Reserve aus marschfähigen und schlagkräftigen Heerestruppen, an deren Stelle die k. k. 21. LstGbBrig. und das k. u. LstlR. 2 in die Front gelangten. In der ersten Aprilhälfte hatte die 5. Armee außer der 34. ID. (S. 172) noch eine Gebirgsbrigade nach Tirol abgeben müssen. Hiezu wurde aus fünf verschiedenen Abschnitten entnommenen Bataillonen die k.u.k. 21. GbBrig. neu aufgestellt, die am 10. aus dem Wippachtale nach Tirol abbefördert wurde (S. 212). Hingegen wurde der 5. Armee anfangs Mai die 24. LstGbBrig. vom Balkan zugewiesen1), die als Reserve nach Comen gelangte.

Die 10. Armee hatte im Sinne der vorangeführten Richtlinien ein Vorgehen ihrer Hauptkraft, der 94. und der östlich anschließenden 92. ID., über den Karnischen Kamm zwischen dem Plöckenpaß und dem Fella-tale, der 27. GbBrig. im Isonzotale über Saga vorbereitet, während zwischen der Fella und dem Becken von Flitsch schwache Kräfte den Feind festhalten sollten. Im unteren Gailtal stand bei Nötsch eine Reserve von fünf Bataillonen.

Auch bei den der k.u.k. 10. Armee gegenüberstehenden italienischen Kräften — dem XII. und IV. Korps — waren im März und im April einige Veränderungen eingetreten. Im Wesen bestanden sie darin, daß

!) 24. LstGbBrig.: Kmdt. Obst. v. Zhuber, FJB. 2, k. k. LstIBaone. 6, IV/39, 83, k. u. LstlBaon. VII/17; 6. KnBt. GbAR. 12, 1. KnBt. GbAR. 21.

die 36. ID. des IV. Korps bei Flitsch mit der 24. ID. des XII. Korps im Fellaabschnitt wechselte. Nach der bei beiden Gegnern durchgeführten Neugruppierung waren die vom Mt. Peralba bis zum Krn eingenisteten zwei italienischen Korps der Armee Rohr der Zahl nach doppelt überlegen1).

Dem zunächst noch für den Anfang April beabsichtigten Beginn des Angriffes aus Tirol hatten bei der 5. und der 10. Armee abermals Täuschungsmaßnahmen voranzugehen. Als das für den 10. April bei Görz, für den 11. bei Tolmein und für den 12. im Plöckenabschnitt vorbereitete Einschießen der Artillerie in ein ansehnliches Wirkungsschießen überging, sollten Marschbewegungen hinter der Front, Infanterievorstöße und Fliegerunternehmen die Einleitungskämpfe für einen Angriff aus Kärnten und am Isonzo vortäuschen. Schlechtes Wetter und höhere Befehle unterbrachen diese Tätigkeit.    ■

Hingegen wurden nun die Italiener im südlichen Küstenland wieder rührig. Sie wiederholten vom 15. April an die Angriffe gegen die Höhe -<>- 70 östlich von Selz. Da die vom k.u.k. 61. IDKmdo. schon im März beabsichtigte Wegnahme des La Roccarückens auch jetzt aus Mangel an Kräften und wegen des jetzt mehr denn je gebotenen Haushaltens mit den Kampftruppen unterblieben war, vermochte der Feind hier vorübergehend kleine Erfolge zu erringen. Das k.u.k. VII. Korpskmdo. ließ bis Ende April die 61. ID. mit der 106. LstlD. tauschen und erwartete, daß diese Division die Lage bei 4- 70 wieder hersteilen werde. Noch bevor aber diese Maßnahme durchgeführt werden konnte, kam es am 22. zu neuen feindlichen Angriffen, die zu wechselvollen Kämpfen führten, bis am 25. April nach einem blutig zurückgeschlagenen italienischen Vorstoß Abteilungen der 19. LstGbBrig. dem Feinde nachdrängten und ihm fast seinen ganzen bisherigen Gewinn entrissen. Damit endeten die seit dem 28. März immer wieder aufgeflammten Kämpfe um die Höhe -<> 70; doch blieb diese auch fernerhin eine die volle Aufmerksamkeit erheischende Frontstelle. Am 1. Mai wurde das Abschnittskmdo. Illb aufgelassen. Dem VII. Korpskmdo. fiel damit der Befehl über alle vier auf der Karsthochfläche stehenden Divisionen des nunmehrigen Abschnittes III zu.

-1) Die Armee Rohr zählte um diese Zeit nur mehr 38 Baone. (davon 13 des Heeres;, 24 Feld- und Gebirgsbatterien, 11 mittlere und schwere Batterien mit 37.000 Feuergewehren, 150 Feld- und Gebirgs-, 88 mittleren und schweren Geschützen. Das italienische XII. und die Teile des IV. Korps bis zum Krn zählten 71 Baone., 54 Feld-und Gebirgs-, 35 mittlere und schwere Batterien mit etwa 70.000 Feuergewehren, 232 leichten und 95 mittleren und schweren Geschützen.

Während nördlich der Wippach im allgemeinen Ruhe herrschte, entwickelte der Italiener im Abschnitte des Mt. S. Michele eine zunehmende Gefechtstätigkeit; auch unsere Truppen begannen den fortgeschrittenen feindlichen Sappenarbeiten wirksam zu begegnen. Der Sappen- und Minenkrieg führte zu ständig wiederkehrenden, meist in die Nacht fallenden Unternehmen und vielerlei Nahkämpfen. Vom 24. April an kam es zu größeren Kämpfen bei S. Martino. Bei dieser Gelegenheit wurden Anzeichen wahrgenommen, die auf eine ausgedehnte Minentätigkeit im Abschnitt Mt. S. Michele—Höhe -<J>- 197 hindeuteten. Das VII. Korpskmdo. beschloß hierauf, dem Feinde zuvorzukommen. Schon am

8. Mai glückten nach kaum dreiwöchiger Minierarbeit der 17. ID. westlich von S. Martino und bei der 20. HID. nächst -<>- 124 am Westhange des Mt. S. Michele zwei durch Minensprengungen eingeleitete Angriffe, wobei unsere Stellung durch Besetzung des Minentrichters und eines stützpunktartigen feindlichen Sappenkopfes nach vorne wesentlich verbessert wurde1). In den folgenden Tagen und Nächten machte der Italiener vergebliche Anstrengungen zur Wiedergewinnung des verlorenen Bodens. Gleichzeitig ließ er in Überhastung seine zahlreichen Minenstollen vorzeitig und ohne Schaden für unsere Kampfanlagen sprengen, wodurch die drohenden Gefahren seines Minennetzes bei S. Martino beseitigt wurden.

Im Abschnitte des XVI. Korps kam es bis Mitte Mai nur zu belanglosen Kämpfen im Vorfelde. Am 4. schossen bei Görz Abwehrbatterien und Jagdflieger ein italienisches Lenkluftschiff in Brand. Beim XV. Korps glückten bis Mitte April noch kleinere Angriffsunternehmen der 3.GbBrig. auf dem Mrzli vrh und bei Dolje. Das Korpskmdo. plante sogar einen größeren Angriff zur Gewinnung der Ježahohe auf dem Kolovratrücken, die das Isonzotal und das Becken von Tolmein beherrschte. Die Abgabe von Truppen nötigte aber, auf das Unternehmen zu verzichten. Bis zum

10.    Mai kam es zu keinen bedeutenden Kampfhandlungen. Erst am

11.    Mai begannen Artilleriegefechte und Plänkeleien, die um die Mitte des Monats zu größeren Unternehmen ausreiften.

An der Kärntner Front verlief der April zunächst unter kleineren Kämpfen, die nur örtliche Bedeutung hatten. Der Wetterumschwung am

12.    und der am 23. April verhinderten jede größere Kampfhandlung im Gebirge; ja es kam sogar noch gegen Ende des Monats zu Verkehrsstörungen und Lawinenstürzen, die ihre Opfer forderten. Von den

1) Dem Führer des nach der Minensprengung bei S. Martino ausgezeichnet durchgeführten Unternehmens, Oberleutnant Géza Heim des IR. 46, wurde das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen.

größeren Unternehmen im Bereiche der 10. Armee sei die Besetzung des Mt. Ciadenis in der Peralbagruppe am 21. April und eine Reihe erfolgreicher Vorstöße am 26. April, am 2. und 4. Mai durch die Besatzung auf dem Rombon1) erwähnt. Daraufhin entschloß sich der Kommandant der italienischen 24. ID. die Cuklahöhe als den Ausgangspunkt der öst.-ung. Unternehmen wiederzugewinnen. Nach stärkster Artillerievorbereitung griffen am 10. Mai vier Alpinibataillone die drei auf der Čukla stehenden Bosniakenkompagnien an und überwältigten sie in erbitterten Nahkämpfen 2).

Die Aprilkämpfe im Suganatal Hiezu Beilage 9

Das italienische V. Korpskmdo. hatte schon im Dezember 1915 der in der Val Sugana stehenden 15. Division nahegelegt, zu gegebener Zeit Levico und Caldonazzo zu besetzen und wenn möglich bis Vattaro vorzustoßen. Zunächst sollte sie sich raschestens des Mt. Broi, der Höhe von S. Osvaldo und des Collo bemächtigen3). Nach den im Jänner und zu Anfang Februar mißglückten Versuchen, diese Ziele zu erreichen, unterbrach das Mitte Februar einsetzende schlechte Wetter jede Tätigkeit. Erst nach vier Wochen, als der überaus reich gefallene Schnee an den südwärts geneigten Hängen nach und nach abschmolz, gingen italienische Abteilungen näher an die österreichische Vorpostenkette heran, die, vom Mt. Car-bonile südlich der Brenta ausgehend, über die eben genannten Berge gelegt war. Am 22. März griffen sie die Feldwachen bei S. Maria und auf dem Mt. Broi, in der Nacht auf den 25. auch die auf dem Mt. Carbonile an. Sie wurden allerorts abgewiesen. In den nächsten Tagen brachten Frühlingsstürme neuen Schnee auf den Bergen, Regenschauer in den Tälern. Das Vorpostengeplänkel verstummte. Nur die Artillerie setzte beiderseits das seit Mitte März kräftiger gewordene Feuer fort. Die Beobachter nahmen wahr, daß beim Feinde mehrere neue Batterien aufgetaucht waren. Auf der Sellahochfläche bei Marter, Roncegno und vor dem Collo schanzte er fleißig und erhielt offenbar Verstärkungen. Auch italienischerseits er-

x) Teile des k. k. LstlBaon. 41 und des bh. IR. 4.

2)    Die Verluste der drei Kompagnien des bh. IR. 4 betrugen rund 250 Mann, davon etwa zur Hälfte Gefangene. Der Feind verlor in den Kämpfen um die Cuklahöhe vom

10. bis zum 12. Mai 18 Offiziere und 516 Mann.

3)    Ital. Gstb. W., III, Text, 313 f.

kannte man stärkere Bewegungen bei Caldonazzo, obwohl dort die Straßen mit Schilfmatten gut maskiert waren. Zur Vergeltung für das dorthin gerichtete Artilleriefeuer schossen die öst.-ung. Batterien auf Borgo und Marter.

Obst. v. Sloninka, der Kommandant des Grenzabschnittes 6, verfügte Ende März über das KSchR. I, das Radfahrbataillon Mjr. Edl. v.Schönner, das k.k.LstlBaon. 164 und eine Kaiserjägerstreifkompagnie, dann überetwa 2000 Standschützen, die den Bataillonen von Kaltem, Zillertal, Reutte II, Meran, Bludenz und Rattenberg angehörten, endlich über zwei selbständige Maschinengewehrkompagnien und neun Batterien. Weiters hatten in diesem Abschnitt in jüngster Zeit sechs Gebirgsbatterien und vier 10.4 cm-Kanonen der 11. Armee Stellung genommen. Am 25. März wurde der Grenzabschnitt, der von der Cima Vezzena bis zur Kreuzspitze reichte, dem XVII. Korps mit dem Bemerken unterstellt, daß die seinerzeitige Verwendung des Korps nicht in diesem Raume gedacht sei. Die Truppen der um Pergine versammelten 18. ID. hatten dem Feinde verborgen zu bleiben. Die zur Formierung der Kaiserschützendivision geplante Ablösung des KSchR. I. sollte durch andere der Tiroler Verteidigung entnommene Einheiten erfolgen. Hiezu wurden das Reservebataillon 111/37 sowie 4 Landsturmkompagnien und das oberösterreichische freiwillige Schützenregiment, das allerdings nur aus 6 Kompagnien bestand, nach Pergine dirigiert.

In den ersten Apriltagen schickte sich die italienische 15. ID. wieder zur Gewinnung der Zone Glockenturm—S. Osvaldo—Mt. Broi an. Nach kräftigem Artilleriefeuer griffen am 4. vormittags etwa drei Bataillone die Feldwachen auf dem Mt. Broi und bei Votto an und drückten sie um ein Geringes zurück. Alsbald warfen die Kaiserschützen den Feind wieder aus den Vorpostenschanzen hinaus. Starke Truppenanhäufungen bei Ron-cegno, der Anmarsch von Verstärkungen gegen Votto, das vereinigte schwere Artilleriefeuer gegen den Mt. Broi sowie die am 5. wiederholten Angriffe des Feindes ließen sein Vorhaben nicht mehr bezweifeln. Die in Aussicht genommene Ablösung der Kaiserschützen wurde aufgeschoben, Teile der 18. ID. in Bereitschaft gehalten. Die feindliche Artillerie verdichtete ihr Feuer gegen den Rücken von S. Osvaldo bis zur Larganzaschlucht, in den Morgenstunden des 6. April trommelte sie unablässig, dann griffen etwa zwei Bataillone an. Die Vorposten, zwei Kaiserschützenkompagnien, durch die Artillerie kräftigst unterstützt, hielten sich wacker trotz ernster Verluste. Sie wiesen vier Stürme ab und besetzten dann, eine Feldwache bei S. Osvaldo zurücklassend, die etwas höher liegende Stellung auf der Fratasecca. Zugleich schoß die feindliche Artillerie unausgesetzt auf den Mt. Broi, gegen Novaledo und bis nach Calceranica hinein. Der Eindruck dieser Kampfhandlungen auf die höheren Führer spiegelten sich in dem vom XVII. Korpskmdo. am Abend gegebenen Befehl wieder: „Um dem Gegner den Einblick in den Raum südlich Caldonazzo—Calceranica zu verwehren, muß auf Befehl des Armeekommandos die Linie Novaledo—Mt. Broi—S. Osvaldo—Glockenturm— Collo—Mt. Cola unbedingt gehalten werden.“ Das 18. IDKmdo., das schon das Bataillon 1/63 auf die Panarotta gewiesen hatte, ließ am 7. März noch die Bataillone IV/4 und 1/1 gegen diese Höhe nach Brennstall aufsteigen und unterstelle sie gemäß dem Aufträge des Korpskmdos. dem Obst. Sloninka, mit der Einschränkung allerdings, sie als Reserve zurückzubehalten und nur nach vorheriger Meldung einzusetzen. Weiters hatten noch sechs Batterien in Stellung zu gehen.

Gegen alle Erwartung begnügten sich die Italiener in den nächsten Tagen damit, sich auf Gewehrschußentfernung vor den öst.-ung. Vorposten einzugraben. Nur ihre Artillerie donnerte weiter. Am 9. April fielen 150 schwere Granaten auf Caldonazzo, das zu brennen anfing und geräumt werden mußte. Die Ablösung von Teilen des KSchR. I konnte durchgeführt werden. An ihre Stelle traten bei Glockenturm—Collo das Reservebataillon 111/37 und im Raume Garollo—Mt. Broi die oberösterreichischen freiwilligen Schützen.

Eine am 10. April abgehorchte Radiodepesche, wie auch lebhafte Bewegung auf der Sella, bei Borgo und bei Roncegno ließen erkennen, daß neue italienische Angriffe nahe bevorstanden. Am 12. brachen sie los. Vier Gruppen zu je zwei Bataillonen mit Begleitbatterien hatten die Ziele Glockenturm, Spigolo—Fratasecca, Mt. Broi—Novaledo und den Mt. Carbonile. Vier Bataillone bildeten die Reserve im Raume um Borgo.

Die Vorposten in der Linie der genannten Höhen waren immer noch überaus schwach, da man die Bataillone der 18. ID. dem Feinde nicht zeigen wollte und hinter der befestigten Hauptverteidigungsstellung zurückhielt; doch fand die Besatzung eine kräftige Stütze in der Artillerie. Nicht weniger als 112 Geschütze waren zur Stelle und auch ein Teil der Batterien des III. Korps konnte nötigenfalls eingreifen.

Die andauernde Unruhe im Suganatal, durch die das KSchR. I immer wieder im Grenzabschnitt 6 festgehalten worden war, hatte das 11. Armeekommando schon auf den Gedanken gebracht, die Kaiserschützendivision, deren Bildung sich wegen der örtlichen Schwierigkeiten bei der Ablösung der anderen Kaiserschützen ohnedies verzögerte, hinter diesem

Abschnitt zu versammeln und ihr dessen Sicherung zu übertragen, damit die 18. ID., die voll für den bevorstehenden großen Angriff verfügbar bleiben mußte, nicht in die Sugana-Kämpfe hineingeriete.

Das Heeresgruppenkmdo. sah in den feindlichen Vorstößen im Brentatale gar keine Gefahr. „Nach den bisherigen Erfahrungen über die Stoßkraft der Italiener im allgemeinen und in der Val Sugana im besonderen“ sei ein rascher Raumgewinn des Feindes in dieser Richtung nicht zu befürchten, selbst wenn nur die normale Grenzbesatzung sich dort befinden sollte. Den Vorschlag wegen der Umgruppierung der Kaiserschützendivision, die der 3. Armee zugedacht war, lehnte es ab, weil dadurch Verwicklungen im Aufmarsch entstehen müßten.

Tatsächlich kamen die Italiener auch bei ihren letzten Angriffen am 12. und 13. April nur wenig vorwärts. Wohl drückten sie nach kräftiger Artillerievorbereitung im ersten Anlauf die verstärkten Feldwachen beim Glockenturm und östlich von Fratasecca zurück, aber im Sperrfeuer der zahlreichen Batterien blieben die Angreifer vor den Hauptposten liegen. Nicht besser erging es dem von den Italienern mutig vorgetragenen Angriffe gegen Novaledo, der nach Vertreibung der Feldwachen aus dem in Brand geschossenen S. Maria bis an die Dämme des Torrente Rosa heranbrandete, dann aber im Abwehrfeuer der Radfahrer ■und der Artillerie zurückflutete und allgemach versandete. Am Hange des Mt. Broi führten die Kaiserschützen am 13. April einen Gegenstoß und nahmen zwei Dutzend Italiener gefangen. Die schwersten Verluste erlitt der Feind im Kampfe um den Mt. Carbonile. Hier gelang es ihm, der halben Kaiserschützenstreifkompagnie drei kleine, opfervoll verteidigte Stützpunkte zu entreißen. Aus einem dieser Stützpunkte wurde er durch richtig zusammengefaßtes Feuer der Artilleriegruppen Obstlt. Schmidt und Obst. Janečka förmlich herausgeschossen, doch erst am

13. abends vermochten eine herbeigeholte Kaiserschützenkompagnie und die Streifkompagnie diesen wichtigen Gipfel wieder vollständig zurückzuerobern. Die eigenen Verluste waren bei diesen Kämpfen allerdings auch beträchtlich. GM. Kindl, der das Kommando im Grenzabschnitt 6 übernommen hatte, bat am 12. abends, die dem Abschnitt zur beschränkten Verfügung gestellten drei Bataillone der 18. ID. noch näher an die Kampflinie der PanarottaVerteidigung heranziehen zu dürfen. Das

XVII. Korpskmdo. stellte weitere zwei Bataillone dieser Division im Brentatal bereit und wies darauf hin, daß der Besitz des Mt. Carbonile für eine Offensive über die Sellahochfläche von besonderer Wichtigkeit, und •dieser daher unbedingt zu behaupten sei.

Der Gegenangriff der k.u.k. IS. Infanteriedivision

Da es Mitte April noch nicht abzusehen war, wann die Offensive über die Hochflächen beginnen konnte, entschloß sich das 11. Armeekmdo., dem fortgesetzten feindlichen Druck im Suganatal ein Ende zu bereiten und befahl am 13. zu Mittag dem XVII. Korps „einen kurzen Offensivstoß mit möglichst starken Kräften zu führen und den Feind auf Marter—Roncegno —S. Anna zurückzuwerfen“. Dem Heeresgruppenkmdo. gegenüber begründete GdK. Dankl diesen Entschluß mit dem Hinweis, daß „besondere Maßnahmen zur Sicherung der Val Sugana umso notwendiger sind, als beim Vortragen der Offensive über die Hochflächen eine Gefährdung der linken Flanke besonders unangenehm wäre“. Zugleich gab er der Meinung Ausdruck: „Die Tätigkeit und Stärke des Feindes in der Val Sugana wird immer beträchtlichere Kräfte — seien sie von der 3. oder 11. Armee

— binden, die Anwesenheit der Italiener im Raume um Borgo während der Offensive stets unangenehm sein und ein Gefahrenmoment bilden“; er beantrage daher neuerlich, „höheren Ortes erwirken zu wollen, daß Teile der 3. Armee — wenigstens zur Gewinnung des Raumes um Borgo — angesetzt werden, was die Lage und die feindliche Tätigkeit immer ge>-bieterischer fordern“. In diesem Vorschläge tauchte der ursprüngliche Plan zum Ansatz einer Nebenkraft in der Val Sugana in veränderter Form wieder auf. Das Heeresgruppenkmdo. erinnerte in seiner Antwort an den ausdrücklichen Befehl der Heeresleitung, nach welchem von einem gleichzeitigen Durchstoßen im Suganatal keine Rede sein könne und die

3. Armee nicht vorzeitig verausgabt werden dürfe. Die Besorgnisse wegen der nördlichen Armeeflanke teilte das Heeresgruppenkmdo. keineswegs. „Der vom 11. Armeekmdo. in Aussicht genommene Gegenstoß der 18. ID. dürfte übrigens bald seine Wirkung gegen den vom Armeekmdo. so unangenehm empfundenen steten Druck des Feindes in der Val Sugana äußern.“ In der Anwesenheit der Italiener um Borgo während der Offensive über die Hochflächen vermöge aber das Heeresgruppenkmdo. keine Gefahr zu erblicken. Vielmehr sei der Feind im Suganatal gefährdet, wenn die eigene Offensive auf den beherrschenden Höhen südlich des Tales fortschreiten werde.

Gemäß den Weisungen des XVII. Korpskmdos. hatte GM. Stracker mit der Masse der 18. ID. und den zur Zeit in der Stellung Mt. JBroi— Fratasecca—Glockenturm—Collo kämpfenden Truppen des Grenzabschnittes 6 vorzustoßen, um die etwa ein bis zwei Kilometer vorwärts liegende ehemalige Feldwachenlinie wiederzugewinnen. Im Brentatale und über die Südhänge des Mt. Broi sollte GM. Kindl mit dem hier stehenden Radfahrbataillon und zwei Halbbataillonen der 18. ID. den Angriff begleiten. Ein Halbbataillon des KSchR. I hatte den Mt. Carbonile festzuhalten.

Die Bereitstellung war schwierig und zeitraubend. Meterhoch lag noch Schnee auf den Bergen; festgebannt stand die Artillerie. Deswegen sollte der Angriff erst am 16. April beginnen, und waren auch die Angriffsziele kurz gesteckt.

Indessen versuchten die Italiener durch zornige Kanonaden und durch Vorstöße kleiner Abteilungen, so am 14. gegen die Fratasecca und den Mt. Broi, am 14. und 15. gegen den Mt. Carbonile, vergeblich, das mangelhafte Ergebnis ihrer Angriffe vom 12. und 13. zu verbessern. Rasch und geschickt schanzten sie aber an ihrer jetzt stark besetzten vordersten Linia.

Nach Anordnung des 18. IDKmdos. führte Obst. Edl. v. Barza, Kommandant der 13. GbBrig., die Bataillone III/bh. 4,1 V/22 und 1/2III/KSchR.I über die Portelia zum Angriff beiderseits vom Glockenturm; Obst. Teuš, Kommandant der 1. GbBrig., rückte mit den Bataillonen 1/63, 111/64 und IV/4 über das Weitjoch, nahm das 1. Bataillon des KSchR. I auf und hatte südlich der Larganzaschlucht den ’Hauptsto'ß über S. Osvaldo zu führen. Die südlichste Gruppe, die Bataillone 1/1 und II/KSchR. I, führte Mjr. Hildebrand über Garollo ostwärts, um den Feind vom Mt. Broi völlig hinabzuwerfen. Drei Bataillone der Division blieben als Reserve, die Standschützen und die oberösterreichischen freiwilligen Schützen in der Hauptstellung zurück.

Noch bevor der Morgennebel am 16. April die Sicht freigab, ging die Gruppe Obst. Barza ohne Artillerievorbereitung vor. Sie überraschte den Feind vollkommen und überschritt die ihr als Ziel gesetzte Linie. Aber ihr bis nahe an Postoi vorgeprellter rechter Flügel mußte unter dem Drucke starker Gegenangriffe gegen Tezzel zurückweichen.

Bei der Gruppe Obst. Teuš waren bei Tagesanbruch das Bataillon IV/4 nahe der Kammlinie, das Bataillon 1/63 am Nordhang der Fratasecca bereitgestellt. Drei Stunden hämmerte die Artillerie. Um 10 h stießen die Bataillone vor und nahmen die feindlichen Stellungen, die Deutschmeister voran jene bei S. Osvaldo1). Die Deutschmeister wandten sich dann gegen Valcanai, die Dreiundsechziger nach Votto. Bedeutend waren die Verluste der Angreifer, aber noch größer jene des Feindes, der an dieser Stelle überdies 300 Gefangene und 4 Maschinengewehre einbüßte.

x) Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, Die Deutschmeister (Wien 1928), 693. Für tapferes Verhalten auch bei diesem Angriffe wurde dem Hptm. Emil Fey das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens (Bd. III, 438) zuerkannt.

Dennoch hielten sich die Italiener zäh in der gründlich ausgebauten zweiten Stellung, die um die Rückfallskuppen von Votto und A 1213 gelegt war. Um weitere Verluste zu vermeiden, ließ Obst. Teuš die gegen diese Punkte gerichteten Angriffe am Abend einstellen. Die Nacht reichte nicht hin, daß neue Vorbereitungen getroffen und Geschütze vorgebracht werden konnten. Am 17. konnte wohl Valcanai besetzt werden; doch den im Wald verborgenen Schanzen bei Votto vermochte die öst.-ung. Artillerie nicht beizukommen, wogegen die feindliche den ungeschützt am Hang liegenden Schwarmlinien erhebliche Verluste zufügte. Bei dem am folgenden Morgen unternommenen Sturm der Bataillone 1/63 und 111/64 wurde ein kurzes Grabenstück genommen. Aber der Feind, der zwei Bataillone zur Verstärkung herangezogen hatte, wich auch jetzt nicht.

Schon am 16. war das Ringen der Gruppe Mjr. Hildebrand auf dem Mt. Broi entschieden, das etwas später als der Angriff gegen S. Osvaldo begonnen hatte. In sehr geschickter Gefechtsführung umfaßten die Schlesier und die Kaiserschützen den durch wuchtiges Artilleriefeuer zermürbten Feind und nahmen ihn zum großen Teil gefangen. Der Rest flüchtete nach Marter. Bei der Gruppe GM. Kindl hatten die durch ein halbes Bataillon des IR. 52 unterstützten Radfahrer schon vor Tagesanbruch den Torrente Rosa überschritten und waren dann am Südhang des Mt. Broi anschließend an die ,,Einser“ vorgestoßen. Sie nahmen ebenfalls fast eine ganze Kompagnie gefangen.

Das 18. IDKmdo. konnte aus den einlaufenden Meldungen schon am 16. abends feststellen, daß die vorgesehenen Ziele erreicht waren. Nur bei Votto hielt der Feind noch über den 19. April hinaus hartnäckig stand. Während die wiedergewonnene Feldwachenstellung zur Hauptwiderstandslinie erklärt und technisch ausgebaut wurde, erneuerte die Gruppe auf dem Rücken von S. Osvaldo am 21., nunmehr durch zwei nahe herangebrachte Gebirgsbatterien unterstützt, den Angriff. Ungeachtet starker Verluste entrissen die Bataillone 1/63 und 111/64 dem Feinde den Stützpunkt auf der Rückfallskuppe A 1213. Dadurch war sein ganzes Grabennetz bei Votto unhaltbar geworden. Kalter Regen und Schneetreiben setzten ein. Hüben und drüben läuteten die Osterglocken. Der Erfolg der 18. ID. war abgeschlossen1).

x) Ihre sechs in den Kampf getretenen Bataillone hatten seit dem 16. April verloren: 279 Tote, 1069 Verwundete und 247 Vermißte; am schwersten hatte das siebenbürgische Bataillon 1/63 gelitten, das allein 126 Tote und 392 Verwundete zählte. Das KSchR. I, das jetzt nun endlich abrücken konnte, betrauerte neuerlich 26 Tote und 115 Verwundete. Auch die Verluste der Italiener waren überaus schwer.

Hatten die italienischen Angriffe in der ersten Hälfte des Monats April beim 11. Armeekmdo. einen tieferen Eindruck hervorgerufen als bei der unmittelbar betroffenen Besatzung des Grenzabschnittes und schließlich zum Ausspielen einer ganzen Division geführt, so rief, in merkwürdiger Wiederholung gleichen Geschehens, der Gegenangriff der 18. ID. bei den höheren und auch höchsten Führern der Gegenseite weit größere Unruhe hervor als bei den nächststehenden Kommandos. Das italienische Oberkommando telegraphierte am 20. April: „Die Zahl der Verluste der Truppen in der Val Sugana am 16. April, die an einen vollständigen Niederbruch gemahnen könnte, läßt erkennen, daß starke Kräfte in der vorgeschobene Linie eingesetzt waren.“ Dies widersprach den wiederholten Weisungen der Heeresleitung, weshalb sie Rechenschaft forderte1). Die abgerufenen Unterführer waren bemüht, ihre Handlungsweise zu rechtfertigen, und suchten in ihren Berichten die Bedeutung des „geringfügigen“ Rückschlages von S. Osvaldo zu bemänteln. Dennoch wurden die Hauptkräfte der 15. ID. nun zurückgenommen.

Als am 25. April öst.-ung. Patrouillen gegen Votto vorgingen, fanden sie die Schanzen verlassen. Hier wie auch in den geräumten Stellungen nordwestlich von Roncegno wurden 700 Gewehre, viel Munition und Verpflegung aufgelesen, ein Zeichen, daß der Rückzug des Feindes nicht in voller Ordnung erfolgt war. Bald erkannte man, daß die Italiener eine neue Stellung auf den Bergrücken zwischen Borgo und Torcegno ausgebaut hatten, die offenbar im Norden zum Salubio, im Südwesten zum Armenterra Anschluß hatte; in der Linie Osthang Collo—S. Anna—Roncegno lag ihr eine Postenkette vor.

Cadorna gab sich mit den Berichten der 1. Armee nicht zufrieden. Am 29. April kam er selbst in das Suganatal. Er gewann den Eindruck, daß die gewählte Hauptwiderstandslinie Salubio—Borgo—Armenterra mangelhaft sei, und verfügte nachdrücklich, daß im Falle eines überlegenen feindlichen Angriffes die Hauptverteidigung in die Stellung von Ospedaletto verlegt werden müsse. Doch willigte er ein, daß die von Borgo auch zu erstem Widerstand eingerichtet werde, weil sie aus moralischen Gründen nicht aufgegeben werden könnte.

Der kurz bemessene Stoß der 18. ID., durch welchen der in der Val Sugana lästig gewordene Feind nur abgeschüttelt werden sollte, wurde von den Italienern als das angesehen, was GdK. Dankl vorgeschlagen hatte, als ein Auftakt zur Offensive aus Südtirol. Diese sollte aber noch lange auf sich warten lassen.

i) Ital. Gstb. W., III, Text, 317 ff.

Die Zeit des Wartens Die Ursachen für das Auf schieben des Angriffes

Von dem Augenblicke an, da der Angriffsbeginn wegen des Wetters und der Schneeverhältnisse aufgeschoben worden war, begann für die öst.-ung. Führung eine höchst qualvolle Wartezeit. Der ewig wiederkehrende Kampf, den die Frühlingssonne gegen den widerstrebend zurückweichenden Winter führt, schwankte auch im April 1916 durch lange bange Tage hin und her. Damit zugleich schwankten die Meinungen, ob die Truppe über die verwünschten Schneefelder, deren Dichte und Tragfähigkeit von Tag zu Tag wechselte, vorwärts schreiten werde können.

Unruhig eilten die Blicke von den Schnee- und Wetterberichten hin zu den Meldungen und Nachrichten über den Feind. Gewiß wandten die Italiener schon anfangs April ihre gesteigerte Aufmerksamkeit Südtirol zu. Am 31. März war ein im österreichischen Landsturmdienst auf den Hochflächen tätiger Baumeister italienischer Nationalität zum Feinde übergegangen18). Es bestand kein Zweifel, daß er den Italienern allerlei Mitteilungen machte; denn ihre schwere Artillerie beschoß seither lebhafter und sichtlich zweckvoller den Bereitstellungsraum. Mit Mißbehagen mußte man Tag für Tag sehen, wie der Feind eifrig seine in die Felsen gehauenen Stellungen erweiterte, neue Hindernisse vorlegte und offenbar Verstärkungen erhielt. Die Artillerie ließ ihn freilich nicht in Ruhe, aber an den immer wieder hörbaren Sprengschüssen merkte man, daß er mit der Arbeit dennoch fortfahre.

Mit allen Mitteln wurde versucht, seine Aufmerksamkeit wieder auf die anderen Fronten zu lenken. Vom 10. April an erfolgten neue Demonstrationen und Täuschungsmanöver. So wurde auch das Bataillon 1/27 des III. Korps an die Isonzofront zurückgefahren. Zur Unterbindung des gemeldeten lebhaften Bahnverkehrs in Venetien, der bewies, daß bedeutende feindliche Verschiebungen gegen Südtirol in Gang waren, flogen abermals Bombengeschwader los. Immerhin hatte das Heeresgruppen-kmdo. wie auch das AOK. noch am 21. April den Eindruck, „daß der Feind im allgemeinen auf die Offensive gefaßt, aber über die Richtung noch nicht ganz im Klaren“ sei.

Als Richtlinie galt jetzt, durch die Kraft des Stoßes die verlorengehende Überraschung wettzumachen. Teile der Artillerie der 3. Armee wurden vorgezogen, und der schon einmal aufgetauchte Gedanke gewann Boden, dem Angriff des XX. Korps Artillerieunterstützung durch das III. Korps zu leihen, das infolgedessen später als jenes anzugreifen haben mochte. Das ungünstige Wetter erschwerte auch die Tätigkeit der Flieger. Den Gefahren trotzend, stiegen sie dennoch hoch und brachten zahlreiche Aufnahmen mit, nach denen mit Genauigkeit die feindlichen Verteidigungsstellungen festgestellt und der Artillerie die Ziele bezeichnet werden konnten. Mit ihrer Hilfe wurde auch das Einschießen mancher Batterie bewirkt.

Indessen wurden immer wieder Versuche und Prüfungen vorgenommen, um die Angriffsmöglichkeiten über die Schneefelder zu ergründen. Die Kämpfe in der Val Sugana wie auch an der Dolomitenfront und bei Riva, bei denen es sich stets nur um örtlich begrenzte Ziele handelte und die meist auf den tieferen, der Sonne zugekehrten und daher schon schneefreien Berghängen ausgefochten wurden, gaben keine Vergleichsmöglichkeit ab. Die Versuche auf den Hochflächen zeigten, daß man das einemal über den verharschten Schnee leicht hinwegkam, dann aber wieder bis zur Hüfte einsank, je nach Temperatur und Tageszeit. Am 15. April setzten Nordwinde ein und härteten den Schnee.'Einige Führer glaubten, der Zeitpunkt sei gekommen, andere bestritten dies. Auch bei den Truppen und selbst innerhalb der Kommandos gab es verschiedene Meinungen. Aber ein paar Tage später taute es wieder. Nun mußte man warten, bis die noch immer mächtige weiche Schneedecke abgeschmolzen sein würde. Täglich maß man die Schneehöhe und zeichnete ihre Abnahme an. Das bot einen, wenn auch unsicheren Schlüssel. Das 11. Armeekmdo. meldete nun, es glaube, falls kein neuer Witterungsumschlag eintrete, in den ersten Maitagen mit dem Angriff beginnen zu können. Das Heeresgruppenkmdo. mußte, auch aus eigener Überzeugung, dem neuerlichen Aufschub zustimmen, wiewohl auch ihm die ganze Tragweite der Verzögerung vor Augen stand. Schwer empfand das AOK. den Aufschub; es gab neuerlich zu bedenken: „Beim Entschluß zum Angriffsbeginn muß als sicher festgestellt werden, daß jeder Tag Verzögerung ein Nachteil für uns und ein Vorteil für den bereits gut unterrichteten Feind ist. Die allgemeine Lage fordert gleichfalls einen baldigen Beginn, aber auch eine erfolgreiche Durchführung des Angriffes, da alles auf diese Karte gesetzt ist. Innerhalb dieser Grenzen ist der Angriffsbeginn zu bestimmen, sobald es die Schneeverhältnisse irgend gestatten.“

Tag für Tag wurden von den höheren Kommandos Generalstabsoffiziere ausgesandt, die eingelaufenen Schneeberichte zu überprüfen. Auch GO. Erzherzog Eugen und FML. Krauss überzeugten sich persönlich von der Richtigkeit aller Angaben der Unterführer und meldeten dem AOK. ihre Eindrücke. Dennoch stieg die Ungeduld. Sie trieb zu überflüssigen Anfragen und Rechtfertigungen und führte sogar zu Vertrauenskrisen. Nicht leicht ertrugen auch die im auf blühenden Tale zusammengepfercht stehenden Truppen die Wartezeit. Wohl nützte man gelegentlich die Tage zur Schulung und zu Gelände- und Schießübungen, aber oftmals brach man sie wieder ab, gewärtig der Vormarschbefehle.

Um die Ostertage herrschte Regenwetter. Auf den Bergen fiel frischer Schnee. Eine neuerliche, groß angelegte Angriffsübung in gleicher Höhenlage wie das Gelände vor der 11. Armee brachte am 26. April felgendes Ergebnis: „Nach dem eingetretenen Föhnwetter und Schneesturm trägt die Schneedecke im allgemeinen überhaupt nicht mehr. Die einzige Zeit, zu der ein nicht belasteter Mann noch halbwegs ohne besondere Erschöpfung vorwärts kommt, liegt zwischen drei und sechs Uhr morgens. Zur Zurücklegung einer Strecke von 2000 Schritten waren drei Stunden erforderlich. Die Sprünge konnten nicht größer als 25 und 30 Schritte gemacht werden. Auf Sturmdistanz langten die Leute in allen Fällen sehr ermüdet an . .. nach dem Sturm waren sie ausgepumpt. Ein Handgemenge könnte sehr leicht zu unserem Ungunsten ausfallen . .. Vor einer Verfolgung mußte überhaupt abgesehen werden. Das Nachschieben von Munition in die Schwarmlinie ist nur mit großem Kraftaufwand möglich, das Zurückschaffen von Verwundeten beinahe ausgeschlossen. Tragtiere kommen selbst im festgefrorenen Schnee nicht vorwärts, da sie bei einer Schneehöhe von 50 cm bis zum Bauche einsinken.“ Bei anhaltend günstigem Wetter mochte der Schnee innerhalb von vierzehn Tagen, also etwa gegen Mitte Mai, so weit abgetaut sein, daß er kein ernstes Hindernis mehr bildete.

Wieder stand das 11. Armeekmdo. vor der Entscheidung. Es entschloß sich zu warten. Die drückende Rücksicht auf das dahinschwindende Überraschungsmoment wurde fallen gelassen. Abermals war ein Verräter diesmal ein tschechischer Reserveoffizier, am 24. April übergelaufen. Mochte der Feind sich vorbereiten wie er wollte; das von den Elementen gestellte Hindernis war nicht wegzuräumen, der zu erwartende, stärkere feindliche Widerstand aber konnte durch größere Kraftentfaltung gebrochen werden.

Änderungen der Angriffsordnung

Der bisherige Angriffsplan, der ein gutes Stück auf Überraschung des Feindes und somit auf die Schnelligkeit des ersten Erfolges aufgebaut war, wurde überprüft und abgeändert. Eine neue, im wesentlichen der Zeit nach gestaffelte Angriffsordnung wurde festgesetzt und durch den Armeegeneralstabschef, GM. Pichler, dem Heeresgruppenkmdo. vorgelegt und erläutert. Dieses berichtete hierüber nach Teschen. Es legte die Beweggründe der Änderung dar und fuhr dann fort:

„Von den drei großen Abschnitten des Angriffsraumes — Hochfläche von Vezzena, Hochfläche von Folgaria, Hochfläche des Col Santo mit Vallarsa — hat der Feind im letztgenannten die geringsten Widerstandsvorsorgen getroffen. Um dies auszunützen und entsprechend der nunmehr erhöhten Bedeutung dieser Angriffsrichtung entlang der Straße Rovereto—Thiene verläßlich durchzudringen, beabsichtigt das 11. Armeekmdo. das für diesen Raum bestimmte VIII. Korps noch durch die 48. ID. zu verstärken, so daß für den etwa 12 Kilometer breiten Abschnitt Coni Zugna bis einschließlich Terragnolotal nunmehr 31 Bataillone entfallen. Anschließend und gleichzeitig wird auf der etwa 8 Kilometer breiten Hochfläche von Folgaria, wie bisher beabsichtigt, das XX. Korps mit 34 Bataillonen angreifen, hingegen soll das III. Korps unter Ausnützung seines vorgeschobenen Verhältnisses zuerst mit seiner mächtigen Artillerie durch flankierende Wirkung von Nord her das Vordringen des XX. Korps erleichtern.“ Erst wenn dieses Korps durch Erreichen des Mt. Toraro und des Sp. Tonezza auf gleiche Höhe gelangt war, sollte auch das III. Korps angreifen, und zwar auf der 8 bis 10 Kilometer breiten Hochfläche von Vezzena mit der 28. und der 22. ID., das ist mit 26 Bataillonen. Die 6. ID. (12 Bataillone) gedenke das 11. Armeekmdo. noch zu seiner Verfügung zu behalten. Von der weiteren Entwicklung der Lage würde es dann abhängen, ob die 18. ID. in der Val Sugana bleiben müsse, oder ob sie auf die Hochflächen vorgezogen werden könne. Des weiteren meldete das Heeresgruppenkmdo, daß es diesen Absichten des 11. Armeekmdo. vollkommen beistimme, und fügte hinzu: „Sobald die Korps der

11. Armee den Vormarsch in die Angriffsräume angetreten haben, wird die 3. Armee mit der Tete bis an Trient herangeschoben werden.“

Die auf Grund dieses Berichtes bei der Heeresleitung verfaßte graphische Darstellung ist ihrem wesentlichen Inhalte nach in Beilage 12 wiedergegeben. Das Schwergewicht der 11. Armee erschien gegen ihren rechten Flügel verschoben. Dessenungeachtet bemerkte GO. Conrad: „Mit dem Zuschlag der 48. ID. zum VIII. Korps einverstanden; habe darauf gerechnet, da ich stets auch mit leichterem Vorwärtskommen über Campo grosso rechnete“. Auf Grund dessen verfaßte Obstlt. Schneller die Antwortdepesche: „Das AOK. sieht sich nicht veranlaßt, in die vom 11. Armeekmdo. zur Lösung seiner Aufgabe gewählte Kraftverteilung einzugreifen. Es setzt aber voraus, daß der Angriff des verstärkten VIII. Korps und des XX. Korps gleichzeitig erfolgt, und gibt weiters zu bedenken, daß das Zurückhalten mit dem Angriffe des III. Korps nicht nur das XX.

— ungeachtet der sehr zweckmäßigen flankierenden Artillerieunterstützung — in eine schwierige Lage bringen, sondern auch die Größe des Erfolges beeinträchtigen kann. Das AOK. erblickt sicherste Gewähr dieses Erfolges, auch angesichts des vorbereiteten Feindes, in gleichzeitigem wuchtigen Krafteinsatz mit nächstem Ziel, überall die erste feindliche Hauptstellung zu nehmen.“ Diesem Entwurf fügte GO. Conrad, von der ursprünglichen Idee (S. 173) nicht unerheblich abweichend, noch die Worte bei: „Hauptsächlich würde ein Erfolg der Flügelgruppen, das ist das VIII. Korps und insbesonders das III., den dem XX. Korps gegenüberstehenden Feind in eine schwierige Lage bringen.“

Am 8. Mai begann die Verschiebung der 48. ID. aus der Gegend von Cavalese ins Etschtal. Mit Rücksicht auf die starken feindlichen Truppenansammlungen in der Val Sugana sah sich das Heeresgruppenkmdo. veranlaßt, Teile der 3. Armee vorzuschieben, um sie im Bedarfsfalle als Rückhalt für den Grenzabschnitt 6, der nun bis über die Höhe Val piana ausgedehnt wurde, zur Hand zu haben. So wurde die 2. GbBrig. bis 9. Mai nach Cavalese verlegt, wo sie alle Angaben über die Übergangsverhältnisse in den Fassaner Alpen von der abgehenden 48. ID. zu übernehmen und deren vorgeschobene Abteilungen abzulösen hatte, während die 8. GbBrig. in die Gegend nordwestlich von Pergine rückte, wo sie am

11. eintreffen und sich im Grenzabschnitt zur etwaigen späteren Ablösung der 18. ID. umsehen sollte. Beide Brigaden wurden dem XVII. Korpskmdo. unterstellt. Dieses trat am 10. Mai samt der 18. ID. und der ehemaligen Grenzabschnittsbesatzung (181. IBrig.) in den Verband der

3. Armee. Damit tat das Heeresgruppenkmdo. noch vor Beginn der Offensive den ersten Schritt zur Teilung der Angriffsfront und zu der seinerzeit vom AOK. nachdrücklich abgelehnten Nebeneinanderordnung der beiden Armeen.

Inzwischen hatte sich GO. Dankl nach neuerlicher, eingehender Prüfung aller Gegebenheiten entschieden, den 17. Mai als Angriffstag festzusetzen. So unliebsam diese neuerliche Verzögerung auch dem Heeresgruppenkmdo. sein mochte, fand es doch einen gewissen Trost darin, daß sich Anzeichen für eine nahe bevorstehende Offensive des Feindes mehrten. Ein vorangehender italienischer Angriff aber „könnte geradezu als ein ungeahnter Glücksfall“ bezeichnet werden. Die Heeresleitung war über diesen dritten Aufschub äußerst ungehalten. Sie nahm die Meldung mit Mißtrauen auf und verlangte Auskunft, ob das Heeresgruppenkmdo. „noch die feste Zuversicht“ habe, seine Aufgabe „ungeachtet der feindlichen Gegenmaßnahmen mit den zugewiesenen Kräften und Führern erfolgreich zu lösen“; das AOK. erwartete hiebei „offene Aussprache, falls die Schwierigkeiten nicht allein in den Schneeverhältnissen .... erblickt werden sollten“. Das Heeresgruppenkmdo. antwortete kurz, die Gründe lägen allein nur in den Schneeverhältnissen, und wiederholte, es sei mit der Absicht des 11. Armeekmdos. einverstanden. Das AOK. gab sich mit dieser Erwiderung nicht zufrieden. Es forderte ausführliche Angaben und kündete an: „Zwingende Gründe können dazu nötigen, den Angriff vor dem vom 11. Armeekmdo. in Aussicht genommenen Zeitpunkt anzuordnen.“ Die 11. Armee habe sich derart bereitzustellen, daß sie vier Tage nach Erhalt des Befehls hiezu losschlagen könne. Zugleich verlangte es Drahtantwort, ob das 11. Armeekmdo. seinen Plan im Sinne der vom AOK. dargelegten Anschauung, daß der gleichzeitige Angriff in der ganzen Front zweckmäßig sei, geändert habe.

Anfang Mai trat der deutsche Militärbevollmächtigte, GM. Cramon, im Aufträge des GdI. Falkenhayn an Conrad mit der Anregung heran, auf die den Feind nicht mehr überraschende, daher wenig aussichtsreiche Offensive ganz zu verzichten und einen Teil der in Südtirol stehenden Heereskörper für die deutsche Westfront zur Verfügung zu stellen. Conrad lehnte mit der Begründung ab, daß die bis ins einzelne vorbereitete Offensive nicht mehr aufgegeben und im besonderen die eingebaute Angriffsartillerie nicht wieder herausgezogen werden könne1).

GO. Dankl setzte nun endgültig den 15. Mai für den Angriffsbeginn fest, blieb aber bei seinem Entschlüsse, den Angriff in Staffeln durchzuführen, wobei er in voller Übereinstimmung mit den Ansichten des Heeresgruppenkmdos. der Meinung des AOK. mit der Begründung entgegentrat, eine mächtige durch Flankenfeuer erhöhte Artillerievorbereitung sei unerläßlich und nur möglich, wenn der Angriff des VIII. und

x) Cramon, Bundesgenosse, 56 f.

des XX. Korps jenem des III. Korps vorangehe. Das XX. Korps habe zunächst nur frontal vorzustoßen. In eine schwierige Lage käme es nur dann wenn der Feind alle seine Reserven gegen dieses Korps heranführe. Dies könne aber sicherlich nicht rasch geschehen. Geschähe es dennoch, dann werde der folgende Angriff des III. Korps um so leichter sein. Widerstrebend gab GO. Conrad schließlich seine Zustimmung. Am

10. Mai erteilte Dankl die endgültigen Angriffsbefehle. Zur selben Zeit wies das AOK. die 5. und die 10. Armee zu neuen Demonstrationen an.

Die Abwehrbereitschaft der Italiener

Als der öst.-ung. Angriff in den ersten Aprilwochen nicht losbrach und die Italiener sahen, daß ihre Vorstöße an der Tiroler Front keine deutliche Gegenwirkung hervorriefen, gewannen diejenigen, die an die Gefahr nicht recht glauben wollten, wieder die Oberhand. Zu diesen gehörte vor allem Gen. Cadorna. Da rüttelte der Schlag in der Val Sugana die Zweifelnden auf.

Am 18. April forderte die italienische Heeresleitung die Generalintendanz auf, die ihr aufgetragenen Maßnahmen, insbesonders den Zuschub an Schießbedarf, zu beschleunigen, denn „die eingelangten Nachrichten und die eben in Gang gekommenen Kämpfe in der Val Sugana lassen große, bedeutende Kriegshandlungen in diesem Tale, auf den Hochflächen und in der Val Lagarina nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich werden“1). Die 1. Armee bekam in der Folge die gewünschten modernen schweren Batterien und auch mehrere Feld- und Gebirgs-geschütze. Im übrigen schien die Front auf den Hochflächen hinreichend gewappnet, um jedem Angriffe standhalten zu können. An den starken, mit rastlosem Fleiße vervollkommneten Werken und Stellungen mußte hier jeder Durchbruchsversuch mißlingen.    Man blickte    zurück    auf    die

Unüberwindbarkeit der Befestigungen des    Gegners am    Isonzo;    aber    im

gegebenen Falle wies Cadorna auf den ausdauernden Widerstand der Werke von Verdun hin und ließ in einem Rundschreiben, die bei der Verteidigung dieser Festung von den Franzosen geschöpften Erfahrungen den Unterführern bekanntgeben2). Nicht so gut gesichert erschien der

*) Cadorna, La guerra, I, 197 und 204.

2) Es ist bemerkenswert, daß eine kurze Zeitspanne vorher    das k. u.    k. AOK.

eine Schrift ausgab, in der Erfahrungssätze sowohl aus der Durchbruchsschlacht von Gorlice—Tarnów, als auch jener von Soissons gesammelt waren.

Frontteil im Gebiete des Col Santo; das 1. Armeekmdo. gedachte ihn durch eine Brigade der 9. ID. zu verstärken. Der italienischen Heeresleitung war eine Teilung dieser noch in Reserve bei Thiene—Schio stehender Division nicht genehm. Sie sandte eine frische Brigade. Der weiteren Bitte des GLt. Brusati um Bereitstellung einer neuen Division bei Vicenza willfahrte Cadorna in der Weise, daß er die 27. ID. der am Tagliamento versammelten Hauptreserve anwies, sich zum Abtransport bereitzuhalten. Aus eigenem Antriebe ließ er des weiteren Ende April die 44. ID. aus Albanien heimkehren und in Desenzano am Gardasee ausladen, dann die Heeresreserven schleunigst auf vollem Stand bringen. Schließlich wies er anfangs Mai der 1. Armee abermals einige Batterien und alle verfügbaren Maschinengewehrabteilungen zu. Dank der angeführten Maßnahmen verfügte nach Angaben des Gen. Cadorna1) die 1. Armee am 15. Mai an der Front zwischen dem Gardasee und der Brenta, die Val Sugana inbegriffen, über 176 Bataillone, wovon 45 der Miliz und 7 der Finanzwache angehörten. Überdies standen 18 Bataillone der 44. ID. und der Brigade Sicilia bei Desenzano und Brescia bereit. Weiters hatte die Heeresleitung sechs Divisionen (X. und XIV. Korps sowie die 27. und die 32. ID.) mit zusammen 72 Bataillonen am Tagliamento zur Verfügung, die im Bedarfsfalle jederzeit rasch an die Tiroler Front geworfen werden konnten. An Artillerie standen im genannten Abschnitt der 1. Armee 503 leichte und 348 schwere und schwerste Geschütze.

Trotz alledem, sagt Cadorna, „ist es vollkommen wahr, daß ich bis zum Beginn der Schlacht einen Durchbruchsangriff großen Stiles mit dem weiten strategischen Ziele, das am Isonzo und im Cadore stehende Hauptheer abzuschneiden, nicht für wahrscheinlich gehalten habe“2). Es scheint, daß dieser andauernde Zweifel zum Mißverständnis zwischen dem Chef des Generalstabes und dem Kommandanten der 1. Armee geführt hat. Schroff verschiedene Meinungen waren schon Mitte April nach dem Rückschläge in der Val Sugana zu Tage getreten (S. 223). Am 8. Mai übernahm GLt. conte Pecori-Giraldi das Kommando der 1. Armee. Zu dieser Zeit wurde auf dem rechten Flügel des V. Korps die etwa 24 Ba!) Cadorna, La guerra, I, 200. Diese Angaben stimmen im großen und ganzen mit der vom k. u. k. AOK. im Mai 1916 gemachten Aufstellung überein. Doch sei bemerkt, daß in den Ausführungen des zitierten Werkes das Bestreben des Marschalls zu erkennen ist, dem Vorwurfe entgegenzutreten, er habe die 1. Armee zu spät und nicht hinreichend unterstützt. Dadurch erscheint die Darstellung getrübt, wenn nicht sogar verzerrt.

2) C a d o r n a, La guerra, I, 204.

taillone starke 15. ID., die zu Ostern überdies eine Brigade dazu bekommen hatte, als XVIII. Korps dem 1. Armeekmdo. unmittelbar unterstellt. Auch der linke Flügel des V. Korps, die 37. ID., wurde losgelöst und dem Armeekmdo. direkt untergeordnet.

Die Ostfront und der Balkan bis Mitte Mai 1916

Kräfteabgaben der dem k.u.k. AOK. unterstehenden Ostfront und Stellungsbau

Hiezu Beilagen 1 und 4

Nach dem Verklingen der Winterkämpfe in der Bukowina und in Ostgalizien herrschte an der Ostfront südlich vom Pripiatj monatelang verhältnismäßige Ruhe. Die Ursache dieser Kampfpause war zunächst die von den Russen nach der langwierigen und opferreichen Neujahrsschlacht gewonnene Erkenntnis, daß einer Fortsetzung ihrer Bemühungen kein Erfolg mehr winke. Zum anderen kam der öst.-ung. Heeresleitung die Einstellung der russischen Anstürme außerordentlich gelegen, weil sie nun ihre ganze Aufmerksamkeit auf die ungestörte Vorbereitung der Offensive gegen Italien richten konnte. Da überdies im Nordosten gegen Ende März der Eintritt der Schneeschmelze zu erwarten war, die namentlich in der Ebene größere Heeresbewegungen ausschloß, somit bis in das Frühjahr hinein keine neue russische Offensive zu besorgen war, konnte die Abgabe der beim öst.-ung. Nordheer entbehrlich erscheinenden Kräfte ins Auge gefaßt werden.

Aus der Besprechung mit GdI. Falkenhayn am 3. Februar hatte GO. Conrad die Gewißheit gewonnen, daß auf eine Teilnahme deutscher Truppen an der Offensive gegen Italien nicht zu rechnen war. Er nahm daher in Aussicht, der öst.-ung. Ostfront vier bewährte Divisionen und auch einzelne Truppenkörper, überdies schwere Batterien zu entziehen, welche Schwächung er aber zum Teil durch die in Siebenbürgen stehende 70. HID. und allenfalls durch Teile der Balkanstreitkräfte wettmachen wollte. Auch konnte in Rechnung gestellt werden, daß der Ostfront monatlich ungefähr 100.000 Mann an Ersätzen zuflossen, woraus sich bei der zu erhoffenden geringen Kampftätigkeit ein Überschuß über die sonst regelmäßigen Abgänge erhoffen ließ; allerdings mußte bedacht werden, daß auch der Russe, und zwar in viel reichlicherem Ausmaß seine Verbände aufzufüllen vermochte. Um so wichtiger war es, der Ostfront durch nachdrücklich betriebenen Stellungsbau jenen Grad an Widerstandskraft zu verleihen, dessen sie bedurfte, um allfällige, zugunsten der Italiener unternommene Entlastungsangriffe verläßlich abwehren zu können.

Bei der schon oben erwähnten Besprechung zwischen Conrad und Falkenhayn war auch vereinbart worden, daß mit Rücksicht auf die Möglichkeit russischer Entlastungsangriffe zugunsten der Franzosen oder der Italiener gegen den Südflügel der öst.-ung. Ostfront die deutschen Truppen der Armee Bothmer in Ostgalizien zu verbleiben hätten. Dagegen wurde unter Hinweis auf die Unmöglichkeit, bei dem bevorstehenden Tauwetter in den vielfach versumpften Gebieten Wolhyniens größere Operationen zu unternehmen, die Entbehrlichkeit des vom GdI. v. Gerok befehligten XXIV. RKorps (deutsche l.u.22. ID.) in Erwägung gezogen.

Bereits am 6. Februar, eine Woche vor Verlegung der DOHL. von Pleß nach Meziěres, bat Falkenhayn um Rückgabe des Korps Gerok. Da wegen der in Ostgalizien und in der Bukowina noch bestehenden Spannung keine Truppen der Ostfront für die Ablösung verfügbar waren, wurde am 7. die eben aus Serbien an der Save angelangte k.u.k. 53. ID. (17. GbBrig. und 23. LstGbBrig.) über Kowel zur Heeresgruppe Linsingen geführt. Die Truppen dieser Division mußten die in der Ebene nicht benötigte Gebirgsausrüstung auf dem Balkan zurücklassen; die beiden Brigaden hatten daher in Hinkunft die Bezeichnung 128. und k.u. 127. LstlBrig. anzunehmen. Am 3. März begann der Abtransport der deutschen 1. ID. an die Westfront, dem Mitte des Monats auf neuerliches Ansuchen Falkenhayns auch jener der 22. ID. und des General-kmdos. des XXIV. RKorps folgte. Das k.u.k. Korps GdI. Fath und das Kavalleriekorps des GdK. Freih. v. Hauer traten nunmehr unter den unmittelbaren Befehl des Heeresgruppenkmdos. Linsingen.

In diesen Tagen wurde zwischen den beiden Heeresleitungen auch die Verwendung türkischer Truppen an den mitteleuropäischen Fronten erörtert. Der Vizegeneralissimus Enver Pascha hatte der DOHL. vier Divisionen angeboten, denen später noch zwei weitere folgen sollten. GO. Conrad, am 14. März von Falkenhayn um seine Meinung befragt, hielt die türkischen Kräfte für den Fall eines Beitrittes Rumäniens zur Entente für eine sehr begrüßenswerte Verstärkung der Bulgaren. Hiezu sollten die Türken in Thrazien verbleiben. Conrad konnte um so eher bei seinem die Verwendung der ottomanischen Divisionen in Mitteleuropa ablehnenden Vorschläge bleiben, als wenige Tage später das deutsche Alpenkorps aus Mazedonien auf den französischen Kriegsschauplatz abbefördert wurde Beilage 4), gerade zu einer Zeit, in der die Divisionen Sarrails sich allmählich aus dem verschanzten Lager von Saloniki gegen die jetzt geschwächte bulgarisch-deutsche Balkanfront heranzuschieben begannen1). Alsbald stellte sich überdies heraus, daß nur eine türkische Division verfügbar und auch diese höchst mangelhaft ausgerüstet war.

Ende Februar begann das Abgehen der von der öst.-ung. Ostfront für die Offensive gegen Italien bestimmten Heereskörper und höheren Kommandos (S. 184). Den Anfang machte die 21. LstGbBrig., die von der 7. Armee zunächst an die Isonzofront rollte. Am 1. Marz folgte die 3. ID., die östlich von Łuck durch die in Reserve stehende 2. ID. abgelöst wurde. Knapp südlich davon wurde in der letzten Märzwoche die 10. ID. durch die 70. HID. ersetzt, die in der zweiten Hälfte Februar aus Siebenbürgen über Brody in den Bereich der 4. Armee geleitet worden war. Die 10. ID., die Ende Marz unter Zurücklassung der 19. IBrig. abrollte, wurde in Südtirol durch die von der 2. Armee abgehende 21. IBrig. der 11. ID. auf eine volle Division ergänzt. Von der 2. Armee ging weiters vom 16. März an die 34. ID. auf dem Umwege über das Küstenland, und von der Südarmee vom 22. an die 43. SchD. geradewegs nach Südtirol ab. Beide Divisionen waren bei ihren Armeen in Reserve gestanden und wurden nicht ersetzt. Schließlich wurden noch das XVII. und das I. Korpskmdo., sowie von verschiedenen Divisionen 12 Bataillone und 15 Batterien an die Südwestfront abbefördert.

Am 8. April ersuchte die DOHL. doch um die Absendung der bei der Südarmee in der Front verbliebenen 3. GID. und des Generalkmdos. des Korps Marschall. Die erstgenannte wurde durch die in Reserve stehende k.u.k. 32. ID. abgelöst. Als Ersatz wurden der Südarmee die 38. HID. der 7. Armee, weiters das IX. Korpskmdo. der 4. Armee zugewiesen. Die

4. Armee erhielt hiefür das Kommando des Korps Szurmay, das samt der 7. ID. von der 1. zur 4. Armee übertrat und hier noch die 70. HID. in seinen Verband eingliederte. Zur 1. Armee, die dann nur mehr aus der 25. ID. und der 46. SchD. bestanden hätte, trat noch das XVIII. Korps der 2. Armee.

Im ganzen wurden dem der öst.-ung. Heeresleitung unterstehenden Kampfraum zwischen Pripiatj und Czernowitz von Anfang Februar bis Anfang April zwei Landsturmdivisionen zugeführt und viereinhalb Divisionen, zwölf einzelne Infanteriebataillone und fünfzehn Batterien (S. 233) zugunsten der Südwestfront entzogen. Außerdem rollten im März und

a) N é d e f f. Les opérations en Macédoine. L’epopee de Doiran 1915—1918 (Sofia 1927), 43 f.

im April drei deutsche Divisionen, für die kein Ersatz kam, an die Westfront. Die Schwächung betrug demnach insgesamt — die einzelnen Truppenkörper als eine Division gerechnet — sechseinhalb Infanteriedivisionen. Der Kampfstand hatte sich jedoch wegen des die Abgänge übersteigenden Zuschusses an Marschformationen und der fortschreitenden Artillerieausgestaltung sogar stetig vermehrt; er war am 1. Juni um

60.000 Feuergewehre und 255 Geschütze höher als am 1. Februar, an dem er mit 560.000 Gewehren und 2604 Geschützen ausgewiesen wurde.

Nach Ablauf der großen Transportbewegung standen hinter der 38 Infanterie-1) und 12yo Kavalleriedivisionen starken öst.-ung. Ostfront an Heeres- und größeren Armeereserven zur Verfügung: bei der 7. Armee südlich vom Dniester die 30. ID., die 3. KD. und je eine Brigade der 5. und der 36. ID., nördlich des Flusses die 2. KD.; bei der Südarmee die 38. HID.; bei der 2. Armee die Masse der 29. ID. (Reserve des IV. Korps) und die zum Teil mit Anbauarbeiten beschäftigte 4. KD.; bei der 1. Armee nur je ein Regiment der 46. SchD. und der 25.ID.; bei der 4. Armee hinter dem Südflügel die 11. ID., hinter dem Nordflügel die 13. SchD. und weit hinten bei Cholm und Hrubieszów die 10. KD. im Anbaudienst2); schließlich hinter der Mitte der Heeresgruppe Linsingen die Masse der 45. SchD. und eine Polenbrigade.

Der öst.-ung. Ostfront standen nach den sehr zutreffenden Evidenzen unseres Nachrichtendienstes 36 bis 39 Infanterie- und etwa 15 Kavalleriedivisionen, dazu 3 Reichswehrbrigaden der Russen gegenüber. Die vom Pripiatj bis zum Rigaischen Meerbusen sich erstreckende deutsche Ostfront hielt mit ihren 48 Infanterie-3) und IO1/2 Kavalleriedivisionen 85 bis 88 russische Infanterie- und 25 bis 26 Kavalleriedivisionen, überdies etwa 12 Reichswehrbrigaden in Schach. Über den Aufenthalt von ungefähr 14 Infanteriedivisionen, darunter der Garde, von 4 Schützenbrigaden und etlichen Grenzwach- und Reichswehrformationen, die sich zum Teil im Inneren Rußlands befunden haben mochten, herrschte Unklarheit. Tatsächlich zählte die russische Ostfront im Mai 1916, ohne sieben in Aufstellung begriffene Infanteriedivisionen, 130 Infanteriedivisionen mit 1969 Bataillonen, rund 36 Kavalleriedivisionen mit 1283 Schwadronen (einschließlich der Korpskavallerie), 7449 Geschütze und 7129 Maschinengewehre. Der Kampfstand belief sich auf 1,800.000 Gewehre und 142.000

x) Darunter nur noch eine deutsche Infanteriedivision.

2)    Die Artillerie, die Fuß- und Maschinengewehrabteilungen der 10. KD. standen in Łuck.

3)    Darunter 2 öst.-ung. Infanteriedivisionen.

Säbel; an Reichswehrtruppen, Festungsbesatzungen und Ersätzen waren insgesamt 3,145.000 Mann vorhanden1) (Vergleiche hiemit Bd. I, S. 173).

Abgesehen von den geschilderten Kräfteverschiebungen waren all die Wochen und Monate von rastloser Arbeit am Ausbau der Stellungen erfüllt (S. 123). Man begann auch den hinteren Stellungen, sowie Befestigungsanlagen, die an wichtigen Geländeabschnitten lagen (Brückenköpfe), größeres Augenmerk zuzuwenden. Diese hinteren Stellungen stammten zum Teil aus früheren Kampfepochen und wurden instandgehalten, teilweise wurden sie auch, durch eigene Baugruppen unter Heranziehung von Zivilarbeitern und Kriegsgefangenen neu hergestellt. An der dritten und der zweiten Stellung arbeiteten meist die Reserven und militärische Arbeiterabteilungen, der Ausbau der vordersten Verteidigungsanlagen war Aufgabe der Stellungsbesatzungen. Wie gewöhnlich reichten die Baukräfte für diese gigantischen Projekte nicht aus. Daher blieb den Reserven für die wirkliche Erholung und — was am wichtigsten gewesen wäre — für die taktische Schulung, namentlich im Gegenangriff, viel zu wenig Zeit (S. 127). Dies sollte sich später noch als sehr folgenschwererweisen.

Pläne und Beschlüsse der West machte und der Stawka i m e r s t e n J a hr e s vi e r t e 1 1916

Trotz des für die russische Südwestfront sehr unbefriedigenden Ausganges der Neujahrsschlacht nahm das Pläneschmieden im Hauptquartier des Zaren zu Mohilew seinen Fortgang. Nachdem der von Alexejew schon im Oktober gefaßte Plan, durch doppelseitigen Angriff vom Balkan und von Ostgalizien her die Donaumonarchie niederzuwerfen, in der zweiten Konferenz zu Chantilly (6. bis 8. Dezember 1915) keinen Anklang gefunden hatte (Bd. III, S. 582f.), entschloß sich der russische Generalstabschef, nunmehr die Entscheidung im Raume nördlich des Polesie zu suchen, wo auch die Masse des Zarenheeres stand. Die Erwägung, daß die Deutschen sich für das Jahr 1916 das Ziel setzen konnten, die im Vorjahr eingeleitete Niederlage der russischen Streitkräfte zu vollenden, ließ es Alexejew wünschenswert erscheinen, dem etwaigen deutschen Angriff zuvorzukommen. Der russische Ansturm sollte daher einsetzen, solange der Winter*) Klembowski, Beilagen 1 und 2; Zajontschkowski, Strategische Studie über den Weltkrieg 1914—1918, VI. Teil (in russ. Sprache, Moskau 1923), 15 f.; P a r s k i j, Archivmaterial: Stärke, Bewaffnung und Munitionsverbrauch der Verbündeten 1916 (in Wojenno Istoritscheskij Sbornik [Moskau 1919], II. Teil).

frost die Straßen und Wege benützbar, sowie das Gelände für Truppen betretbar machte.

Mit diesem Entschlüsse eilte Alexejew den Plänen der militärischen Führer der beiden Westmächte voraus. Denn diese, die Generale Joffre und Haig, hatten sich am 14. Februar 1916 geeinigt, die Franzosen und die Engländer, falls früher kein deutscher Angriff erfolgen und der Entente die Initiattive überlassen bleiben sollte, am 1. Juli beiderseits der Somme angreifen zu lassen1). Die Offensive der Russen sollte um zwei Wochen vorangehen. Diese Fristen wurden deshalb so spät angesetzt, weil man in Chantilly annahm, daß die Russen bei der Rückständigkeit ihrer Rüstungen nicht früher zu einer großen Offensive befähigt sein würden.

Doch unbekümmert um diesen Konferenzbeschluß schritt Alexejew an die Vorbereitung seiner Winteroffensive. Der am 21. Februar einsetzende Angriff der Deutschen gegen Verdun mochte ihn in seinem Vorhaben noch bestärkt haben. Er berief daher für den 27. Februar die Kommandanten der drei Fronten, ihre Stabschefs und den dem Staatsrat angehörenden Gen. Plehwe nach Mohilew zu einer Besprechung2). In dieser ging er von dem zur Zeit bestehenden Stärkeverhältnis aus. Zwischen dem Pripiatj und Riga wurden gegenüber den 900.000 russischen Gewehren 495.000 deutsche angenommen, was einer Überlegenheit von

400.000    Streitern gleichzuhalten war3). Südlich der großen Sumpfzone hielten sich nach russischer Berechnung die russischen und die öst.-ung. Streitkräfte mit ungefähr je einer halben Million Gewehren die Waage. Da auf die so dringend nötige Auffüllung des Kriegsgerätes wegen der den Zuschub hemmenden Vereisung der Nordhäfen in kurzer Frist nicht zu rechnen war4), ging Alexejews Plan nun dahin, die Überlegenheit von

400.000    Mann auszunützen und mit den inneren Flügeln der Nord- und der Westfront aus dem Raume zwischen Naroczsee und Widsy über Swenzjany gegen Wilkomir durchzubrechen. War diesem Unternehmen Erfolg beschieden, dann sollte sich die Südwestfront über Łuck—Kowel dem Angriff anschließen.

Unterdessen hatte ein reger Meinungsaustausch zwischen Mohilew und Chantilly stattgefunden. Die Generalstäbe der Westmächte hielten Angriffe der Zentralstaaten gegen Italien oder auf dem Balkan nicht für ausschlaggebend; eher besorgten sie eine neue Offensive gegen Rußland,

1)    Kuhl, Weltkrieg, I, 384.

2)    Zajontschkowski, VI. Teil, 10.

3)    Klembowski, V. Teil, Beilage 5.

4)    Oehmichen, Essai sur la doctrine de guerre des coalitions (Paris 1927).

namentlich dann, wenn sich Rumänien und Schweden auf die Seite des Vierbundes schlugen. Daher waren Joffre und Alexejew darin einig, daß die Mittelmächte von allen Ententeheeren gemeinsam angefallen werden sollten; fraglich blieb in diesen Erörterungen nur, wann dies zu erfolgen habe. Joffre wünschte, es möge die Ausrüstung des Russenheeres mit Kriegsgerät berücksichtigt werden, was aber wegen des langwierigen Zuschubweges über Archangelsk bis Anfang Juli dauern konnte. So lange wollte Alexejew keinesfalls warten, weil er stets besorgte, daß Deutschland bis dahin mit einem Angriff zuvorkommen könnte1). Er blieb daher dabei, noch vor der Schneeschmelze anzugreifen.

Mittlerweile hatten die durch die Deutschen vor Verdun errungenen Anfangserfolge in Frankreich ernste Besorgnisse ausgelöst. Unter dem Zeichen dieser neugeschaffenen strategischen Lage stand auch die von langer Hand vorbereitete dritte Konferenz zu Chantilly, die am 12. März zusammentrat. Der geänderten Lage Rechnung tragend, hatte der französische Generalstab eine neue Denkschrift ausgearbeitet. Nach eingehender Würdigung aller Fronten wurde der mutmaßliche gegnerische Angriffsplan erörtert. Man war der Ansicht, daß der Angriff auf Verdun, dessen Zweck man sich nicht so recht erklären konnte, nur der Auftakt zu einer noch größeren deutschen Offensive an irgendeinem anderen Abschnitte der französischen Front sein mochte. Frankreich sei aber stark genug, den Angriff durchzustehen. Sobald sich der deutsche Angriff am französischen Widerstand erschöpft haben werde, könne zum allgemeinen Gegenangriff geschritten werden, dem die schon am 1. Mai erreichte Schlagbereitschaft Rußlands besonders zustatten komme. Darnach konnten die Russen eben am 1. Mai, die anderen Verbündeten am 15. Mai mit dem Angriff beginnen. Sollte aber Frankreich dem deutschen Ansturm nicht widerstehen können, so hätten im Sinne der zu Chantilly im Dezember gefaßten Beschlüsse (Bd. III, S. 582) alle Armeen der Entente sofort zum Entlastungsangriff zu schreiten2).

Den französischen Vorschlägen stimmten die Teilnehmer der dritten Konferenz im allgemeinen zu, aber die Festsetzung des Angriffstermins rief eine lebhafte Auseinandersetzung hervor. General Schilinski, der Vertreter Rußlands, trat für einen möglichst frühzeitigen Beginn des Angriffes aller Verbündeten ein. Joffre wußte dem Meinungsstreit die Spitze

x) Walentinow, Die Beziehungen zu unseren Verbündeten in militärischen Fragen in der Zeit des Krieges 1914—1918 (in russischer Sprache, Moskau 1920), I. Teil, 61 ff.

2) Walentinow, Beziehungen, 62; Oehmichen, Essai, 45f.

abzubrechen, indem er eröffnete, daß zwischen ihm und Alexejew zwei Angriffe vereinbart worden seien1), einer im März und ein zweiter im Mai. Nach Klarlegung der Verhältnisse auf dem Balkan einigte sich die Konferenz dann auf folgende Beschlüsse: „Die Verbündeten streben einen allgemeinen Angriff in möglichst naher Zeit an. Den genauen Zeitpunkt hiefür werden die Höchstkommandierenden unter sich vereinbaren. Die serbische Armee muß ehestens nach Soloniki überführt werden. Die alliierten Streitkräfte auf dem Balkan, auch die italienischen, werden die Gegner unter dauernder Bedrohung halten. Die dort zu unternehmenden Operationen werden je nach den Umständen angeordnet werden“2).

Die in Chantilly gefaßten Beschlüsse wurden zwei Wochen später, am 27. und 28. März zu Paris, in einer großen Konferenz der Heerführer und der Staatsmänner der Alliierten bestätigt. „Einheitliches Handeln auf allen Kriegsschauplätzen, Einigkeit in der Führung des Wirtschaftskrieges sowie auf politischem Gebiete“ waren, kurz gesagt, der Sinn der Vereinbarungen 3).

Die K a m p f e r e i g ni s s e an der Ostfront von Anfang Februar bis Mitte Mai 1916

Hiezu Beilage 1 und Skizze 3

Alexejew scheint aber entschlossen gewesen zu sein, der Konferenz keinen ausschlaggebenden Einfluß auf die Kriegführung Rußlands einzuräumen. Denn schon am 13. März, also einen Tag nach der Beratung, befahl er der West- und der Nordfront, am 18. März den schon am 27. Februar zu Mohilew beschlossenen Angriff zu beginnen. Doch just am 15. März, für die russische Berechnung viel zu früh, trat Tauwetter ein. Dessenungeachtet hatte es bei der Durchführung des in allen Einzelheiten vorbereiteten Angriffes, der als Voraussetzung festgefrorenen Boden gehabt hatte, zu verbleiben.

Den Hauptstoß gegen die Mitte und den Nordflügel der deutschen

10. Armee beiderseits des Naroczsees hatte eine unter dem General Ragosa zusammengefaßte, etwa 370 Bataillone starke Angriffsgruppe auszuführen. Zur gleichen Zeit, zu der bei der Westfront des Gen. Ewert Sturm gelaufen wurde, hatte auch GdI. Kuropatkin, der Führer der Nordfront, von Jakobstadt gegen Poniewiez kräftig vorzustoßen und von der unteren Düna gegen Bausk Ablenkungsangriffe auszuführen.

*) Walentinow, Beziehungen, 70. — 2) Ebenda, 71.

3) Ital. Gstb. W., III., Text, 261.

Der Hauptangriff, der nur auf vier Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision traf, scheiterte an der Standhaftigkeit der deutschen Truppen, obwohl Gen. Ragosa seine Regimenter bis zum 28. März unentwegt bei Tag und oft auch bei Nacht vorgetrieben hatte. Die Anstürme erstickten in einem Meer von Blut und Schlamm. Etwa 100.000 Mann dürfte den Russen die „Sumpfschlacht am Naroczsee“ gekostet haben. Nicht besser schnitt die Nordfront unter Kuropatkin ab, die vom 19. bis zum 27. zwischen Friedrichstadt und Jakobstadt, dann bei Dünaburg vergeblich anstürmte. Desgleichen war einem schon am 4. bei Riga ausgeführten russischen Überfall nur vorübergehender Raumgewinn beschert gewesen1).

So endete die zugunsten der Franzosen unternommene russische Entlastungsoffensive mit einem vollen Mißerfolge; doch dies hinderte Alexejew nicht, sich schon kurze Zeit nachher wieder mit Angriffsplänen großen Stils zu beschäftigen. Da die Schlacht am Naroczsee, abgesehen von der Ungunst des Wetters, an der unzweckmäßigen Angriffsmethode gescheitert war, wurde den russischen Truppen das Angriffsverfahren des französischen Generals Nivelle zur Nachahmung empfohlen. Dagegen bestärkten die von den Deutschen am Naroczsee errungenen Abwehrerfolge die Heeresleitungen der Mittelmächte, das starre Verteidigungsverfahren, das sich auch    in der Neujahrsschlacht    bewährt    hatte, beizubehalten. Es wird noch    Gelegenheit sein,    sowohl auf diese,    am Kampf

um die vorderste Linie festhaltende Abwehrtaktik als auch auf das den Franzosen nachgeahmte Annäherungsverfahren näher einzugehen.

Südlich vom Pripiatj war die Ostfront in der Zeit vom Verklingen der Neujahrsschlacht bis tief in den Frühling hinein der Schauplatz von Gefechten bloß untergeordneter Bedeutung. Meist spielten sie sich in Räumen ab, in denen von früheren Kämpfen her noch eine Spannung verblieben war.

Bei der k.u.k. 7. Armee war es ihr südlichster Eckpfeiler, die Höhe Dołżok (5 km nördlich    von Bojan), den    ihr die    Russen    namentlich

Mitte Februar und Mitte    März streitig zu    machen    versuchten. Weiter

nördlich davon bildeten die waldige Grenzhöhe Obczyna (2 km östlich von Dobronoutz) und die Dniesterschlinge bei Szamuszyn die Schauplätze hitziger Vorfeldgefechte. Da bei allen drei genannten Orten die Stellungen der beiden Gegner sehr nahe voneinander verliefen, kam es vielfach auch zu für uns erfolgreichen Minenkämpfen, wodurch allerdings technische Truppen dem Stellungsbau entzogen wurden.

1) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 430 f.; Kuhl, Weltkrieg, 1, 425 f.

Besonders rühmlich — obgleich am Schlüsse die Russen erfolgreich blieben — ragt unter all den örtlichen Kämpfen, die die öst.-ung. Truppen in dieser Zeit im Osten zu bestehen hatten, die Verteidigung der auf dem nördlichen Dniesterufer gelegenen Brückenschanze bei Uscieczko hervor. Sie wurde von abgesessenen Reitern der 6. KD. verteidigt. Schon anfangs Februar, dann von Anfang März an fast täglich bemühten sich Teile des aus transamurischen Grenzwachtruppen gebildeten russischen XXXIII. Korps, den kleinen Brückenkopf zu erstürmen, der eigentlich nur mehr ehrenhalber gehalten wurde. Die wackeren Verteidiger machten dem Feinde jeden Fußbreit Bodens streitig. Erst als die Verteidigungsanlagen durch eine Minensprengung und durch überwältigende Artilleriewirkung in einen Schutthaufen verwandelt worden waren, räumte die dezimierte Besatzung am 19. März den unhaltbaren Posten. Von den tapferen Verteidigern — dem zu Fuß formierten DR. 11, dann je einer Kompagnie der SB. 8 und 12 und einer Landsturmbatterie — wurde ein Teil auf das Südufer überschifft; die Masse unter dem Kommandanten des DR. 11, Obst. Plankh, schlug sich auf dem Nordufer zur 21. SchD. nach Zaleszczyki durch19).

Bei der Südarmee wurde im Februar und im März um die auf dem östlichen Strypaufer bei Burkanów und Sokołów gelegenen Stellungsteile, dann bei Kozłów und namentlich bei Cebrów (an der Bahn halben Weges zwischen Tarnopol und Zborów), wo auch der Minenkrieg in seine Rechte trat, gekämpft, ohne daß es an irgendeiner Stelle zu nennenswerten Veränderungen gekommen wäre.

Die 2. Armee, namentlich aber die 1., deren Front durch den versumpften Talgrund der Ikwa geschützt war, erfreuten sich fast völliger Ruhe und konnten sich ungestört dem Stellungsbau widmen. Nur bei Sapanow (nordwestlich von Kremieniec), wo eine Dammstraße über das versumpfte Anland der Ikwa führt, und die Russen auf dem Westufer in einer kleinen Brückenschanze festsaßen, gab es häufig Plänkeleien, die schließlich in Minenkämpfe übergingen.

Lebhafter ging es bei der 4. Armee zu, namentlich vor Olyka und bei Karpilowka. Die vor Olyka bestehende Spannung veranlaßte Ende März das k.u.k. AOK., die bei der 1. Armee als Reserve entbehrlich erscheinende 11. ID. (12. IBrig. und Divisionsartillerie) zur 4. Armee in den Raum südöstlich von Łuck zu verschieben.

In den letzten Märztagen wurde der Oberbefehlshaber der russischen Südwestfront, GdK. Iwanow, seines Amtes enthoben, weil er — wie man in Teschen durch Kundschafter erfahren hatte — sich geweigert haben soll, zur selben Zeit wie Ewert und Kuropatkin mit seiner nur mehr 37 Infanteriedivisionen starken Heeresmacht in den Richtungen auf Lemberg und Czernowitz anzugreifen. In der russischen Kriegsliteratur findet sich hierüber kein Hinweis. Iwanows Verabschiedung erfolgte übrigens mit allen Ehren: er wurde Mitglied des Staatsrates und der Person des Zaren zugeteilt. Sein Nachfolger wurde GdK. Brussilow1), der bei Freund und Feind wegen der tatkräftigen Führung der 8. Armee rühmlich bekannt war. Zum neuen Führer dieser Armee wurde Gen. Kaledin bestellt.

Zu gleicher Zeit liefen in Teschen Nachrichten über eine bevorstehende Offensive der Russen in Kurland ein, die von einem verstärkten Druck auf Czernowitz und gegen Lemberg begleitet sein werde. Das AOK. erhielt aber auch Berichte über starke Truppensendungen nach dem Kaukasus, wo die Russen seit dem 14. Jänner gegen die türkische Ostfront eine Offensive führten, der am 15. Februar die Festung Erzerum und Mitte April Trapezunt zum Opfer fielen2). Des weiteren erfuhr die k.u.k. Heeresleitung von der allmählichen Aufstellung einer neuen 13. und einer

14. Armee im Raume Kiew—Tula—Kasan, ohne daß Anhaltspunkte über ihre geplante Verwendung Vorlagen. Es schwirrten somit damals verschiedene bedrohliche Gerüchte durch die Luft, aus denen die nächsten Absichten der Russen noch nicht erkannt werden konnten. Dazu lebte jetzt auch die Gefechtstätigkeit an der Ostfront auf, was zum Teil der energischen Kommandoführung Brussilows zugeschrieben wurde, wohl aber auch mit den durch das Frühlingswetter gebesserten Geländeverhältnissen zusammenhing.

Einen kräftigen Ausdruck fand die gesteigerte Angriffslust der Russen am 13. April bei Beremiany (knapp nördlich vom Dniester), wo starke Kräfte eine nur von einer Kompagnie besetzte Vorfeldstellung der k.u.k. 15. ID. eroberten. Ein noch während der Nacht angesetzter Gegenangriff drang nicht durch. Da sich angesichts der Stärke des Feindes größere Kämpfe zu entwickeln drohten, setzte das AOK. am 16. April die bei der Heeresgruppe Linsingen als Reserve entbehrlich erscheinende

1 j Mémoires du General Broussilov, Guerre 1914—1918 (Paris 1929), 177.

~j Liman v. Sanders, Fünf Jahre Türkei (Berlin 1919), 158 ff.

13. SchD. auf die Bahn und führte sie nach Monasterzyska hinter den Nordflügel der 7. Armee. Doch GdK. Pflanzer-Baltin verzichtete auf die Rückeroberung der verlorenen, ihm unwichtig erscheinenden Vorposition, die die Russen in ihre Hauptstellung einbezogen hatten. Zu Ostern, die auf den 23. und 24. April fielen, herrschte an der ganzen Ostfront völlige Waffenruhe. Nicht weniger als 650 Überläufer von allen russischen Divisionen fanden sich in unseren Gräben ein, was eine sehr willkommene Möglichkeit bot, die von uns zusammengestellte russische Kriegsgliederung zu überprüfen.

Nun begannen Meldungen über eine im Mai bevorstehende russische Offensive gegen die galizische Front einzulangen. Wohl meldete das

7. Armeekmdo. am 23. April, daß es eine Offensive lediglich mit den bisnun festgestellten Feindkräften nicht für wahrscheinlich halte. Doch die Nachrichten, die vornehmlich über Bukarest einliefen, verdichteten sich. Jetzt begann auch ein planmäßiges Vorarbeiten der Russen mittels paralleler Schützengräben, die nach hinten mit den bisherigen Stellungen durch Laufgräben verbunden waren. Die Versuche unserer Truppen, diese meist während der Nacht durchgeführten Arbeiten zu stören, blieben fruchtlos. Am emsigsten schufen die Russen diese „Wabengräben“ im Nordteil der bessarabischen Front, dann östlich von Łuck, weshalb diese Abschnitte als künftige Angriffsräume des Feindes am ehesten in Betracht kamen.

Als am 12. Mai bekannt wurde, daß das aus den besonders kampftüchtigen Schützendivisionen 2 und 4 zusammengesetzte XXXX. Russenkorps in einem Ausbildungslager bei Rowno vereinigt und neu ausgerüstet werden solle, und daß der Zar dort demnächst diese Truppen besichtigen werde, befragte das AOK. am 13. Mai das 4. und das 7. Armeekmdo. um die Beurteilung der Lage. Es sah sich umsomehr hiezu veranlaßt, als zwei Tage später in Südtirol dieOffensive beginnen sollte. Der Chef des Generalstabes wollte klar sehen, ob und wo russische Entlastungsangriffe zu gewärtigen und ob die von den Befehlsstellen getroffenen Abwehrmaßnahmen ausreichend seien.

Das 4. Armeekmdo. hob in seinem Bericht die auffallende Vermehrung der schweren Artillerie, namentlich zwischen Cuman (12 km nordöstlich von Olyka) und Koryto (15 km südwestlich von Olyka), hervor; es seien auch Geschütze von 18, 28 und 35 cm Kaliber (letzgenannte nur durch Gefangenenaussagen) festgestellt worden. Weiters berichtete es über „das hartnäckige, keine Verluste scheuende Bestreben der Russen, immer neue Gräben auszuheben (westlich Olyka bereits fünf

Parallelen)“, von den vielen Gefangenenaussagen über eine bevorstehende Offensive, auch solchen von Gasangriffsabsichten bei Cuman und über den aneekündieten Zarenbesuch in Rowno. All dies lasse schließen, ,,daß

O    O

gegen die 4. Armee ein Angriff großen Stiles geplant ist. Er steht augenscheinlich nicht unmittelbar bevor, kann aber in der zweiten Hälfte des Monats zur Tat werden. Soweit bis jetzt zu urteilen ist,“ so hieß es in der Meldung weiter, „dürfte der Angriff in der Front Karpilowka— Koryto angesetzt werden. Hauptstoß westlich Olyka und südlich Pełża— Ujezdey, vielleicht mit Demonstration gegen 7. ID. und II. Korps ... Für den Hauptangriff wäre vorläufig mit dem VIII. und XXXX. Korps nebeneinander, Divisionen hintereinander, zu rechnen. Ob noch weitere Kräfte herangezogen werden, steht dahin.“ Es wird sich noch zeigen, in welch zutreffender Weise das 4. Armeekommando die russischen Maßnahmen voraussah.

Das 7. Armeekmdo. war der Ansicht, daß gegen den Nordflügel des XI. Korps zwischen der Waldzone, die sich östlich von Dobronoutz hinzog, und dem Dniester ein Angriff „nicht ausgeschlossen“ sei. Als Anzeichen hiefür hob es außer Gefangenenaussagen gleichfalls das Heranarbeiten mit Sappen, die Vermehrung der Artillerie in diesem Raum um etwa zwölf Batterien und Truppenansammlungen östlich von Dobronoutz hervor. GdK. Pflanzer-Baltin berichtete aber auch, daß er durch Bereitstellen von starken Reserven entsprechende Vorbereitungen zur Abwehr getroffen habe.

Nach diesen Berichten mußte die Heeresleitung in naher Zeit mit einem russischen Angriff gegen den Nordabschnitt der bessarabischen Front und mit einem starken Durchbruchsversuch von Olyka gegen Łuck rechnen. Um gegen die zweite, ihr größer dünkende Gefahr geschützt zu sein, verfügte sie am 14. Mai die Verschiebung der 13. SchD. von Monasterzyska zur 4. Armee, deren Kommando diese Division hinter dem X. Korps, die 11. ID. hinter dem Korps Szurmay aufzustellen plante. Überdies wurde dem Kommandanten der 4. Armee, GO. Erzherzog Joseph Ferdinand, das freie Verfügungsrecht über die im Anbaudienste stehende

10. KD. eingeräumt.

Mitte Mai standen an der technisch stark ausgebauten öst.-ung. Ostfront 573.300 Feuergewehre (die Fußabteilungen der Kavalleriedivisionen mitinbegriffen), 20.000 Reiter (ohne Divisionskavallerie), 2690 Geschütze und 2258 Maschinengewehre. Hievon waren an größeren Reserven ausgeschieden: hinter dem rechten Flügel der 7. Armee vier Infanteriebrigaden, bei der Südarmee die 38. HID., bei der 2. die 29. ID. und die

4. KD., hinter der 1. Armee zwei Infanterieregimenter, bei der 4. die

11. ID., die 13. SchD. und die 10. KD., hinter dem Korps Fath die Masse der 45. SchD. und beim Kavalleriekorps Hauer eine Brigade der polnischen Legion (S. 235). Überdies befanden sich noch 56.000 Mann einreihungsfähiger Ersätze in den Ausbildungslagern der Armeen. Die Stärke der gegenüberstehenden Heeresmacht Brussilows konnte in Teschen auf

640.000 Mann, 58.000 Reiter und rund 2000 Geschütze errechnet werden. Die Kopf stärke der hinter der Front bereitstehenden Ersätze vermochte man zahlenmäßig wohl nicht zu erfassen, doch wußte man, daß sie aus Mangel an Gewehren größtenteils imbewaffnet waren. Jedenfalls durfte die k.u.k. Heeresleitung sich der Auffassung hingeben, daß ihre Ostfront stark genug sei, um einem russischen Ansturm zu widerstehen. Erklärte doch der Stabschef der Heeresgruppe Linsingen, GM. v. Stolzmann, am 27. Mai bei einem Besuche in Teschen über den Angriffsraum bei Łuck, er halte ,,es für ausgeschlossen, daß die Russen reüssieren“. Und was einen Angriff gegen die Bukowina betraf, glaubte man, der oft erprobten Tatkraft Pflanzer-Baltins voll vertrauen zu können.

Die Begebenheiten auf dem Balkan im Frühjahr 1916

Hiezu Beilage 31 des III. und Beilage 3 des IV. Bandes

Auf dem albanischen Kriegsschauplätze hatte sich die Lage des

XIX. Korps auch seit dem Abschlüsse der Kriegshandlungen nicht gebessert, da der geplante Ausbau der Nachschublinie (S. 70) auf kaum überwindbare Schwierigkeiten stieß. So mußte von der Anlage einer Kraftwagenstraße von Kula Lums über Oroši nach Alessio-Miloti abgesehen werden, da selbst der Bau eines einfachen Weges für Fuhrwerke auf der 150 km langen Strecke Ende April erst 6 km weit gediehen war. In solcher Lage konnte an einen Vormarsch über den Škumbi auch weiterhin noch nicht gedacht werden und es mußten daher vorläufig noch jene Weisungen (S. 77) aufrecht bleiben, die sich auf den Ausbau einer Hauptkampfstellung am Arsen und der wichtigsten Übergangsstellen über den Škumbi beschränkten. Erst in der zweiten Aprilhälfte konnte die Masse der 14. GbBrig. nach Elbasan vorgeschoben werden, während ein Bataillon Ljušna besetzte. Nachrichtenabteilungen in Fjeri und Berat vermittelten die Verbindung mit den albanischen Freischaren, denen auch weiterhin die Sicherung an der Vojusa überlassen blieb.

An der Front herrschte Ruhe, da auch das italienische Expeditionskorps nach den letzten Weisungen Cadornas jede Kampfhandlung über die Vojusa hinweg zu vermeiden (S. 79) hatte1). Die Italiener hatten daher nur ein sehr unklares Bild über den Gegner. Lediglich auf Kundschafternachrichten angewiesen, vermuteten sie zunächst sogar einen Angriff2), bis ihnen Ende April endlich klar wurde, daß sie nur einem dünnen Schleier albanischer Banden gegenüberstanden.

Während dieser Kampfpause wurde in den von den k.u.k. Truppen besetzten Gebieten Albaniens die militärische und politische Organisation des Landes in Angriff genommen und am 29. April durch die Verkündigung eines allgemeinen Landfriedens, der ,,Besa“, und der hiezu erforderlichen Waffenabfuhr eingeleitet. Anschließend wurde die männliche Bevölkerung zur freiwilligen Stellung zum Waffendienste aufgefordert, die nur als Übergang zur zwangsweisen Ausbildung aller Wehrfähigen und Schaffung einer allgemeinen Miliz gedacht war. Verwaltung, Rechtsprechung und Finanzdienst sollten im wesentlichen durch einheimische Behörden unter Aufsicht der k.u.k. Kommandos ausgeübt werden, wobei grundsätzlich daran festzuhalten war, daß Albanien nicht als besetztes Feindesland zu betrachten sei. Als Befreier ins Land gekommen, wollte man der Bevölkerung möglichst wenig zur Last fallen. Trotz alledem wurde die Lage wegen drohender Hungersnot in einzelnen Gebieten recht bedenklich und, anstatt vom Lande zu leben, mußten die k.u.k. Truppen den notleidenden Bewohnern noch mit solchen Einfuhrwaren aushelfen, an welchen das Mutterland bereits selbst Mangel litt. Große Schwierigkeiten bereitete auch der Geldverkehr. Es dauerte lange, bis sich bei den an vollwertige Metallwährung gewöhnten Albanern österreichisches Silber- und vor allem Papiergeld durchsetzte. Vielfach konnte der wirtschaftliche Verkehr aber nur im Tauschhandel aufrechterhalten werden.

Mitte Mai war auch die Behauptung der Vojusalinie ernstlich gefährdet, da die albanischen Freischaren, nachdem ihr bisheriger Führer Ghilardi durch Achmed Bei Mati ersetzt worden war, rasch verlotterten. Meuterei und Verrat zwangen zu harten standrechtlichen Urteilen und zur Auflösung einiger Abteilungen. Solcherart mußte sich das

XIX. Korpskmdo. entschließen, allmählich reguläre Truppen bis an die Vojusa vorzuschieben, zumal sich auch der Nachschub mit der fortschreitenden Jahreszeit besserte. Für die Vorrückung war die 14. GbBrig. ausersehen. Sie hatte sich aber im Falle einer Offensive der Italiener auf

vj Cadorna, Altre pagine, 172. - R a v e n n i, 1184.

den Škumbi zurückzuziehen, wo nunmehr unter Heranziehung sämtlicher mobiler Verbände nachhaltiger Widerstand geplant war. Hiezu stand jedoch außer der 63. ID. nur mehr die mittlerweile in Montenegro neugebildete 28. LstGbBrig.1) zur Verfügung, da die 24. LstGbBrig. schon im April auf den südwestlichen Kriegsschauplatz abgegangen war. Doch selbst das Festhalten der Škumbilinie war erst nach dem Ausbau der vom Mati südwärts führenden Verbindungen gewährleistet, weil auf den stets gefährdeten Zuschub zur See nicht mit Sicherheit gerechnet werden durfte.

Zur Zeit war demnach das XIX. Korps noch unbeweglich und daher auch nicht befähigt, die den öst.-ung. Truppen auf dem Westbalkan ursprünglich zugedachte Aufgabe eines Flankenschutzes der gegen Saloniki operierenden Verbündeten offensiv (Bd. III, S. 600) zu lösen. Diese Lage wurde aber nicht nur von der deutschen2), sondern auch von der öst.-ung. Heeresleitung als Mangel empfunden. GO. Conrad wollte einen Feldzug gegen Albanien von Haus aus überhaupt nur dann wagen, wenn mindestens das Gebiet bis zum Mati der Monarchie einverleibt würde; Mittel- und Südalbanien sollte unter Waffenhilfe der Bulgaren und der Griechen gesäubert und jenen dafür das Küstengebiet von Durazzo, den Hellenen das von Valona zugesprochen werden. Diese Lösung bedingte aber eine endgültige Aufteilung des Landes, wogegen der Minister des Äußern Burián nach wie vor für ein selbständiges und ethnographisch scharf abgegrenztes Albanien eintrat und zumindest vor Abschluß des Weltkrieges auf keinen Teil der adriatischen Ostküste verzichten wollte. Obwohl die Heeresleitung nachdrücklich darauf hinwies, daß der Monarchie in ihrem Existenzkämpfe zur Erfüllung eines Nebenzweckes — wie es die Schaffung eines selbständigen Albaniens gewesen wäre — nicht genügend Kräfte zur Verfügung stünden, beharrte der Ballhausplatz auf seinen politischen Forderungen; ein gemeinsames Vorgehen mit Bulgarien gegen Valona sollte einem rein militärischen Übereinkommen zwischen den beiden Heeresleitungen anheimgestellt werden, während man die Griechen an einer von ihnen selbst vorgeschlagenen, zwischen dem Südende des Ochridasees und dem Südzipfel der Bucht von Valona verlaufenden nordepirotischen Grenzlinie vom eigentlichen Albanien und vor allem vom Hafengebiet von Valona fernhalten wollte. Da Burián

*) 28. LstGbBrig.: Kmdt. Obst. Schutte, GrzJKomp. 1 und 4, k. u. LstIBaone. V/2, VIII/17, VIII/19, II1/20, 111/25; i/i imp. Schwd.; 6. KnBt. GAR. 5, 3. KnBt. GAR. 6.

2) Falkenhayn, Die Oberste Heeresleitung 1914—1916 in ihren wichtigsten Entscheidungen (Berlin 1929), 155.

vom arnautischnationalen Besitzstand möglichst viel für ein selbständiges Albanien retten zu müssen glaubte, unterließ es die Donaumonarchie, den interessierten Balkanstaaten Bulgarien und Griechenland politisch verlockende Zugeständnisse zu machen. Diese Einstellung der Wiener Regierung bewirkte zunächst die politische Zurückhaltung Sofias in der Adriafrage und förderte auch noch die militärische Abkehr Bulgariens vom albanischen Kriegsschauplätze.

Die Beziehungen zwischen der öst.-ung. und der bulgarischen Heeresleitung erfuhren aber auch wegen eines leidigen Besitzstreites eine bedenkliche Trübung. Bulgarien forderte die Beckenlandschaften des Kosovopolje und der Metoja für sich. GO. Conrad war jedoch nicht gewillt, den ihm zu weitreichend erscheinenden Wünschen zuzustimmen, und gelegentlich eines anfangs Februar erfolgten Besuches des Zaren Ferdinand in Teschen bestritt der k.u.k. Generalstabschef das Anrecht der Bulgaren auf Prizren und Priština, die beide westlich der im September 1915 festgesetzten Vertragsgrenze (Bd. III, S. 6 und Beilage 1) lagen. Der darob ausgebrochene Zwiespalt konnte nach einigen Wochen durch Vermittlung Falkenhayns dadurch beigelegt werden, daß den Bulgaren vorläufig nur das Recht, Priština und Prizren zu besetzen, zugesprochen wurde, während sie die westlich der beiden Städte gelegenen Gebiete zu räumen hatten. Die anfangs April festgelegte Grenzlinie der beiden Interessengebiete verlief über die Gebirgsstöcke des Jastrebac und des Kopaonik, weiter zwischen Mitrovica und Priština bis an den Drini barz, dann längs der montenegrinischen und albanischen Grenze bis westlich von Dibra und von dort an den Škumbi bis Elbasan.

Bis Mitte April hatten die bulgarischen Truppen die Orte Djakova, Dibra und Elbasan geräumt, und seither klaffte vom Knie der Vojusa bis zum Ochridasee eine fast 100 km breite Lücke, die feindlichen Maßnahmen aller Art Tür und Tor öffnete. Als sich Mitte Mai vor der deutsch-bulgarischen Front die Anzeichen einer bevorstehenden französischen Offensive im Vardartale verdichteten und auch Nachrichten über eine Teilnahme der Italiener an diesem Angriffe einliefen, warf GM. v. Seeckt, der Stabschef der Heeresgruppe GFM. Mackensen, in Teschen die Frage auf, ob im Falle eines italienischen Vorstoßes von Valona gegen Osten, die in Albanien befindlichen k.u.k. Kräfte eine feindliche Operation gegen den Rücken der zwischen Ochridasee und Vardar stehenden bulgarischen 1. Armee stören könnten oder wenigstens die Straße von Elbasan nach Struga sperren würden. Dem französischen Angriffe sollte voraussichtlich durch ein Vorgehen der bei Monastir stehenden bulgari-sehen Kräfte in der Richtung auf Vodena entgegengetreten werden. GO. Conrad antwortete, daß die öst.-ung. Kräfte eine italienische Operation von Valona in geradewegs östlicher Richtung gegenwärtig nicht verwehren könnten; dagegen würde das XIX. Korpskmdo. im Falle eines Vorgehens der Italiener über Berat—Elbasan—Struga angewiesen werden, dem Feinde diese Vorrückungslinie zu unterbinden und im Vereine mit bulgarischen Truppen auch eine feindliche Offensive westlich vom Ochridasee abzuweisen.

In Wirklichkeit lag der italienischen Heeresleitung zur Zeit aber jedweder Gedanke an eine Offensive von Valona aus vollkommen ferne *). Die dortigen Kräfte mußten sich auch weiterhin nur auf das Festhalten des engeren Hafengebietes beschränken, da Cadorna aus Besorgnis vor einer öst.-ung. Offensive aus dem Trentino schon am 29. April die Verlegung der 44. ID. an den Gardasee angeordnet hatte.

Dagegen befaßte sich der französische Oberbefehlshaber, Gen. Joffre, schon seit der dritten Konferenz von Chantilly 2) ernsthaft mit dem Plan einer großangelegten Offensive auf dem Balkan, die durch das — wie man in Ententekreisen annahm — voraussichtliche Eingreifen Rumäniens auf Seite der Entente schon in absehbarer Zeit notwendig werden konnte. Man rechnete hiebei auf italienische und möglicherweise auch auf griechische Waffenhilfe, jedenfalls aber auf die Mitwirkung der Serben.

Die nach Korfu überführten Reste des Serbenheeres waren nämlich in überraschend kurzer Zeit wieder zu einem beachtenswerten Kriegswerkzeug zusammengeschweißt worden. Sechs Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision von gleicher Ausrüstung wie jene der Westmächte, wurden, in drei kleine Armeen3) gegliedert, zwischen dem 18. April und dem 27. Mai auf die Halbinsel Chalkidike befördert und standen dort dem Führer der Orientarmee, Gen. Sarrail, zur Verfügung. Dieser beabsichtigte nach einem anfangs Mai der französischen Heeresleitung vorgelegten Entwurf 4) mit drei englischen Divisionen gegen den Raum westlich von Doiran zu demonstrieren, während am rechten Flügel drei französische Divisionen unter starkem Flankenschutz (eine französische ID. und die serbische KD.) gegen die Strumica vorstoßen sollten; beiderseits des Vardar hatte eine französische Division anzugreifen und

!) Cadorna, Altre pagine, 181.

2)    Franz. Gstb. W., VIII, 494 ff.

3)    1. Armee: MorD., VarD.; 2. Armee: TimD., ŠumD.; 3. Armee: DonD., DrinD. und die KD.

±) Franz. Gstb. W., VIII, 498.

die Verbindung mit den 110.000 Mann starken serbischen Kräften herzustellen, die mit ihrem linken Flügel das Becken von Bitolj (Monastir) zu nehmen hatten. Die Offensive sollte bis in die Linie Džumaja—Stru-mica—Štip—Veles vorgetragen und mit mindestens 15 Divisionen durchgeführt werden.

Mit dem Eintreffen der Serben bei Saloniki hatten die Ententestreitkräfte, die sich seit anfangs April wieder planmäßig gegen die griechische Nordgrenze vorschoben, mit ihren 15 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision x) gegenüber den 10 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision der Heeresgruppe Mackensen2) die zahlenmäßige Überlegenheit erlangt. Über dem künftigen Verhalten der im Osten und im Westen der Armee Sarrail versammelten Teile des 15 Divisionen starken Griechenheeres stand nach wie vor ein Fragezeichen. Immerhin waren der k.u.k. Heeresleitung Mitte Mai noch keinerlei Anzeichen über eine knapp bevorstehende Offensive der Feinde auf dem Balkan zur Kenntnis gekommen, so daß sie auch, um die Südflanke unbesorgt, an die Durchführung des Angriffes gegen Italien schreiten konnte.

a) Vier französische, fünf englische, sechs serbische Infanteriedivisionen und eine serbische Kavalleriedivision.

2) Neun bulgarische Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision; eine deutsche Infanteriedivision. Drei bulgarische Infanteriedivisionen und kleinere deutsche Verbände standen an der rumänischen Grenze.

DIE FRÜHJAHRSOFFENSIVE 1916 GEGEN ITALIEN

Die Schlacht bei Folgaria und Lavarone

Hiezu Beilagen 10, 11, 12, 13 und 14 Der Durchbruchsangriff der k.u.k. 11. Armee (15. bis 19. Mai)

Mehr als drei Monate waren dahingegangen, seitdem die k.u.k. Heeresleitung die ersten Weisungen für die Offensive erlassen hatte (S. 173), und fast fünf Wochen waren seit dem 10. April verstrichen, da die Masse der Heeresgruppe Erzherzog Eugen schlagbereit in Südtirol bereitstand1). In der Zeit des Wartens (S. 227 ff.) war unter dem Eindruck, daß der gut unterrichtete Feind sich mit Nachdruck zur Wehr setzen werde, nach und nach eine scheinbar unwesentliche, tatsächlich aber sehr tiefgehende Änderung der Angriffsordnung vorgenommen worden.

Der wuchtige Keil, das Sinnbild des von der Heeresleitung seinerzeit festumschriebenen Angriffsplanes: „mit gut zusammengehaltener Kraft von den Hochflächen von Lavarone und Folgaria auf Thiene und Bassano vorzustoßen“, war abgestumpft. Der letzte, vom Heeresgruppenkmdo. gebilligte Durchführungsbefphl des 11. Armeekmdos., dem schließlich auch GO. Conrad seine Zustimmung gab, rief zunächst nur das XX. und das um ein bedeutendes Stück rechts hinter ihm bereitstehende VIII. Korps zum Angriff auf. Das III. Korps hingegen hatte fürs erste mit seiner starken Artillerie das XX. Korps zu unterstützen, ohne selbst vorzugehen. Im Suganatal sollte das XVII. Korps feindliche Kräfte binden.

Kurz vor Beginn der Schlacht war das VIII. Korps durch die 48. ID. verstärkt worden. Es sollte befähigt werden, nicht nur die Westflanke der 11. Armee zu sichern, sondern auch kraftvoll gegen Schio— Recoaro vorzugehen. Diese Absicht fand allerdings erst einige Tage nach Beginn der Kriegshandlungen in vom 11. Armeekmdo. erlassenen Anordnungen vollen Ausdruck. Auf dem anderen Flügel war hingegen die in den ersten Weisungen der Heeresleitung gewollte Bereitstellung einer starken Reserve von zwei Divisionen um Pergine, die offenbar zur späteren Verstärkung des III. Korps auf den Hochflächen dienen sollten,

x) Ratzenhofer, Militärische Bahnauswertung im 1. Halbjahr 1916 (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933, Heft 4).

nach dem Ausspielen der 18. ID. im Suganatal unterblieben. Nur die S. GbBrig. war im Mai nach Pergine verlegt worden. Sie sollte der IS. ID. als Rückhalt, allenfalls auch zu ihrer Ablösung dienen.

Die stufenweise erfolgte Wandlung des gesamten Angriffsplanes hatte jedoch im kleinen Rahmen, in den Anordnungen des VIII. und des XX. Korps, keine wesentlichen Änderungen mit sich gebracht. Man war sich darüber im Klaren, daß in dem äußerst zerklüfteten Gebirge (S. 180) der Erfolg der ganzen Kriegshandlung vor allem von der Geschicklichkeit und Tüchtigkeit der Führer kleiner, selbsttätiger Einheiten abhängen werde..Zum zweckvollen Zusammenspiel dieser kleinen Gefechtsgruppen mit der mächtigen, aber festgebannten schweren Artillerie war der Angriff in eine Reihe von Einzelakten zerlegt worden, die weit mehr als in der Feldschlacht in der Besitznahme bestimmter, im Gebirge besonders bedeutsamer, ja nicht zu umgehender Pfeiler der feindlichen Stellungen bestehen mußten. So entstand eine nach Tagen und sogar nach Stunden geordnete Einteilung der ganzen Kampfhandlung in Teilangriffe. Mochte auch ein derartiges systematisches Verfahren einige Starrheit in sich schließen, so schien es doch die beste Art, die Tätigkeit der beiden Hauptwaffen gegeneinander abzustimmen und dadurch den im reich gegliederten Gebirge stark befestigten Feind niederzuringen. Insbesonders beim XX. Korps sollte der Durchbruch in planmäßig, nach Zeit geordneten Angriffen gegen die einzelnen Bergspitzen erfolgen, die Bastionen der italienischen Befestigungen waren.

Die scharf abgegrenzte Hochfläche, über die das XX. Korps vorzugehen hatte, zeigte im Abschnitte der 8. ID. zwei in der Angriffsrichtung streichende Höhenzüge. Der eine mit dem Mt.1) Maronia bildete die Westkante der Hochfläche und war schütter bewaldet, der zweite, der über die Pioverna zur Costa d’Agra führte, war kahl. Hier fand die Artillerie ein vortreffliches Schußfeld. Im Angriffsraume der 3. ID. hingegen zogen sich Wälder hin, aus denen eine Reihe hintereinander quer zur Angriffsrichtung liegende Bergrücken mit markanten Kuppen hervorragten. In diesen Raum vermochte die Artillerie des III. Korps von der Flanke her vorteilhaft zu wirken. Nach Erwägung verschiedener Möglichkeiten hatte schließlich das XX. Korpskmdo. ent-

Mt. monte) heißt Berg; C. oder Cm. (cima), Sp. (Spitz), Col bezeichnen Gipfel, Spitzen, Kuppen; C. bei der Signatur Haus bedeutet casa; Cn. (eorno) heißt Horn; Pta. (porta; bezeichnet einen engen Gebirgsübergang („Törl“); Mga. (malga) und Cra. (casara) bezeichnen Sennhütten und Weiler; Baito(-i) bedeutet Almhütte(-n); Trt. (torrento) heißt Wildbach.

schieden, daß der erste Angriff gegen die vor der Mitte des Korps aufragenden Höhen Costa d’Agra und Mt. Coston zu erfolgen habe. Zugleich sollte der linke Flügel den Soglio d’Aspio nehmen. Der rechte Flügel hatte hingegen zu warten.

Bedeutend größere Schwierigkeiten stellte das Gelände der Führung des Angriffes beim VIII. Korps entgegen. Hier mußte die Kampfhandlung von allem Anfang an in mehrere von einander unabhängige Gefechte zerfallen. Die 59. ID. hatte zunächst aus ihrer Stellung steil hinab zu gehen, um den am Nordhang in der Linie Noriglio—Piazza verschanzten Feind zu vertreiben. Dann mußte sie, wo es eben ging, den tief ins Tal eingerissenen Terragnolobach überschreiten und aufwärts steigend, mit ihrem rechten Flügel den Feind auf der Platte von Moscheri angreifen. Ihr linker Flügel aber sollte im Einklang mit dem XX. Korps anfänglich nur langsam vorrücken und sozusagen den Drehpunkt der ganzen Angriffsbewegung des VIII. Korps bilden. In der Folge mußte diese Division, wollte sie den Col santo erobern, einen Höhenunterschied von rund 1800 m kämpfend überwinden. Die 57. ID. hinwieder mußte sich von Rovereto aus den schweren Anstieg zur Zugna Torta erzwingen und in der Folge auf dem schmalen Rücken zur Coni Zugna vorwärtsarbeiten. Die inneren Flügel der beiden Divisionen trennte die Vallarsa. Später wurde die bei Bocaldo mündende Furche als Grenzlinie bestimmt.

Die beiden ersten Schlachttage (15. und 16. Mai)

Hiezu Beilagen 13 und 14

Am 15. Mai begann gegen 6h früh bei gut sichtigem Wetter die Schlacht. Blitz auf Blitz zuckte aus den Rohren. Den ohrenbetäubenden Donner der Geschütze rasch überholend, schossen die Bomben und Granaten heulend dahin — bald knapp hinweg über die eigenen Stellungen, bald hoch in den Lüften — ihren Zielen entgegen. Mit Spannung konnte man verfolgen, wie sich die Geschoßbahnen immer enger um die deutlich erkennbaren Ziele legten. Bald waren alle Geschütze eingeschossen und um 9h setzte das Vernichtungsfeuer ein. Ein Orkan brauste über die Berge. Die Rohre liefen heiß. Zu vielen hunderten peitschten Geschosse die Luft, sausten zischend nieder und barsten mit dröhnend kreischendem Getöse über dem tief beklommenen Feind. Felsen fielen in Trümmer. Feuer und Qualm schossen in die Höhe, dazwischen Stahlstücke, Steinblöcke, zersplitterte Bäume und auch Fetzen zerrissener Menschen.

Ein erschütterndes Schauspiel rollte vor den Augen der angriffsbereit harrenden Infanterie ab. Staunend sahen es die jungen Mannschaften, die erst in den letzten Monaten in die so oft gelichteten Reihen der alterprobten Regimenter getreten waren1). Die kriegsgehärteten Veteranen des XX. Korps mochten sich an den vor einem Jahr erfolgten Durchbruch von Gorlice—Tarnów erinnern, die des VIII. Korps an den Sturm auf Belgrad, und die Männer des III. Korps gedachten der erst kürzlich bei Doberdö erlebten Hölle.

In den 6 km breiten Angriffsabschnitt des XX. Korps feuerten 176 leichte, 54 schwere und 20 schwerste Geschütze des eigenen sowie 73 leichte, 33 schwere und 13 schwerste Geschütze des benachbarten

III. Korps.

Schon um 10h vorm. überschritten Vortrupps die in der Nacht durch Sappeure geöffneten Drahthindernisse. Bleich und verstört, mit erhobenen Händen, kamen ihnen Gruppen von Italienern entgegen, die offenbar den Zeitpunkt verpaßt hatten, um aus den Vorgräben in die Hauptstellung auf der Costa d’Agra und beim Coston zurückzugehen, über die jetzt schwerer Eisenhagel hinfegte. Diese vor der Mitte des XX. Korps gelegenen Höhen waren das Ziel des ersten Angriffstages. Zu Mittag erhoben sich kraftbewußt die Haupttruppen: von der

8. ID. das 3. KJR. und eng angeschlossen von der 3. ID. die Oberösterreicher des IR. 14; weiter links die Salzburger des IR. 59. Gegen 3h nachm. näherte sich die Infanterie der 3. ID. dem Soglio d’Aspiound dem Mt. Coston, das Kaiserjägerregiment der Costa d’Agra. Die Feuerwalze der Artillerie rollte vor ihnen her und zermalmte den Feind. Wenig und meist zu hoch schossen hingegen dessen Batterien. Vergeblich rief der Kommandant der italienischen 35. ID. die Truppen auf, den Mt. Coston um jeden Preis zu halten. Die voreilenden Reserven zersplitterten und wichen zurück. Nur an einzelnen Stellen fanden sich wenige beherzte Abteilungen, die trotz aller schon erduldeten Qual noch den Mut aufbrachten, die Gewehre zu erheben. Auch einige Kavernen-

x) Augenzeugen berichteten, daß an sehr vielen Stellen Leute auf die Brustwehren stiegen und, alle Gefahr mißachtend, mit lebhaften Gebärden dem überwältigenden Eindruck des Geschauten Ausdruck gaben.

batterien feuerten noch. Doch unaufhaltsam gingen die Angreifer weiter. Gegen 5h nachm. erstiegen die Kaiserjäger die völlig zerschlagenen Schanzen auf der Costa d’Agra und überwältigten die noch bis zuletzt ausharrenden Italiener der Brigade Ancona. Als es Abend wurde, erreichte auch das IR. 14 sein Ziel, den Mt. Coston. Fast ein ganzes Bataillon der Brigade Cagliari ergab sich nach kurzer Gegenwehr den stürmenden Oberösterreichern. Bei einem hier gefangenen Obersten wurden die Anordnungen für die Verteidigung der Hochflächen vorgefunden. Es bestätigte sich, daß es die erste Hauptwiderstandslinie der Italiener war, die der vom XX. Korps vorgetriebene Keil durchstoßen hatte. Nur dem linken Flügel der 3. ID. war die Bezwingung des Soglio d’Aspio nicht gelungen. Diese Felsenburg blieb links hinter dem bis nahe an die Osteria Fiorentini vorgedrungenen IR. 59 abgeschnürt stehen. Ein im Asticotal eingesetztes Bataillon des IR. 50 hatte Patrouillen gegen Scal-zeri vorgetrieben, wohin auch Aufklärungsabteilungen des III. Korps gelangten x).

Mit Genugtuung konnte Erzherzog Karl Franz Joseph, der mit seinem Generalstabschef, Obst. Alfred Freih. v. Waldstätten, auf dem Hange des Mt. Cornetto die Vorgänge beobachtete, am Abend feststellen, daß der Erfolg des ersten Schlachttages nur geringe Opfer gefordert hatte. Dies war vor allem der vom Oberst Baumann trefflich geleiteten Artillerie des XX. Korps sowie der überaus kräftigen Beihilfe jener des

III. Korps zu danken.

Am nächsten Tage hatte bei Festhaltung der Costa d’Agra und des Mt. Coston die 3. ID., FML. Edl. v. Horsetzky, sich zum Angriff auf den Coston d’Arsiero und zur Säuberung der Platte Baiti Monari zu gruppieren. Die 8. ID., FML. v. Fabini, sollte hingegen ohne weiteres den vorbereiteten Angriff gegen den Mt. Maronia durchführen und sodann möglichst bis zur Linie Mt. Maggio—Reichsgrenze Vordringen. Diese Aufgabe fiel der 180. IBrig., FML. Edl. v. Verdross, zu, die gleichzeitig durch flankierendes Eingreifen die 59. ID. des VIII. Korps zu unterstützen hatte.

x) Einzelheiten über die spannungsvollen Kämpfe der Infanterieregimenter 14 und 59 schildern in anschaulicher Weise die Regimentsgeschichten dieser Truppenkörper (IR. 14: Ein Buch der Erinnerung an große Zeiten 1914—1918 [Linz 1919], 73 ff. — H o e n, Geschichte des IR. 59, 417 ff.). Der Nachfolgetruppenkörper des IR. 59 im österreichischen Bundesheer, das Alpenjägerbataillon Nr. 3, dann die Brigadeartillerieabteilungen Nr. 4, 5 und 6, die Letztgenannten in Erinnerung an die hervorragende Tätigkeit der Artillerie des III. und des XX. Korps, feiern den 15. Mai als Gedenktag.

Auch beim VIII. Korps entsprach die Einleitung der Schlacht den Erwartungen. Das Hauptgewicht der ersten Angriffshandlung war auf den rechten Korpsflügel knapp südlich von Rovereto gelegt worden. Es war die 6. GbBrig. der vom FML. Heinrich Goiginger befehligten 57. ID., die schon am Vormittag den ersten Vorstoß auf den Nordfuß der Zugna Torta ausführte, im ersten Anprall Bataillone der italienischen 37. ID. aus ihren Vorstellungen warf und, bis zum Abend scharf kämpfend, schließlich das Castello Dante und in der Nacht die Höhe -Ą- 751 nördlich von Albaredo erstürmte. Indessen war das der 48. ID. entnommene Bataillon III/bh. 3, das als Kern einer aus Standschützen gebildeten und vom Obstlt. Lehár geführten Gruppe diente, im Etschtal bis Lizanella vorgedrungen. Die im Bereich des VIII. Korps stehenden Landsturmtruppen der Front jenseits der Etsch verhielten sich befehlsgemäß zuwartend.

Die 59. ID., GM. Kroupa, deren Aufgabe es war, in breiter Front vorzugehen und den Feind von der Bergstufe Noriglio—Piazza zu vertreiben, hatte ihre Ziele nicht vollständig zu erreichen vermocht. Nachdem ein am Morgen beabsichtigter Überfall zur Gewinnung der Brücke

S. Colombano mißglückt war, mußte der Angriff der 18. GbBrig. planmäßig durch die Artillerie vorbereitet werden. Der zähe Feind konnte erst am Nachmittag vom Nordufer des Terragnolo zurückgeschlagen werden. Der 10. GbBrig. leisteten bei Potrich und bei Piazza Alpini und Teile der Brigade Roma noch am 16. Mai hartnäckigen Widerstand. Dennoch zollte der Erzherzog Eugen, der seit frühem Morgen von der Höhe bei Castellano, nahe dem Beobachtungsstandpunkte des Korpskommandanten FZM. Scheuchenstuel, das Gefecht verfolgt hatte, den Truppen und den Führern für ihre opfervollen Leistungen schon jetzt seine vollste Anerkennung.

Mit gleicher Entschlossenheit setzten die Truppen des VIII. Korps am 16. Mai die Angriffe fort. Sie wurden wieder durch die Divisionsartilleriegruppen Obst. Rotter und Obstlt. Gnigler sowie durch die schwere Artilleriegruppe Obstlt. Firbas trefflich unterstützt. Insgesamt verfügte das Korps über 158 leichte, 42 schwere und 16 schwerste Geschütze. Bei der 57. ID. erstürmten die den rechten Flügel der 6. GbBrig. bildenden Bataillone 1/6 und IV/50, an die sich das Bataillon III/bh. 3 anschloß, in den ersten Nachmittagsstunden den äußerst stark unterkellerten Stützpunkt auf der Costa Violina. Die Bataillone III/38 und IV 42 der Mittelgruppe kletterten durch „ein Labyrinth von Felsblöcken, Schluchten und Spalten im intensivsten feindlichen Feuer“ den

Rücken zur Zugna Torta hinauf und kamen, nachdem sie in hartem Kampfe mehrere feindliche Schanzen überwunden hatten, bis nahe an den Gipfel heran. Unterdessen besetzte ein halbes Bataillon IV/81 den Ort Albaredo.

Von der 59. ID. überschritt die 18. GbBrig. den Terragnolobach bei

S. Colombano und bei S. Nicolo. Sie warf den Feind aus mehreren Vorwerken nächst Moscheri und stand am Abend vor Spino und Pozza sowie mit dem FJB. 15 nahe bei Plache. Der 10. GbBrig. setzten die Italiener abermals entschlossenen Widerstand entgegen. Sie wurden dennoch überwunden und behaupteten sich am Abend nur mehr im Südteil von Piazza. Es war ein verlorener Posten, denn zu dieser Zeit hatte der rechte Flügel des XX. Korps bereits weit über den Mt. Maro-nia hinaus Raum gewonnen und Vorkehrungen getroffen, um in den Rücken der Verteidiger von Piazza zu wirken.

Die Wucht des Artilleriemassenfeuers kam beim XX. Korps auch am 16. zur vollen Geltung. Unter seiner zermalmenden Wirkung blieben alle Versuche der Italiener zu Gegenangriffen oder auch nur zur Behauptung der am 15. abends noch in ihrem Besitze gebliebenen Teile der ersten Hauptstellung vergeblich. Als Kaiserjäger vom 2. Regiment dem Mt. Maronia nahe kamen, ergaben sich die Reste der dezimierten Besatzung. Auch das gleichfalls im Verbände der 180. IBrig. fechtende

l.KJR., das in der Mulde gegen Mga. Piovernetta vorging, hatte leichtes Spiel mit dem schwer erschütterten Feind, der in die zweite Linie zurückwich. Am Abend traf das 2. KJR., das an diesem Tage nicht mehr als 50 Mann verloren, hingegen 1200 Gefangene zurückgeschickt hatte, nahe unter dem Mt. Maggio und dem ihm als Ziel gesetzten Grenzrücken ein. Der beabsichtigte Angriff mußte aber auf den nächsten Tag verschoben werden. Die Korpsmitte (3. KJR. und IR. 14) war befehlgemäß stehengeblieben. Indessen hatte der linke Flügel, die Gruppe GM. Richard Müller (5. IBrig.), ihre tags vorher nicht ganz vollendete Aufgabe nun erfüllt. Die „Rainer“ zwangen die Verteidiger der Felsenburg Soglio d’Aspio zur Übergabe. Auch die von FML. Hor-setzky angeordnete Wegnahme der Befestigungen bei Osteria Fiorentini gelang. Der Feind, der hier noch am Vorabend Reserven eingesetzt hatte, räumte, insbesondere infolge eines mißglückten Gegenangriffes, diese Örtlichkeit.

Die Beobachtung der Vorgänge bei den Italienern ließ erkennen, daß sie am Nachmittag darangingen, die zweite Linie mit frischen Kräften zu besetzen. Diese war durch die starken Stützpfeiler Mt. Maggio,

C. di Campoluzzo und Coston d’Arsiero gekennzeichnet. Wie man später erfuhr, gehörten Truppenkolonnen, die am späten Abend im Vormarsch über den Passo della Vena und in der Gegend der C. Valbona beobachtet wurden, der anrückenden 9. ID. an, die als Armeereserve um Thiene gestanden war. Am 16. Mai abends befahl das XX. Korpskmdo.:

,,Die 3. ID. greift den Coston d’Arsiero umfassend an, sie wird hiebei flankierend von der Artilleriegruppe Janečka, frontal von der schweren Artilleriegruppe Obstlt. Hanzu unterstützt. Anzustreben ist das Erreichen der Linie Coston d’Arsiero—Baiti delle Fratte—Oststeilhänge der Baiti Monariplatte. Die 8. ID. greift die C. di Campoluzzo umfassend an und wird hiebei flankierend von der schweren Artillerie des VIII. Korps, frontal von der schweren Artilleriegruppe Obstlt. Wach unterstützt. Anzustreben ist das Erreichen der Linie Rücken der C. di Campoluzzo—Mt. Gusella. Der Reichsgrenzrücken des Mt. Maggio ist festzuhalten. Über C. Malingo gegen den Borcola ist mit einer Abteilung vorzugehen.“

Zugleich ersuchte FML. Erzherzog Karl Franz Joseph das VIII. Korps um kräftigste Artilleriehilfe, insbesonders mit den schwersten Haubitzen, und stellte an das 11. Armeekmdo. die Bitte, in den Raum Folgaria eine Brigade oder besser eine Division zu verschieben. Das schien dem GO. Dankl verfrüht. Sein Bescheid lautete: „Das XX. Korps verfügt über zwei noch nicht im Kampf gestandene Regimenter, ein drittes — IR. 50 — ist kaum ins Gefecht getreten; auch die übrigen Regimenter haben dank der vorzüglichen Disponierung durch das Korpskmdo. und des musterhaften Zusammenarbeitens mit der ausgezeichnet wirkenden Artillerie keine nennenswerten Verluste erlitten. Die Gefechtskraft des Korps ist somit eine ungeschwächte und bedarf vorläufig keiner Unterstützung“ x).

In der Tat sah sich das VIII. Korpskmdo. schon am 16. abends genötigt, die 9. GbBrig. einzusetzen. Sie sollte am rechten Flügel der 18. GbBrig. über Vanza gegen Pozzacchio und den Mt. Spil vorgehen, „so bald genügend Entwicklungsraum vorhanden“. Zugleich war die 6. Gb-

x) Von den Truppen des XX. Korps hatten in den ersten beiden Tagen an Toten und Verwundeten verloren: Das IR. 14 etwa 80, das IR. 50 nur 5 Mann, das IR. 59, dessen Angriff am schwierigsten war, 310 Mann. Das IR. 21 war noch nicht in den Kampf getreten. Ebenso stand von der 8. ID. das 4. KJR. noch in Reserve, während das 3. KJR. rund 100, die beiden Regimenter der 180. IBrig. je 50 Mann verloren hatten. Vom VIII. Korps wurden folgende Verlustziffern gemeldet: 6. GbBrig.: 23 Tote, 611 Verwundete; 10. GbBrig.: 100 Tote, 346 Verwundete; 18. GbBrig.: 110 Tote und Verwundete.

Brig. durch zwei Bataillone der 48. ID. zu verstärken und damit die spätere Übernahme der Flankensicherung durch diese Division anzubahnen. Man war sich darüber im Klaren, daß das Vordringen der 57. ID., mit der 6. GbBrig. rechts und der 9. GbBrig. links, rittlings der tief unten in der Vallarsa hinlaufenden Straße ungemein schwierig sein werde. Dem rechten Flügel der 59. ID., der 18. GbBrig., wurde der Mt. Pazul als Ziel gesetzt. Von der Hauptkraft der 48. ID. blieben die 12. GbBrig. bei Volano und zwei Bataillone der 11. bei Castellano zunächst noch in Reserve.

Das Ringen um die Entscheidung (17. bis 19. Mai)

Am 17. steigerte sich der Kampf zum erbitterten Ringen, erklomm am 18. den Gipfel und endete dann im raschen Ablauf mit einer völligen Niederlage des Feindes. Die Schlacht spaltete sich, bedingt durch die Unübersichtlichkeit des zerklüfteten Geländes, in eine Reihe von Einzelkämpfen.

Das XX. Korps befand sich mitten in einer kunstvoll angelegten Befestigungszone, in der sich jede Bewegung in ein verwirrendes Netz von Lauf- und Schützengräben verfing. Die Gefechtsführung war über alle Maßen schwierig. Zunächst führte die 180. IBrig. den Angriff gegen den Mt. Maggio und den Grenzrücken durch. Bataillone der Brigade Sesia trafen hier zur Verstärkung der zurückgegangenen Teile der 35. ID. ein und setzten dem angreifenden 2. KJR. entschlossenen Widerstand entgegen. Erst nach mehrmals wiederholtem Vernichtungsfeuer konnte am 17. gegen 4h nachm. der Mt. Maggio erstürmt werden. Um die anderen Gipfel des Grenzrückens wurde bis in die Nacht hinein auf beiden Seiten zähe und opfervoll gerungen. Doch am 18. konnte FML. Verdross melden, daß das Ziel erreicht sei.

In ähnlich harter Art spielte sich der Kampf auf dem linken Flügel des Korps ab, wo GM. Richard Müller sechs Bataillone der Regimenter 59 und 50 vorführte, um dem vom GM. Phleps geleiteten Hauptangriff des IR. 14 gegen den Coston d’Arsiero Raum zu schaffen. Um einem Frontalangriff gegen den 200 Meter über das Lanzetal steil emporragenden Berg auszuweichen, wurde eine Umgruppierung vorgenommen, durch die eine Umfassung der stark besetzten Schanzen eingeleitet werden sollte. Diese Umgruppierung benötigte aber Zeit.

Daher mußte die gegen 'den Coston d’Arsiero pünktlich und zielsicher wirkende Artillerie — es waren dies vor allem die Gruppen Obstlt. Hanzu der 3. ID. und Obst. Rath des III. Korps — mehrmals verständigt werden, das Trommelfeuer zu stoppen und in einem späteren Zeitpunkte wieder zu beginnen1). Indessen stürmten die Bataillone des GM. Müller vor, nahmen die Stellungen bei Baito Casalena, stießen auf starken Widerstand, wehrten Gegenstöße ab, durchbrachen dann eine zweite feindliche Stellung und erreichten am Abend die Linie Mga. Fratte d’Arsiero—Baiti delle Fratte—Baiti Bosco Scuro. Einzelne Kompagnien „Rainer“ waren gegen den Coston d’Arsiero nach Süden eingeschwenkt und hatten in sehr geschickter Gefechtsführung den überlegenen Feind in Schach gehalten, bis nachmittags die „Hessen“ herankamen. Aber der Feind wehrte sich zähe, und am folgenden Morgen war er noch immer im Besitze des Hauptwerkes auf der Spitze des Felsenberges.

Am 18. versuchten die Italiener ein letztesmal, durch einen allgemeinen Angriff das Unheil abzuwenden. Beherzt gingen Bataillone der Brigade Novara sowohl gegen die Gruppe Müller als auch gegen die 14er vor; aber im Sperrfeuer blieben sie alsbald verzagend stehen. Um 2h nachm. erstürmten die Oberösterreicher die hart umstrittenen Schanzen auf der Spitze des Coston d’Arsiero und nahmen die schwer erschütterten Italiener gefangen. Nochmals wollten herbeieilende Alpini diesen wichtigen Pfeiler zurückgewinnen. Sie wurden zum Umkehren gezwungen. Indessen hatten die schweren Batterien der Artilleriegruppe Obstlt. Wach die feindlichen Bastionen vor dem 3. KJR. sturmreif geschossen. Nun erstürmten die Kaiserjäger im raschen Anlauf zuerst die Höhe -<J>- 1804 und dann, nach Abweisung eines Gegenangriffes, die C. di Campoluzzo 2).

So war am 18. nachmittags der Feind vor dem XX. Korps aus der ganzen zweiten Linie geworfen, zu deren Verteidigung er außer den zur Stelle befindlichen Reserven der 35. ID. auch die Masse der 9. ID. eingesetzt hatte. Von nun an versiegte sein Kampfeswille rasch. Die

1)    Dieses Geschehen veranlaßte das Korpskmdo. zur Ermahnung: „Es ist ausgeschlossen, täglich für ein vielstündiges Wirkungsschießen, wie es heute von der Angriffsgruppe der 3. Division verlangt wurde, die erforderliche Munition beizustellen. Wenn in den nächsten Tagen ebensoviel Munition verschossen wird wie heute, müssen wir in kürzester Zeit die Offensive einstellen!“ — Angaben über den Munitionsverbrauch bringt die Beilage 13.

2)    S c h e m f i 1, Das k.u.k. 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger im Weltkriege 1914—1918 (Bregenz 1926), 352 ff.

Besatzung des Mt. Gusella ergab sich nach kurzem Ringen den Kaiserjägern vom 1. Regiment, die im Campoluzzotale noch ein gutes Stück vorwärts gingen, ehe die einbrechende Nacht den Kampf auch hier verstummen ließ.

Auch beim VIII. Korps brachte der 18. Mai die erwartete entscheidende Wendung. Bis dahin hatten sich die Italiener unter äußerster Anspannung ihrer Kräfte zur Wehr gesetzt. Am 17. beschoß ihre Artillerie seit Tagesanbruch von Brentonico her über das Etschtal hinweg heftig die Costa Violina und den Rücken zur Zugna Torta. Die 6. GbBrig. wartete den Feind ab, der zum Gegenangriff überging. Ein schneidiger Vorstoß des deutschböhmischen Bataillons IV/4220), unterstützt durch Gebirgbatterien, trieb ihn zurück. Am Abend und in der Nacht gingen die Italiener neuerlich vor, wurden aber immer wieder zurückgeschlagen 21). Als es Tag wurde, nahm die Angriffsartillerie ihr Zerstörungswerk wieder auf und zwang den Feind, der sehr schwere Verluste erlitten hatte, schließlich zum Rückzug. Die jetzt vom GM. Edl. v.Luxardo, dem nunmehrigen Kommandanten der 11. GbBrig., geführte Etschtalgruppe (3 Bataillone dieser Brigade und Standschützen) eroberte die sogenannte Lawinenstellung südöstlich der Eisenbahnstation Mori. Die 6. GbBrig. nahm von den Schanzen auf der Zugna Torta Besitz und preßte sich auf dem immer schmäler werdenden Zugnarücken vorwärts.

Die 18. GbBrig. hielt sich am 17. zunächst zum Angriff gegen Bocaldo bereit und wartete das Herankommen der 9. GbBrig. ab, deren Masse sich am Nachmittage nahe von Spino gruppierte, um gegen Vanza vorzustoßen. Indessen führten die Italiener trotz des schwer auf ihnen lastenden Artilleriefeuers einen Gegenangriff, der jedoch zusammenbrach. Bei Einbruch der Dunkelheit wiederholten sie die Angriffe, die sie insbesonders gegen die 18. GbBrig. richteten. Sie wurden nach erbittertem Handgemenge abgewiesen. Am Morgen zählte man bei dieser Brigade 51 Tote und 230 Verwundete. Zu Mittag begann das Ringen um die Entscheidung. Das Bataillon 11/60 eroberte Pozza. Trotz mehrstündigen Eisenhagels leistete der Feind anfangs noch hartnäckigen

Widerstand, plötzlich brach er aber zusammen. Am 18. um 5h nachm. meldete das VIII. Korpskmdo.: „Die 9. und die 18. GbBrig. haben nach mächtiger Feuervereinigung der Artillerie und dank besonders geschickter Führung den Stützpunkt bei -<^856 erstürmt, dann Bocaldo und Giacera genommen. Das FJB. 15 umzingelte die ihm bei Plache gegenübergestandene, weit überlegene Abteilung und nahm sie gefangen. Der Feind ist nach schweren Verlusten in vollem Rückzug.“ Es mag sein, daß die in diesem Abschnitte gestandenen Teile der Brigade Roma auch deshalb zum eiligen Räumen des Schlachtfeldes bewogen wurden, weil zur Zeit die 10. GbBrig. bereits weit im Terra-gnolotale aufwärts gedrungen war und das Massiv des Col santo von Osten her bedrohte. Diese Brigade hatte nach den schweren Kämpfen der ersten beiden Tage Piazza genommen. Hierüber berichtet ihr Kommandant, Obst. v. Hranilovic: „Kampf um Ortschaften im Terragnolotal war trotz gründlicher Artillerievorbereitung äußerst hartnäckig. In den Häusern und Kavernen mußte jedes Objekt mit Handgranaten genommen werden.“ Die tapferen Bataillone hatten dann noch am 17. vormittags die Verfolgung aufgenommen. Am Abend stieg das Bataillon 1/48 bereits die Costabella hinan, von wo es eine feindliche Nachhut vertrieb. Am 18. brachte es in erneuertem Gefechte bei der Mga. Sarta etwa 400 Gefangene ein, die zumeist der Territorialmiliz angehörten. Andere Bataillone und Kompagniegruppen der 10. GbBrig. erklommen im Laufe dieses Tages die Ost- und Nordränder des Bergklotzes bei der Mga. Pezzi und beim Costoncino, während Vortruppen der 18. GbBrig. den Mt. Pazul erreichten, und Verfolgungsdetachements der 9. GbBrig. sich der Höhe -<J>- 1364 nordöstlich von Pozzacchio und dieses Ortes selbst bemächtigten.

Es winkte die Möglichkeit zu einer Einkreisung der auf dem Col santo befindlichen feindlichen Kräfte. Das VIII. Korpskmdo. unterstellte daher am 18. abends die zur 48. ID. gehörende, bei Volano in Reserve gehaltene 12. GbBrig. dem GM. Kroupa und gab ihm die Aufgabe, den Borcolapaß in Besitz zu nehmen, gegen den Pasubio vorzustoßen und den auf dem Col santo stehenden Italienern den Rückzug abzuschneiden. Die 18. GbBrig. hingegen sollte unter den Befehl des FML. Goiginger treten, der den Auftrag bekam, „gegen die Coni Zugna möglichst Raum zu gewinnen“ und „in der Vallarsa nur insoweit vorzudrücken, als es ohne schweren Angriff möglich ist“. Der Kommandant der 48. ID., FML. Gabriel, hatte die Führung des ganzen rechten Korpsflügels beiderseits der Etsch bis nahe zur Zugna Torta zu übernehmen. In dieser zuletzt genannten Anordnung wirkte sich bereits eine vom Heeresgruppenkmdo. am 17. Mai eingeleitete und vom

11. Armeekmdo. fortgesetzte Umstellung der Kräfte aus.

Der 19. Mai brachte das VIII. Korps, früher als erwartet, in den Besitz des Col santo, dessen Bezwingung als eine der schwersten Aufgaben dieses Korps angesehen worden war. Dieser Hauptpfeiler der zwischen der Vallarsa und dem oberen Terragnolotal hinziehenden zweiten befestigten Linie war durch einige Milizbataillone besetzt. „Als diese nach der mehr als dreitägigen schrecklichen Schlacht ihre Kameraden von der Infanterie in der Vallarsa und im Terragnolotale zurückweichen sahen, mußten sie den Eindruck haben, umgangen und eingekreist zu sein. Beim Auftauchen gegnerischer Patrouillen wurden sie von einer Panik erfaßt, die von den Artilleristen der bei der Mga. Corona stehenden Batterien ausging und sich rasch in ihren Reihen ausbreitete1).“ So kam es, daß die vom Costoncino weiter vorrückenden Kompagnien der 10. GbBrig. am 19. zu Mittag nach wenigen Gewehrschüssen den Col santo besetzen konnten. Unabhängig von ihnen erstiegen andere Gefechtsgruppen dieser Brigade die Höhe -<f>- 2125 südöstlich vom Col santo, während Vortruppen der 18. GbBrig. nach einem kurzem Gefechte bei PascoloStě gegen den Mt. Testo vorgingen, dem auch zwei Bataillone der 9. GbBrig. nach kampflosem Überschreiten der Schanzen auf dem Mt. Spil zustrebten. Als sich diese Bataillone zum Angriff gegen den Mt. Testo entwickelten, räumte der Feind auch diese Höhe, die wie ein Wachtturm dem Schlangenweg aus der Vallarsa durch die Val dei Foxi zum Col santo vorlag. Durch den Verlust dieses Gipfels, den die Italiener kurz vorher durch Bataillone der Brigade Volturno besetzt hatten, sahen sich die Verteidiger der Befestigungen von Valmorbia und Mattassone im Rücken bedroht; sie zogen in der Nacht ab2).

Auf dem Grate der Zugna hatte indessen die Artillerie die Schanzen bei -<>-1515 zerschlagen, die von der 6. GbBrig. am späten Abend erstürmt wurden. Der äußerste rechte Flügel des VIII. Korps blieb auch am 19. unverändert. An seinem linken Flügel war die Eroberung des Borcolapasses im besten Gange. GM. Kroupa hatte in der Meinung, daß die C. Malingo südlich vom Mt. Maggio schon im Besitze der Kaiserjäger sei, das Bataillon 1/93 der ihm zuletzt zugewiesenen 12. Gb-

x) Schiarini, V offensiva austriaca nel Trentino (Rom 1929), 39.

2) In der Nähe dieser Ortschaften befanden sich unvollendet gelassene neuzeitliche österreichische Festungswerke, die die Italiener verwertet und umgebaut hatten.

Brig. von Serrada aus im Bereiche der 8. ID. vorrücken lassen, damit es, über die C. Malingo vorstoßend, dem Feind auf dem Borcolapasse die Flanke abgewinne und dem von der Tiefe des Terragnoloursprun-ges angesetzten Bataillon 11/92 der 10. GbBrig. den Angriff erleichtere1). Hinter dem Bataillon 11/92 rückte die Masse der 12. GbBrig. heran. Als es sich im Laufe des Tages erwies, daß die C. Malingo noch vom Feinde besetzt sei, wurde zwar der Angriff auf den 20. verschoben; dann aber gelang er dank der gründlichen Vorarbeit der Artillerie und der eingeleiteten Umfassung ohne ernste Verluste. Die Erfolge des VIII. Korps fanden auch in der Zahl der bis zum 19. abends eingebrachten Gefangenen und in der Beute Ausdruck. Das Korps meldete an Gefangenen: 83 Offiziere und 5955 Mann, an Beute: 46 Geschütze und 34 Maschinengewehre.

Ein Tag beglückender Siegesfreude wurde der 19. Mai für das

XX. Korps. Am Vorabend stellten sich die Truppen befehlsgemäß zum nächsten Angriff gegen die gewaltigen Stellungen bereit, die im Mt. Toraro, Mt. Campomolon und Mt. Melignone gipfelten. Mit Spannung blickte man dem neuen Tage entgegen. Da sah man im ersten Morgenlicht schwere Rauchwolken über dem Mt. Campomolon aufsteigen, und der dumpfe Schall großer Sprengungen tönte herüber. Patrouillen gingen vor. Um etwa 10h sah man sie auf den Höhen, die alle bisher eroberten noch um ein gutes Stück überragten, mit den kleinen gelben Fähnchen winken, zum Zeichen, daß die Artillerie nicht etwa auf sie schieße. Bald folgten ganze Bataillone nach, und zu Mittag war auch der Passo della Vena besetzt. Etwa drei italienische Bataillone, die die in der Nacht von ihren Kameraden verlassenen Stellungen auf diesem Passe und auf dem Mt. Campomolon wieder besetzen sollten, waren zu spät gekommen. Sie wurden zurückgeworfen. Am Nachmittag wurden auch der Mt. Toraro und die Sp. Tonezza besetzt. Damit war der Durchbruch des XX. Korps vollendet. In den eroberten Stellungen wurden viele verlassene und zum Teil gesprengte Geschütze vorgefunden. Diese mitinbegriffen, zählte man beim XX. Korps seit dem

15. Mai an Beute 27 schwere und 34 leichte Geschütze sowie 33 Maschinengewehre. Die Zahl der Gefangenen belief sich auf 164 Offiziere und 6637 Mann.

Der Heimat Söhne im Weltkrieg. Der 92er, Juniheft 1926.

'    Die    Neuordnung

der Heeresgruppe Erzherzog Eugen

Am 17. Mai hatte das Heeresgruppenkmdo. eine bedeutungsvolle Neuordnung getroffen. Es unterstellte das neuaufgestellte XXI. Korps dem GO. Dankl und spaltete vom linken Flügel der 11. Armee das

III. Korps ab, das vom 20. Mai mittags an dem 3. Armeekmdo. zu unterstehen hatte. Der Heeresleitung gegenüber begründete Erzherzog Eugen diesen Entschluß folgendermaßen: ,,Nach Beurteilung des 11. Armee-kmdos. wird sich in naher Zeit die Notwendigkeit ergeben, auf dem rechten Flügel, abgesehen von der 48. ID., eine weitere Division einzusetzen. Gründe: Bei weiterem Vordringen müssen immer mehr Teile des VIII. Korps zur Flankensicherung verwendet werden. Fallweise Zuführung frischer Kräfte an diesen Flügel wird erforderlich, um bei den andauernden Kämpfen... im schwierigen Gelände einzelnen Kampfgruppen vorübergehend Erholung gewähren und trotzdem das Vordringen im Fluß erhalten zu können. Für diese Aufgabe ist eine vollwertige Gebirgsdivision erwünscht. Da das 11. Armeekmdo. nur über die 6. ID. verfügt, wurde, um obiger Forderung zu entsprechen, und gleichzeitig die Kriegsverbände nicht zu zerreißen, das ganze

XXI. Korps dem 11. Armeekmdo. unterstellt. Es erreicht heute [18./5.] Aldeno, Matarello, Trient. Durch diese Maßnahme ist der Wunsch dringend geworden, die bisherige Gliederung der Heeresgruppe mit zwei Armeekmdos. hintereinander, die bei längerer Beibehaltung zu einem allmählichen Aufzehren der 3. Armee durch die 11. Armee führen müßte, aufzugeben und durch Verwendung beider Armeekmdos. nebeneinander eine dauernde Grundlage der taktischen und materiellen Befehlsverhältnisse für den Verlauf der Operation zu schaffen. Dementsprechend wurde das Asticotal als neue Armeebereichsgrenze festgesetzt. Sie tritt am 20. Mai in Kraft: 11. Armee westlich des Astico besteht sodann aus VIII. Korps (samt 48. ID.), XX. Korps und XXI. Korps; 3. Armee östlich des Astico aus III. Korps (samt 6. ID.), XVII. Korps (hält weiterhin Valsuganaabschnitt) und I. Korps. Verfügung über letzteres hat sich die Heeresgruppe noch Vorbehalten. 3. Armeekmdo. gelangt am 19. Mai nach Trient. Für die Orientierung des 3. Armeekmdos. im Abschnitte des III. Korps, Zusammenwirken der beiden großen Artilleriegruppen beiderseits des Astico, dann für Angriffsbeginn beim III. Korps je nach taktischer Lage, unbeeinflußt durch

bevorstehenden Wechsel seiner Armeezugehörigkeit, wurde vorgesorgt“1).    0

Die k.u.k. Heeresleitung widersprach diesen Verfügungen nicht. In ihrer Antwort vom 19. bemerkte sie lediglich, daß es insbesondere in den Vorsorgen für das Zusammenwirken der beiden großen Artilleriegruppen und im Zurückhalten des I. Korps zur Verfügung der Heeresgruppe die Gewähr für die Fortführung der Operationen im Geiste der seinerzeit von Teschen gegebenen „ersten Direktiven“ erblicke. Zugleich teilte sie mit, daß sie hoffe, zur weiteren Kräftigung des „entscheidungsuchenden Stoßes“ der Heeresgruppe noch eine Division zuschieben zu können.

Der Verlauf der ersten Kämpfe hatte nicht Grund zu der besprochenen Neuordnung gegeben. In dieser reiften vielmehr ältere, schon vor dem 15. Mai gehegte Absichten zum Entschlüsse aus. Der unmittelbare Anlaß ergab sich aus dem wiederholten Wunsche, den rechten Flügel der Heeresgruppe zu kräftigem Vorwärtsgehen zu befähigen.

Gleich nach erfolgter Zuteilung des XXI. Korps verfügte das

11. Armeekmdo. am 18. Mai, daß die 44. SchD. dieses Korps als Armeereserve auszuscheiden sei. An ihrer Stelle hatte die 48. ID. in den Verband des XXI. Korps zu treten, was jedoch erst nach der Eroberung der Coni Zugna geschehen sollte. Darnach sollte der Verrückungsraum des VIII. Korps (57. und 59. ID.) durch den Trt. Leno di Vallarsa, durch die Val di Frenche und von da durch eine Linie zum Mt. Bafe-lant von jenem des XXI. Korps (48. ID. und KSchD.) getrennt werden x).

Tags darauf, am 19. Mai, gab das 11. Armeekmdo. allgemein, auch dem XX. Korps, den Befehl, daß nach Erreichen der Linie Cm. Posta— Piano della Fugazza—Borcolapaß—Mt. Maggio—Tonezzaplatte, der Angriff gegen die dritte Befestigungszone vorzubereiten sein werde. Aus diesem Befehlsschreiben, das auf die wirkliche Lage vom 19. morgens jedoch noch nicht Bezug nahm, kann man rückschauend erkennen, daß die Durchführung der Kriegshandlung von allem Anfang an in zwei Phasen geplant war. In einer ersten Phase gedachte das 11. Armeekmdo. den linken - Armeeflügel, das ihm damals noch unterstandene

*) Mehrere Fachschriftsteller haben zu dieser Neuordnung der Heeresgruppe Stellung genommen. So auch der ehemalige Generalstabschef der 11. Armee, FML. Pichler (Der Krieg in Tirol 1915/1916, 117). Er ist der Meinung, daß durch Teilung der Angriffsfront „die Führung der vordersten Korps auf den Hochflächen und deren Zusammenwirken in drei Hände gelegt wurde“ und dadurch die an und für sich schwierige Einheitlichkeit der Kriegshandlung beiderseits des Asticotales leiden mußte.

III. Korps anfänglich stehen zu lassen, die Mitte, das XX. Korps, nach erfolgtem Durchbruch etwa in der Linie Tonezza—Mt. Majo anzuhalten und den rechten Flügel, das verstärkte VIII. Korps, bis über den Borcolapaß und über den Piano della Fugazza vorzuführen. Der weit auf schwenkende rechte Flügel sollte sich im Vorwärtsgehen zugleich auf dem langhingestreckten Zugnarücken bis hinauf zur Cm. Levante und Cm. Posta in der Flanke fortlaufend sichern. In der zweiten Phase wollte das 11. Armeekmdo., dem nun das III. Korps nicht mehr unterstand, nach einem neuen Aufmarsch der schweren Artillerie, den Angriff gegen die italienische dritte Befestigungszone: Mt. Civillina— Mt. Enna—Mt. Novegno—Mt. Cimone—Casa Ratti durchführen. In einer dem Befehlschreiben beigefügten Karte war die in der ersten Phase zu erreichende und flüchtig zu befestigende Linie sowie die beabsichtigte Aufstellung der schweren Artillerie eingezeichnet. Sie sollte vor allem mit zwei Gruppen am Piano della Fugazza, mit einer vorwärts des Borcolapasses und mit zweien in der Gegend des Mt. Torraro und der Sp. Tonezza aufmarschieren (Beilage 12). Die erforderlichen Wegherstellungen waren mit größter Beschleunigung durchzuführen; die Zeit des Artillerieaufmarsches sollte zum allmählichen Vorschieben der Infanterie an die feindlichen Stellungen ausgenützt" werden.

Der wesentliche Inhalt dieses Planes für die Fortsetzung der Offensive wurde dem Heeresgruppenkmdo. gemeldet. Als der schriftliche Bericht am 19. Mai abends in Bozen eintraf, lagen schon Meldungen vor, die ersehen ließen, daß der starke rechte Armeeflügel noch recht weit entfernt von seinem Ziele war, während die Mitte im großen ganzen das ihre erreicht hatte, und der linke Flügel früher als angenommen in Bewegung gekommen war. So begann die Angriffsfront von selbst, entgegen der ursprünglichen Absicht des 11. Armeekmdos., zu schwenken. Von diesem Zeitpunkt an waren es die Ereignisse an der Front, die von der höheren Führung Anpassung und folgerichtige Entschlüsse verlangten. Seit der Teilung der Front oblag diese Aufgabe vor allem dem Heeresgruppenkommando.

Sogleich antwortete dieses Kmdo. dem GO. Dankl, der vorgelegte Plan sei „durch die Ereignisse der letzten 24 Stunden wohl überholt“. Die sichtlichen Anzeichen eines Zusammenbruches beim Feinde ließen erwarten, daß seine Widerstandskraft schon sehr erschüttert sei. Die Durchführung des geplanten Artillerieaufmarsches sehe unter anderem die Benützbarkeit der Straße über den Piano della Fugazza und einen entsprechenden Raumgewinn in dieser Richtung voraus, womit ermöglicht werden sollte, zwei starke Artilleriegruppen östlich des genannten Passes aufstellen zu können. Demgegenüber weise das Heeresgruppenkmdo. darauf hin, daß ,,in der jetzigen Kampflage ein zu systematisches Verhalten, welches günstige Gelegenheiten zu raschen und jetzt vielleicht noch leicht zu erringenden Erfolgen versäumt, ebenso schädlich sein könne, wie ein leichtsinniges Vorwärtsstürmen“. Dieser durch den Nachsatz allerdings gleich wieder eingeschränkten Aufmunterung folgte die Weisung, die nächste Aufgabe des XX. Korps sei nunmehr, die Tonezzaplatte in Besitz zu nehmen und von dort durch flankierendes Feuer das Vordringen des III. Korps bis an die Assaschlucht und dann auch über diese hinaus zu unterstützen. Außerdem hieß es: „Aus dem gleichen Raume wird auch schon die Bekämpfung der Befestigungen westlich Arsiero und auf dem Mt. Novegno möglich sein. Der rechte Flügel des XX. Korps wird durch sein weiteres Vorgehen das Vordringen des VIII. Korps über den Borcolapaß wesentlich beschleunigen können. Nach dessen Besitznahme kann eine weitere schwere Artilleriegruppe gegen Arsiero, Mt. Novegno in Stellung gebracht werden, die auch Mt. Enna niederhält.“

Das Heeresgruppenkmdo. sah sich also durch die Ereignisse der letzten 24 Stunden wohl angeregt zu rascherem Handeln, fand es aber gleich dem 11. Armeekmdo. für notwendig, daß ein gewaltsamer Angriff gegen die Sperrfront Agno—Posina durch den Vorwärtsaufmarsch der schweren Artillerie eingeleitet werde. Eine Möglichkeit zur Abkürzung dieses langwierigen Verfahrens schien ihm einzig und allein dadurch gegeben zu sein, daß „bei initiativem Vorgehen der Korps und wechselseitiger Unterstützung“, der Durchbruch durch die genannte Sperrfront selbst dann gelingen könnte, „wenn die Cm. Posta und das Leogratal noch in der Hand des Feindes sind“. Das 11. Armeekmdo. konnte in seiner Antwort vom 20. Mai dartun, „daß die Besitznahme des Tonezzaplateaus selbstverständlich als erstes Operationsziel bereits vor Beginn der Operation anbefohlen war“, und daß das XX. Korps von allem Anfang an den Befehl gehabt habe, „das VIII. Korps durch ein Vorgehen über Mt. Maggio gegen den Borcolapaß zu unterstützen“. Es bemerkte weiters, „daß ganz in den Intentionen des Heeresgruppenkmdos. vorgegangen werde“, und daß die in der Kartenbeilage eingezeichnete Artilleriegruppierung keineswegs einen starren Plan darstelle, der vollständig ausgeführt sein müsse, ehe man zum Angriff auf die feindliche dritte Linie schreiten wolle. Das Armeekmdo. werde vielmehr „den Zeitpunkt des Angriffes wahrnehmen und befehlen“.

Auf dieses Schreiben notierte der Generalstabschef des Heeres-gruppenkmdos.: „Antwort nicht nötig, da ja das Armeekmdo. selbst einsieht, daß der Plan nicht zur Durchführung kommen werde“. Das Heeresgruppenkmdo. wandte seine Aufmerksamkeit im erhöhten Maße der 3. Armee zu.

Das Ablenkungsunternehmen des XVII. Korps

In dem Augenblicke, als die Offensive der 11. Armee begann, stand von der 3. Armee bloß das XVII. Korps im Suganatal in Berührung mit dem Feinde. Nördlich der Brenta hielt die 18. ID. mit fünf Bataillonen der 13. GbBrig. die Stellungen auf dem Collorücken und bei dem Gehöft Glockenturm sowie mit drei Bataillonen der

1. GbBrig. und den Oberösterreichischen Freiwilligen jene auf den Berghängen westlich von Roncegno. Vor Marter über das Brentatal hinweg, hinauf zum Mt. Carbonile, dann die Sella sperrend und den rechten Flügel an die Wand der Vezzenahochfläche lehnend, dehnte sich die 181. IBrig. aus. Sie bestand aus zwei Landsturmbataillonen und den Infanteriebataillonen 1/51 und 1/102 der 18. ID. sowie aus dem Bataillon IV/24 der 8. GbBrig., die am 11. Mai bei Pergine eingetroffen war. Die 2. GbBrig. befand sich bei Cavalese im Fassatal und hatte ein Bataillon mit ihren Batterien ins Cadintal vorgeschoben.

Die beiden letztgenannten Gebirgsbrigaden waren vom Heeresgruppenkmdo. in der zweiten Maiwoche deshalb in die angegebenen Räume gewiesen worden, weil man erfahren hatte, daß sich der Feind gegenüber dem XVII. Korps verstärke. Man wußte aber nicht, daß die Italiener in den gut ausgebauten Stellungen auf dem Armen-terrarücken, bei Roncegno, auf dem Mt. Collo und auf dem Salubio nur einen „ersten Widerstand“ leisten wollten, und daß sie die Hauptkräfte sowie die Masse ihrer Artillerie in die Hauptstellung östlich von Borgo zurückgeführt hatten (S. 223).

Dem XVII. Korps war schon am 11. Mai der Befehl gegeben worden, während des Angriffes der 11. Armee die feindlichen Kräfte im Suganatal zu binden. Zu diesem Zwecke war vom Mt. Collo aus ein örtlich begrenzter Angriff in Aussicht zu nehmen, wobei jedoch nach Gewinnung der ersten feindlichen Stellung eine Verfolgung nicht stattfinden sollte. Gleichzeitig hatte die 181. IBrig., vor allem durch Artilleriefeuer, das Bevorstehen eines Angriffes gegen die Sella vorzutäuschen. Ergab sich aus dieser Artilleriewirkung die Möglichkeit, die Infanterielinie ohne schweren Kampf vorzuschieben, so war dies auszunützen (Beilagen 9 und 14).

Am 15. Mai mittags eröffneten die Batterien des XVII. Korps und jene der Artilleriegruppe Obstlt. Johann Schmidt das Feuer. Mit abwechselnder Stärke donnerten die Geschütze bis zum Abend. Dann gingen zwei Bataillone der 13. GbBrig. vom Mt. Collo und auf dessen südlichen Ausläufern vor. In der Dunkelheit der Nacht, im Gewirr der Hindernisse und im aufblitzenden Feuer der ausharrenden Italiener gerieten die Angreifer in Unordnung. Nur an einer Stelle wurde ein Grabenstück erobert; es ging aber bald wieder verloren. Als die beiden angreifenden Bataillone noch vor Morgengrauen in die Ausgangsstellung zurückkehrten, fehlten etwa 400 Mann, von denen — wie es sich später herausstellte — mehr als die Hälfte in Gefangenschaft geraten war.

Völlig anders verlief das Unternehmen gegen die Sella. Hier, wo kein richtiger Angriff beabsichtigt war, stießen auf die erste sich bietende Gelegenheit Infanteriegruppen aus eigenem Entschlüsse vor, und am 16. morgens konnte Oberst Zechbauer, der an Stelle des erkrankten GM. Kindl vorübergehend die 181. IBrig. befehligte, melden, daß nicht nur sein rechter Flügel bis zur Höhe -4- 1691 vorgedrungen war, sondern daß das von Silvestro aufgestiegene Bataillon IV/24 sich wider Erwarten eines Teiles des Armenterrarückens bemächtigt hatte. Die überraschten Italiener setzten gegen dieses tapfere galizische Bataillon, zu dem sich zwei Landsturmkompagnien gesellten, am 16. und 17. mit seltener Ausdauer immer wieder Gegenangriffe an, um die Umfassung unwirksam zu machen. Aber es gelang ihnen nicht. Kühn und geschickt dehnten sich die Eroberer immer weiter gegen den Sasso alto hin aus. In demselben Maße wich der Feind in der Sella schrittweise zurück. Am 18. ging auf Befehl des Korpskmdos. die 181. IBrig., der noch ein Bataillon der 8. GbBrig. unterstellt wurde, zum Angriff über. Von drei Seiten bedrängt, versuchte der Feind — es waren Bataillone der Brigade Siena, — am Abend und in der Nacht sich durch mehrere Angriffe gegen die Armenterragruppe Luft zu machen. Schließlich gab er den Kampf auf und räumte das Gefechtsfeld. Am nächsten Morgen erblickten die Truppen die ihnen wohlbekannten, in Polen und Galizien so oft gesehenen Feuerzeichen des Rückzuges hinter dem Feinde aufflammen und nahmen auf den Straßen ostwärts Borgo „ganze Völkerwanderungen von Menschen und Fuhrwerken“ wahr. Da drängte jedermann vorwärts zur Verfolgung. Oberst Zechbauer, der jetzt schon ein drittes Bataillon der 8. GbBrig. bei sich hatte, setzte alle Truppen in Bewegung.

Am Abend erreichten Vorpatrouillen Albirba im Maggiotal und Roa an der Brenta. Detachements der 1. GbBrig. besetzten Roncegno, während vor der 13. GbBrig. der Feind noch standhielt. Das Korpskmdo. blieb nicht müßig und befahl dem Führer der 8. GbBrig., GM. Wossala, mit den zwei ihm verbliebenen Bataillonen seiner Brigade aufzubrechen, der Gruppe Obst. Zechbauer zu folgen und die Führung zu übernehmen. So war am 19. abends die ganze 8. GbBrig. ins Suganatal ausgespielt. Indessen traf bald darauf der Befehl des 3. Armeekmdos. ein, daß, im Falle der Feind abziehe, die Verfolgung nur mit der 18. ID. und der 181. IBrig. durchzuführen sei. Die 8. und die 2. GbBrig. wären dann „für eine eventuelle Verwendung in anderem Raume bereitzustellen“, und zwar die 8. GbBrig. bei Levico oder östlich davon, die 2. GbBrig. bei Pergine.

Das kleine Unternehmen auf der Sella hatte somit unverhofft zu einem sehr beachtenswerten Erfolg geführt; ob aber die Absicht, den Feind zu täuschen, gelungen war, war nicht zu erkennen. Auf jeden Fall bot jedoch die Besitznahme der Sella und des Maggiotales Gelegenheit zu kleinen Unternehmungen gegen die Nordflanke der nun vom III. Korps auf der Hochfläche angegriffenen Italiener.

Die Gegenmaßnahmen der italienischen Führung

Die im April durch den Vorstoß der k.u.k. 18. ID. in der Val Sugana bei der italienischen Führung hervorgerufene Unruhe, hatte sich nach einiger Zeit, als der Angriff des Gegners nicht fortgesetzt wurde, wieder gelegt. Dennoch hielt man eine gegnerische Offensive weiterhin für wahrscheinlich. Die italienische Heeresleitung blieb aber dauernd im Zweifel, wo der Hauptangriff stattfinden werde. Auf jeden Fall schienen die an der Südtirolerfront getroffenen Abwehrmaßnahmen hinreichend zu sein. Gestützt auf die fortgesetzt verbesserten Befestigungen *) mochte die 1. Armee mit Hilfe der ihr zuletzt gegebenen Verstärkungen (S. 201 und 231) zumindestens solange Widerstand leisten zu können, bis ihr neue Kräfte zugeführt werden konnten. In dieser Überlegung beließ Cadorna die Heeresreserven im Raume östlich des Tagliamento und behielt sich das Verfügungsrecht über die 27. ID. bei Codroipo, über die 44. ID. bei Desenzano und über die Brigade Sicilia bei Brescia wieder vor.

1) Das italienische Befestigungssystem ist im Abschnitt „Die Gegenmaßnahmen der Italiener“ (S. 197) beschrieben; in den Beilagen 9 und 13 ist es graphisch dargestellt. Die Beilage 11 bringt ein typisches Panzerwerk und eine Talsperre im Lichtbild.

IV    18

Das 1. Armeekmdo. hinwieder glaubte aus den Aprilkämpfen im Suganatal folgern zu können, daß vor allem aus diesem Tale Gefahr drohe. Es beließ daher die Ende April dorthin verlegte halbe 10. ID. seiner Armeereserve bei Primolano. Die Truppenverteilung im Raume zwischen Gardasee und dem Cismonflusse zeigte also am 15. Mai eine Anhäufung von Kräften im Gebiete der Val Sugana, gerade dort, wo kein ernster Angriff erfolgte. Es standen im Abschnitte Gardasee— Vallarsa die 37. ID. mit 18 Bataillonen, im Gebiet des Col santo die Gruppe Agno-Posina mit 9 Bataillonen, gegenüber dem k.u.k. XX. Korps die 35. ID. mit 15 Bataillonen, vor dem k.u.k. III. Korps die 34. ID. mit 20 Bataillonen, während im Suganatal und im nördlichen Anlande das XVIII. Korpskmdo. über 37 Bataillone verfügte. Als Armeereserven standen 28 Bataillone bereit, und zwar die 9. ID. im Raume Schio— Thiene, eine Alpinigruppe zu 10 Bataillonen und 6 Gebirgsbatterien westlich von Bassano und die Brigade Volturno der 10. ID. in Bassano.

Auf die ersten alarmierenden Meldungen kam Gen. Cadorna am

16. Mai nach Thiene. Der Führer der 1. Armee, GLt. Pecori-Giraldi (S. 231), im Glauben befangen, daß ein Hauptstoß in der Val Sugana erfolgen werde, ließ sich durch den Scheinangriff des XVII. Korps wirklich täuschen und sandte die Brigade Volturno nach Primolano. Alsbald sah er sich genötigt, die Masse der 9. ID. zur Stützung der 35. einzusetzen. Einige Bataillone eilten in die Vallarsa, doch kamen sie zu spät, um die Niederlage der Brigade Roma abwenden zu können (S. 264). Am 18. verfügte das 1. Armeekmdo. nur mehr über etwa 6 Alpinibataillone als Reserve, als ihm die Meldung vom Verluste des Col santo zukam. Da rief es die Brigade Volturno, wahrscheinlich auch in der Erkenntnis seines früheren Irrtumes, von Primolano zurück und ließ sie mit Kraftwagen auf den Paß Piano della Fugazza fahren, wo sie gerade noch zurecht kam, um in weiterer Folge ungesäumt den Pasubio zu besetzen, der schon verloren zu sein schien. Am 19. warf das Armeekmdo. seine letzte Reserve, die schon genannten Alpinibataillone, dem k.u.k.

XX. Korps entgegen. Erst zu dieser Zeit trafen die Brigade Sicilia und Teile der 44. ID. bei Ala und die Masse der 27. ID. bei Vicenza im Bahntransport ein. Diese Heereskörper hatte die Heeresleitung schon am 16. zur Verfügung gestellt. Bald darauf hatte sie auch die Überführung der ganzen Heeresreserve (XIV. und X. Korps) vom Taglia-mento zur 1. Armee angeordnet. Doch all diese Kräfte kamen zu spät.

Mit Bestürzung sah man den letzten großen Damm Mt. Campomolon—Mt. Toraro zusammenbrechen. Gegen die Wucht des übermächtigen Artilleriefeuers schien jeder Widerstand vergeblich zu sein. „Es war nun dem Gegner möglich, seine an Zahl und Wirkung überaus überlegenen Geschütze gegen die Verteidigung der Hochflächen von Asiago zu richten, weshalb man befürchten mußte, daß auch diese Stellungen alsbald verloren gehen würden1).“ Also eilte Cadorna am 20. Mai nach Udine zurück und berief die Führer der 2. und der 3. Armee zu sich. Er legte ihnen dar, daß mit der Möglichkeit eines Einbruches des Gegners in die vicentinische Ebene gerechnet werden müsse. Es sei daher notwendig, alle Vorkehrungen für einen Rückzug vom Isonzo zu überlegen und zunächst mit aller Beschleunigung eine Armee in der Ebene gegenüber den Ausgängen der Täler aus den Lessinischen Alpen zusammenzuziehen. Nach seinem Dafürhalten könnten die Österreicher mit etwa sechs oder acht Divisionen in das Flachland vorbrechen. Demgegenüber müsse die neuzuformierende 5. Armee (S. 152) aus wenigstens zehn Divisionen zusammengesetzt sein und derart aufgestellt werden, daß sie in jeder Richtung rasch und leicht bewegt werden könne. Mit Befehl vom 21. Mai bestimmte die Heeresleitung als deren Versammlungsraum das Dreieck Vicenza—Padua—Citadella und ordnete an, daß sogleich vier Brücken über die untere Brenta gebaut werden sollten. Den Aufmarsch hatte eine Kavalleriedivision in der Linie Bassano— Breganze zu decken (vgl. Beilagen 6 und 16).

Auf die Frage, warum die Heeresleitung daran dachte, die 5. Armee weit zurück in der Ebene zu versammeln, statt die Kräfte zur Unterstützung der 1. Armee auf die Hochflächen zu senden, gibt Marschall Cadorna selbst Antwort2). Er wendet sich vor allem entschieden gegen die ihm von mancher Seite zugesprochene Absicht, daß er den Gegner ungehindert in die Ebene herabsteigen lassen wollte, um ihn dort zu schlagen. Diese Meinung sei irrig. Seine Überlegungen seien andere gewesen. Die 5. Armee konnte erst am 5. Juni versammelt sein. Hätte man die einzelnen Teile, so wie sie ankamen, in die Schlacht geworfen, so wäre eine neue Niederlage in den Bergen angesichts der starken Überlegenheit der Artillerie des Gegners nicht ausgeschlossen gewesen. Diese hätte in der Folge zu einer vollständigen Katastrophe geführt. Man durfte nicht alles auf eine Karte setzen. Die 1. Armee hatte Kräfte genug, um die Hochflächen zu halten; wurde sie aber geschlagen, so blieb nichts anderes übrig, als der Rückzug aller in Ostvenetien stehenden Armeen zunächst an den Piave und dann wenigstens an den Bac-

x) Cadorna, La guerra, I, 215.

2) Ebenda. I, 219 f.

chilione. Da aber dieser Rückzug 10 bis 12 Tage dauern mochte, mußte die 5. Armee bereit sein, den Gegner über diese Zeit hinweg aufzuhalten. Deshalb wurde auch zugleich mit den Befehlen für die Bildung der Armee angeordnet, daß der Bau neuer Verteidigungsstellungen in mehreren Linien sowohl an den Rändern des Gebirges, als auch weiter hinten in der Ebene begonnen werde. Unter anderem wurde auch die Befestigung der Stadt Treviso in Angriff genommen.

Zur Bildung der 5. Armee wurde am 23. Mai auch die Rückberufung der 43. ID. aus Albanien und die Heimkehr einer Division aus Libyen verfügt. Diese Anordnungen vermehrten die Bestürzung im Hinterlande. Der Ministerpräsident drahtete dem Gen. Cadorna, er möge zu einem Ministerrat kommen, zu dem auch die vier Armeekommandanten sowie GLt. nob. Porro zu berufen seien. Cadorna lehnte jedoch diese Aufforderung ab.

Indessen eilte vom 19. Mai an das XIV. Korps zu Fuß, mit Kraftwagen und mit der Bahn westwärts, um auf die Hochfläche der Sieben Gemeinden zu gelangen, wo GLt. Lequio, der bisherige Befehlshaber der Karnischen Gruppe, am 21. Mai die Führung über sämtliche Truppen auf der Hochfläche zu übernehmen und die dortige Verteidigung einheitlich zu leiten hatte. Zugleich wurden die Brigade Etna von der Kärntnerfront, fünf Radfahrbataillone von der 3. Armee sowie einige Alpinibataillone von verschiedenen Abschnitten an die bedrohte Front in Marsch gesetzt.

In ihrer Bedrängnis hielt die italienische Heeresleitung auch Ausschau um Hilfe von außen. Von den Westmächten war nicht viel zu erhoffen, da sie nicht unmittelbar gegen Österreich-Ungarn wirken konnten. Auch stand das französische Heer noch immer bei Verdun im Zermürbungskampf, der alle verfügbaren Kräfte verschlang. Italien wandte sich daher an Rußland. Die vom 19. Mai an mehrfach gestellten Ansuchen um Entlastungsangriffe *) veranlaßten — wie später noch eingehend dargestellt werden wird — die Stawka, die Vorbereitungen für die im Sinne der dritten Konferenz zu Chantilly zu unternehmende Offensive (S. 238 f.) zu beschleunigen. Auch sah sich der Chef des Generalstabes, Gen. Alexejew, bestimmt, den Beginn der Offensive an der russischen Südwestfront schon für Anfang Juni anzuberaumen2). Bis dahin mußte sich Italien allerdings noch weiter aus eigener Kraft behelfen.

x) Klembowski, 31.

2) Zajontschkowskij, 16.

Der Durchbruchsangriff des III. K o r p s Hiezu Beilagen 11, 13 und 15

Die Vernichtung der italienischen 34. Division

Am 19. Mai kurz nach Mittag erhielt das III. Korpskmdo. vom

II.    Armeekmdo. den Befehl, alle Vorbereitungen für die Durchführung des Angriffes am 21. Mai zu treffen. Bis dahin sei das XX. Korps weiter artilleristisch zu unterstützen. Fast zur selben Stunde wurden beim

III.    Korps aus einem Telephongespräch, das ein italienischer Hauptmann auf dem Hocheck führte, folgende Sätze vernommen: „Neugruppierung im Raume Arsiero—Posina. Die Neugruppierung in der Val Tor-ra wird zugleich durchgeführt werden. Trachten Sie, alles wegzutragen, weil wir heute abends nicht mehr hier sind!“ Dies deutete auf eine Räumung der Lusernaplatte hin. Die Fortschritte des XVII. Korps in der Sella sowie eine allerdings sehr irrige Fliegermeldung, auf der Porta di Manazzo stehe keine Artillerie mehr, ließen es aber auch möglich erscheinen, daß der Feind vor dem ganzen III. Korps abziehen würde.

FML. Krautwald rief nach rasch eingeholter Zustimmung des

11. Armeekmdos. sofort seine Truppen auf. Schon hatte der Korpsartillerieführer, Obst. Janečka, den Befehl zur Eröffnung des Zerstörungsfeuers gegeben1). Die Mehrzahl der Bataillone befand sich augenblicklich noch im gewollten Abstand von der unter feindlichem Feuer stehenden Front. Sie mußten angesichts des Feindes und seiner Artillerie, die übrigens bis Mittag merkwürdig ruhig blieb, mit Vorsicht in die Angriffsräume vorgeführt werden. Hiezu befahl das Korpskmdo.: „Obst. Kliemann beginnt nach Weisungen der 28. ID. mit dem Bataillon 1/47, dem FJB. 7 und den heranzuführenden ,Siebenundvierzigern‘ spätestens 7h nachm. den Angriff gegen die Linie Principi—Hocheck. Gleichzeitig senden die Divisionen starke Detachements auf der ganzen Front vor. Finden diese die Stellungen nur mehr schwach besetzt oder konstatieren sie in der Nacht das Abziehen des Feindes, so ist der Angriff mit den zur Verfügung stehenden Kräften [es waren vier Bataillone der 22. SchD. und fünf Bataillone der 28. ID.] sogleich anzusetzen. Andernfalls stellen sich die Divisionen zum Angriff am 20. Mai, 6h morgens bereit, den die

1) Dem Obersten Joseph Janečka des Artilleriestabes wurde in Anerkennung seiner Tätigkeit als Artillerieführer in dieser Schlacht sowie in der 10. Isonzoschlacht 1917 das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen.

Artillerie um 5h früh einzuleiten hat. Die Levespitze ist durch Überfall zu nehmen.“

Alsbald stellte man fest, daß die Costesinstellungen wie auch jene auf dem Marcairücken bis zur Levespitze hinauf unverändert stark besetzt waren. Bei jedem Annäherungsversuche zeigte der Feind, auch am Abend und in der Nacht, daß er nicht willens sei, seine Gräben aufzugeben. Es mußte hier zum Kampfe kommen. Die Stellungen auf der Lusernaplatte hingegen räumte er. Bereits um 3h nachm. drangen Patrouillen des IR. 47 in die Gräben ein und brachten Gefangene sowie ein Maschinengewehr ein. Das wirkungsvolle Artilleriefeuer beschleunigte den Abzug der Italiener. Nachhuten deckten ihn.

Um 8h abends erhielt Obst. Kliemann den Befehl, das Aufschließen seiner Gruppe nicht abzuwarten, sondern den Angriff mit den augenblicklich verfügbaren Kräften, Bataillon 1/47 und FJB. 7, sofort zu beginnen. Eine Jägerabteilung erreichte alsbald die Höhe Hocheck. In der Nacht wurde schließlich die ganze Lusernaplatte ohne nennenswerte Kämpfe besetzt1). Die Schlucht der Val Torra ließ ein weiteres Vorgehen ostwärts nicht zu. Der Feind hatte es gar nicht nötig, den Steilrand jenseits derselben zu besetzen. Mit der Torraschlucht in der Südflanke, dem Steilhang zum Suganatal im Norden, bildete die nur 5 km breite Abwehrfront der verstärkten italienischen 34. ID. eine nicht umgehbare und nicht umfaßbare Sperrstellung. Sie zu durchbrechen, war die erste Aufgabe des III. Korps. Gelang ihm dies, dann harrte seiner eine vielleicht noch härtere, die Zerstörung des ebenfalls beiderseits von Natur aus geschützten, zwischen den Panzerwerken Verena und Campolongo errichteten, schier unüberwindlichen Schrankens und zugleich die schwierige Besitznahme des scharfzackigen Kempeirückens.

Zur Lösung der ersten Aufgabe stand das Korps am 20. früh bereit. Der 22. SchD. war der Angriffsraum zwischen dem Gefällsbruch zum Suganatal und einer Linie 500 Schritte südlich von Vezzena—Mga. Erate—Mga. Lungolaita gegeben. Er schloß die Val d’Assastraße ein. Südlich dieses Angriffsraumes sollte die 28. ID. vorgehen. Mit besonderem Bedacht war bestimmt worden, daß die Truppen die Hauptstellungen von Marcai und Costesin nach ihrer Gewinnung rasch hinter sich bringen sollten, um der Wirkung des auf diese Linie zu gewärtigenden starken feindlichen Artilleriefeuers zu entgehen. Als Ziel galt der Abschnitt Cosť alta—Costarücken—Mga. Campo Rosato—Bosco di Poselaro. Nach Erfüllung ihrer ersten Kampfhandlung hatten die Feldartillerie-

x) V o g e 1 s a n g, 403 ff.

brigaden wieder unter den unmittelbaren Befehl ihrer Divisionen zu treten, denen dann überdies je drei Gebirgsbatterien unterstehen sollten.

Mit voller Zuversicht sahen FML. Krautwald und sein Generalstabschef, Obstlt. Freih. v. Karg, vom Mt. Rover aus dem in allen Stücken wohl vorbereiteten Kampf entgegen.

Bei klarem Wetter setzte pünktlich die gesamte Artillerie das am Vortage begonnene Zerstörungswerk mit erhöhter Kraft fort. Jene des

XX. Korps konnte nicht mittun, denn es war ihr nicht möglich, über die eroberten feindlichen Gräben hinweg weittragende Geschütze vorzubringen. Wohl aber griff die im Bereiche des XVII. Korps stehende Artilleriegruppe Obstlt. Schmidt ein. Insgesamt 218 leichte, 87 schwere und 28 schwerste Geschütze schleuderten ihren Eisenhagel auf die feindlichen Stellungen. Die Infanterie sollte um 6h früh vorbrechen; doch gab es Verzögerungen.

Die Italiener waren auf den Angriff gefaßt. Ihre Artillerie, die noch in den letzten Tagen neuerlich vermehrt worden war, legte den starken Stellungen und Drahthindernissen kräftiges Sperrfeuer vor. Besonders die in den Hochwäldern Bosco di Poselaro und Mga. Campo Rosato gut verborgenen Batterien, denen man trotz fleißiger Fliegerbeobachtung nicht viel anzuhaben vermochte, machten sich von der Flanke her sehr empfindlich fühlbar; auch die schon einmal totgesagten Geschütze bei Porta di Manazzo erhoben wieder ihre Stimme.

Vom Werk Verle aus, wo GM. Edl. v. Kochanowski, der Führer der 22. SchD., mitten unter seinen Truppen weilte, konnte man den ganzen Angriffsraum der Division übersehen. Er war von links (Levespitze 1857 m) nach rechts (Vezzena 1400m) abgedacht. Am linken Flügel bot das gegen den Feind zu allerorts stark ansteigende Gelände dem an sich rein frontalen Angriffe nicht weniger Schwierigkeiten als im südlichen Abschnitt; doch ein erster Erfolg hier konnte mit Vorteil erweitert werden. Deswegen war im Angriffsraum dieser Division das Schwergewicht auf den linken Flügel gelegt worden.

Der Angriffsstreifen der 28. ID. hatte sich dadurch, daß der Feind seit dem Vorabend die Stellungen diesseits der Val Torra aufgab, zunächst wesentlich eingeengt. Um so deutlicher trat jetzt die Bedeutung des Costesinriegels hervor, der gewissermaßen die schmale Brücke vom Vezzenaplateau zu dem ferneren Ziel der 28. ID., dem breiten Rücken, der den Mt. Verena und die Cima di Campolongo trägt, versperrte. Dies wohl erkennend, hatte FML. Schneider Edl. v. Manns-Au von Haus aus hier seine Hauptkraft, die 55. IBrig., Obst. Rada, mit dem IR. 96 links, dem IR. 87 rechts eingesetzt. Es gab keine andere Möglichkeit, als auch hier den Angriff frontal, mit brutaler Gewalt durchzuführen.

So nahmen die in erster Linie eingesetzten Regimenter des „Eisernen“ Korps in geschlossener Phalanx pflichtbewußt den blutigen Kampf auf.

Der erste Erfolg war am linken Flügel der 22. SchD., dem Grazer SchR. 3 beschieden, dessen 3. Bataillon in den ersten Tagesstunden, noch vor Beginn des allgemeinen Angriffes, die Levespitze eroberte und bei Gefangennahme einiger Dutzend Alpini auch zwei sehr gefährliche Kavernengeschütze erbeutete und unschädlich machte.

Bald darauf bemächtigten sich die Steirer Schützen und an ihrem rechten Flügel zwei Bataillone des Egerländer IR. 73 der oberen Marcaistellung x). Schon sah man hier Italiener flüchten. Doch sie rafften sich bald wieder auf und versuchten Gegenangriffe vom oberen Costarücken her. Der ganze Raum stand fortgesetzt unter schwerstem Feuer der beiderseitigen Artillerie, unter dem auch die Schützen auf der Levespitze sehr stark litten. Die 44. SchBrig., Obst. Ritt. v. Ellison, sollte dann durch Druck von Norden her den äußerst schwierigen Angriff der 18. IBrig., deren Führung Obst. Freih. v. Albori übernommen hatte, gegen die zentrale Marcaistellung erleichtern. Hier erstürmte das böhmische IR. 11 die Schanze bei 4-1548; es hielt aber vor einem mit zahlreichen Maschinengewehren bespickten Wäldchen an. Neuerlich mußte die Artillerie auf dieses Wäldchen loshämmern, bevor die Her nachmittags einzudringen vermochten. Achtenswert war dieser Erfolg. Aber er konnte an diesem Tage nicht ausgebaut werden, weil die gedachte Flankenwirkung der Gruppe Ellison, die weiterhin durch Gegenangriffe und heftiges Feuer vom Costarücken gebunden war, nicht zur vollen Geltung kam. Auch den 73 ern gelang es zunächst nur, zwei italienische Stützpunkte bei den oberen Marcaihütten zu bezwingen.

Bei der 28. ID. eroberten die Kroaten des IR. 96 ungeachtet starker Verluste im ersten Anlauf die betonierten Vorwerke auf der Höhe 4- 1506 südöstlich vom Gehöft Vezzena. Ihnen fielen zwei Geschütze, mehrere Maschinengewehre und viele Gefangene in die Hände. Schwer rangen sich die Südsteirer des IR. 87 durch die feindlichen Drahtzonen und Gräben. Auch hier spielte ein feuerspeiendes Wäldchen, das dem Costesinrücken vorlag, eine wichtige Rolle. Vergeblich brachte insbe-sonders das 3. Bataillon schwere Opfer. Erst nach neuerlicher artil-

Eine Teilschilderung der schweren Kämpfe des IR. 73 siehe in: Der Heimat Söhne im Weltkrieg, Der Egerländer, Novemberheft 1931.

leristischer Vorbereitung konnte um 5h nachm. die Besatzung des Gehölzes überwunden werden. Noch stand jedoch das Hauptwerk auf dem Costesin, eine wahre Festung, flankiert durch zahlreiche Batterien, die im Bosco di Poselaro aufgestellt waren. Jedes weitere Vorgehen bei Tag wäre hier nach Meldung des Führers der 55. IBrig., Obst. Rada, ein nicht zu rechtfertigendes Unternehmen gewesen. Daher setzte er erst am Abend die Brigadereserve ein, und rief neuerlich die ganze Brigade zum Angriff auf. Eintretender Nebel verschleierte die Kampfhandlung. Als die Nacht sich über das Schlachtfeld senkte, war der Costesinriegel noch nicht genommen, und ungewiß blieb es auch, ob der Feind vor der 22. SchD. den unteren Marcairücken noch behaupten wolle. Er hatte tagsüber mit Zähigkeit gekämpft und immer wieder Reserven vorgeführt.

Nach Mittag hatte man auf dem Campo Mandriolo viel feindliche Infanterie in lebhafter Bewegung gesehen. Die Ursache lag im Dunkel. Später stellte es sich heraus, daß ein seinerzeit auf Befehl des 11. Armeekmdos. zweckvoll bereitgestelltes Detachement kühner Tiroler Kaiserschützen auf einem vor Tagen erkundeten Pfade die Nordwand der Cosť alta erklommen hatte und auch bei der Porta di Manazzo aufgetaucht war, wodurch die Italiener in panischen Schrecken versetzt wurden. Am Abend kehrte das Detachement wieder in das Suganatal zurück1).

Den Eindruck, den das Korpskmdo. über den Kampf vom 20. Mai aus eigener Anschauung und durch Meldungen der Divisionäre gewonnen hatte, spiegelte sich in dessen Befehl für den kommenden Tag wieder. „Die Stellungen Costesin und Marcai sind, sobald sie genommen, zur Verteidigung einzurichten. Ein weiteres Vorrücken wird vorderhand nur für die 22. SchD. längs des Plateaurandes angezeigt sein. Die Aufklärung ist jedoch sogleich vorzutreiben. Sollte der Feind die Stellungen am Costesinrücken und bei Bosco di Poselaro nicht halten, so gelten die für den 20. gegebenen Ziele auch für den 21. Mai.“

Zugleich verkündete FML. Krautwald den tapferen Truppen an-

J) Pichler, 119. Die einem damals erstatteten Bericht der 181. IBrig. entnommene Angabe, daß hiebei vier schwere Geschütze erobert wurden, trifft nicht zu. — C a p e 1 1 o, 258. Hier wird dieses Ereignis vom 20. Mai mit dem um drei und vier Tage späteren Auftreten österreichischer Abteilungen bei der Porta Portule, bei der Cima Dodici und der Cima Dieci zu folgender Schilderung verschmolzen: „Die Österreicher ließen einige kühne Patrouillen vorgehen, die durch die Porta Manazzo in unserem Rücken erschienen. Der Eindruck auf die Unsrigen war außergewöhnlich groß. Sie glaubten sich vor der Rückzugslinie abgeschnitten. Der Rückzug wurde hastig und geriet natürlich in Unordnung.“ erkennende Worte des volkstümlichen Heeresgruppenführers Erzherzogs Eugen, der im Gefechtsraum des Korps dem Kampfe beigewohnt hatte.

Die Divisionäre hatten bereits über ihre Reserven verfügt. Bei der

22. SchD. waren zwei Bataillone des SchR. 26 dem Obst. Ellison, die nicht in den Kampf getretenen Teile des IR. 73 dem Obst. Albori unterstellt Avorden. Bei der 28. ID. kam das FJB. 11 an den rechten Flügel der Gruppe Obst. Rada, das selbständige Bataillon IV/SchR. 37 hinter die Divisionsmitte. Hingegen gab der Kommandant des IR. 47, Obst. Kliemann, dessen Gruppe tagsüber mit Maschinengewehren und Gebirgsbatterien die Gruppe Obst. Rada unterstützt, ansonsten aber nicht viel zu tun bekommen hatte, anderthalb Bataillone seines Regimentes als Korpsreserve ab. Das Korpskmdo., dem außerdem nur noch das FJB. 22 zur Verfügung stand, erbat sich vom 3. Armeekmdo. das Spitzenregiment (IR. 17) der 6. ID., das im Laufe des Tages über die Fricca-straße bis Casara vorgerückt war. Es wurde ihm zugewiesen.

Auch die Italiener führten neue Kräfte auf das Schlachtfeld. Flieger hatten das Herankommen von Infanterie und von Kraftwagenkolonnen aus Asiago gemeldet und gefangene Offiziere sprachen vom Anmarsch zweier Brigaden. Bisher waren über 2000 Gefangene eingebracht worden, die den Brigaden Salerno, Ivrea und Lambro sowie einem Alpini- und einem Finanzieribataillon angehörten.

In der unruhigen Nacht unternahm der Feind einen vergeblichen Versuch, die Levespitze zurückzugewinnen. Als der Tag graute, erkannte man, daß er sich allerorts zum neuen Kampfe stelle. Nun begann die 28. ID. als erste den Angriff. Um die Wirkung zu erhöhen, richtete die gesamte Artillerie des Korps Massenfeuer zunächst auf die Costesinwerke, vor denen zwei Bataillone des IR. 87 sowie das FJB. 24 und Kompagnien des FJB. 11, auf Sprungweite herangekommen, lauernd lagen. Gegen 9h vorm. sprangen sie, das Bataillon III/87 allen voran, mitten unter die überraschten Italiener hinein, die nach wildem Handgemenge, um weiterem Gemetzel zu entgehen, in Massen die Waffen streckten. Tatsächlich befanden sich unter der sehr großen Zahl von Gefangenen viele von der neu eingetroffenen, zur 30. ID. gehörenden Brigade Alessandria. Fliehende wurden von starken italienischen Reserven aufgenommen, die eben aus der Grenzschlucht gegen den Costesin-rücken aufstiegen. Mit furchtbarer Wirkung schlug unsere Artillerie in die Masse hinein. Alsbald rettete sich, wer noch konnte, in die Wälder. Ein großes Leichenfeld blieb zurück. Indessen legte die feindliche Artillerie heftiges Feuer auf die verlorenen Stellungen, so daß Teile des

IR. 96, die am linken Flügel der Angriffsgruppe in die Schanzen auf dem Nordende des Costesinrücken eingedrungen waren, sich unter Zurücklassung von Patrouillen zurückzogen. FML. Schneider-MannsAu sprach die Vermutung aus, daß die 28. ID. durch ihren Angriff in den Morgenstunden einem vom Feinde beabsichtigten sehr starken Gegenstoße zuvorgekommen sei. Es schien jetzt nicht ausgeschlossen zu sein, daß der Feind auch den Bosco di Poselaro räumen werde. Starke Aufklärungsabteilungen sollten dies feststellen.

Die 22. SchD. setzte erst gegen Mittag, nach Abweisung eines gegen ihren linken Flügel gerichteten Gegenangriffes, zum Vorstoß an. Auch hier zermürbte die Artillerie den Feind, der nach Verlust eines bestückten Blockhauses bei Marcai di sotto und wohl auch unter dem Eindrücke der Niederlage am Costesin zusehends an Halt verlor. Ein letzter kräftiger Feuerstoß um 2h nachm. trieb ihn zum Rückzuge. Rasch hintereinander wurden jetzt die Gräben überwunden, in denen sich viele entmutigte Italiener ergaben. Bald darauf erstiegen die Schützen den Nordteil des hinter der feindlichen Hauptstellung gelegenen, offenbar als zweite Linie befestigten Costarückens, den der Feind nicht mehr zu besetzen vermochte. Eine Abteilung erklomm die Cost’altaspitze (2050 m).

Bei der Porta di Manazzo und an der Straße vor der Mitte des III. Korps hielten sich noch am Abend feindliche Kräfte. Von der 28. ID. gingen starke Vorhuten in den Bosco di Poselaro vor, indes die Regimenter, die beim Kampf durcheinander geraten waren, geordnet wurden und in der eroberten Stellung nächtigten. Da die Grenadierbrigade angeblich im Antransporte war und die Flieger überdies meldeten, nachmittags starke Kolonnen auf der Straße Asiago—Osteria dei Ghertele erblickt zu haben, schien es nicht ausgeschlossen zu sein, daß der Feind am 22. Mai nochmals sein Glück versuchen werde. Dies und die Ruhebedürftigkeit der seit zwei Tagen im Kampf stehenden Truppen waren der Grund, daß das III. Korpskmdo. für den 22. Mai befahl, nur starke Nachrichtenabteilungen auszusenden und ansonsten die erreichte Linie festzuhalten.

Die Nacht verlief in voller Ruhe. Der neue Tag ließ bald erkennen, daß der Sieg an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Die Verfolgungsabteilungen der 28. ID. drangen weiter vor. Sie stießen auf keinen Widerstand. Neben großen Mengen zerstreuten Kriegsgerätes fanden sie viele verlassene Geschütze. FML. Schneider-Manns-Au wartete nicht länger zu und ließ, die Artillerie umgruppierend, nachmittags einige ausgeruhte Bataillone gegen die zweite feindliche Stellung vormarschieren. Da sahen Beobachter, wie sich auf der Krone des Panzerwerkes Verena einzelne Leute zeigten. Was kaum glaublich zu sein schien, fand Bestätigung: dieses moderne, wenn auch durch die schweren Bomben und Granaten arg zugerichtete Werk wie auch das auf dem Mt. Campolongo und alle Zwischenbauten waren vom Feinde verlassen und von den vorgeschickten Patrouillen besetzt worden.

Die Italiener hatten sich bei der mit anerkennenswerter Zähigkeit und unleugbarer Tapferkeit geführten Verteidigung der Marcai—Coste-sinstellung zu viel zugemutet. Der geradezu starrsinnige Entschluß, diese erste, wenn auch am stärksten befestigte Linie, koste es, was es wolle, zu behaupten, wurde ihr Verhängnis und führte zu ihrem vollständigen Zusammenbruch. Die Italiener waren nicht mehr imstande, die zweite Linie Verena—Campolongo auch nur zu besetzen. Ohne Halt flüchteten die dezimierten Brigaden. Dem Kommandanten des XIV. Korps (28. und 30. ID.), GLt. Coardi di Carpenetto, der die Führung während der Schlacht übernommen hatte, blieb am 22. Mai abends nichts anderes übrig, als die Besetzung der dritten Stellung anzuordnen, die vom Mt. Kempel über Camporovere zur Punta Corbin verlief. Wohl gab es in dieser Linie nur wenig Befestigungsbauten, aber sie war von Natur aus überaus stark. Den zur Punta Corbin ausgestreckten linken Arm der rechtwinklig gebrochenen Stellung schützte die vor der Front liegende, tiefeingeschnittene Assaschlucht, den rechten, dessen Faust sich am Mt. Kempel festhielt, bildete die Mauer Cima Portule—Mt. Meata, an deren Fuß, tausend Meter tiefer als ihre Zinnen, die einzige durchlaufend fahrbare Straße gegen Asiago hinführte.

Die Eroberung des Kempeirückens

Stand der Feind auf dem Kempeirücken, so gab es kein Vorbeimarschieren im Assatale. Deshalb waren schon in den ersten Anordnungen, die das 11. Armeekmdo. im März gegeben hatte, besondere Maßnahmen in Aussicht genommen worden, um den Rücken in Besitz zu nehmen.

Diese Aufgabe fiel nun der 22. SchD. zu, die zwar am 22. nur ein kleines Stück vorwärts rückte, aber dessenungeachtet mit ihrem linken Flügel einen höchst wichtigen Erfolg erstritt. Schon am frühen Morgen dieses Tages ging das 3. Bataillon des SchR. 26 den Grenzkamm entlang sowie auf dem Campo Manderiolo vor und stieß noch westlich der Porta di Manazzo auf mehrere italienische Kompagnien. Diese waren am

20. Mai, als die von der Sella aufgestiegene Streifabteilung auf der Cost’alta drohend auftauchte (S. 281), eiligst hieher gesandt worden, um die Nordflanke der 34. ID. und die in diesem Raume stehende zahlreiche Artillerie zu sichern. Jetzt wehrten sie sich sehr zähe durch einige Stunden gegen das entschlossen vordringende Schützenbataillon, das in der Folge durch eine Gebirgskanonenbatterie unterstützt wurde. Schließlich wichen die arg gelichteten italienischen Kompagnien südwärts über die Bergrippen hinab. Die schon vor diesem Kampfe von den Kanonieren verlassenen Geschütze blieben stehen1).

Erscheint dieses Gefecht auch unscheinbar im Vergleiche mit der blutigen Schlacht der letzten Tage, so war es nichtsdestoweniger in der Folgewirkung von außerordentlicher Bedeutung. Die von der Porta di Manazzo hinabgeworfenen italienischen Kompagnien — es waren nach Gefangenenaussagen zwei Bataillone der Brigade Lambro — gaben schließlich jede Hoffnung auf und glitten entlang der Armierungsstraße ganz ins Assatal hinab. Hier erreichte sie am späten Abend der Befehl, die Schlüsselpunkte der dritten Linie, den Mt. Kempel und die Boccheta di Portule zu besetzen. In derselben Stunde gab Obst. Ellison, dessen Bataillone sich über die Porta di Manazzo ausdehnten, seinem Hochge-birgsdetachement gleichfalls den Auftrag, auf den Mt. Kempel vorzugehen. Als die italienischen Kompagnien, wie nicht anders möglich, erst am nächsten Morgen aufstiegen und die Höhe in Sicht bekamen, sahen sie, daß ihr Gegner ihnen zuvorgekommen war2).

Das Hochgebirgsdetachement der 43. SchBrig., dem eine Kompagnie des SchR. 26 unmittelbar folgte, hatte am 23. Mai schon um 10h vorm. den Mt. Kempel erreicht, und, begünstigt durch Nebel, die dort stehende Miliz überrascht, die hilflos sich einige Zeit zu wehren versuchte, aber nach Verlust ihrer Wohnstätten bei der Cra. Trentin die Flucht ergriff. Die schon genannten Truppenteile der Brigaden Lambro und Alessandria, die schwer ermüdet herankamen und die Höhe wieder gewinnen wollten, wurden zurückgeschlagen und dann in die Verwirrung der Milizen

*) Die hier Vorgefundenen verlassenen Batterien mitinbegriffen, betrug die bis 23. Mai vom ganzen III. Korps eingebrachte Beute: 25 schwerste, 33 schwere und etwa 20 leichte Geschütze, dann 28 Maschinengewehre. Gefangen wurden 210 Offiziere und 9400 Mann. Das Korps hatte 21 Offiziere und 329 Mann durch Tod, 48 Offiziere und 1706 Mann durch Verwundung eingebüßt.

2) S c h i a r i n i, 60.

hineingerissen. Unterdessen traf das ganze 2. Bataillon des SchR. 26 ein und erweiterte den Erfolg, während das von Obst. Ellison nachgesandte Bataillon I/SchR. 3 bei einbrechender Dunkelheit nahe den Schneefeldern des Mt. Kempel sich ein recht unbequemes Lager bereiten mußte. Gemäß den Befehlen des Korpskmdos. hatte Obst. Ellison die beiden anderen Bataillone des SchR. 26, die der Regimentskommandant, Obstlt. Passy, führte, am Nachmittag gegen die Bocchetta di Portule (1949 m) steigen lassen, um diese Scharte, die einzige, durch die ein Saumweg zur Karstwüste hinaufführte, zu gewinnen. Es wurde Nacht, ehe Obstlt. Passy das kleine, aber außergewöhnlich schwer zugängliche Sperrwerk erreichte, aus dem im Laufe des Tages vier 12 cm-Kanonen aufgezeigt hatten, daß sie ins obere Assatal sehr empfindlich zu wirken vermochten.

So war schon am 23. Mai von der italienischen dritten Linie der nördliche Eckpfeiler gefallen, den Cadorna als das stärkste Bollwerk der Verteidigung auf den Hochflächen der Sieben Gemeinden bezeich-nete, und am 24. in den Morgenstunden wurde auch die Bocchetta di Portule nach kurzem Kampfe geöffnet und von den Schützen des Obstlt. Passy überschritten. Der günstige Verlauf dieses Ereignisses konnte während des 23. bei der durch Nebel verschleierten Sicht und wegen der im Gebirge so überaus langwierigen Nachrichtenübermittlung nicht voll erkannt werden. Die übrigen beiden Bataillone der Schützenbrigade waren daher auf dem Mt. Paradiso, die beiden Regimenter der 18. IBrig. im Raume Cra. Larici—Mga. Pusterle—Baitle in Bereitschaft geblieben. Von der 18. IBrig. war das Bataillon 111/73 im Assatal nach Süden bis zur Brücke -c^-981 vorgegangen und hatte festgestellt, daß der Feind den Alt. Meata, die Befestigungen der Cra. Meata und den Mt. Interotto sowie die Sperre Val d’Assa, vor der die Straße abgesprengt war, besetzt hielt. Teile der Divisionsartillerie bezogen unter großen Mühen neue, näher zum Kempeirücken gelegene Stellungen.

Von der 28. ID. erreichten befehlsgemäß und ohne Widerstand zu finden die Gruppe Obst. Kliemann (zwei Bataillone IR. 47, FJB. 7,

1. KnBt. GbAR. 1) Castelletto, GM. Hugo Schmid mit dem Rest der

56. IBrig. den Nordrand des westöstlich hinziehenden Unterlaufes der Assaschlucht von Albaredo bis Roana. Die 55. IBrig. ging an der Vormarschstraße bei der Cra. di Campovecchio zur Nächtigung über und die Divisionsartillerie bezog Stellungen im Raume zwischen dem Mt. Verena und dem Mt. Erio. Rascher als vorausgesehen werden konnte, hatte sich der Angriffsraum des III. Korps gewissermaßen aufgebläht. Vom linken

Flügel, dem Mt. Kempel, über Roana zum Asticotal betrug jetzt die Ausdehnung rund 20 km. Die Eroberung des Kempeirückens hatte aber das Korps um einen bedeutenden Schritt näher zu dem ihm vorgezeichneten Ziele Asiago gebracht.

Schon am 22. Mai nachmittags hatte das 3. Armeekmdo. dem III. Korps als nächste Aufgabe die Gewinnung des Raumes Asiago bezeichnet und ihm die 6. ID. unterstellt; ihre Verwendung war jedoch an die Zustimmung des Armeekmdos. gebunden, dem auch die gedachte Durchführung der Vorrückung zu melden war. FML. Krautwald hatte noch am selben Tage geantwortet: „Die weitere Aktion plane ich in der Weise, daß vorerst der Rücken Mt. Kempel—Mt. Meata durch das SchR. 26 besetzt wird, die 22. SchD. sich in den Besitz der Platte bei Cra. Meata setzt. Diese brückenkopfartige Besetzung soll dann auf die Höhen 1451—Mt. Dorole—Mt. Zebio erweitert, die linke Flügelsicherung dementsprechend in die Linie Cm. Dodici—Mt. Zingarella—Mt. Zebio vorgeschoben werden.“ In den „so geschaffenen, gesicherten Raum“ wollte das Korpskmdo. die 6. ID. und eine Brigade der 28. ID. heranziehen, während der Nordrand der unteren Val d’Assa durch die zweite Brigade der 28. ID. besetzt zu halten war. Aus der angegebenen Gruppierung sollte dann der Angriff östlich des Assatales gegen Asiago geführt werden. Weiters bemerkte FML. Krautwald, „die Linie vom Steilrande der Val Sugana bis zum Mt. Zebio ist 8 km lang und wird daher mehr Kräfte als die drei Bataillone des SchR. 26 erfordern. Die sehr geringe Gebirgsausrüstung der Truppen des Korps macht die materielle Versorgung größerer Körper in einem derart unwegsamen Gebiet zu einer großen Schwierigkeit. Ich bitte daher erwägen zu wollen, ob nicht die Besetzung der genannten Linie einer Gebirgsbrigade anvertraut werden soll.“

Ohne zu diesem Berichte Stellung zu nehmen, hatte das 3. Armeekmdo. im Laufe des 23. den ihm vom Heeresgruppenkmdo. erteilten Auftrag weitergegeben, es sei „von höchster Wichtigkeit, daß das III. Korps baldigst feststellt, ob südlich des Assatales (in der Linie Punta Corbin—Asiago) auf einen ernsten Widerstand zu rechnen ist“. Auch von einer Mitteilung der 11. Armee, daß das XX. Korps angewiesen worden sei, zu versuchen, über Pedescala sich des Raumes Cm. Arde— Punta Corbin zu bemächtigen, um dem III. Korps das Überschreiten der Val d’Assa aus dem Raume Castelletto zu erleichtern, wurde FML. Krautwald in Kenntnis gesetzt. Das III. Korps meldete daraufhin, es sei sicher, daß der Feind die Linie Mt. Rasta—Camporovero—Canove—

Stella besetzt halte; er arbeite zwischen der Sperre Val d’Assa und dem Mt. Interrotto fieberhaft am Ausbau seiner Stellungen; die Brücke bei Roana sei gesprengt, ebenso auch ein Teil der Straße nördlich von Rotzo. FML. Krautwald folgte aber dem Wink der höheren Führer, indem er am 23. abends der 22. SchD. auftrug, sich in den Besitz des Raumes Mt. Meata—Cra. Meata zu setzen und die Sicherung am Kempel rücken zu vervollständigen. Die 28. ID. jedoch regte er zum freien Entschluß mit dem Hinweis an, daß es von höchster Bedeutung sei, in die neue feindliche Stellung einzubrechen, bevor der Feind Zeit habe, sich an Truppen, Artillerie und technischer Ausgestaltung zu verstärken. Die Durchführung des Unternehmens, das auch von der Möglichkeit schwerer Artilleriewirkung abhänge, müsse der Initiative des Divisionskmdos. überlassen bleiben. Jedenfalls dürfe sie erst unternommen werden, wenn die Verhältnisse auf dem Mt. Kempel, der Bocchetta di Portule und der Cra. Meata geklärt seien. Die Vortruppen der 28. ID. suchten am Rande der Assaschlucht nach einem Übergang.

Das ernsteste Hemmnis für die Fortführung der Kriegshandlung war aber, daß über das wiederhergestellte schmale Straßenstück Vez-zena—Osteria dei Termine und über den von hier südwärts abzweigenden steilen Fahrweg die Masse der Artillerie des Korps sowie der ganze Nachschub der 28. ID. durchgezwängt werden mußte. Trotz aller Anstrengungen gelang es bis zum 24. Mai nicht, eine angemessene Zahl von Batterien in dem gedachten Raum Mt. Verena—Cm. Civello—Mt. Erio in Stellung zu bringen. Ein Bersaglieribataillon, das an diesem Tage bis Roana über die Val d’Assa kam, wurde durch das FJB. 11 übel zugerichtet und zurückgetrieben. Dies mochte der 28. ID. als Warnung vor Unternehmen kleineren Stiles dienen, die in umgekehrter Richtung, in den Sack von Asiago hinein, nur noch mehr Gefahr verhießen. Auch die 18. IBrig. der 22. SchD., die den Mt. Meata und die Cra. Meata als Ziel hatte, wartete vergeblich auf die Artillerie und sah sich außerstande, von der Osteria dei Ghertele, wo sie versammelt war, den Anstieg schräg über den bewaldeten steilen Berg durchzuführen, über den kein Steig führte. Die 43. SchBrig. dagegen machte am 24. Mai, dank ihrem am Vortage erfochtenen Erfolge, sehr beachtenswerte Fortschritte. In erstaunlich kurzer Zeit trafen die 3. Kanonenbatterie des GbAR. 9 und die 4. des GbAR. 4 von der Cra. Lenzola auf der Bocchetta ein. Dann stiegen Obst. Ellison und mit ihm die Brigadereserve, das 1. und das 3. Bataillon des SchR. 3, den stückweise über Schneewächten führenden Pfad hinan. Die Gruppe Obstlt. Schneeweiss (II/SchR. 3 und

I/SchR. 26) ging ostwärts so weit vor, bis die Cm. di Campoverde (2127 m) und der Mt. Pallone (2159 m) in ihrem Besitz waren. Hier trat sie mit Teilen der zur italienischen 28. ID. gehörenden Brigade Lombardia ins Gefecht und warf sie noch am 25. zurück.

Große Wirkung auf den Feind übten neuerlich drei aus dem Suganatal ausgesandte Streifabteilungen. Sie waren am 23. Mai in der Mga. Lanzolla versammelt worden und tauchten am 24. auf dem Grenzkamme bei der Porta Portule und auf der Cm. Dodici auf. Am 25. erstiegen zwei Kompagnien des Bataillons 1/85 die Cm. Dieci und die Cm. Maora. Den Italienern, die sich verwirrt zur Flucht wandten, ging die Verbindung zum Suganatal verloren. Obstlt. Passy führte am 24. Mai die Bataillone III/SchR. 26 und I/SchR. 3 gegen die Aja dell’Orsara und die Mga. Pusterle vor, während das 2. Bataillon des SchR. 26, die Verbindung zur Gruppe Obstlt. Schneeweiss haltend, den Mt. Colomba-rone erklomm. Auf dem Mt. Cucco standen etwa drei italienische Bataillone, Reste der Brigade Alessandria, verstärkt durch Alpini, die offenbar zur Wiedergewinnung der Bocchetta hergesandt worden waren. Unschlüssig gingen sie erst am Abend gegen die Mga. Portule vor und wurden, nicht zuletzt dank dem tätigen Eingreifen der früher genannten Gebirgsbatterien, zurückgeschlagen.

Um den nun am 25. Mai durchzuführenden Angriff der 18. IBrig. zu fördern, sandte GM. Kochanowski dem Obst. Ellison noch ein Bataillon, damit er, seinen Erfolg erweiternd, von der Nordflanke her die Bezwingung des Mt. Meata erleichtere. Es war das 2. Bataillon des böhmischen IR. 11, das am späten Abend von Baitle aufbrach und die kaum glaubliche Leistung vollbrachte, durch die Köbeleschlucht in der Nacht, während der ein Gewitter niederging, die Bocchetta zu ersteigen. Ungeachtet der Ermüdung rückte es dann im Verein und wetteifernd mit zwei Schützenbataillonen gegen den Mt. Cucco (1826 m) vor, von dem aus die Italiener bei Tagesanbruch einen vorübergehend rechte Besorgnis erregenden Vorstoß gegen die Mga. Portule unternommen hatten. Nach scharfem Gefechte, in welchem über 500 Italiener gefangen wurden, erreichte Obstlt. Heinrich Tenner, der die Gruppe führte, den Mt. Cucco und den Rücken südwärts der Cm. dell’Arsenale. Nördlich schloß Obstlt. Passy mit zweieinhalb Schützenbataillonen an. Während dieser Ereignisse bei den Truppen Ellisons, von denen eine Abteilung befehlsgemäß über die Aja dell’Orsara gegen den Mt. Meata vordrang, hatte sich in der Nacht auf den 25. Mai das IR. 73 nördlich des Gipsbruches an der Assatalstraße bereitgestellt. Bei Tagesanbruch stieg es ohne Weg und

Steg den steilen Hang zu der Cra. Meata und dem gleichnamigen Bergrücken hinauf, indessen die jetzt endlich in größerer Zahl in Stellung gebrachte Artillerie den Feind niederhielt und zermürbte. Einige Stunden später konnte der Regimentskommandant, Obst. Trampus, melden, daß die ganze Stellung erobert sei, wobei 1800 Mann gefangen, vier Geschütze und drei Maschinengewehre erbeutet wurden1).

Mit Recht durfte GM. Kochanowski am 25. abends den Truppen seiner Division Worte der Bewunderung sagen. Insbesondere die Steirer der Schützenbrigade hatten, nach der schweren, blutigen Durchbruchsschlacht unerbittlich vordringend, eine Leistung ohnegleichen vollbracht, indem sie, den geglückten Sprung auf den Mt. Kempel trefflich nützend, die enge Pforte von Portule aufrissen, dann — alles Mühsal ertragend, die die Überwindung des Karstgeländes forderte — die nächste Bergrippe (Cm. dell’Arsenale) eroberten und zugleich der 18. IBrig. den Mt. Meata gewinnen halfen.

So ging den Italienern die zur Verteidigung des Beckens von Asiago außerordentlich wichtige Höhenrandstellung verloren. Die in Hast zur Wiedergewinnung des Hochlandes anrückenden Truppen der italienischen 28. ID. (Brig. Lombardia) sowie Bersaglieri, die übrigens im zerrissenen Karstgebirge manchen Irrweg gingen, waren zu spät gekommen.

FML. Krautwald meldete am 25. abends, daß mit Rücksicht auf die sehr große Ermüdung der Truppen der 22. SchD. die Angriffsbewegung am 26. unterbrochen und nach erfolgter Umgruppierung erst am 28. fortgesetzt werde. Die Lage der k.u.k. 28. ID. nördlich der unteren Assaschlucht sei unverändert. Die Aufklärung habe ergeben, daß die feindliche Verteidigungslinie südlich der Schlucht von Punta Corbin über Conca und Cavrari gegen Canove, dann nach Camporovere hinziehe; doch scheine sie nur mehr schwach besetzt zu sein. Am 26. beabsichtige die k.u.k. 28. ID., wenn möglich bei Roana das Südufer der Schlucht zu gewinnen. Indessen waren die drei Bataillone der 2. GbBrig. am 25. abends zur Porta di Manazzo aufgestiegen. Sie hatten am 26. über die Bocchetta di Portule den linken Flügel der 22. SchD. zu erreichen. Außerordentlich schwierig erwies es sich, die 6. ID., die das III. Korpskmdo. am linken Flügel einsetzen wollte, über die völlig verstopfte Straße vorzuziehen. Die 12. IBrig. dieser Division hatte am 26. den Weg südlich an Vezzena vorbei über die C. Le Mandrielle nach Osteria dei Ghertele zu nehmen.

Der Heimat Söhne im Weltkrieg, Der Egerländer, Jänner-, Februar- und Märzheft 1932.

Die Ereignisse im Suganatal (20. bis 26. Mai)

Nördlich vom III. Korps waren die Fortschritte des XVII. Korps auch nach dem 20. Mai (S. 271) größer, als man erwartet hatte. Ohne eine ernste Niederlage erlitten zu haben, zogen sich die Italiener im Suganatal von Abschnitt zu Abschnitt zurück. Da weder das 3. Armeekmdo. noch das XVII. Korpskmdo. ein gewaltsames Vorgehen in diesem Tale beabsichtigten, rückten die Bataillone der Gruppe GM.Wos-sala nur schrittweise dem Feinde nach (S. 273). Am 21. wurde der Gipfel des Armenterrarückens besetzt. An diesem Tage räumte der Feind auch vor der 18. ID. die Stellungen nördlich der Brenta. Roncegno wurde besetzt. Es schien, daß die Italiener in der seit Monaten ausgebauten Stellung Salubio—S. Pietro—Borgo—S. Giorgio den Kampf aufnehmen würden. Aber schon am 22. drangen Verfolgungsabteilungen in Borgo ein. Tags darauf wurden, nachdem der Masobach an vielen Stellen überschritten worden war, die Orte Agnedo und Strigno erreicht, Patrouillen kamen sogar bis in die Nähe von Ospedaletto. Eine Gefechtsgruppe, zusammengesetzt aus den Bataillonen 11/101 und III/8 der

2. GbBrig. sowie einigen Tiroler Streifabteilungen, stieß über das Cadin-joch in das Calamentotal vor; andere Streifabteilungen der 90. ID. stiegen von den Fassaner Alpen ins obere Masotal hinab.

Dieses Geschehen im Suganatal veranlaßte das Heeresgruppenkmdo. am 23. abends, dem GO. Kövess zu befehlen: „für das Vorgehen durch die Val Sugana wird eine Division genügen, wobei die baldige Gewinnung des Raumes von Pieve Tesino erwünscht wäre, um von dort mit mobilen schweren Batterien gegen die Sperrgruppe Primolano wirken zu können“. Das 3. Armeekmdo. übertrug die Aufgabe dem GdI. Křitek. Zu ihrer Durchführung beließ es ihm die 18. ID. und die 181. IBrig.; die 8. GbBrig. sollte nach Eroberung des Civaron in Reserve zurückgenommen werden. Von der 2. GbBrig. waren drei Bataillone bereits im Marsche von Cavalese nach Pergine, wo sie am 24. eintrafen, um am 25. über den Mt. Rover zum III. Korps zu gelangen.

Am 24. drückte die 18. ID. feindliche Kräfte an die Bergfüße östlich von Agnedo imd Spera zurück. Die Oberösterreichischen Freiwilligen Schützen traten bei Spera in ein scharfes Gefecht mit Alpini und Finanzieri, die, eine verpönte List anwendend, durch Winken mit weißen Tüchern die Schützen in eine Falle lockten und ihnen erhebliche Verluste zufügten, aber dennoch zurückgeschlagen wurden. Auch am

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25.    kam es bei der 1. GbBrig. zu lebhaften Kämpfen mit feindlichen Gruppen, die aus ihren Befestigungen bei Agnedo vorstießen. Also wurde es deutlich erkennbar, daß der Feind den Rückzug eingestellt habe und in der Stellung von Ospedaletto (S. 199) Widerstand leisten wolle.

Indessen hatte GM. Wossala am 24. drei Bataillone und eine Ge-birgsbatterie in der Linie von Olle südwärts bis zu den Felsstürzen der Cm. Dieci sowie zwei Bataillone nordöstlich von Olle bereitgestellt und die Führung des Unternehmens gegen den Civaron dem Obst. Zech-bauer übertragen. Die Annäherung ging im steilen Bergwald allerdings sehr langsam vor sich. Die Nacht auf den 25. verbrachten die Angreifer auf Gewehrschußweite vom Feinde. In den ersten Stunden des neuen Tages wurde erkannt, daß der Feind in eine zweite, höher gelegene Stellung, die den Gipfel des Civaron krönte, zurückgewichen war. Wieder begann ein ermüdendes Vorarbeiten, indes die Artillerie den Feind niederhielt. Als es dann am 25. nachmittags zum Sturme kam, leisteten die Italiener verzweifelte Gegenwehr. In geschickter Gefechtsführung gelangte das Bataillon III'35 in den Rücken der Verteidiger, und am

26.    morgens war der Civaron erobert. Vier schwere und zwei leichte Geschütze fielen dem tapferen Bataillon in die Hände. Der Feind hatte erhebliche Verluste erlitten und einige hundert Gefangene eingebüßt.

Die in den letzten Tagen sich rasch ändernde Lage hatte das Heeresgruppenkmdo. auf neue Gedanken gebracht. Es drahtete dem GO. Kövess, daß es nunmehr „dem Vordringen eigener Truppen in den Raum Cimon Rava, Cm. d’Asta geringe Bedeutung beilege“. Auch die Gewinnung des Raumes von Castel Tesino stehe an Wichtigkeit zurück gegen die Möglichkeit, den Angriff gegen den befestigten Raum von Primolano von Asiago her möglichst frühzeitig durchzuführen. „Ein Nachlassen unseres Druckes im Suganatal hätte sogar den Vorteil, daß der auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden fortschreitende Angriff gegen das Brentatal den Italienern den Rückzug aus dem Suganatal erschweren könnte.“ Es werde sich daher empfehlen, der 2. GbBrig. die zwei noch im Calamentotal fechtenden Bataillone nachzusenden und auch die 8. GbBrig. auf die Hochflächen der Sieben Gemeinden hinaufzuziehen. Das XVII. Korps verfügte darauf, dem ihm vom Armeekmdo. vermittelten Befehle entsprechend, die Rücknahme der 8. GbBrig. in die obere Sella und die Einstellung des von der 18. ID. zuletzt geplanten Angriffes nördlich der Brenta. Die fernere Tätigkeit des XVII. Korps beschränkte sich darauf, den Feind durch Feuerüberfälle und kleinere Unternehmungen zu fesseln.

Hemmungen bei der 11. Armee Hiezu Beilage 15 Die U mgruppierung auf dem rechten Armeefliigel (20. bis 25. Mai)

In der Morgenmeldung vom 21. Mai hatte das 11. Armeekmdo. über die Ereignisse an seinem rechten Flügel berichten können: „Die

57. und die 59. ID. haben den Feind mit bewundernswerter Ausdauer um ein Stück zurückgedrückt und ihm in geschickt und mit großer Schneid geführten Einzelgefechten schwere Verluste beigebracht“. Der Angriff des VIII. Korps war tatsächlich, stärker noch als zu Beginn der Schlacht, in eine Reihe von Einzelgefechten zerfallen. Im Etschtale hatten Teile der 11. GbBrig. den Ort Marco in Besitz genommen und sich auf den Westhängen der Zugna Torta ausgebreitet. Auf dem Zugnarücken hatte die 6. GbBrig. am 20. in später Abendstunde den Stützpunkt bei -<j>- 1515 erstürmt, während in der Vallarsa die Orte Mattassone, Valmorbia und Anghebeni erreicht wurden. Auf dem Bergstock des Col santo waren gegen den Pasubio vorwärtsstrebende Abteilungen der 9., der 18. und der 10. GbBrig. an der Linie Mga. Cosma-gon—Mga. Buse zusammengekommen. Die 12. GbBrig. hatte den Borcolapaß und die angrenzenden Paßhöhen erobert.

Diese guten Fortschritte ließen eine baldige Eroberung des Pasubio erwarten. Leider sollte aber eine unglückliche Verwicklung in der Be-fehlgebung dazu führen, daß dieser wichtige Pfeiler nicht zeitgerecht besetzt wurde. Das Armeekmdo. hatte am 18. Mai angeordnet, daß unmittelbar nach der Eroberung der Coni Zugna die 48. ID. unter den Befehl des XXI. Korpskmdos. zu treten habe (S. 268). Es war dabei geplant, die 6. GbBrig. der 57. ID. auf dem Zugnarücken durch die 12. GbBrig. der 48. ID. abzulösen. Indessen hatte aber das VIII. Korpskmdo. die 12. GbBrig. am 18. Mai zum Borcolapaß entsendet und dem 59. IDKmdo. unterstellt (S. 264). Um den Verband der 48. ID. wiederherzustellen, befahl das Armeekmdo. am 20., als der Borcolapaß erobert war, die 12. GbBrig. nach Rovereto zurückzusenden. Das Korpskmdo. entsprach diesem Befehle ohne Bedenken, da es angesichts der Weisungen des 11. Armeekmdos. vom 19. Mai (S. 268) mit dem Anhalten seines linken Flügels auf dem Borcolapasse rechnen konnte. Es verfügte, daß die 12. GbBrig. durch die 18. abgelöst werde. Diese war jedoch auf den Col santo aufgestiegen und im Begriffe, gemeinsam mit der Masse der 10. GbBrig. und zwei

Bataillonen der 9. gegen den Pasubio vorzustoßen. Die Zurücknahme der IS. GbBrig., die GM. Škvor beim Schutzhaus des Col santo, wo er sich eben befand, zusammenzog, störte die Durchführung des in Gang befindlichen Unternehmens. Überdies kamen die Truppen, die, kaum auf der Höhe eingetroffen, nun über Mga. Sarta ins Terragnolotal nach Zoreri etwa 1300 m hinabsteigen mußten, um dann wieder die Bergstraße zum Borcolapaß hinaufzumarschieren, sehr ermüdet an ihr Ziel, so daß die Ablösungen sich verzögerten. Durch diese Umgruppierung ging kostbare Zeit verloren.

Ferner hat das Armeekmdo. am 20. dem Kommandanten des

XXI. Korps, FML. Freih. v. Lütgendorf, befohlen, die KSchD. in die Vallarsa über Mattassone so weit vorrücken zu lassen, wie es die Gefechtsverhältnisse auf der Coni Zugna gestatteten. Es willigte des weiteren am

21. ein, daß die 48. ID. schon am 22. in den Verband des XXI. Korps übergehe, wogegen die 6. GbBrig. auf der Zugna weiterhin dem VIII. Korps unterstellt zu bleiben hatte.

Gemäß den Verfügungen des FML. Lütgendorf sollten die nach einem Nachtmarsch am 20. früh in den Raum Villa Lagarina—Volano gelangten Kaiserschützen in der folgenden Nacht mit der Spitze bis Foppiano marschieren. Wegen eines Versäumnisses in der Befehlszustellung war die Division jedoch am 21. früh erst in Rovereto und rückte infolge eines neuen Mißverstehens bei Tag mit einer Brigade über Albaredo die Serpentinenstraße hinan hinter die 6. GbBrig., wobei sie in feindliches Artilleriefeuer geriet. Die zweite Brigade marschierte erst am Abend mit der Spitze bis Mattassone vor. Zu den Verwicklungen und Störungen, die das Einschieben des XXI. Korpskmdos. hervorrief, kam noch hinzu, daß die Masse der Artillerie des VIII. Korps nicht leicht geteilt und in eine neue Ordnung eingefügt werden konnte.

Am 21. meldete der Führer der 6. GbBrig., Obst. v. Hellebronth, daß der Feind etwa 1 km nördlich der Coni Zugna in einem neuen, vorzüglich ausgebauten Stützpunkte stehe, der sich oberhalb einer mehrere Meter hohen lotrechten Felswand befinde. Ein Stirnangriff sei nicht möglich und auch eine Umfassung wegen der Steilheit der Berglehnen ausgeschlossen. Das 57. IDKmdo. gedachte daher eine Umgehung durch die Vallarsa einzuleiten. Ein Bataillon der 6. GbBrig. sollte über S. Anna gegen den Buolepaß aufzusteigen versuchen, falls nicht Abteilungen der KSchD. diese Umgehung durchführen würden. Das XXI. Korpskmdo., dem das VIII. Korpskmdo. die Absichten des FML. Goiginger bekanntgab, befahl nun der KSchD., sie habe ohne

Rücksicht auf den Stand des Gefechtes um die Coni Zugna am 22. Mai um 4h früh von Mattassone aufzubrechen, den Raum von Camposilvano zu gewinnen und sich dort zum Angriff auf den Paß von Campogrosso bereitzustellen; eine Höhenkolonne, geführt vom Kommandanten der 98. KSchBrig., Obst. Sloninka, solle, sobald der Coni Zugnagipfel erobert sei, auf dem Rücken C. di Mezzana—C. Levante—C. Posta Vorgehen. Vorerst habe Obst. Sloninka ,,den Rücken südlich Coni Zugna etwa bis Salvata -cj>- 1707 zu gewinnen, um durch Angriff in den Rücken des Feindes die Coni Zugna raschestens zu nehmen, mindestens aber die italienischen Verbindungen zu unterbinden“.

Bei der Vorrückung auf Camposilvano erreichte die Vorhut, das KSchR. II, am 22. abends den Ort Bruni und vertrieb einige feindliche Kompagnien von der Höhe 820. Vor einer bei Zendri stark ausgebauten Stellung kam das Regiment jedoch zum Stehen. Im Laufe des

23. stieg ein Kaiserschützenbataillon gegen den Buolepaß auf. Es konnte aber ebensowenig den steilen Hang erklimmen, wie die von Obst. Sloninka geführte Gruppe, da die Italiener mit Bataillonen der Brigade Sicilia, die am 19. bei Ala ausgeladen worden war, die Besatzung des Höhenzuges verstärkt hatten. Deswegen und weil keine hinreichende Artillerieunterstützung vorhanden war, mußte auch der beabsichtigte Angriff der vom Kommandanten der 88. KSchBrig., GM. v. Eckhardt, befehligten Gruppe gegen Zendri aufgeschoben werden. Am 24. wurde es klar, daß sich die KSchD. aus der Sackgasse, in die sie geraten war, vorerst durch Bezwingen der Seitenwand Coni Zugna—C. di Mezzana befreien müsse. Ihre Hauptkraft wandte sich dieser Wand zu, die Talgruppe vor Zendri erhielt die Rolle einer Flankensicherung. Doch der am 25. unternommene, unzulänglich vorbereitete Angriff verlor sich in den zerklüfteten und bewaldeten Berghängen in Teilgefechte, die trotz heldenmütiger Taten der einzelnen Gefechtsgruppen nicht zum erhofften Ziele führten. Die tapferen Kaiserschützen erlitten beträchtliche Verluste. Auch die seit 22. Mai dem XXI. Korpskmdo. unterstehende 48. ID. hatte seither keine Fortschritte erzielt. Am 25. Mai stellte sie sich zur Abwehr bereit, da Kundschafter meldeten, daß der Italiener starke Kräfte ins Etschtal geworfen habe und einen großen Gegenangriff beabsichtige. In Wahrheit verschob er nur einzelne Bataillone vom Westufer der Etsch auf das Ostufer. Die 6. GbBrig. auf dem Zugnarücken setzte am 25. nachm. zum Angriff an. Die stürmenden Abteilungen mußten aber nach schweren Verlusten in die Ausgangsstellung zurückkehren.

Die übrigen drei zwischen dem Leno di Vallarsa und dem Posina-tal eingesetzten Brigaden des VIII. Korps verzeichneten auch nur geringe Fortschritte. Die Bataillone 111/49 und IV/84, die die Vallarsagruppe der 9. GbBrig. bildeten, kamen am 24. nahe an Chiesa heran, eine Kompagnie erstieg die Rückfallkuppe -<$-1807. Gegenüber stand die Brigade Verona der 44. ID., die den Bergrücken Mt. dietro il gasta und den Ort Chiesa am 22. besetzt hatte. Gegen den Pasubio konnte ein am 23. begonnener Angriff nicht durchgeführt werden, da Regen die Artillerietätigkeit erschwerte und den noch immer in den Mulden liegenden Schnee derart aufweichte, daß die Infanterie vor einem unüberschreitbaren Hindernis stand. Zur Vereinheitlichung der Gefechtsführung ordnete FZM. Scheuchenstuel am 25. an, daß GM. Edl. v. Hrozný, der Führer der 9. GbBrig., den Befehl über alle vor dem Pasubio befindlichen Kräfte zu übernehmen habe, ohne Rücksicht darauf, ob sie der 57. oder der 59. ID. angehörten. Er sollte, sobald es die Schneeverhältnisse zuließen, den Angriff wiederholen. Auf außerordentliche Geländeschwierigkeiten war die 18. GbBrig. gestoßen, als sie vom Borcolapaß aus versuchte, zuerst über die Costa di Borcola, dann über Griso in den östlichen Felsabstürzen des Pasubio einen Aufstieg zu finden, um den Verteidigern dieses Gebirgsstockes in Flanke und Rücken zu kommen. Auf Grund neuer Anordnungen des Korps-kmdos. rückte die Brigade am 25. im oberen Posinatale nach Lissa und Bettale vor, wo sie sich zum Angriff gegen zwei östliche Abfallkuppen des Pasubios, Höhe -cj>-1131 und Colle di Xomo, bereitstellen sollte.

Die Vorgänge beim XX. Korps (20. bis 26. Mai)

Das XX. Korps hatte am 19. spät abends den Divisionen befohlen, in den erreichten Räumen aufzuschließen. Des weiteren sollten Vortruppen der 8. ID. den Mt. Majo, die Steilhänge westlich und nördlich von Laghi, die C. dei Laghi und den Mt. Seluggio, erreichen, jene der 3. ID. auf der Tonezzaplatte die Häusergruppen C. Boscati und Cam-pana. Die durch diese Örtlichkeiten bezeichnete Linie war flüchtig zu befestigen. Sie wurde als „Hauptwiderstandslinie“ bezeichnet, in der der Aufmarsch der schweren Artillerie zu decken war. Mittlerweile sollte der Saumweg von Osteria Fiorenti zum Passo della Vena fahrbar und die im Campoluzzotal abgesprengte Straße wieder benützbar gemacht werden.

In diesem Befehl paßte sich somit FML. Erzherzog Karl Franz Joseph den Anordnungen, die die 11. Armee am 19. Mai früh gegeben hatte (S. 268), vollständig an. Indessen hatte das Heeresgruppenkmdo., aus den Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden Schlußfolgerungen ziehend, dem 11.Armeekmdo. am 19. abends gedrahtet: „Das sichtliche Nachlassen eines systematischen Widerstandes gegenüber dem

XX. Korps, das vielleicht bald auf andere Abschnitte der feindlichen Kampffront hinübergreifen wird, gibt Gelegenheit, durch geschickt geführte Verfolgungsdetachements dem Feind schweren Abbruch zu tun. Selbst kleine eigene Abteilungen, die in richtiger Mischung von Kühnheit und Vorsicht auf kürzester Linie in den Tälern rasch Vordringen und z. B. schon in nächster Zeit die Gegend von Arsiero erreichen oder im Rücken des Borcolapasses auftauchen können, werden schon durch ihr bloßes Erscheinen Verwirrung beim Feind hervorrufen und seinen planmäßigen Widerstand schädigen. Heeresgruppenkmdo. erwartet zielbewußte Ausnützung dieser und ähnlicher Situationen und vertraut auf den Unternehmungsgeist unserer braven Truppen.“ Aufklärer der 8. ID. stießen nahe vor der zuletzt eroberten Stellung auf den Feind. Das italienische 1. Armeekmdo. hatte eine Gruppe von mehreren Alpinibataillonen dem XX. Korps entgegengeworfen. Im Verein mit Resten der 34. und der 9. ID. formten sie einen Schirm, der von der C. dei Laghi hinüber zum Südhang des Mt. Toraro und bis zu den Quellen des Rio Freddo gespannt war. FML. Fabini schritt schon am 20. zur Säuberung des ihm bezeichneten Raumes. Obwohl die Artillerie an diesem Tage nicht zur Wirkung kommen konnte, weil Nebel den Feind tarnte, griffen Kaiserjäger vom 1. und vom 3. Regiment am Abend den Feind an und warfen ihn, stellenweise erst nach erbittertem Handgemenge, ins Tal hinab1). Im Laufe der nächsten beiden Tage wurden dann der Mt. Majo und der Ort Laghi, wo große Magazine brannten, sowie der Mt. Seluggio und der Mt. Tormeno besetzt. Auch die Höhen knapp nördlich von Posina und Fusine wurden am 22. „vom Feinde frei“ gefunden und in den folgenden Tagen besetzt.

Mittlerweile hatte die 3. ID. ein Halbbataillon schrittweise nach Tonezza vorgeschoben, das gegen den Mt. Cimone aufklärte, weil man in dessen Umgebung im Zusammenhange mit den bekannten Werken Punta Corbin und Casa Ratti sowie Cornolö und Mt. Aralta starke Befestigungen vermutete. Am 22. mittags gab FML. Horsetzky den Befehl,

i) S c h e m f i 1, Das k.u.k. 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger im Weltkrieg 1914-1918 (Bregenz 1926), 362 f.

die Platte südlich von Tonezza mit zwei Bataillonen zu besetzen. Dies sollte jedoch erst nach dem Dunkelwerden geschehen, weil feindliches Artilleriefeuer von der Punta Corbin herüberschlug. Da kam nach 3h nachm. die Meldung einer Patrouille, sie habe den Mt. Cimone erreicht und sehe, daß Arsiero wie ausgestorben sei. Die kaum glaubwürdige, aber freudig aufgenommene Meldung durcheilte rasch den Draht bis zum Heeresgruppenkmdo., und dieses sah sich veranlaßt — wohl auch im Hinblicke auf die günstige Gestaltung der Gesamtlage, namentlich beim III. Korps —, auf seine Anordnung vom 19. „wegen Verfolgungsdetachements allseits und nachdrücklichst hinzuweisen“. Es betonte neuerlich: „Bei aller Notwendigkeit eines systematischen Vorganges im Angriffe und im Vorschieben der großen Armeekörper, wird ein solcher Vorgang zweckwidrig, wo es sich um die Tätigkeit von Detachements in der Verfolgung handelt.“ Es sei noch immer nicht geklärt, hieß es weiter, in welcher Linie sich der Feind vor der Front des XX. Korps zu erneutem Widerstand stelle. Das kampflose Erreichen von Barcarola und des Mt. Cimone durch Patrouillen lasse „es fraglich erscheinen, ob die permanenten Werke Punta Corbin, Casa Ratti und Cornolö noch besetzt“ seien. Dies müsse schleunigst festgestellt werden, „um den Armeekommandos zeitgerecht eine Grundlage für ihre weiteren Maßnahmen zu verschaffen“. Das Heeresgruppenkmdo. hoffe, „daß dieser neuerliche Appell an die Initiative der vor die Front zu entsendenden Detachements sich baldigst in kräftiger Ausnützung der so erfreulichen Lage äußern werde“.

Das 11. Armeekmdo. gab diese Aufmunterung am 22. spät abends den Korpskommandanten zur Kenntnis und befahl zugleich, daß der Mt. Cimone mit mindestens einem Bataillon und wenn möglich auch mit einer Gebirgsbatterie besetzt werde. Das XX. Korps möge überdies versuchen, über Pedescala sich des Raumes Cm. Arde—Punta Corbin zu bemächtigen, um dem III. Korps das Überschreiten der Val d’Assa aus dem Raume bei Castelletto zu erleichtern, und zugleich auch das Vorgehen des VIII. Korps gegen Posina möglichst durch die Besitznahme von ßettale zu unterstützen.

Am 23. Mai früh kam FML. Erzherzog Karl Franz Joseph selbst zum Passo della Vena vor. Kurz nach seinem Eintreffen empfing GM. Richard Müller, bei dem er sich aufhielt, die Meldung, daß das als erstes vorgerückte Bataillon III 14 gerade vor der Linie 1068—-<J>- 1136, die man seit dem Eintreffen der Patrouillenmeldung vom Mt. Cimone für verlassen hielt, auf starken Feind gestoßen sei. Über der Tonezza-platte platzten Schrapnells und Granaten feindlicher Batterien, die jenseits des Asticotales standen. In seiner Meldung an die Armee sprach der Korpskommandant die Meinung aus, der Feind, der wahrscheinlich am 22. mittels Bahn nach Arsiero gebracht worden war, habe im Laufe des Abends die Patrouille vom Mt. Cimone zurückgedrängt und dann die genannte Stellung besetzt1). Nun blieb nichts übrig, als ein Angriff mit entsprechender artilleristischer Vorbereitung. Das XX. Korps gedachte, ihn am 24. durchzuführen. GO. Dankl war damit nicht nur einverstanden, sondern betonte, daß der Angriff „sodann mit starker Kraft auf Arsiero fortzusetzen sei“. Den schon am 23. morgens gegebenen Befehl, daß die Höhen knapp nördlich von Posina, Fusine und Castana dem Feinde zu entreißen und stark zu besetzen seien, sowie daß die Erkundung des Priaforärückens eifrig fortgesetzt werde, erweiterte er am Nachmittag durch die Weisung, es sei zu trachten, möglichst weit gegen den Mt. Aralta vorzudringen.

So hatte GO. Dankl schon eine Reihe von Anordnungen getroffen, durch die die im Befehle vom 19. zum Ausdruck gebrachte Bindung gelockert und das XX. Korps zum Vorwärtsgehen angeeifert worden war. Da forderte das Heeresgruppenkmdo. mit Hinweis auf die schwere Niederlage der Italiener vor dem III. Korps die 11. Armee auf, „mit ihrem linken Flügel in der ihr vorgezeichneten Hauptrichtung Thiene ohne Zeitverlust weiter“ vorzudringen, „um sobald als möglich die Gebirgsausgänge zu erreichen“. Das Herankommen der gesamten schweren Artillerie brauche nicht abgewartet zu werden, da es gar nicht feststehe, ob für diesen Zweck die Wirkung so zahlreicher Batterien überhaupt erforderlich sei. Einige schwere Batterien wären beschleunigt im Asticotal vorzuschieben, von wo sie, falls noch erforderlich, gegen Punta Corbin und Casa Ratti wirken könnten. In der Folge wären diese Batterien nahe an Arsiero vorzuziehen, um Cornolö und den Mt. Rione im Rücken zu fassen. Gleichzeitig habe das XX. Korps seine Infanterie an die zuletzt genannten Werke heranzuschieben. Der zähe feindliche Widerstand auf der Coni Zugna und auf dem Pasubio dürfe das XX. Korps nicht aufhalten.

In seiner am 23. abends nach Bozen erstatteten Meldung wies das 11. Armeekmdo. auf die bereits von ihm getroffenen Verfügungen hin;

*) In einer dem Kriegsarchiv zur Verfügung gestellten Studie führt GdI. Hor-setzky aus, daß die zum Mt. Cimone ausgesandte Patrouille gar nicht dahin gelangt war, sondern auf eine Anhöhe westlich von Barcarola, welchen Ort sie dann für Arsiero hielt; ihre Meldung wäre daher irrig gewesen.

es betonte abermals, daß es „absolut nie daran dachte, das Herankommen der gesamten Artillerie erst abzuwarten“. Es wisse die Wichtigkeit raschen Vorwärtskommens auch selbst zu würdigen; das Heeresgruppenkmdo. möge aber zur Kenntnis nehmen, daß von der Hochfläche von Folgaria nach Südosten gar keine durchlauf enden fahrbaren Verbindungen bestanden hätten, und daß an der Herstellung solcher sowie am Vorziehen der Artillerie Tag und Nacht mit allen Kräften gearbeitet werde. Das Vorbringen schwerer Mörser im Asticotale sei vom 11. Armeekmdo. schon am 20. befohlen worden, doch habe die gründliche Zerstörung der Brücken bei Lastebasse und Posta es bis zum 23. verhindert. „Trotz möglichsten Hochdruckes des Armeekmdos. und trotz Betonung der Wichtigkeit möglichst raschen Vorrückens“ könne es aber „ein Vorprellen der Infanterie ohne entsprechende Unterstützung seitens einiger mit aller Anstrengung im Vorziehen begriffener Batterien nicht verantworten“.

Die Eroberung des Mt. Cimone hatte das 3.IDKmdo. dem GM. Richard Müller übertragen. Je drei Bataillone des IR. 14 und des IR. 50 standen ihm zur Verfügung. Die Erkundung der im dichten Wald verborgenen feindlichen Stellungen dauerte länger als angenommen worden war. Zudem verschleierte Nebel die Sicht, so daß die zahlreichen Batterien am 24. nicht in volle Tätigkeit treten konnten. Das Unternehmen wurde auf dem 25. verschoben. Die Vorbereitungen ließen nun nichts mehr zu wünschen übrig. Dennoch war die Annäherung nicht leicht. „Im Gestrüpp und Gesträuch prallte man an eine Stellung, die, so hoch wie eine Gartenmauer aus Sandsäcken und Steinen aufgebaut, von einem gewaltig dicken Stacheldrahtverhau vor direktem Ansturm geschützt war1).“ Es kam zum Kampfe Mann gegen Mann. Am Abend waren die beiden Alpinibataillone, die den Berg tapfer verteidigt hatten, überwunden. Fünf Geschütze, vier Maschinengewehre und einige hundert Gefangene fielen den Siegern in die Hände. Aber der Abstieg ins Tal war damit noch nicht geöffnet. Auf dem Mt. Caviojo klammerten sich noch kleine feindliche Gruppen an, so daß es am nächsten Tage zu einem Gefechte um diese Höhe kam. Erst am 27. erreichten Patrouillen Arsiero.

Mit diesem Gefechte ging die Offensive aus Südtirol nach einer kurzen, durch schlechtes Wetter bedingten Pause in eine zweite Phase über. Indessen sei einem Rundblick auf die Geschehnisse am Isonzo, in Kärnten und an den stehenden Teilen der Tiroler Front Raum gegeben.

1) IR. 14, Ein Buch der Erinnerungen, 230.

Die Ereignisse an der Südwestfront abseits der 3. und der 11. Armee

(15. Mai bis 10. Juni)

Hiezu Beilage 17

Zu der Zeit als die k.u.k. Streitkräfte in Südtirol zum Angriff schritten, war an der bisherigen Hauptfront am Isonzo sowie in den Kärntner Grenzbergen eine Mindestzahl an Truppen verblieben. Sie sollten den in fast unveränderter Stärke gegenüberstehenden Feind binden. Täuschungsmaßnahmen verschiedener Art wurden vorgesehen.

Einem am 14. Mai nachmittags an der ganzen Front durchzuführenden Einschießen der Artillerie hatten in der nächsten Nacht Infanterievorstöße in verschiedenen Abschnitten zu folgen. Bei Tagesanbruch waren die größeren Bahnanlagen in Venetien und alle bekannten italienischen Führerstandpunkte durch starke Luftstreitkräfte anzugreifen, während die Artillerie durch das beginnende kräftige Wirkungsschießen sämtlicher Batterien zusammen mit der sich weiter entwickelnden Gefechtstätigkeit an bestimmten Frontabschnitten die Einleitung ernster Angriffe am Isonzo glaubhaft machen sollte.

Indessen hatte der Italiener die Annäherung und den Ausbau von Sturmstellungen für einen gegen die Front der 5. Armee geplanten Generalangriff mit allen Mitteln des „belagerungsmäßigen Verfahrens“ auch in den ersten Maiwochen beharrlich fortgesetzt1). Dabei kam es insbesonders auf der Karsthochfläche um die von der k.u.k. 17. ID. westlich von S. Martino gewonnene Trichterstellung (S. 215) zu andauernden Kämpfen. Nacht um Nacht versuchte der Feind in zähen Vorstößen den durch das Einbeziehen des Sprengtrichters vorgebogenen Teil unserer Kampfstellungen zurückzugewinnen. Um die Lage in diesem Abschnitte endgültig zu klären, schlug der Divisionär, FML. Edl. v. Gelb, die Besetzung der beiderseits an die Trichterstellung anschließenden italienischen Gräben vor, aus welchen die fortgesetzte Bedrohung erfolgte. Im Rahmen der geplanten Ablenkungsmaßnahmen sollte das Unternehmen durchgeführt werden.

Auch auf dem äußersten Südflügel des k.u.k. VII. Korps ergaben sich günstige Verhältnisse für ein entschiedenes Vorgehen im Sinne der beabsichtigten Bindung der feindlichen Kräfte. Der schon lange bestehende Plan, den vom Mt. Cosich (-<!>- 113) über die Höhe 121

i) Ital. Gstb. W., Text, III, 215 ff.

gegen S. Giovanni und Duino stark zurückgebogenen Südflügel der

5. Armee bei günstiger Gelegenheit in die Front Mt. Cosich—Höhe La Rocca nördlich von Monfalcone—Adriawerke—Porto Rosega vorzuverlegen und dadurch erheblich zu verkürzen, sollte nunmehr verwirklicht werden.

Am 14. Mai nachmittags eröffnete die öst.-ung. Artillerie vom Krn bis zum Meere das Feuer. Um 9h abends erstürmten nach kurzer Beschießung des Einbruchsraumes und gleichzeitiger Sprengung eines gegen die feindliche Stellung vorgetriebenen Minenstollens Truppen der 17. ID. die italienischen Gräben im Anschlüsse an die Trichterstellung in einer Ausdehnung von 300 m und wehrten die von verschiedenen Regimentern sofort einsetzenden Gegenstöße ab. Gefangene von Truppen der 21. und der 22. ID. der Italiener blieben in der Hand der Angreifer.

Um die gleiche Zeit sollte auf dem Südflügel des VII. Korps im Abschnitte der 106. LstlD. ein vorbereiteter nächtlicher Handstreich zur Wegnahme der Adriawerke durchgeführt werden. Das Unternehmen erlitt aber durch das Abwarten der verspätet eintreffenden mitwirkenden Marineflieger eine Verzögerung und drang dann nicht mehr durch. Trotzdem vermochten die vorstoßenden Truppen der 187. Lst.-IBrig.1) dem Feinde eine vorgeschobene Stellung knapp vor den Werftanlagen zu entreißen und sich dort zu behaupten.

Am Spätnachmittag des 15. Mai brachen die bewährten Egerländer des LstlR. 6 und Teile des k.k. LstlBaons. 152, von der Artillerie in gewohnt ausgezeichneter Weise unterstützt, aus ihren Gräben auf der Höhe A 121 in einem schwungvollen Anlauf gegen die italienischen Stellungen auf dem Rücken La Rocca nördlich von Monfalcone vor. Nach kurzem erbitterten Nahkampf warfen sie den Feind aus seiner ersten Linie heraus und nahmen ihm über 160 Mann von drei Kavallerieregimentern an Gefangenen ab. Der den Angriff leitende Kommandant der 111. LstlBrig., Obst. Göttlicher, beabsichtigte, den errungenen Erfolg am nächsten Tage weiter auszubauen und auch die zweite italienische Linie zu nehmen. Aber die Erschöpfung der zumeist älteren Jahrgängen angehörenden Truppen und das Ausscheiden zahlreicher, in den letzten Tagen unbrauchbar gewordener Geschütze, nicht zuletzt auch die erheblichen Verluste der 106. LstlD.2) ließen den Plan schei-

rj Sie bestanden aus dem von Tirol vorübergehend zur Täuschung an den Isonzo zurückverlegten IBaon. 1/27 und aus dem k. k. LstlBaon. 30.

rj Die an den Kämpfen beteiligten 10 Bataillone der durch die 187. LstlBrig. verstärkten 106. LstlD. hatten am 14. und 15. Mai einen Gesamtverlust von 1300 Mann.

tern. Der Italiener verstärkte den erschütterten Abschnitt von Monfal-cone sofort durch mehrere Bersaglieribataillone, aber seine Versuche zur Wiedergewinnung der verlorenen Stellungsteile blieben zunächst ohne Erfolg.

Ein gleichzeitig auf dem Nordhange des Mt. S. Michele von Truppen der 20. HID. durchgeführtes kleineres Unternehmen drang nicht durch. Hingegen hatte die 17. ID. an diesem Tage mehrere italienische Gegenangriffe in den westlich von S. Martino gewonnenen Stellungen mühelos abgewehrt.

Im Anschlüsse an die in der Nacht auf den 16. Mai im allgemeinen sehr wirksam durchgeführten Ablenkungsvorstöße an der Karstfront griffen bei Tagesanbruch starke Geschwader unserer Land- und Seeflieger die militärisch wichtigsten Ausrüstungsstätten, Verkehrsknotenpunkte und feindlichen Führerstandorte in Venetien mit Bomben an und erzielten nach mehrfachen Luftkämpfen an vielen Stellen große Wirkungen.

Am oberen Isonzo drangen Stoßtrupps am 14. Mai bei Tolmein, am 15. an der ganzen Front der 50. ID. vom Krn bis zum Isonzo in die italienischen Sappenstellungen ein, führten Zerstörungen durch und zogen sich unter Mitnahme von Gefangenen in die eigenen Stellungen wieder zurück. Südlich davon überfiel ein Halbbataillon der 1. ID. zwei Stützpunkte der 7. und 13. ID. der Italiener auf den Osthängen des Kolovratrückens und zerstörte sie. Beim XVI. Korps beschränkten sich die Täuschungsmaßnahmen auf kleinere Patrouillenunternehmen. Aber auch hier gelang es der 21. LstlBrig. trotz der Wachsamkeit des Feindes und der kräftig einsetzenden Gegenwirkung am 15. Mai abends südlich vom Mt. Sabotino in die Gräben der Italiener einzubrechen.

Damit hatten die zur Ablenkung und Bindung des Feindes vom

5, Armeekmdo. angeordneten Unternehmungen am Isonzo ihren Abschluß gefunden.

So wie bei der 5. Armee waren auch an der Kärntner Front vom 14. Mai an neben erhöhter Artillerietätigkeit Ablenkungsvorstöße und Täuschungsmaßnahmen vorbereitet worden. Regen und dichter Nebel verzögerten ihren Beginn und erst als sich am 15. mittags das trübe Wetter allmählich aufheiterte, kam es in allen Abschnitten zu lebhaften Artilleriegefechten und Plänkeleien, die aber nirgends zu größeren Kampfhandlungen führten.

Während die Aufmerksamkeit von beiden Gegnern in den folgenden Wochen gespannt auf die Ereignisse im Kampfraume zwischen Etsch und Brenta gerichtet blieb, war den äußerst geschwächten k.u.k..

Armeen am Isonzo und an der Kärntner Grenze im Sinne der erhaltenen Aufträge (S. 213) eine abwartende Rolle zugedacht. Erst in der zweiten Juniwoche lebten die Kämpfe wieder auf.

Auch in den Verteidigungsabschnitten Tirols wurden vom 15. Mai an Scheinunternehmungen durchgeführt. Hier galt es vor allem, den Feind über die Richtung und Ausdehnung des Hauptangriffes zu täuschen.

Im Abschnitt von Riva erfolgten heftige Feuerüberfälle und kleine Vorstöße. Aus den Fassaneralpen gingen zahlreiche Stoßtrupps vor und beunruhigten den Feind in so wirksamer Art, daß er sich veranlaßt sah, Verstärkungen heranzuführen.

Ein seltsames Spiel des Zufalls wollte es, daß in dem Augenblicke, als die Verteidiger der Dolomiten mit ihren betonten Feuerüberfällen einsetzten, die Italiener gerade bereit waren, die Ende April unterbrochenen Angriffe zu erneuern. Ihr Ziel war der Mt. Sief, westlich des Col di Lana (S. 211). Die tapfere Besatzung, die abwechselnd vom Tiroler LstlBaon. 165 und von Bosniern des Bataillons V/bh. 2 gestellt wurde, harrte aus, mochte auch das äußerst heftige Vernichtungsfeuer die Verteidigungsanlage erschüttern. Tag für Tag wiederholten die Italiener ihre Angriffe, bis es ihnen am 21. gelang, den Gratstützpunkt zu überwinden — ein mit großen Opfern erkaufter kleiner Erfolg.

Der Stützpunkt hatte seine Aufgabe erfüllt; die Siefhangstellung war ausgebaut, an ihr zerschellten in den darauffolgenden Tagen alle feindlichen Anstürme. Die Italiener vereinigten ihre artilleristische Überlegenheit gegen die Stellungen vom Col di Rode bis zum Settsass und wiederholten diese Angriffe ohne Rücksicht auf die hohen Verluste, die sie erlitten. Die Kämpfe erreichten am 27. ihren Höhepunkt. An diesem Tage ging ein ganzes Regiment gegen die Siefhangstellung vor, drang in die Gräben der Verteidiger ein, wurde aber nach wütendem Handgemenge hinausgeworfen. Ein gleichzeitiger Angriff gegen den Col di Rode und den Siefsattel brach im Sperrfeuer zusammen. Von diesem Zeitpunkt an wendete der Feind seine Aufmerksamkeit auf andere Punkte der Dolomitenfront1).

An der Westfront Tirols kam es nur zu kleinen Gefechten im oberen Val Genova, die zu einer geringfügigen Berichtigung der im April besetzten Stellungen führten. Auch im Ortlergebiet flackerten zeitweise kleine Gefechte auf. Infolge der Offensive aus Südtirol zogen die Italiener einige Alpinibataillone von der Tiroler Westfront ab, worauf hier wieder Ruhe eintrat.

J) P e n g o v, 450 ff.

Die Schlacht bei Asiago und Arsiero

(27. Mai bis 16. Juni)

Hiezu Beilagen 15, 16 und 17 Die Absichten für die Weite rführung der Offensive

Bei der Teilung der Angriffsfront am 17. Mai hatte das Heeresgruppenkmdo. den Astico als Trennungslinie der beiden Armeen vorgezeichnet und im Rahmen der der Heeresgruppe gegebenen Aufgabe, Vorstoß auf Thiene—Bassano, der 11. Armee befohlen, ,,auf Thiene vorzudringen“ und gleichzeitig die rechte Flanke der Heeresgruppe zu sichern, während die 3. Armee zunächst mit dem III. Korps den Raum um Asiago zu gewinnen hatte.

Wie GO. Dankl seine Aufgabe durchzuführen gedachte, hatte er am 19. dem Erzherzog Eugen berichtet. Es traf sich, daß der Bericht zu dem Zeitpunkt in Bozen einlangte, als der Feind vor dem XX. Korps zusammenbrach. Unter dem Eindruck dieses Ereignisses fand das Heeresgruppenkmdo., daß der Plan zu „systematisch“ sei, ohne jedoch eine grundlegende Änderung zu verfügen (S. 297). Am 22. abends, als die 3. Armee rasche Fortschritte machte und die Meldung einlief, daß am linken Flügel der 11. Armee Barcarola im Asticotale und der Mt. Cimone ohne Kampf besetzt wurden, deutete das Heeresgruppenkmdo. beiden Armeeführern an, sie mögen sich durch tatkräftige Aufklärung die Grundlagen für ihre weiteren Maßnahmen verschaffen (S. 298). Es sollte vor allem erkundet werden, ob die vor den inneren Flügeln der beiden Armeen liegenden Werke Casa Ratti und Punta Corbin noch vom Feinde besetzt waren. Dem 3. Armeekmdo. wurde aufgetragen, das

I. Korps, sobald Klarheit darüber gewonnen sei, ob der Raum von Asiago ohne größeren Kampf gewonnen werden könne, über die Hochfläche von Lavarone nachzuziehen, wobei zwei Divisionen als rechte Kolonne im Asticotale vorgehen sollten.

Am 23. drahtete das Heeresgruppenkmdo. der Heeresleitung, die Erfolge der letzten Tage und die schweren Verluste beim Feinde ließen erhoffen, daß die Heeresgruppe imstande sein werde, schon mit ihren jetzt vorhandenen Kräften den Stoß bis in die Ebene weiter zu führen. Dennoch bäte es, die in Aussicht gestellte Division (S. 268), und wenn möglich, noch eine zweite baldigst zu senden. Die Heeresleitung befahl darauf die Überführung der 9. ID. vom Isonzo nach Tirol.

Am Abend gab das Heeresgruppenkmdo. allgemeine Richtlinien für die Fortsetzung der Offensive. Es wies die 3. Armee an, nach Gewinnung des Raumes um Asiago den Angriff bis in die Linie Bassano— Breganze weiterzuführen, sagte der 11. Armee, ihre Aufgabe bliebe wie bisher „Vorstoß auf Thiene“ und bestimmte als neue Grenze zwischen beiden Armeen eine Linie, die, von der Asticobrücke bei Pe-descala ausgehend, über Campiello zum Mt. Faraoro, dann nach Cal-vene und weiter zur Asticobrücke westlich von Breganze zu ziehen war. Durch diese sehr bedeutsame Änderung der Abschnittsgrenze hoffte das Heeresgruppenkmdo., die inneren Armeeflügeln zusammenzuhalten. Dem 3. Armeekmdo. befahl es ferner, von Asiago aus eine mit schwerer Artillerie gut ausgestattete Gruppe in nordöstlicher Richtung vorzuschieben. Diese habe im Verein mit den im Suganatal angesetzten Kräften die Befestigungen bei Primolano zu nehmen und so die Straße und die Bahn durch das Brentatal nach Bassano freizumachen.

Die Verlegung der Trennungslinie der Armeebereiche ging ganz zu Lasten der 11. Armee und wurde für diese um so mehr zu einer Verlegenheit, als ihr linker Flügel eben am 23., entgegen den Meldungen vom Vortage, noch nördlich des Mt. Cimone und der Talsperre Casa Ratti anscheinend auf starken Feind gestoßen war. Jedoch auch nach Überwindung dieses Feindes und nach Besitznahme des Mt. Cimone blieb es eine äußerst schwere Aufgabe, aus dem Asticotale, etwa aus der Gegend von Barcarola, auf die fast 800 m steil und felsig aufragende Punta Corbin zu gelangen, die jetzt in den Bereich der 11. Armee fiel. Das Schwergewicht dieser Armee lag zur Zeit auf ihrem rechten Flügel. Eben war die KSchD. in die Vallarsa vorgerückt. Wenn die Kämpfe des XXI. Korps auch nicht jenen raschen Fortgang nahmen, den das Armeekmdo. erwartete, so war doch gute Aussicht vorhanden, daß das VIII. Korps den Pasubio alsbald nehmen werde, um dann, über den Mt. Alba südostwärts fortschreitend, den rechten Flügel des XX. Korps zu entlasten und mittelbar die Ausdehnung dieses Korps bis zu der vom Heeresgruppenkmdo. neu festgesetzten Armeegrenze zu gestatten. Das Armeekmdo. sah sich also zur Änderung der seinen Korps gegebenen Ziele am 23. noch nicht veranlaßt. Als es jedoch in den nächsten beiden Tagen fraglich wurde, ob der rechte Armeeflügel vorwärts kommen werde, erwog es einen Wechsel der Hauptangriffsrichtung, traf aber noch keine Entscheidung. Ja, es zog die Armeereserve, die 44. SchD., in der Nacht auf den 25. nach Rove-reto—Volano vor, was eher auf eine beabsichtigte Verwendung auf dem rechten Flügel hindeutete.

Dem Heeresgruppenkmdo., das von der Heeresleitung über seine Absichten befragt wurde, trat jetzt angesichts der raschen Fortschritte des III. Korps jener wuchtige Keil, den das AOK. Teschen seinerzeit gezeichnet hatte, wieder bildhaft vor Augen. Mit Ungeduld sah es, daß seine mehrmals gegebenen Anregungen zur Aussendung von Verfolgungsabteilungen (S. 297) nicht jene Wirkung auslösten, die es erhofft hatte. Daher brachte es in einem Befehlsschreiben vom 25. Mai beiden Armeeführern und zu größerem Nachdrucke auch allen Korpskommandanten die der Heeresgruppe vorgezeichnete Aufgabe in Erinnerung und knüpfte daran den Appell: „Wir wollen und müssen in die Ebene Vordringen und hiezu die Ausgänge aus dem Gebirge in den Richtungen Thiene und Bassano ohne Zeitverlust in Besitz nehmen.“ Das Heeresgruppenkmdo. erklärte ferner, daß die auf dem rechten Flügel der 11. Armee angesetzten starken Kräfte hinreichten, um die Flanke der Heeresgruppe zu decken, selbst wenn diese Kräfte nur langsam gegen die angestrebte Linie Coni Zugna—Cm. Posta—Mt. Civillina Raum zu gewinnen vermöchten. Dessenungeachtet müsse es jedoch verlangen, daß „der linke Flügel — das XX. Korps und möglichst starke Teile des VIII. —, ohne auf das Herankommen der gesamten schweren Artillerie zu warten, die Offensive in der Hauptrichtung Thiene fortsetze“. Hiebei sei „im Zusammenwirken mit der 3. Armee ein Vordringen in kürzester Richtung durch das Asticotal und über dessen westliche Begleithöhen anzustreben, um möglichst bald den Talausgang bei Piovene in Besitz zu bekommen“.

Von einer Verstärkung der inneren Flügel der Armeen war in diesem Befehle allerdings nichts zu lesen. Doch scheint FML. Krauss, der das Befehlsschreiben persönlich nach Trient brachte, beim Armeekmdo. angeregt zu haben, die 44. SchD. zum linken Armeeflügel vorzuziehen. Auch setzte er es in Kenntnis, daß die in den nächsten Tagen heranrollende 9. ID. der 11. Armee unterstehen werde1). Bei der folgenden Unterredung wurden jedoch die Zweifel über die Art der Durchführung des Angriffes gegen den Bergklotz Punta Corbin—Mt. Cengio—Mt. Barco nicht behoben. Obwohl auch das Heeresgruppenkmdo. der Ansicht war,

Die vom Isonzo kommende 9. ID. wurde vom 27. bis zum 31. Mai in Ma-tarello und Calliano ausgeladen. Kriegsgliederung: 9. ID. Kmdt.: FML. v. Schenk; 17. IBrig.: Obst. Steinsberg, IR. 91 (3), 102 (3); 60. IBrig.: GM. Ritt. v. Gruber, IR. 30 (3), 80 (3); Dionskav.: RSchwd. UR. 12; 9. FABrig.: Obst. Edl. v. Filz, FKR. 9 (4), FH R. 9 (4), sFAR. 9 (2); 5. Komp. SB. 2; 9494 Feuergewehre, 100 Reiter, 52 Geschütze.

daß diese Höhen von Osten her, also von der 3. Armee aus, viel leichter in Besitz genommen werden könnten, als durch den linken Flügel der 11. Armee aus dem Asticotale, blieb die zuletzt festgesetzte Armeegrenze bestehen, die den Bergstock mitten überquerte.

Das 11. Armeekmdo. war vor eine äußerst schwierige Aufgabe gestellt. Es teilte keineswegs die Anschauung des Heeresgruppenkmdos., dem offenbar — allerdings, ohne es klar auszusprechen — eine Art Talstoß vorschwebte. Es war auch nicht wie dieses der Meinung, daß die Höhen beiderseits vom Astico, die den Austritt in die Ebene sperrten, leicht erobert werden könnten. Ferner mußte es sich fragen, ob der Zeitpunkt schon gekommen war, auf den Gewinn der großen Straße Rovereto—Schio zu verzichten. Die Kämpfe des XXI. Korps um den Rücken Coni Zugna—C. di Mezzana stockten, doch die des VIII. Korps um den Pasubio schienen fortzuschreiten. Die Meldungen vom 25. abends ließen einen baldigen Erfolg erwarten.

GO. Dankl plante, nach Besitznahme des Pasubio und der Höhen nördlich von Arsiero das XX. Korps im Verein mit dem VIII. Korps gegen den befestigten Raum Mt. Priaforä—Cornolö—Mt. Novegno angreifen zu lassen. Verzögerte sich jedoch wider Erwarten die Besitznahme des Pasubio und des Mt. Forni Alti, so gedachte er, das XX. Korps durch Teile des VIII. zu verstärken und gegen den befestigten Raum des Mt. Priaforä anzusetzen.

Am 26. früh wußte GO. Dankl, daß der Angriff gegen den Pasubio verschoben werden mußte, hingegen der Mt. Cimone erobert worden war (S. 300). Das XX. Korps meldete, es sei der Meinung, durch die Einnahme des Mt. Cimone die italienische Hauptwiderstandslinie durchbrochen zu haben. Der Korpskommandant „erlaube sich daher zur Erwägung zu stellen, ob diese Situation nicht durch ein weiteres Vorstoßen der 11. Armee in der allgemeinen Richtung Thiene auszunützen wäre“. Er stelle sich das Unternehmen so vor, „daß von Arsiero aus gegen den Höhenrücken P. Campedello—Mt. Summano vorgegangen, hiedurch der Priaforärücken von rückwärts (von Osten her) genommen und gleichzeitig kräftig gegen Südosten vorgestoßen werden würde“. Hiezu benötigte das XX. Korps allerdings mindestens eine dritte Division und wesentlich stärkere Artillerie. Selbstverständlich könne diese Absicht erst ausgeführt werden, wenn der westliche Teil der Hochfläche von Asiago durch die 3. Armee genommen war. Von höchster Wichtigkeit sei es, daß sich die im Asticotale befindliche 34. ID. des Raumes Cm. Arde—Punta Corbin bemächtigte.

Das 11. Armeekmdo. hatte sich unterdessen, vom Heeresgruppenkommando dazu gedrängt, schon den schweren Entschluß abgerungen, auch ohne Besitz des wichtigsten Eckpfeilers der ganzen Front, des Pasubio, den Angriff fortzusetzen. Es befahl der 44. SchD. am Abend, über Calliano nach Folgaria zu marschieren, und unterstellte sie dem XX. Korps. Ferner bestimmte es für die weitere Vorrückung dieses Korps in der allgemeinen Richtung auf Thiene den Angriffsstreifen zwischen der vom Heeresgruppenkmdo. zuletzt festgesetzten Armeegrenze und der Linie Mt. Maggio—Ostrand Posina—Mt. Spin—

5.    Catarina und gab ihm die Aufgabe, im vollen Einklang mit dem rechten Flügel der 3. Armee zunächst dessen Vorrückung über die Val d’Assa durch flankierendes Artilleriefeuer zu unterstützen und sich sodann „nach allergründlichster Artillerievorbereitung“ in den Besitz des Rückens Mt. Cogolo—Mt. Summano zu setzen. Das VIII. Korps sollte mit starkem linkem Flügel im Einklang mit dem XX. Korps den Mt. Alba angreifen, die Stellungen gegenüber dem Pasubio festhalten und in der Vallarsa allmählich gegen den Piano della Fugazza vordrücken. Das XXI. Korps behielt seine bisherigen Aufgaben, hatte die

6.    GbBrig. abzulösen und sie dem VIII. Korps rückzustellen. Diese Anordnungen wurden dem Heeresgruppenkmdo. zur Kenntnis vorgelegt.

GO. Kövess hatte, über seine Pläne befragt, schon am 25. nachmittags gemeldet, es sei die Absicht des III. Korpskmdos., am 27. mit der 22. SchD. und der halben 28. ID. in der allgemeinen Richtung gegen Südosten in den Raum von Asiago vorzustoßen. Hiezu habe die 22. SchD. am 26. die Höhen Mt. Dorole zu gewinnen und Sicherungsabteilungen in die Gegend der Cra. Zingarella und des Mt. Fiara vorzutreiben. Die

6. ID. werde am 26. in den Raum Osteria dei Termine—Osteria dei Ghertele vorgezogen. Es wäre erwünscht, daß am 27. auch schon Teile des I. Korps die Höhen bei der Punta Corbin in Besitz nähmen. Daher bäte das Armeekmdo., die 34. ID. im Laufe der Nacht zum 26. mit der Spitze bis Lastebasse vorschieben zu dürfen.

Das Heeresgruppenkmdo. war mit dem Vorziehen der 34. ID. einverstanden. Es berichtete am 26. der Heeresleitung seine zuletzt gegebenen Aufträge sowie die von beiden Armeen gemeldeten Absichten. In Teschen wurde der Bericht mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, jedoch bemerkt, man habe den Eindruck, daß die schwierigen Angriffe auf dem rechten Flügel der 11. Armee, die anscheinend einer ausreichenden, einheitlich geleiteten Artillerieunterstützung entbehrten, immer mehr Kräfte verbrauchten, die für das vom Heeresgruppenkmdo.

der 11. Armee gesteckte Hauptziel, auf Thiene vorzustoßen, verloren gingen. Daraufhin antwortete das Heeresgruppenkmdo. am 27. Mai, es habe sich in den letzten Tagen wiederholt veranlaßt gesehen, das

11. Armeekmdo. auf die ihm vorgezeichnete ,,Hauptangriffsrichtung Thiene“ hinzuweisen. Die derzeitige abweichende Angriffsrichtung des

XXI. und des VIII. Korps sei in dem Streben begründet, eine zur Flankensicherung gegen Süden günstige Linie (Coni Zugna—Cm. Posta—Re-coaro) zu gewinnen, die es ermöglichen würde, mit dem XXI. Korps allein den Flankenschutz der Heeresgruppe zu bewirken. Daß in den Kämpfen des XXI. und des VIII. Korps die Artillerieunterstützung geringer sei als in den ersten Tagen der Kriegshandlung, finde seine Erklärung in den Hemmnissen, schwere Batterien vorwärts zu bringen. Überdies herrsche jetzt in den sehr hoch gelegenen Kampfräumen trübes, unsichtiges Wetter. Es treffe aber nicht zu, daß es in diesen Kämpfen an einheitlicher Leitung der Artillerieunterstützung fehle.

Im Anschluß daran meldete das Heeresgruppenkmdo. zur Lage bei der 3. Armee, daß der Feind im Raume Asiago—Gallio—Mt. Inter-rotto starke Kräfte versammle. Das III. Korps werde den Angriff auf Asiago mit starkem linkem Flügel zwischen dem Assatal und der Val di Nos fortführen und hiezu die 6. ID. auf diesem Flügel einsetzen. Die Sicherung gegen Ost habe die 2. GbBrig. zu übernehmen. Die 8. GbBrig. werde in denselben Raum herangezogen. Das Heeresgruppenkmdo. erklärte, es messe den Kämpfen um Asiago eine entscheidende Bedeutung bei. Daher habe es am 27. vormittags das ganze I. Korps der 3. Armee zur Verfügung gestellt, um ihr nach Besitznahme von Asiago ein kräftiges Vordringen bis in die Linie Bassano—Breganze zu ermöglichen. Man könne hoffen, daß mit diesen Kräften der Austritt aus dem Gebirge zu erzwingen sein werde; doch für die Fortsetzung der Kämpfe in der Ebene würden sie kaum hinreichen. Bei der zahlenmäßigen Überlegenheit des italienischen Heeres gegenüber den Gesamtstreitkräften der Südwestfront habe es der Feind noch immer in der Hand, der Heeresgruppe neue, beträchtliche Kräfte entgegenzustellen. Es wäre daher sehr wertvoll, wenn für weiteren Kraftzuschuß Vorsorge getroffen würde. Nach Ansicht des Heeresgruppenkmdos. könnten vielleicht der

5. Armee für diesen Zweck noch weitere Truppen entnommen werden.

Die Heeresleitung hatte dem Heeresgruppenkmdo. am 21. Mai zwei voll ausgebildete Marschbataillone zur Verfügung gestellt, die aus zehn von der 48. ID. in Kärnten zurückgelassenen Marschkompagnien zusammengesetzt worden waren. Zur Ablösung angriffsfähiger Truppen des Landesverteidigungskommandos in Tirol wurden ferner die k. u. LstIBaone. 11/30, 111/30 und IV/23 aus der Herzegowina nach Tirol gefahren; des weiteren erhielt der Kommandierende General in BHD. den Auftrag, die 28. LstGbBrig. bereitzustellen. Diese Brigade mochte etwa vom 6. Juni an in Tirol eintreffen und war gleich den vorgenannten Bataillonen zu verwenden x).

Wegen einer Entnahme von Kräften aus der 5. Armee meldete GdI. Boroevic auf eine Anfrage aus Teschen, daß ohne äußerster Gefährdung der Isonzofront nur noch die 61. ID. abgezogen werden könne, woraufhin am l.Juni deren Überführung nach Tirol angeordnet wurde. Zugleich ließ die Heeresleitung den Erzherzog Eugen am l.Juni wissen, daß an die 61. ID., die bis zum 15. Juni in Tirol eingetroffen sein dürfte, voraussichtlich noch eine vollwertige Division vom russischen Kriegsschauplätze anschließen werde. GO. Conrad wollte diese Division im Einvernehmen mit der DOHL. dem im Verbände der Heeresgruppe Prinz Leopold stehenden k.u.k. XII. Korps entnehmen. Als jedoch GdI. Falkenhayn am 28. Mai die Bitte abschlug, mochte Conrad daran gedacht haben, die Division aus einer öst.-ung. Armee der Nordostfront auslösen zu können.

Die Besitznahme von Asiago (26. bis 29. Mai)

Am 26. Mai sollte bei der 22. SchD. eine Atempause eintreten (S. 290). In dieser Zeit hatte die 2. GbBrig., die mit drei Bataillonen zu Mittag die Bocchetta di Portule erreichte, die Schützen auf dem Nordflügel der Division zwischen Cm. Dodici—Cn. di Campo verde abzulösen. Unterdessen unternahmen Teile der Brigade Lombardia sowie Ber-saglieri einen Versuch, den Mt. Cucco zurückzugewinnen. Sie wurden von der Gruppe Obstlt. Tenner zurückgewiesen (S. 289). Die 18. IBrig. klärte mit starken Nachrichtenabteilungen auf. Ein Halbbataillon des IR. 73 faßte bei Tagesanbruch mit keckem Zugriff den Feind auf dem Mt. Mosciach an, überrumpelte ihn, nahm etwa 100 Mann gefangen und erbeutete sechs Geschütze2). Erst im Laufe des Tages erkannten die

*) Derzeitige Kriegsgliederung der 28. LstGbBrig.: Kmdt.: Obst. Schutte; k.u. LstIBaone. V/2, VIII/17, VIII/19, 111/20, 111/25; 6. KnBt. GbAR. 5, 3. KnBt. GbAR. 6.

2) Der Führer des Halbbataillons, Oblt. Miezislaus Skulski des IR. 73, wurde für diese hervorragende Waffentat mit dem Ritterkreuze des Militär-Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet.

kühnen Egerländer, daß ihnen mehr als zwei Bataillone gegenüberstanden, mit denen sie zunächst allein, dann durch zwei Kompagnien verstärkt, einen grimmigen Kampf zu bestehen hatten. Die Italiener führten Gegenangriffe, um die Geschütze zurückzuerobern, doch wurden sie im Handgemenge und durch das Kartätschenfeuer ihrer eigenen Kanonen, die jetzt die „Egerländer“ bedienten, zurückgeschlagen1). Eine andere Nachrichtenkompagnie, die nahe an die Höhe -cj>- 1451 nordwestlich des Mt. Interrotto herangekommen war, mußte sich allerdings mit der Feststellung begnügen, daß der Bergrücken vom Feinde stark besetzt sei. Auch nordöstlich des Mt. Mosciach drang die Aufklärung über den Mt. Zebio und über den Mt. Zingarella nicht durch. Also folgerte man am 26. abends, daß der Feind auf demOstrand der Val di Galmarara erneuten Widerstand leisten wolle.

Gegenüber dem III. Korps waren außer den geschlagenen vier Brigaden der italienischen 34. ID. bis nun die Brigaden Lombardia und Catanzaro, dann das Bersaglieriregiment 5 und drei Radfahrbataillone festgestellt worden. Ferner bestätigten Gefangene die Anwesenheit der Grenadierbrigade und der Brigade Etna und sagten aus, daß in der Umgebung des Mt. Mosciach und des Mt. Interrotto starke Kräfte stünden, die eben vom Isonzo eingetroffen seien. Ungeklärt war die Lage vor dem äußersten Nordflügel des Korps und auch vor der 28. ID. südlich des unteren Assatales.

FML. Krautwald gedachte den Angriff gegen Asiago am 28. Mai durchzuführen. Hiezu hatte sich am 27. die 22. SchD. mit der 12. IBrig., die dem GM. Kochanowski unterstellt wurde, im Raum Assatal—Mt. Mosciach, mit der 18. IBrig. südlich vom Mt. Zebio und mit der 43. SchBrig. im Raume Cra. Zingarella—Mt. Zingarella links nach hinten gestaffelt, zu gruppieren. Die Gegend nördlich der 43. SchBrig. bis zur Cm. Dodici sollte die 2. GbBrig. sichern. Dem Kommandanten der 6. ID., FML. Fürst Schönburg, wurde befohlen, die 11. IBrig. am 27. zur Bocchetta di Portule und am 28. in den Raum Cn. di Campo verde— Mt. Zebio vorzusenden und die Führung des linken Korpsflügels samt der 2. GbBrig. zu übernehmen. Der 28. ID. wurde aufgetragen, im Einvernehmen mit der 22. SchD. den Angriff in der allgemeinen Richtung Roana—Canove durchzuführen. Aus dem Raume westlich von Roana war dieser Angriff durch Scheinunternehmungen zu unterstützen; er sollte erst nach jenem der 22. SchD. erfolgen. Ein Regiment der 28. ID. wurde als Korpsreserve bestimmt. Die Masse der Artillerie hatte den Auf-

J) Der Heimat Söhne im Weltkrieg, Der Egerländer, Juniheft 1927.

marsch auf der Hochfläche von Verena fortzusetzen, mehrere Gebirgs-batterien wurden den einzelnen Brigaden zugeteilt. In seiner Meldung an die Armee sagte das III. Korpskmdo. unter anderem: „Gelingt es

der 22. SchD. am 27., die Linie Mt. Zingarella—Mt. Zebio--c^-1651 zu

erreichen, so greift sie am 28. mit 12. und 18. IBrig. in erster Linie, mit der 43. SchBrig. hinter dem linken Flügel zwischen Val d’Assa und Val di Nos an. Die 11. IBrig. und die 2. GbBrig. setzen die Vorrückung gegen Osten, mit dem Südflügel längs der Linie Mt. Zebio—Mt. Baldo— Mt. Meletta fort.“ FML. Krautwald rechnete ferner damit, daß die noch fehlenden zwei Bataillone der 2. GbBrig. sowie die 8. GbBrig. etwa am 28. auf der Hochfläche von Vezzena eintreffen mochten. Sie sollten in der Folge dem 6. IDKmdo. unterstellt werden.

Zur Durchführung der ihm gegebenen Aufgabe hielt GM. Kochanowski es vor allem für notwendig, die Straße im Galmararatal zu gewinnen und daher den Feind von den Randhöhen östlich dieses Tales zu vertreiben. Die 12. GbBrig. rückte von der C. Le Mandrielle über die Osteria del Ghertele zur Brücke-<}>-981 im Assatale vor und stellte sich, wie befohlen, zum Angriff bereit. Die 18. IBrig. sammelte sich nach vorn in der Val di Portule. Dichter Nebel und Regen erschwerten das Bereitstellen der Infanterie und behinderten die Tätigkeit der Artillerie. Das Ergebnis der Aufklärung war dürftig. Es gab Meldungen, daß der Feind den Mt. Dorole und den von diesem Gipfel südwestlich abstreichenden Bergrücken geräumt habe; dann wieder hieß es, daß er die Höhen östlich des Galmararatales noch besetzt halte. Durch einen ausführlichen Bericht der 22. SchD. aufmerksam gemacht, verstärkte sich beim Korpskmdo. indessen die Ansicht, daß der Feind erhebliche Kräfte nördlich von Asiago gesammelt habe, und es möglicherweise am Nordflügel der 22. SchD. sowie auch bei der

2. GbBrig. zu ernsteren Kämpfen kommen werde. Das Korpskmdo. hielt es daher am 27. mittags für erwünscht, daß vor der Schwenkung gegen Asiago und Gallio zunächst der Nordflügel vollständig gesichert sei. Deswegen und weil auch eine gründliche Artillerievorbereitung bei der Hauptangriffsgruppe am 28. noch nicht erwartet werden konnte, sollte die Kriegshandlung gegen Asiago erst am 29. durchgeführt werden.

Die am 27. angeordnete Verschiebung des Angriffsbeginnes wurde dem Armeekmdo. und von diesem weiter gemeldet. Das Heeresgruppenkmdo. gab der Meinung Ausdruck, daß sogar ein späterer Zeitpunkt für das Unternehmen über die Val di Galmarara in Kauf genommen werden müßte, um eine kraftvolle Durchführung mit ausgeruhten Trup-pen, bei kräftiger Artillerieunterstützung zu ermöglichen, damit dann der Stoß womöglich in einem Zuge bis Asiago durchdringe. Die Heeresleitung stimmte diesen Ausführungen vollkommen zu.

Da brachte die Morgenmeldung vom 28. eine Überraschung. Die

12. IBrig. hatte schon am 27. abends den Mt. Dorole und den ganzen bewaldeten Bergrücken, der zum Mt. Interrotto abfällt, sowie die Straßensperre Val d'Assa in Besitz genommen. Sie ging nun gegen den Ort Camporovere und den Mt. Katze vor. Auch gegenüber der 18. IBrig. und der Gruppe Schönburg war der Feind zurückgegangen. In breiter Front rückten die Truppen des Nordflügels ostwärts vor. Man ge-wärtigte den Feind in einer neuen Linie unweit der verlassenen Stellungen wieder anzutreffen. Am 28. nachmittags gab es beim Korps-kmdo. eine zweite erfreuliche Überraschung: die Assaschlucht war bei Canove von Teilen der 28. ID. überschritten worden. Noch in der vorhergehenden Nacht hatten Patrouillen der 56. IBrig. nirgends über den Talgrund zu dringen vermocht. Aber am Morgen war der Feind gewichen. Das FJB. 11 drang, die Lage rasch erfassend, sogleich über die Schlucht, und GM. Hugo Schmid, der über die Vorgänge im Raume des Mt. Interrotto unterrichtet war, säumte nicht, den Erfolg auszunützen. Er ließ den Jägern die ganze Brigade nachrücken. Abends stand sie in einem flachen Bogen um Canove, eine Kompagnie in Asiago. Indessen hatte Obst. Kliemann, der mit zwei Bataillonen des IR. 47 und mit dem FJB. 24 auf dem Westflügel des III. Korps stand, vergebliche Versuche unternommen, aus dem Raume Castelletto und Pedescala den Südrand der Val d’Assa zu gewinnen. Am 27. mußten zwei Kompagnien ausgewählter Mannschaften, die die Cm.Arde erklimmen wollten, knapp vor ihrem Ziele, vor unersteigbaren senkrechten Felswänden, über denen der Feind saß, umkehren. Der Erfolg der 56. IBrig. bei Canove ermunterte den Obst. Kliemann zu neuem Handeln. Da die Punta Corbin auf dem Wege über die Cm. Arde nicht zu erreichen war, rückte er am 28. abends von Pedescala talaufwärts und dann über Fußsteige nach Mosca und Panega. Nach beschwerlichem nächtlichem Anstieg trafen seine Bataillone am 29. früh am Höhenrande auf den Feind. Nach kräftiger, zuerst durch Nebel lange behinderter Wirkung der Artillerie erzwang sich die tapfere Schar in zahlreichen Einzelkämpfen den Austritt auf die Hochfläche, wo alsbald ein Stützpunkt nördlich von Conca in ihre Hände fiel1). Nun wandte sich das FJB. 24 nach Westen und drang an der Cm. Arde vorbei gegen 5 h nachm. in x) Vogelsang, 418.

das stark ausgebaute, allerdings kaum verteidigte Panzerwerk Punta Corbin ein.

Für die verhältnismäßig leichte Besitznahme der Südseite der Assaschlucht wurde zunächst keine rechte Erklärung gefunden. Dem Generalstabschef der Heeresgruppe erschien es möglich, daß der Feind seine Kräfte von Asiago planmäßig zurückgenommen habe, „um unsere Truppen zum raschen Vorgehen zu veranlassen und selbst in einem Zeitpunkte zum Gegenangriff zu schreiten, in dem unseren Truppen die Unterstützung der durch die Assaschlucht am raschen Nachfolgen gellinderten schweren Artillerie“ noch fehle. Das Heeresgruppenkmdo. hielt es daher am 29. Mai für seine Pflicht, auf diese Möglichkeit hinzuweisen, und ließ dem FML. Krautwald nahelegen, „weder unvorsichtig nachzustoßen, noch günstige Gelegenheiten zum Raumgewinn zu versäumen“. Die Aufklärung durch rasch und möglichst weit vorgetriebene Detachements sei geboten. Hiezu sei auch die Divisionskavallerie heranzuziehen. Mittlerweile müsse an die eheste Herstellung einer für Geschütze brauchbaren Übergangsstelle über die Assaschlucht bei Canove geschritten werden. Zugleich erachtete das Heeresgruppenkmdo. den Zeitpunkt für gekommen, einen größeren Kavalleriekörper 22) bereitzustellen. Doch lehnte die Heeresleitung die Bitte ab, weil es ihr „leider nicht möglich“ war, sie zu erfüllen.

Der Rückzug der Italiener war auf Anordnung des Gen. Lequio erfolgt. Der Befehl wurde wahrscheinlich am 26. Mai gegeben23). Nach der schweren Niederlage der 34. ID. bei Vezzena wirkte der schnelle Verlust des Hochgebirgsstockes Cm. Dodici—Mt. Kempel—Mt. Meata auf die italienische Führung niederschmetternd. Zu spät kamen die Brigaden des XIV. Korps auf die Hochfläche der Sieben Gemeinden. Die Brigade Alessandria wurde in den Rückzug der 34. ID. mitgerissen. Weitere vier Brigaden, die zu Fuß und in Kraftwagen heranhasteten, sollten zunächst am Südrande des Beckens von Asiago nebeneinander aufmarschieren; die Brigade Etna nahm Stellung an der Linie Stocca-reddo—Bertigo, die Grenadierbrigade im Raume Punta Corbin—Ce-suna. Zwischen beiden hatten sich die Brigaden Lombardia und Catan-zaro einzureihen. Doch wurde die „Lombardia“ alsbald über Asiago vorgesendet, um die Bocchetta di Portule zurückzugewinnen. Als deren Angriffe scheiterten, ging auch die „Catanzaro“ tastend vorwärts, um zu helfen. So standen am 26. Mai diese beiden Brigaden, untermischt mit Resten der 34. ID. sowie mit Alpini und Bersaglieri, etwa an der Linie Mt. Interrotto—Mt. Mosciach—Mt. Zebio und Mt. Zingarella. Der Entschluß zur Räumung dieser Linie mag nicht zuletzt durch das kleine Gefecht auf dem Mt. Mosciach ausgelöst worden sein (S. 311). Danach wurde die Lücke zwischen den stehengebliebenen Brigaden Sardegna und Etna wieder geschlossen. Im Raum nördlich des Beckens von Asiago bis zum Suganatal blieben zunächst nur einige Alpini- und Bersaglieribataillone sowie Teile der Brigade Lombardia, die in einer Stellung auf dem Höhenrand westlich der Val di Campo Mulo und in der Gegend von Marcesina neuen Halt gewinnen sollten x).

Die Fortsetzung der Angriffe der 11. Armee (26. Mai bis 7. Juni)

Die Kämpfe bei Arsiero

Nach Eroberung des Mt. Cimone hatte das XX. Korpskmdo. der 3. ID. den Auftrag erteilt, die Talwerke Casa Ratti und Cornolö zu nehmen. Die 8. ID. sollte sich zum Angriff gegen den Mt. Aralta bereitstellen. Das Werk Casa Ratti fiel wider Erwarten schon am 26. schneidig geführten Patrouillen der 3. ID. in die Hände. Durch kühnen Zugriff gelang es einem Sappeuroffizier, die vom Feinde beabsichtigte Sprengung der Geschütze zu vereiteln. Offenbar hatte die Besatzung erst kurz vorher das Werk verlassen. Am Nachmittage erkannte man, daß der Feind die Brücken bei Arsiero sprenge. Aus dem Werk Cornolö stieg der Rauch von Explosionen auf. Der Feind schien den Raum von Arsiero aufzugeben und eine Stellung quer über den Astico bei Seghe zu besetzen. Doch stießen Aufklärungsabteilungen beim Abstieg vom Mt. Cimone gegen Arsiero noch auf feindlichen Widerstand, und sowohl vom Mt. Cengio her als auch aus südlicher Richtung feuerten zahlreiche feindliche Batterien gegen die Steilhänge des genannten Berges. Zu dieser Zeit traf beim XX. Korpskmdo. jener Befehl ein, mit dem das 11. Armeekmdo. das Schwergewicht der weiteren Kriegshandlung auf den östlichen Flügel verlegte (S. 309).

rj Cadorna, La guerra, I, 233.

Am 27. lähmte strömender Regen die Gefechtstätigkeit. Das Korps-kmdo. war sich darüber klar, daß vor Fortsetzung der Offensive über Arsiero die Höhen Punta Corbin—Mt. Cengio in Besitz genommen werden müßten. Es hielt sechs schwere und fünf schwerste Batterien bereit, um das vom rechten Flügel der 3. Armee eingeleitete Unternehmen zu unterstützen. Erst wenn die genannten Höhen erobert waren, mochte es möglich sein, eine starke Gruppe schwerer Artillerie in die Waldungen um den Mt. Cimone zu dem Zwecke vorzuziehen, um die Befestigungen auf dem Mt. Priaforä und auf der Mt. Novegnoplatte niederzukämpfen.

Indessen war auf dem westlichen Flügel der 11. Armee am 26. ein Stillstand eingetreten. Am 27. rückte die 12. GbBrig. mit drei Bataillonen den Zugnarücken hinan und löste in der Nacht die 6. GbBrig. ab, die in Rovereto versammelt wurde und später auf den Borcolapaß zur 59. ID. abrückte. Damit waren die Verbände des XXI. und des VIII. Korps in sich wieder geordnet. Beim XXI. Korps wurde der für den 28. in Aussicht genommene Angriff verschoben. Die 57. ID. mit der 9. und der 10. GbBrig. hielt die Stellungen gegenüber dem Pasubio und bei Chiesa in der Vallarsa. Von der 59. ID. hatte bis zum Eintreffen der 6. GbBrig. die 18. GbBrig. zu trachten, „möglichst weit Raum gegen Mga. Xomo zu gewinnen, um der auf dem Pasubio stehenden feindlichen Gruppe den Rückzug zu verlegen, oder doch wenigstens deren Verbindungen zu bedrohen“. Dieser Brigade gelang es denn auch am 28. in hartem Ringen, die wichtige Kapellenhöhe -<}>- 953 und die Kuppe -<J>1131 zu erobern. Dies war ein schwer wiegender Verlust für die Italiener1). Sie führten tags darauf mehrere sehr heftige Gegenangriffe, die von den tapferen Bataillonen des GM. Škvor nach harten bis zum Abend fortdauernden Kämpfen wohl abgewiesen wurden, es aber ratsam erscheinen ließen, das Eintreffen der 6. GbBrig. abzuwarten2).

GO. Dankl meldete am 27., daß der verstärkte linke Flügel den Angriff am 30. Mai beginnen könne. Grundbedingung hiefür sei aber, daß vorher die Höhen östlich vom Asticotal genommen wären. Er bat die Heeresgruppe, die 3. Armee zur baldigen Durchführung der Unternehmung gegen die Cm. Arde zu veranlassen, schon aus dem Grunde, weil der linke Flügel der 11. Armee auf dem Mt. Cimone durch das

*•) B a j M a c a r i o, La „Strafe-Expedition“ in Rivista Militare Italiana (Roma 1930), Augustheft, 1303.

2) Die Bataillone 11/92 und 11/60 zeichneten sich bei diesen Kämpfen besonders aus. Vgl. Der Heimat Söhne im Weltkriege, Der 92er, Jahrgang 1927.

aus der Gegend Punta Corbin herüberschlagende Artilleriefeuer gehemmt war. Das 3. Armeekmdo. gedachte, den Übergang über die untere Assaschlucht erst nach der Eroberung von Asiago durchführen zu lassen, also etwa am 30. oder 31. Mai. Obwohl das Heeresgruppenkmdo. eine Beschleunigung dieses Unternehmens gerne gesehen hätte, stimmte es doch der Anschauung des GO. Kövess zu, wonach ein vorzeitiges vereinzeltes Vorgehen der Gruppe Obst. Kliemann gegen die Cm. Arde aussichtslos sei, und setzte die 11. Armee hievon in Kenntnis. GO. Dankl konnte daher damit rechnen, daß ein früherer Tag als der 30. Mai für die Fortführung der Kriegshandlung seines linken Flügels nicht in Frage stehe.

Die überraschende Wendung der Dinge, die sich am 28. durch den Rückzug des Feindes vom Rande der Assaschlucht und durch den Übergang der 28. ID. bei Canove ergab, erweckte offenbar beim Heeresgruppenkmdo. neuerlich die Vorstellung, daß der Feind auf der ganzen Front zurückweiche und auch den wichtigen Bergklotz, der zwischen dem Astico, der Assa und der Val Canaglia liegt, geräumt habe. Der linke Flügel der 11. Armee auf dem Mt. Cimone, der andauernd von feindlichen Batterien aus östlicher Richtung unter Feuer gehalten wurde, war jedoch nicht dieser Anschauung. Am 29. sah sich GO. Dankl genötigt, den Angriff des linken Flügels zu verschieben, da „die östlichen Begleithöhen des Asticotales noch nicht im Besitze der 3. Armee“ waren, somit die Grundlagen für den am 30. beabsichtigten Angriff des verstärkten XX. Korps fehlten. Dies meldete er dem Heeresgruppenkommando. Dieses entschied schroff, die Regelung des Zusammenwirkens der inneren Flügeln beider Armeen sei Sache der Heeresgruppe, daher hätte die Verschiebung des Angriffes nicht ohne vorher eingeholte Zustimmung erfolgen sollen. „Die östlichen Begleithöhen des Asticotales, von denen aus der Feind schon seit einer Reihe von Tagen das Vorwärtskommen des linken Armeeflügels behindere, wurden bereits am 23. Mai für die weitere Vorrückung der 11. Armee zugewiesen“. Und am 30. Mai zeitlich früh ließ der Generalstabschef des Erzherzogs Eugen dem 11. Armeekmdo. in bündiger Kürze drahten: „Punta Corbin genommen. Zwanzigstes Korps vor. 3. Armee angewiesen, gegen Mt. Cengio vorzustoßen“. Einige Stunden später erließ das Heeresgruppenkmdo. endlich „Richtlinien für das Zusammenwirken der Armeeflügel“. Der rechte Flügel der 3. Armee sollte „ohne Rücksicht auf die am 23. Mai festgesetzte Armeegrenze (S. 306) den Mt. Cengio und den Mt. Barco nehmen, und sobald als nur möglich mit Detachements auf Cogolo (5 km südöstlich von Arsiero) und hiemit in den Rücken des etwa in der Linie Seghe—S. Zeno noch haltenden Feindes Vordringen“. Das XX. Korps hatte, ohne den Fall des Mt. Cengio abzuwarten, bei Arsiero die Posina zu überschreiten und bei gleichzeitigem Angriffe gegen den Mt. Cogolo und den Mt. Summano mit dem linken Flügel an die feindliche Stellung am Astico heranzugehen, um dann, nach dem Falle des Mt. Cengio, sogleich im Asticotale durchzustoßen und dem Feind scharf nachzudrängen. Erst nach Absendung dieses Befehles erhielt man in Bozen Kenntnis, daß in der Linie nordwärts des Mt. Cengio und des Mt. Barco der Feind in einer starken Stellung stehe.

Die Eroberung des Mt. Priaforä tind die Kämpfe bei Posina

Beim XX. Korps war am 28. das vom Feinde verlassene Werk Cornolö zuerst von Sappeuren, dann von Kaiserjägern besetzt worden. Tags darauf führte die 8. ID. den ihr aufgetragenen Angriff gegen den Mt. Aralta durch. In sehr geschickter Gefechtsführung ging die von FML. Verdross geleitete Kampfgruppe, bestehend aus dem l.KJR. und zwei Bataillonen des 4. KJR. sowie aus drei Gebirgsbatterien, den von der Posina umflossenen Bergkegel umfassend von Norden und von Nordosten an. Nebel verzögerte zwar das Unternehmen, begünstigte aber die Annäherung. Unbemerkt konnten die Truppen den tief eingerissenen Wildbach durchschreiten und dann die planmäßig eingeleitete Artilleriewirkung abwarten.

Zu Mittag stieß das 2. Bataillon des l.KJR. in breiter Front unmittelbar gegen den Mt. Aralta vor und überraschte den Feind in seinen gut eingedeckten Stellungen. Nach kurzer Gegenwehr war er überwunden. Dann, nach einer Atempause, ging es weiter in dichtem Walde, den steilen Bergrücken zum Mt. Priaforä hinan. Indessen eroberte das 3. Bataillon zwei starke Stützpunkte südöstlich von Bagattini und kam bis an Buni vorwärts. Schwieriger, weil durch Flankenfeuer arg belästigt, gestaltete sich der Sturm der Bataillone des 4. KJR. auf die Schanzen südlich von Cornolö. Nichtsdestoweniger wurden die starken Stützpunkte dem Feinde entrissen, und das Bataillon I /KJR. 4 fand dann Anschluß an das Bataillon II/KJR. 1, das bis Fontana gelangt war.

So hatten die Kaiserjäger, die 900 Gefangene einbrachten und drei schwere Geschütze eroberten, einen Erfolg errungen, der größer war, als man ermessen konnte. Allerdings erschien nach den ersten Meldungen der Angriffskeil des 1. KJR. etwas vorgeprellt, weshalb das Korpskmdo. dem S.IDKmdo. das als Korpsreserve zurückgehaltene 3. KJR. zur Verfügung stellte und der 3. ID. befahl, ein Bataillon nach Peralto zu senden. Indessen wurde die Lage geklärt, und auf den Vorschlag des S.IDKmdos. gab FML. Erzherzog Karl Franz Josef den Befehl, den Angriff am 30. Mai fortzusetzen und den Mt. Priaforä zu nehmen. FML. Fabini, darüber erfreut, die Zustimmung des Korpskommandanten gefunden zu haben, gab sogleich Anordnungen zu dem mit reicher Artillerieunterstützung kraftvoll geplanten Angriff1). Bevor jedoch die getroffenen Vorbereitungen wirksam werden konnten, geschah am 30. vormittags etwas Unerwartetes. Eine Aufklärungsabteilung des Bataillons II; KJR. 1, das bei Fontana genächtigt hatte, gelangte, den Mt. Priaforä westlich umgehend, überraschend in den Rücken einer auf der Bergspitze haltenden italienischen Wache, die flüchtete. Das Bataillon, das noch keinen Befehl für die Vorrückung erhalten hatte, folgte dem Detachement aus eigenem Antrieb nach, und ehe sich der Feind dessen gewahr wurde, war der historisch gewordene Berggipfel, der 1300 m über das Posinatal emporragt, im Besitze der Kaiserjäger. Ein italienisches Bataillon, das in der Nähe des Mt. Giove seine Zelte aufgeschlagen hatte, stob auf die ersten Gewehrsalven der vorgenannten schneidig geführten Aufklärungsabteilung auseinander. Doch bald gewann es wieder Fassung und versuchte, unterstützt durch herbeieilende Verstärkungen, in wiederholten, von dichtem Artilleriekreuzfeuer begleiteten Angriffen, den Gipfel zurückzuerobern. Aber die Kaiserjäger vom 1. Regiment ließen sich den Mt. Priaforä nicht mehr entreißen, mochte auch der Aufenthalt auf diesem Gipfel infolge des ununterbrochenen feindlichen Geschützfeuers einer Hölle gleichen.

Das auf dem Westflügel der 8. ID. gegen den Mt. Spin angesetzte

2. KJR. hatte indessen eine Schanze bei Ressi erstürmt. Am 30. konnte es keine weiteren Fortschritte erzielen. Es hätte im Anschlüsse an die 59. ID. vorrücken sollen, die am 30. zum beabsichtigten Angriff gegen den Raum Colle del Xomo—Mt. Alba wieder antrat und hiezu neben der 18. GbBrig. die 6. GbBrig. einsetzte. Die Abwehr des Feindes war aber hier äußerst rührig. Bataillone von vier Brigaden traten auf den Kampfplatz und begegneten den Streitern der 59. ID. mit heftigen, durch starkes Geschützfeuer begleiteten Gegenstößen. Die Italiener

x) Fabini, Mt. Priaforä (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1931, November-Dezemberheft).

wollten, wie man aus einem erbeuteten Befehle später erfuhr, die Kapellenhöhe 953 um jeden Preis zurückerobern. Erst nach schwerem, blutigem Ringen ließen sie von diesem Vorhaben ab.

Der letzte Angriff auf den Buolepaß

Während die 57. ID. abwartend verbleiben mußte, weil die Truppen über die verwünschten mannstiefen Schneemassen vor dem Pasubio nicht hinweggehen konnten, schritt am 30. Mai die vom GM. Englert geführte KSchD. neuerlich zum Angriff gegen den Buolepaß und die Cm. di Mezzana. Bis zu diesem Tage war seit dem 26. weder bei dieser Division, noch bei der 48. ein bemerkenswerter Fortschritt erzielt worden. Das 11. Armeekmdo. gedachte, falls der vorbereitete Angriff am 30. Mai nicht durchdringen sollte, dem XXI. Korps eine rein defensive Aufgabe zu geben, und dann die in der Vallarsa bei Chiesa haltenden drei Bataillone der 9. GbBrig. durch Kaiserschützen abzulösen und zur Verstärkung des linken Flügels des VIII. Korps abzuziehen.

Nach mehrstündigem Artilleriefeuer, an dem allerdings nur 81 Geschütze teilnehmen konnten, kletterten nun die Kaiserschützen die steilen Berghänge hinan und stürmten, in Gruppen zerfallen, wie sie eben an den Feind herankamen, gegen die starken Stellungen vor. Durch Stunden und Stunden zog sich der blutige, mit aller Erbitterung geführte Kampf dahin. Die Brigaden Taro und Sicilia wehrten sich heldenmütig. „Die Österreicher wiederholten zähe und tapfer Angriff auf Angriff. Wer sie aufsteigen sah, zurückgeschlagen, zum neuen Sturme schreiten, der mußte ihrem Mute Gerechtigkeit zollen“1). GM. Englert mußte aber am Abend melden, daß der Angriff nicht den erhofften Erfolg gebracht habe. Die Kaiserschützen hatten 15 Offiziere und 614 Mann verloren, etwa 13 v. H. ihres Gefechtsstandes. Die Heeresleitung verlangte umgehend Auskunft, welchen Eindruck GO. Dankl „an Ort und Stelle“ über die Lage beim XXI. Korps gewonnen habe, und ob er eine Fortsetzung dieser Angriffe, „in denen sich bisher vorzügliche Truppen anscheinend erfolglos erschöpften“, noch für aussichtsreich halte. Daraufhin ließ das 11. Armeekmdo., wie bereits beabsichtigt, die Kriegshandlung auf dem rechten Armeeflügel einstellen.

Das XXI. Korps erhielt den Auftrag, in nächster Zeit das Erreichte festzuhalten und die drei Bataillone der 9. GbBrig. abzulösen. Ferner

1) S c h i a r i n i, 81.

war die 4S. ID. nach und nach aus dem Kampf zu ziehen und im Raum Rovereto—Piazza als Armeereserve zu sammeln. An Stelle dieser Division waren die bereits eingetroffenen beiden kombinierten Marschbataillone der 48. ID. sowie zunächst drei ungarische Landsturmbataillone einzusetzen, weiters auch die eben in Calliano mit der Ausladung beginnende 28. LstGbBrig. (S. 311). Zum Kommandanten des Abschnittes Loppio—Mori—Marco—Zugna Torta wurde FML. Edl. v. Guseck bestimmt. Als erster Teil der 48. ID. rückten drei Bataillone auf den Borcolapaß.

In dieser durchgreifenden Umstellung der Infanterie, mit der zugleich auch eine Umgruppierung der Artillerie durchgeführt wurde, fand der entschlossene Wille des 11. Armeekmdos. sinnfälligen Ausdruck, zum entscheidungsuchenden Durchbruch in der Mitte der Armeefront alle Kraft zu vereinen. Freilich benötigte die Umgruppierung mehrere Tage. Indessen ließ GO. Dankl von der 9. ID. zunächst eine Brigade in den Raum um Serrada, dann die ganze Division am 7. Juni nach Fol-garia und S. Sebastiano vorrücken.

Die Kämpfe tim den Mt. Cengio

Nachdem dem XX. Korps die Verschiebung seiner Ostgrenze bekanntgegeben worden war, hatte es schon am 25. das Bataillon X/59 nach S. Pietro im Asticotale rücken lassen, in der Absicht, es in der Folge zum Angriffe gegen die Punta Corbin einzusetzen. Das Bataillon hatte, gleich der Gruppe Obst. Kliemann, erkundet, daß ein Aufstieg zur Cm. Arde nicht möglich sei. Also schloß es sich am 29. dieser Gruppe an und erreichte mit ihr die Hochfläche bei Mosca. Da alsbald auch zwei Jagdkommandos der 34. ID. beim Obst. Kliemann eintrafen, denen dann das IR. 101 folgte, erfuhren die Kräfte auf dem rechten Flügel der 3. Armee eine ansehnliche Stärkung. GM. v. Lauin-gen, der Kommandant der 67. IBrig., übernahm am 30. die Führung im Abschnitt zwischen der Punta Corbin und Cavrari. In teilweise sehr heftigen, den ganzen Tag über währenden, von der Artillerie wirksam unterstützten Kämpfen bemächtigte sich das IR. 101 einiger Stützpunkte im Raume von Panega—Conca; das Bataillon IV/47, vom benachbarten Flügel der 28. ID., drang in Cavrari ein. Im Anschluß daran erweiterte die 56. IBrig., den linken Flügel fest auf Asiago gestützt, ihren Raum etwas nach Südosten. Der rechte Flügel der 3. Armee war also am 30. fast überall schon recht nahe an eine starke Stellung herangekommen, die der Feind an den Nordhängen des Höhenzuges Mt. Kaberlaba, Mt. Lemerle, Belmonte und Mt. Barco teils vorbereitet hatte, teils emsig weiter ausbaute, und die sich mit dem linken Flügel auf den Mt. Cengio stützte.

Gemäß den zuletzt gegebenen Richtlinien des Heeresgruppen-kmdos. ergab sich für die 34. ID. die Aufgabe, den Angriff weiter vorzutragen. Das IDKmdo. sandte dem GM. Lauingen das IR. 29 nach und ließ am 31. auch die 68. IBrig. über die Assaschlucht rücken. Am Vorabend hatten die Truppen des GM. Lauingen heftige Gegenangriffe aus dem Raume nordwestlich vom Mt. Barco abzuwehren gehabt. Beim Feinde waren offenbar Verstärkungen eingetroffen. Außer den Grenadieren und den Regimentern der Brigade Catanzaro traten auch Bataillone der Brigade Pescara in diesem Kampfabschnitt ins Gefecht. Am Nachmittag des 31. hämmerte die Artillerie des III. Korps und auch ein Teil jener des XX. Korps zwei Stunden lang in den Raum von Belmonte und Mt. Barco. Um 4h nachm. war die feindliche Linie südwestlich von Fondi durchbrochen, das IR. 101 erstürmte, vom Bataillon IV/47 der 28. ID. tatkräftig unterstützt, den Nordhang des Belmonte, die Bataillone des Obst. Kliemann nahmen eine Vorkuppe nordwestlich des Mt. Barco; weder hier noch dort konnten jedoch bis zum Einbruch der Dunkelheit die Gipfel der genannten Höhen gewonnen werden.

Harte Arbeit war auf dem Westflügel den Salzburgern und Inn-viertlern des Bataillons X/59 beschieden gewesen1). Sie hatten zwar am Morgen vorgeschobene feindliche Gruppen vom Höhenrande südlich der Val di Sila vertrieben, konnten aber, da die Artilleriegruppe Obst. Baumann erst in den späten Nachmittagsstunden in ihren Raum zu wirken vermochte, nicht vor anbrechender Dämmerung zum Angriff auf den Mt. Cengio antreten. Schon der Anstieg entlang des verkarsteten Höhenrandes gestaltete sich überaus mühsam. Um 7h abends war die erste Kuppe der reichgegliederten Cengioplatte genommen. Bis nach unentbehrlicher neuerlicher Artilleriewirkung die nächste Kuppe erstürmt werden konnte, war es 9h und fast völlig dunkel geworden. Das Ringen hatte sich in Einzelkämpfe aufgelöst; die Übersicht ging vielfach verloren. Die italienischen Grenadiere wehrten sich verzweifelt; ein Gegenangriff folgte dem ändern. Aber die „Rainer“ ließen sich die eroberte Höhe nicht mehr entwinden. Niemand zweifelte daran, daß es die Hauptkuppe des Mt. Cengio wäre,

x) H o e n, IR. 59 im Weltkrieg, 461.

die sie in Händen hielten. Erst später erkannte man, daß die nah© gelegene, vom Feinde noch behauptete Höhe die eigentliche Cengio-spitze sei.

So hatten die Kämpfe dieses Tages auf der ganzen Hochfläche wieder bedeutende Fortschritte gemacht. Der zähen Widerstand leistende Feind, der in den Händen des Angreifers mehr als 1400 Gefangene gelassen hatte, klammerte sich aber noch immer auf den Höhen westlich der Val Canaglia an.

Der Durchbruch sv er such im Asticotal

Mit dem gemessenen Befehl vom 30. Mai (S. 318) hatte das Heeresgruppenkmdo. die langandauernden Bedenken gegenüber einer Fortführung der Kriegshandlung über Arsiero endgültig zerstreut. Das XX. Korpskmdo. gab am späten Abend, gemäß dem ihm vom 11. Armeekmdo. vermittelten Befehl, den Divisionen folgende Aufträge: Die

3. ID. hatte die Posina zu überschreiten und nach Möglichkeit gegen den Mt. Summano und den Mt. Rozzo Covole vorzudringen. Die 44. SchD. sollte im Anschluß an die 3. ID. im besonderen gegen die Stellung Seghe—S. Zeno vorgehen und nach dem Fall des Mt. Cengio sogleich im Asticotal gegen Cogolo durchstoßen. Die 8. ID. hatte den Mt. Priaforä zu halten, die westliche Flanke der 3. ID. zu decken und den Feind zwischen Ressi und Fusine zurückzuwerfen. Jeder Angriff war artilleristisch gründlichst vorzubereiten.

In der Nacht auf den 31. Mai, als die Befehle der Divisionsführer die Truppen erreichten, befanden sich die Bataillone der 44. SchD., in tiefer Marschordnung gegliedert, auf der Straße im Asticotale mit der Spitze bei Forni. Die Artillerie dieser Division war im Bereiche des VIII. Korps zurückgeblieben, wo sie zu Beginn der Offensive eingesetzt worden war. Die Masse der 3. ID. stand auf der Hochfläche zwischen dem Mt. Cimone undTonezza; doch hatte FML. Horsetzky schon am 30. vormittags dem am Vortage auf Befehl des Korpskmdos. in die Gegend von Peralto vorgesandten Bataillon des IR. 21 die anderen Bataillone dieses Regiments nachfolgen lassen. Als die Truppen der 3. ID. nach dem Abstiege vom Mt. Cimone das Posinatal erreichten, wurden sie durch heftiges feindliches Artilleriefeuer empfangen. Nur das IR. 21, das sich schon zum Teil südlich der Posina befand, erreichte den Raum um die C. Baldino, wo es allerdings Front gegen Südost statt gegen Süden nehmen mußte. Das IR. 50, das in den Raum nordöstlich von Lago gelangen sollte, konnte die Posina wegen des feindlichen Sperrfeuers nicht überschreiten. Auch das IR. 14 mußte bei Peralto bleiben. Es war der Artillerie nicht möglich, die feindlichen Batterien unschädlich zu machen. Unter diesen Umständen sollte die Entwicklung der 3. ID. erst nach Einbruch der Dunkelheit durchgeführt werden.

Nicht weniger schwierig gestaltete sich die Vorrückung der 44. Division. Der Feind stand nördlich vom Zusammenflusse der Posina und des Astico in einer starken, brückenkopfartigen Stellung, die sich mit zahlreichen kleinen Stützpunkten nordostwärts in die Steilabstürze des Cengioplateaus fortsetzte. In dem Geklüfte waren vielfach Geschütze eingebaut, denen die Artillerie des XX. Korps nur schwer beikommen konnte. So vermochte die 87. SchBrig., GM. Jellenchich, westlich des Flusses mit dem SchR. 21 und dem Bataillon 11/50 der 3. ID. nur bis nahe an Arsiero heranzukommen1). Von der 44. SchBrig., Obst. Majewski, arbeitete sich die Masse des GbSchR. 1 an die feindliche Hauptstellung bei Raboleo heran, während Teile von einem vorgeschobenen Stützpunkt auf dem Steilhange festgehalten wurden.

Für den l.Juni befahl das Kmdo. der 3. ID. dem GM. Richard Müller, die Regimenter 21 und 14 mit starkem rechtem Flügel in der Richtung auf Colletto Pic., mit dem linken Flügel gegen den Mt. Summano zum Angriff vorzuführen. GM. Phleps sollte mit dem IR. 50 beiderseits der Straße Arsiero—Velo d’Astico vorgehen, den zuletzt genannten Ort nehmen und dann die Höhe -<^ 392 besetzen. Die Durchführung dieser Anordnungen ging nicht glatt vor sich. Der rührige Feind, der in der Nacht einen kräftigen Vorstoß gegen das IR. 21 unternommen hatte, legte von den Höhen herab aus zahlreichen Batterien und Maschinengewehren gegen die auf beengtem Raum sich bewegende Infanterie heftiges Kreuzfeuer. Dadurch gab es schon erhebliche Verluste, bevor noch die Regimenter auf Nahkampfentfernung an den Feind herankamen, vor dessen sorgfältig vorbereiteter Stellung auf den Hängen des Mt. Rozzo Covole, bei Onaro und westlich von Velo d’Astico sie am Abend liegen blieben.

Auch bei der 44. SchD. gestaltete sich der Angriff, der am 1. Juni nachmittags von der 87. SchBrig. im Anschluß an die 3. ID. gegen die Stützpunkte auf dem nördlichen Posinaufer und von der 44. SchBrig. gegen Raboleo geführt wurde, sehr mühsam. Westlich des Astico wurde

*) Sichelstiel, Das k. k. Schützenregiment St. Pölten Nr. 21; seine Friedensund Kriegsjahre (Wien 1930), 144.

am Abend wohl das nördliche Posinaufer gewonnen; jenseits aber stand der Feind unerschüttert. Die Kärntner Gebirgsschützen der 44. SchBrig. hatten zwar mit einem Bataillon den Stützpunkt Raboleo erstürmt und waren auch in den Steilabstürzen nordöstlich davon vorwärts gekommen. Sie wurden dann aber durch Flankenfeuer aus den gegenüberliegenden Nestern und aus Seghe festgehalten.

Das XX. Korpskmdo., das seinen linken Flügel im Asticotale nur mit wachsenden Schwierigkeiten vorwärts kommen sah, entschloß sich am 1. Juni abends, den Durchbruch nicht im Tale zu erzwingen, sondern einerseits dem Feinde durch ein Unternehmen gegen seine östliche Flanke aus dem Raume des Mt. Cengio beizukommen, anderseits die inneren Flügel der 3. und der 8. ID. gegen die Sättel beiderseits vom Mt. Rozzo Covole angreifen zu lassen.

Inzwischen hatte im Mt. Priaforäabschnitte Oberstbrigadier Merten die Führung übernommen. Es standen ihm nach durchgeführten Ablösungen drei Bataillone des 4. KJR., eines vom 1. KJR. sowie von der anschließenden 3. ID. ein Bataillon des IR. 14 zur Verfügung. Doch vom Mt. Priaforä führte zum Mt. Giove, dem Angriffspunkt der genannten Gruppe, nur ein ganz schmaler Rücken, auf dem sich bestenfalls zwei Kompagnien entwickeln konnten. Der am 2. eingeleitete Angriff erlitt durch Wolkenschleier und infolge schwieriger Artillerieunterstützung mancherlei Verzögerungen. Bis zum Abend wurde wohl eine Kuppe genommen, doch gab es infolge des sehr starken feindlichen Flankenfeuers erhebliche Verluste. Am 3. Juni wurde wieder etwas Raum gewonnen, der Mt. Giove blieb aber im Besitz des Feindes. Am folgenden Tage verzögerten Regen und Nebel das Wirkungsschießen der Artillerie. Die Angriffstruppen konnten nur mühsam vorwärtskommen. Der Sturm am Abend mißlang. Die Erfolglosigkeit weiterer Angriffe einsehend, beantragte Obst. Merten deren Einstellung und ließ dann die Truppen in die Ausgangsstellung vom l.Juni zurückführen.

Im Asticotale hatten die 3. ID. und die 44. SchD. keine erheblichen Fortschritte erzielen können. Die Truppen beider Divisionen erlitten durch das starke feindliche Geschützfeuer, das nicht gedämpft werden konnte, beträchtliche Verluste.

Indessen waren auf den inneren Flügeln des XX. und des VIII. Korps Bataillone der 18. und der 6. GbBrig. im Anschluß an die Kaiserjäger der 180. IBrig. neuerlich vorgestoßen und hatten am 1. und 2. Juni dem Feinde drei Stützpunkte auf den Nordhängen des Rückens Colle dei Xomo—Mt. Alba entrissen. Der beabsichtigte Angriff gegen die feindliehe Stellung auf dem Kamme des genannten Rückens mußte aber vorläufig unterbleiben, da er angesichts des starken Feindes erst nach gründlicher Artillerievorbereitung Erfolg versprach.

Die geringen Fortschritte der bisherigen Kämpfe auf den Flügeln des XX. Korps führten zu dem Entschlüsse, den Angriff aus der Mitte durch die 8. ID. gegen die Hochfläche von Novegno zu versuchen und planmäßig durch die überlegene Artillerie vorzubereiten. Hiezu wurde die Bildung von drei großen Artilleriegruppen im Becken von Laghi, bei Castana und bei Arsiero vorgesehen. Diese unter einheitliche Leitung gestellten Artilleriegruppen sollten nacheinander die fürgewählten Angriffspunkte Mt. Giove, Mt. Vaccarezze, Mt. Rione und Mt. Cogolo niederkämpfen. Die notwendige Umgruppierung der schweren Artillerie beanspruchte viel Zeit, zumal die Zufahrtsstraßen noch immer in einem sehr schlechten Zustand waren.

Es wurde eine ganz erhebliche Artilleriekraft bereitgestellt; in den Angriffsraum von 1 km Breite sollten 100 Geschütze wirken, davon die Hälfte schweren Kalibers. Der Infanterieangriff, den abermals Oberst Merten zu führen hatte, wurde ebenso wie das Einschießen der Artillerie sehr sorgfältig eingeleitet. Es war beabsichtigt, den Angriff am 7. Juni zu erneuern, doch wurde er später wegen der schwierigen Vorbereitung für die Artillerie auf den 12. Juni verschoben1).

Die Ausbreitung der 3. Armee auf den Hochflächen der Sieben Gemeinden

(29. Mai bis 8. Juni)

Beim III. Korps stellte die tatkräftig durchgeführte Aufklärung schon am 29. Mai fest, daß der Feind die bekannten Stellungen an den Waldrändern, die das Becken von Asiago im Süden einsäumen, bezogen habe. Gegen diese Stellungen konnte nicht blindlings angerannt werden. Das Korpskmdo. mußte zunächst darauf Bedacht nehmen, die fernere Entwicklung seiner Kräfte im Becken von Asiago, vor allem das Heranziehen der fahrenden Artillerie, durch Wiederherstellung der vom Feind zerstörten Assatalstraße sowie durch den Bau einer Brücke über die Assaschlucht bei Roana zu gewährleisten. Also befahl es der 28. ID., in der Linie zwischen der Val Ghelpach und Asiago x) F a b i n i, Mt. Priaforä.

stehen zu bleiben; die verstärkte 22. SchD. sollte sich südostwärts ausdehnen, die 6. ID. gegen Osten abschnittsweise Raum gewinnen.

Schwache Nachhuten vor sich hertreibend, erreichte die 12. IBrig. auf dem Südflügel der 22. SchD. am 29. die Linie Asiago—Gallio. An sie schloß nördlich die 18. IBrig. an, die auf dem Mt. Longara und auf dem Mt. Baldo Feind wahrnahm, während die 43. SchBrig. sich in der Gegend der Cra. Zebio sammelte. Von den Truppen des FML. Schönburg rückte die 11. IBrig. an die vom Feind besetzten Höhen Mt. Cimon und Mt. Fiara heran; weiter nördlich drückten die drei Bataillone der 2. GbBrig. italienische Nachhuten zurück.

Die Absicht der Italiener, durch Festhalten der Höhen westlich der Val di Campo Mulo die Straße aus dem Suganatal in das Becken von Asiago offen zu halten, wurde rasch vereitelt. Mit Ungestüm griffen das 4. Bataillon des Grazer IR. 27 den Mt. Cimon, das 1. Bataillon des IR. 11 den Mt. Baldo und Teile des IR. 73 die südlich anschließenden Höhen an. Am 30. abends waren mehrere Alpinibataillone, die sich verzweifelt zur Wehr gesetzt hatten, in das Tal von Campo Mulo hinabgeworfen.

Den Raum nördlich des Mt. Fiara, den Teile des bh.IR.2 eroberten, bis zum Grenzkamm sollte ein Bersaglieriregiment schützen, doch wich es, die Kräfte des Gegners offenbar überschätzend und wahrscheinlich auch von der Niederlage der Alpini in seiner südlichen Flanke wissend, schon auf die Annäherung der 2. GbBrig. nach kurzem Gefecht vom Mt. Magari und von der Mga. Mandrielle zurück. Gleichwohl kam dem 6. IDKmdo. die Mitteilung willkommen, daß die anmarschierende 8. GbBrig. die Mga. Portule erreicht habe.

Während die 22. SchD. in der Linie Asiago—Gallio—Mt. Baldo sich für die geplante Fortsetzung der Kriegshandlung in südöstlicher Richtung vorbereitete und gruppierte, überschritten Abteilungen der 6. ID. das obere Campo Mulotal und nahmen alsbald wahr, daß sich auf dem Bergstock Mt. Meletta feindliche Kräfte zur Abwehr bereitstellten. Diese hoch aufragenden kahlen Höhen wurden das nächste Angriffsziel der 6. ID., im besonderen der von Obst. de Brunfaut geführten

11. Brigade. Im Laufe des 2. Juni erkannte das auf dem Südflügel dieser Brigade vorrückende IR. 27 die außerordentlichen Hemmnisse, die das Gelände der Annäherung an den in gut geschützter Stellung haltenden Feind entgegenstellte. Man mußte den beabsichtigten Angriff verschieben, bis hinreichend starke Artillerie herangeschafft war. Befehlsgemäß blieben an diesem Tage auch das bh.IR.2 sowie die

2. GbBrig. in der erreichten Linie Mga. Campo Cavallo—Mt. Asteate stehen. Angesichts des im Raume um die Mga. Marcesina und beim Mt. Forceilona nun rasch stärker werdenden Feindes wurde das Herankommen der 8. GbBrig. sowie der beiden der 2. GbBrig. noch fehlenden Bataillone abgewartet. Die 8. GbBrig. löste sodann das bh. IR. 2 im Abschnitt beiderseits der Mga. Campo Cavallo ab.

Am 31. Mai hatte das Korpskmdo. seine Absicht zur weiteren Fortführung des Angriffes in südöstlicher Richtung bekanntgegeben. Unter der Annahme, daß der Mt. Meletta am 2. Juni erobert sein werde, sollten am 3. Juni die 22. SchD. (drei Brigaden) im Angriffsstreifen zwischen der Linie Mt. Zomo—Col d’Astiago und einer Linie vom Nordostende von Asiago über Turcio zum Mt. Bertiaga vorrücken; der 28. ID. wurde der Angriffsraum westlich der 22. SchD. bis zu einer von der Mündung der Val Ghelpach über den Mt. Lemerle zum Mt. Mazze gezogenen Grenze vorgeschrieben. Es wurde ferner daran gedacht, das Unternehmen mit dem Angriff der 28. ID. gegen die vorgeschobenen feindlichen Stellungen Pennar—Poesien am Vormittag zu beginnen und um etwa sechs Stunden später jenen der 22. SchD. gegen die Stellungen bei Stella, auf dem Mt. Sisemol und bei Stenfle fortzusetzen. In dieser Angriffsordnung sprach sich die Unzulänglichkeit an Artillerie für einen gleichzeitigen Angriff aus. Der 6. ID. war nach der Eroberung des Mt. Meletta die Aufgabe zugedacht, die Gegend von Foza vom Feinde zu säubern.

Wegen Verzögerung bei der 6. ID. wurden auch die Angriffe der

22. SchD. und der Masse der 28. ID. auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Indessen war das gesprengte Straßenstück bei der Sperre Val d’Assa am l.Juni instand gesetzt und auch der Fahrweg zwischen Roana und Canove für leichte Fuhrwerke benutzbar gemacht worden. Die Artillerie konnte vorfahren. Der rechte Flügel der 28. ID. schloß sich inzwischen den fortdauernden Kämpfen der dem I. Korpskmdo. unterstehenden 34. ID. an.

Der Führer dieser Division, FML. Rudolf Krauss, hatte es sich zur Aufgabe gestellt, am 1. Juni das vor ihm liegende Hochland gänzlich vom Feinde zu säubern. Bei dem am Nachmittag angesetzten, wieder von Artillerie gut vorbereiteten Angriff vermochte die 67. IBrig. jedoch nur auf dem Mt. Barco den hartnäckigen Widerstand des Feindes zu brechen. Der Mt. Panoccio konnte wegen vollständiger Ermüdung der Truppen nicht mehr genommen werden. In der Nacht auf den 2. wurde nun die Gruppe Obst. Kliemann aus dem Kampf gezogen und der 2S. ID. zurückgegeben. Die 34. ID. streckte sich — mit der 67. IBrig. rechts, mit der 68. IBrig. links — in dem Raume zwischen dem Mt. Barco und dem Ghelpachtale.

Auch am 2. Juni konnten auf dem Mt. Panoccio keine Fortschritte erzielt werden. Der Feind hatte am Vortage zwar wieder mehr als 700 Gefangene in den Händen der Angreifer gelassen, aber auch offensichtlich Verstärkungen erhalten und zog fortgesetzt neue Kräfte heran. Flieger meldeten Bewegung von Infanterie aus Vicenza gegen Schio, von Thiene gegen Piovene und von Bassano ins Feltretal. Man fand einen Befehl der Brigade Sardegna, aus dem hervorging, daß der Feind dem Raume Fondi—Cavrari—Cesuna größte Bedeutung beimesse und gewillt sei, ihn unter allen Umständen zu behaupten, selbst dann, wenn seine Front im Asticotale durchbrochen werden sollte. Truppenansammlungen, die in der Val di Canaglia beobachtet und auf vier Regimenter geschätzt wurden, sprachen für den nachhaltigen Ernst dieser Absicht. Tatsächlich hatte Cadorna am 30. Mai die 32. ID. von der in Versammlung begriffenen 5. Armee losgelöst und zur Verteidigung des Gebirges um den Mt. Cengio vorrücken lassen. Es waren die Regimenter dieser Division, die in den Abendstunden und in der Nacht auf den 3. ihre Angriffe gegen den Mt. Barco fortsetzten und auch den Mt. Cengio zurückzugewinnen versuchten. Sie wurden hier wie dort abgewiesen.

Dennoch waren ausgreifendere Vorsorgen für den Fall größerer feindlicher Gegenhandlungen nötig. Das 34. IDKmdo. unterstellte dem GM. Lauingen zwei bisher noch als Divisionsreserve zurückgehaltene Bataillone des IR. 101, und auch das 3. Armeekmdo. zog seine Reserven näher heran. Die 43. SchD., von der vier Bataillone unter Obst. Škvára schon am Nordrand der Assaschlucht standen, wurde auf die Hochfläche von Campolongo gewiesen. Für die 10. ID. wurde in nächster Zeit ein Vorziehen im Asticotale in Aussicht genommen; dies um so mehr, als das Eintreffen einer neuen Division, der 61. ID., dem Heeresgruppenkmdo. bereits zugesagt war.

Der Durchstoß gegen die Val Canaglia

Am l.Juni war die 44. SchD. durch das XX. Korpskommando angewiesen worden (S. 326), das auf dem Mt. Cengio haltende Bataillon X/59 durch zwei Bataillone zu verstärken, und „unter Sicherung gegen Osten und bei Berücksichtigung der aus der Karte nicht ersichtlichen Abstieg-

Verhältnisse, kräftig gegen die Rückzugslinie der Italiener im Asticotale zu drücken und ihr Zurückgehen zu erzwingen“. Nachdem sich dann im Verlaufe des 2. der feindliche Widerstand im Asticotale eher noch verschärft hatte, die Lage auf dem Mt. Cengio jedoch unverändert geblieben war, griff in der Nacht auf den 3. Juni das Heeresgruppenkmdo. neuerlich die Idee auf, einen Vorstoß von der Höhe herab gegen Casale und Cogolo nun wieder in größerem Umfange versuchen zu lassen. Neben einer weiteren Verstärkung der Gruppe auf dem Hochlande wurde vor allem an die Mitwirkung der Artillerie der 3. Armee gedacht. Das 34. IDKmdo. mußte aber melden, daß es das geplante Unternehmen in nächster Zeit weder mit seiner Artillerie noch mit der Artilleriegruppe Janečka wirksam unterstützen könne. So blieb es nur bei einer vom 44. SchDKmdo. am 2. nachts verfügten Verstärkung der Höhengruppe um zwei weitere Bataillone.

Unterdessen hatten die zuerst dahin entsandten Bataillone I/GbSchR. 1 und I/GbSchR. 2 unter Kommando des Obstlt. Alpi am 2. durch die Val di Sila das Hochland erstiegen und sich, jenes hinter den 59ern, dieses nordöstlich davon im Anschluß an ein Bataillon des IR. 29, zum Angriff bereitgestellt. Die Durchführung mußte, da die Artilleriegruppe Obst. Baumann nicht früher zur Mitwirkung verfügbar wurde, auf den

3. verschoben werden.

Für diesen Tag war auch beim III. Korps der Beginn des Angriffes aus dem Becken von Asiago geplant gewesen, dann aber doch wieder verschoben worden. Nur der rechte Flügel der 28. ID. sollte sich dem Angriff der 34. ID. anschließen, die gemeinsam mit den ihr hiezu unterstellten Teilen der 44. SchD. den Feind von den das Canagliatal im Westen und Norden umkränzenden Höhen hinabzuwerfen hatte.

Das großangelegte Unternehmen ließ sich am 3. vorerst bei der 34. ID. recht gut an. Nachts hatten sich einige Kompagnien überraschend des Ortes Cesuna bemächtigt. Am Vormittag ermöglichte klare Sicht wieder eine überwältigende Artilleriewirkung. Bald nach 10h vorm. erstürmten die Feldjägerbataillone 23 und 28 den starken Stützpunkt südöstlich von Fondi; schon am frühen Nachmittag brachte die 68. IBrig. den Mt. del Busibollo in ihren Besitz. Kurz vorher war die 67. IBrig. über die Spitze des Belmonte auf dessen Südosthang vorgestoßen. Die 28. ID. hatte nachmittags mit der rechten Flügelbrigade, der hiezu auch zwei Bataillone des IR. 33 von der 34. ID. unterstellt wurden, den Mt. Lemerle anzugehen. Allein diese Bataillone waren nach dem Kampfe südlich von Cesuna schon in die Waldzone auf den Südwesthängen des

Mt. Lemerle eingedrungen. Noch bevor sie der Befehl für den planmäßigen Angriff erreichte, zwang sie ein Rückschlag, gegen Cesuna zurückzuweichen. Schließlich mußte sogar der Mt. Busibollo, wo die Truppen durch Flankenfeuer vom Mt. Lemerle stark litten, wieder geräumt und auf die Höhe südlich von Fondi zurückgegangen werden.

Während sich im Raume des Mt. Barco nichts änderte, hatte aber die Gruppe Obstlt. Alpi in hartem Kampfe wichtige Erfolge errungen. Als erstes Angriffsziel war die Höhe 1363 östlich vom Mt. Cengio ausersehen. Dies hatte bei dem auf dem rechten Flügel stehenden Bataillon X/59 vorerst die Besitznahme der am 31. noch in Feindeshand gebliebenen Kuppe — wie sich später herausstellte, der eigentlichen Cengiospitze — zur Vorbedingung.

Um llh vorm. begann die Artillerie zu wirken; da und dort gaben sich Gruppen des Feindes gefangen. Da drang um 12h 30 das 1. Bataillon des GbSchR. 2, das zwar gegen -<J>- 1363 angesetzt, aber beim Vorgehen offenbar aus seiner Richtung gekommen war, überraschend in die mit großen Kavernen versehenen Befestigungen auf der Hauptkuppe des Mt. Cengio ein; sogleich stürmten auch die 59er und die Kärntner Ge-birgsschützen nach. Mehr als 1400 Gefangene, mehrere Maschinengewehre und zwei Langrohrgeschütze fielen den Siegern in die Hände. Nachdem die ein wenig durcheinander geratenen Bataillone ihre Verbände halbwegs wieder geordnet hatten, stürmten sie in einem Zuge nach Osten in den Sattel hinab und auf die Kuppe -<>- 1363 los. Allein hier zeigte es sich, daß die feindliche Hauptstellung erst auf der nächsten Höhe lag, von wo aus die Salzburger nun schwer bedrängt wurden. Stundenlang tobte unentschieden ein erbittertes wechselvolles Ringen1).

Da brachten in den Abendstunden die von der 44. SchD. als weitere Verstärkung entsandten Batailloneil und III des Krainer GbSchR. 2 die entscheidende Wendung. Oberstbrigadier Majewski war mit ihnen schon im Laufe des Nachmittags nördlich vom Mt. Cengio eingetroffen und ließ sie im richtigen Augenblick, gegen 6h nachm., auf die Südhänge des Mt. Barco vorstoßen. Damit waren die Höhen des Mt. Cengio bis zum Mt. Barco hinüber endlich gefallen2). Der Feind hatte neben 300 Toten mehr als 2000 Gefangene eingebüßt. Selbst frische Kräfte der italienischen 32. ID., die abends als Verstärkung im Canagliatal anrückten, wurden von der Niederlage ergriffen und flüchteten auf den Mt. Pau3).

H o e n, IR. 59 im Weltkrieg, 467.

2)    A1 p i, Vor 10 Jahren (Kärntner Tagblatt, Klagenfurt 1926, Folge 123).

3)    B a j Macario, 1308.

Allein in solchem Umfange vermochte der erschöpfte Angreifer die Größe seines Erfolges nicht zu erkennen. Tatsächlich hatten sich die inneren Flügel des III. und des I. Korps den Eintritt in die Waldzone nicht zu erzwingen vermocht. Selbst im Gebiete des Mt. Cengio, wo der Erfolg durchschlagend gewesen zu sein schien, klammerten sich einzelne feindliche Abteilungen noch immer an die Osthänge dieses Bergstockes und des Mt. Barco sowie an den Gipfel des Mt. Panoccio. Dieser Feind mußte zuerst geworfen werden, bevor man an die Fortsetzung des Unternehmens aus dem Raume von Cesuna schritt.

GO. Kövess wies daher das I. Korps an, die Berge westlich der Val Canaglia „vom Feinde vollständig zu säubern, derart, daß feindliche Gegenangriffe auf dieses Hochland fernerhin ausgeschlossen sind“. Aber im Laufe des 4. wichen die letzten italienischen Abteilungen von selbst über das Canagliatal zurück. Nachmittags nahm das IR. 29 rasch entschlossen den Gipfel des Mt. Panoccio in Besitz; Abteilungen des IR. 101 erreichten vom Belmonte aus schon die ins Tal führende Straße. Der Angriff konnte daher unterbleiben.

Die Eroberung des Mt. Meletta

Bei der 6. ID. war die 8. GbBrig. gerade im richtigen Augenblick zwischen die 2. GbBrig. und die 11. IBrig. eingeschoben worden. Schon am 2. Juni abends erfuhr man aus aufgefangenen Depeschen, daß die Italiener die Absicht hegten, mit starken Kräften aus dem Raume um die Mga. Marcesina den Nordflügel des III. Korps anzugreifen. Ein erster, am 3. Juni früh geführter Vorstoß leitete die offenbar in großem Stil gedachte Operation ein. Die mit großer Erbitterung tagsüber und bis in die Nacht hinein fortgesetzten Kämpfe brachten aber den Italienern nur einen vorübergehenden Erfolg, der durch die tapferen Streiter der 8. GbBrig. alsbald wieder wettgemacht werden konnte; doch waren die Verluste auf beiden Seiten überaus groß. In den nächstfolgenden Tagen erneuerten die Italiener ihre Vorstöße westlich der Mga. Marcesina, wurden aber immer wieder zurückgewiesen. Auch der Südflügel der 2. GbBrig. war genötigt, feindliche Angriffe abzuwehren. Indessen konnte sich die 11. IBrig., Obst. Brunfaut, in aller Ruhe zum Angriff gegen den Bergklotz Mt. Meletta—Mt. Castelgomberto vorbereiten. Die Durchführung dieses Unternehmens hing von dem Herbeischaffen einiger schwerer Mörser und ihres gewichtigen Schießbedarfes ab. Die srarke Beanspruchung der Straße in der Val d’Assa hatte Verzögerungen zur Folge, weshalb der am 4.Juni beabsichtigte Angriff um einen Tag verschoben werden mußte.

Die inzwischen betriebene Erkundung zeigte die Schwierigkeiten des Geländes in aller Deutlichkeit auf. FML. Schönburg sah sich zur bemerkenswerten Meldung verpflichtet, daß er im Laufe des ganzen Feldzuges keine ähnlich schwierigen Angriffsverhältnisse wahrgenommen habe. Tatsächlich mußte man daran zweifeln, ob es möglich sei, den kahlen, etwa 350 m über die Val Miela emporragenden Bergklotz angesichts des in verborgenen Stellungen lauernden Feindes zu ersteigen. Mit gespannter Erwartung sah das Divisionskmdo. am 5. Juni die von der 11. IBrig. angesetzten Truppen, es waren drei Bataillone des IR. 27 und ein Bataillon des bh. IR. 2, über die Felsbänder emporklettern, indessen die Batterien der 6. FABrig. und drei 30.5 cm-Mörser den Feind niederhielten. Die Angriffsbewegung schritt aber nur langsam fort -und kam im heftigen feindlichen Abwehrfeuer am Abend zum Stehen. Ein Bataillon des IR. 27 hatte so schwere Verluste, daß es in der Nacht zurückgenommen werden mußte. An seine Stelle wurden am folgenden Tage zwei Bataillone des bh. IR. 2 eingesetzt, und am 7. der Angriff wiederholt. Tief gegliedert und beseelt von dem eisernen Willen, das gesteckte Ziel unter allen Umständen zu erreichen, arbeiteten sich die Bosnier und an ihrem linken Flügel ein Bataillon des IR. 27 vorwärts. Da mußte die Artillerie das Feuer einstellen, weil dichter Nebel eingefallen war, der jede Beobachtung ausschloß. Es wurde Abend. Endlich zerstreuten kurze Windstöße den dunstigen Schleier; die Batterien eröffneten wieder das Feuer, und um 8h bliesen die Hörner zum Sturm. Um 8h45 abends war der Mt. Meletta erobert1). Vergeblich blieb ein Versuch der Alpini, die verlorene Stellung zurückzugewinnen. Die Nacht machte dem heldenmütigen Ringen ein Ende. Die Verluste der 11. IBrig. waren allerdings sehr schwer2). Tagsdarauf nahm ein Bataillon des IR. 27 in geschickt geführter Umfassung nach kurzer feindlicher Gegenwehr den Mt. Castelgomberto.

Auf eine baldige Fortsetzung des in der Richtung auf Foza beab-

1j D u i ć, Der Kampf um den Monte Meletta (Kriegskameradschaft des „Eisernen Korps“, Graz 1927—1928, Hefte 6 und 7).

2, Das bh. IR. 2 allein zählte an Toten 5 Offiziere und 186 Mann, an Verwundeten 19 Offiziere und 690 Mann. Aber auch die Verluste der Italiener waren groß. Nach T o s t i, La Guerra Italo-Austriaca, 1915—1918 (Mailand 1927), 153, büßten die vier Alpinibataillone, die den Mt. Meletta hartnäckig verteidigt hatten, vom 5. bis 8. Juni 196 Tote und über 1000 Verwundete und Gefangene ein.

sichtigten Angriffes konnte infolge der sehr großen Verluste nicht gedacht werden. Es erschien vielmehr notwendig, die 11. IBrig. zu verstärken, da angesichts der rasch wachsenden Kräfte des Feindes — man wußte, daß dieser das XX. Korps einsetzte — Gegenangriffe zu erwarten waren. FML. Krautwald stellte der 6. Division eineinhalb Bataillone der 43. SchD. zur Verfügung.

Die Kämpfe im Becken von Asiago

Unterdessen waren über die Art, wie die Kriegshandlung zwischen Asiago und dem Asticotal fortzuführen sei, Meinungsverschiedenheiten aufgetaucht. Nach Ansicht des 28. IDKmdos., der das III. Korpskmdo. bei pflichtete, lag der Schlüssel für das weitere Vorwärtskommen der

3. Armee darin, stets vom rechten Flügel aus zu drücken und daher vor allem den östlich des Canagliatales aufsteigenden Mt. Pau in Besitz zu nehmen; auf solche Art werde die übrige feindliche Front von selbst unhaltbar werden. Im Gegensatz dazu hielt das I. Korpskmdo. gerade den Angriff über das tief eingeschnittene Canagliatal für schwierig und verlustreich und die Fortsetzung des Druckes aus dem Raume Cesuna—Asiago für notwendig. Diese Auffassung entsprach offenbar mehr der schon am 3. Juni kundgegebenen Absicht des Armeekmdos., die übrigens am 5. erneut und in erweiterter Form in einer allgemeinen Weisung zum Ausdruck kam: als nächstes Ziel sei die Hauptfront, vom rechten Flügel beginnend, in die Linie Mt. dei Busibollo—Mt.Lemerle— Mt. Kaberlaba—Mt. Sisemol, unter günstigen Umständen bis auf den Mt. Sprung und den Mt. di Val Bella vorzuschieben, „um zunächst mehr Rückenfreiheit zu schaffen“; später sei dann beabsichtigt, mit dem rechten Flügel die Linie Mt. Pau—Mt. Toerle zu gewinnen.

In diesem Sinne trafen das I. und das III. Korpskmdo. alle Vorbereitungen zu dem am 6. Juni durch die Wegnahme des Mt. Lemerle einzuleitenden Angriffe. Nun lief gerade über diese entscheidende Höhe die Grenzlinie zwischen der zum Angriff bestimmten 34. und der 28. Division. Das Armeekmdo. wollte diese Grenze nicht als Trennungs-, sondern als Verbindungslinie aufgefaßt und das Zusammenwirken der beiden Divisionen durch volles Einvernehmen ihrer Kommandos hergestellt wissen. Dagegen beantragte das I. Korps, dem eine einheitliche Kommandoführung in diesem wichtigen Raume unerläßlich zu sein schien, das rechte Flügelregiment der 28. ID. unter den Befehl des 34. IDKmdos. zu stellen. Diesem Antrage gab das Armeekmdo. nur insoweit statt, als es zwar die 34. ID. um etwa zwei Kilometer nach Nordost streckte, und ihr dadurch den Mt. Lemerle eindeutig zum Angriff zuwies, jedoch die in diesem Raume stehenden Truppen nicht unterstellte.

Das I. Korps mußte sich daher mit seinen eigenen, an der Kampffront allerdings schon wesentlich verstärkten Kräften behelfen. Abgesehen von der durch Zuweisung des Linzer SchR. 2 x) bereits auf acht Bataillone angewachsenen Gruppe Obst. Majewski verfügte die 34. ID. seit dem 3. abends über das von der 43. SchD. vorgeschobene SchR. 20, das es denn auch in der Nacht auf den 6. an Stelle der abzulösenden Teile der 28. ID. in die Front stellte.

Der Angriff am 6. Juni sollte nach gründlicher Vorbereitung durch die Artilleriegruppe Obst. Janečka sowie durch die gesamte Artillerie der 34. und der 28. ID. um 3h nachm. beginnen. Der beiderseits von Cesuna bereitgestellten Gruppe Obst. Greger, die nunmehr aus acht Bataillonen und zwei Gebirgskanonenbatterien bestand, fiel die Aufgabe zu, den Kampf mit der Besitznahme des Mt. Lemerle durch ihren linken Flügel zu eröffnen. Hinter ihr standen das IR. 101 als Divisionsreserve und das SchR. 22 als Korpsreserve bereit. Nach Maßgabe der erzielten Fortschritte sollten sich die auf dem Südosthang des Belmonte stehenden drei Bataillone der Gruppe GM. Lauingen dem Angriffe anschließen. Die Gruppe Obst. Majewski der 44. SchD. hatte bei Festhalten der Höhen westlich des Canagliatales ihrer Aufgabe — Vorstoß nach Süden — nachzugehen. Der 28. ID. war befohlen worden, sich, mit dem rechten Flügel beginnend, dem Angriffe der 34. ID. anzuschließen und den Raum beiderseits vom Mt. Kaberlaba in Besitz zu nehmen.

Der Verlauf der Kämpfe, die nachmittags einsetzten, entsprach aber nicht den gehegten Erwartungen. Wohl überwand das von Teilen des IR. 101 unterstützte SchR. 20 unter schweren Waldkämpfen drei feindliche Stellungen auf dem Nordhange des Mt. Lemerle; schon gab der Feind — offenbar unter dem Eindruck dieser Ereignisse — den Mt. del Busibollo preis, auf dem sich alsbald die Jägerbataillone 23 und 28 festsetzten. Aber die knapp unterhalb der Kammlinie des Mt. Lemerle liegende feindliche Hauptstellung konnte von dem erschöpften und durch Verluste stark geschwächten SchR. 20 nicht genommen werden. Die Artillerie hatte gegen die versteckten Waldstellungen nicht entscheidend zu wirken vermocht. Auch dem gleichzeitigen Angriffe des

Yj Kameradschaftsbund ehemaliger Zweierschützen, Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914—1918 (Linz 1931), 126 ff.

rechten Flügels der 28. ID. blieb trotz zäher Bemühungen des bewährten IR. 87 ein durchgreifender Erfolg versagt.

Ebenso kam die 22. SchD., deren Angriff an ein Fortschreiten ihrer beiden Nachbarn, 28. ID. rechts und 6. ID. links, gebunden war, über die am 5. Juni erreichten Räume nicht wesentlich hinaus. Die Widerstandskraft des Feindes wuchs zusehends. Gegenüber der 34. ID., die es Ende Mai nur mit etwa einer feindlichen Brigade zu tun gehabt hatte, waren nun schon deren zehn festgestellt worden. Auch südöstlich von Asiago wurde am 6. nachmittags das Heranbringen von Verstärkungen auf Lastkraftwagen beobachtet. Es galt daher zunächst, bei der 34. ID. das erkämpfte Gelände festzuhalten und am 7. den Angriff bei der 28. ID. zur Gewinnung des für die Rückenfreiheit der Armee nötig gehaltenen Raumes aufzunehmen. Daß schlechte Sicht den Beginn dieses Unternehmens bis spät nachmittags ausschloß, mochte dem Divisionskommando nicht ganz ungelegen kommen. Glaubte es doch, seine wiederholt ausgesprochene Ansicht, daß der frontale Vorstoß in die 10 km tiefe Waldzone schwere Opfer kosten und doch zu keinem durchschlagenden Erfolg führen würde, durch die Ereignisse des 6. bestätigt zu sehen. FML. Schneider-Manns-Au hielt nach wie vor nur den direkten Angriff auf den Mt. Pau für erfolgversprechend und bat seinen Korpskommandanten, diese Erwägung dem Armeekmdo. zu unterbreiten.

Als sich aber nachmittags die Sichtverhältnisse besserten, mußte doch zum Angriff geschritten werden. In kurzer Zeit gelang es einer nach vorzüglicher Artilleriewirkung tatkräftig aus der Mitte der Divisionsfront vorstoßenden Gruppe von drei Bataillonen (IV/37, 11/47 und FJB. 24), mehrere Stützpunkte zu bezwingen und den Nordwesthang des Mt. Kaberlaba zu ersteigen1). Nur die Spitze des Berges blieb, so wie tags zuvor beim Mt. Lemerle, in Feindeshand.

Fürs erste schien übrigens dem Divisionskommando dieser Geländegewinn zu genügen, zumal das Armeekommando für die nächste Zeit nun doch den Angriff auf den Mt. Pau in Aussicht nahm; allerdings war diesem Kommando dabei vorgeschwebt, daß vorher die Linie Lemerle—Kaberlaba—Sisemol im Besitze des III. Korps sein müsse. Die 28. ID. mußte daher am 8. zumindest noch mit dem linken Flügel über Pennar nach Südost vorstoßen, um den Angriff der 22. SchD. auf den Mt. Sisemol zu erleichtern. Ein Bataillon des IR. 47 und das FJB. 11, denen diese Aufgabe zufiel, konnten sich zwar bis an und teilweise sogar in die Waldzone Vorarbeiten, dann jedoch trotz mehrmals wieder-

1) Vogelsang, 442 f.

hoher, stets von Artillerie vorbereiteter Stürme nicht durchdringen. Wieder zeigte sich, daß die Artillerie in den Wald hinein nicht die gewünschte Wirkung erzielte und daher die stürmende Infanterie unerwartet auf unerschütterten Feind in unversehrten Stellungen stieß. Nachmittags gab es bei den auf den Kaberlabahange stehenden Teilen der 55. IBrig. eine kritische Stunde, als der Feind zu einem heftigen Gegenangriffe vorbrach, der jedoch abgewehrt werden konnte.

Am 8. schritt auch die 22. SchD., die ihren linken Flügel im Anschlüsse an die 6. ID. bis an die Mielaschlucht ostwärts vorgeschoben hatte, zum Angriff gegen die feindlichen Schanzen auf dem Mt. Sisemol und bei Stenfle. Die 18. IBrig. erstürmte die Höhen bei Stenfle, kam aber vor der feindlichen Hauptstellung Xaibena—Mt. di Val Bella zum stehen. Die Gruppe Obstlt. Köbe, bestehend aus den drei Feldjägerbataillonen der 12. IBrig., eroberte im schneidigen Angriff den Mt. Sisemol, wobei sie über 1000 Gefangene einbrachte. Das IR. 17 dieser Brigade kam nahe an Bertigo heran und reichte bei Pennar dem FJB. 11 der 28. ID. die Hand.

Gleichwohl hatten die Kämpfe der letzten Tage gelehrt, daß zu einem durchschlagenden Erfolge, wegen der hiezu unerläßlichen Vereinigung stärkster Artilleriewirkung, nur immer ein Teil der feindlichen Front angegriffen werden könne. So wurden die Angriffe zunächst eingestellt. Die Blicke des Armeekommandos wandten sich dem Westflügel zu, wo die zu überwindende Waldzone am schmälsten war.

Dort hatten sich die Truppen der Gruppe Obst. Majewski auf den Nordwesthängen der Val Canaglia eine wohlverdiente Atempause gönnen dürfen. Nur auf dem Mt. Lemerle suchte der Feind immer wieder, die in so bedrohlicher Nähe vor seiner Stellung festgesetzten Bataillone der 34. ID. zurückzuwerfen. Aber auch für diese war die Lage doch allzusehr Wechselfällen ausgesetzt, weshalb die Division daran schritt, die Lemerlehöhe durch einen Handstreich ganz in ihren Besitz zu bringen. In der Nacht zum 10. wurden Gebirgskanonen, Minenwerfer und Infanteriegeschütze in und knapp hinter der Gefechtslinie in Stellung gebracht. Nach einem viertelstündigen, moralisch überaus wirksamen Feuerüberfall stürmten zeitlich früh Teile des SchR. 20 die feindliche Stellung und über die Höhe auf deren Südhang vor; Kompagnien des IR. 101 schlossen sich ihnen an. Binnen einer knappen halben Stunde war der heiß umstrittene Mt. Lemerle den Stürmenden in die Hände gefallen. Ein Gegenangriff, der vormittags schon eine gefährliche Wendung anzunehmen drohte, wurde durch Einsatz der 101er abgewehrt.

Der Ausklang der Offensive (10. bis 16. Juni)

Die Einschränkung der Ziele

In den Tagen, an denen die beiden Armeen der Heeresgruppe Erzherzog Eugen daran schritten, den letzten Gebirgswall, der den Zutritt in die oberitalienische Ebene sperrte, zu durchstoßen, war an der russischen Front südlich vom Pripiatj die von den Italienern dringend erbetene Entlastungsoffensive (S. 276) losgebrochen. Sie erzielte, wie noch eingehend geschildert werden wird, in Wolhynien schon am

6. Juni so überraschend großen Raumgewinn, daß sich die Heeresleitung mit der schwierigen Frage der Zusendung von Verstärkungen in diesen Kampfraum beschäftigen mußte. Als Erstes wurde Erzherzog Eugen am 6. Juni verständigt, daß die der Heeresgruppe zugedachte Verstärkung durch eine Division aus dem Nordosten unterbleiben müsse. Die Offensive werde daher nur durch Einreihung der vorhandenen 130 Marschkompagnien in Fluß zu halten sein.

Bei diesem Anlasse bemerkte der Chef des Generalstabes, er habe „einen befriedigenden Eindruck über die sparsame und ruhige Kampfführung bei den großen Angriffen gewonnen“, doch glaube er, daß stellenweise, „namentlich bei der 11. Armee, noch immer verlustreiche örtliche Kämpfe ohne genügende Vorbereitung, offenbar von einzelnen Kommandanten auf eigene Faust, geführt werden“. Aus den kurz zusammenfassenden Tagesmeldungen vermochte man eben die ungeheuren Hindernisse, die das zerklüftete Gebirge der Kampfführung entgegenstellte, nicht in vollem Maße zu erkennen.

Am 6. Juni hatte die 11. Armee den Beginn ihres Angriffes zunächst auf den 9. verschoben, da die Artillerie noch nicht in voller Verfassung war, um die unerläßliche Mitwirkung zu gewährleisten. Hievon in Kenntnis gesetzt sowie auch über den Gang der Kämpfe bei der

3. Armee benachrichtigt, ließ die Heeresleitung trotz der stündlich kritischer werdenden Lage auf dem russischen Kriegsschauplätze den Erzherzog Eugen wissen, daß es nicht von Bedeutung sei, ob der für die Erzwingung des Austrittes in die Ebene entscheidende Durchbruch des Zentrums der 'Heeresgruppe um einige Tage früher oder später erfolge. Die Angriffe mögen nur gründlichst vorbereitet und dann planmäßig mit ganzer Wucht durchgeführt werden. Aber sie erwarte vom Einfluß des Befehlshabers der Heeresgruppe auf die beiden Armeeführer ein Zusammenfassen der Kraft, insbesonders der Artillerie, an den inneren Armeeflügeln. Alle abseits der großen Kampfhandlungen geführten, zwecklosen Unternehmungen, „wiederholtes Vorjagen der Infanterie gegen noch nicht niedergekämpfte Stellungen, Patrouillenangriffe“ und so weiter, seien radikal einzustellen. In diesetn Sinne habe das Heeresgruppenkmdo. „mit den schärfsten Mitteln“ einzugreifen und zu melden, „von wieviel Batterien jeden Kalibers der in diesem Befehle geforderte einheitliche Angriff vorbereitet und von welchen Kräften er durchgeführt“ werde.

Dieser Befehl rief in Bozen einige Befremdung hervor. Erzherzog Eugen antwortete sogleich, er sei der Ansicht, daß es nicht zweckmäßig wäre, den schon begonnenen Angriff der 3. Armee auf der Hochfläche von Asiago einzustellen und erst gleichzeitig mit dem Angriffe der

11. Armee weiterzuführen. Die räumliche Entfernung der Angriffsräume beider Armeen — Novegnoplatte einerseits, Hochfläche von Asiago anderseits — lasse die volle Gleichzeitigkeit der zwei Angriffe von geringerem Werte erscheinen. Gerade wenn die 3. Armee noch vor dem Beginn des Angriffes der 11. einen Raumgewinn erziele, werde es ihr möglich sein, das Vorwärtskommen der 11. besser zu unterstützen.

Diese Antwort ergänzte der Chef der Operationsabteilung des Heeresgruppenkmdos., Obst. Freih. v. Salis-Samaden, im Aufträge des Generalstabschefs FML. Krauss am 8. Juni vormittags in einem Ferngespräch mit der Heeresleitung. Er führte aus, daß das Heeresgruppenkmdo. keinen Anlaß habe, im Interesse einer gründlichen Vorbereitung gegen etwaige übereilte Schritte einzugreifen. Die Vorbedingungen für das Zusammenhalten der Kraft innerhalb jeder Armee seien geschaffen. Eine Vereinigung der Artilleriewirkung innerhalb der Heeresgruppe sei jedoch in der augenblicklichen Lage ausgeschlossen. Sie würde eine äußerst mühsame, eine lange Reihe von Tagen erfordernde Umgruppierung benötigen. Zu dieser äußersten Maßnahme würde das Heeresgruppenkmdo. nur schreiten, wenn es sich erweisen sollte, daß keine der beiden Armeen imstande sei, vorwärts zu kommen. Vorläufig läge kein Grund zu dieser Annahme vor. Auch die völlige Einstellung aller abseits der großen Kampfhandlung gelegenen Unternehmungen halte das Heeresgruppenkmdo. nicht für wünschenswert. Eine gänzliche Untätigkeit der Flügelkorps, die jetzt starke Kräfte bänden, würde den Feind dazu ermuntern, sich gegen die Mitte zu verdichten. Obstlt. Schneller, der im Aufträge des Chefs des Generalstabes sprach, erwiderte, aus der angeführten Mitteilung könne „in der jetzigen ern-sten Gesamtlage gewiß die volle Beruhigung geschöpft werden“, daß im Südwesten alles ohne Übereilung geschehe und, in der festen Hand des Heeresgruppenkmdos. liegend, zu weiteren Erfolgen führen werde. Die Heeresleitung sei überzeugt, daß die wenig günstigen Ereignisse im Nordosten die Führer und Truppen im Südwesten noch zu erhöhten Leistungen anspornen werden. Sie gebe „absichtlich keine nähere Orientierung über die Ereignisse auf dem russischen Kriegsschauplätze“, um den Schwung der Tiroler Offensive nicht zu lähmen. Dieser bemerkenswerten Aufklärung fügte Obstlt. Schneller aus eigenem bei, er sei der Auffassung, daß den nächsten Ereignissen auf dem italienischen Kriegsschauplätze für das Ansehen des k.u.k. Heeres und für die nächste politische Entwicklung eine ganz ungewöhnliche Bedeutung zukäme.

Aber bereits am 8. Juni nachmittags mußte GO. Conrad mit Rücksicht auf die Lage auf dem russischen Kriegsschauplätze die sofortige Absendung der schon in Tirol eintreffenden 61. ID. anordnen. Zugleich wies er die 5. und die 10. Armee an, durch Einreihung der Ersätze die Truppenkörper eiligst auf vollen Stand zu bringen. Die Rückwirkung der Ereignisse in Wolhynien und in Ostgalizien auf den Südwesten ließen sich nicht mehr abwenden. Noch hoffte die Heeresleitung, eine weitere Schwächung der Heeresgruppe vermeiden zu können. Sie beschränkte sich am 9. Juni darauf, kleine Reserven an allen Fronten, so auch bei der Heeresgruppe Erzherzog Eugen bereitstellen zu lassen. Allein am 10. abends sah sich Conrad im Einvernehmen mit der Deutschen Obersten Heeresleitung und unter ihrem Drucke genötigt, die Nordostfront noch weiter zu verstärken. Er befahl, die 48. ID. derart an die Bahn zu ziehen, daß sie unmittelbar nach der 61. ID. abrollen könne; für die Abgabe schwerer Artillerie würden Anordnungen folgen. Mit diesem bedeutungsvollen Befehle ließ er nun den Erzherzog Eugen wissen, daß nach der entstandenen Gesamtlage „eine Beschränkung der Ziele unserer Offensive gegen Italien kaum zu umgehen“ sei. Vom Ergebnis des zuletzt eingeleiteten Angriffes werde es abhängen, „in welcher Linie der erstrittene Raum dauernd festzuhalten“ sei. „In der Mitte der Heeresgruppe wären hiefür die den Austritt in die Ebene beherrschenden Höhen beiderseits des Asticotales erwünscht.“

So hatte das unheilbringende Auf treten der Russen, trotz allen Sträubens der k.u.k. Heeresleitung, dennoch schon am 10. Juni die entscheidende Abkehr von den großen Zielen der Offensive gegen Italien erzwungen. Die in den nächsten Tagen geführten Angriffe standen im Zeichen dieser Wendung. Sie waren nur mehr Ausläufer einer schon abgedämmten Flut.

Der letzte Angriff der 11. Armee

Das Heeresgruppenkmdo. hielt es weder für erwünscht noch für notwendig, der Beschränkung der Ziele der Offensive durch Änderung der den unterstellten Armeen gegebenen Aufgaben Rechnung zu tragen. Ja, es hoffte, bei einem Gelingen der eingeleiteten Angriffe trotz Verminderung seiner Kräfte noch weitere Erfolge erzielen und die Offensive, wenn auch langsamer, fortsetzen zu können. Jedoch schon der mehrmals verschobene und schließlich am 12. Juni angesetzte Angriff des XX. Korps brachte eine schwere Enttäuschung. In der Nacht hatte sich die 8. ID. ungestört zum Vorgehen gegen den Mt. Giove bereitstellen können. Bei Tagesanbruch begann die Artillerie ihr Zerstörungswerk. Doch die aus einer dichten Wolkendecke sich herabsenkenden Nebelschwaden behinderten alsbald die Beobachtung. Vorsicht gebot, die Flugbahnen höher zu richten, um die eigenen Truppen nicht zu gefährden. Dies beeinträchtigte offenbar die Wirkung, denn als die Kaiserjäger vom 4. Regiment sich zum Angriff erhoben, schlug ihnen das rasende Feuer des ungebrochenen Feindes entgegen. So gingen alle Versuche dieses tapferen Regiments fehl. Zähe verteidigten die Italiener die mit Maschinengewehren bespickte, von Natur aus starke Stellung auch am 13., so daß die Angreifer von ihrem Vorhaben schließlich ablassen mußten. Das Regiment hatte so schwere Verluste erlitten, daß seine Ablösung durch das Schwesterregiment der 58. GbBrig., das 3. KJR., erfolgen mußte. Oberstbrigadier Merten meldete am Abend in Übereinstimmung mit dem Führer der Angriffsgruppe, Mjr. Freih. v. Pereira, daß ein neuerliches Ansetzen des Angriffes auch bei Einsatz frischer Kräfte in dem zugewiesenen Raum aussichtslos sei. Der Angriff könne wieder nur auf dem schmalen Rücken gegen den Mt. Giove geführt werden. Dieser Rücken böte für höchstens drei Schwärme Entwicklungsraum, und am Mt. Giove läge der stärkste Teil der feindlichen Stellung. Weiter westlich wäre das Gelände wohl etwas besser, doch sei jede Bewegung wegen der Flankierung vom Mt. Vaccarezze her unmöglich; weiter östlich aber könne der steile Hang nicht erklommen werden. Das 4. KJR. habe den Angriff auf den Mt. Giove dreimal versucht und sei jedesmal unter großen Verlusten abgewiesen worden. Obwohl das Zerstörungsfeuer der Artillerie auch nach Ansicht der Angriffstruppen gut gerichtet erschien und von nicht zu überbietender Heftigkeit war, blieb die Wirkung gegen den in den Felsen eingenisteten Feind aus. Das Divisionskommando fand es „sehr bedauerlich, daß

die Schwierigkeiten des Geländes in ihrer vollen Wahrheit“ erst nach Scheitern des Angriffes erkannt und gemeldet wurden. Trotzdem müsse das Unternehmen zur Eroberung des Mt. Giove fortgesezt werden, denn ohne dessen Besitz sei ein Angriff gegen den Mt. Vaccarezze nicht rät-lich. Ein überfallsartiger nächtlicher Angriff werde in Aussicht genommen (Beilage 17).    ^

Auch das XX. Korpskmdo. sah keinen anderen Weg, als durch neuerliche, systematische, in jede Einzelheit gehende Erkundung und Vorbereitung die Grundlage zu einer Wiederholung des Angriffes auf den Mt. Giove zu schaffen. Dieser müsse dann, selbst um den Preis größerer Opfer, durchgeführt werden; denn an anderer Stelle des Korpsbereiches, zwischen dem Mt. Spin und dem Mt. Rozzo Covole, sei an ein Vorwärtskommen wegen der Felswände nicht zu denken. Das 11. Armeekmdo. pflichtete diesen Ausführungen bei, erwog zugleich auch einen neuerlichen Angriff des VIII. Korps gegen den Mt. Alba und meldete die ganze Sachlage dem Heeresgruppenkmdo. Erklärend fügte es bei, ein gewiß sehr erwünschtes Unternehmen zur Besitznahme des Pasubio könne mit Rücksicht auf die in den zahlreichen Mulden vor der feindlichen Stellung angehäuften, weichen Schneemassen zurzeit nicht in Betracht gezogen werden.

GO. Dankl bot sich an, „da wegen der erforderlichen Vorbereitungen weder das VIII. noch das XX. Korps am 15. angreifen“ könnten, „im Interesse des Ganzen, um einen Erfolg wenigstens an einer Stelle zu erzielen“, mit allen Geschützen der Artilleriegruppe Obst. Baumann den Angriff der 3. Armee zu unterstützen.

Dem Heeresgruppenkmdo. kam der Antrag gelegen. Es gab sofort die notwendigen Anordnungen, damit die angebotene Artillerieunterstützung der 3. Armee zugutekomme, und sprach gegenüber der Heeresleitung, der es die ganze Reihe der vorangeführten Meldungen und Meinungsäußerungen vorlegte, seine volle Zuversicht nicht nur für ein Gelingen des nächsten Angriffes, sondern auch für eine fernere Weiterführung der Kriegshandlung aus. Wohl sei in den schweren Gebirgs-kämpfen das Zeitmaß sehr verlangsamt, auch schalte die Witterung oft durch Tage die Artillerietätigkeit aus; doch dürfe man nun hoffen, „daß ein beim I. Korps erzielter Durchbruch die ganze Angriffsbewegung wieder in rascheren Fluß bringen“ werde. Daher bat der Erzherzog Eugen eindringlich, „den jetzt im Zuge befindlichen Angriff planmäßig auslaufen zu lassen, dies um. so mehr, als die jetzige Kampflinie nach ihrer Lage im Gelände sich weder bei der 11. Armee, noch bei dem nach Süden gerichteten Frontteile der 3. Armee für eine defensive Weiterführung des Kampfes“ eigne.

Die etwas in die Länge geratene Berichtsfolge traf in Teschen in einem Zeitpunkte ein, als das Unwetter an der russischen Front gefahrdrohend zugenommen hatte. Die Zuversicht des Heeresgruppenkmdos. mochte zwar als ein Lichtschein auf flackern; doch die unwidersprochene Tatsache, daß der Angriff der 11. Armee nicht geglückt war und wenig Aussicht bestand, ihn in naher Zeit zu erneuern, erhöhte die Beklemmung, vermehrte in dieser eine Entscheidung fordernden Stunde die Zweifel. Aus der krisenhaften Stimmung heraus drahtete die Heeresleitung umgehend am 14. nachmittags nach Bozen, sie genehmige die Fortführung des Angriffes auf dem rechten Flügel der 3. Armee, erachte es aber für geboten, „daß die 11. Armee vorerst keine Angriffe mehr“ führe. Diese Armee habe „nach ihren anfänglichen Erfolgen der Reihe nach, vom rechten Flügel angefangen, einen Unterkommandanten nach dem anderen, ohne eine kraftvolle Aktion selbst zu organisieren, angreifen lassen“. Alle diese Vorstöße — nun auch der letzte am linken Armeeflügel — seien trotz des vorzüglichen Instrumentes mißlungen. Mit dieser Führung werde es bestimmt nicht weiter gehen. Das AOK. werde seine „personellen Verfügungen demnächst treffen“. Diese Auffassung der Heeresleitung gab dem Heeresgruppenkommando das Stichwort zu einem scharfen Ausfälle gegen den Führer der 11. Armee, worauf GO. Dankl verärgert erwiderte und um seine Enthebung bat. Am 17. übernahm GO. Rohr, der bisherige Führer der 10. Armee, mit dem Obst. Soós als Generalstabschef das 11. Armeekommando.

Die letzten Kä7npfe der 3. Armee

Der für den 15. Juni vorbereitete Angriff der 3. Armee nahm nicht den erwarteten Verlauf. Das I. Korps hatte zwar die kurze Zeitspanne, die ihm zur Vorbereitung des Unternehmens gegeben war, nach Möglichkeit genützt. Die Artillerie war zum großen Teil südlich der Assaschlucht neu gruppiert worden. Zwischen der 34. und der 28. ID., im Bereiche des nach wie vor heiß umstrittenen Mt. Lemerle war die 43. SchD. in die Front gerückt. Alle Maßnahmen trugen das Merkmal notgedrungener Hast. Der Angriffsplan des GdK. Karl Freih. v. Kirch-bach ging dahin, durch einen Stoß der 34. ID. aus der Mitte der Korpsfront heraus die feindliche Stellung dort zu zerschlagen, wo die Waldzone am schmälsten war. In der Folge sollten dann in enger Verbindung mit der 34. ID. die Gruppe Obst. Majewski mit dem linken Flügel auf den Mt. Pau angreifen, die 43. SchD. in Richtung auf den Mt. Magna-boschi Raum gewinnen. In gleicher Weise hatte das III. Korpskmdo. der 28. ID. und der 22. SchD. befohlen, beim Fortschreiten der Angriffe des I. Korps die Stellung Boscon—Kaberlaba vom rechten Flügel aus aufzurollen und den linken Flügel bis Bertigo vorzuschieben.

Es war also im wesentlichen ein Vorstoß in ausgesprochen südlicher Richtung, zu dem sich die Truppen nun bereitstellten: die zum ersten und Hauptstoß auf den Mt. Carriola bestimmte verstärkte 68. IBrig. der 34. ID. auf dem Mt. dei Busibollo und südlich von Cesuna, anschließend daran rechts die 44. SchBrig. der 44. SchD. von den Südosthängen des Belmonte bis zum Mt. Cengio und links die 86. SchBrig. der 43. SchD. auf dem Mt. Lemerle; vierzehn Bataillone standen als Reserve zwischen Fondi und Canove. 44 Batterien des I. und des III. Korps sollten den Kampf einleiten. Überdies waren 14 Batterien des XX. Korps aus dem Raume westlich vom Asticotale, allerdings erst am 14. nachmittags, zur Mitwirkung bestimmt worden.

In der Nacht auf den 15. hatte es den Anschein, als ob das Unternehmen an diesem Tage werde unterbleiben müssen. Das3. Armeekmdo. hatte Nachrichten erhalten, daß in den frühen Morgenstunden ein feindlicher Angriff gegen den Nordflügel des III. Korps zu erwarten sei (S. 335). Als jedoch der Tag anbrach, rührte sich auf Feindesseite nichts. So konnte die Handlung — nur um eine Viertelstunde verschoben — ihren Lauf nehmen.

Allein es lag ein Unstern über den Kämpfen dieses Tages. Obwohl die Artillerie, von 7h angefangen, über eine Stunde lang die Höhen südlich von Cesuna in eine Wolke von Staub und Qualm hüllte, kam die Vorbewegung der 68. IBrig. bald zum Stillstand. Es war dem Feinde gelungen, sich früher zum Widerstand aufzuraffen, bevor der Angreifer die einige hundert Schritt breite Zone zwischen den Stellungen zu durchschreiten vermochte. Als dann vormittags Abteilungen des IR. 33 auf dem linken Flügel doch in einen Teil der feindlichen Stellungen eindrangen, wurden sie von Flankenfeuer aus Osten und Südosten gefaßt und mußten wieder weichen.

Unter diesen Umständen half es wenig, daß um diese Zeit Teile der Gruppe Obst. Majewski schon das Canagliatal überschritten hatten und sich anschickten, den Mt. Pau zu ersteigen, und daß weiters Teile der 43. SchD. auf dem Südhang des Mt. Lemerle etwas Raum gewonnen hatten. Hier verlief auch der Nachmittag unter heftigen Angriffen des Feindes überaus bewegt; die Bergspitze blieb schließlich in Feindeshand. Bei der 34. ID. drang ein zweiter Angriff um die Mittagsstunde wieder nicht durch. Das Korpskmdo. befahl einen dritten, nach neuerlicher Artillerievorbereitung durchzuführenden Vorstoß. Allein jetzt verzögerte sich die unerläßliche Neugruppierung der Angriffstruppen, besonders der Einsatz des IR. 101, derart, daß die Aussicht schwand, den Angriff an diesem Tage noch erfolgreich aufnehmen zu können; er wurde daher auf den folgenden Tag verschoben. Die Gruppe Obst. Majewski mußte, um den Anschluß an die 34. ID. wieder herzustellen, nachts in die Ausgangsstellung auf dem Westhang des Canagliatales zurück.

Am 16. entbrannte der Kampf zu allererst auf dem Mt. Lemerle. Kaum war es Teilen des herangezogenen IR. 24 gelungen, den Gipfel dieses Berges zu gewinnen, als auch schon mächtige italienische Angriffe einsetzten. In wechselvollem erbittertem Ringen vermochten sich die Bataillone der 43. SchD. ihrer zu erwehren. Die Verluste stiegen beiderseits sehr rasch. So verlor das SchR. 22 in kurzer Zeit 700 Mann.

Der Hauptangriff bei der 34. ID. führte diesmal nach vergeblichen vormittägigen Anstrengungen spät nachmittags wenigstens auf dem linken Flügel zu einem Teilerfolg. Die 68. IBrig. erstürmte die vorderste feindliche Stellung und besetzte die knapp dahinter liegende Höhe.

An den übrigen Frontabschnitten brachte der Tag keine Veränderungen. So wie die Gruppe Obst. Majewski südwestlich des Mt. del Busi-bollo tagsüber angriffsbereit auf das Vordringen der 34. ID. wartete, kam auch die 28. ID. nicht zum Angriff. Die Truppen der 34. ID. waren durch die zweitägigen Kämpfe stark hergenommen; es war unerläßlich, ihnen Zeit zur Sammlung und zur Neuordnung der Verbände zu geben.

Die vom Heeresgruppenkmdo. ausgesprochene Hoffnung auf einen baldigen Erfolg hatte sich demnach nicht erfüllt. Die Ursachen waren mannigfacher Art. Schon am 14. hatte GO. Kövess, dem die Einschränkung der Ziele der Offensive noch nicht bekannt war, einen Überblick über die Lage gegeben. Er hatte angedeutet, daß zur Erfüllung der seiner Armee gestellten Aufgabe, bei ausreichender Sicherung der linken Flanke mit Hauptkräften an die Linie Bassano—Breganze vorzugehen, die zu Gebote stehenden Kräfte kaum hinreichten. Der Armee stünden gegenüber: im Raume zwischen dem Asticotale und der Frenzelaschlucht wenigstens sechs feindliche Divisionen, im Abschnitt von der Frenzelaschlucht nordwärts bis zur Val Sugana mehr als vier Divisionen und in diesem Tale ihrer zwei. Die Truppen des XVII. Korps und die auf dem Nordflügel des III. Korps seien wegen der bekanntgewordenen Angriffsabsichten des Feindes gebunden; jene am Südrande des Beckens von Asiago insbesondere an Artillerie zu schwach, um einen gleichzeitigen Angriff an der Hauptfront durchzuführen. Der Durchbruch könne daher „jetzt und voraussichtlich auch in der Folge nur immer aus einem Ausschnitte dieser Front geführt werden“. Ferner hatte der Armeeführer die Meinung ausgesprochen, es sei zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich, daß der Vorstoß des I. Korps auch die nicht unmittelbar betroffene, dem III. Korps gegenüberstehende Front der Italiener ins Wanken bringen werde (S. 343). Man möge nicht zu viel erwarten. Die Gegebenheiten für den eingeleiteten Angriff seien nicht so wie beim ersten Angriff des III. Korps am 20. Mai. Damals war die Front schmal, der Feind leichter faßbar gewesen, die ganze feindliche Front konnte durch die Artillerie gleichzeitig eingedeckt werden.

Tatsächlich war der letzte Angriff deshalb nicht geglückt, weil die Artillerie nicht ihre volle Wirkung entfalten konnte. Die ganze Anlage des Durchbruches ließ sich mit dem vom 20. Mai gar nicht vergleichen. Die zum großen Teil im bewaldeten Karst verborgenen feindlichen Stellungen waren kaum zu erkennen. Jeder Felsblock war für sich eine kleine Festung. Der Verlauf der Kämpfe konnte selbst von den unmittelbar mit der Infanterie vorgehenden Artilleriebeobachtern nicht verfolgt werden. Ein Begleitfeuer war nicht zu erzielen. Zudem stand nur ein Bruchteil von jener Munitionsmenge, die in den ersten Schlachttagen in reicher Fülle vorhanden war, zur Verfügung. Auch war die Infanterie des I. Korps nicht so schlagkräftig wie die alpenländische Mannschaft des III. Korps. Nichtsdestoweniger sah man einer Wiederholung des Angriffes zuversichtlich entgegen und leitete neue Vorbereitungen hiezu ein.

Der Befehl zum Übergang in die Verteidigung

Erzherzog Eugen war entschlossen, den Durchbruch bei Asiago neuerlich zu versuchen. Er befahl, daß die Asticotalgruppe der 44. SchD. für die Verwendung auf der Hochfläche der 3. Armee zur Verfügung gestellt werde. Ferner hatte die 11. Armee etwa zehn schwere Batterien sowie die 9. ID., deren Artillerie allerdings schon mit der 48. ID. abrollte, an die 3. Armee abzugeben. Die 10. ID. inbegriffen, deren

20.    IBrig. in zwei Gruppen nördlich von Asiago stand, und deren

21.    IBrig. am 16. Juni von Vezzena nach Roana vormarschierte, konnte somit die 3. Armee in den nächsten Tagen mit einer hinreichenden Zahl frischer Truppen rechnen.

Am 16. begab sich der Generalstabschef der Heeresgruppe zum

I. Korps, um über die Aussichten und die Durchführung des Angriffes schlüssig zu werden. Indessen meldete zu Mittag das 11. Armeekmdo., der Generalstabschef des XX. Korps habe selbst die Kampfverhältnisse um den Mt. Priaforä erkundet und sei übereinstimmend mit Oberstbrigadier Merten zur Überzeugung gelangt, daß ein neuerlicher Angriff auf den Mt. Giove Erfolg verspreche. In etwa drei Tagen, die zur Vorbereitung, zur Herbeischaffung zahlreicher Maschinengewehre und besonderer Kampfmittel nötig wären, könnte das Unternehmen durchgeführt werden. Das Heeresgruppenkmdo. ließ vorläufig die Frage offen, ob dieser Angriff erfolgen solle; die Vorbereitungen waren jedenfalls fortzusetzen.

So bestand denn am 16. trotz der schon beschränkten Mittel noch die Zuversicht für eine erfolgreiche Fortsetzung der Kriegshandlung sowohl bei der 3. als auch bei der 11. Armee. Da traf um 6h30 abends in Bozen der Befehl der Heeresleitung ein, der die Abgabe von zwei weiteren Divisionen und den Übergang in die Verteidigung anordnete.

Damit fand die großangelegte Offensive gegen Italien ein vorzeitiges Ende. Der Rückzug in eine verkürzte Verteidigungslinie wurde eingeleitet. Ohne Überhebung konnte GO. Erzherzog Eugen clen siegreichen Truppen verkünden: „Ihr habt in wenigen Wochen eine Reihe starker, seit Monaten ausgebauter Stellungen genommen, mitsamt den mächtigen Panzerwerken, auf die sie sich stützten, und seid weit hineingedrungen in Feindesland. Mehr als 47.000 Gefangene — darunter fast 1000 Offiziere —, 318 Geschütze, 191 Maschinengewehre und eine reiche Beute an Kriegsmaterial geben Zeugnis von Euren Siegen!

Eben als Ihr Euch anschicktet, nach kurzer Vorbereitungszeit einen neuen Schlag zu führen, der die letzten feindlichen Stellungen im Gebirge zertrümmern und den Weg in die Ebene vollends freimachen sollte — da mußte ich Euch schweren Herzens Halt gebieten.

Die zahlreichen Truppen, die der Feind in größter Eile von aller-wärts gegen Euch herangeholt, sie hätten Euren Siegeslauf nicht gehemmt. Höhere Rücksichten verlangten von uns dieses Opfer, damit an anderer Stelle die Grenzen unseres großen Vaterlandes besser geschützt werden können.“

Rückblick auf die Frühjahrsoffensive 1916 gegen

Italien

Bei den Aufmarschvorbereitungen, die der Generalstab im Frieden für den Kriegsfall „I“ (Italien) getroffen hatte, war ein Angriff aus zwei Fronten vorgesehen, vom Isonzo her und aus der Südtiroler Bastion1). Die Offensive der beiden Gruppen sollte gleichzeitig angesetzt werden. Gelang es dem einen der beiden Zangenarme nicht, durchzugreifen, so fesselte er dadurch wenigstens Kräfte des Feindes, womit die Arbeit des anderen Armes erleichtert wurde. Die operativ wirksamere Richtung war zweifellos die aus Südtirol. Sie traf in den Rücken des Feindes und gefährdete diesen um so schwerer, je weiter östlich, gegen den Isonzo hin, seine Hauptkräfte angesetzt waren. Dennoch nötigten bei den Vorbereitungen im Frieden die Bahnlage und die Enge des Tiroler Aufmarschraumes, für die eigenen Hauptkräfte den Aufmarsch am Isonzo in Aussicht zu nehmen. Immerhin sah schon der im Winter 1908/09 verfaßte Aufmarschplan gegen Italien die Versammlung einer Armee von neun Divisionen erster Linie in Südtirol vor2).

Im Weltkrieg wurde der erste Entwurf für eine Offensive gegen Italien im Juni 1915, drei Wochen nach dem Eintritt des früheren Bundesgenossen in den Kampf, verfaßt. Die Lage war gegenüber der im Frieden angenommenen in mehr als einer Hinsicht verschieden. Von den öst.-ung. Kräften war jedenfalls ein erheblicher Teil für absehbare Zeit durch Rußland gebunden. Die dadurch verminderte Handlungsfreiheit Österreich-Ungarns erlaubte es dem italienischen Heer, seinen Aufmarsch vom Tagliamento bis an die Ostgre'nze Venetiens vorzuverlegen und sich sofort zum Vorstoß gegen Laibach anzuschicken. Durch diese Gegebenheiten beeinflußt, trat der Verfasser der Entwürfe von 1915, Obstlt. Schneller, entschieden dafür ein, den von ihm von Monat zu Monat nachdrücklicher befürworteten Gegenschlag gegen Italien nur aus Südtirol zu führen. Sowohl der Mangel an eigenen Kräften wie auch die durch den Vormarsch an den Isonzo gesteigerte Flankenempfindlichkeit des feindlichen Heeres lasse diese Lösung als die allein vertretbare erscheinen, und zwar selbst dann, wenn der deutsche Bundesgenosse Hilfstruppen zur Verfügung stellen mochte, was von Haus aus kaum anzunehmen war (Bd. III, S. 585 ff.). Conrad ließ, wie aus einer

x) Glaise-Horstenau, Franz Josephs Weggefährte (Lebensbeschreibung Becks, Wien 1930), 392 ff. — Conrad, I, 416 ff.

2) Conrad, I, 417.

Randbemerkung hervorgeht, allerdings nur den ersten der beiden Gründe für die Wahl dieser Lösung gelten. Er schreibt nach dem Kriege1): „Auch während des Weltkrieges hielt ich an dem Streben fest, soferne es die allgemeine Lage gestatten würde, die Aktion gegen Italien in ihrer Gänze, also gleichzeitig sowohl von Tirol als vom Isonzo her zur Durchführung zu bringen . . . Ich habe die Überzeugung, daß die einheitliche Durchführung des im vorstehenden für den Aufmarsch gegen Italien dargelegten Planes in seiner Gänze, also unter Mitwirkung starker deutscher Kräfte mit ihren reichlichen Angriffsmitteln zu einem entscheidenden Erfolg gegen Italien und damit möglicherweise zu einem für die Mittelmächte nicht ungünstigen Abschluß des Weltkrieges geführt hätte.“ Ob Conrad bei den Besprechungen, die er gegen Ende 1915 mit Falkenhayn pflog (Bd. III, S. 590), eine Mitwirkung deutscher Kräfte für eine aus zwei Fronten geführte Offensive gegen Italien angeregt hat, ist nicht überliefert. Eher hat es den Anschein, daß sich der k.u.k. Generalstabschef zu dieser Zeit schon damit abgefunden hatte, den Stoß lediglich aus Südtirol zu führen, und daß er auch nur mehr für diesen Kampfraum ein Mittun deutscher Kräfte zur Sprache brachte. Falkenhayn war aber für einen solchen Vorschlag nicht zu gewinnen. Es kam zu einer Offensive ohne den Einsatz reichsdeutscher Verbände 2).

Daß die Erfahrungen, die in der Folge gemacht wurden, dennoch mehr für den Zweifrontenangriff sprachen, beweist ein Vortrag, den der Gstbsobstlt. Schneller drei Monate nach dem Abbruch der Offensive 1916 gegen Italien dem Chef des Generalstabes erstattete. Es heißt darin, daß der entscheidende Stoß bei einem Angriff gegen Italien auch fernerhin aus Südtirol zu führen sein werde, daß es dabei aber nicht zu entbehren sei, gleichzeitig auch „einen mächtigen Druck“ an der Isonzofront auszuüben, „um den Feind zur Teilung seines Heeres zu zwingen und zu hindern, daß er so starke Kräfte wie im Frühjahre gegen die Tiroler Front wirft und trotzdem den Isonzo hält“.

Traf diese Erkenntnis auch sicherlich zu, so ginge es doch nicht an, glattweg zu behaupten, daß die Offensive so wie sie im Mai 1916 eingeleitet wurde, den erhofften Erfolg, das ist mindestens die Räumung der Isonzofront durch die Italiener, nicht hätte bringen können.

Die Bereitstellung der Kräfte für den Angriff war einigermaßen ungewöhnlich. Zwei Armeen marschierten hintereinander auf. Diese

\ Conrad, I, 418.

2] Vgl. auch Krauss, Ursachen, 184, wo entschieden für den Zweifrontenangriff eingetreten wird. — Dazu C r a m o n, Bundesgenosse, 55.

Gruppierung wurde nicht bloß durch die Nord-Südrichtung des Etschtales vorgezeichnet, das als Aufmarschraum zur Verfügung stand, sondern es sprach aus ihr auch der Wille der Führung, der bevorstehenden Kriegshandlung eine ganz bestimmte Entwicklung vorzuzeichnen. Die vordere der beiden Armeen, die 9 Divisionen starke, artilleristisch besonders ausgerüstete 11. Armee, sollte als Durchbruchsstaffel mit gut zusammengehaltener Hauptkraft über die Hochfläche von Folgaria— Lavarone bis an den Bergfuß von Thiene—Bassano vorstoßen, die hintere 3. Armee der 11. zunächst als Marschstaffel folgen und im großen ganzen erst nach dem Erreichen des Höhenrandes eingesetzt werden. Allem Anschein war auch für diesen Zeitpunkt nicht daran gedacht, die 3. Armee als geschlossene Einheit in die Schlacht zu werfen. Es ist vielmehr anzunehmen, daß sich die dann eintretende Neugliederung der breit gewordenen Front den Augenblicksbedürfnissen anzupassen gehabt hätte. Auf jeden Fall sollte durch das Ansetzen der Armeen hintereinander erreicht werden, daß einerseits der erste Durchbruch an der ganzen Angriffsfront unter einheitlicher Führung erfolge, und daß anderseits die Kräfte der Marschstaffel durch Eingliederung in eine eigene Armee der Hauptsache nach für die Zeit nach dem Durchbruche aufbewahrt blieben.

Für das Heeresgruppenkommando, dessen Generalstabschef in dem Aufmarsch „einen schweren operativen Fehler“ *) erblickte, hatte diese Gruppierung den Nachteil, daß es bis zum Einsatz der Marschstaffel mehr oder minder ausgeschaltet bleiben mußte. Es schlug gleich zu Anbeginn vor, die beiden Armeen, das heißt eigentlich die Armeekommandos, sofort nebeneinander einzusetzen, und begründete diese Maßnahme mit der Notwendigkeit, in den Angriff auch das Suganatal einzubeziehen, eine Absicht, die auch den Wünschen des 11. Armeekmdos. entsprach. Die Heeresleitung ließ aber an ihren Richtlinien noch nicht rütteln. Sie wiederholte mit Nachdruck, daß bei dem ersten und entscheidenden Angriff die gesamten Truppen des Angriffsraumes tief gegliedert und geschlossen, ohne rechts oder links auszugreifen, unter der Leitung des 11. Armeekmdos. vorzuführen seien (S. 177).

Die Schlachtordnung, die GO. Dankl diesen Weisungen gemäß vorbereiten ließ, hätte alle irgendwie möglichen Bürgschaften für den Erfolg geschaffen. Da erwies es sich, daß der im März besonders reich fallende Schnee es unmöglich machen werde, den Angriff, wie geplant, schon am 10. April einsetzen zu lassen. In den nun folgenden Tagen

x) Krauss, Ursachen, 191.

und Wochen unruhevollen Zuwartens sah man mit Beklemmung,, daß der aufmerksame Feind bereits Lunte gerochen hatte und daranging, Verstärkungen herbeizurufen.

Mitte April veranlaßte im Suganatal der Druck der Italiener den Einsatz der 18. Division. Daß diese für den Hauptangriff verloren ging, wurde am Ende durch die im Suganatal erzielte Bindung des Feindes genugsam aufgewogen. Erheblich ungünstiger sollte es auf die weiteren Entschlüsse der öst.-ung. Führung wirken, daß verschiedene Maßnahmen der Italiener den übrigens nicht zutreffenden Eindruck erweckten, der Feind wende sein Hauptaugenmerk bereits dem Angriffsraume des XX. Korps zu. Die Sorge, daß gerade dem vom Erzherzog-Thronfolger befehligten Korps ein sinnfälliger Erfolg versagt sein könnte, veranlaßte das 11. Armeekmdo., den Angriff des III. Korps gegenüber dem des XX. um einige Tage hinauszuschieben und so der Artillerie des erstgenannten die Mitwirkung am Angriffe des rechten Nachbars zu ermöglichen. Der Heeresleitung sagte diese Spaltung des Angriffskeiles keineswegs zu. Sie mahnte zweimal, dieses Experiment zu unterlassen; doch gab sie zuletzt nach, da auch das Heeresgruppenkmdo. für den Antrag des GO. Dankl eintrat. Das Eingreifen der Artillerie des III. Korps in den Kampf des XX. hat diesem die Lösung seiner ersten Aufgabe sicherlich erleichtert1).

Diese Nachteile wurden auch nicht dadurch aufgewogen, daß man dem rechten Flügel der Angriffsarmee, dem VIII. Korps, unter der Wahrnehmung, der Feind treffe gerade hier die geringsten Gegenmaßnahmen, die bisher außerhalb des linken Armeeflügels bereitgestellte 48. ID. zur Erzielung eines raschen Erfolges zuwies. Nebenbei sei erinnert, daß GO. Conrad bei diesem Anlasse der Meinung Ausdruck lieh, er habe „stets mit einem verhältnismäßig leichten Vorwärtskommen über den Piano della Fugazza“ gerechnet, und daß er daran die Bemerkung knüpfte, ein Erfolg der Flügelgruppen, des VIII. und insbesondere des III. Korps, werde am sichersten den dem XX. Korps gegenüberstehenden Feind „in eine schwierige Lage“ bringen. Zeigen diese Worte vor allem wieder, daß der Generalstabschef in seinem Herzen unverändert dem Umfassungsmanöver vor dem Durchbruch den Vorzug gab (Bd. II, S. 20), so klingt doch vielleicht auch in ihnen ein wenig die schon berührte Sorge um das Thronfolgerkorps mit.

x) Vgl. Dankl, Zur Offensive aus Tirol, (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933) 516.

, Über das III. Korps war bereits entschieden. Wohl aber sah sich GO. Dankl durch die Bemerkung Conrads in der Absicht bestärkt, das Schwergewicht auf den rechten Armeeflügel zu legen und diesen, weit ausholend, auf die gleiche Höhe mit dem XX. Korps vorzuführen. Das Heeresgruppenkmdo. stimmte zu. Es unterstellte der 11. Armee auch noch das XXI. Korps der 3., nahm aber zugleich die Gelegenheit wahr, den langgehegten Wunsch des Nebeneinanderstellens der beiden Armeen nun zu erfüllen, indem es das III. Korps von der 11. Armee abtrennte und samt den das Suganatal sperrenden Truppen an die Befehle des GO. Kövess wies. Die Schlacht war, als diese Maßnahme durchgeführt wurde, bereits entbrannt. Doch konnte das III. Korps den um fünf Tage verschobenen Angriff genau nach dem Gefechtsplan durchführen, den GO. Dankl aufgestellt hatte, denn GO. Kövess enthielt sich zweckmäßigerweise fürs erste jedes Eingriffes in die Führung dieses Korps.

Der grundlegende Gefechtsplan der 11. Armee war durch die Anlage der italienischen Abwehr ganz wesentlich mitbestimmt. Während die Artillerie den Angriff gegen die ersten zwei Widerstandszonen (S. 268) fast durchwegs aus einer Stellung vorbereiten und begleiten konnte, erforderte der Angriff gegen die dritte, vom Mt. Civillina (westlich von Schio) über Arsiero und Asiago zum Mt. Kempel verlaufende Linie neue Vorbereitungen und für die Geschützmassen auch einen zeitheischenden Stellungswechsel. Nur gegen den nördlichsten Eckpfeiler dieser dritten Linie, gegen den Kempeiberg, war von Haus aus ein Handstreich geplant gewesen, der dann auch glückte. Sonst sollte die Angriffshandlung planmäßig in zwei scharf abgegrenzten Phasen vor sich gehen.

Dieses systematische Kampfverfahren war sicherlich schon durch die Befestigungen des Feindes bedingt, zu deren Niederzwingung noch vor dem Kriege im besonderen die berühmt gewordenen 30.5 cm-Mör-ser geschaffen worden waren. Daneben darf man in ihm aber doch auch eine Rückwirkung der Erfahrungen erblicken, die man zu Kriegsbeginn mit der ungestümen, jede Methodik beinahe verachtenden Angriffsweise und dann in den gemeinsamen Feldzügen mit den planmäßig arbeitenden deutschen Verbündeten gemacht hatte. Das Pendel schlug jetzt nach der entgegengesetzten Richtung aus. Ob man damit immer, zumal gegenüber dem für Augenblickseindrücke besonders empfänglichen Italiener, gut verfuhr, ist gewiß fraglich.

Das Heeresgruppenkmdo. selbst hatte nach den eindrucksvollen Anfangserfolgen wegen des bedächtigen Vorgehens der 11. Armee mancherlei Bedenken. Es drängte auf rascheres Zugreifen hin, ohne allerdings nähere Fingerzeige oder gar bestimmte Weisungen zu erteilen. Für die rückschauende Betrachtung ist es — namentlich bei einem Vergleiche mit dem Durchbruch bei Karfreit, Oktober 1917 — wohl vor allem das Asticotal unterhalb von Arsiero, dessen Bedeutung in die Augen springt. Hätte das III. Korps gleichzeitig mit dem XX. angegriffen, dann wäre es wohl nicht undenkbar gewesen, ähnlich wie bei Karfreit die; Verwirrung des Feindes auszunützen und über den Mt. Cimone und den Ort Arsiero in einem Zuge in die Ebene nachzustoßen. Ein solches Vorgehen wurde, selbst wenn es den Absichten der Armeeführung entsprochen hätte, durch das Zurückhalten des III. Korps unmöglich gemacht. Aber auch nachdem die italienische Verteidigung vor dem „Eisernen“ Korps zusammengebrochen war und der Feind regellos auf das Südufer der unteren Val d’Assa zurückwich, wurde der Versuch umsoweniger gewagt, als das Vorgehen des III. Korps dem Gedanken, die Hauptkraft gegen die Mitte zusammenzuhalten, nur mehr unvollständig Ausdruck lieh. Bei der Truppe selbst hatte es an dem Willen, entschieden zuzugreifen, und auch an dem zugehörigen Opfermut nie gefehlt.

Keinen geringen Anteil an dem verhältnismäßig bedächtigen Handeln der oberen Führung hatte eine zu Anfang April vom Heeresgruppenkmdo. erlassene Weisung, nach der jener Führer auf größte Anerkennung zu rechnen haben werde, der die ihm übertragene Aufgabe mit den geringsten Blutopfern zu erfüllen wisse. So zutreffend der hier ausgesprochene Gedanke grundsätzlich sein mochte, so wenig ließ es sich vermeiden, daß die allseits weitergegebene Mahnung auf die Unterführer manchmal lähmend wirkte. Dies gilt nicht zuletzt für das Korps des Erzherzog-Thronfolgers, der in seiner großen Herzensgüte die möglichste Vermeidung von Verlusten geradezu an die Spitze aller Erwägungen gestellt wissen wollte. Es ist solcherart gewiß nicht das Ungünstigste, was man der Führung nachsagen kann, wenn man die auffallend geringen Opfer hervorhebt, die der Feldzug kostete. Bei einem Stande von rund 220.000 Mann büßten die Streitkräfte in Tirol (3., 11. Armee und Landesverteidigungskmdo.) zwischen dem 15. Mai und dem 15. Juni 5000 Mann durch Tod, 23.000 durch Verwundung, 14.000 durch Krankheit, 2000 durch Gefangennahme ein. Der Verlust an Toten stellte sich an 2.3 v. H. des Gesamtstandes.

Dieses Streben, mit möglichst geringen Blutopfern den Erfolg zu erreichen, war sicherlich anerkennenswert; doch ist ihm nicht zum geringsten zuzuschreiben, wenn die 28. ID. vor dem Übergang über die untere Assaschlucht zögerte, wenn ferner die 3. ID. vor dem vom

Feinde in der ersten Bestürzung mehr oder minder freigegebenen Mt. Cimone anhielt und wenn ein rechtzeitiges, erfolgverheißendes Zugreifen gegen den Mt. Pasubio unterblieb. Jedesmal ließ man dadurch, daß man vor dem Infanterieangriff möglichst viel Artillerie heranziehen wollte, dem Feinde die Zeit, sich zu neuem Widerstande aufzuraffen.

Daß es zuletzt den um den Mt. Cengio fechtenden Truppen und vor allem den Kaiserjägern im Gebiete des Mt. Priaforä doch nicht erspart blieb, schwere Blutopfer in zum Teil schon aussichtslosen Kämpfen zu bringen, gehörte zu den besonderen Tücken des Schicksals.

Die italienische Führung war zu Beginn des Feldzuges trotz der mehrfachen Verzögerung des ersten Angriffes durch den Ansturm des XX. Korps schließlich doch noch überrascht worden. Der vom

III. Korps geführte Schlag brachte den Feind in womöglich noch größere Bestürzung. Cadorna hatte in diesen aufregungsvollen Stunden und Tagen schon manche Vorbereitung zum Abbruch seiner Isonzofront getroffen. Wie er in seinen Erinnerungen sagt1), hatte er die bestimmte Absicht, den Isonzo in dem Augenblick aufzugeben, da der Gegner den Höhenrand über der Ebene gewann. Hätte der Angreifer seinen Druck in der Linie Arsiero—Asiago pausenlos fortzusetzen vermocht, dann hätte den feindlichen Feldherrn seine übrigens anerkennenswert große Fassung möglicherweise schon früher verlassen. Um die Monatswende betrachtete Cadorna die Krise wohl zum erheblichsten Teile für überwunden und die am l.Juni einlangende Nachricht, daß die Hilfe des Zaren nicht vergeblich angerufen worden sei, tat ein Übriges, den schon stark gesunkenen Mut der Italiener zu heben. Sie behielten ihre dritte Stellung dank den herangeholten Verstärkungen fest in ihrer Hand.

Das Eingreifen der Russen bei Łuck und in Ostgalizien brachte die entscheidende Wendung. Man mag sich immerhin fragen, ob die öst.-ung. Offensive nicht schon vor der Krise im Nordosten oder doch unabhängig von ihr „kulminiert“ hatte. Jedenfalls war nun, da man früher oder später ans Anhalten denken mußte, jeder weitere Schritt, den die 11. und die 3. Armee noch nach Süden taten, nicht zu rechtfertigen. Es ist sogar fraglich, ob in diesem Augenblicke selbst das Gewinnen des Höhenrandes den Feind noch zum Verlassen seiner Isonzostellungen genötigt hätte. Gewisse Ideengänge Cado'rnas über eine Manöverschlacht in der Ebene sprechen dagegen. Dafür hätte aber die öst.-ung. Aufstellung eine kräftefordernde, für die Abwehr ungünstige Linienführung erhalten, deren Behauptung auch wegen der schwierigen Nachschubsver-

x) Cadorna, La guerra, I, 230.

hältnisse nur dann gerechtfertigt gewesen wäre, wenn man an eine baldige Fortsetzung des Angriffes hätte denken können. Erkenntnisse dieser Art nötigten denn auch, nach dem Abbruch der Offensive eine Reihe schwer errungener Punkte zu räumen und die Armeen hinter die Posina und hinter die untere Assa zurückzuführen, um dort eine taktisch bessere und vor allem kräftesparende Stellung zu beziehen.

Zähneknirschend, mit schwer verhaltenem Ingrimm, folgte die Truppe dieser Weisung der Führung. Sie war am Ende des zweiten Kriegsjahres mit ehrlichster Begeisterung zu dem schon durch Gelände und Klima außerordentlich schwierigen Kampfe angetreten und hatte geleistet, was überhaupt zu leisten war. Söhne aller Völker des großen Reiches hatten an den stolzen Erfolgen Anteil, ihnen voran die Deutschösterreicher aus den Alpenlanden, mit denen wie immer auch wieder Kämpfer aus Deutschböhmen im Streiten und Erdulden wetteiferten.

Für die monarchische Institution war der Feldzug noch dadurch besonders denkwürdig geworden, daß der Erbe des 86jährigen Kaisers zum erstenmal ein hohes Kommando vor dem Feinde führte. Mancherlei Bedenken waren gegen diese Verfügung laut geworden, nicht zuletzt der Hinweis auf die Erbfolge des erst vierjährigen Erzherzogs Otto. So sehr die Berufung des Erzherzogs Karl Franz Joseph zum Korpskommandanten dem monarchischen Gedanken entsprach, so sehr hatte sie, wie schon angedeutet wurde, auch gewisse Nachteile im Gefolge. Persönlich war der Erzherzog eifrigst bestrebt, seinen Posten in jeder Beziehung vollauf auszufüllen. Er nahm an den Aufgaben der Führung stärksten Anteil, setzte sich den Gefahren der Schlacht nicht selten weit mehr aus, als es mitunter zu rechtfertigen war, sorgte mit heißer Unermüdlichkeit für die Truppe und eroberte durch seine jeder Pose entratende Frische und Leutseligkeit ihr Herz im Sturme — wie ja auch in seinem eigenen weiteren kurzen und schmerzvollen Leben das Andenken an „Vielgereuth—Lafraun“ fast alle anderen, freilich nur spärlichen glücklichen Erinnerungen überstrahlte. Als der junge Kaiser zum erstenmal nach seiner Thronbesteigung, im Jänner 1917, wieder die in tiefen Schnee gehüllte Walstatt betrat, da bat ihn der Oberbefehlshaber der Südwes.tfront, der kurz zuvor zum Feldmarschall ernannte Erzherzog Eugen, im Namen der Armee, er möge das Großkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens, dessen Großmeister er durch die Berufung zum Herrscheramte geworden war, auch zur Erinnerung an den Feldzug von Arsiero—Asiago tragen; der Kaiser willigte gerne ein.

DIE OFFENSIVE DER RUSSEN IM SOMMER 1916

Die Vorbereitungen bei Feind und Freund

Hiezu Beilage 18

Die Entwicklung des Planes für die russische Sommeroffensive _ *

Die im März unternommenen Angriffe der Russen hatten wegen ihres schweren Mißerfolges eine Änderung der Lage zugunsten des Zarenheeres nicht herbeizuführen vermocht. Daher blieb bei Alexejew der Wille rege, neuerlich zum Angriff zu schreiten und hiebei womöglich einem von ihm befürchteten deutschen Ansturm zuvorzukommen. Die Schneeschmelze und die damit verbundene Unmöglichkeit, größere Kriegshandlungen durchzuführen, bot Zeit zur Auffüllung der bei der West- und Nordfront entstandenen Lücken, für den weiteren Ausbau der Artillerie und für die Ansammlung von Munition.

In Mohilew widmete man sich indessen der Ausarbeitung eines Planes zum Angriff, der im Sinne der Vereinbarungen von Chantilly (S. 236 ff.) der französisch-englischen Somme-Offensive zeitlich vorangehen sollte. Zur Besprechung dieses Angriffsplanes berief Alexejew die drei Frontkommandanten Kuropatkin, Ewert und Brussilow samt ihren Stabschefs, ferner den Kriegsminister Gen. Schuwajew, den Generalartillerieinspektor Großfürsten Sergej Michailowitsch und die Generale des Staatsrates Plehwe und Iwanow für den 14. April in das Hauptquartier des Zaren.

An Hand einer sorgfältig ausgearbeiteten Denkschrift besprach Alexejew die Lage im großen und im besonderen an der russischen Front1). Bei Erörterung der Verteidigungsmöglichkeiten ging er von den Stärkeverhältnissen aus; nach seiner Berechnung wies das Zarenheer zur Zeit eine Überlegenheit von 671.000 Bajonetten auf, die bis zum Frühjahr auf 877.000 gesteigert werden konnte. Bedroht erschien dem Chef der Stawka die Südwestfront, weil hier die Russen dem Gegner nur um weniges überlegen waren und schon verhältnismäßig geringe gegnerische Verstärkungen entscheidend in die Waagschale fallen konn-

x) B a 1 u j e w, Die 8. Armee beim Durchbruch von Łuck (in russ. Sprache, Moskau 1924), 185 ff. — D i a k o w, Wie es im Sommer 1916 zur Brussilow-Offensive kam (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1932) 665 ff.

ten. Nördlich der großen Sumpfzone, wo sich die Masse des Russenheeres und des Kriegsgerätes befand, glaubte er etwaige deutsche Vorstöße gegen Riga, Dünaburg oder Minsk bald begrenzen zu können. Jeden solchen Angriff wollte er mit einem Gegenschlag beantworten, wofür bis Anfang Mai starke, zweckmäßig aufgestellte und rasch verschiebbare Reserven bereitgestellt werden sollten.

Dann entwickelte Alexejew seinen Angriffsplan. Nach der Gruppierung seiner Streitkräfte hielt er den Hauptangriff ohne große Truppenverschiebungen nur nördlich vom Polesie für ausführbar; hiebei sollte nach den Erfahrungen der Märzkämpfe Sümpfen und Wäldern ausgewichen werden. Den Hauptschlag wollte er mit den inneren Flügeln der West- und der Nordfront in der Richtung auf Wilna führen. Hiezu sollte die Westfront mit — wie Alexejew annahm — sechsfacher Überlegenheit aus dem Raume Minsk—Molodieczno über Oszmjana, die Nordfront über die Frontstrecke Widsy—Dünaburg mit fünffacher Überzahl gegen Westen vorstoßen. Hiebei hoffte Alexejew den Doppelangriff mit 695.000 Mann gegen 125.000 deutsche Kämpfer führen zu können. Einige Tage vor dem Hauptangriff sollte ein Vorstoß von vier Korps aus Riga gegen Mitau erfolgen, eine Richtung, die nach der Meinung Alexejews für die Deutschen besonders empfindlich war. Die Südwestfront hatte erst dann aus dem Raume um Rowno über Łuck gegen Kowel vorzubrechen, wenn im nördlichen Kampfraum Erfolge erzielt waren. Die Gardetruppen sollten südlich von Dünaburg zur Verfügung der Stawka versammelt werden.

Ewert und Kuropatkin äußerten sich wenig zuversichtlich über die Erfolgsmöglichkeiten der geplanten Offensive. Zum Niederkämpfen der gut ausgebauten deutschen Stellungen schien ihnen die schwere Artillerie nicht stark genug, der vorhandene Schießbedarf unzureichend zu sein. Sie befürchteten, einen gleichen Mißerfolg wie im März zu erleiden, und waren auch durch den Hinweis, daß leichte Artilleriemunition in mehr als ausreichender Menge vorhanden sei, nicht umzustimmen.

Nun erbat sich GdK. Brussilow, der sich sowohl noch als Führer der 8. Armee, wie als Oberbefehlshaber der Südwestfront schon mit Angriffsplänen beschäftigt hatte, das Wort. Er erklärte, er sei trotz aller Schwierigkeiten (Mangel an schwerer Artillerie, an zugehöriger Munition und an Flugzeugen) der festen Überzeugung, daß seine Front angreifen könne und auch müsse, um gegnerische Kräfte auf sich zu ziehen. Brussilow ließ sich vernehmen: „Ich bitte daher nachdrücklich um die Genehmigung, an meiner Front zur selben Zeit wie meine

Nachbarn angreifen zu dürfen. Selbst für den Fall, daß ich gar keinen Erfolg erzielen sollte, werde ich mich nicht nur darauf beschränken, die gegnerischen Kräfte zu binden; ich werde einen Teil der gegnerischen Reserven auf mich ziehen und werde dadurch beträchtlich die Aufgabe von Ewert und Kuropatkin erleichtern“1). Auf den Einwurf Alexejews, daß er der Südwestfront weder mehr Truppen noch Kampfmittel zuweisen könne, erwiderte Brussilow, er habe nichts verlangt, er sei mit dem zufrieden, was er habe. Er verspreche auch keinen sonderlichen Erfolg. Doch seien seine Truppen gleich ihm der Meinung, daß sie im Interesse der Allgemeinheit angreifen müßten, um den Waffenbrüdern die Arbeit zu erleichtern und sie zu befähigen, die Front des Gegners zu durchbrechen.

Diese mannhafte Sprache machte sichtlichen Eindruck auf die Konferenzteilnehmer. Kuropatkin und Ewert berichtigten nun ihre Auffassung dahin, daß sie wohl angreifen würden, aber für den Erfolg nicht einstehen könnten. In eingehender Beratung einigte man sich schließlich über den Angriffsplan, der am 23. April vom Zaren genehmigt wurde und tags darauf in Befehlsform den Frontkommandanten zuging. Hiernach hatte den Hauptschlag die Westfront aus dem Raume Molodieczno über Oszmjana gegen Wilna zu richten. Die beiden anderen Fronten hatten Unterstützungsangriffe zu führen. Die Nordfront sollte entweder aus dem Abschnitt Illuxt—Dryswjatysee gegen Nowo Aleksandrowsk oder von Widsy gegen Uzjany vorgehen. Die Südwestfront hatte den Gegner an der ganzen Front zu binden und den Hauptangriff mit der 8. Armee auf Łuck zu richten. Den Zeitpunkt des Angriffes wollte die Stawka nach Herstellung des Einklanges mit den Kriegshandlungen der Westmächte später bekanntgeben.Wann dieser Generalangriff erfolgen werde, war schwer vorauszusehen, denn knapp vor Beginn der Konferenz zu Mohilew waren aus Frankreich Nachrichten eingetroffen, daß wegen der schweren Verluste und des großen Verbrauches an Kriegsgerät in den Kämpfen um Verdun der Ansturm der Westmächte erst anfangs Juli werde beginnen können2). Dessen ungeachtet befahl die Stawka, die technischen und die wirtschaftlichen Vorbereitungen bis Mitte Mai zu beenden. Auch sollte bis dahin womöglich an der ganzen Front die Annäherung an die gegnerischen Linien vollzogen sein. Der Beginn des Angriffes werde sieben bis zehn Tage vorher verlautbart werden. Frische Truppen sollten in den Angriffsabschnitten erst kurz

x) Broussilov, 186 f.

2) B a 1 u j e w, 189.

vorher eingestellt werden. Auf die Zweckmäßigkeit zahlreicher Ablenkungsunternehmen, wie bei Riga, bei Pinsk und an der Strypamündung, wies die Stawka besonders hin1).

Ehe aber noch Vereinbarungen zwischen Rußland und den Westmächten über den genauen Zeitpunkt des Generalangriffes hatten getroffen werden können, drängten Hilferufe aus Rom die Stawka zu rascher Entschlußfassung.

Schon am 12. Mai, als der italienische Ministerpräsident von bedrohlichen österreichischen Angriffsvorbereitungen in Südtirol Kenntnis erlangt hatte, wandte er sich nach Petersburg, um Rußland an die — wie er wußte — für Ende Mai zugesagte Offensive zu erinnern. Am

17. berichtete der italienische Botschafter am Zarenhofe, marchese Car-lotti, daß nach seinen Nachrichten die russische Offensive nicht vor der zweiten Junihälfte zu erwarten sei.

Unterdessen war am 15. Mai der Angriff der Heeresgruppe Erzherzog Eugen von der Hochfläche von Lavarone—Folgaria losgebrochen und zeitigte in kurzer Zeit Erfolge, die Heeresleitung und Regierung in Italien Schlimmes besorgen ließen. Die italienische Diplomatie entfaltete nun in Petersburg eine fieberhafte Tätigkeit, um Rußland zum schleunigen Losschlagen gegen Österreich-Ungarn zu bewegen, und auch in Paris und in London wurden Schritte unternommen, damit man von dort auf die russische Heeresleitung in diesem Sinne einwirken möge.

Am 19. Mai erhielt der italienische Militärbevollmächtigte bei der Stawka, GM. conte Ruggeri, den Auftrag, Alexejew die Bitte um rasche Hilfe zu übermitteln. Alexejew sagte wohl zu, machte die Ausführung einer Entlastungsoffensive aber von der Zustimmung des eben die Truppen in Südrußland2) besichtigenden Zaren, von einem angeblich schon eingeforderten Bericht Brussilows sowie von der Durchführung einer ihm nötig erscheinenden Kräftegruppierung und von Materialzuschüben abhängig, weil die Offensive ursprünglich für einen späteren Zeitpunkt angesetzt gewesen war.

Mittlerweile wuchs die Not der Italiener, und in ihrer Bedrängnis richtete Cadorna am 23. Mai durch den russischen Militärattache in Rom, Obst. Enkel, und durch GM. Ruggeri seine Hilferufe unmittelbar an die Stawka3). Alexejew, der die italienische Armee wohl gering

Klembowski, 111 (Beilage 3).

2, Im südlichen Bessarabien standen zwei Korps mit etwa 60.000 Mann; darunter eine aus öst.-ung. Kriegsgefangenen slawischer Nation gebildete Division.

3) Klembowski, 31.

einschätzte 24), hielt sie zahlenmäßig doch für stark genug, um bei zweckmäßiger Gruppierung den Stoß der Österreicher aufzufangen. Immerhin beauftragte er tagsdarauf den Oberbefehlshaber der Südwestfront, zu berichten, wann seine Heeresmacht angriffsbereit sein könne25). Brussilow schlug den 1. Juni vor. Da aber die Westfront unter GdI. Ewert nicht vor dem 14. Juni schlagfertig sein konnte, setzte Alexejew den Angriff der Südwestfront für den 4. Juni fest. Für das Ansetzen der Angriffe zu verschiedenen Zeitpunkten sprach auch der ungenügende Vorrat an Artilleriemunition, namentlich für schwere Kaliber, der einen gleichzeitigen Ansturm an allen drei Fronten ausschloß.

Der Zar genehmigte am 26. Mai diesen Vorschlag26). Am 31. erließ Alexejew telegraphisch die Weisungen für die Offensive des Heeres“1). Diesen zufolge hatte zuerst die durch das V. sib. Korps der Nordfront verstärkte Heeresmacht Brussilows einen „Hilfsstoß, der aber auch stark werden soll“, gegen das öst.-ung. Heer auszuführen. Dies erschien dringend nötig, weil das „ununterbrochene Überführen öst.-ung. Truppen an die italienische Front und die schwierige Lage der italienischen Armee einen entschiedenen Angriff der Südwestfront gegen die nunmehr geschwächte österreichische Front herausfordern“. Diese Offensive hatte am 4. Juni zu beginnen. Um den Erfolg der 8. Armee im Falle des Gelingens voll auszunützen, sollte das IV. Kavalleriekorps, dem die Westfront die S.kauk. KosD. zu überweisen hatte, auf Kowel vorbrechen.

Den Hauptschlag hatte die Westfront nach dem vorbereiteten Plane zu führen und hiezu am 10. oder 11. Juni anzutreten. Ihr wurde von der Verfügungstruppe der Stawka das IX. Korps zugewiesen. Ablenkungsangriffe bei Pinsk und bei Baranowicze sollten dem auf Wilna gerichteten Hauptangriff vorangehen.

Der Nordfront wurde aufgetragen, die nach Petersburg und Polock führenden Verbindungen sowie die rechte Flanke der Westfront zu decken, letzteres deshalb, damit die östlich vom Naroczsee stehende Garde ehemöglichst an den Hauptangriffspunkt der Heeresmacht Ewerts herangezogen werden könne. Demonstrationen, namentlich bei Riga, sollten die Aufmerksamkeit des Gegners vom Kampfraume bei Wilna ablenken.

Betrachtet man die Entwicklung der Offensivpläne Alexejews im ersten Halbjahr 1916, so sieht man, daß bei gleichbleibendem Grundgedanken, den Hauptschlag nördlich des Polesie zu führen, das Schwergewicht allmählich nach Süden glitt. Schließlich hätte der entscheidende Stoß von Molodieczno gegen Wilna geführt werden sollen. Die Nordfront, deren Führer Kuropatkin wieder — wie einst im russisch-japanischen Kriege — nicht die geringste Tatkraft entfaltete *), wurde sogar aller entscheidenden Angriffsaufgaben überhoben. Die Südwestfront dagegen, die während der Märzoffensive noch in strikter Verteidigung zu verharren gehabt hatte, gewann durch den Tatendrang Brussilows und bei den italienischen Hilferufen wachsende Bedeutung. Allerdings war Alexejew nur innerlich widerstrebend den Wünschen Cadornas entgegengekommen. Doch gerade das den Italienern gemachte Zugeständnis, den als „Hilfsstoß“ gedachten Angriff der Südwestfront dem durch die Westfront auszuführenden Hauptschlag um eine Woche vorangehen zu lassen, sollte schließlich, ganz gegen die ursprüngliche Absicht Ale-xejews, die Südwestfront zur Hauptträgerin der Offensividee machen.

Die Angriff' svorber eitun gen Brussilows

Kurz nach der Konferenz zu Mohilew hatte Brussilow seine vier Armeeführer für den 18. April nach Woloczysk berufen, um ihnen Weisungen für die in Aussicht genommene Offensive zu erteilen. Hiebei eröffnete er, daß er unabänderlich gewillt sei, Ende Mai mit seinen Armeen zum Angriff zu schreiten. Diesen Angriff plane er in breitester Form vom Styr bis zum Pruth mit allen Armeen gleichzeitig zu führen. Einwendungen, wie jene des am Erfolg zweifelnden, ansonsten aber militärisch hochgebildeten Führers der 7. Armee, GdI. Schtscherbatschew, entkräftete Brussilow mit dem Hinweis, daß die erforderlichen umfangreichen Angriffsvorbereitungen dem Gegner unmöglich verborgen bleiben können, und daher nur ein Angriff auf breiter Front Gewähr biete, die Hauptstoßrichtung zu verschleiern. Auch sei lediglich ein Anfassen an allen Frontabschnitten geeignet, den Gegner wirklich zu fesseln und ihn zu hindern, seine Reserven zu verschieben. Dies habe so weit zu gehen, daß jedes Korps an irgend einem Punkte seines Bereiches starke Kräfte versammeln und den Gegner durch eine entsprechende Tätigkeit binden müsse2). Den Hauptangriff wollte Brussilow gegen Łuck durch die

1)    Broussilov, 188.

2)    Ebenda, 192.

8. Armee führen lassen, der er auch seine Reserven zuzuführen gedachte.

Doch alle Armeeführer, im besonderen jener der 8. Armee, der wenig rührige GdK. Kaledin, verhielten sich ablehnend und befürchteten Mißerfolge.

Nun wurde Brussilow eindringlich. Er verwies auf die ungeheure Wichtigkeit der ganzen Offensive, in deren Rahmen die Südwestfront die Aufgabe habe, das Heer Ewerts zu unterstützen. Als allgemeine Angriff srichtung schwebe ihm nach den strikten Weisungen der Stawka die Linie Łuck—Kowel—Brest-Litowsk vor, in der die 8. Armee vorzudringen habe. Sie trage naturgemäß die Hauptlast des Angriffes, weil sie der Westfront am nächsten gelegen sei. Ein Erfolg bei Łuck könne auch den bei Pinsk haltenden Feind zum Rückzug zwingen. Die 8. Armee werde in ihrem schweren Kampfe dadurch unterstützt werden, daß starke Reiterei entlang der Bahn Sarny—Kowel vorstoßen werde, wodurch auch möglich werden könne, den Gegner bei Łuck in die Zange zu nehmen. Im übrigen bemerkte Brussilow, die Verhältnisse bei der 8. Armee, die er bis vor kurzem befehligt habe, genau zu kennen. Die ersten Angriffsvorbereitungen seien dort bereits getroffen. Sollte Kaledin die Verantwortung nicht übernehmen wollen, so müsse man ihn seines Postens entheben oder den Hauptangriff einer anderen Armee übertragen.

Jetzt wurden die Armeeführer zuversichtlicher, und Kaledin versicherte, alles daransetzen zu wollen, um der ihm gestellten Aufgabe gerecht zu werden. Brussilow befahl nun, die Vorbereitungen bis zum

10. Mai derart zu betreiben, daß der Angriff nach weiteren sieben Tagen beginnen könne.

Auch Brussilow selbst widmete sich jetzt mit besonderer Hingabe den Vorbereitungsarbeiten. Wohl waren auf Grund der bisherigen sowohl im Osten wie in den Kämpfen um Verdun gewonnenen Erfahrungen von mehreren hohen russischen Befehlsstellen bereits verschiedene Kampfanleitungen erlassen worden. Doch Brussilow ging noch weiter und forderte gründlichste, alle Einzelheiten betreffende Vorbereitungen des Angriffes möglichst im Gelände, damit nichts dem Zufall überlassen bleibe.

Die Durchbruchsfronten sollten 15 bis 20 Werst breit sein; nur in Ausnahmsfällen konnten sie bis zu 10 Werst eingeengt oder auf 30 Werst ausgedehnt werden. Hiedurch wurde der Anweisung der Stawka Rechnung getragen, eine Offensivgruppe nicht über fünf Korps stark zu halten. Auf einen Schritt der Durchbruchsfront waren 3 Mann zu rechnen, damit — abgesehen von noch nachfolgenden Reserven — der Angriff mit vier Wellen beginnen konnte. Auch sollten die Ausgangsräume, damit die Angriffe sicher durchdrängen, nicht weiter als 200 bis 400 Schritte vom Gegner entfernt liegen. Die Infanterie hatte sich allmählich vorzuarbeiten und die eben erwähnten Sturmausgangsstellungen — vom französischen Gen. Nivelle „places d’armes“ genannt — zu schaffen. Für ein Regiment wurde ein solcher aus zahlreichen parallelen Deckungsgräben mit Verbindungsgräben bestehender Raum von 1000 Schritt Breite und 300 Schritt Tiefe für nötig erachtet.

Von der Artillerie, der Wegbereiterin des Fußvolkes, forderte Brussilow, daß sie durch Zielfeuer die gegnerischen Kampfanlagen und Hindernisse zerstöre, die Infanterie begleite und alles aufbiete, um dauernd mit ihr in Verbindung zu bleiben. „Der Erfolg besteht nicht in einem orkanartigen Feuer,“ schrieb Brussilow in seinen Weisungen, „sondern in guter Feuerleitung nach genauen Aufgaben.“ Ebenso großes Gewicht legte er auf genaue Erkundung des Gegners. Tatsächlich waren die russischen Angriffstruppen über die erste österreichische Kampflinie sehr gut unterrichtet, meist weniger genau über die hinteren Stellungen.

Zusammenfassend kann man sagen, daß die russische Südwestfront so gut vorbereitet an ihre Aufgabe heranging, wie nie zuvor ein russischer Heeresteil. Dies vermerkt auch Brussilow nicht ohne Selbstgefälligkeit in seinen Lebenserinnerungenł); das gleiche Zeugnis wird ihm aber auch von unbeeinflußten Beobachtern ausgestellt2).

Bereits am 25. Mai, also sechs Tage bevor die Weisungen der Stawka für die Sommeroffensive erschienen (S. 363), erließ Brussilow seinen Angriffsbefehl3).

Die 8. Armee hatte mit vier Korps (XXXIX., XXXX., VIII. und XXXII.) in der Richtung Rowno—Łuck über die Frontstrecke Dubiszcze— Koryto vorzubrechen. Nach Brussilows Berechnung stießen hier 148 russische auf 53 öst.-ung. Bataillone. Da der 8. Armee eine entscheidende Rolle zugedacht war, ließ ihr Brussilow alle seine Verfügungstruppen zukommen: die 4. finn. SchD., die 12. KD. und 24 schwere Geschütze der 7. Armee. Nach dem von der Stawka am 31. Mai erlassenen Befehl hatte auch ein Reitergeschwader längs der Bahn Sarny—Kowel vorzubrechen, um Verwirrung in den Rücken des Gegners zu tragen.

x) B r o u s s i 1 o v, 220.

-) K n o x, With the Russian Army 1914—1917 (New York 1921), II, 437.

3) Zajontschkowskij, 22 f. — Klembowski, 36.

Mit der Ausführung wurde das 84 Schwadronen starke IV. Kavalleriekorps des Gen. v. Gillenschmidt (2. komb. KosD., 7. KD., 3. kauk. KosD. und halbe 16. KD.) beauftragt, dem das aus der 77. und der 100. ID. neugebildete XLVI. Korps den Weg durch die Stellungen des Gegners bahnen sollte1). Da durch diese dem IV. Kavalleriekorps übertragene Aufgabe die Angriffsfront der 8. Armee überlang geworden war, wurde sie durch Überweisung des XVII. Korps an die 11. Armee verkürzt.

Die 11. Armee, GdK. Sacharow, sollte, um Kräfte des Gegners zu binden, mit einem Korps entlang der Bahn und der Straße Tarnopol— Lemberg, mit einer Nebengruppe bei Sapanow angreifen. An der Lem-berger Straße wurden 32 Bataillone und 100 Geschütze gegen — wie man vermutete — 15 öst.-ung. Bataillone vereinigt.

Der 7. Armee wurde aufgetragen, mit anderthalb Korps über die untere Strypa vorzustoßen und hiebei 32 Bataillone und 107 Geschütze gegen Jazlowiec zusammenzufassen, wo nur 5 Bataillone und 23 Kanonen angenommen wurden.

Die 9. Armee, GdI. Letschitzki, hatte mit zwei Korps (64 Bataillone) über den Frontabschnitt Mitkeu(am Dniester)—Dobronoutz durchzubrechen. Man nahm an, daß die 9. Armee um 54.000 Gewehre und 7000 Säbel stärker als jene Pflanzer-Baltins sei.

An Heeresreserven hielt Brussilow die 2. finn. SchD. und die 126. ID. im Bereiche der 8. Armee, die halbe 12. ID. südlich von Chotin zu seiner Verfügung bereit. Außerdem waren hinter jeder Armee ausgebildete Ersätze in ausreichender Zahl, aber vielfach ohne Gewehre versammelt.

Durch Zusammenschieben von Kräften gegen die geplanten Durchstoßpunkte gelang es Brussilow, der sich mit seinen 580.000 Gewehren und 58.000 Säbeln der öst.-ung. Ostfront um 100.000 Mann überlegen fühlte, auch örtlich überall den Angriff mit einer Überzahl zu beginnen. Neun seiner achtzehn Infanteriekorps wurden unmittelbar zu Angriffen angesetzt mit dem Zweck, die lebenden Streitmittel des Gegners zu vernichten. Ein strategisches Kampfziel fehlte aber.

Dies scheint auch Alexejew empfunden zu haben, der sich mit Brussilows Taktik, an vielen Punkten anzugreifen, nicht befreunden konnte. Mehrmals, zuletzt noch am 3. Juni nachts, am Vorabend der großen Schlacht, beschwor er am Fernsprecher den Kommandierenden der Südwestfront, den Angriff aufzuschieben, die Kräfte neu zu gruppieren und mit einem wuchtigen Stoßkeil nur in einer Richtung vorzustoßen. Es sei dies auch der ausdrückliche Wunsch des Zaren. Doch Brussilow, Balujew, 41.

dem die fruchtlosen Angriffe Ewerts, Kuropatkins und der Deutschen vor Verdun vor Augen schwebtenx), beharrte auf seinem Vorhaben. Alexejew bat nun Brussilow, doch noch darüber nachzudenken. Der Zar schlafe bereits, und es sei nicht angängig, ihn zu wecken; Brussilow aber forderte eine unverzügliche Entscheidung. Da schloß Alexejew das Gespräch mit den Worten: „Gott sei mit Ihnen. Handeln Sie nach ihrem Ermessen. Dem Zaren werde ich von unserer Unterredung morgen Bericht erstatten.“ 2)

Nichts hatte Brussilow umzustimmen vermocht. So nahmen die Ereignisse den von ihm vorgezeichneten Weg.

Die Abwehrmaßnahmen an der öst.-ung. Ostfront von Mitte Mai bis zum 3. Juni 1916

In den Maitagen, an denen sich in Südtirol öst.-ung. Truppen in schwierigen, aber durchaus erfolgreichen Kämpfen über Bergspitzen und tiefe Felstäler hinweg den Siegesweg bahnten, erfuhr an der russischen Front südlich vom Pripiatj die schon seit Eintritt des besseren Wetters lebhaftere Gefechtstätigkeit (S. 240 ff.) eine weitere auffallende Steigerung.

Bei der Armee Pflanzer-Baltin waren von dieser erhöhten Regsamkeit der auf der Höhe Dołżok stehende Südflügel des XI. Korps (Brigade Papp und halbe 5. ID.), der nach Osten gerichtete Frontteil der Gruppe Benigni, der den Raum zwischen der großen Waldzone und dem Dniester beschirmte (3. KD. und 42. HID.), und die auf dem nördlichen Dniesterufer stehende 15. ID. des XIII. Korps betroffen. An den anderen Verteidigungsabschnitten hielt sich die Gefechtstätigkeit auf gewöhnlicher Höhe.

Auf dem Dołżok und in der Samuszynschlinge nahmen die von beiden Seiten mit mehr Eifer als mit Erfolg betriebenen Minenkämpfe ihren Fortgang. Gegen den vorerwähnten Ostabschnitt der Gruppe Benigni trieb der Feind Nacht für Nacht seine Gräben vor. Trotz aller Verhinderungsversuche war der so geschaffene russische Sturmausgangsraum vor der 3. KD. am 23. Mai schon auf 20 bis 40 Schritte an unsere Hindernisse herangelangt. Annähernd gleich weit lagen die Russen der 42. HID. gegenüber.

x) Balujew, 23.

2) Broussilov, 204 f.

Über den Feind war man im Hauptquartier Pflanzer-Baltins zu Kolomea um die Monatsmitte dahin unterrichtet, daß hinter der bes-sarabischen Front, die vom III. Kavalleriekorps und vom XI. Korps gehalten wurde, noch das XII. Korps und zwei weitere Kavalleriedivisionen standen. Vom 20. Mai an begannen vor der 3. KD. und der 42. HID. neue russische Truppen in die Front einzurücken, dafür verschwanden, wie Flieger feststellen konnten, die Lager bei Chotin und südlich davon.

Diese offensichtliche Bedrohung des Ostflügels der Gruppe Benigni veranlaßte das 7. Armeekmdo. zu durchgreifenden Vorsichtsmaßnahmen. Obwohl die 13. SchD. eben von Monasterzyska abrollte (S. 244) und das russische II. Korps sich vor der k.u.k. 15. ID. zusammenschob, verlegte Pflanzer-Baltin die halbe 30. ID., die bisher zu beiden Seiten des Dniesters hinter den inneren Flügeln der Gruppe Hadfy und des XIII. Korps gestanden war, hinter die Front Benignis, so daß die 30. ID. hier vereinigt wurde. Überdies wurde die 79. HIBrig. der 40. HID. von der Mitte des XI. Korps nach Norden verschoben und zwischen der 3. KD. und der 42. HID. in die erste Linie gestellt. Dem Wunsche des Führers der in Reserve stehenden 30. ID., GM. Jesser, ein Kommando an der Front zu erhalten, wurde dadurch entsprochen, daß man ihm am 29. Mai den Befehl über die durch das FJB. 13 der 30. ID. verstärkte 79. HIBrig. übertrug1). Die Masse der 30. ID. (16. IBrig. und 215. IBrigKmdo. samt IR. 97) stand bei Jurkoutz, das SchR. 5 hinter der 51. HID. als Armeereserve. Die 72. IBrig. der 36. ID. hatte am 24. in gleicher Eigenschaft von Sadagóra nach Czernawka und Kociuba zu rücken. Obstlt. Scholtz, der bisher mit einigen Landsturmbataillonen die Grenze gegen Rumänien bewacht hatte, hatte den Grenzschutz südlich von Mamornita der Landesgendarmerie zu überlassen und mit zwei Bataillonen zur 5. ID. zu rücken. Schließlich wurde die kombinierte KBrig. Obst. Kranz, in vier zum Fußgefecht formierte Schwadronen gegliedert, der 24. ID. einverleibt.

Außer diesen Truppenbereitstellungen, die der ausgesprochenen Absicht entsprangen, nahe hinter der bessarabischen Front möglichst stark zu sein, wurde durch Bereithalten eines Kraftwagenparkes in Zastawna und von Eisenbahnzügen an der Strecke Czernowitz—Horodenka für das Verschieben der Reserven vorgesorgt. Minen- und Granatwerferabteilungen sowie Maschinengewehrergänzungszüge gelangten an die Front; Sturmabwehrkanonen wurden eingebaut. Mehrere Batterien

!) Max Pitreich, Okna, 11.

wurden mit neuen Geschützen umbewaffnet, Batterien zu vier auf solche zu sechs Rohren ausgebaut. Zahlreiche Anforderungen, darunter auch solche um weittragende Marinegeschütze, gingen nach Teschen ab. Das Verteidigungsnetz wurde durch den Bau hinterer Stellungen ausgestaltet; hinter dem vordersten Graben Benignis begann man eine neue 100 Meterlinie zu bauen. Diese Erdarbeiten hatten die Armeereserven auszuführen. In den letzten Maitagen wurden sie aber auch angewiesen, sich mit den möglichen Fällen feindlicher Einbrüche vertraut zu machen und den Gegenangriff zu schulen.

Wenn auch vielfach schlechtes Wetter und zahlreiche Regengüsse die Arbeiten beeinträchtigten, so konnte der stets rührige und umsichtige Führer der 7. Armee nicht zu unrecht sich der Überzeugung hingeben, alle Vorkehrungen gegen den drohenden Ansturm getroffen zu haben. Um die Monatswende Mai-Juni, nachdem an den Druckpunkten der Front die Stellungskämpfe lebhafter und auch die Verluste schon empfindlich geworden waren, war sich das 7. Armeekmdo. klar darüber, daß dieser Ansturm mit dem Hauptangriffspunkt gegen den Ostflügel der Gruppe Benigni unmittelbar bevorstehe.

Ruhiger als in der Bukowina verliefen die zweite Maihälfte und die ersten Junitage an der Mitte der öst.-ung. Ostfront. Bei der Südarmee meldete das Korps Hofmann wohl auch das Heranarbeiten der Russen und am Nordflügel des IX. Korps ging es bei Cebrów noch immer lebhaft zu. Auch wußte der Abwehrdienst über russische Angriffsabsichten westlich von Tarnopol zu berichten1). Den Eindruck, daß ein Ansturm unmittelbar bevorstehe, gewann die Südarmee aber nicht. Bei der Heeresgruppe Böhm-Ermolli gab es bei Dworec (südwestlich von Kremieniec) und bei Sapanow, bei welch beiden Orten die Russen noch auf dem westlichen Ikwaufer standen, Minenwerferkämpfe und nächtliche Gefechte. Das Feindbild zeigte im allgemeinen keine Veränderung. Nur vom 27. Mai an wurde beobachtet, daß etwa eine Division von Zalescy südwärts gegen Aleksiniec Str. rücke. Dadurch verengten sich die Abschnitte des VII. und des VI. Russenkorps, was eine Bedrohung des k.u.k. IV. Korps bei Aleksiniec Nw. bedeuten konnte.

Wesentlich gespannter stellte sich die Lage der 4. Armee dar. Am

18. Mai berichteten die 2. ID. und die 70. HID. über planmäßiges Einschießen der russischen Artillerie; die letztgenannte Division hatte auch erkundende russische Offiziersgruppen wahrgenommen. Das Feuer hielt Tag und Nacht an und störte die knappe Erholungszeit der durch Be]) R o n g e, 225 ff.

reitschaft und nächtliche Schanzarbeiten sehr in Anspruch genommenen Grabenbesatzungen. Dabei schaufelte sich der Russe Nacht für Nacht näher heran. Bei Tag war das Feuer von auf nächste Entfernung aufgestellten Feldgeschützen besonders lästig, und russische Fesselballons in zunehmender Zahl blickten neugierig in unsere Batteriestellungen und Lager der Reserven und leiteten das Feuer schwerer Geschütze.

Nun wurde die schwere Artillerie der 4. Armee eiligst verstärkt. Sieben 15 cm-Haubitzbatterien und eine 15 cm-Kanonenbatterie wurden ihr teils aus dem Hinterland, teils von anderen Armeen zugeführt und konnten, bis auf eine Batterie, rechtzeitig in Stellung gebracht werden.

Wichtige Nachrichten lieferte der Abhorchdienst. Man erfuhr, daß nicht das XXXX. (S. 243), wohl aber das VIII. Korpskmdo. am 27. Mai in Satyjew eingetroffen und der Stab des XXXX. von dort nach Dere-wiane abgerückt war. Gefangene berichteten über die am 28. erfolgende Ablösung der 4. SchD. durch die 15. ID. Die russische 14. ID. hatte am 26. Rowno verlassen und rückte — nur bei Nacht marschierend — bei Dolgoszeja in die Front ein. Im Walde östlich von Olyka sei eine neue Division eingetroffen. Aus all dem konnte das Bild der russischen Angriffsgruppierung schon ziemlich scharf erkannt werden. Das XXXX. Russenkorps stellte sich vor der 2. ID., das VIII. vor der 70. HID. zum Stoß bereit. Nördlich des Durchbruchskeiles wußte man gegenüber der 37. HID. die Masse des XXXIX. Russenkorps, südlich vom VIII. stand eine Division des XXXII. Korps der k.u.k. 7. ID. gegenüber. Hinter dem Stoßkeil vermutete man noch die 4. finn. SchD., bei Rowno zwei neu eingetroffene Reichswehrbrigaden. Die 7. KD. wußte man nördlich von Rowno, die 12. KD. südlich der Festung. Auch von der Abgabe des XVII. Korps an die 11. Armee und der damit verbundenen Verengerung des Angriffsraumes der vom Gen. Kaledin befehligten 8. Armee hatten die öst.-ung. Befehlsstellen Kenntnis erlangt.

Diese drohende Gefahr veranlaßte die öst.-ung. Führung zu Gegenmaßnahmen. Da die Heeresleitung den gegenüber von Olyka in vorderster Linie stehenden Regimentern 89 und 90 (4. IBrig.) mit überwiegend ruthenischer Mannschaft nicht die erforderliche Widerstandskraft zumutete, verfügte sie am 25. Mai den Wechsel zwischen der 4. IBrig. der 2. ID. und der 19. IBrig. der 11. Division. Die 11. ID. hatte nunmehr aus der 4. und der 22. IBrig. zu bestehen.

Diese Neugliederung hatte aber zur Folge, daß die seit Monaten in Reserve stehende und für den Gegenangriff geschulte 19. IBrig. (IR. 82 und FJB. 29) in den Graben gestellt und die für eine rasche Kampf-

Handlung weniger geeignete 4. IBrig. in Reserve zurückgezogen wurde x). Daraus sollten sich nicht zu unterschätzende Nachteile ergeben.

Um sich südlich des voraussichtlichen Kampfraumes eine Reserve zu schaffen, befahl die Heeresleitung am 30., aus der schwer angreifbaren Ikwafront die 25. ID. herauszulösen und im Raume um Michaj-lowka zu beiden Seiten vom Styr zu versammeln. Dies berührte die ganze Heeresgruppe Böhm-Ermolli. Die 46. SchD., der das bisher am Südflügel der 1. Armee in Reserve gehaltene SchR. 31 wieder unterstellt wurde, hatte den Raum der 25. ID. zu übernehmen. Als neue Heeresgruppenreserve wurde das IR. 42 der Gruppe Kosak an der Naht zwischen dieser und dem XVIII. Korps aufgestellt. FML. Kosak erhielt als Ersatz die abgesessenen Reiter der 4. KD., die bisher eine Verfügungstruppe des GdK. Böhm-Ermolli gebildet hatte.

ł


Das 4. Armeekmdo., das schon am 15. Mai die Artillerie der beiden in Reserve stehenden Divisionen 11 und 13 den bedrohten Frontdivisionen 70 und 2 zugeteilt hatte, überwies am 2. Juni die 4. IBrig. dem Korps Szurmay und die 25. SchBrig. dem X. Korps. Zweck dieser Maßnahme war, russische Einbrüche bei den beiden genannten Divisionen, deren jede einen Frontraum von etwa 12.000 Schritten zu beschirmen hatte, sofort wieder wettmachen zu können. Die Divisionskmdos. mit den übrigen Teilen der beiden Divisionen 11 und 13 hatten östlich von Ostrożec und bei Chorlupy als Armeereserven bereitzustehen. Die Teile der 10. KD. (Fußabteilungen, Artillerie und Maschinengewehrabteilungen), die bisher bei Łuck gestanden waren, wurden am 27. hinter das II. Korps verschoben; für die rasche Alarmierung der noch westlich von Władimir-Wołyński befindlichen Reiterregimenter wurde vorgesorgt. Außerdem richtete das Armeekmdo. sein Augenmerk auf die hinteren Stellungen, namentlich auf den Brückenkopf von Łuck, dann auf die Styrübergänge.

Aber auch hinsichtlich der ersten und der zweiten Stellung der am meisten bedrohten Korps Martiny und Szurmay brauchte das 4. Armeekmdo. keine Besorgnisse zu hegen. Die 37. HID., deren Verteidigungslinien am Nordflügel vielfach im Walde lagen und vor deren Südteil die versumpfte Putiłowka floß, hatte sogar Vorbildliches geleistet. Ihre Anlagen zeichneten sich durch besondere Übersichtlichkeit, Sorgfalt der Instandhaltung und eine geradezu kasernmäßige Ordnung aus2). Die

vj Heller, Ołyka—Łuck (Österr. Wehrzeitung, Folgen 28 und 29 von 1926).

2) Aus einem noch nicht veröffentlichten Manuskript „Olyka—Łuck“ des FML. Kralowetz, damals Generalstabschef des X. Korps.

etwas ausgebauchte Stellung der 2. ID. litt wohl an einer knapp vor Beginn des bevorstehenden Kampfes nicht mehr abänderbaren, wenig günstigen Linienführung. Auch eignete sich der lockere Sandboden nicht zur Ausführung fester Gräben. Namentlich die Fuchslöcher sollen nicht durchwegs genügend Widerstandsfähigkeit besessen haben. Weil hier das Bauholz von sehr weit herangeschafft werden mußte, war noch seinerzeit von der 3. ID. ein Teil der Unterstände nur mit einem Eingang, verminderter Pölzung und Wellblechdecke hergestellt worden. Als das IR. 82 der 19. IBrig. Ende Mai in die Front gestellt wurde, hatte es vieles an der Stellung, mit der sich die Regimenter 89 und 90 abgefunden hatten, zu bemängeln1). Der wahre Grund der Unzufriedenheit dürfte wohl der gewesen sein, daß die 82 er der Meinung waren, man hätte sie, die Magyaren, auf einen verlorenen Posten gestellt, weil die Ruthenen unverläßlich seien2).

Beim Korps Szurmay (70. HID. und 7. ID.) waren Gräben und Fuchslöcher durchwegs in sehr gutem Zustande. Die 7. ID. zog noch Vorteil aus dem Umstand, daß sich vor dem größten Teil ihres Frontabschnittes eine Tiefenlinie hinzog.

Alle zur Besichtigung der Verteidigungsanlagen entsandten Offiziere des Generalstabes und des technischen Dienstes hatten sich günstig über das Gesehene ausgesprochen, und auch GO. Linsingen, der im Mai die Kampfgräben der in Rede stehenden Divisionen besichtigte, fand nur Worte der Anerkennung. Vom Standpunkt der höheren Führung schien demnach auch bei Łuck zur Abwehr des drohenden Ansturmes alles aufs beste vorbereitet zu sein.

Die Truppe sehnte jetzt sogar den russischen Angriff herbei, denn die Wartezeit zerrte gewaltig an den Nerven. Waren die täglich zunehmenden Stellungskämpfe schon eine starke Belastung, so trug die höhere Führung durch Manches noch zu größerer Beunruhigung der Truppe bei. Für das Vorarbeiten der Russen wurde oft die Abschnittsbesatzung verantwortlich gemacht, ohne daß das Mittel zur Verhinderung des russischen Heranschaufelns bekanntgegeben worden wäre, denn mit Artilleriemunition sollte im Hinblick auf den großen Bedarf in Südtirol gespart werden, und nächtliche Ausfälle, um die russischen Gräben einzuwerfen, hatten sich als unwirksam und verlustreich erwiesen.

In der Zeit des reinen Stellungskrieges war auch eine lästige

x) Die Geschichte des k.u.k. Székler Infanterieregimentes Nr. 82, 1883—1919 (in ungarischer Sprache, Budapest 1931), 123 ff.

2) Heller, Olyka—Łuck.

Yielschreiberei eingerissen. Die bei den Stäben hiefür aufgewendete Zeit wäre besser zur taktischen Schulung der Truppen für den bevorstehenden Abwehrkampf zu verwenden gewesen. Denn die Truppe hatte zweifellos zu viel gegraben und zu wenig exerziert.

Am meisten bedrückte es aber die Truppe, daß sie wegen der neuen russischen Annäherungstaktik über den voraussichtlichen Kampfverlauf nicht im klaren war. Hiebei soll auch nicht verschwiegen werden, daß manche Regimenter in der seit Herbst 1915 währenden Kampfpause den Glauben an die Nötigung, wieder einen langandauernden Großkampf durchstehen zu müssen, zum Teile eingebüßt hatten. Daß der schon seit Monaten währende Stellungsdienst die Truppen, die wegen der langen, dünn besetzten Fronten nur selten hatten abgelöst werden können, vielfach taktisch ungelenk hatte werden lassen, ist schon angedeutet worden (S. 127 ff.). Was hier von der 4. Armee gesagt wird, gilt im wesentlichen auch für die anderen Armeen.

Das Vorverlegen der russischen Gräben, die schon an vielen Stellen unser Hindernis erreichten, ließ nun mancherorts berechtigte Zweifel laut werden, ob das schräg abzugebende Sperrfeuer, auf das das ganze Verteidigungsverfahren aufgebaut war, rasch und wirksam genug einsetzen werde, um die feindlichen Stürmer beim Durchmessen des täglich kleiner werdenden Vorfeldes niederzuhalten. Es wurde auch fraglich, ob die Verteidiger rasch genug aus den Fuchslöchern heraus und an die Brustwehr gelangen würden. Jetzt wurde aus der Truppe heraus — so bei der 70. HID. — der Ruf nach Vorpositionen laut, damit der Feind nicht so rasch an unsere Hauptstellung herankommen könne. Dies hätte aber eine Rückverlegung aller in der ersten Linie eingebauten Kampfmittel und ein Aufgeben aller im Kampfgraben oder unter dem Hochwall befindlichen bombensicheren Fuchslöcher bedeutet. Auch war der Ausschuß aus der zweiten Linie wegen der vielen Gräben und namentlich wegen des knapp hinter der ersten Linie aufgeworfenen Hochwalles vielfach ungünstig. Eine Reihe von Bedenken stellte sich den in zwölfter Stunde geäußerten Änderungsvorschlägen entgegen. Dem im Stabe des Erzherzogs Joseph Ferdinand angeregten Plane, Vorfeldstellungen durch Zurückwerfen der Russen bis auf das östliche Putilowkaufer zu gewinnen, wurde wegen des bei dieser Angriffsunternehmung voraussichtlich eintretenden großen Munitionsverbrauches noch nicht nähergetreten. Doch ehe in der Frage der Stellungsverbesserung ein Entschluß gefaßt wurde, brach am 4. Juni, just am 60. Geburtstage des FM. Erzherzog Friedrich der russische Ansturm los.

Der erste Ansturm des russischen Südwestheeres

(4. bis einschließlich 9. Juni)

Der    4.    Juni bei der    k.u.k. 4. Armee

Hiezu Beilage 20

Am 4. Juni, einem heiteren, mäßig warmen Frühsommertag, erschütterte von    4h    früh an heftiges    russisches Artilleriefeuer    den

ganzen Kampfraum zwischen Kulikowice am Styr und dem weit südlich liegenden Czernowitz. Es steigerte sich bald gegen die bisherigen Druckpunkte zu einer an der Ostfront noch nie erlebten Stärke und leitete hiemit die von den öst.-ung. Truppen erwartete russische Offensive ein. Ein in der Früh als Funkspruch erlassener Heeresbefehl Brussilows, der von    uns    mitgelesen wurde,    ließ über den geplanten Umfang

und den Ernst    der    Operation keinen    Zweifel übrig. „Es ist die    Zeit

gekommen, den ehrlosen Feind zu vertreiben“, rief Brussilow seinen Soldaten zu. „Alle Armeen unserer Front greifen gleichzeitig an. Ich bin überzeugt, daß unsere eiserne Armee den vollen Sieg erringen wird ...“

Bei der k.u.k. 4. Armee richtete sich das wuchtige Zerstörungsfeuer gegen die 70. HID. und die 2. ID. sowie gegen den Südflügel der 37. Honvéddivision. Etwas weniger heftig trommelte die russische Artillerie auf die Gräben des Nordflügels der 7. ID. und gegen die Mitte der 4. Division. Hiedurch zeichneten sich für den Verteidiger die Umrisse des Angriffes der 8. Russenarmee ganz deutlich ab: Hauptschlag zwischen der Bahnlinie Rowno—Kowel und Koryto, Ablenkungsunternehmen beiderseits von Czernysz.

In der Tat hatte GdK. Kaledin beschlossen, mit der Masse des

XXXIX. Korps, mit dem XXXX. und dem VIII. Korps sowie mit der nachfolgenden 4. finn. SchD., insgesamt rund 100 Bataillone und 320 Geschütze, die Front des Gegners zwischen Dubiszcze und Koryto zu durchstoßen. Das Schwergewicht war auf den Abschnitt Żorniszcze— Koryto gelegt. Links vom Durchbruchskeil hatte die 101. ID. des XXXII. Korps das VIII. Korps in der Richtung auf eine Höhe zwei Kilometer westlich von Koryto zu begleiten.

Die erste Aufgabe der Angriffstruppen war, das öst.-ung. Stellungsnetz bis zur Linie Stawok—Derno—Zabolotie—Malin—Kol. Koryto, also die erste und die zweite Stellung, in Besitz zu nehmen. In weiterer Entwicklung des Angriffes sollte bis an den Styr beiderseits von Łuck vorgedrungen werden. Hiefür standen im Bedarfsfalle noch die 2. finn. SchD., die 126. ID. und allenfalls auch noch die hinter dem Nordflügel stehende 100. ID. zur Verfügung. Das XXX. Korps sollte über Czernysz—Rudniki gegen die Straße Kolki—Cuman vorstoßen, um dem Verteidiger an Truppenverschiebungen gegen Olyka zu hindern. Dem IV. Kavalleriekorps war der schon erwähnte Raid längs der Bahn Sarny—Kowel übertragen. Den Beginn des Durchbruchsangriffes südlich der Bahn wollte Kaledin nach den Ergebnissen der artilleristischen Feuervorbereitung festsetzen. Das XXX. Korps hatte jedenfalls am 4., das Reiterkorps Gillenschmidt nicht später als am 5. Juni anzugreifen *).

Von den höheren Führerstellen der Armee Erzherzog Joseph Ferdinand wurden schon am 4. früh gleich nach Beginn des russischen Trommelfeuers alle erforderlich erscheinenden Abwehrmaßnahmen getroffen. Das 4. Armeekmdo. ließ die beiden Brigaden der 10. KD. alarmieren und über Władimir-Wołyński gegen Łuck marschieren. Den Fliegerstaffeln der 4. Armee wurde ein Bombenangriff auf die Sammelräume und Befehlsstellen des Feindes bei Olyka anbefohlen. GdI. Martiny, der Kommandant des X. Korps, ließ die ihm überwiesene 25. SchBrig. der Armeereserve, gleichwie FML. Szurmay die 4. IBrig., in der zweiten Stellung und hinter ihr in sehr breiter Front ohne entsprechende Tiefengliederung bereitstellen2). Die 26. SchBrig. mit dem 13. SchDKmdo. stand bei Chorlupy, die 22. IBrig. und der Stab der 11. ID., deren Führer GM. Grubić eben jetzt erkrankte, befanden sich im Raum um Ostrożec. Auch das II. Korpskmdo. zog seine Verfügungstruppen näher an die bedrohte 4. ID. heran.

Das 4. Armeekmdo. sah sich auch noch veranlaßt, Sparen mit der Artilleriemunition3) anzuordnen, um mit den keineswegs reichlichen Vor-

■) Balujew, 36. — Zajontschkowskij, 23.

2)    Diese Maßnahme fußte auf den Erfahrungen der Neujahrsschlacht in der Bukowina, sollte sich aber — wie die Folge lehrte — hier nicht bewähren.

3)    An Munition waren am 3. Juni vorhanden:

Schuß per

Gewehr

Masdi.-

Gewehr

Feld

Kanone

Feldhaubitze M. 99

Feldhaubitze M. 14

Sdiwere

Haubitze

10 cra-Kanone

15 cm-Kanone

Beim X. Korps

400

15.000

400

340

300

260

430

100

Beim Korps Szurmay

403

15.000

400

300

300

260

350

raten den beginnenden Großkampf, dessen Dauer nicht abzusehen war, durchstehen zu können. Bei der Wucht des russischen Feuers wurde diese Mahnung von den Truppen jedoch mit sehr geteilten Empfindungen aufgenommen. Das AOK. schob übrigens am 4. und am 5. noch Munition zu, so daß von einem Mangel nicht gesprochen werden konnte.

Der Heeresgruppenkommandant, GO. Linsingen, der sein Hauptquartier in Jabłoń (60 km südwestlich von Brest-Litowsk) hatte, stimmte allen getroffenen Maßnahmen zu. Er sprach sein Erwarten aus, daß die „seitens der Russen zum Ausgleich der Erfolge in Südtirol unternommenen schwächlichen Angriffe zunichte“ gemacht würden, mahnte aber auch im Falle eines feindlichen Durchbruches „die noch vorhandenen Reserven nicht zu frühzeitig einzusetzen, sondern zu einem konzentrischen Gegenstoß zu verwenden, welcher über die feindlichen Stellungen vorzutragen ist“.

Unterdessen wütete das feindliche Feuer, das sich zeitlich früh auch gegen die von den russischen Geschützen erreichbaren höheren Befehlsstellen gerichtet hatte, in wachsender Stärke gegen die vordersten Stellungen weiter. Allenthalben, namentlich in den am meisten beschossenen Mittelabschnitten der 70. HID. und der 2. ID., wurde das Hindernis erheblich zerstört, der Hochwall vielfach abgekämmt, die Gräben zum Teil verschüttet und die Verbindungen unterbrochen. Die Fuchslöcher, auch die der 2. ID., hielten aber selbst gegen schwere Bomben stand. Daher blieben auch die Verluste bei den genannten Divisionen noch in mäßigen Grenzen.

Nach einer Abschwächung des Feuers während der Mittagszeit setzte sich nachmittags der Granathagel gegen die Korps Martiny und Szurmay fort, und zwischen 5h und 6h brachen an mehreren Stellen russische Infanterieabteilungen zu starken Erkundungsstößen vor, die vom Verteidiger vielfach schon als ernste Angriffe betrachtet wurden und munitionsverschlingendes Sperrfeuer auslösten. Gegen die Südflügel der 2. ID. und der 37. HID. wiederholten sich diese Vorstöße auch nach Einbruch der Dunkelheit. Der Feind wurde wohl überall ohne Mühe abgewiesen; er hatte aber jedenfalls die ausgiebigen Zerstörungen durch das russische Artilleriefeuer an Hindernis und Deckungen wahrgenommen.

Gegen die 4. ID. des II. Korps führte das XXX. Russenkorps von 4h 30 nachm. bis 8h abends zahlreiche hartnäckige Angriffe, die jedoch alle, zum Teil von der Artillerie der wenig behelligten 41. HID. unter

Flankenfeuer genommen, vor den Stellungen zusammenbrachen. Mit schweren Einbußen zogen sich die Russen in ihre Gräben zurück1).

Am 4. Juni abends konnte das 4. Armeekmdo. mit Befriedigung den Lagemeldungen entnehmen, daß alle Truppen trotz des höllischen Feuers verhältnismäßig wenig Verluste erlitten hatten2), und daß die von GM. Revmann befehligte 4. ID. sich eines volles Abwehrerfolges erfreuen durfte. Da das russische Artilleriefeuer nach Einbruch der Dunkelheit sich merklich abschwächte, konnte auch erwartet werden, daß die an den Stellungen entstandenen bedeutenden Schäden während der Nacht behoben werden würden. Dies schien nötig, denn daß der 4. Juni bloß der Auftakt zu schweren Kämpfen gewesen war, stand außer Zweifel. Auch hatten unsere Flieger, deren Tätigkeit allerdings gegen Abend durch örtliche Gewitter beeinträchtigt worden war, schon vormittags russische Infanterieverstärkungen im Vorrücken über Klewań und Olyka gegen die Front, weiters je eine Kavalleriedivision aus dem Raum nördlich von Rowno gegen Klewań und von Rowno gegen Młynów marschieren gesehen. Offensichtlich rüstete der Russe zum entscheidenden Schlag.

In Erwartung dessen hatte GO. Linsingen schon in den Morgenstunden in Teschen um das Verfügungsrecht über die 25. ID. und um ihre Verschiebung gegen Jałowiczy (12 km südöstlich von Łuck) gebeten. Das AOK. behielt sich aber die Verwendung vor und verfügte sogar im entgegengesetzten Sinne, wozu es sich wegen der Ereignisse bei der 1. Armee veranlaßt sah.

Ablenkungsangriffe der 11. Russenarmee am 4. und 5. Juni

Hiezu Beilage 18

Gen. Sacharow, der Führer der russischen 11. Armee, dachte keineswegs an weitreichende Unternehmungen und hielt sich streng an die ihm übertragene Aufgabe, gegnerische Kräfte zu fesseln. Hiezu sollte

1'/ Nach B a 1 u j e w, 43, hatten die Russen hier einen Verlust von 1900 Mann erlitten, die tot oder verwundet vor den österreichischen Stellungen lagen.

2) Bis 9h abends waren folgende Verluste eingetreten: 7. ID. 5 Tote, 7 Verwundete; 70. HID. 57 Tote, 161 Verwundete. Beim X. Korps hatte die 2. ID. 137, die 37. HID. 105 Verwundete an die Divisionssanitätsanstalt abgegeben. Genauere Verlustziffern waren nicht zu erlangen. Die 4. ID. hatte 189 Mann an Toten und Verwundeten eingebüßt.

das VI. Korps, gefolgt von der Transamur-Grenzwachreiterdivision, in der dem Armeeführer wirksam erscheinenden Richtung längs der Bahn Tarnopol—Lemberg auf bloß 7 km Frontbreite angreifen. Die übrigen Korps hatten durch Teilvorstöße den Gegner vom Hauptangriffsraum des VI. Korps fernzuhalten1).

Nach sehr starker Feuervorbereitung schritten am 4. um llh vorm. die russischen Divisionen 16 und 4, hinter denen 13 Panzerautos zum Vorfahren bereitstanden, gegen die vom GM. Ritt. v. Willerding befehligte 32. TD. zum Angriff. Anfangserfolge der Russen bei Cebrów und nordöstlich davon wurden von den Verteidigern sofort wettgemacht. Bei einem am Nachmittag wiederholten Ansturm gelang es dem Feinde, nordöstlich von Cebrów auf der Höhe A 369 bis in die zweite Linie durchzudringen und bei der Höhe A 389 im vordersten Graben Fuß zu fassen. Doch die Budapester Division setzte zum Gegenangriff an und vermochte in erbitterten Nachtkämpfen ihre Stellung nahezu völlig vom Feind zu säubern2). Diese Kämpfe waren für das Heeresgruppenkmdo. Böhm-Ermolli der Anlaß, die 57. IBrig. der 29. ID. von Zalośce um zwei Wegstunden nach Süden bis an die rechte Grenze der 2. Armee zu verschieben. Das Kommando der Südarmee wieder wies von der als Armeereserve brigadeweise aufgestellten 38. HID. die 76. HIBrig. und drei Batterien dem IX. Korpskmdo. zu, das diese Truppen zunächst nach Jezierna heranzog.

Der am Nachmittag südlich der Straße Tarnopol—Jezierna gegen den linken Flügel der 19. ID., FML. Böltz, unternommene Ablenkungsangriff des russischen XVIII. Korps mißglückte gänzlich; nicht einmal einen Feldwachenstützpunkt, in den eine russische Abteilung eingedrungen war, vermochte der Feind zu behaupten. Ein nach starkem Feuer um 8h abends gegen den inneren Flügel der deutschen 48.RD.und der Division Böltz geführter Sturm brach im gutgeleiteten und zusammengefaßten Abwehrfeuer der Verteidiger noch vor unseren Hindernissen nieder.

Die vom V. Russenkorps gegen den Südflügel der 2. Armee (IV. und V. Korps) gerichteten Angriffsversuche wurden durch unser Artilleriefeuer schon im Keime erstickt.

Tscherkassow, Der Durchbruch bei Luck. Arbeiten und Materialien zu den Operationen der Südwestfront im Juni-Juli 1916. Der Durchbruch der 11. Armee (in russ. Sprache, Moskau 1927), 115 f.

2) Die Verluste der 32. ID. betrugen 44 Offiziere und 1800 Mann an Toten, Verwundeten und Vermißten. Die Einbußen der Russen mögen höher gewesen sein; so verlor das russische VI. Korps am 4. Juni an die 5000 Mann (Tscherkassow, 135).

Weitergehenden Einfluß auf die großen Geschehnisse hatte der gleichfalls nur zur Bindung des Gegners von Teilen des russischen XVII. Korps unternommene Vorstoß. Ursprünglich hätte er aus dem Brückenkopf von Dworec heraus geführt werden sollen. Da die Russen aber einen Verrat durch Landesbewohner befürchteten, wurde in letzter Stunde beschlossen, bei Sapanow vorzubrechen. Der von zwei Regimentern der russischen 3. ID. um 3h nachm. gegen die Mitte des XVIII. Korps unternommene Ansturm drang auch durch und zwang die inneren Flügel des LstlR. 1 und des SchR. 16 zum Rückzug. Während aber die Wiener Landstürmer durch kurz darauf folgenden Gegenstoß ihre Stellungen bei Sapanow zurückgewannen, vermochte sich der Feind nördlich davon im Ikwaknie festzusetzen.

Dies veranlaßte den GO. Böhm-Ermolli, dem 1. Armeekmdo. das Verfügungsrecht über drei Bataillone (II., V. und VI.) des IR. 84, die bisher Heeresgruppenreserve und noch nicht zur 25. ID. abgerückt waren, zu übertragen. Das k.u.k. AOK. ging aber unter dem Eindrücke eines bei Sapanow drohenden Durchbruches darüber hinaus und befahl, den Marsch der 25. ID. nach Rudnia einzuleiten, wohin auch die drei Bataillone 84er zu rücken hatten, sobald sie durch das IR. 42 der Reserve Böhm-Ermollis ersetzt waren. Bei dieser Verschiebung der 25. ID. sprach auch der Gedanke mit, die Division allenfalls bei Rudnia auf die Bahn setzen zu können, weil am 4. — wie noch zu schildern sein wird — auch bei der 7. Armee ein gefährlicher Russeneinbruch erfolgt war.

Unterdessen war der 5. Juni bei der Süd- und der 2. Armee ohne sonderliche Ereignisse verlaufen. Das russische XVIII. Korps verzichtete nach dem tagsvorher erlittenen Mißerfolg auf die Fortsetzung des Angriffes und schloß vor der Mitte der Armee Bothmer die Sturmgassen in seinem Hindernis. Das VI. Korps hatte wohl neuerlich angreifen sollen, doch die übermüdeten Truppen, durch die am Vortage erlittenen Verluste geschwächt, hatten die Angriffsgruppierung nicht rechtzeitig anzunehmen vermocht und begnügten sich, gegen die Gräben der Divisionen Willerding und Böltz ein mäßiges Feuer abzugeben, das von den Verteidigern auch keineswegs als die Einleitung eines Angriffes gewertet wurde. Vor der k.u.k. 2. Armee, die am 4. unbehelligt geblieben war, verhielt sich der Russe auch am 5. ruhig.

Dagegen war bei der Armee Puhallo der 5. Juni auch ein recht bewegter Tag gewesen. Noch während der Nacht versuchte der Feind seinen Erfolg auch gegen das LstlR. 1 zu erweitern, holte sich aber eine blutige Abfuhr. Die Lücken, die tags vorher durch das Versagen des Krakauer SchR. 16 entstanden waren, hatten die 84er sowie abgesessene Reiter der KBrig. Obst. v. Beneš und der 1. LstHusBrig. geschlossen, die auch einen Teil unserer über die Höhe A 256 verlaufenden hinteren Stellung zurückeroberten1).

Nun führte der Feind am 5. Verstärkungen heran, und nach einem mächtigen Feueranfall, wobei ihm die umfassende Aufstellung seiner Batterien sehr zu statten kam, brach er um 4h nachm. neuerlich in die lockere Linie der vom 7. KDKmdo. befehligten, zusammengewürfelten Truppen ein und drückte sie um einige Hundert Meter über die Höhe A 256 zurück. Jetzt wurden auch das IR. 42 und einige Marschbataillone der 7. KD. überwiesen, damit sie — anschließend an die feststehende 1. LstlBrig. — eine neue Front formten, die bei Sapanowczyk in die alte Linie einmünden sollte. Außerdem holte das Heeresgruppenkmdo. Böhm-Ermolli das 58. IBrigKmdo. mit dem IR. 74 von Popowce nach Komarowka heran. Die Masse der 25. ID. erreichte abends nach ermüdendem Marsche Kozin.

Anfänglich hatte die Absicht bestanden, die ganze bei Sapanow verlorene Stellung durch geschlossenen Einsatz der 25. ID. zurückzuerobern. Zur Beriohterstattung aufgefordert, verzichtete das 1. Armeekmdo. aber auf die Rückgewinnung. Die frühere Stellung sei ohnehin nur ehrenhalber gehalten worden. Die jetzige Linie sei kürzer, dem Gelände besser angepaßt und umfassender russischer Feuerwirkung nicht mehr so ausgesetzt. Allerdings fehle es in den neuen Gräben an granatsicheren Unterständen, was mit Rücksicht auf die starke Wirkung der russischen Artillerie die Verteidigungsmöglichkeit der Stellung stark beeinträchtige.

Gen. Sacharow hatte sich aber entschlossen, am 6. nur südlich der Bahn das VI. Korps neuerlich zur Eroberung der wichtigen Höhe A 369 vorbrechen zu lassen. Bei Sapanow wollte er sich zunächst mit dem errungenen Raumgewinn begnügen2). Er hatte — vermutlich ohne es zu wissen — ohnedies schon erreicht, daß die 25. ID. nach Süden rückte und sich von dem entscheidenden Kampfraum der Armee Erzherzog Joseph Ferdinand bei Łuck entfernte, wo am 5. Juni folgenschwere Ereignisse einsetzten.

Michel und Wohl, Das Vierundachtzigerbuch (Wien 1919), 156 ff.

2) Die Russen führen an, in dem Gefechte bei Sapanow am 4. und am 5. Juni 69 Offiziere und 2798 Mann als Gefangene eingebracht zu haben (T s c h e rk a s s o w, 140).

Der Durchbruchsangriff der 8. Russenarmee am 5. und 6. Juni

Hiezu Beilage 20

l'erlust der ersten und der zweiten Stellung westlich von Olyka

am 5. Juni

Gen. Kaledin hatte sich am 4. Juni abends entschlossen, am folgenden Tage den entscheidenden Angriff in der Richtung auf Łuck zu führen. Hiezu sollte sich das nachtsüber zu Störungszwecken zu unterhaltende Feuer gegen Morgen zu größtmöglicher Stärke steigern, und um 9h vorm. hatten die Angriffstruppen der vier Korps des Stoßkeiles (XXXIX., XXXX., VIII. und XXXII.) zum Sturme vorzubrechen.

Teile der beiden nördlichen Korps griffen aber schon um Mitternacht gegen die Mitte und den Nordflügel der 2. ID. sowie gegen den Südflügel der '37. HID. an. Sie wurden wohl abgewiesen. Da das X. Korpskmdo. aber einen Teil der Reserven der 37. HID. (Bataillon I HIR. 18) hinter die Mitte der 2. ID. verschoben hatte, und die Reichsstraße Klewań—Łuck wenig geschützt erschien, wurde auf Befehl des 4. Armeekmdos. das SchR. 14 der 26. SchBrig. in den Morgenstunden zur Bahn- und Straßenkreuzung 5 km östlich von Palcza verschoben. Weiters wurden, weil beim II. Korps nichts zu besorgen war, zwei Bataillone der Reserve der 41. HID. nach Süden hinter den Nordflügel der 37. HID., schließlich die Gruppe GM. v. Bauer (Artillerie, Maschinengewehre und Fußabteilungen der 10. KD.) von Żurawicze nach Silno gewiesen.

Nach Tagesanbruch steigerte sich das russische Artilleriefeuer an der ganzen Front der 4. Armee und erreichte gegen die 70. HID. und die 2. ID. eine noch bedeutend größere Stärke als am Vortag. Die Wirkung war gewaltig; sie war verbunden mit einer ungeheuren Staubentwicklung, die jeden Ausblick hinderte. Zudem verursachte das Eindringen von Sand in die Verschlüsse der Gewehre und Maschinengewehre höchst lästige Ladehemmungen. Noch während des Trommelfeuers arbeitete sich die russische Infanterie nahe an unsere Stellungen heran und gegen 9h vorm. brachen allerorts die russischen Sturmsäulen vor. Bei der 4., der 37. und der 7. ID., wo nur einzelne Abschnitte und diese in nicht so dichten Massen angegriffen wurden, gelang den Russen nirgends ein Einbruch. Die 41. HID. blieb überhaupt verschont.

Eine schlimme Wendung nahm der Kampf zunächst bei der vom

FML. Edl. v. Sellner befehligten 2. Division. Hier war es dem russischen XXXX. Korps, begünstigt durch den eine rechtzeitige Abgabe des Sperrfeuers vereitelnden Staub und Rauch, im ersten Anlauf geglückt, bei den Regimentern 82 und 40 einzubrechen1). Die Besatzung, die durch das fürchterliche Massenfeuer halb betäubt war, wurde zum Teil noch in den Fuchslöchern und Deckungen überrascht. Dennoch setzten sich die Székler vom IR. 82 wacker zur Wehr. Aber viele Leute konnten die engen Fuchslöcher nur mehr als Gefangene verlassen; andere fanden durch hineingeworfene Handgranaten den Tod. Einzelne Gruppen von noch in der ersten Linie ausharrenden Verteidigern wurden von den eingebrochenen Russen, die die Stellung aufrollten, ausgehoben. Das IR. 40 (Rzeszów) scheint keinen nennenswerten Widerstand geleistet zu haben. Die Russen überfluteten in kürzester Zeit seine vordersten Gräben.

Gegen 10h vorm. sahen die in der zweiten Stellung und hinter ihr liegenden Bataillone der 25. SchBrig., auf die sich jetzt der russische Granatenhagel richtete, zu ihrer größten Überraschung russische Schwarmlinien vorrücken2). Unterdessen hatte das X. Korpskmdo. vom Einbruch der Russen beim IR. 82 Kenntnis erlangt. Es unterstellte um 9h 45 vorm. die 25. SchBrig. dem FML. Sellner, damit sie „durch planmäßigen Gegenangriff“ die verlorene Stellung des IR. 82 dem Feinde wieder entreiße. Außerdem sandte GdI. Martiny, ohne die Zustimmung des 4. Armeekmdos. eingeholt zu haben, das SchR. 25 der Armeereserve von Chorlupy nach Pokaszczewo vor.

Der Armeekommandant, vor eine vollendete Tatsache gestellt, entschloß sich, nun auch die in Reserve stehende 26. SchBrig. (SchR.. 14 und 25) auszuspielen und befahl um 10h 30 vorm.: „Ganze 13. SchD. wird dem X. Korpskmdo. unterstellt und ist zum entschiedenen Gegenangriff anzusetzen. Erste Stellung ist wieder zu nehmen.“ Überdies wurde das IR. 95 der 11. ID. von Ostrożec nach Zabolotie verschoben. Die Gruppe GM. Bauer hatte nach Palcza weiterzumarschieren.

Doch das 13. SchDKmdo., FML. v. Székely, das zur Führung des Gegenangriffes in Aussicht genommen war, war bei Chorlupv durch russisches Artilleriefeuer zersprengt worden. Daher fehlte die Leitung, und kostbare Zeit ging verloren. Wohl hatte das 25. SchBrigKmdo. schon aus eigenem Entschluß den Gegenangriff befohlen; das X. Korpskmdo. sandte das SchR. 14 nach Derno vor, und das SchR. 25 hätte das

a) Geschichte des IR. 82, 131 f.

2) Schönow sky-Schönwies und Angenetter, Łuck. Der russische Durchbruch im Juni 1916 (Wien-Leipzig 1919), 163 ff.

IR. 40, dessen Zurückweichen jetzt bekannt geworden war, wieder in die erste Stellung Vorbringen sollen. Aber ein planmäßiger Gegenangriff war dieses einzelweise Vorgehen der Regimenter nicht zu nennen. Auch mangelte es an einer einheitlichen artilleristischen Vorbereitung des Unternehmens. Denn das Armeekmdo. hatte es unterlassen, sich außer den drei Batterien der 10. KD. einige weitere zu seiner Verfügung zurückzubehalten. Auch mußten jene Batterien, die nahe an der ersten Stellung gestanden waren, jetzt ihren Aufstellungsort wechseln; etliche Geschütze waren bereits in Feindeshand gefallen. Schließlich hatten mißverständliche Maßnahmen den Munitionsersatz verzögert.

Um 2h nachm. meldete das mittlerweile in Tätigkeit getretene 13. SchDKmdo., daß die 25. SchBrig. unter ziemlichen Verlusten die zweite Stellung gewonnen habe. Dies war höchst befremdend. Man hatte doch angenommen, daß die Brigade schon in dieser gestanden war und aus ihr heraus gegen die erste Stellung angreifen werde1). Offensichtlich scheint der Gegenangriff der 25. SchBrig. über die ersten Ansätze nicht hinausgelangt zu sein. Tatsächlich hatte der linke Flügel der 2. ID. unter Befehl des FML. Székely mit der Masse der 25. SchBrig., dem SchR. 14 und den Resten des IR. 82 die zweite Stellung zu beiden Seiten des Fahrweges Olyka-Pokaszczewo gruppenweise besetzt, indes die Jägerbataillone 29 und 4 der 19. IBrig. noch in der ersten Stellung hielten. Nur mit größter Mühe vermochten sich all diese Truppen gegen den weit überlegenen Feind, der unter starkem Feuerschutze angriff, zu behaupten. Wie Inseln wurden die vielfach vereinzelt fechtenden Bataillone von der grünbraunen Russenflut umbrandet 2). Links, wo die beiden Jägerbataillone standen, war noch eine geschlossene Verbindung zu der feststehenden 37. Division. Südlich vom genannten Fahrweg befehligte GM. Klein, Führer der 3. IBrig., die Reste des IR. 40, das 26. SchBrigKmdo., die Bataillone II/SchR. 1 und I IHR. 18 sowie das SchR. 25. Das IR. 40 war aber offenbar schon über die zweite Stellung zurückgeglitten, und das SchR. 25 noch nicht recht wirksam geworden. Wegen der dauernd ungeklärten Lage auf dem Südflügel der 2. ID. hatte die 70. HID. bei Pełża eine nach Norden gerichtete Abwehrflanke gebildet.

In dieser Stunde höchster Bedrängnis fragte GO. Linsingen an, was

í/ K r a 1 o w e t z, Ołyka—Łuck (Manuskript).

2 Das Wiener IR. 2 des österreichischen Bundesheeres, das Nachfolgeregiment des SchR. 1, feiert in Erinnerung an den heldenhaft geführten Abwehrkampf den 5. Juni als Gedenktag.

die Ursache des Zurückgehens der Regimenter 40 und 82 gewesen sei. Der Feind habe doch außer den schon bekannten Truppen keine neuen eingesetzt. Der Heereskommandant erwarte, „daß dies der einzige Fall bleibt, daß ein Regiment seine starke, uneinnehmbare Stellung aufgibt“. Im übrigen empfahl er nochmals, die starken Heeresreserven nicht in Teilen den Korps zur Verfügung zu stellen, sondern geschlossen zu einem energischen Gegenangriff zu verwenden. Doch die Masse der Armeereserve war bereits verausgabt. Mittlerweile hatte das X. Korps-kmdo. Kenntnis davon erlangt, daß auch die neue Front der 2. ID. schon an zwei Stellen vom Feinde durchstoßen sei, und es erwog bereits den weiteren Rückzug.

Gegen die vom GM. Goldbach befehligte 70. HID. und gegen den äußersten Nordflügel der 7. ID. gingen das russische VIII. Korps, gefolgt von der Masse der 4. finn. SchD., und südlich davon die Hauptkraft der 101. ID. des XXXII. Korps, insgesamt 56 Bataillone zum Angriff vor1). Auch hier gelang es dem in dichten Massen anstürmenden Feinde, im ersten Anlauf in den völlig zertrommelten vordersten Graben einzubrechen. Örtliche Reserven verdrängten wohl die Eindringlinge; doch bis zum Mittag wiederholten die Russen ihre Anstürme, und zur Abwehr mußten auch Bataillone der Korpsreserve ’(IR. 89 und 90) in den wütenden Kampf geworfen werden. Hiebei behaupteten sich die beiden Flügel der 70. HID. sowie der linke Flügel der 7. ID. im vordersten Graben. Die Mitte der 70. HID. blieb aber eingebeult, und, als um lh 15 nachm. neuerlich ein Massenstoß heranwuchtete, bat FML. Szurmay auch um das IR. 58 der Armeereserve. Erzherzog Joseph Ferdinand stimmte wohl zu; doch sollte das Regiment nur im äußersten Notfall eingesetzt werden. Bis 4h nachm. tobte der Kampf mit unverminderter Heftigkeit weiter. Um die eingebuchtete Mitte der Honvéd vorzureißen, wurden die letzten 2V2 Bataillone der Korpsreserve angesetzt. Das IR. 58 stand als Rückhalt in der dritten Stellung.

Um diese Zeit gab der Führer des X. Korps dem Armeegeneralstabschef, GM. Berndt, telephonisch bekannt, daß seiner Meinung nach die Wiedergewinnung der ersten Stellung nicht möglich und das Festhalten der zweiten unwahrscheinlich sei, daher es am besten wäre, die Gruppe Sellner (2. ID. und 13. SchD.) in die dritte Stellung zurückzunehmen. Auf den schriftlich wiederholten Antrag entschied der

L) Winogradsky, La guerre sur le front oriental en Russie - en Roumanie (Paris 1926), 167. — B a 1 u j e w, 39 f.

Erzherzog-Armeekommandant: „Der Korpskommandant hat das Zutun, was er auf Grund der Sachlage nach Pflicht und Gewissen verantworten zu können glaubt.“ Nun entschloß sich GdI. Martiny um 6h 15 nachm. unter Berücksichtigung der ihm bekannt gewordenen Lage beim Korps Szurmay —die Martiny aber düsterer ansah, als sie tatsächlich war — die Gruppe Sellner in die dritte Linie zurückzunehmen. Die 37. HID. hatte ihren rechten Flügel entsprechend abzubiegen.

Jetzt meldete sich auch FML. Szurmay zum Wort. Einer von ihm dem GM. Goldbach abgeforderten Meldung war zu entnehmen, daß die Regimenter der 70. HID. hohe Verluste (40 bis 50 v. H.) erlitten hatten. Der andauernd schwere Kampf werde weitere Opfer fordern. Sollte die erste Stellung, die in der Mitte durch einen in Vorbereitung stehenden Gegenangriff erst gewonnen werden muß, behauptet werden, so wäre der Einsatz frischer Truppen nötig.

FML. Szurmay, offenbar auch durch die Ereignisse beim X. Korps beeinflußt, leitete diese Meldung nach Łuck weiter und bat um das letzte Regiment der 11. ID., das IR. 95, und zwar zur Besetzung der dritten Stellung zwischen Malin und Bakorin. Er bekundete hiemit seine Absicht, gleichfalls in die dritte Stellung zurückzugehen, wie er denn überhaupt in einem Ferngespräch mit dem Armeegeneralstabschef seine geringen Hoffnungen auf weiteres Standhalten der 70. HID. durchblicken ließ. Ganz begründet war diese Ansicht allerdings nicht, denn die beiden Flügel der Division standen noch im vordersten Graben, die Mitte setzte gerade zum Gegenstoß an, und in der dritten Stellung hielt unangetastet das IR. 58.

Auf diese Meldung hin glaubte das "fT Armeekmdo., da beim X. Korps die Entscheidung zum Rückzug in die dritte Stellung schon gefallen war, am besten zu tun, wenn es dem FML. Szurmay gleichfalls gestattete, die 70. HID. unter dem Schutze der Nacht zurückzuführen. FML. Szurmay erhielt daher um 7h abends den Befehl: „Wenn weiterer Widerstand vorne aussichtslos, so sind die Truppen in die dritte Stellung zurückzunehmen.“ Über das IR. 95 behielt sich der Erzherzog wegen der Lage beim X. Korps das Verfügungsrecht noch vor.

Unterdessen war der von der Mitte der 70. HID. unternommene Gegenstoß bis in die Hundertmeterlinie vorgedrungen, doch bald darauf mußten die erschöpften Kämpfer vor überlegenem Feind wieder in die kaum einen Kilometer hinter dem vordersten Graben befindliche zweite Stellung zurück. Die beiden Flügel hielten aber noch immer in der ersten Stellung gegen heranbrandende Angriffe stand. Trotz dieser nicht ungünstigen Lage entschloß sich FML. Szurmay, von der ihm erteilten Ermächtigung, die 70. HID. in die dritte Stellung zurückzunehmen, Gebrauch zu machen.

Doch erst um 10h nachts erhielt die 70. HID. diesen Befehl. Nun tat Eile not, sollte in der kurzen Sommernacht die Rückbewegung vollzogen werden. Zu allem Übel setzte noch ein Regen ein und machte den Boden glitschig. Der Rückmarsch der Batterien verzögerte sich daher. Als die Nachhuten die bisher tapfer verteidigten vorderen Gräben verließen, graute schon der Tag. Die Division, die am 4. früh 12.200 Mann stark war, hatte etwa 5450 Mann, aber kein einziges Geschütz verloren.

Bei der 2. ID. war die dritte Stellung noch am Abend bezogen worden. Die Besetzung vollzog sich ohne Störung durch den Feind, denn die vom Kampf gleichfalls sehr erschöpften Russen begnügten sich mit dem Gewinn der zweiten Stellung. Jetzt wurde man aber auch der erschreckend großen Verluste gewahr, die die Gruppe Sellner erlitten hatte. Das IR. 82 war von 5330 Mann auf 718 zusammengeschmolzen1). Vom IR. 40, das gleichfalls 5000 Köpfe gezählt hatte, fanden sich nur 270, vom kriegsstarken Bataillon I/HIR. 18 bloß 140, von den 1500 Jägern des FJB. 29 etwa 450 Mann ein. Das Wiener SchR. 1, das in der Früh 3270 Feuergewehre stark war, hatte abends deren nur 742 beisammen2). Die Einbußen der übrigen Regimenter der 13. SchD. und des FJB. 4 waren vergleichsweise mäßig. Die Artillerie hatte 37 Geschütze an den Feind verloren.

Am 5. Abend stand die öst.-ung. Führung vor der äußerst betrüblichen Tatsache, daß östlich von Łuck zwei Divisionen aus der mit allen Mitteln ausgebauten Verteidigungsfront bis in die dritte Stellung zurückgegangen waren. Im Hinblick auf die großen Verluste sowie auf den erschütterten seelischen Zustand der Truppen und ihrer Führer war keineswegs mit Sicherheit auf ein weiteres Standhalten zu rechnen. Die k.u.k. Heeresleitung mußte aber bekennen, daß sie wegen des Ver-schiebens der 25. ID. nach Süden keine Hilfe leisten konnte. Sie überließ diese Aufgabe dem GO. Linsingen. Dieser hatte schon nachmittags von seinen Verfügungstruppen die 89. SchBrig. von Kolki nach Zura-wicze rücken lassen. Sie sollte am 6. nach Palcza marschieren, wohin auch fünf deutsche Bataillone des XXXXI. RKorps unter Obstlt. Jachmann mit Bahn abgesendet wurden. Aus diesen Truppen und einigen von der 4. Armee beizustellenden Batterien sollte FML. Smekal, bisher

x) Geschichte des IR. 82, 135.

2) Schönovvsky-Schönvvies und Angenetter, Beilage 1.

Führer der 45. SchD., eine zusammengesetzte Division bilden, der bei weiterem Vordringen des Feindes ein flankierendes Eingreifen von Nordwesten her zugedacht war. GO. Linsingen wünschte allerdings, daß es hiezu gar nicht kommen möge. Es sollten, wie er gegen Mitternacht die 4. Armee ermahnte, „unsere formidablen Stellungen“ gehalten werden, damit sich der Feind im Angriff verblute. Auch erwartete er, „daß das 4. Armeekmdo. durch persönlichen Einfluß auf die unteren Führer die Truppen nunmehr zum Stehen bringt und Rücksicht auf die Nachbargruppen nimmt. Nur dann ist von der Heranführung weiterer Reserven Erfolg zu erwarten.“

Gen. Kaledin, der Führer der 8. Russenarmee, hatte am 5. abends aus den Gefechtsmeldungen den Eindruck gewonnen, daß der Durchbruch bei Olyka geglückt war. Um llh nachts befahl er, am 6. den Angriff fortzusetzen. Um das bisher hängen gebliebene XXXII. Korps vorzureißen, wies er ihm eine Brigade der 2. finn. SchD. zu; es sollte bis Ml. Gorodnica—Kol. Malewanka Vordringen. Die 12. KD. hatte in den Raum südlich von Olyka nachzurücken x).

Rückzug der ganzen 4. Armee am 6. Juni

Hatte am 5. Juni die 2. ID. ihren „schwarzen Tag“ gehabt, so brach am 6. über das Korps Szurmay das Unheil mit elementarer Gewalt herein.

Frühzeitig erhoben sich die Truppen des VIII. Russenkorps aus den Gräben und eilten den Nachhuten der 70. HID. nach. Diese Division hatte die dritte Stellung zwischen Bakorin und zwei Kilometer östlich der Höhe A 274 besetzen sollen. Hiezu war die 4. IBrig., GM. Pruse-nowsky, an den Nordflügel gewiesen; von Stawiszcze nach Süden hatten das HIR. 314, das IR. 58 und das HIR. 313 in der Front, die Regimenter 315 und 312 in Reserve zu stehen. Die Besetzung vollzog sich aber zum Teil schon unter der Einwirkung des rasch vordringenden Feindes. Das HIR. 314 war über die Stellung hinweggeglitten; dadurch war westlich von Stawiszcze eine Lücke in der Front entstanden. Die Batterien hatten sehr wenig Munition; das Haubitzregiment der Division hatte überhaupt keinen Schuß mehr und wurde nach Ostrożec abgeschoben.

Schon bald nach 7h früh griffen die Russen an der ganzen Divisionsfront an. Die ersten Anläufe wurden durch Sperrfeuer abgewiesen, wobei wieder einige Batterien ihre letzten Patronen verfeuerten. Gegen x) B a 1 u j e \v, 46.

8h früh brach der fortgesetzt anstürmende Feind in Kol. Malin, wo das bisher ganz unversehrt gebliebene Stanislauer IR. 58 völlig versagte, und in die nördlich davon befindliche Lücke ein. Ein Gegenstoß der Regimenter 315 und 312 säuberte wohl den Ort; doch die sich ständig verstärkenden Russen blieben auf Sturmabstand vor der Stellung liegen. Starke Kräfte schoben sich gegen die 4. IBrig. heran, die abzubröckeln begann.

Der Armeekommandant, durch FML. Szurmay von dieser kritischen Lage in Kenntnis gesetzt, stellte nun das letzte Infanterieregiment der Armeereserve, das bei Zabolotie stehende IR. 95, zur Verfügung mit der Aufgabe, von Norden her einen Gegenangriff zu führen. Doch ehe noch dieser in Schwung kommen konnte, verschlechterte sich die Lage von Minute zu Minute. Um 9h vorm. meldete das 4. IBrigKmdo. über einen Einbruch beim IR. 89, wobei der Großteil des aus Gródek sich ergänzenden Regiments in Gefangenschaft geriet. Weiter südlich verließ das IR. 58 seine Stellungen, ohne es auf einen ernstlichen Kampf ankommen zu lassen. Szurmay meldete, daß er an das Zurückschwenken der 7. ID. denken müsse.

Das 4. Armeekmdo. mußte demnach mit einem Auseinanderbrechen der Front an der Naht zwischen dem am 6. Juni noch gar nicht angegriffenen X. Korps und dem Korps Szurmay rechnen. Dies hätte dem Feinde den direkten Weg nach Łuck geöffnet. Der Erzherzog berief daher seine allerletzte Reserve, die Gruppe GM. Bauer und die eben eintreffende 8. KBrig. der 10. KD., nach Łuck, um den Brückenkopf kordonartig besetzen zu lassen. Außerdem wurde das Abschieben aller Trains über den Styr befohlen. In einer um 9h 10 vorm. nach Jablón erstatteten Meldung stellte der Erzherzog auch schon den Rückzug hinter den Styr zur Erwägung und bat diesfalls um Weisungen für den Anschluß an das Korps Fath. Seine drei Korps wurden verständigt, daß im Falle des notwendig werdenden Rückzuges hinter den Styr das Korps Szurmay die Linie von Wojnica bis Nowo Staw und den Südteil des Brückenkopfes bis Wygodanka, das X. Korps anschließend die Stellung bis Zydyczyn und das II. von liier flußabwärts zu besetzen hatte. Vorerst versuchte der Erzherzog allerdings noch das Möglichste, um diese ihm unheilvoll erscheinende Maßnahme zu vermeiden. Auch die Heeresleitung hielt, wie sie in einer um llh45 vorm. an Linsingen abgesandten Depesche eröffnete, „den allgemeinen Rückzug der 4. Armee hinter den Styr wegen lokalen Einbruches der Russen bei Malin nicht für zweckmäßig.“

Mittlerweile war der Gegenangriff des IR. 95, kaum daß er begonnen hatte, wieder aufgegeben worden. Auf dem Nordflügel der 70. HID., wo drei Regimenter der 11. ID. (89, 90 und 95) standen, gebrach es nämlich völlig an der Führung. Der Kommandant der 4. IBrig., GM. Prusenowsky, der für den erkrankten GM. Grubić das Kommando der

11. ID. hätte übernehmen sollen, war seit 6h früh nicht aufzufinden. Auch das 22. IBrigKmdo. trat nicht in Wirksamkeit. Wegen des Ausbleibens des Gegenangriffes war die Lage weiter südlich nicht mehr zu halten. An mehreren Stellen eingedrückt, wichen die Reste der 70. HID. gegen 10h vorm. zurück. Hierauf befahl FML. Szurmay dieser Division, in der Linie Wierchowka—Höhe östlich von Ostrożec—Piane neuerlich Stellung zu nehmen. Die 7. ID. sollte ihren Nordflügel gegen Piane zurückbiegen. Das 4. Armeekmdo., hievon in Kenntnis gesetzt, ermahnte das X. Korps, festen Flügelanschluß an Szurmay zu halten; auch sollten alle Reserven auf dem Südflügel eingesetzt werden, damit ein Vordringen des Feindes über Nowosielki verhindert werde. Zur selben Zeit, um 10h 40 vorm., wies GO. Linsingen den Erzherzog Joseph Ferdinand neuerdings an, durch persönlichen Einfluß auf die Unterführer die beiden Korps zum unbedingten Ausharren zu veranlassen.

Doch GdI. Martiny, durch Meldungen über das Erscheinen russischer Abteilungen bei Nowosielki höchlichst beunruhigt, besorgte, bei weiterem Rückzuge des Korps Szurmay durch den Feind von Süden her vom Styr abgedrängt zu werden1). Er entschloß sich daher um Uh 15 vorm., seine drei Divisionen in die Linie Wierchowka—Romanow —Zwierow—Wertepa zurückzunehmen, welche Bewegung um die Mittagsstunde angetreten werden sollte. Um ein Einströmen von Russen in die Südflanke zu verhindern, warf GdI. Martiny die Korpsreserve, die auf 2000 Gewehre zusammengeschmolzene 19. IBrig., auf die Höhen südlich von Romanow. Da durch diesen Rückzug der linke Flügel des X. Korps um 22 km hinter den rechten des II. zu stehen gekommen wäre, meldete er gleichzeitig diesen Entschluß nach Łuck.

Von hier aus wurde dem GdI. Martiny jedoch befohlen, den Rückzugsbefehl zu widerrufen, weil sonst das ganze II. Korps zurückgenommen werden müsse, und weil die Versammlung der Gegenangriffsgruppe erschwert würde. Ein kurz darauf nach Jabłoń erstatteter Bericht des Erzherzogs verriet jedoch unter Hinweis auf den wuchtigen, kaum aufzuhaltenden Stoß, den die Russen von Pelża auf Łuck führten, wenig Zuversicht, die Umfassung des X. Korps von Süden her abweh-

1) Kralowetz, Ołyka—Łuck (Manuskript).

ren zu können. Mißglückte dies, dann war auch das Verbleiben auf dem östlichen Styrufer in Frage gestellt. Vorsichtshalber wurde daher das II. Korpskmdo. von der Möglichkeit eines Rückzuges unterrichtet.

Doch der vom X. Korpskmdo. aus eigener Initiative erlassene Rückzugsbefehl hatte sich nicht mehr zurücknehmen lassen. Die Divisionen Martinys hatten, ohne entschieden angegriffen worden zu sein, den Abmarsch in die vom Korpskmdo. angegebene Linie bereits angetreten.

Beim Korps Szurmay war gegen Mittag die 70. HID. mit dem Beziehen der neuen Stellung zwischen Wierchowka und Piane beschäftigt. Der Feind fühlte nur vorsichtig vor, ließ aber um so kräftiger seine Geschütze spielen. Bei der 7. ID. fiel das Zurückschwenken der auf dem Nordflügel stehenden 14. IBrig. mit einem zu Mittag beginnenden Angriff des rechten Flügels des XXXII. Russenkorps zusammen. Immerhin gelang das Loslösen — wie die Truppen meldeten — unter geringen Einbußen.

Durch den Rückzug des X. Korps wurde die neue, allerdings von zum Teil schon sehr zermürbten Truppen gebildete Armeefront wieder aufgerissen. Das 4. Armeekmdo. sah sich jetzt in die Zwangslage versetzt, daraus die Folgerungen zu ziehen. Das II. Korps mußte nun seine bisher voll behaupteten, zum Teil (41. HID.) gar nicht angegriffenen Stellungen aufgeben und hatte — bei Wahrung des Anschlusses an das Korps Fath — mit dem rechten Flügel bis an die Konopielka bei Wertepa zurückzugehen.

Unterdessen bröckelten die Bataillone der 4. IBrig., bei der dauernd ungeklärte Verhältnisse herrschten, immer mehr ab. Kurz nach 3h nachm. meldete auch die 70. HID., daß ihre Regimenter bei Ostrożec und bei Piane durchbrochen worden seien. FML. Szurmay sah sich genötigt, die 7. ID. zum Beziehen der Ikwa-Styrlinie zwischen Wojnica und Msztyszyn, die 70. HID. samt der 11. ID. in die Anschlußstrecke bis Nowo Staw und in den Südabschnitt des Brückenkopfes (bei Krupy) zu weisen.

Zur Wahrung des Anschlusses befahl nun der Erzherzog dem X. Korps, bis in die Linie Wygodanka—Wiszniew zurückzugehen. Szurmay sollte aber nur bis an die Reichsstraße Łuck—Dubno dem Feinde Raum geben. Doch diese Zumutung an die völlig entnervten Truppen der 70. HID. erwies sich als unausführbar. Zudem wurde die 7. ID., die — wie sich nun herausstellte — beim Loslösen doch größere Verluste erlitten hatte, von dem jetzt rasch vordringenden russischen

XXXII. Korps westlich von Piane in Flanke und Rücken bedroht. Es mußte daher bei dem durch FML. Szurmay befohlenen Rückzug verbleiben.

Inzwischen hatte das II. Korps um 3h 30 nachm., mit dem rechten Flügel beginnend, den Rückmarsch in die Linie Wertepa—Zurawicze— Siemki angetreten. Der Feind drängte nicht nach. Die 89. SchBrig. wurde von Silno zur Bahnstation Kiwercy abgedreht. Sie sollte sich dort mit der Brigade Jachmann vereinigen.

Die 8. Russenarmee, die durch die schweren Kämpfe der beiden vorangegangenen Tage doch auch hergenommen war, hatte am 6. — ohne daß sie mit sonderlicher Wucht angegriffen hätte — einen auch sie überraschenden Erfolg erzielt. Der stark gehaltene rechte Flügel des XXXII. Korps vermochte, nachdem er noch dem auf dem Nordflügel der 7. ID. zurückgehenden IR. 38 ansehnliche Verluste beigefügt hatte, bis Ml. Gorodnica nachzustoßen. Das VIII. Korps gewann mit der Masse den Raum Piane—Ostrożec, mit Vortruppen Worotniewo, das

XXXX. erreichte die Linie Garazdża—Zwierow. Das XXXIX. Korps, durch Wald und schlechte Wege aufgehalten, kam bis Palcza, Wolka Kotowskaja und Silno. Das XXX. Korps begnügte sich mit der Besetzung der geräumten Stellungen zwischen Boguslawka und dem Styr. Weiter nördlich hatte das XLVI. Korps, durch scharfe Befehle Brussilows angespornt, gegen die inneren Flügel des Korps Fath und des Kavalleriekorps Hauer angegriffen, um dem Reitergeschwader Gillen-schmidts, das sich bei Bielskaja Wola und Rafalowka sammelte, eine Bresche zu schlagen. Doch die erst abends und während der Nacht angesetzten Vorstöße, die der Verteidiger sogar nur als Ablenkungsunternehmen ansprach, schlugen fehl.

Am 6. begann das von Norden zurollende V. sib. Korps in Rowno einzutreffen; es wurde nach Olyka gewiesen.

Kaledin war sich des am 6. errungenen Erfolges voll bewußt. Vor ihm war die k.u.k. 4. Armee im vollen Rückzug, ihre Kampfkraft schien sehr gesunken zu sein. Vor dem VIII. Korps hatten zahlreiche Abteilungen galizischer Regimenter fast ohne Gegenwehr die Waffen gestreckt. Unter diesen Eindrücken ordnete Kaledin für den 7. die Verfolgung an. Das XLVI. Korps sollte seine Durchbruchsversuche erneuern; zu seiner Unterstützung wurde dem XXX. Korps die Wegnahme der Übergänge bei Kolki aufgetragen. Das XXXIX. Korps hatte zu beiden Seiten der Bahn in der Richtung auf Rożyszcze vorzudringen. Die beiden Mittelkorps des Stoßkeiles, XXXX. und VIII., hatten Łuck zu nehmen, wobei das zweitgenannte das Schwergewicht auf den rechten Flügel zu legen hatte. Das XXXII. Korps, dessen Truppen die eroberten Stellungen nach Spirituosen durchsuchten und deshalb der Führung aus der Hand gekommen waren, sollte sich mit der Säuberung des Ostufers zwischen Czekno und Murawica begnügen. Die 12. KD. hatte Befehl, zwischen Czekno und Torgowica den Styr zu übersetzen und über Czarukow gegen Torczyn aufzuklären l).

Unterdessen hasteten die Truppen Szurmays, einem dunklen Drange nach Rettung folgend, gegen den Styr. Die 7. ID. kam, auf dem Nordflügel recht zerzaust, spät abends auf dem linkenUfer an; von Wojnica bis Torgowica hielt sie die Übergänge auch auf dem Ostufer besetzt. Nördlich von ihr, zwischen Msztyszyn und dem Polonkabach, stand die 70. HID. mit der 207. HIBrig., Teilen der Artillerie und dem IR. 58. Die Reste der 208. HIBrig. (1280 Gewehre) und einige Batterien sammelten sich im Brückenkopf von Krupy, der von dem noch unversehrten IR. 95 und von der 8. KBrig. samt zwei Marschbataillonen besetzt wurde. Die vollkommen kampfunfähigen Regimenter 89 und 90 (je 600 bis 700 Gewehre) standen in Krupy. Die letzten der zurückweichenden Abteilungen bezogen erst nach Mitternacht die ihnen bisher unbekannten Verteidigungsstellungen oder ihre Lager.

Vom X. Korps stand die Gruppe FML. Sellner (Reste des IR. 40, etwa 600 Gewehre, und Gruppe GM. Bauer) im Brückenkopf von Wygodanka bis Kol. Podgajcy. Anschließend bis gegen Poddubcy hatten die Truppen des FML. Székely (13. SchD. und 19. IBrig.) auf freiem Felde neue Stellungen bezogen. Die noch ziemlich kampfkräftige 37. HID., GM. Tabajdi, stand zu beiden Seiten der Bahn bis an die Konopielka. Das II. Korps rüstete sich in der zum Teil waldfreien Zone Wertepa—Sofijewka—Zurawicze—Kolki zur Verteidigung. Die 89. SchBrig. traf erst gegen Mitternacht sehr ermüdet beim Bahnhof Kiwercy ein. Von der Brigade Jachmann waren zur selben Zeit, weil sich der Antransport verzögerte, erst drei Bataillone eingetroffen.

Die höhere Führung war ernsthaft bemüht, die in so kurzer Zeit äußerst kritisch gewordene Lage der 4. Armee wieder zum besseren zu wenden. Die k.u.k. Heeresleitung hatte schon zu Mittag dem GO. Böhm-Ermolli befohlen, die bei der 2. Armee in Reserve stehende 29. ID. (zunächst ohne das IR. 42) mit Bahn zur 4. Armee abzusenden.

]) Rjedkin-Rymaschewskij, Die Operationen des XXXII. Korps während des Durchbruches bei Łuck im Juni 1916 (in russ. Sprache, Moskau 1926), 15 — B a 1 u j e w, 47.

Das 1. Armeekmdo., das den festen Willen kundgab, seine vordersten Stellungen zu behaupten, verlängerte seinen linken Flügel bis Wojnica und zog aus der Front der ohnedies schon weitgestreckten 46. SchD. noch Reserven heraus. Es durfte dies mit Berechtigung tun, da — wie mitgelesene Funksprüche verrieten — die Russen gleichfalls von der Ikwafront Kräfte nach Norden verschoben hatten. Schließlich sollte beim k.u.k. XVIII. Korps durch Einsatz der 25. ID. die alte Stellung bei Sapanow am 8. Juni zurückgewonnen und die 25. ID. nach vollbrachtem Werk für die 4. Armee freigemacht werden.

Die Einzelheiten der bei Łuck zu treffenden Maßnahmen überließ die k.u.k. Heeresleitung dem GO. Linsingen. Dieser hatte ohnehin schon in tatkräftiger Weise Vorbereitungen für den Gegenschlag eingeleitet. Außer der Division Smekal hatte er von der Gruppe Gronau noch die 2. GKBrig. nach Łuck heranbefohlen. Überdies wurde bei der Heeresgruppe GFM. Prinz Leopold von Bayern die durch drei Batterien verstärkte Brigade GM. Biss (sechs Bataillone) mit dem gleichen Fahrtziel auf die Bahn gesetzt. Alle anrollenden Verstärkungen unterstellte GO. Linsingen dem GdK. v. Bernhardi, der aus dem Raume um Kiwercy den Gegenschlag führen sollte. Um der 4. Armee möglichst bald Erleichterung zu bringen, plante Linsingen, den Gegenangriff mit der Division Smekal schon am 7. Juni früh beginnen zu lassen. Doch dazu sollte es wegen der am 7. eintretenden weiteren Verschlechterung der Lage gar nicht kommen.

Die Schlacht bei Łuck (7. bis einschließlich 9. Juni)

Der Verlust des Brückenkopfes (7. Juni)

Am 7. Juni begannen die Truppen des Nordflügels und der Mitte der Armee Kaledin den Gegner schon am frühen Morgen neuerlich zu bedrängen.

Das XLVI. Korps berannte den Südflügel des Kavalleriekorps Hauer, um für Gillenschmidts Reiter endlich freie Bahn zu schaffen. Doch das Unternehmen schlug abermals fehl, und vorstoßende Husaren der ll.HKD. nahmen dem Angreifer noch etwa 150 Gefangene ab. Das gleiche Mißgeschick erlitt das XXX. Korps, das mit einer ähnlichen Aufgabe wie das XLVI. betraut worden war. Treffsicheres Flankenfeuer der auf dem rechten Flügel des Korps Fath stehenden Batterien zerstreute die von Koszyszce gegen den Brückenkopf von Kołki anstürmenden Russen, und auch vor dem Nordflügel und der Mitte des k.u.k. II. Korps zerschellten vormittags die Angriffe des XXX. Russenkorps. Deshalb konnte auch das nachrückende V. Kavalleriekorps nicht wirksam werden.

Dagegen waren den Mittelkorps Kaledins (XXXIX., XXXX. und VIII.) überraschend große Erfolge beschert.

Schon gegen 8h 30 früh erfuhr das k.u.k. 4. Armeekmdo., daß die bei Poddubcy stehende 19. IBrig. und auch Teile der weiter südlich befindlichen 13. SchD. vor starkem russischem Angriff im Zurückweichen seien. Da hiedurch auch der Südflügel der 37. HID., die sich bisnun aller Anstürme erwehrt hatte, in Mitleidenschaft gezogen wurde, ersuchte das 4. Armeekmdo. die dem GO. Linsingen unmittelbar unterstehende Division Smekal, ehestens vorzurücken. FML. Smekal sagte dies auch zu, wenngleich er knapp vorher gezweifelt hatte, wegen der noch nicht vollzogenen Versammlung seiner Truppen bereits am Vormittag angreifen zu können. Das X. Korpskmdo. erhielt nun die Weisung, die 37. HID. an dem beiderseits der Bahn erfolgenden Vorstoß Smekals teilnehmen zu lassen, dem sich auch das II. Korps anschließen sollte. Und wie von bösen Ahnungen erfüllt, fügte das 4. Armeekmdo. bei, daß der Brückenkopf von Łuck aber unbedingt behauptet werden müsse, wie es nicht minder Linsingen in seinem Befehle vom Vorabend gefordert hatte. In der Tat rückte der Brückenkopf noch am 7. in den Brennpunkt der Geschehnisse.

Die erste flüchtige Anlage dieses Brückenkopfes stammte aus den Herbstkämpfen des Jahres 1915. Später wurde er unter fachmännischer Leitung ausgebaut. Er bestand aus einer äußeren und einer inneren Stellung. Die äußere hatte sogar zwei Linien. Beide Stellungen besaßen Hindernisanlagen, granatsichere Unterkünfte und Beobachtungsstände, auch waren Batterie- und Scheinwerferstellungen ermittelt und Fernsprechleitungen gelegt. Der Brückenkopf schützte sechs Hochwasserbrücken, die das ganze versumpfte Tal überquerten; außerdem vermittelten drei Niederwasserbrücken den Verkehr über den zwar nur 25 bis 30 Schritte breiten, aber sehr tiefen Styr.

Der technisch sicherlich gut ausgebaute Brückenkopf wurde aber im Osten und im Süden durch das ansteigende Vorgelände überhöht. Um diesen Nachteil zu mildern, hatte man die Höhen bei Krupy in den äußeren Gürtel einbezogen. Jetzt hing jedoch der Südteil sackartig vor und war Umfassungen ausgesetzt. Die nahe heranreichenden Waldungen ermöglichten dem Feinde von Norden und von Osten her eine verdeckte Annäherung. Zur Zeit, als die zum Teil schon seelisch erschütterten Verteidiger die Stellungen bezogen, hinderten hohes Gras und Korn den Ausschuß. Zum Lichten des Vorfeldes war bei den sich überstürzenden Ereignissen keine Zeit gewesen. Auch hatten die Truppen keine Möglichkeit gehabt, sich die erst am 3. Juni ausgegebene letzte Beschreibung des Brückenkopfes zu eigen zu machen. Die Besetzung der vorderen Kampflinie erfolgte daher unter mannigfachen Reibungen. Auch war die Ernennung eines Kommandanten für den ganzen Brückenkopf unterlassen worden. Das X. Korpskmdo. bestimmte wohl am 7. um 8h früh den FML. Sellner zum Brückenkopfkommandanten. Doch der Teil südlich von Wygodanka gehörte in den Befehlsbereich Szurmays und dieser hatte bis zum 7. Juni früh die Sorge um die im Brückenkopf von Krupy stehenden Truppen der 11. ID. dem 70. HIDKmdo. überlassen gehabt. Das 4. Armeekmdo., begab sich am 7. um 9h 20 vorm. von Łuck nach Perespa, wo es gute Verbindungen besaß und von wo es mit den dort eintreffenden Verstärkungen den Gegenangriff leiten zu können hoffte.

Um 10h vorm. trat die Division Smekal die Vorrückung an. Doch schon um 9h 30 vorm. war der Südflügel der 37. HID. vor der 2. SchD. des XXXX. Russenkorps zurückgewichen. Da bereits vorher auch die Gruppe FML. Székely eingedrückt worden war, befahl GdI. Martiny um 10h 15 vorm. der 13. SchD., in die Brückenkopfstellung von Pod-gajcy bis Huszcza zurückzugehen. Ein Abwehrerfolg der 25. SchBrig. erleichterte das Beziehen der neuen Stellung. Unterdessen kam auch der Angriff der Division Smekal wegen des dichten Sumpfwaldes und der starken russischen Gegenwirkung bald zum Stehen. Smekal erhielt hierauf um 11h so Vom 4. Armeekmdo. die Weisung, wenigstens die Linie Sikiryczy—E. St. Kiwercy—Kiwercy (Ort) zu behaupten, wozu ihm auch die 37. HID. unterstellt wurde. Von dieser hielt sich die nördliche Brigade zunächst im allgemeinen an der Bahn. Die südliche Brigade samt der Masse der Divisionsartillerie wurde gegen llh vorm. bei Boruchowo neuerlich durchbrochen und vermochte nur ziemlich ungeordnet den Abschnitt Teremno—Kiwercy (Ort) zu erreichen.

Gegen den südlichen Teil des Lucker Brückenkopfes hatte sich in den Morgenstunden das russische VIII. Korps vorsichtig herangeschoben. Dieses anfängliche Zögern ermöglichte es, das IR. 58 gegen die 208. HIBrig. auszutauschen, so daß wenigstens die Fußtruppen der 70. HID. und der 11. ID. wieder in ihre kriegsgliederungsmäßigen Verbände traten. Von 10h vorm. an griff das VIII. Russenkorps die Ostfront des Brückenkopfes von Krupy an, wurde aber von der 11. ID. zunächst abgewiesen. An der Südfront, wo die 8. KBrig. der 10. KD. stand, dann von Nowo Staw bis Młynów vermochten die 70. HID., die

7. ID. und der linke Flügel der 46. SchD. die vorfühlenden Vorhuten des russischen XXXII. Korps ohne Schwierigkeiten von den Übergangsstellen fernzuhalten.

Um die Mittagstunde verstärkte sich der Druck gegen das X. Korps. Auf dem Südflügel der Gruppe Sellner wurde das IR. 40 von Teilen der russischen 4. SchD. vorübergehend in eine bei Bol. Podgajcy bis an den Styr reichende Hakenstellung zurückgedrückt. Zur selben Zeit, um llh 15 vorm., sah sich GdI. Martiny veranlaßt, an seine drei Divisionäre Richtlinien für die Besetzung des westlichen Styrufers zu erlassen, die dann galten, wenn ein weiterer Widerstand im Brückenkopf unmöglich geworden sein sollte.

Aus den bisherigen Vorgängen beim X. Korps hatte GO. Linsingen, der immer mehr in die Führung der 4. Armee eingriff, allerdings ohne sein 200 km hinter der Front gelegenes Hauptquartier zu verlassen, die betrübliche Gewißheit erlangt, daß der von ihm geplante Gegenstoß aus der Gegend der Bahnstation Kiwercy nicht mehr ausführbar war. Er bestimmte daher in einem um 12h 15 nachm. erlassenen Fernschreiben Rożiszcze und Perespa als Sammelraum für die Gruppe Bernhardi. Smekal sollte diese Ausladung in der Linie Kiwercy (Ort)—Sikiryczy decken und sich — nur wenn gezwungen — mit dem linken Flügel längs der Konopielka zurückziehen. Desgleichen hatte das II. Korps bei nötig werdendem Rückzuge Kołki zu behaupten und mit dem rechten Flügel nur schrittweise längs des genannten Baches zu weichen. Vom X. Korps und vom Korps Szurmay setzte Linsingen die Behauptung des Brückenkopfes und der Styr-Ikwalinie voraus. Dieser Befehl, dem Erzherzog Joseph Ferdinand noch einen scharfen Appell an die Unterführer beifügte, sie mögen sich die unermeßlichen Folgen eines weiteren Rückzuges vor Augen halten, kam aber erst zwischen 2h 15 und 4h 15 nachm. bei den Korpskmdos. und bei der Division Smekal an.

Inzwischen hatte FML. Smekal seine beiden in Bedrängnis geratenen Brigaden schon um lh 30 nachm. zum Rückzug hinter die Styr-strecke Kol. Sierchow—Rożiszcze angewiesen. Von dieser schwerwiegenden Maßnahme, die Smekal um 3h nachm. meldete, erhielt das 4. Armeekmdo. erst um 6h 30 nachm. Kenntnis. Fast zur gleichen Zeit wie Smekal, um lh 35 nachm., hatte sich auch GM. Tabajdi, Führer der 37. HID., entschlossen, mit seinen arg durcheinander geratenen Truppen, denen er keine Abwehrkraft mehr zutraute, die Brückenkopfstellung nur noch so lange zu halten, bis seine Artillerie auf dem Westufer eingetroffen war; dann sollte auch die Infanterie in die Flußstrecke zwischen Miluszy und der Gegend westlich von Zydyczyn folgen.

Die durch diese eigenmächtigen Rückzugsentschlüsse sehr erschwerte Lage wurde jetzt durch einschneidende Personalveränderungen noch verschärft.

Um 2h 50 nachm. traf ein Befehl der k.u.k. Heeresleitung ein, durch den der Erzherzog Joseph Ferdinand von der Führung der

4. Armee enthoben wurde. Kurz darauf verließ der Erzherzog den Armeebereich. Sein Nachfolger wurde GO. v. Tersztyánsky, der seit seiner Ende September 1915 erfolgten Enthebung vom Kommando der 3. Armee (Bd. III, S. 192) in der Heimat auf eine neue Dienstesverwendung gewartet hatte. Bis zum Eintreffen Tersztyánszkys hatte das Heeresgruppenkmdo. die 4. Armee direkt zu führen. Mit diesem Kommandowechsel bei der 4. Armee war einem Wunsche der DOHL. Rechnung getragen worden. Nun forderte GO. Conrad, um die Verantwortung für das Versagen der Front nicht einseitig den öst.-ung. Führern anzulasten, auch die Enthebung Linsingens. Man einigte sich schließlich darauf, dessen Stabschef, GM. Stolzmann, der die Lage vor Losbruch der russischen Offensive als ganz unbedenklich angesehen hatte (S. 245), anderweitig zu verwenden x).

Weiters erhielt um 3h 45 nachm. GdI. Martiny die Verständigung, daß er durch FML. v. Csanády, bisher Führer der 38. HID., ersetzt werde; bis zum Eintreffen Csanádys hatte FML. Smekal das X. Korps zu kommandieren. Den Befehl über die Division Smekal übernahm vorübergehend der preuß. GM. Biss. Der Generalstabschef des X. Korps, GM. v. Kralowetz, erhielt im Obstlt. Rásky einen Nachfolger, der allerdings erst am 13. von seinem Vorgänger die Dienstgeschäfte übernahm.

FML. Smekal, der schon um 3h nachm. von seiner neuen Dienstesbestimmung Kenntnis erlangt hatte, blieb zunächst noch in Kol. Sier-chow und verfügte von hier aus, daß die 37. HID. den nördlichen Teil des Brückenkopfes von Kol. Huszcza bis Zydyczyn zu besetzen habe.

1) C r a m o n und Fleck, Deutschlands Schicksalsbund mit Österreich-Ungarn ''Berlin 1932,, 138. — GM. Stolzmann wurde erst Mitte Juli durch Gstbsobst. Hell ersetzt.

Tabajdi mußte nun seine Rückzugsweisungen widerrufen; doch nur schwache Abteilungen der Honvéd fanden sich zur gruppenweisen Besetzung des Nordsektors zusammen. Erhebliche Teile der Nordbrigade der 37. HID. wurden nachmittags auf dem linken Styrufer westlich von Zydyczyn in vergleichsweise guter Haltung angetroffen. Nördlich von hier bis zur Bahnbrücke bei Rożiszcze sollten nach Smekals Befehl die Brigade Jachmann, weiter stromabwärts bis zur Konopielkamündung die 89. SchBrig. den Fluß verteidigen. Daß hiebei eine offensive Sicherung der Übergänge auf dem Ostufer gemeint war, wie es Smekal an das 4. Armeekmdo. meldete, war aus den von ihm erlassenen Befehlen nicht herauszulesen. Auch wurde der Styr-abschnitt von Zydyczyn bis Kol. Sierchow nicht besetzt, was nicht ohne Folgen bleiben sollte. Von den übrigen Truppen der Gruppe Bernhardi waren erst die Spitzenabteilungen der Brigade Biss eingetroffen. Desgleichen war GdK. Bernhardi selbst nocht nicht zur Stelle; ein Eisenbahnunfall hatte sein Eintreffen bis in die Abendstunden verzögert1).

Nördlich der Konopielka hatte sich das II. Korps, FML. Kaiser, auch am Nachmittag scharfer Angriffe des XXX. Russenkorps zu erwehren. Das Zurückweichen der Division Smekal entblößte die Südflanke des II. Korps. Deshalb faßte FML. Kaiser, dessen Südflügel nun von dem zwischen Kol. Dobra ja und der Station Kiwercy angreifenden russischen XXXIX. Korps bedrängt wurde, um 3h nachm. den Entschluß, das Gefecht abzubrechen. Unter Belassung von Nachhuten in der Linie Kolki—Sitnica—Łyszczy—Chopniew—Czolnica hatte die 4. ID. in die Brückenköpfe bei Godomicze und Sokul, die 41. HID. in jenen bei Wiszenki zurückzugehen. In fester Haltung und vom Feinde wenig belästigt, trat das Korps den Rückmarsch an.

Mittlerweile erreichte der Kampf um den Lucker Brückenkopf seinen Höhepunkt. Die beiden Russenkorps XXXX und VIII hatten ihre Artillerie in Stellung gebracht, die durch heftiges Feuer den Angriff der Infanterie vorbereitete.

Das Kommando des k.u.k. X. Korps hatte jedoch schon um 2h ;so nachm. nach Perespa gemeldet, daß es wenig Zuversicht für ein dauerndes Behaupten des Brückenkopfes hege. Die Truppen seien, wie die Divisionäre meldeten, völlig erschöpft; sie würden bei Tag noch halten, in der Nacht aber kaum. Auf die Anfrage des X. Korpskmdos., ob der Widerstand bis zum äußersten fortzusetzen sei, verwies GM. Berndt auf einen soeben eingetroffenen Befehl Linsingens, den Brückenkopf Bernhardi, Denkwürdigkeiten aus meinem Leben (Berlin 1927), 431.

unter allen Umständen zu halten. So blieb das X. Korps noch in seinen Stellungen. Einen festen Willen zum Ausharren hatten wohl weder diese Anfrage noch der allerdings widerrufene Rückzugsentschluß des 37. HIDKmdos. bekundet.

Südlich von Wvgodanka stand die 11. ID. seit lh nachm. im heftigen Kampf gegen das VIII. Russenkorps, das etwa mit einer Division über Ostrożec, mit zweien beiderseits der Dubnoer Reichsstraße vordrang. Durch Einsatz der je in ein Bataillon formierten Reste der Regimenter 89 und 90 wurden die Stellungen mit Mühe noch behauptet. Gegen 3h nachm. steigerten die russischen Batterien ihr Schießen zum Trommelfeuer. Die russische Infanterie griff nun auch die an der Südfront eingesetzte und durch ein Marschbataillon der 41. HID. verstärkte 8. KBrig. der 10. KD. an. Wohl mähte die Artillerie der 70. HID. durch flankierendes Feuer von Pulganów her reihenweise die russischen Stürmer nieder; doch die Lage im Brückenkopf wurde immer kritischer. Da auch schon die Brücken bei Boratyn beschossen wurden, konnten die Kämpfer des von der 70. HID. anrückenden IR. 58 nur einzeln auf das Ostufer gelangen. Ein Bataillon wurde noch vorne in den immer zweifelhafter werdenden Kampf geworfen. Die übrigen Teile des Regiments sollten die Übergangsstellen bei Boratyn unmittelbar sichern.

Um 6h 20 nachm. mußte das ll.IDKmdo. melden, daß beide Flügel des Brückenkopfes von Krupy eingedrückt seien und alles gegen die Brücken zurückflute. Da jeder Versuch, die wenig kampfwilligen Truppen noch auf dem Ostufer anzuhalten, aussichtslos erschien, befahl FML. Szurmay, daß die 11. ID. wenigstens das Westufer zwischen Bol. Boratyn und der Polonkamündung zu behaupten habe. Doch auch das war nicht sicher, denn der Generalstabschef der 11. ID. meldete um 7h abends: „Es ist ein Debakel; unsere Truppen gelten nichts mehr.“ In der Tat hasteten bei dem gegen Abend einsetzenden Gewitterregen Fußvolk und Batterien in wilder Jagd über die hochgebaute Brücke bei Ml. Boratyn und über die Niederwasserbrücke bei Bol. Podgajcy, auf die russische Batterien ihr Verderben bringendes Feuer richteten. Um 7h so abends wurde die Brücke bei Bol. Podgajcy in Brand gesteckt. Wegen des Regens glückte die Zerstörung aber nur teilweise3). Die Panik, von der die Infanterie erfaßt worden war, griff nun auch auf die Artillerie über. Einige Batterien der 70. HID., die noch der 11. ID. zugeteilt waren, setzten den Rückzug sogar bis nach Sokal fort.

1/ Der Zeitpunkt der Zerstörung der Brücke bei Ml. Boratyn ließ sich nicht mehr ermitteln.

Die bis 6h 30 nachm. in Perespa eingelangten Nachrichten festigten beim GM. Berndt die Überzeugung, daß bei dem jetzigen Zustand der Truppen an ein Behaupten des Brückenkopfes nicht zu denken sei, und ein nächtlicher Durchbruch an irgend einer Stelle von verhängnisvollen Folgen begleitet sein könnte. Er beantragte daher in einem an den GM. Stolzmann, den Stabschef Linsingens, gerichteten Fernschreiben die sofortige Zurücknahme der Truppen hinter den Styr, auf dessen Westufer eine von der Ikwamündung bis Nawoz reichende, sehr gut ausgebaute Stellung vorteilhafte Verteidigungsmöglichkeiten bot. Die Zustimmung traf um 7h 20 abends ein. Ein nachfolgender Befehl Linsingens verfügte, daß Szurmay von Wojnica bis zur Polonka, das X. Korps bis Zydyczyn, Bernhardi bis zur Konopielka und das II. Korps bis einschließlich Kolki den Styr zu verteidigen hätten. Den Zeitpunkt für die Räumung des Ostufers hatten die Korpskmdos. zu bestimmen. Bernhardi hatte Rücksicht auf Ausladungen bei Rożiszcze zu nehmen. Ein Zusatz des 4. Armeekmdos. bestimmte die 10. KD., zu der die von Torczyn anrückende 4. KBrig. einzurücken hatte, als Armeereserve nach Zaborol.

Das 4. Armeekmdo. verließ hierauf um 10h abends Perespa und begab sich mit Bahn über Kowel nach Wladimir-Wolyński, wo es am

8. Juni um 6h 30 früh eintraf.

Auf Grund des vorerwähnten Rückzugsbefehles befahl nun FML. Sellner, der trotz seiner Erkrankung bis zum Eintreffen Smekals noch das X. Korpskmdo. führte, die Räumung des Brückenkopfes. Allerdings hatten schon vorher einige Truppen des Südflügels des X. Korps, so die Gruppe GM. Bauer (Reste des IR. 40, Kavallerieschützendivisionen der 10. KD. und einige Marschkompagnien der 41. HID.) den Rückzug begonnen gehabt. Auf dem Westufer sollte nun GM. Bauer im Anschluß an das Korps Szurmay bis Gnidawa, FML. Székely mit der 13. SchD., Resten der 37. HID. und der 19. IBrig. nordwärts bis Zydyczyn die vorhandenen Uferstellungen beziehen.

Unter der scharfen russischen Verfolgung gestaltete sich jedoch auch der Rückzug des X. Korps sehr verlustreich. Dazu hemmte das Drahthindernis des inneren Gürtels das glatte Abfließen der Truppen. Da die Brücke bei Rowancy zu früh gesprengt wurde, gerieten Abteilungen der Gruppe Bauer in Gefangenschaft. Viele Leute ertranken beim Versuch, sich schwimmend auf das Westufer zu retten. Desgleichen trafen Teile der 13. SchD. bei der Brücke südwestlich von Łuck erst ein, als sie — gegen 9h 20 nachts — bereits gesprengt worden war.

Das Wiener SchR. 1 erlitt dadurch neuerliche Einbußen. Die beiden anderen Brücken bei Łuck und jene bei Wyszków wurden gegen 10h nachts, die östliche Brücke bei Miluszy um 8h 45 abends und die westliche 13.! Stunden nach Mitternacht gesprengt; bei Zydyczyn wurde der Übergang über den Ostarm um 6h nachm. abgebrannt, jener über den westlichen Arm am 8. um 5h früh gesprengt1). Zu Tode erschöpft und ohne viel Sorgfalt auf die anbefohlene Besetzung und Sicherung der vorzüglich ausgebauten Styrstellung zu verwenden, sanken die Truppen des X. Korps auf dem Westufer zu kurzer Ruhe nieder.

Um das Maß des Unheils voll zu machen, erlitt auch noch die

7. ID. am Nachmittag eine Schlappe. Gegen 2h nachm. brach das XXXII. Russenkorps aus den Wäldern bei Kol. Malewanka und von Užvniec her gegen die untere Ikwa vor. Während die 46 SchD. bei Mlvnow den Feind glatt abwies und es dem IR. 37 bei Rudlewo gelang, ohne nennenswerte Einbußen den Brückenkopf zu räumen, wurde bei Torgowica das IR. 79 von einem Regiment der 2. finn. SchD. überraschend angefallen und geriet mit erheblichen Teilen in Gefangenschaft2). Der rechte Flügel der 7. ID. besetzte hierauf eine Stellung etwa 2 km südlich der Ikwa; dennoch folgte der Feind nur mit einem Regiment bei Torgowica über den Fluß. Das Divisionskmdo. mußte aber berichten, daß die Moral der Truppen durch den Rückzug stark gelitten habe und der Stand von 18.000 Gewehren bei Beginn der Schlacht auf etwa 7000 zusammengeschmolzen sei. Es sei sogar fraglich, ob wegen des Mangels an Reserven die jetzt zugewiesene Flußstrecke behauptet werden könne. Da dem GO. v. Puhallo begreiflicherweise um die Sicherheit seiner linken Flanke bangte, erwirkte er bei der Heeresleitung, daß die 7. ID., die er in den letzten Tagen bereits mehrmals unterstützt hatte, der 1. Armee überwiesen wurde. Die Grenze zwischen der 1. und der 4. Armee hatte vom 8. an über den Südrand von Ławrow, südlich des nach Korszew führenden Weges und entlang der Südufer der Korczeska und der Ługa bis Markostaw zu verlaufen. Das Korps Szurmay bestand nunmehr aus der 70. und der 11. Division.

\ Die oben angeführten Zeitangaben über Brückenzerstörungen stammen von den Sprengdetachements. Die Zeitangaben der zurückgegangenen Truppen weichen hievon mitunter nicht unerheblich ab.

2) Die Russen geben an, hier 42 Offiziere und 2060 Mann als Gefangene eingebracht zu haben (G iltschewskij, Kampfhandlungen von Reservedivisionen im Weltkriege [in russ. Sprache, Moskau 1928], 90. — Rjedkin-Ryma-schewskij, 17).

Nach Einbruch der Dunkelheit stand die 4. Armee, die schwerste Einbuße erlitten hatte, im allgemeinen überall auf dem Westufer des Styr. Da sich auch das II. Korps zum Rückzug dorthin gezwungen gesehen hatte, mußte GO. Linsingen auf eine Gegenoffensive auf dem Ostufer verzichten. Ihm handelte es sich zunächst um die Behauptung des Styrabschnittes, damit die nördlich und südlich anschließenden Fronten nicht auch in den Rückzug hineingerissen wurden. Große Hoffnungen durften auf die Widerstandskraft des Korps Szurmay und des X. Korps, die zum Teil in voller Auflösung über den Styr gewichen waren, allerdings nicht gesetzt werden. Linsingen rechnete sogar mit einer etwaigen Fortsetzung des Rückzuges. Deshalb wurde die Ausladung der nur in zwei- bis dreistündigen Zwischenzeiten eintreffenden Reserven nach Perespa zurückverlegt. Es war gedacht, von hier aus dann zum Gegenangriff zu schreiten, wenn der Feind dem X. Korps und dem Korps Szurmay über den Fluß folgen sollte.

Entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit begnügten sich die Russen bei Łuck tatsächlich nicht mit der Besetzung der eroberten Brückenkopfstellung. Teile des VIII. Korps folgten durch Krupy bis an den Styr. Ein Regiment der 4. SchD. durcheilte längs der Rownoer Chaussee die nicht verteidigte innere Gürtellinie und gewann gegen 9h abends Łuck. Die dortigen Magazine und Bahnanlagen waren wohl in aller Hast zerstört worden, aber zahlreiche Nachzügler fielen den Russen in die Hände. Ein Regiment der 2. SchD. überschritt auf einer rasch geschlagenen Brücke noch während der Nacht bei Zydyczyn —■ gerade an der unbewachten Stelle (S. 399) — den Fluß und faßte bei Kniagininok festen Fuß.

Die russische 8. Armee hatte einen großen Erfolg errungen. Auf 80 km Front war das ganze Stellungssystem des Gegners durchrissen. Seit dem 4. Juni waren nach russischen Angaben 922 Offiziere und 43.618 Mann als Gefangene eingebracht worden; 66 Geschütze, 150 Maschinengewehre und 71 Minenwerfer nebst zahlreichem sonstigem Kriegsgerät zählte die Beute. Wohl war der Erfolg teuer erkauft worden; auf 33.000 Mann belief sich der blutige Verlust der Armee Kaledin seit dem Beginn der Schlacht. Doch der seelische Aufschwung der Truppen berechtigte zu den schönsten Hoffnungen.

Mit dem Erreichen des Styr, den überschreiten zu können die Russen mit Recht hoffen durften, trat schon am 7. nachts an die russische Führung eine Schicksalsfrage heran: war die weitere Vorrückung gegen Kowel oder gegen Lemberg zu richten?

Kaledin plante, am 8. Juni nur mit seinem rechten Flügel wieder entschieden anzugreifen. Das XLVI. Korps sollte endlich den Reitern Gillenschmidts den Weg nach Kowel öffnen, das XXX. und das XXXIX. Korps sollten den Gegner vollends über den Styr zurückwerfen. Hiebei war dem XXX. Korps der Abschnitt Kolki—Nawoz, dem XXXIX. der Raum beiderseits der Bahn zugedacht. Die Armeemitte und den linken Flügel hielt Kaledin zurück. Dem XXXX. und dem VIII. Korps wurde nur zugestanden, die Vortruppen um wenige Kilometer über Łuck hinaus vorzuschieben; das XXXII. Korps hatte am Styr und an der Ikwa zu verbleiben. Nur die 12. KD. sollte zwischen Czekno und Torgowica den Styr überschreiten, um dann über Czarnków gegen Torczyn aufzuklären *).

Vorbrechen der Russen über den Styr bei Luch (8. und 9. Juni)

Die Besorgnisse Linsingens wegen der völlig unzureichenden Widerstandskraft der über Łuck zurückgegangenen Truppen sollten sich am

8. nur allzubald als gerechtfertigt erweisen.

Als die Vortruppen des russischen XXXX. Korps um 7h früh über Łuck und Wyszków gegen Westen vorrückten, wich die nur mehr 1400 Gewehre2) starke 13. SchD. sogleich gegen Zaborol und Bogo-luby aus. Das X. Korpskmdo., noch immer vom FML. Sellner geführt, befahl nun um 8h 15 früh der bei Zaborol als Korpsreserve stehenden 19. IBrig., sich dem Feinde beiderseits der Straße Łuck—Torczyn vorzulegen, indes die 13. SchD. in Fühlung mit der 37. HID. über Szepiel— Zabolotcy auf das nördliche Siernaufer zurückgehen sollte.

Kurz darauf traf FML. Smekal endlich in Torczyn ein und übernahm den Befehl über das X. Korps. In einer eben eingelangten Depesche des 4. Armeekmdos. wurde gesagt, daß das Korpskmdo. „schwerste Verantwortung träfe, wenn es auch nur den leisesten Gedanken an einen weiteren Rückzug hegen würde.“ Darauf erließ Smekal um 8h 30 früh die Weisung: „Neubesetzung des Styrwestufers ist heutige Tagesaufgabe.“ Hiezu sollten die 37. HID., die 13. SchD. samt der 19. IBrig. und die Gruppe GM. Bauer (3. IBrig. und Kavalleriefußabteilungen) die zur Zeit besetzten Linien festhalten und, wenn es der Kräftezustand erlaube, in die eben verlassenen Stellungen vorrücken.

x) B a 1 u j e w, 49.

2) Hievon entfieJen auf das SchR. 1 nur mehr etwa 80 Mann.

Zur Vorsicht wurde die 4. KBrig., die in Torczyn genächtigt hatte, zum Beziehen einer Aufnahmsstellung an der oberen Sierna und bei Usiczy angewiesen.

Dieser Befehl des FML. Smekal erreichte die 13. SchD. erst an der Sierna, wohin sie mittlerweile, ohne vom Feinde gedrängt zu werden, zurückgewichen war. Nun wurde sie wieder bis halben Weges gegen Bogoluby vorgeführt. Unterdessen sah sich auch die deutsche Brigade Jachmann an der Reichstraße Łuck—Kowel in ein Gefecht verwickelt. Da sie Befehl hatte, vor einem nach Norden drängenden Feinde hinter die Sierna zurückzugehen, führte sie dies gegen 10h vorm. aus. Die westlich anschließende 37. HID. griff in dieses Rückzugsgefecht nicht ein. GM. Tabajdi befahl seiner noch etwa 2500 Gewehre starken Division um 10h 35 vorm. gleichfalls den Rückzug auf das nördliche Sierna-ufer, wo sie den Abschnitt Bukow—Ozdeniz besetzte und mit der südlich des Baches stehenden 13. SchD. Fühlung nahm.

Wegen des Ausweichens des X. Korps sah sich am 8. vormittags auch FML. Szurmay veranlaßt, seine nördlich von Nowo Staw befindlichen, noch am Styr stehenden Truppen (208. HIBrig., 8. KBrig. und 11. ID.) hinter die Polonka zurückzuschwenken, wo sie bei Polonnaja Gorka an die zwischen Zaborol und Gorodyszcze zurückgegangene Gruppe Bauer des X. Korps Anschluß nahmen. Die reitenden Batterien des GM. Bauer hatten vorher aus Łuck vorbrechende russische Reiterei unter wirksames Feuer genommen. Es war dies vermutlich die 12. KD., die es sich erspart hatte, den ihr aufgetragenen Übergang (S. 404) auf das südlich von Czekno noch besetzte westliche Styrufer zu erkämpfen.

Das Zurückschwenken des Korps Szurmay entsprach auch dem Wunsche Linsingens, daß das X. Korps bei einem vom Feinde erzwungenen Rückzuge stets Front nach Osten halten möge und die inneren Flügel der Korps Szurmay und Bernhardi zurückgebogen werden sollten. Gegen die Nordflanke des dem X. Korps nachrückenden Feindes sollte dann das Korps Bernhardi, bei dem die k.u.k. 29. und die deutsche 108. ID. einzutreffen begannen, über die Sierna hinweg einen Gegenangriff führen. Ein gleichzeitig von Süden gegen Łuck gerichteter Vorstoß, wie ihn Linsingen in Teschen anregte, hätte das Manöver zum Zangenangriff erweitern können.

Gegen 2h nachm. griff der Feind neuerlich gegen Zaborol an, worauf Mitte und Südflügel des X. Korps um weitere 5 km gegen Westen auswichen. Der genaue Aufenthalt der schwachen, völlig entnervten Truppen in dem weiten, mit Wald durchsetzten Raume zwi-sehen der Polonka und der Sierna konnte bis zum Abend nicht ermittelt werden. Wohl befahl das X. Korpskmdo. um 6h 15 nachm. ein neuerliches Vorgehen bis in die Linie Gorodyszcze—Zaborol—Bogoszowka— Buko w. Doch diesem Befehle wurde von der Gruppe Bauer nur teilweise, von der 37. HID. gar nicht entsprochen. Deshalb ergaben sich breite Lücken in der Front des Korps und auch zwischen diesem und dem Korps Szurmay. FML. Szurmay löste deshalb während der Nacht die 8. KBrig. aus der Front, damit sie am 9. westlich von Połonnaja Gorka die Polonkaübergänge sichere.

So war es Kaledin am 8. bei Łuck ohne viel Mühe geglückt, die sechste und dazu hinter einem nicht unbedeutenden Flußhindernis liegende Stellung des Gegners zu durchstoßen. Auf seinem Nordflügel jedoch, wo er entscheidende Maßnahmen beabsichtigt hatte, war ihm kein Erfolg beschert. Wohl vermochte das russische XXXIX. Korps der durch Teile der Brigade Jachmann verstärkten k. k. 89. SchBrig., die auf Befehl Bernhardis am 8. früh östlich von Rożiszcze eine brückenkopfartige Stellung bezogen hatte, bei ihrem am Abende weisungsgemäß erfolgenden Rückzug auf das Westufer Verluste zuzuführen]). Das k.u.k. II. Korps jedoch, das jetzt dem GdK. Bernhardi unterstellt wurde, verstand es, rechtzeitig und in fester Ordnung das Nordufer des Styr zu besetzen und alle Übergänge noch vor dem Eintreffen der Kolonnen des russischen XXX. Korps zu zerstören. Nur bei Kolki, wo die Brücke wegen einer Fehlzündung den Russen fast unversehrt in die Hände fiel, vermochten feindliche Abteilungen auf das Nordufer vorzubrechen. Durch einen vom Führer der 7. IBrig., Obst. Ritt. v. Steinitz, geleiteten Gegenschlag des IR. 99, dem sich auch Teile der 90. SchBrig. des Korps Fath anschlossen, wurde der Feind wieder vertrieben.

Weiter nördlich wies die 26. SchD. des Korps Fath russische Anstürme westlich von Czartorijsk ab. Nur nordwestlich davon mußte die 53. ID. vor einem Angriff des Südflügels des XLVI. Russenkorps ihre Vorposten auf die Hauptstellung zurücknehmen. Weiter nördlich, wo jetzt auf Brussilows strenges Geheiß auch abgesessene Reiter Gillen-schmidts zum Angriff schritten, um gegen Maniewicze durchzubrechen, erlitten die Russen vor den Waldstellungen des Kavalleriekorps Hauer neuerdings einen vollständigen Mißerfolg. Manche russischen Reiterregimenter büßten die Hälfte ihres Standes ein.

*) Die Verluste, namentlich an Gefangenen, entstanden vornehmlich wegen vorzeitiger Sprengung der Eisenbahnbrücke bei Rożiszcze. Hiebei kam auch ein Bataillon der Brigade Jachmann zu Schaden.

Südlich von Łuck schoben sich die Vortruppen des russischen VIII. Korps vorsichtig gegen die Polonka vor. Die Mitte des Korps harrte östlich des Flusses auf die Fertigstellung der Übergänge. Das

XXXII. Korps, das durch die 126. RD. der Heeresreserve verstärkt wurde, stellte sich zwischen Torgowica und Dobratyn zum Vorstoß nach Süden bereit und zog hiezu auch Kräfte von seinem linken Flügel nach Norden heran 1).

Dies war dem k.u.k. 1. Armeekmdo. in Bereszteczko nicht entgangen. Es erkannte auch die Not des Südflügels der 4. Armee und der 7. ID. und war bestrebt, helfend einzugreifen. GO. Puhallo löste aus der Front der ohnehin schon weitgedehnten 46. SchD., gegen die es wegen des beobachteten Nordmarsches russischer Regimenter keinen Angriff erwartete, acht Bataillone und fünf Batterien heraus. Mit dieser unter dem Führer der 92. SchBrig., GM. Haas, bei Bokujma und Rudka versammelten Kraft und der an den linken Flügel der 1. Armee gewiesenen 21. KBrig. der 4. KD. gedachte der Heeresgruppenkommandant, GO. Böhm-Ermolli, im Sinne der Anregung Linsingens sogar zum Gegenangriff gegen Łuck vorzubrechen.

Für den 9. Juni planten Linsingen und Puhallo, die vordersten Linien festzuhalten, um die anrückenden, für den Gegenschlag bestimmten Truppen versammeln zu können. Dem X. Korps wurde hiezu vom 4. Armeekmdo. zugebilligt, im Falle eines neuerlichen übermächtigen Russenangriffes bis in die Linie Ozdeniz—Usiczy—Gorodok zurückzugehen; dort sollte dann nachhaltig Widerstand geleistet werden.

Die russische Führung hatte wohl erkannt, daß die weit vorgebrochene Mitte der 8. Armee den zermürbten Gegner unschwer weiter zurückzudrängen vermochte. Zumal Gen. Klembowski, der Stabschef Brussilows, empfahl Kaledin dringend, den frischen Angriffsgeist der Truppen zur Erringung neuer Erfolge auszunützen. Brussilow bangte aber in Erinnerung an die Ereignisse im Herbst 1915 vor einem Flankenstoß deutscher Kräfte von der Bahn Kowel—Sarny her. Ehe daher die Verfolgung über den Styr hinweg gegen Westen fortgesetzt werden sollte, schien es ihm angezeigt, die beiden stark abhängenden Flügel der 8. Armee auf die Höhe der Armeemitte vorzunehmen. Er erließ am 8. Juni Weisungen, die diesem Gedanken Rechnung trugen. Um einem allfälligen Gegenstoße deutscher Kräfte zuvorzukommen, hatte der Nordflügel Kaledins gegen den Abschnitt Rudka Czerwiszcze— Kaszowka—Sokul anzugreifen. Dabei sollte wieder das IV. Kavallerie-

J) Baluje \v, 50. — Rjedkin-Rymaschewskij, 20.

korps, ungeachtet aller Verluste, trachten, gegen den Rücken des Gegners vorzubrechen. Der Mitte der Armee wurde aufgetragen, den erreichten Raum im allgemeinen festzuhalten. Das auf dem linken Flügel fechtende XXXII. Korps sollte — so wie es auch die Stawka wünschte

— über Torgowica gegen Demidowka vorstoßen, um der festgefahrenen

11. Armee den Angriff zu erleichtern und die Gegner zur Preisgabe von Dubno zu zwingen1). Da an der Sierna Gefangene des deutschen RIR. 268 der nördlich von Pinsk stehenden 81. RD. eingebracht worden waren2), stellte Brussilow überdies an Gen. Ewert, den Führer der Westfront, das Ansuchen, das Wegziehen deutscher Truppen zu hindern. Das V. sib. Korps hatte zur Verfügung Brussilows zur Bahnstation Olyka zu rücken3).

Der frühe Morgen des 9. Juni sah die beiden Flügel des k.u.k.

X. Korps im Vorgehen, um in die allgemeine Front Gorodyszcze—Zaborol—Bukow einzurücken. Doch kaum waren die anbefohlenen Stellungen bezogen, griffen gegen 8h früh Teile des XXXX. Russenkorps das X. Korps an. Hiebei faßten sie bei Zaborol die 19. IBrig. doppelseitig an und drückten sie zurück. Die Rückbewegung griff auch auf die übrigen Truppen des X. Korps über. Von der 37. HID., die überdies von Osten her angefallen wurde, bezeichnete es ihr Generalstabschef um llh vorm. schon als fraglich, ob sie sich an der Sierna werde halten können.

Gegen 10h vorm. vermochten russische Abteilungen bei Ceperow und Ozdow das südliche Polonkaufer zu gewinnen. Nun mußte Szurmay, um nicht nach Süden abgedrängt zu werden und um den Anschluß an die 4. Armee nicht zu verlieren, sein Korps scharf nach Westen herumreißen. Entgegen den Besorgnissen Szurmays störte der Feind dieses Manöver wenig. Aber die Verbindung zur 7. ID., die nach Abwehr eines Angriffes des XXXII. Russenkorps bei Torgowica ihren linken Flügel nach Rykany zurückbog, riß ab. Zum Schutze seiner nun offenen Westflanke schob Puhallo die Gruppe GM. Haas von Bo-kujma gegen Ławrow vor; sie erreichte am 9. abends Radomyśl. Die 70. HID., die durch vier Marschbataillone wieder auf den Stand von 6000 Gewehren gebracht worden war, stand am Abend nach sehr ermüdendem Marsche und einigen Nachhutgefechten auf dem westlichen

J) Zajontschkowskij, 27 f., 35. — B a 1 u j e w,’ 21, 49.

2)    Ein Bataillon dieses Regiments war bei der zusammengesetzten Brigade Obstlt. Jachmann eingeteilt.

3)    Klembowski, 44.

Ufer der Leniewka zwischen Czarukow und Korszew. Dahinter sammelte sich die 11. ID., deren Gefechtswert Szurmay „gleich Null“ be-zeichnete. Die 8. KBrig. rückte zum GM. Bauer ein, der — da ihm auch die 4. KBrig. zugesendet wurde — endlich seine ganze Kavalleriedivision vereinigt hatte.

Vom X. Korps standen gegen 6h abends die 10. KD. samt der

3. IBrig. zwischen Gorodok und Kol. Budki, die 19. IBrig. nördlich anschließend bis Usiczy, die 13. SchD. auf dem linken Siernaufer bis Szepiel. Der Feind drängte nicht nach. Die 37. HID., die sich in drei Gruppen auf Szepiel, Zablotcy und Ozdeniż zurückgezogen hatte, wurde jedoch um 6h abends von Teilen des russischen XXXX. Korps und von attackierenden Schwadronen der 12. KD. neuerlich heftig angegriffen und auf Boratyn geworfen.. Kaum 1500 Mann und zwei Batterien fanden sich im Laufe der Nacht dort ein. In dieser sehr wenig erfreulichen Lage übernahm um 7h 30 abends in Zaturcy FML. Csanády den Befehl über das nicht viel mehr als 3000 Gewehre zählende X. Korps. Da die im Korps Bernhardi stehende zusammengesetzte Division (S. 398) seit 8. Juni abends vom preuß. GM. Rusche befehligt wurde, übernahm FML. Smekal vom 10. an vorübergehend den Befehl über die 11. Division.

Nun mußte aber auch der rechte Flügel des Korps Bernhardi, bei dem mittlerweile die preußische 2. GKBrig. eingetroffen war, in die Linie Kol. Libensztat—Kopaczewka zurückgenommen werden, sollte das Korps nicht vor vollzogener Versammlung der Gegenangriffsgruppe seine Kampfkraft verbrauchen. Die inneren Flügel der Korps Bernhardi und Kaiser blieben am 9. unangefochten. Von Kopyli flußabwärts jedoch griffen das XXX. und das XLVI. Russenkorps nachhaltig an. Ihre Übergangsversuche bei Kopyli, Kolki und Kulikowiczy sowie ihre Anstürme westlich von Czartorijsk und gegen das Korps Hauer brachten ihnen aber keinen Erfolg. Nur bei Siemki (östlich von Kolki) vermochte der Feind auf dem nördlichen Flußufer festen Fuß zu fassen. Um ihn zu vertreiben, setzte FML. Fath seine Korpsreserve unter der Führung des Kommandanten der 51. SchBrig., GM. Pfeffer, von den Sandhügeln von Komarow her zum Gegenangriff an. Die wildbewegten Kämpfe im sumpfigen und waldbedeckten Anland des Styr wurden durch die Nacht kaum unterbrochen und fanden am nächsten Tage, obwohl sich die Russen kräftig wehrten, durch Zusammenwirken der Gruppe Pfeffer und der von der 4. ID. gesandten Aushilfe (Teile der Infanterieregimenter 8 und 99) einen siegreichen Abschluß. Die russische SO. ID. des XXX. Korps wurde wieder über den Fluß zurückgeschlagen. Über 1300 unverwundete Gefangene blieben in den Händen der Sieger1). Dieser, wenn auch bescheidene Erfolg war ein Lichtblick in der seit dem 4. Juni ununterbrochenen Kette von Niederlagen und Rückzügen und schien geeignet, den Kampfgeist und das Selbstvertrauen der Truppe wieder zu heben.

Betrachtungen zur Durchbruchsschlacht bei Olyka-Luck

Am Abend des sechsten Tages der großen Durchbruchsschlacht in Wolhjmien war die öst.-ung. Front zwischen Młynów und Siemki auf 85 km Länge aufgerissen und — von Olyka bis Usiczy gemessen — in 48 km Tiefe durchstoßen. Der Südflügel der 4. Armee hatte schwerste Verluste an Mann 2) und Gerät erlitten. Nicht geringer waren die Einbußen an moralischen Werten; so hatte die Truppe das Selbstvertrauen, aber auch den Glauben an die höhere Führung verloren. Zwischen den inneren Flügeln der 4. und der 1. Armee klaffte eine 15 km breite Lücke. Die ersten Verstärkungen, die eingetroffen waren, waren in den Strudel der lawinenartig angewachsenen Rückbewegung hineingerissen worden. Es war am 9. abends auch noch gar nicht abzusehen, ob und wo es gelingen werde, den Rückzug zum Stehen zu bringen und mit den anrollenden Reserven den geplanten Gegenschlag zu führen. Dabei sind es nur 15 Infanterie- und 7 Kavalleriedivisionen des Feindes gewesen, die gegen die zwischen Kuchocka Wola und Mtynow stehenden 12 Infanterie- und 4 Reiterdivisionen diesen überraschend großen Erfolg erstritten haben.

x) W i s s h a u p t, Die 52. Landwehr-Infanteriebrigade im Weltkrieg 1914—1918 (Reichenberg 1928), 793 ff. — Derselbe, Das Gefecht bei Siemki, 9. bis 10. Juni 1916 Österr. Wehrzeitung, Folgen 35 bis 48 von 1924).

-) Die Verluste vom Feuergewehrstand an Toten, Verwundeten, Kranken und Gefangenen betrugen vom 4. bis 8. Juni bei der 2. ID. — 11.600, 4. ID. — 5700, 11. ID. — 13.900, 13. SchD. — 11.700, 37. HID. — 13.600, 41. HID. — 5300, 70. HID. — 10.300, 7. ID. — 9900 und bei der 10. KD. 200 Mann, demnach bei der ganzen 4. Armee, einschließlich der zur 1. Armee übergetretenen 7. ID., aber ohne die kombinierte Div. Smekal, von der keine Standesmeldungen vorliegen, insgesamt 82.200 Mann. An die Feldspitäler wurden in dieser Zeit ungefähr 17.000 Verwundete und 5000 Kranke abgegeben. Die Russen geben an, im Raume bei Łuck vom 4. bis 9. Juni etwa 45.000 unverwundete und verwundete Gefangene eingebraeht zu haben.

Das Unheil hatte bei Olyka begonnen. Es war sicherlich kein glücklicher Griff der öst.-ung. Führung gewesen, knapp vor dem erwarteten russischen Angriff die in der Front stehende, aus ostgalizischen Regimentern gebildete 4. IBrig. durch die 19. IBrig. der Armeereserve zu ersetzen. Der 4. Brigade wäre am 4. und 5. Juni auch kein anderes Los beschieden gewesen, als es der 19. widerfahren ist. Die 19. IBrig. bestand aber aus oft bewährten, ortskundigen und für den Angriff geschulten Truppen, die, zum Gegenstoß angesetzt, wahrscheinlich sehr erfolgreich hätten wirken können. So wurden sie jedoch vom russischen Trommelfeuer zermalmt. Die 4. IBrig., die bei der 70. HID. eingesetzt wurde, hat sich aber dann am 5., als sie mit der Aufgabe des Gegenstoßes beauftragt wurde, nicht sonderlich bewährt.

Nun stand wohl hinter der 2. ID. die sturmerprobte 13. Division. Doch die Führung hatte es nicht verstanden, diese prächtigen Regimenter zu einem planmäßig, auch artilleristisch vorbereiteten und im Gelände zweckmäßig geleiteten Gegenangriff vorzuführen. Die Angriffskraft verpuffte in Einzelstößen, zum Teil sogar bloß, um die zweite Stellung in Besitz zu nehmen, in der sich die 25. SchBrig. den erteilten Befehlen zufolge überhaupt schon hätte befinden sollen.

So standen am 5. abends die 13. SchD. und die Reste der 2. ID. in der dritten Stellung. Das russische XXXX. Korps, dem das Erkämpfen dieses Anfangserfolges ganz gewaltige Blutopfer gekostet hatte, begnügte sich mit der Besitznahme der zweiten Stellung. Es befand sich hiebei nicht einmal in einer sonderlich vorteilhaften Lage, denn es konnte von Norden und von Süden her in den Flanken bedroht werden. Außerdem mußte es zur Fortsetzung des Durchbruches einen neuen Artillerieaufmarsch vollführen, was in dem Grabengewirr gar nicht einfach war. Doch die öst.-ung. Führung verzichtete nicht nur auf den Zangenangriff gegen den eingebrochenen Feind, sondern tat aus übergroßer Besorgnis noch ein Übriges, das sich zugunsten der Russen auswirkte.

Die 70. HID., gegen die sich gleichfalls der Hauptangriff Kaledins gerichtet hatte, behauptete am 5. abends mit ihren Flügeln die erste, mit der Mitte, wo die 4. IBrig. eingesetzt war, die zweite Stellung. Hinter ihr stand das kriegsstarke IR. 58, an der Naht zwischen der 70. HID. und der 2. ID. das gleichfalls intakte IR. 95. Dennoch beantragte FML. Szurmay die Zurücknahme der 70. HID. in die dritte Stellung, und das 4. Armeekmdo. stimmte dem zu. Hiedurch wurde die Bresche ohne zwingende Nötigung um weitere neun Kilometer erweitert.

Am 6. früh hatte sich die 70. HID. in der kaum bezogenen dritten

Stellung sehr bald neuer Angriffe zu erwehren. Doch die ungarischen Landstürmer, die sich am 4. und 5. in den vorderen Gräben sehr wacker gehalten hatten, kämpften in der dritten Stellung, die sie nicht gebaut hatten, kaum kannten und mit der sie sich nicht verbunden fühlten, nicht mehr mit der gleichen Hartnäckigkeit. Die 4. IBrig. ließ es — gleich wie am Vortage — an dem nötigen Kampfwillen fehlen, und die beiden Regimenter der 22. IBrig. wichen dem Kampfe überhaupt aus. Die 70. HID. und die Regimenter der 11. ID. gingen zurück.

Nun wiederholte sich das Spiel vom 5. Juni mit vertauschten Rollen. Wegen des Rückzuges der 70. HID. glaubte jetzt das X. Korpskmdo. seine Truppen nicht länger stehen lassen zu können, befahl den Rückzug in die Linie Wygodanka—Wertepa und riß damit auch die südliche Flanke des II. Korps auf, das nun gleichfalls seine Gräben dem Feinde überließ. Szurmay schwenkte auch die 7. ID. hinter den Ikwa-Styr-schranken zurück. Damit war die ganze Front zwischen Siemki und Mlvnow aus den Angeln gehoben. Wären das X. Korps und die 7. ID. stehen geblieben, so hätte sich der russische Einbruch bei der 70. HID. vielleicht abriegeln lassen. Leicht wäre das Ausharren dem X. Korps sicherlich nicht gefallen; denn obwohl es am 6. vom Feinde gar nicht heftig bestürmt wurde, litten die Truppen noch gewaltig unter den Nachwirkungen des zweitägigen Vernichtungsfeuers, das die Russen in einer im Osten noch unbekannten Stärke gegen den Einbruchsraum hatten wirken lassen. Es war allerdings nicht stärker gewesen als das Feuer, das die Italiener in der dritten und vierten Isonzoschlacht der Armee Boroevic, die aus Truppen ähnlicher nationaler Zusammensetzung wie jene der Nordostfront bestand, entgegengeschleudert hatten. Doch die achtmonatige Kampfpause hatte die Kämpfer dieser Front für starke Gefechtseindrücke überaus empfänglich gemacht, und das gegen die russische Angriffsweise unzweckmäßige starre Abwehrverfahren, das wohl auf den in der Neujahrsschlacht und in den Kämpfen am Narocz-see erfochtenen Erfolgen fußte, tat noch das seinige dazu, die Truppen zu entmutigen. Auch soll zugestanden werden, daß es die ostgali-zischen Regimenter hier oft an dem festen Willen fehlen ließen, gegen die Russen durchzuhalten.

Am 7. Juni griff der Feind wieder mit voller Wucht an, und zwar zuerst gegen die über ein größtenteils nicht vorbereitetes Kampffeld gezogene Verteidigungslinie Wygodanka—Wertepa, die auch die Versammlung der Division Smekal decken sollte. Die Russen durchbrachen diese Linie bald und stießen, durch den beiderseits der Bahn Palcza—

Rożiszcze sich ausbreitenden Wald vorgehend, in die Bereitstellung der Division Smekal hinein, die wegen dieses Waldes vermeint hatte, hier nicht angreifen zu können. Hier sei auch der Erwägung Raum gegeben, ob es nicht besser gewesen wäre, das X. Korps noch am 6. abends in die Brückenkopfstellung von Wygodanka bis Zydyczyn zurückzunehmen. Der Russe wäre dann vor dem Entschlüsse gestanden, ob er sich in den schmalen Raum zwischen Brückenkopf und der versumpften Konopielka hätte hineinwagen sollen. Doch die Frage, das II. Korps mit offener, allerdings durch die Division Smekal verstärkter Südflanke fechten zu lassen, ist damals gar nicht zur Erörterung gestanden.

Am 7. nachmittags stürzten sich die Russen vornehmlich auf den südlichen Teil des Lucker Brückenkopfes. Gerade um diese Stunde trat auf den hohen Führerposten eine Reihe von Personalveränderungen ein (S. 398). Dadurch wurde die vom Heeresgruppenkommandanten schon seit Beginn der Schlacht nachdrücklich geforderte Beeinflussung der Unterführer und der Truppen zum Ausharren zum mindesten erschwert; vorübergehend fiel sie auch ganz weg.

Hier soll nicht verschwiegen werden, daß die persönlichen Beziehungen zwischen GO. Linsingen und Erzherzog Josef Ferdinand nicht von jenem vertrauensvollen gegenseitigen Verständnis getragen waren, das für eine erfolgreiche Führung nötig gewesen wäre1). Auch zwischen den beiden Generalstabschefs, den Generalen Stolzmann und Berndt, war es nie zu vertraulichen Aussprachen über Angelegenheiten der Führung gekommen. Diese Spannung zwischen den beiden Hauptquartieren rächte sich in den kritischen Stunden der Schlacht. Doch auch die Wesensverschiedenheit des Erzherzogs und seines Generalstabschefs war nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung der Dinge geblieben, wenn auch nicht auf die Maßnahmen des 4. Armeekmdos. in der Schlacht selbst, so doch auf ihre Vorbereitungszeit.

Das Versagen einzelner höherer Führer und ihre eigenmächtigen Rückzugsentschlüsse unter Hinweis auf das Zurückgehen des Nachbars verschlimmerten um die Mittagszeit des 7. die ohnehin äußerst schwierige Gefechtslage. Dennoch rauften die Regimenter, die zum größten Teil schon schwer gelitten hatten, am Nachmittag bei Krupy zunächst

x) Die Erkaltung der Beziehungen hatte ihre Ursache vornehmlich darin, daß Erzherzog Joseph Ferdinand gelegentlich seiner am 26. Februar 1916 erfolgten Ernennung zum Generalobersten gehofft hatte, Kommandant der Heeresgruppe zu werden. Von deutscher Seite wurde dies durchkreuzt, indem dem GdI. Linsingen mit einem früheren Datum der Rang eines Generalobersten verliehen wurde.

noch ganz tapfer, bis sie gegen Abend dem übermächtigen Ansturm der Russen plötzlich erlagen. Der fluchtartige Rückzug und die vorzeitigen Brückensprengungen erhöhten die Verluste. Diese Voreiligkeiten waren ein Zeichen der hochgradigen Nervosität, die allenthalben platzgegriffen hatte. Völlig erschöpft ließen sich die zerfetzten Truppen des X. Korps und des Korps Szurmay auf dem westlichen Styr-ufer zur Nachtruhe nieder und wurden gar nicht gewahr, daß noch während der Nacht auch einige russische Bataillone den Fluß überschritten.

In nachträglicher Kenntnis der Geschehnisse ist die Frage vielleicht nicht ganz unberechtigt, ob der in seiner Linienführung nicht sehr glücklich angelegte Brückenkopf mit den zermürbten Truppen überhaupt zu verteidigen war. Erfahrungsgemäß erholen sich geschlagene Truppen am raschesten, wenn man sie hinter einem Flußhindernis den Einwirkungen der Verfolgung entzieht. Das wäre hier durch einen noch am 6. abends bis hinter den Styr ausgeführten Rückzug, den das

4. Armeekmdo. am 6. vormittags auch in Erwägung gezogen hatte (S. 389), zu erreichen gewesen. Doch Łuck war seit dem Herbstfeldzug 1915 zu einem Palladium der k.u.k. 4. Armee geworden. Es ist verständlich, daß man den mit so viel Blut erkämpften festen Platz und den unter vielen Mühen erbauten Brückenkopf nicht ohne äußerste Gegenwehr preisgeben wollte.

Was sich am 8. und 9. westlich von Łuck begab, war nur eine natürliche Folge der vorangegangenen Ereignisse. Man muß sich sogar wundern, daß Brussilow seine bis zum Überschreiten des Styr bei Łuck errungenen Erfolge nicht zu einem entscheidenden Durchstoß in der Richtung auf Władimir-Wołyński erweitert hat. Bis zum Erreichen des Styr haben die Russen in der taktischen Führung keine Fehler gemacht. So hatten sich denn auch alle Geschehnisse in lückenloser Folge zu Ungunsten der k.u.k. 4. Armee ausgewirkt. Am Styr angelangt, hielt jedoch Brussilow den Blick auf Kowel gerichtet, mit einem Auge schielte er auch besorgt gegen Norden, weil er von dort einen deutschen Gegenangriff befürchtete. Daß er mit seinen großen Reiterscharen Kowel auch auf dem Umwege über Łuck und Torczyn hätte erreichen können, oder daß er in südwestlicher Richtung durch die aufspringende Lücke gegen Lemberg Vordringen und die galizische Front des Gegners in der Flanke hätte bedrohen können, ist ihm zum Heile des Verteidigers entgangen1).

GM. Berndt, der Generalstabschef des 4. Armeekmdos., schrieb in

1) D i a k o \v, Brussilow und seine Reiter (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933, 9 ff.).

einem im August 1916 dem k.u.k. AOK. eingesandten Bericht: „Der katastrophale Ausgang der Schlacht von Olyka—Łuck kann durchaus nicht als ein unabwendbar hereingebrochenes Schicksal hingestellt werden. Es ist zweifellos denkbar, daß andere Führer mit anderen Truppen unter sonst gleichen Voraussetzungen den russischen Ansturm abgewehrt oder doch den Durchbruch soweit eingedämmt hätten, daß er nicht so unheilvolle Wirkung auf die ganze Ostfront üben konnte.“ Und an anderer Stelle des Berichtes steht im Zusammenhange mit der Schilderung der Ereignisse bis einschließlich 7. Juni: „Daß die Russen in den nächsten Tagen ihren großen Erfolg nicht besser ausnützten, ist nicht unser Verdienst.“

Man wird diesem soldatisch-freimütigen Bekenntnis die Zustimmung kaum versagen können.

Die Angriffe der Armee Sacharow nordwestlich von

T arnopol (6. bis einschließlich 9. Juni)

Hiezu Beilage 18

Entsprechend den Weisungen des Führers der 11. Russenarmee, GdK. Sacharow (S. 381), schickte sich das VI. Korps am 6. Juni zwischen der Bahnlinie Tarnopol—Złoczów und dem Sereth neuerlich zum Angriff an. Zur Unterstützung hatte das XVIII. Russenkorps gegen die deutsche 48. RD. und gegen die k.u.k. 19. ID. Artilleriefeuer und Ablenkungsangriffe zu richten.

Die Sturmkolonnen des VI. Russenkorps stürzten nach einem bis zum Trommelfeuer gesteigerten Wirkungsschießen der Artillerie von 3 h 30 nachm. an mehrmals gegen die Division Willerding vor. Doch alle bis zum Sonnenuntergang wiederholten Angriffe scheiterten an der heldenmütigen Haltung der durch einige Bataillone der 76. HIBrig. verstärkten 32. Division. Die schweren Verluste, die die Russen bei ihrem Anstürmen, die oft zum Nahkampf führten, erlitten hattenx), veran-laßten Sacharow, die Wiederholung des Unternehmens bis zum 9. aufzuschieben. Auch die Ablenkungsangriffe des XVIII. Russenkorps waren von den Verteidigern mühelos abgewiesen worden.

1) Das russische VI. Korps hatte vom 4. bis einschließlich 6. Juni 8000 Mann eingebüßt (Tscherkassow, 141). Die k.u.k. 32. ID. hat am 4., 5. und 6. Juni insgesamt 54 Offiziere und 2875 Mann verloren.

Sacharow setzte nunmehr seine Hoffnungen auf das XVII. Korps, das samt der Transamur Reiterdivision am 7. südlich von Sapanow den von der 1. LstlBrig. verteidigten Abschnitt angreifen sollte. Dieses Vorhaben gedieh jedoch nicht über eine schwächliche Artillerievorbereitung hinaus. Tagsdarauf, am 8. Juni, kam ein noch vor dem Morgengrauen unternommener Angriff der k.u.k. 25. ID., der den am 4. erfolgten Einbruch der Russen bei Sapanow (S. 394) wettmachen sollte, dem russischen XVII. Korps zuvor1). Nach vorübergehender Besitznahme der Höhen nördlich von Sapanow mußte GM. v. Boog seine Truppen jedoch vor einem russischen Gegenstoße wieder in die Ausgangsstellung zurücknehmen. Die den Transamurreitern aufgetragene Verfolgung der österreichischen Truppen wurde an den Drahtverhauen und an der Gegenwehr zunichte.

Auf dem Südflügel Sacharows rüstete unterdessen das VI. Korps zur Wiederholung des Angriffes. Die Vorbereitungen entgingen dem Kommando des bedrohten k.u.k. IX. Korps keineswegs. FML. Krá-liček, der keine Ursache hatte, am weiteren Standhalten seiner Truppen zu zweifeln, mußte bei anhaltenden Kämpfen aber doch mit einer bedenklichen Verminderung der Streiterzahl rechnen. Er beantragte deshalb, die dauernd bedrohte 32. ID. durch einen Vorstoß des von den Kämpfen bisher nicht berührten IV. Korps der 2. Armee auf dem östlichen Serethufer zu entlasten. Doch das IV. Korpskmdo. sprach sich aus örtlichen Gründen gegen den Vorstoß aus, war aber zur Abgabe von Reserven bereit.

Am 9. brach neuerlich das russische VI. Korps zwischen der Bahn und dem Sereth vor. In elfstündigem, hin- und herwogendem Kampfe wurden von der 32. ID., der einige Bataillone der 19. ID. zu Hilfe eilten, sieben wuchtige Anstürme abgeschlagen. Nur auf der Höhe A 389 vermochte sich der Feind in einem schmalen Frontstück einzunisten und war auch durch einen Gegenstoß nicht zu vertreiben. Abends trafen das IR. 12 und eine schwere Batterie des k.u.k. IV. Korps zur Verstärkung hinter der 32. ID. ein.

General Sacharow hat die ihm von Brussilow gestellte Aufgabe der Fesselung gegnerischer Kräfte durch Angriffe an seiner Armeefront (S. 367) nur zum Teil erfüllt. Wohl wurde die k.u.k. 25. ID. nach Sapa-

x) Bei diesem nächtlichen Angriff tat sich das IR. 84 besonders hervor. Sein Nachfolgetruppenkörper im österreichischen Bundesheer, das niederösterreichische IR. 5, feiert in Erinnerung daran den 8. Juni als Gedenktag. Vgl. auch Michel und Wohl, 165 ff.

now abgezogen und dort festgehalten; den Abtransport der 29. ID. sowie die Verschiebung der 92. SchBrig. und der 21. KBrig. gegen Norden hatte die russische 11. Armee aber nicht zu hindern vermocht.

Die Angriffe der 7. und der 9. Russenarmee

Hiezu Beilage 21 Die Pläne der Generale Schtscherbatschew und Letschitzki

Die Angriffspläne der beiden Führer der 7. und der 9. Russenarmee fußten auf den von Gen. Brussilow am 25. Mai erlassenen allgemeinen Weisungen (S. 367). GdI. Schtscherbatschew, der Befehlshaber der 7. Armee, hatte sich entschlossen, den bei Jazlowiec nach Osten vorspringenden Stellungsteil des k.u.k. XIII. Korps anzugreifen. Er kannte zwar die Stärke dieser Stellung, vor der er nun schon seit sechs Monaten lag; gleichwohl wollte er gerade an dieser Stelle Bresche schlagen. Die Ausbuchtung der gegnerischen Front gestattete ihm dort einen flankierenden Angriff. Überdies überhöhten vor Jazlowiec die russischen Gräben jene des Gegners und gewährten tiefen Einblick in das Strypatal.

Gen. Schtscherbatschew, dem die Erfahrungen aus der Neujahrsschlacht gegenwärtig waren, ließ den Angriff gründlich vorbereiten. Sieben Ausgangsstellungen wurden errichtet und neue Batteriestellungen angelegt. Die Angriffstruppen wurden auf Übungsplätzen, auf denen die anzugreifenden Werke getreulich nachgebildet waren, im Schützengrabenkrieg, im Zerstören von Hindernissen und im Handgranatenwerfen fleißig geschult. Zum Angriff auf Jazlowiec sollte in nur 7 km breiter Front das drei Divisionen starke II. Korps mit 48 Bataillonen nach gründlicher Artillerievorbereitung angesetzt werden. Mit Rücksicht auf den Mangel an schwerer Artillerie — insgesamt standen dem Gen. Schtscherbatschew nur 23 schwere Geschütze zur Verfügung — hatte der eigentliche Durchbruch in nur 2 km breiter Front durch die eng zusammengeballten Regimenter der S.turkSchD. zu erfolgen. Ein Regiment der russischen 26. ID. hatte das flankenbedrohende Vorwerk Gipsarka zu nehmen, südlich der 3. turk. SchD. sollten zwei Regimenter der 43. ID. entlang der Straße Popowce—Jazlowiec vorstoßen. Bei diesen beiden Nebengruppen sollte dem Mangel an schwerer Artillerie durch Schießen mit Gasgranaten und durch feuernde Panzerautos abgeholfen werden. Aufgabe der Angriffsgruppen war es, den Gegner bei Jazlowiec über die Strypa zu werfen. Sobald an diesem

Punkte die gegnerische Front durchstoßen war, hatten zwei Regimenter der 26. ID. den Einbruch in der Richtung auf Trybuchowce zu erweitern. Damit waren am entscheidenden Punkte 32 Bataillone, 124 Maschinengewehre und 107 Geschütze der Russen gegen nur 5 Bataillone, 40 Maschinengewehre und 24 Geschütze der k.u.k. 15. ID. vereinigt. Überdies stellte Gen. Schtscherbatschew als Reserven noch 12 Bataillone — ein Regiment des II. und je ein Regiment des XVI. und des XXII. Korps —, ferner zur Verfolgung das II. Kavalleriekorps im Raume westlich von Pauszówka bereit. Das XVI. und das XXII. Korps am Nordflügel der 7. Russenarmee hatten vorerst den Gegner zu binden. Um ihn zu täuschen, ließ aber Schtscherbatschew auch hier places d’ar-mes aufwerfen. Russische Reiterabteilungen entfalteten im Vorfelde von Buczacz seit Ende Mai eine rege Tätigkeit. Nachts wurden sie immer wieder zurückgezogen.

GdI. Letschitzki, der tatkräftige Führer der 9. Armee, hatte für das Durchbrechen der öst.-ung. Front den etwa 16 km breiten, südlich vom Dniester gelegenen Abschnitt Dobronoutz—Mitkeu gewählt. Hier konnte der Durchbruchskeil an einem Brechpunkte der gegnerischen Front durch offenes Gelände vorgetrieben werden, das allerdings von den Höhen bei Horoschoutz flankiert wurde. Gen. Letschitzki war aber der Anschauung, daß sich keine günstigere Angriffsstelle finden lasse. Am rechten Flügel der russischen 9. Armee bildete von Mitkeu bis Latacz der Dniester mit seinen Steilufern und vielen Flußschleifen ein starkes Hindernis für den Angriff. Auch traf im östlichen Teil des Dniesterabschnittes jeder Stoß auf die stark ausgebauten Brückenköpfe von Zaleszczyki und von Sińków. Der Südflügel der Armee Letschitzki, hinter dem nur wenige Verbindungen liefen, war im Norden durch eine breite Waldzone und im Süden durch die rumänische Grenze eingeengt.

So schien also ein Angriff mit der Armeemitte die besten Erfolgsmöglichkeiten zu bieten. Insgesamt verfügte dort Gen. Letschitzki über eine Streitmacht von Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen in der Gesamtstärke von 88 Bataillonen, 60 Schwadronen und 482 Geschützen. Den entscheidenden Schlag sollte das XI. Korps, verstärkt durch die 19. ID. des XII. Korps und die 1. DonKosD., führen. Es hatte mit eng zusammengefaßten Kräften (11. und 32. ID. in der ersten Linie, 19. ID. im zweiten Treffen) die gegnerischen Stellungen beiderseits des scharf eingeschnittenen Horoschoutzbaches zu durchbrechen, um sodann im raschen Nachstoß zwischen Dobronoutz und Pohorloutz auf Jurkoutz durchzudringen und die stark befestigte Höhe -cj>- 458 („Kavalleriestützpunkt“) von rückwärts zu nehmen. War einmal Bresche geschlagen, dann sollte die zum Nachhauen bereite 1. DonKosD. auf Doroschoutz reiten, um die noch auf dem nördlichen Dniesterufer befindlichen Truppen des Gegners abzuschneiden. Im Einklänge mit dem XI. Korps hatte das XLI. Korps (3. TransamurD., halbe 74. ID.) aus der Samuszynschleife heraus zuerst auf Okna und dann auf Doroschoutz vorzudringen. Als Armeereserve wurden die zweite Hälfte der 74. ID. bei Krzywcze und die halbe 12. ID. beim Dorfe Dolżok bestimmt. Über den Rest der

12. ID. hatte sich Gen. Brussilow das Verfügungsrecht Vorbehalten. Die beiden Flügelkorps der russischen 9. Armee, das XXXIII. am Dniester und das Kombinierte Korps bei Rarancze, hatten den gegenüberstehenden Gegner nach eigenem Ermessen zu binden. Überdies sollte das

XXXIII. Korps sofort über den Dniester zur Verfolgung vergehen, falls der Gegner seine Stellungen am Nordufer räumte. Das III. Kavalleriekorps hatte zunächst an der bessarabischen Grenze zu verbleiben1).

Dem 7. Armeekmdo. waren die russischen Angriffsvorbereitungen keineswegs verborgen geblieben. GO. Pflanzer-Baltin wußte bereits gegen Ende Mai, daß Letschitzki seine besten Truppen, das XI. und das XII. Korps, gegen den rechten Flügel der Gruppe Benigni zusammengezogen hatte. Er sah aus eigener Beobachtung bei seinen häufigen Frontbesuchen, daß sich die Russen schon seit geraumer Zeit in der Samuszynschlinge und namentlich in dem Hügelgelände beiderseits des Horoschoutzbaches gegen die 42. HID. und gegen die 3. KD. herangruben. Ein ganzes System von Laufgräben und Sturmstellungen durchfurchte immer dichter das Vorfeld und zog seine Netze bis nahe an die Horchposten heran. Die Grabenbesatzungen hatten dieses nagende Unheil schon Tag und Wochen kommen gesehen, ohne es unschädlich machen zu können. Die Haubitzmunition war karg bemessen und mußte für den bevorstehenden Ansturm auf gespart werden. Überdies war der 7. Armee sehr viel schwere Artillerie für den Angriff aus Südtirol entnommen worden, trotzdem GO. Pflanzer-Baltin die Heeresleitung von den russischen Angriffsvorbereitungen sowohl gegen seinen rechten, als auch gegen seinen linken Flügel unterrichtet hatte. In dem beruhigenden Bewußtsein der Stärke der mit aller Feldbefestigungskunst ausgebauten Stellung, glaubte man in Teschen, daß die 7. Armee nichts

x) Litwinow, Der Durchbruch der russischen 9. Armee im Juni 1916 (in russ. Sprache, Petersburg 1923), 41 ff. — B j e 1 k o w i t s c h, Bemerkungen über den Maidurchbruch 1916 (Moskau, Wojenno istoritscheski sborník, III. Teil, 1920), 60 ff.

zu befürchten habe. Allerdings schien es, als ob FZM. Benigni in dem am meisten bedrohten Verteidigungsabschnitt zwischen Dobronoutz und dem Dniester über genügend Kräfte verfüge, um auch einem starken russischen Angriff mit Erfolg entgegentreten zu können. Es standen dort am 3. Juni abends die 3. KD., FML. Adolf Ritt. v. Brudermann, verstärkt durch ein Bataillon des HIR. 26 und das Detachement Mjr. Russ, die 79. HIBrig. samt dem FJB. 13 der 30. ID. unter GM. Jesser und schließlich die 42. HID., FML. Snjarić, insgesamt 29 Bataillone und 165 Geschütze. Bei Jurkoutz und südlich von Horoschoutz waren vom 7. Armeekmdo. 16 Bataillone — die Masse der 30. ID. und die halbe 36. ID. — als Reserve für Benigni bereitgestellt worden. Weitaus ungünstiger lagen die Verhältnisse an der unteren Strypa. Dort standen hinter dem XIII. und dem VI. Korps keine Reserven mehr, seitdem die

13. SchD. von der Heeresleitung nach Wolhynien fortgezogen worden war. Desgleichen hatte Pflanzer-Baltin für die Dniesterfront keine Reserven zur Verfügung. Dies sollte für die kommenden Ereignisse entscheidend werden.

Der Vorstoß der Russen gegen die Gruppe Benigni (4. bis 9. Juni)

Heftiges Artilleriefeuer, das am 4. Juni um 4h früh begann, leitete an der ganzen Front der Gruppe Benigni den Angriff der Armee Letschitzki ein. Bei Onuth wurde gegen die Gräben der 42. HID. Gas geblasen. Vereinzelte russische Batterien schoßen auch mit Gasgranaten, der Erfolg war indessen nicht groß; es gab 2 Tote und 12 Betäubte, da man über gute Schutzmasken verfügte. Doch die Russen unterhielten nach neuer Methode ein unregelmäßiges Dauerfeuer und wechselten bald hierhin, bald dorthin die Ziele, um endlich auf die Stellungen der 79. HIBrig. südlich und nördlich vom Horoschoutzbach zu trommeln. Das Feuer zerschlug nicht nur die Hindernisse und die dicht besetzten Gräben, es zerhämmerte auch die Seelen der seit Monaten kampfentwöhnten Truppe. Die Grabenbesatzungen flüchteten in ihre Fuchslöcher und harrten dort wie in einem vergitterten Gefängnis dem feindlichen Ansturm entgegen. Um 12h mittags brach plötzlich das Trommelfeuer ab. Es kam, wie es kommen mußte. Die feindliche Infanterie sprang aus den Laufgräben und nahen Sturmstellungen, stürzte vor und erschien schon nach wenigen Augenblicken vor den Stellungen der 79. HIBrig., bevor noch die Grabenbesatzungen aus den Fuchslöchern von den Alarmposten an die Brustwehr gerufen werden konnten.

GM. Elmar, der Artilleriechef der Gruppe Benigni, hatte gleich mit dem Auftauchen der ersten russischen Sturmhaufen konzentrisches Sperrfeuer vor den gefährdeten Stellungsteil befohlen. Aber das Sperrfeuer zerflatterte. Es wurden fast alle Batterien gleichzeitig auch aus den anderen Infanteriestellungen um Hilfe angerufen. Ein Gespräch störte das andere in den Telephonen, viele Leitungen lagen durchschossen x).

Ein kleines Häuflein Russen war vermutlich in einen vorspringenden Graben der 79. HIBrig. eingedrungen, dann folgten dichte Schützenketten, erweiterten die Einbruchsstelle und rollten rechts und links die Front am Horoschoutzbachgraben auf. Nachhaltigen Widerstand scheint allerdings der in Verwirrung gebrachte Verteidiger — von der 79. HIBrig. kamen bloß 600 Streiter zurück und die Russen zählten 7000 Gefangene 2) — auch in den hinteren Gräben nicht geleistet haben. Nur hie und da erhob sich in der vordersten Kampfzone schwaches Infanteriefeuer. Alsbald verstummte auch das Artilleriefeuer, denn die leichten Batterien, nach dem in der Neujahrsschlacht erprobten Abwehrverfahren zu flankierender Sperrfeuerwirkung nahe hinter der ersten Stellung eingebaut, wechselten ihre Stellungen, um nicht in Feindeshand zu fallen. Langsam wälzten sich die Regimenter des XI. Russenkorps über das Gewirr ihrer Wabengräben vorwärts, die ersten feindlichen Trupps stießen durch den Horoschoutzgraben weiter und erschienen gegen 2h nachm. auf den Höhen nördlich von Dobronoutz. Dort gingen vier Batterien verloren.

Etwa um lh nachm. waren die Reserven hinter dem rechten Flügel der Gruppe Benigni in Bewegung gesetzt worden. Es dauerte jedoch lange, bis diese Truppen heran waren und sich entfaltet hatten. Die russische 19. ID., den beiden vorderen Divisionen des XI. Korps folgend, trieb indessen den Durchbruchskeil südwestwärts weiter vor; der linke Flügel der 3. KD. kam ins Wanken, die Russen drangen in Dobronoutz ein. Es war dies etwa um 3h nachmittags. Da warfen sich endlich die Reserven Benignis in die Bresche. Die 16. IBrig. und das IR. 97 stießen den Horoschoutzbach entlang vor, gleichzeitig setzten der Kommandant der 3. KD., FML. Brudermann, das ihm zugeschobene IR. 16 von Süden, und FML. Šnjarič zwei Bataillone der 42. HID. von Norden zum Gegenangriff an. Die Kroaten des IR. 16 entrissen den Russen Dobronoutz, auch weiter nördlich konnte der Einbruch von den

x) Max P i t r e i c h, Okna, 16 ff.

2) Litwinow, 49.

tapferen Jägerbataillonen der 16. IBrig. nach erbittertem Ringen abgeriegelt werden.

Während sich diese Ereignisse abspielten, war auch bei der 42. ,,Do-mobranzen“-Division plötzlich die Lage äußerst bedenklich geworden. Bald nach lh nachm. trat die 3. TransamurD. in der Samuszynschlinge zum Angriff an. Eine halbe Stunde später schienen die Anstürme abgeschlagen; doch begannen nun 'starke russische Vorstöße gegen die Höhe Czarny Potok. FML. Šnjarič schob den größten Teil seiner Reserven auf die Höhen südöstlich von Pohorloutz, zumal der Feind mittlerweile im Horoschoutzgraben eingebrochen war. Gegen 2h nachm. gelang es den Russen, an mehreren Stellen zwischen Mitkeu und Onuth in die Gräben der 42. HID. einzudringen. Bei Mitkeu wurde der Feind zunächst wieder geworfen. Gegen 3h nachm. erlag aber der linke Flügel der 42. HID. einem neuerlichen Ansturm völlig. Die Division verlor plötzlich die Anlehnung an den Dniester. Die Russen erweiterten rasch den Einbruch, sie zersprengten das HIR. 28, zwangen die in den Mulden südlich von Mitkeu eingebauten Batterien zum schleunigsten Abfahren und stießen dem bei Onuth fechtenden HIR. 27 in den Rücken1). Die beiden genannten Honvédregimenter, die zunächst ihre Gräben zäh verteidigt hatten, waren so gut wie vernichtet. Mehrere Hundert Tote lagen auf dem Kampfplatze, mehr als 4000 Mann nahmen die Russen gefangen2), der    Rest suchte    sich    durch    Flucht    zu    retten.    Schon    waren

die Russen 5 km    tief in die Mitte    der Gruppe Benigni    eingedrungen;    um

5h nachm. fiel Okna. Da stemmten sich endlich Reserven dem furchtbaren Einsturz entgegen.

In Gewaltmärschen waren die Gruppe Obst v. Dokonal (je eine Kavallerieschützendivision der 5. und der 8. KD. und ein Infanteriebataillonj sowie das HIR. 305 der 51. HID. aus dem Brückenkopf von Sińków über den Dniester an die Einbruchstelle herangeeilt. Die Gruppe Dokonal schloß die Lücke bei Mitkeu, das HIR. 305 warf den Feind aus Okna und erreichte die Hügelfläche östlich dieser Ortschaft. Die zum Gegenangriff angesetzten Truppen vermochten jedoch sowohl in der Samuszynschlinge als auch bei Dobronoutz die verlorenen Stellungen nicht zurückzuerobern. Sie blieben bis zum Abend ohne jede Artillerieunterstützung, weil ihre Batterien auseinandergerissen waren, und erlitten beträchtliche Verluste. Immerhin konnte nachts eine geschlossene Front zwischen der Höhe Czarny Potok und dem Dniester her-

x) Max P i t r    e i c h, Okna,    18.

2) B j e 1 k o w    i t s c h, 68.

gestellt werden. Dennoch war das Ergebnis des 4. Juli erschreckend genug. Fast die ganze, mühsam gebaute Stellung war verlorengegangen. Nur zwei Pfeiler trotzten noch der Russenflut: die heftig angegriffene Höhenstellung der 3. KD. östlich von Dobronoutz, der sogenannte „Kavalleriestützpunkt“ x) und die von dem kroatischen HIR. 26 zäh verteidigte Höhe Czarny Potok2). Der größte Teil der Gruppe Benigni lag jetzt mit vermengten Verbänden auf offenem Felde und versuchte sich nachts einzugraben.

Das 7. Armeekmdo. hatte schon auf die erste Nachricht von dem Einbrüche der Russen das IR. 53 und die 9. IBrig. (IR. 93 und 54), die hinter dem XI. Korps in Reserve standen, teils im Fußmarsch, teils mit der Bahn und auf Lastkraftwagen in Bewegung gesetzt. Das IR. 53 wurde der 3. KD. überwiesen, die 9. IBrig. und das hinter dem linken Flügel der Gruppe Benigni stehende SchR. 5 wurden nach Pohorloutz befohlen. Doch nicht allein die Infanterie brauchte Ersatz und Verstärkung, sondern auch die Artillerie. Am ersten Schlachttage war bei der Gruppe Benigni ein Drittel der Geschütze ausgefallen, 32 Geschütze waren unbrauchbar geworden, 14 fielen dem Feinde in die Hände3). FZM. Benigni bat daher das Armeekmdo., die nördlich vom Dniester stehenden Truppen (51. HID., 5. HKD., 8. KD.) auf das Südufer zurücknehmen zu dürfen, um damit Artillerie und weitere Reserven für den Kampfraum zu gewinnen. Das Armeekmdo. entschied jedoch, daß die Stellungen auf dem Nordufer zu halten seien und sandte als weitere Unterstützung für den rechten Flügel der Gruppe Benigni je eine Batterie des XI. Korps und der Gruppe Hadfy.

GO. Pflanzer-Baltin, der in seinem Hauptquartier zu Kolomea durch Fieberanfälle ans Krankenlager gefesselt war, vermochte wohl im ersten Ermessen die überaus schwierige Lage der Gruppe Benigni nicht völlig zu überblicken. Er schob die Schuld an dem schweren Rückschläge vor allem dem Umstande zu, daß die Reserven nicht zu einem flankierenden Gegenangriff unter einheitlichem Kommando verwendet worden waren. Er erteilte dem FZM. Benigni für den 5. den Befehl, die Samu-szynstellung mit dem bereits eingesetzten HIR. 305 und mit den neu

*) Dragoni, Die Wiener Kavalleriedivision in der Brussilovvschlacht (Österr. Wehrzeitung, Folge 23 von 1926). — H ö p 1 e r, Die Wiener Reitende in der Durchbruchsschlacht im Juni 1916 (Österr. Wehrzeitung, Folgen 23 und 24 von 1926). — Sacken, Geschichte des k.u.k. Dragonerregiments Friedrich August König von Sachsen Nr. 3, II (Wien 1927), 376 ff.

2)    Max P i t r e i c h, Okna, 19.

3)    Ebenda, 20.

überwiesenen Verstärkungen (9. IBrig., SchR. 5) unter der einheitlichen Führung des Kommandanten der 5. ID., FML. Edl. v. Habermann, zurückzuerobern. Es kam jedoch nicht dazu.

Am 5. vormittags, bevor noch FML. Habermann die von weit her herangeführten Verstärkungen bei Pohorloutz versammelt hatte, setzte das XI. Russenkorps die Angriffe fort. Die wichtige Höhe Czarn}^ Potok wurde von den Russen endlich genommen. Nun begann auf der Seite des Verteidigers wieder das Heranholen der Reserven. Das IR. 54, das gerade erst mit der Bahn in Pohorloutz eingelangt war, mußte zum Gegenstoß eingesetzt werden. Es gelang ihm, die Höhe Czarny Potok den Russen wieder zu entreißen. Doch hatte sich der Einbruch mittlerweile gegen Süden ausgedehnt, so daß auch das IR. 93, das erst spät in der Nacht in Jurkoutz angekommen war, nördlich des Horoschoutzbaches frontal in das Getümmel geworfen werden mußte. Der Tapferkeit dieser beiden nordmährischen Regimenter und der Jägerbrigade (16. IBrig.) gelang es, die immer wieder zu neuen Vorstößen vorbrechenden Russen aufzuhalten.

Schon mittags hatte das 7. Armeekmdo. befohlen, drei Bataillone der 202. HIBrig. und das IR. 1 aus dem Bereiche des XI. Korps näher an den rechten Flügel der Gruppe Benigni heranzuziehen. Allein der rasche Kräfteverbrauch forderte dringend noch weitere Verstärkungen. FZM. Benigni bat das Armeekmdo. nochmals, die 51. HID., die 5. HKD. und die 8. KD. auf das südliche Dniesterufer zurücknehmen zu dürfen, um an entscheidender Stelle möglichst stark zu sein. GO. Pflanzer-Baltin war durchaus dagegen, weil der Brückenkopf von Sińków starke russische Kräfte zu fesseln vermochte. Als jedoch abends die Meldung eintraf, daß der Russe zum zweitenmal den Czarny Potok erobert habe, bewilligte der Armeekommandant auf Drängen seines Generalstabschefs, Obst. Ritt. v.    Zeynek,    die Räumung des Nordufers.

Es war Nacht geworden.    Die Höhe Czarny Potok wurde    von    den

Nordmährern des IR. 54 und von den Kroaten des HIR. 26 in erbittertem Nahkampf wieder zurückerobert. Die 51. HID. und die 8. KD. marschierten indes über den Dniester in die Gegend von Toutry. Die 5. HKD. richtete sich auf dem    Südufer    bis Doroschoutz zur Verteidigung ein.    Bei

Zaleszczyki verblieb    die Gruppe Hadfy auf dem Nordufer.    Sie    bog

ihren wiederholt angegriffenen rechten Flügel an den Dniester ab, die 42. HID. den linken Flügel in die neue Linie Wihnanka—Höhe südlich von Okna. Dies geschah ohne Störung durch den Feind.

Die Russen erkannten erst am 6. morgens die Bewegungen des

Gegners und schoben sich langsam mit dem XXXIII. Korps an den Dniester und mit dem XLI. Korps an die neuen Stellungen der 42. ITID. heran. FZM. Benigni verfügte jetzt auf seinem rechten Flügel über 41/2 Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen. Die 3. KD., verstärkt durch das IR. 16, die 30. ID. mit dem IR. 97 und dem IR. 93 sowie die 42. HID. mit dem HIR. 305 und dem SchR. 5 standen in der vorderen Linie. In jedem Divisionsabschnitt konnte in nächster Zeit auf ein ganzes Regiment als Reserve gezählt werden: auf das IR. 53 bei der 3. KD., auf das aus den drei Bataillonen der 202. HIBrig. gebildete Regiment Obstlt. v. Bozó bei der 30. ID., und schließlich bei der 42. HID. auf das SchR. 5, das durch die 8. KD. abgelöst werden sollte. Drei weitere unverbrauchte Regimenter der 51. HID. standen bei Toutry. Die abgelöste 79. FIIBrig. wurde durch Ersätze wieder auf 3000 Streiter aufgefüllt. Die Artillerie an der Ostfront der Gruppe Benigni wurde durch 37 Geschütze verstärkt, die auf dem linken Flügel freigemacht worden waren. Die Lage schien wesentlich gebessert zu sein1).

Allein am 6. mittags entwickelten sich auf dem rechten Flügel der Gruppe Benigni von neuem schwere Kämpfe. Das XI. Russenkorps suchte den Einbruch bei Dobronoutz nach links zu erweitern. Nach Trommelfeuer drangen die Russen in die zäh verteidigten Höhenstellungen der 3. KD. ein. Ein Gegenstoß der Kaiserulanen (UR. 4) und von Teilen des IR. 53 trieb sie zurück. Auch im Einschnitt des Horoschoutz-baches wurden die gegen die Jägerbrigade, Obst. Freih. v. Testa, anstürmenden Russen durch Teile des tapferen IR. 93 im Handgemenge geworfen. Weiter nördlich gelang es dem gemeinsamen Vorgehen von Teilen der IR. 54, 93, 97 und des HIR. 26 sogar, den Feind aus einem Grabenstück der ehemaligen Stellung zu werfen. Am 7. mittags versuchten Kolonnen des XI. Russenkorps noch einmal durch einen Überfall, sieben Reihen tief anstürmend, den zäh verteidigten Czarny Potok zu nehmen. Der Feind wurde von den tapferen Kroaten des HIR. 26 und von den Nordmährern des IR. 54 abermals abgewiesen.

Nun stand die Schlacht. Die Russen waren erschöpft. Sie hatten bei ihren Anstürmen bisher 13.000 Streiter verloren2). Erst am 9. nachmittags mühte sich das XI. Russenkorps aufs neue, den rechten Flügel der Gruppe Benigni zu durchstoßen. Namentlich gegen die Höhenstellungen der 3. KD. bei Dobronoutz richteten sich jetzt scharfe Angriffe. Dem Gen. Letschitzki war inzwischen vom Gen. Brussilow die bisher

*) Max Pitreich, Okna, 22.

2) L i t w i n o w, 51.

als Heeresreserve zurückbehaltene halbe 12. ID. (S. 419) mit dem ausdrücklichen Aufträge unterstellt worden, die Höhen östlich von Dobronoutz zu nehmen1), von denen aus der Gegner mit seinen Geschützen und Maschinengewehren die russische Durchbruchsgruppe flankierend bestrich. Bis in die späten Abendstunden währte das Ringen. Ein Erfolg über die wackeren Scharen der 3. KD. war den Russen nicht be-schieden. Doch hatte die gespannte Gefechtslage sowie der starke Kräfteverbrauch den Verteidiger abermals zum Heranholen von Reserven genötigt.

Schon am 6. nachmittags hatte FZM. Benigni die drei Regimenter der 51. HID. von Toutry fortgezogen und sie hinter seinen heftig angegriffenen rechten Flügel zwischen Pohorloutz und Horoschoutz aufgestellt. Bei Okna, gegenüber der 42. HID., hatte sich das von seinem ersten Angriff erschöpfte XLI. Russenkorps eingegraben und nicht weiter angegriffen. Auch der 7. verlief in diesem Abschnitt im wesentlichen ruhig; doch wurden hinter der russischen Front zahlreiche Truppenbewegungen wahrgenommen. Es schienen sich in dem Dreieck Onuth-Sińków-Dniester allein drei russische Infanteriedivisionen (74. ID., 32. ID., 3. TransamurD.) und auch starke Kavallerie zu neuem Ansturm vorzubereiten. Gegenüber dem Südflügel der Gruppe Benigni waren ebenfalls drei russische Infanteriedivisionen, die 11., die 19. und die ganze 12. ID., mit Sicherheit festgestellt. Es standen somit sechs Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision der Russen gegen viereinhalb Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen der Gruppe Benigni. Außerdem hatten die Russen hinter der Front jedes angreifenden Korps zahlreiche Ersätze bereitgestellt. Gen. Letschitzki füllte mit seinen Mannschaftsreserven die gelichteten Reihen des XI. und des XLI. Korps auf. Die Gruppe Benigni dagegen, deren beste Bataillone im Feuer zusammengeschmolzen waren, hatte bereits alle vorhandenen Ersätze aufgebraucht. Dazu mußte FZM. Benigni jetzt auch Kräfte zur Verstärkung des XIII. Korps abgeben; denn an der unteren Strypa hatten sich inzwischen unheilvolle Ereignisse abgespielt.

Der Durchbruch der Russen bei Jazlowiec (6. bis 7. Juni)

Gen. Schtscherbatschew hatte am 6. um 2h früh, da er die Befestigungen der k.u.k. 15. ID. bei Jazlowiec sturmreif geschossen wähnte, sechs Regimenter des II. Korps zum Angriff antreten lassen. Aber es Litwinow, 51. Klembowski, 43.

war trotz zweitägiger Beschießung kein Angriff auf völlig zerschlagene Stellungen und zusammengeschossene Verteidiger. Nur mühsam und unter schweren Verlusten konnte die mehrfach überlegene russische Infanterie die nach Osten ausgebuchtete erste Stellung der k.u.k. 15. ID. östlich von Jazlowiec erobern. Es war dies um 6h früh. Noch hielten die Ungarn der Infanterieregimenter 65 und 66 in einer Zwischenstellung am Ostrande von Jazlowiec und bei den benachbarten Dörfern fest. GdI. Freih. v. Rhemen ließ seine vier Bataillone starke Korpsreserve, die er schon tags vorher bei Jazlowiec bereitgestellt hatte, an der nach Popowce führenden Straße zum Gegenangriff vorbrechen. Nach anfänglichem Raumgewinn wurde jedoch diese Gruppe durch einen neuerlichen russischen Vorstoß auf Jazlowiec zurückgedrückt.

Gen. Schtscherbatschew hieß sein II. Korps den nur 4 km breiten und liokm tiefen Einbruch in der Richtung auf Trybuchowce erweitern. Allein die Angriffstruppen kamen nicht mehr vorwärts und mußten sich, von unserer Artillerie flankierend beschossen, um Mittag vor dem brennenden Jazlowiec eingraben. Schtscherbatschew, der sein Tagesziel nicht erreicht sah, befahl nun, den Angriff erst am 7. fortzusetzen. Der erste Ansturm hatte das II. Russenkorps mehr als 6000 Streiter gekostet1); doch hatte auch die k.u.k. 15. ID. ansehnliche Verluste erlitten. Auf Veranlassung Pflanzer-Baltins sandte nun GdI. Arz vier Bataillone vom VI. Korps, FML. Hadfy von seiner Gruppe die Dragonerregimenter 5 und 11 dem GdI. Rhemen zur Verstärkung.

GdI. Rhemen, der angewiesen worden war, alle Reserven an der Einbruchsstelle in den Kampf zu werfen, mühte sich, die Ordnung bei der 15. ID. wieder herzustellen, um am kommenden Tag (7. Juni) aus den Zwischenstellungen von Jazlowiec heraus zum Gegenangriff schreiten zu können. Am 7. früh glaubte sich aber die 15. ID. wieder stark angegriffen, trotzdem nur russische Erkundungsabteilungen vorgegangen waren. Gen. Schtscherbatschew, der bedächtige russische Armeeführer, ließ den neuen Ansturm abermals durch langandauerndes Artilleriefeuer vorbereiten. Erst um Mittag traten die sechs Regimenter des russischen Durchbruchskeiles aufs neue an2). Nach hartem Kampf drang der Ansturm der Russen auf Jazlowiec und über die befestigten Höhen nördlich und südlich der Ortschaft durch. GdI. Rhemen versuchte die

*) Nagaibakow und Pogoniailo, Die Operation von Jazlowiec. Tätigkeit des II. und des XVI. Armeekorps der Russen im Juni 1916 (in russ. Sprache in Wojna i Rewoluzia, Jhrg. 1929, Heft XI), 12.

2) Ebenda, 28 ff.

Zertrümmerung seiner Front durch den Einsatz seiner letzten Reserven hintanzuhalten. Der Durchbruch nahm aber immer größere Ausdehnung an. Russische Reiterabteilungen stießen, gefolgt von Infanteriekolonnen, durch die geschlagene Bresche. Wohl stemmten sich einzelne tapfere Gruppen dem andringenden Feinde bis in die sechste Nachmittagsstunde verzweifelt entgegen; doch Tausende streckten die Waffen1) Das Verhängnis war nicht mehr aufzuhalten. In der Mitte völlig durchbrochen, wich die geschlagene 15. ID. über die Strypa zurück.

Der Zusammenbruch, der sich an der unteren Strypa auf einmal drohend abzeichnete, stellte GO. Pflanzer-Baltin vor sehr schwere Entschlüsse. Mittags hatte er die Lage noch dahingehend beurteilt: man müsse vor allem die Ostfront (Gruppe Benigni) stützen und dort dem Feinde ein weiteres Vordringen verwehren, dann die Strypafront halten. Griff der Feind auch die Dniesterfront an, dann müßte die Heeresleitung Reserven schicken, da man am Dniester keine Reserven hatte. Am Nachmittag langte aus Teschen ein Telegramm beim 7. Armeekmdo. ein, das besagte, daß Flieger starke feindliche Truppenansammlungen gegen den linken Flügel der 7. Armee gemeldet hätten. Die Heeresleitung habe daher die Verschiebung der halben 38. HID. (75. HIBrig.) mit vier Batterien von Kozowa nach Podhajce angeordnet. Diese Brigade werde am 8. früh der 7. Armee überwiesen werden. Bald darauf brachten Meldungen des XIII. Korps die Hiobspost nach Kolomea, daß sich die 15. ID., in der Mitte auseinandergerissen, über die Strypa in die zweite, etwa 2 km westlich der Niederung verlaufende Stellung zurückziehe. Die Russen seien schon bis Rusiłów vorgedrungen.

Pflanzer-Baltin entschloß sich nunmehr, der Gruppe Benigni, obgleich auch dort neue russische Anstürme bevorstanden (S. 426), Kräfte zu entnehmen, um mit ihnen das arg bedrängte XIII. Korps zu stützen. Um 5h 30 nachm. erging aus Kolomea an die Gruppe Benigni der Befehl, die 79. HIBrig. mit der Bahn nach Niżniów zu fahren. GdI. Arz wurde angewiesen, die Infanterie der von der Armee Bothmer in Aussicht gestellten 75. HIBrig. mittels Fuhrwerks von Podhajce schleunigst nach Buczacz heranzuziehen.

Indessen war der Rückzug an der unteren Strypa nicht auf die 15. ID. beschränkt geblieben. Die 2. KD. ging ebenfalls in die zweite Stellung zurück, die 36. ID. räumte die Befestigungen vonTrybuchowce. Um 10h nachts meldete GdI. Rhemen, daß die Widerstandskraft der

1/ Nach Tscherkassow, 29, hatte die russische 7. Armee an den beiden ersten Schlachttagen 9000 Gefangene eingebracht.

15. ID. gebrochen sei. Obst. Zeynek unterrichtete die Heeresleitung von dem Rückzuge des XIII. Korps in die zweite Stellung und fügte bei, daß mit einem weiteren Raumverlust gerechnet werden müsse. Am Schlüsse dieses Telegramms hieß es, daß der Zusammenhang der Front zwischen dem XIII. und dem VI. Korps noch nicht sichergestellt sei. Um ihn zu wahren, wurde GdI. Arz vom 7. Armeekmdo. beauftragt, unter allen Umständen im Anschluß an das XIII. Korps zu bleiben. GdI. Rhemen wurde angewiesen, ein weiteres Vordringen der Russen im „Raume Buczacz—Hubin—Niżniów“ aufzuhalten. Das hieß mit anderen Worten: das XIII. Korps sollte sich nötigenfalls mit dem rechten Flügel den Dniester entlang nach Westen zurückziehen, mit dem linken Flügel — vorläufig wenigstens noch — an der Strypa halten. Die gefährliche Lücke, die zwischen der Gruppe Hadfy und ihrem mit dem rechten Flügel westwärts zurückgehenden Nachbar entstehen mußte, sollte durch das SchR. 5, das noch in der Nacht auf den 8. Juni der Gruppe Benigni entnommen wurde, entsprechend verschleiert werden.

Das Zurückweichen des XIII. Korps von der Strypa (8. bis 10. Juni)

Am 8. Juni zeitlich früh gingen schwache russische Verfolgungsabteilungen bei Jazlowiec über die Strypa vor. Das XIII. Korps, das durch einen neuen Befehl des 7. Armeekmdos. angewiesen worden war, doch auf dem Westufer zu halten, hatte inzwischen überall die zweite Stellung bezogen. Es standen die 15. ID. von Hubin bis östlich von Sokolow, nördlich anschließend die durch vier Bataillone des VI. Korps verstärkte 2. KD. bis Leszczańce, noch weiter nördlich bis südlich von Buczacz der rechte Flügel der 36. Division. Der linke Flügel dieser Division hielt noch in der ersten Stellung östlich von Buczacz im Anschluß an die benachbarte 12. ID. des VI. Korps.

Gen. Schtscherbatschew rückte sehr langsam von Jazlowiec weiter nach Westen vor. Er wollte am 8. früh zunächst mit dem rechten Flügel des II. Korps und mit dem linken Flügel des XVI. bei Try-buchowce das Ostufer der Strypa gewinnen. Er fand aber dort keinen Gegner mehr. Mittlerweile stießen bei Jazlowiec und unterhalb davon die Geschwader des II. Kavalleriekorps der Russen dem abgezogenen Gegner schärfer über die Strypa nach. Das XVI. Korps, das sich schon in bedrohliche Nähe an den linken Flügel der 36. ID. und an die 12. ID. herangeschoben hatte, schickte sich zum planmäßigen Angriff auf Buczacz an. Östlich von Potok Zloty mochte die russische

Reiterei noch vormittags gegen die dünnen Linien der 15. ID. den Angriff angesetzt haben. Truppe und Führung, von der Gewalt des furchtbaren russischen Schlages bei Jazlowiec noch stark beeinflußt, hegten nach dem überraschenden Einsturz der für uneinnehmbar gehaltenen ersten Stellung arge Zweifel, ob es gelingen werde, in der noch nicht völlig ausgebauten zweiten Stellung dem Feinde nachhaltigen Widerstand zu leisten. Selbst GdI. Rhemen gab den Kampf an der Strypa bald verloren. Ihm standen keine Reserven mehr zur Verfügung. Die aus dem Bereiche der Südarmee und der Gruppe Benigni herbeieilenden Verstärkungen (75. und 79. HIBrig.) konnten erst am

9. einlangen. Gerieten die bereits geschlagenen Regimenter der 15. ID. abermals in unheilvolle Verwirrung, dann konnte die Artillerie den nachstoßenden Russen leicht in die Hände fallen.

Als das XIII. Korpskmdo. um Mittag das Armeekmdo. auf solche Gefahren aufmerksam machte und den Rückzug in die dritte Stellung am Baryszbach empfahl, lief gerade in Kolomea eine übereilte Meldung ein, in der es hieß, daß der Feind östlich von Buczacz in die Stellungen der 36. ID. eingebrochen sei, und nun auch der Südflügel des VI. Korps zurückgenommen werden müsse.

Dem noch immer ans Krankenlager gefesselten GO. Pflanzer-Baltin war es unmöglich, ein klares Bild über die Verhältnisse beim XIII. Korps zu gewinnen. So sah sich der Armeeführer genötigt, der so ungünstig geschilderten Lage angepaßte Befehle zu geben. Falls sich die 15. ID. nicht mehr behaupten konnte, so sollte das XIII. Korps in der Linie Baryszbach—Porchowa über die Höhen östlich von Zubrzec und südlich von Buczacz bis zum Anschluß an das VI. Korps bei Pyszkowce ein weiteres Vordringen der Russen aufhalten. Überdies hatte das XIII. Korps den Dniesterabschnitt zwischen der Nawalachschleife und Niż-niów zu sperren. Ein Teil der in Gewaltmärschen herbeieilenden 75. HIBrig. wurde nach Buczacz, die Hauptkraft dieser Brigade in den Raum südöstlich vom Orte Barysz hinter die weitausspannende Mitte des XIII. Korps befohlen. Die nach Niżniów heranrollende 79. HIBrig. hatte die schütteren Linien der 15. ID. zu stützen. Ferner erhielt FZM. Benigni den Befehl, von seiner Gruppe auch noch das HIR. 302 der 51. HID. mit der Bahn nach Niżniów zu fahren.

Diese Weisungen wurden um Mittag in Kolomea erlassen. Schon wenige Stunden später zog sich das XIII. Korps, das der Spannung nicht mehr gewachsen war, in die vom Armeekmdo. angegebene neue Front zurück. Das II. Russenkorps, dessen Infanterie die Strypa wegen unseres Artilleriefeuers bisher nicht zu überschreiten gewagt hatte, folgte zögernd nach. Nur die k.u.k. 15. ID. wurde während ihres Rückmarsches bei Sokołów von russischen Reiterabteilungen angefallen, die aber rasch abgeschüttelt werden konnten. Bei Buczacz hatte inzwischen die 36. ID. den in ihre Gräben eingebrochenen Feind

— es waren offenbar nur stärkere russische Erkundungstrupps — zurückgetrieben. Die 12. ID. blieb mit wenig zurückgebogenem äußerstem rechtem Flügel in ihren alten Stellungen stehen.

Abends brachte die Heeresleitung in einem Telegramm die Hoffnung zum Ausdruck, daß der bewährte Armeeführer, GO. PflanzerBaltin, die Lage wieder meistern werde, und eröffnete, daß sie der 7. Armee Verstärkungen schicken wolle. Auch mit einem Rückzuge des XIII. Korps bis an den untersten Baryszbach und in den Raum von Zubrzec erklärte man sich in Teschen einverstanden, forderte jedoch ausdrücklich, daß sich das VI. Korps unter keinen Umständen von der Südarmee entfernen dürfe. Schon am Vormittag hatte GdI. Both-mer dringend die Heeresleitung gebeten, Pflanzer-Baltin in diesem Sinne anzuweisen.

Das 7. Armeekmdo. hatte indessen schon Geheimbefehle für den Abschub der Trains des VI. Korps an die untere Złota Lipa und jener des XIII. Korps hinter den Dniester erteilt. Verlangte die Heeresleitung noch festen Anschluß an die Südarmee, so faßte Pflanzer-Baltin schon einen weitausgreifenden strategischen Rückzug ins Auge. Er wollte die 7. Armee von dem Gebundensein an die Dauerstellungen, die ohnehin schon zum großen Teil durchbrochen waren, freimachen und mit dem XIII. und auch dem VI. Korps über den Dniester bis an den Pruth zurückgehen. Dies bedeutete für den linken Flügel 80 km Marsch. GO. Pflanzer-Baltin glaubte aber nicht, daß die Südarmee in der Zwischenzeit in die tödliche Gefahr kommen könnte, von den Russen umgangen zu werden. Denn stießen die Russen gegen Lemberg weiter vor, so wollte er sie in der Flanke angreifen. Aber er hielt es für wahrscheinlicher, daß die Russen ihrer nach Westen gerichteten Angriffsmasse eine andere Stoßrichtung geben würden. Diese Umgruppierung bedingte viel Zeit, die dazu ausgenützt werden konnte, die

7. Armee am Pruth zwischen der rumänischen Grenze und Delatyn, also weit abgesetzt vom Feinde, neu zu organisieren, Ersätze und Munition heranzuziehen. Diese Pläne waren außerordentlich kühn. Das beabsichtigte Zurückschwenken des linken Flügels der 7. Armee bis an den Pruth hätte eine 100 Kilometer breite Lücke in die galizische Front gerissen. Die Gefahren, die daraus der Armee Bothmer erwachsen konnten, schätzte GO. Pflanzer-Baltin bei seinen Erwägungen wohl zu gering ein. Denn bei dem Zustand seiner Truppen und bei dem Mangel an Schlagkraft hätte die 7. Armee nicht schon binnen kurzer Frist über den Dniester in die Flanke des Feindes vorstoßen können.

Gen. Schtscherbatschew war am 8. Juni vom Gen. Brussilow angewiesen worden, den Angriff fortzusetzen. Die bisher errungenen Erfolge sollten ausgewertet und namentlich die Reiterei, ungeachtet ihrer Verluste, in den Rücken des Gegners vorgetrieben werden. Der Plan Schtscherbatschews für den 9. sah vor, daß das XVI. Korps gemeinsam mit dem rechten Flügel des II. Korps gegen Buczacz vorzugehen und den dort noch am Ostufer der Strypa feststehenden Gegner zu vertreiben habe. Die Masse des II. Korps sollte in breiter Front gegen den Baryszbach vorrücken, die 6. DonKosD. auf Niżniów vorgetrieben werden, indes die andere Reiterei des II. Kavalleriekorps Verfolgungsabteilungen in der Richtung auf Monasterzyska in den Rücken des Gegners vorzusenden hatte. Die 3. turk. SchD., die bereits ein Drittel ihrer Streiter auf dem Kampfplatze liegen gelassen hatte, wurde nunmehr zur Armeereserve bei Jazlowiec bestimmt.

Der 9. Juni zog herauf. In den Dniesterschleifen südlich von Potok Zloty standen Teile der k.u.k. 15. ID., die unter der Führung des GM. Leide auf das rechte Ufer der Strypa übergegangen waren, um mit dem SchR. 5, mit einem Marschbataillon der 21. SchD. und mit sechs Batterien die aufgelockerte Front zwischen der Gruppe Hadfy und dem XIII. Korps zu decken. Am unteren Baryszbach erschienen zu früher Stunde russische Reiterabteilungen, die in die Sicherungslinie der 15. ID. eindrangen und Panikstimmung bis zu den Trains verbreiteten. Schon war aber die 79. HIBrig. in Niżniów ausgeladen worden. Durch das Einschieben dieser Brigade konnte die dünne Front der 15. ID. einigermaßen versteift werden. Desgleichen wurde morgens bei Porchowa im Abschnitt der 2. KD. russische Reiterei zurückgewiesen. Hinter der verfolgenden russischen Kavallerie schob sich langsam Infanteriewelle auf Infanteriewelle von der Strypa gegen den unteren Baiyszbach heran. Dieses Vorgehen dauerte den ganzen Vormittag. Am Nachmittag grub sich vor dem Südflügel des XIII. Korps eine russische Infanteriedivision ein. Dahinter schien sich bei Potok Zloty das russische II. Kavalleriekorps zu versammeln, als ob es nach Süden über den Dniester vorstoßen wollte. Immer drohender zeigte sich nach Auffassung Pflanzer-Baltins die Gefahr einer Trennung des Nordflügels der 7. Armee von den bei Zaleszczyki und bei Okna fechtenden Armeeteilen. Aber auch an der Trennungsstelle zwischen der 7. Armee und der Armee Bothmer schienen jetzt die Russen einen Schlag führen zu wollen. Der Nordflügel des XIII. Korps und das VI. Korps hatten starken Feind vor sich. Bei Buczacz unterhielten die Russen gewaltiges Artilleriefeuer.

Als diese Vorbereitungen eines neuen russischen Angriffs begannen, eilte GO. Pflanzer-Baltin trotz seiner Erkrankung zum XIII. Korps. Er besuchte am 9. nachmittags den GdI. Rhemen in Niżniów und den Kommandanten der 15. ID., GM. Ritt. v. Weiss-Tihány, in Koropiec, um diese beiden Führer seinen Absichten entsprechend anzuweisen. Die Stimmung war gedrückt. Führung und Truppe hegten sehr geringe Zuversicht, die sehr dürftig ausgebauten Gräben am Baryszbach halten zu können. Pflanzer-Baltin ordnete die Bildung von je vier Schwadronen aus den Handpferdwachen aller fünf Kavalleriedivisionen der Armee an. Diese Reiterschwadronen der 3., der 5., der 6. und der

8. KD. hatten unter Obst. v. Fluck zur Verstärkung der Dniesterfront in Eilmärschen nach Horodenka zu rücken, jene der 2. KD. wurden dem XIII. Korps unterstellt. Ferner überwies Pflanzer-Baltin der 15. ID. das von der Gruppe Benigni heranrollende HIR. 302, er ließ Teile des SchR. 5 auf Kraftwagen von Odaje nach Niżniów heranfahren, ordnete noch das Eingreifen der 75. HIBrig. für den kommenden Tag am weitausgespannten Nordflügel des XIII. Korps an und fuhr dann in sein Hauptquartier zurück.

Sein Entschluß stand indes fest, bei einem weiteren Rückzug mit dem XIII. und dem VI. Korps über den Dniester an den Pruth zu gehen. Schon rollten die Trains des XIII. Korps nach Süden. Als aber Pflanzer-Baltin wieder in Kolomea eintraf, lag dort ein Befehl der Heeresleitung vor, der ausdrücklich gebot, das VI. und auch das XIII. Korps unter keinen Umständen über den Dniester zurückzunehmen. Alles war aufzubieten, um im festen Anschluß an die Südarmee die Front zu halten.

Damit war Pflanzer-Baltins Plan fürs erste begraben. Die Armee mußte jetzt ausharren mit der zusammengeschmolzenen 15. ID., ausharren mit der nur mehr drei Bataillone starken 79. HIBrig. und mit den erschöpften Schützendivisionen der 2. Kavalleriedivision. Die Ereignisse nahmen raschen Lauf. Gegen Abend drangen Abteilungen des II. Kavalleriekorps der Russen, die den Auftrag hatten, auf Monasterzyska vorzustoßen (S. 432), tief in den Stellungsbogen des Korps Rhemen ein. Die russischen Reiter ritten plötzlich bei Zubrzec die 2. KD. an und brachten sie in arge Verwirrung. Die Trümmer dieser Division — es waren kaum mehr 500 Karabiner — entwichen flüchtend bis über den Baryszbach. Die links benachbarte 36. ID. sah sich von Süden her umgangen und bog ihren rechten Flügel weit nach Norden bis Gaje zurück. Die Hauptkraft der in Gewaltmärschen herangeeilten 75. HIBrig. warf sich noch abends in die weit klaffende Lücke. Nachts zogen sich die Russen, die schon bis auf die Hügel südöstlich von dem Orte Barysz vorgedrungen waren, gegen die Strypa zurück.

Allein beim 7. Armeekmdo. lagen Meldungen vor, daß der Gegenangriff der 75. HIBrig. gescheitert sei. Daraufhin erteilte Pflanzer-Baltin dem GdI. Rhemen den Befehl, es sei, wenn sich das XIII. Korps nicht mehr zu halten vermöge, in der dritten Stellung Ścianka—Baryszbach— Jezierzany neuerlich Widerstand zu leisten. Das VI. Korps hatte dann mit der 12. ID. in der Linie Jezierzany—Przewloką und weiter nördlich bis zum Anschluß an die 39. HID. eine Riegelstellung zu beziehen. GO. Pflanzer-Baltin verhehlte sich jedoch nicht, daß die Widerstandskraft der 15. ID. und der 2. KD. sehr gering war, und daß er daher mit einem weiteren Rückzug des XIII. Korps rechnen müsse. Fast unmöglich erschien es ihm dann, das VI. Korps zwischen dem Koropiec-bach und der Strypa mit der Front nach Südosten auszuspannen. So gedachte er denn, seinen ganzen Nordflügel mehr gegen Südwesten heranzuziehen. Diesen Absichten entsprechend teilte das 7. Armeekmdo. noch in der Nacht auf den 10. der Heeresleitung mit: „Falls weiterer Rückzug nötig, was bei den starken Angriffen gegen das XIII. Korps nicht ausgeschlossen, müßte dem XIII. Korps der Dniesterabschnitt Kościelniki—Koropiec und der Koropiecbach bis höchstens Zalesie zugewiesen werden, anschließend hätte das VI. Korps den Koropiecbach bis nördlich Holhocze zu verteidigen.“ Demgegenüber ließ FML. Metzger in einem Ferngespräch mit Obst. Zeynek erkennen, daß die Heeresleitung mit einem Rückzuge des VI. Korps an den Koropiecbach keineswegs einverstanden war. „Es müßte dann wegen des XIII. Korps die ganze seit 3^ Jahren errichtete ostgalizische Front verlassen werden.“ Um einem weiteren Abbau der Strypafront vorzubeugen, wurde in Teschen die Überweisung des VI. Korps an die Südarmee erwogen.

Schon hatte das Zurückbiegen des XIII. Korps sehr verlustreiche Kämpfe am rechten Flügel des VI. Korps ausgelöst. Mit drei Regimentern rückte das XVI. Russenkorps am 9. nachmittags gegen die auf den Höhen nördlich von Pyszkowce stehenden IR. 20 und 56 der 12. ID.

vor. Es kostete starke Anstrengung, die beiden westgalizischen Regimenter hinter die Teichlinie von Medwedowce zurückzudrücken; sie hielten dort von neuem stand. Desgleichen konnte die rechte Flügelbrigade des II. Russenkorps, durch das IR. 5 der 36. ID. und Teile der 75. HIBrig. aufgehalten, südlich von Buczacz nicht vorwärtskommen. Aber sie mußte auf Drängen des Gen. Schtscherbatschew, der wegen dieses Mißerfolges sehr ungehalten war, in der Nacht noch einmal zum Angriff antreten, um weit ausholend, südlich von Buczacz vorbei, in den Rücken des Gegners zu stoßen. Die 36. ID. räumte indessen den Brückenkopf und zog mit der 75. HIBrig. an den Baryszbach ab. Am

10. bei Morgengrauen drangen die ersten russischen Abteilungen in Buczacz ein und nahmen die Strypabrücken. An der Teichlinie nordöstlich der Stadt stand um diese Zeit noch die 12. ID. mit etwas zurückgebogenem rechtem Flügel. Doch die Umfassungsgruppe der Russen stieß nach der Besitznahme von Buczacz nicht mit gebotener Schnelligkeit weiter nordwärts in die entblößte Flanke der 12. ID. vor. Sie überließ die Verfolgung dem frontal angesetzten Nachbar zur Rechten, dem XVI. Korps. Dieses begann um 6h früh von neuem gegen Westen zu drücken. Nun blieb dem GdI. Arz nichts anderes übrig, als die 12. ID. vom Ostufer der Strypa fechtend in die anbefohlene Riegelstellung Jezierzany—-Przewłoka zurückzunehmen1). Auch die 39. HID. gab bei Bobulińce ihre Stellungen am Ostufer des Strypa auf und zog ihren gefährdeten rechten Flügel über den Fluß zurück.

Dank diesen Bewegungen konnte der rechte Flügel des VI. Korps der von den Russen beabsichtigten Einkreisung noch rechtzeitig entschlüpfen. Die Krise an der Trennungsstelle der 7. Armee und der Armee Bothmer war aber damit nicht beschworen. Denn mit dem Falle von Buczacz wuchs die Gefahr, daß ein neuer Angriff der Russen die zurückgebogene Front des VI. Korps durchbrechen und in die Flanke der noch immer an der Strypa festhaltenden Südarmee gelangen mochte.

Die oberste russische Führung und die Gegenmaßnahmen der Verbündeten zwischen 5. und 9. Juni

Hiezu Beilagen 18 und 19

Am 4. Juni, am Tage des Beginnes der Brussilow-Offensive, hatte der Führer der russischen Westfront, Gen. Ewert, um eine Verschiebung des ihm für den 10. oder 11. Juni aufgetragenen Angriffes (S. 363)

!) Arz, 100.

gebeten. Alexejew gestand ihm einen Aufschub bis zum 14. zu, nicht ohne zu eröffnen, daß es „unter solchen Umständen schwer sei, irgendwelche Berechnungen unseren Entschlüssen zugrunde zu legen“ l).

Der günstige Verlauf der beiden ersten Kampftage in Wolhynien und am Dniester ließ den Stabschef der Stawka aber auch den Bedarf an Verstärkungen für die Südwestfront zur Auswertung des Erfolges voraussehen. Diese konnten nur der Nordfront entnommen werden. Deshalb erhielt ihr Oberbefehlshaber, Gen. Kuropatkin, noch am 5. die Weisung, weitere Kräfte bereitzustellen, um sie dem schon abrollenden

V. sib. Korps folgen zu lassen. Scheinangriffe zur Verschleierung und namentlich eine Landung im Golf von Riga bezeichnete Alexejew als wünschenswert. Kuropatkin ordnete hierauf solche Angriffe für Mitte Juni an; auf das ihm schwierig erscheinende Landungsmanöver ging er aber nicht ein 2).

Der tiefe Einbruch der 8. Armee bei Łuck berechtigte am 8. Juni die Stawka zu der Hoffnung, den linken öst.-ung. Heeresflügel durch einen Angriff in der Richtung auf Lemberg entscheidend schlagen zu können. Alexejew besorgte hiebei aber einen Vorstoß deutscher Kräfte aus dem Raume Kobrin—Brest-Litowsk gegen die offene Nordflanke des Lemberg zustrebenden rechten Flügels der Südwestfront. Diesen Flankenstoß sollte ein Angriff über Pinsk auf Kobrin unmöglich machen. Hiemit tauchte zum erstenmal der Gedanke eines Vorstoßes auf Kobrin auf, der vorerst wohl nur im Sinne der Abwehr aufgeworfen wurde, später aber noch an Gewicht gewinnen sollte.

Aus diesen Überlegungen heraus erließ Alexejew am 9. neue Weisungen3). Die Nordfront sollte Ablenkungsangriffe durchführen und den Abtransport eines Korps nach Sarny vorbereiten. Die Westfront hatte auf neuerliche Bitte Ewerts zum Hauptangriff auf Wilna erst am 17. anzutreten. Zur Sicherung des Nordflügels der anschließenden Südwestfront war jedoch ehestmöglich Pinsk zu nehmen, weiters sollten Kräfte zum darauffolgenden Angriff auf Kobrin bereitgestellt werden. Hiefür wurde Ewert das bei Dünaburg stehende III. Korps zugewiesen. Der Südwestfront wurde als Hauptaufgabe gestellt, den linken öst.-ung. Heeresflügel zu zertrümmern und vom San und den nach Westen führenden Verbindungen abzuschneiden. Hiezu sollte Kaledins rechter Flügel vorerst in die Höhe von Łuck vorgebogen werden, dann hatte die

*) Zajontschkowskij, 32.

2)    Ebenda, 43.

3)    Ebenda, 33. — Klembowski, 45.

ganze 8. Armee mit voller Kraft in der Richtung auf Rawa Ruska anzugreifen. An der Strypa hatte sich Brussilow mit Scheinunternehmungen zu begnügen.

Während nunmehr Kuropatkin das XXIII. Korps zum Abrollen herauslöste und Ewert dem Grenadierkorps für den 13. den Angriff auf Baranowicze und dem verstärkten XXXI. die Eroberung von Pinsk vorschrieb, ging Brussilow aus Besorgnis um seine rechte Flanke auf die aus Mohilew kommenden, sicherlich sehr zweckmäßigen Richtlinien nicht ein. Er gab die Weisungen Alexejews vorerst gar nicht weiterund gedachte die Operationen in seinem Sinne fortzuführen. Er blieb demnach in Wolhynien bei der Angriffsrichtung Kowel, indes er den beiden südlichen Armeen, der 7. und der 9., freie Hand ließ, damit sie den Durchbruch beiderseits des Dniester vollenden könnten.

Das Unheil, das so überraschend über die öst.-ung. Ostfront hereingebrochen war, bereitete den Generalstabschefs der beiden verbündeten Kaiserreiche begreiflicherweise schwere Sorgen. Denn sowohl die Offensive gegen Italien als auch jene gegen Verdun hatten zur Voraussetzung, daß die Ostfront sich mit der ihr zugemessenen Truppenstärke behaupte. Die Kräfteverteilung der Russen war aber, wie man auch im Lager der Mittelmächte genau wußte, eine ungleiche. Zwei Drittel der russischen Divisionen standen zwischen Pinsk und Riga und waren der deutschen Ostfront um das Dreifache überlegen. Südlich vom Pripiatj hielten sich die Gegner ungefähr die Waage. Das Stärkeverhältnis auf Seite der Verbündeten hielt man aber keineswegs für unabänderlich. Bei einer Besprechung, die Conrad mit Falkenhayn am 24. Mai in Berlin gehabt hatte, wurde verabredet, „daß Heeresreserven der deutschen Ostfront für die öst.-ung. Front zur Verfügung gestellt werden würden, wenn etwa die Russen starke Kräfte von Norden nach Galizien verschieben sollten“.

Bereits am 5. Juni abends hatte sich GO. Conrad wegen der russischen Einbrüche bei Olyka und bei Sapanow veranlaßt gesehen, deutsche Verstärkungen für die Heeresgruppe Linsingen zu erbitten, während öst.-ung. Reserven der Armee Pflanzer-Baltin zugeführt werden sollten. Da aber auch starke Ansammlungen des Feindes bei Tarnopol festgestellt wurden, kündigte Conrad für den Fall der Nötigung seinem deutschen Kollegen auch ein Ansuchen um Verstärkungen für die deutsche Südarmee an.

Falkenhayn lehnte unter Hinweis auf die noch unveränderte Kräfteverteilung bei den Russen und einem im Westen bevorstehenden

Angriff der Engländer zunächst ab, billigte dann aber doch, daß die Heeresgruppe Prinz Leopold die Brigade GM. Biss nach Kowel sandte. Gleichzeitig ließ er freilich Conrad durch den GM. Cramon vorschlagen, die Reserven von der italienischen Front nach Galizien zu überführen.

Die beängstigend rasche Verschlechterung der Lage bei Łuck am

6. Juni, an welchem Tage die ganze 4. Armee zurückgenommen werden mußte (S. 3SSff.), veranlaßte Falkenhayn noch um Mitternacht, ernste Mahnungen nach Teschen zu richten. Er hielt die dem GO. Linsingen bisher zur Verfügung gestellten öst.-ung. Kräfte (89. SchBrig., 29. ID.) für unzulänglich und bat Conrad, „die Heranführung ausreichender Unterstützungen in die Wege leiten zu wollen“. Doch mit Rücksicht auf die allerorts gespannte und noch ungeklärte Lage in Galizien wollte Conrad außer der 29. ID. von dort zunächst ebensowenig Truppen abziehen wie von Südtirol.

Als am 7. die Kämpfe bei Łuck eine geradezu katastrophale Wendung nahmen, drahtete Falkenhayn nach Teschen, „daß ohne ganz entschiedene Maßregeln“ auf eine Wiederherstellung der Lage am Styr nicht zu rechnen sei, und er deshalb die 108. ID. aus dem Bereiche des Oberbefehlshabers Ost und das X. Korps aus dem Westen nach Kowel absenden werde. Er forderte Conrad auf, alle in Galizien entbehrlichen Regimenter gleichfalls raschestens nach Wolhynien zu führen, und lud ihn nach Berlin zu einer Besprechung ein.

Innerlich widerstrebend folgte Conrad dieser Einladung, denn er wußte, daß Falkenhayn von ihm die Einstellung der Offensive in Südtirol fordern werde, die er selbst in einem am 21. Mai an GO. Freih. v. Bolfras gerichteten Schreiben als „die Lieblingsidee des AOK.“ bezeichnet hatte.

Über den Verlauf der Besprechung, die am 8. abends stattfand, liegen keine Aufzeichnungen vor. Gen. Cramon schreibt aber in seinen Denkwürdigkeiten, „Conrad wird nur ungern an diese Unterredung zurückdenken“1). Die Grundlage für sie dürfte eine in Teschen noch am 7. Juni verfaßte Lagebeurteilung gebildet haben, die Conrad mitnahm. Der Leitgedanke, den er in klarer Erkenntnis der Gesamtkriegslage verfolgte, war der, den Russen in Wolhynien raschestens einen wuchtigen Schlag zu versetzen2), um dadurch den von ihnen errungenen Erfolg und dessen Rückwirkung auf die Westmächte, auf die Neutralen und vor allem auf Rumänien wettzumachen. Hiezu waren nach Conrads

rj Cramon, Bundesgenosse, 59.

Falkenhayn, Heeresleitung. 208.

Meinung allerdings mehr Kräfte erforderlich, als bisher zur Ostfront herangeführt worden waren.

Von der italienischen Front, die in Conrads Augen jetzt doch „zum sekundären Schauplatz“ herabsank, glaubte der Generalstabschef bestenfalls ein bis eineinhalb Divisionen abziehen zu können. Weitere Kräfte konnten erst nach Erreichen des Höhenrandes nördlich von Schio und Bassano folgen, wobei Divisionen mit slawischem Ersatz und solche mit Gebirgsausrüstung nach Möglichkeit von der Absendung ausgenommen werden sollten. Aus Galizien, wo die ernsten Kämpfe an der Strypa alle Reserven verschlangen, war nichts mehr herauszuholen. Daher erbat Conrad — so schwer es ihm fiel — von Falkenhayn „das rasche Einsetzen weiterer drei bis vier Divisionen an der galizischen Front“ und stellte ihm das „vorübergehende Zurückstellen oder Einschränken der deutschen Angriffsziele im Westen“ zur Erwägung.

Doch gerade damit scheint er bei Falkenhayn auf wenig Geneigtheit gestoßen zu sein. Immerhin sind die beiden Generalstabschefs — wie dem der Besprechung folgenden, ihre Ergebnisse zusammenfassenden Depeschenwechsel zu entnehmen ist — zu einer Einigung gelangt. Conrad willigte ein, von der Südwestfront der schon am 8. zum Abtransport nach Norden bestimmten 61. ID. noch schwere Artillerie und — nach Erreichen des Südrandes der Hochfläche der Sieben Gemeinden — im Bedarfsfalle mindestens zweieinhalb Divisionen folgen zu lassen. Falkenhayn hingegen verpflichtete sich, neben den bereits auf die Bahn gesetzten vier Divisionen (kombinierte Division GM. Rusche, 108. ID., X. Korps) noch die 11. bayr. ID. zur Heeresgruppe Linsingen zu lenken; aber auch dies bloß dann, wenn nördlich vom Pripiatj kein Bedarf an Kräften eintreten sollte. Den Stoß von Ivowel in die Gegend südlich von Rowno, der die galizische Front entlasten sollte, hatte Linsingen demnach — ohne auf die 61. ID. zu warten — mit 71/2 Divisionen (die vier vorerwähnten deutschen Divisionen, k.u.k.

II. Korps, 29. ID. und 89. SchBrig.) zu führen und hiezu auch das Einvernehmen mit der Heeresgruppe Böhm-Ermolli zu pflegen, aus deren Bereich die Reserven der 1. Armee nach Norden angreifen sollten. In diesem Sinne wurden die beiden Heeresgruppen Linsingen und Böhm-Ermolli am 9. Juni angewiesen.

Schließlich forderte Falkenhayn noch, um die in Wolhynien zu führende Gegenoffensive möglichst wuchtig zu gestalten, daß den südlich der k.u.k. 4. Armee stehenden Heereskörpern keine Verstärkungen zugeführt werden mögen. Conrad wollte aber, daß von dieser Forderung dann abgesehen werde, wenn ,.das Einsetzen einer geringen Kraft genügen würde, einen für das Ganze bedenklichen Mißerfolg hintanzuhalten“. Zur Bereitstellung solcher kleiner, einige Bataillone starker, auch ihrer Nationalität nach für den russischen Kriegsschauplatz geeigneter Reserven wurde die Heeresgruppe Erzherzog Eugen am 9. Juni angewiesen (S. 341).

Bei diesen letzterwähnten Maßnahmen hatte Conrad, von düsteren Ahnungen erfüllt, offenbar den Kampfraum am Dniester im Auge, wo die öst.-ung. Ostfront schon in den nächsten Stunden neuerlich einer katastrophalen Erschütterung ausgesetzt werden sollte.

Neuerliche Russenstürme auf beiden Dniesterufern

(10. bis 16. Juni)

Hiezu Beilage 21

Der Durchbruch bei Okna (10. Juni)

Am 9. Juni abends langten beim Gruppenkmdo. Benigni Meldungen ein, die besagten, daß sich der Feind am Westrande von Okna und weiter bis zum Dniester vor dem linken Flügel der unter dem Befehl des FML. Snjarić vereinigten Heereskörper — 9. IBrig., 42. HID., Masse der 51. HID., 8. KD. — eingegraben habe und Drahthindernisse vor seinen Deckungen errichte. Das russische Artilleriefeuer hatte im Tale des Czarny Potok und auf der gleichnamigen Höhe sowie bei Dobro-noutz den ganzen Tag unvermindert angehalten; gegen den Stellungsteil zwischen den Höhen südlich von Okna und dem Dniester hatte sich dagegen die russische Artillerie noch nicht einmal eingeschossen. So schien es, als ob der Russe zunächst gegen den linken Flügel der Division Snjarić keinen neuen Angriff unternehmen werde. Beim Gruppenkmdo. Benigni war man zuversichtlich. Zwar hatte der größte Teil der Truppen schon schwer gelitten, aber es waren noch drei Regimenter der 51. HID. sowie die 8. KD. und die 5. HKD. auf vollem Stand. An Reserven waren hinter der Mitte und hinter dem rechten Flügel der Gruppe Benigni sechs frische, dem FML. Snjarić überwiesene Bataillone der 51. HID. bei Pohorloutz, ein Bataillon der 42. HID. und ein Jägerbataillon der 30. ID. bei Jurkoutz, ferner das kampfkräftige IR. 1 der 5. ID. in der Gegend südlich von Dobronoutz verfügbar. Daß dieses Regiment soweit von Okna entfernt stand, und FML. Šnjarič hinter seinem linken Flügel außer einer Schützendivision und einem Husarenregiment der 5. HKD. keine Reserven hatte, sollte sich — wie sich alsbald zeigte — bitter rächen.

GdI. Letschitzki, der Führer der russischen 9. Armee, bereitete einen neuen Angriff auf der ganzen Front zwischen dem Dniester und der Waldzone südlich von Dobronoutz vor, um sein altes Ziel, den Durchbruch auf Jurkoutz, zu erzwingen. Am 10. Juni hatten das durch die 2. TransamurD. verstärkte XLI. Korps über Okna in der Richtung auf Zastawna, das XII. Korps zwischen Pohorloutz und Dobronoutz auf Jurkoutz vorzudringen. Als Reserven standen hinter den Angriffsdivisionen das XI. Korps und die 1. DonKosD. bereit. Das III. Kavalleriekorps, am äußersten linken Flügel der 7. Russenarmee, sollte den Pruth an der rumänischen Grenze bei Warna überschreiten und auf Czernowitz losreiten x).

In der Nacht auf den 10. Juni waren vor der Gruppe Benigni Angriff svorbereitungen der Russen nicht erkennbar; nur auf der Höhe Czarny Potok flammten die gewohnten Minen werferkämpfe auf. Als der Tag anbrach, hatte der Feind seine Linien gegen den linken Flügel des FML. Šnjarič noch nicht näher herangeschoben. An den anderen Frontabschnitten schien er Ablösungen durchgeführt zu haben, gegenüber der Division GM. Jesser drahtete er seine Gräben ein. Um 7h früh begann die russische schwere Artillerie die Höhe Czarny Potok und die Stellungen der 42. HID. südlich von Okna zu beschießen. Eine Stunde später setzte in diesen Abschnitten Trommelfeuer ein. FZM. Benigni erwartete einen konzentrischen Ansturm gegen Pohorloutz. Während des Vorbereitungsfeuers sammelte sich die russische Angriffsinfanterie gegen den linken Flügel des vom FML. Šnjarič befehligten Frontteiles. Gegen 10h vorm. entwickelte sich ein Angriff aus Okna, der aber durch das Sperrfeuer unserer Artillerie erstickt wurde.

Auf dem linken Flügel des Kampfabschnittes FML. Šnjarič ließ sich also der Kampf scheinbar günstig an. Südlich von Okna, im Czarny Potoktale und auf der Höhe Czarny Potok entbrannten indessen erbitterte Kämpfe. Dort liefen die Russen tief gegliedert in fünf bis sechs Kilometer Breite gegen den rechten Flügel der dem FML. Šnjarič unterstellten Heereskörper Sturm. Um 10h vorm. drangen die Angreifer

!) Litwinow, 50 ff.

auf die Höhe Czarny Potok vor, wurden jedoch von den tapferen Nordmährern der 9. IBrig. im Handgemenge zurückgeworfen. Beiderseits des Czarny Potoktales brachen die russischen Sturmkolonnen an mehreren Stellen in die Gräben der 42. HID. ein. Es entspann sich ein furchtbarer Kampf. FML. Snjarić warf einen Teil der bei Pohorloutz bereitgestellten Reserven — sechs Bataillone der 51. HID. — in den Kampf. Ihnen gelang es durch Gegenstöße zu verhindern, daß die Divisionsmitte durchbrochen wurde. Aber dann vollzog sich Schlag auf Schlag der Zusammenbruch der Front Benignis.

Es mochte 10h 30 vorm. gewesen sein, da stürzten sich plötzlich die russischen Angriffshaufen bei Wihnanka auf das HIR. 305 und überrannten seine Stellungen. Eine halbe Stunde später tauchte zum grenzenlosen Erstaunen der 5. HKD. russische Sturminfanterie auf den Höhen von Doroschoutz auf. Teile des zurückweichenden HIR. 305 warfen sich wieder auf den Feind, sie vermochten aber nicht mehr, das Verlorene zurückzugewinnen. Um Mittag drangen die Russen in Doroschoutz ein; die Trümmer des HIR. 305 und die im Rücken angegriffenen Honvédhusaren der 5. HKD. fluteten zurück. Gleichzeitig gingen die Stellungen der 8. KD. westlich von Okna verloren1).

FZM. Benigni hatte schon um llh vorm., gleich als man ihm den Durchbruch der Russen bei Wihnanka gemeldet hatte, das in der Gegend südlich von Dobronoutz stehende IR. 1 alarmiert und über Jur-koutz zum linken Flügel des Frontabschnittes FML. Snjarić befohlen. Unterdessen war der Kampf auf den Höhen um Pohorloutz noch einmal mit größter Erbitterung aufgeflammt. Russische Sturmwellen brachen gegen Mittag aufs neue über die Bataillone der 42. und der 51. HID. herein. Von Jurkoutz stürzten Reserven Benignis (FJB. 13, IV/HIR. 26) herbei und führten Gegenstöße, durch die aber die Russen aus den Einbruchsstellen nicht mehr vertrieben werden konnten. Durch den Verlust der Höhen von Pohorloutz war auch die Zurücknahme der

9. IBrig. bedingt. Mit aufgerissener Flanke mußten sich die wackeren Verteidiger der Höhe Czarny Potok aus ihren Gräben zurückziehen. Da und dort führten noch einzelne Trupps auf eigene Faust Gegenstöße. Sie wurden von russischer Kavallerie überritten und gefangen genommen. Es war dies gegen 3h nachmittags.

Als die Russen schon über Pohorloutz vordrangen, da befahl FZM.

lj Bei diesem Kampfe zeichnete sich Rtm. Gottfried Barton des rt. SchR. 6, Kommandant der KavSchD. II/8, bei einem Gegenstoße besonders aus und erwarb sich das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

Benigni dem FML. Šnjarič, die zurückweichenden Truppen auf den Höhen nördlich von Jurkoutz zu sammeln und mit ihnen dem Feinde neuen Widerstand zu leisten, während die 30. ID. rechts, die 5. HKD. womöglich links anschließen sollten. Das 7. Armeekmdo. war schon um Mittag von dem unglücklichen Verlauf der Kämpfe verständigt worden. GO. Pflanzer-Baltin verhehlte sich nicht, daß die Schlacht verloren war, denn er hatte keine Reserven, um sie in die tief aufgerissene Front Benignis zu werfen. So entschloß er sich, als die ganze Größe des russischen Durchbruches sichtbar wurde, denn auch, seinen rechten Armeeflügel — wie es schon immer bei einem aufgezwungenen Rückzug seine Absicht war — südwärts hinter den Pruth zurückzunehmen. Alles war für diesen Rückzug schon vorbereitet; die Korpstrains der Gruppen Benigni und Hadfy waren bereits nach Süden gewiesen. Da traf um lh 30 nachm. der Befehl der Heeresleitung in Kolomea ein: die Deckung des Raumes Stanislau—Kolomea sei Flauptaufgabe der 7. Armee, die Deckung der Bukowina sei einer Nebengruppe zu übertragen. GO. Pflanzer-Baltin war sich sofort darüber klar, in welch schwierige Lage die Gruppe Benigni durch diese abändernden Befehle kommen konnte. Sie mußte nach den Absichten der Heeresleitung, obgleich von Norden her aufgerollt, nach Westen zurückgeführt werden. Schweren Herzens erließ er seine Rückzugsbefehle an Korda, Benigni und Hadfy. Das XI. Korps, zur Deckung der Bukowina bestimmt, hatte mit dem rechten Flügel als Drehpunkt, aus der Front an der bessarabischen Grenze nach Süden in den Pruthabschnitt Warna—Hli-nitza zurückzuschwenken. Die Gruppe Benigni sollte zunächst nur bis in die vorbereiteten Stellungen zwischen Walawa und Kadobestie und

O

erst im Laufe des 11. bis in die Linie Oschechlib—Stawczan, anschließend daran die Gruppe Hadfy bis zum Dniester und den Fluß entlang bis südlich von Kościelniki zurückgehen.

Als diese Weisungen beim Gruppenkmdo. Benigni einlangten, riefen sie begreiflicherweise Bestürzung hervor. Schon hatte der Russe Doroschoutz und Pohorloutz genommen, zwischen diesen beiden Orten waren alle öst.-ung. Truppen hinweggefegt, als ob sie die Erde verschlungen hätte. Es gab in diesem Raume keine Gefechtsführung, keine Verbindung, keinen Überblick mehr. Schon lag der Bahnhof von Zastawna unter dem Feuer russischer Geschütze. Und östlich von diesem gähnenden Loch fluteten die Trümmer der S. KD., der 42. und der 51. HID. von Pohorloutz in der Richtung auf Jurkoutz, die Reste der

9. IBrig. auf Bojanczuk zurück. Alle Truppen des FML. Šnjarič waren also im Zurückgehen nach Süden. War unter solchen Umständen der anbefohlene Rückzug der Gruppe Benigni nach Westen noch möglich? Durch das breite Loch, das sich zwischen Pohorloutz und Doroschoutz so verhängnisvoll aufgetan hatte, konnten die Russen ungehindert auf Zastawna und weiter nach Kotzmann vormarschieren, sie konnten die Linie Walawa—Kadobestie früher als die Gruppe Benigni erreichen, und die ungeheuren Trains, die sich in unabsehbaren Mengen vom Gefechtsfelde drängten, konnten den Russen in die Hände fallen. '

In diesem kritischen Höhepunkte suchte das Gruppenkmdo. Benigni alle vom Gefechtsfelde nach Süden zum Pruth führenden Wege durch Feldgendarmerie abzusperren, um die zurückflutende Bewegung über Walawa nach Kotzmann zu lenken. Dann eilte FZM. Benigni mit seinem engsten Stabe von Zastawna auf die Höhe östlich von Wer-boutz, um die Verbindung mit den Divisionen aufrechtzuerhalten. Vorne bei Jurkoutz sammelte unterdessen Obstlt. Szeifert die Trümmer der 42. HID., etwa drei bis vier Bataillone, um sie den Russen entgegenzustellen. FZM. Benigni erteilte dem eben heranhastenden IR. 1 den Befehl, rechts von dieser Gruppe den Rückzug zu decken. Mit dem Feind in der tiefaufgerissenen Flanke war an ein abschnittweises Zurückgehen jetzt freilich nicht mehr zu denken.

So entschloß sich denn FZM. Benigni, alle seine Truppen unter dem Schutze der bei Jurkoutz noch standhaltenden Gruppen ungesäumt bis in die Linie Oschechlib—Stawczan zurückzunehmen. Um 3h nachm. wurden die Rückzugsbefehle ausgegeben. Bis die notwendigen Verbindungen mit den Divisionsstäben aufgenommen und die Truppen in die gewünschte Richtung in Bewegung gesetzt waren, mußte allerdings der Nachmittag vergehen. Bange Stunden. Niemand konnte sagen, ob es gelingen werde, die auf dem rechten Flügel stehenden Stellungsdivisionen (30. ID., 3. KD. mit 72. IBrig.) nach Westen herauszubringen. Der Befehl zum Rückzug nach Kotzmann löste begreiflicherweise Beunruhigung aus, denn der Abmarsch war vielfach in dem Gedanken angetreten worden, gegen Süden zu rücken. In den Niederungen östlich von Okna war schon um Mittag hinter der angreifenden russischen Infanterie starke Kavallerie gemeldet worden. Zwischen 2h und 3h nachm. wurde mindestens eine ganze russische Infanteriedivision, von Osten kommend, im Marsche auf Pohorloutz gesehen. Der Feind hatte also genügend Zeit und auch die Kräfte, um sie durch die am linken Flügel tief klaffende Lücke über Zastawna vorzutreiben und der Gruppe Benigni den Rückweg zu verlegen.

Aber wo der Russe den angestrebten Durchbruch erzwungen hatte, verstand er es nicht, ihn auszunützen. In der Nähe des Schlachtfeldes befand sich außer einer Brigade der kauk. EinheimischenKosD. lediglich die 1. DonKosD., während das ganze III. Kavalleriekorps am Südflügel Unternehmungen über den Pruth gegen Czernowitz auszuführen hatte1). Erst nach 5h nachm. strebte russische Infanterie über die Linie Zastawna—Jurkoutz hinaus und faßte die bei letzterem Orte gesammelten Trümmer der 42. HID. in der linken Flanke. Jurkoutz wurde von der schon überflügelten kroatischen Honvéd preisgegeben, sie nahm aber bei Werboutz wieder Stellung, und östlich davon stemmten sich die tapferen Schlesier von Kaiserinfanterie dem andringenden Feinde entgegen. Mit dem Aufgebote aller Energie suchten Generalstabsoffiziere hinter diesen Deckungstruppen die Bewegung nach Westen in Fluß zu erhalten. Es war ein trauriger Zug, der sich auf der Straße nach Kotzmann bewegte, endlose Fuhrwerkskolonnen in mehreren Reihen nebeneinander, dazwischen eingeschachtelt Artillerie. Die Gefechtstrains der Stellungsdivisionen strömten von allen Seiten zurück und drängten sich beim Durchziehen von Walawa zusammen. Allmählich kamen auch die Truppen heran, müde und abgehetzt, die Bataillone der 42. und der 51. HID., der 30. und der 36. ID., dazwischen die Fußabteilungen der Kavallerie. Gegen Abend tauchte auf der welligen Hügelfläche südöstlich von Zastawna eine russische Reiterabteilung nach der anderen auf, sie strebten südwärts und näherten sich der Rückzugstraße. Um diese Zeit drängte sich in Walawa noch immer endloser Troß zusammen und bildete einen unentwirrbaren Knäuel. Ein Glück, daß sich in diesem kritischen Augenblick eine Sappeurkompagnie den anreitenden Kosaken entgegenstellte und sie zum Stehen brachte. Die russische Reiterei, auch durch das Drahthindernis der Zwischenstellung abgehalten, bog ab und geriet dabei in einen nassen Wiesengrund. Viele Pferde und Reiter stürzten, was unversehrt blieb, verzog sich nach Norden2).

Ein ähnlicher Zwischcnfall ergab sich nach Einbruch der Dunkelheit in Kotzmann. Kosakenpatrouillen erschienen vor diesem Dorfe. Sie wurden durch die eben herankommenden Abteilungen der 3. KD. vertrieben. Aber es war ganz ungewiß, was die nächsten Stunden bringen werden. Endlich, um 3h früh, war Kotzmann von allen Trains und auch vom größten Teil der Truppen durchschritten. Alles atmete erlöst auf. Allerdings war es jetzt noch notwendig, die völlig erschöpf-

1)    Max P i t r e i c h, Okna, 31 f.

2)    Litwinow, 53.

ten Truppen in eine den Absichten der Führung entsprechende Stellung mit der Front nach Osten zu bringen.

Rückzug der k.u.k.7. Armee am 11. und 12. Juni

Das XI. Korps hatte am 10. abends mit dem Rückzug begonnen. Die Brigade Obstlt. Papp wies noch um 10h nachts einen schwächlichen russischen Angriff bei Bojan ab und zog sich dann, durch den Feind nicht behelligt, hinter den Pruth zurück. Die 10. IBrig. (IR. 13, Gruppe Obstlt. Scholtz) besetzte am 11. vormittags den Brückenkopf von Czernowitz, die 40. HID. (80. und halbe 202. HIBrig.) bezog zwischen Strilecki Kut und Hlinitza die auf dem südlichen Pruthufer angelegten Stellungen.

Während die Hauptkraft des XI. Korps hinter den Pruth zurückging, hatte die 24. ID. bei Schubranetz eine Zwischenstellung bezogen, in der sie zunächst im Anschluß an die Gruppe Benigni mit der Front nach Osten halten sollte. Die zerschlagenen Divisionen Benignis waren aber schon längst über die ursprünglich anbefohlene Stellung Walawa— Kadobestie hinaus in den Raum westlich von Kotzmann abgezogen. In einem am 11. um 5h 30 früh erlassenen Armeebefehle wurde FZM. Benigni angewiesen, vor allen Dingen Ordnung in seine durcheinander geratenen Verbände zu bringen. In der Linie Lużan—Chliwestie—Zaleszczyki hatten die Gruppen Benigni und Hadfy nur stehen zu bleiben, wenn sie nicht von den verfolgenden Russen bedrängt wurden. Als weitere Widerstandslinie wurde eine vorbereitete Stellung zwischen Wołcz-kowee—Nieżwiska angegeben. Die 24. ID. wurde der Gruppe Benigni überwiesen. Sie sollte bei Schipenitz anschließen, dahinter sollten die 3. und die 8. KD. sowie die KBrig. Obst. Kranz als Kavalleriekorps FML. Brudermann vereinigt werden.

Das Gruppenkmdo. Hadfy hatte in der Nacht auf den 11. die 21. SchD. aus dem Brückenkopf von Zaleszczyki auf das südliche Dnie-sterufer zurückgenommen und in dem Raume zwischen dem Dniester und der Bahngabel 5 km südwestlich von Zaleszczyki Stellung nehmen lassen. Dort fand die 5. HKD. Anschluß, sie konnte sich aber nur bis Jużynetz ausdehnen. Die Gruppe Benigni war nach den schweren Einbußen zu schwach, um den ganzen Raum von dort bis zum Pruth auszufüllen. Sie konnte mit ihren zusammengeschmolzenen Streitkräften nur den Abschnitt von Chliwestie bis Oroscheny notdürftig besetzen. Um die Lücke zwischen der 42. HID. und der 5. HKD. zu schließen, wurde die Kavalleriebrigade GM. Fluck (S. 433) von Horodenka herangeholt und bei Stawczan postiert.

So gelang es unter großen Mühen am 11. früh zwischen Pruth und Dniester zur Not eine neue Front aufzubauen. Die 24. ID. hielt indessen noch immer weit vorne bei Schubranetz, da sie nicht rechtzeitig zum Rückmärsche nach Schipenitz angewiesen worden war. Als sich nun diese Division am Vormittag endlich in Bewegung gesetzt hatte, wurde sie plötzlich von der über Kotzmann vorgerückten 1. DonKosD. attak-kiert und unter Einbuße zahlreicher Gefangener nach Süden abgesprengt. Die Division gelangte nur mit Teilen nach Schipenitz, der Rest zog sich bei Hlinitza auf das südliche Pruthufer. Am Nachmittag, als sich eben GO. Pflanzer-Baltin zur Gruppe Benigni nach Sniatyn begeben hatte, begann schon vor den Toren dieser Stadt ein Gefecht aufzuleben. Die russische Kavallerie hatte sich gegen die 30. ID. und gegen die 72. IBrig. gewandt. Abermals begann ein bedenkliches Abbröckeln der Front, was viel Unruhe bei den gegen Kolomea fahrenden Trains verbreitete. Schließlich konnten unsere Truppen die anreitende russische Kavallerie abweisen. Es war aber kein Zweifel, daß man die zermürbten Divisionen keinen weiteren Erschütterungen aussetzen durfte. GO. Pflanzer-Baltin wurde vom FZM. Benigni gebeten, er möge den weiteren Rückzug gestatten und den Kampf erst dann wieder aufnehmen lassen, bis die Truppen gestärkt und aufgefrischt zum Gegenangriff übergehen könnten1). Inzwischen drangen auch gegen die Gruppe Hadfy russische Verfolgungstrupps heran. Gegen Abend entspannen sich bei der KBrig. Fluck Gefechte. Pflanzer-Baltin ordnete abends den Rückmarsch der Gruppen Benigni und Hadfy in die Linie Wolczkowce— Nieżwiska an.

Zur gleichen Zeit wurden dem GdK. Korda sehr weitgehende Weisungen für die Verteidigung der Bukowina gegeben. Er hatte mit dem XI. Korps zunächst die Pruthlinie von der rumänischen Grenze bis Hlinitza zu halten. Das Kavalleriekorps FML. Brudermann wurde ihm unterstellt und beauftragt, von Hlinitza bis Wolczkowce den Raum zwischen dem XI. Korps und der Gruppe Benigni zu sichern. Falls die Gruppe Korda vom Pruth zurückgeworfen werden sollte, so hatte sie abschnittsweise in die Karpathen zurückzugehen. Das Kavalleriekorps Brudermann und die 40. HID. sollten dann die Wege nach Seletin und nach Kuty—Wiżnitz decken, während die Brigade Obstlt. Papp und die Brigade GM. Adalbert Kaltenborn (kombinierte 10. IBrig.) die nach Gurahumora führenden Einbruchswege zu schützen hatten.

Überaus ernst sah GO. Pflanzer-Baltin die Lage seiner Armee an.

a) Max P i t r e i c h, Okna, 33 f.

,,Bei der Gruppe Benigni“, so drahtete er am 11. abends der Heeresleitung, „ist ein Widerstand gegen jeden feindlichen Angriff so lange ausgeschlossen, bis diese Gruppe etwas Ruhe gefunden hat.“ Es müsse der Rückzug daher fortgesetzt werden, mit der Gruppe Benigni auf Kolomea, mit der Gruppe Hadfy auf Ottynia. In der Linie Wolcz-kowce—Nieżwiska sei Widerstand beabsichtigt. Sollte der Feind nachdrängen und in der angegebenen Linie nicht gehalten werden können, so müßte das XIII. Korps über den Dniester auf Stanislau zurückgenommen werden. „Die Möglichkeit, einen Angriff aufzuhalten“, mit diesen Worten schloß das Telegramm, „besteht gegenwärtig absolut nicht. Ein solcher Entschluß würde zur vollständigen Zertrümmerung der Gruppe Benigni führen.“

In der Nacht auf den 12. lösten sich die Gruppen Benigni und Hadfy völlig vom Feinde und erreichten am nächsten Tag bis zu Mittag unter gewaltigen Marschanstrengungen die ihnen zugewiesenen neuen Verteidigungsabschnitte. Es hielten nunmehr die Gruppe Benigni (30. ID., 42. HID., Masse der 51. HID., Teile der 5. ID., der 202. HIBrig., der 36. ID.) von Wolczkowce am Pruth bis Słobódka Polna, die Gruppe Hadfy (KBrig. Fluck, 5. HKD., 21. SchD., 6. KD.) von hier bis Rakowiec am Dniester. GM. Leide hatte mit seiner Gruppe, Teile der 15. ID., die Dniesterschleife von Nawałach geräumt und war auf das südliche Ufer zurückgegangen. Auch die auf dem Südflügel Benignis stehende 24. ID. hatte sich vom Feinde freigemacht und war mit einer Brigade nach Zablotów, mit den anderen Teilen nach Rudniki gezogen.

Die russische 7. Armee, die am 11. nur zögernd vorgerückt war, schwenkte mittlerweile das XI. und das Kombinierte Korps sowie das

III. Kavalleriekorps, alle drei ursprünglich gegen Westen gerichtet, nach Süden gegen den Pruth; mit dem XXXIII. Korps, das den Dniester überschritt, sowie mit dem XLI. und dem XII. Korps drang sie dem nach Westen abgezogenen Gegner nach. Ihre vorausgeschickte Reiterei (Kauk. EinheimischeKosD., 1. DonKosD.) streifte bis Horodenka, Ne-polokoutz und Lużan. Hinter der Kavallerie erreichten die Infanteriedivisionen Serafińce, Stawczan, Kotzmann und den Raum weiter östlich davon. Durch das Auftauchen der feindlichen Truppen auf dem nördlichen Pruthufer vor Hlinitza wurde Pflanzer-Baltin zur Weisung an den GdK. Korda veranlaßt, Reserven hinter dem linken Flügel des

XI. Korps bereitzustellen. Um seinen Befehlen Nachdruck zu verleihen, hatte sich der Führer der k.u.k. 7. Armee am 12. früh wieder zum Gruppenkmdo. Benigni nach Zabłatów begeben. Er fand dessen Truppen noch immer in einer kläglichen Lage vor. Von den 16.000 Mann deü 24. ID. waren bloß noch 3500 vorhanden. Die 72. IBrig. war auf 2100, die 30. ID. auf 3500 Streiter zusammengeschmolzen. Das IR. 1 hatte allein mehr als 1000 Streiter verloren, die 42. HID. zählte samt den bei ihr befindlichen Teilen der 5. ID. und der 51. HID. insgesamt nur 5200 Feuergewehre. Viele Streiter waren bei den Rückmärschen ermattet zurückgeblieben, viele Truppenkörper waren zersprengt, zahlreiche Geschütze unbrauchbar geworden, tausende Gefangene in die Hand der Russen gefallen. Die Straße von Zabłotów nach Kolomea war noch immer von zahllosen Trains im chaotischen Durcheinander bedeckt. Auch Batterien fuhren zurück, weil sie sich verschossen hatten. Kein Zweifel: diese arg zugerichteten Divisionen der Gruppe Benigni konnten gegen einen neuen russischen Angriff nicht standhalten. Der Gruppe Hadfy standen — so berechnete damals das 7. Armeekmdo. — außer starker Kavallerie zwei, der Gruppe Benigni vier, und der Gruppe Korda zwei Infanteriedivisionen der Russen gegenüber, voll aufgefüllte Divisionen mit ihrer ganzen Überlegenheit an Streitern. GO. PflanzerBaltin zweifelte jetzt überhaupt daran, mit seiner zwischen Pruth und Dniester ausgespannten Armeemitte einen Einbruch der Russen gegen Kolomea und gegen Stanislau verhindern zu können. Griff der Russe weiter an — und wer sollte daran zweifeln, daß er nach Westen vorstoßen werde —, dann mußte der Rückzug fortgesetzt werden.

In solcher Lage hielt es Pflanzer-Baltin für die beste Lösung, wenn es ihm gelänge, seine „ruinierte Armee“ in eine Flankenstellung zum russischen Vormarsch zu bringen. Darum dachte er auch daran, die Gruppen Benigni und Hadfy in das Gebirge nach Berezów und nach Delatyn zurückzunehmen und das XIII. Korps mit diesen Armeeteilen bei Nadworna zu vereinigen.

GdI. Falkenhayn hatte inzwischen schon am 11. der k.u.k. Heeresleitung eine deutsche Division aus Mazedonien als Verstärkung für die 7. Armee in Aussicht gestellt, aber gleichzeitig erklärt, er halte „eine entschiedene Änderung im Kommando [der 7. Armee] für unerläßlich“. Am einfachsten wäre es, wenn GM. Seeckt, der bisherige Stabschef Mackensens, zum ersten Generalstabschef der k.u.k. 7. Armee berufen werde. GdI. Falkenhayn besorgte offenbar, daß Pflanzer-Baltin die deutschen Verstärkungen nicht geschlossen einsetzen, sondern zum Lückenstopfen verbrauchen werde. Diesen Vorschlägen versagte GO. Conrad, der auch noch späterhin Pflanzer-Baltin immer seinen „besten Armeeführer“ nannte, zunächst seine Zustimmung. Als aber GdI. Falkenhayn am 12. das Heranrollen der deutschen 105. ID. ankündigte und gleichzeitig nochmals an den Verbündeten appellierte, „doch noch einen Weg zu finden, um den deutschen Einfluß auf die Operation zu wahren“, erklärte sich GO. Conrad bereit, dem GM. Seeckt die Stellung als Oberstabschef beim 7. Armeekmdo. einzuräumen. GO. Pflanzer-Baltin wurde am 12. nachmittags von dieser für ihn bitteren Maßnahme verständigt. Die Notwendigkeit gebiete, die Forderung der DOHL. anzunehmen, und der FM. Erzherzog Friedrich erwarte ein verständnisvolles Eingehen des Armeekommandanten und des Armeegeneralstabschefs auf den Ernst der Lage. GO. Pflanzer-Baltin fügte sich, wenn auch ungern, dem Wunsche des Armeeoberkommandanten. Obst. Zeynek vertrat aber den Standpunkt, daß ein Kommandant nicht zwei Generalstabschefs haben könne und lehnte es ab, unter diesen Verhältnissen nach dem Eintreffen des GM. Seeckt beim 7. Armeekmdo. zu bleiben.

Abends erließ GO. Pflanzer-Baltin vorbereitende Anordnungen für einen etwaigen Rückzug der Gruppen Benigni und Hadfy in den Raum von Berezów—Nadworna. Die 24. HID. wurde als südliche Marschsäule durch die Beckenreihe von Kosów, Pistyń, Berezów nach Delatyn gewiesen. Die KBrig. Obst. Kranz sollte gegebenenfalls die von Kosów nach Zabie führende Straße decken. Als in der Nacht auf den 13. die Heeresleitung den Antransport von zwei Divisionen (deutsche 105. und k.u.k. 48. ID.) zur 7. Armee ankündigte, da eröffnete sich dem GO. Pflanzer-Baltin die schwache Aussicht, mit dem Beistand dieser Truppen die Russen angreifen zu können. Er unterbreitete jetzt seine Pläne der Heeresleitung:

„Die Gruppen Benigni und Hadfy haben zusammen einen Gefechtsstand von etwa 28.000 Gewehren. Diese Kraft ist, falls die Russen, wie ich es wahrscheinlich halte, drei Korps (XXXIII., XLI., XII.) in westlicher Richtung ansetzen, nicht imstande, einen solchen Angriff auszuhalten. Es müssen daher diese beiden Gruppen einem Schlage ausweichen, bis die zu erwartenden Verstärkungen eingetroffen sind.“ Wenn diese Verstärkungen mit der Bahn über Körösmezö-Delatyn herangefahren würden, so könnten sie erst vom 19. Juni an einlangen. Es müßten daher, falls die Russen ihren Hauptangriff westwärts weiterführen, die Gruppen Benigni und Hadfy bis in den Raum Berezów— Lanczyn—Nadworna zurückgenommen werden, da sie, bei Kolomea isoliert, nicht lange Widerstand leisten könnten. Aber auch zur sicheren Behauptung des über 34 km breiten Raumes von Berezów—Nadworna würden die Gruppen Benigni und Hadfy nicht ausreichen, es wäre daher auch das Gros des XIII. Korps gegen Nadworna heranzuziehen und die Sicherung der in dem Raume zwischen Nadworna und Halicz führenden Einbruchslinien nur der 2. KD. zu übertragen. „Auf diese Weise“, so meinte GO. Pflanzer-Baltin weiter, „wäre es möglich, die Hauptkraft der

7. Armee bei Berezów—Nadworna zu vereinigen, um von dort aus zum Angriff überzugehen. Schwerlich könnte der Feind an einer so starken Kraft vorbei den Dniester entlang über Stanislau vorstoßen, sondern er wäre gezwungen, seine Hauptkräfte nach Süden zu wenden und so würde dann der Raum von Delatyn und gleichzeitig auch jener von Stanislau gedeckt sein.“

Das Standhalten der Südarmee (10. bis 12. Juni)

In den kritischen Tagen der Junimitte war es die größte Sorge des GdI. Bothmer gewesen, ob nicht Pflanzer-Baltin den linken Flügel der k.u.k. 7. Armee über den Dniester zurücknehmen und dadurch die Flanke der noch an der oberen Strypa festhaltenden Südarmee entblößen werde. Darum hatte der Führer der Südarmee in der Nacht auf den 10. die Heeresleitung neuerlich gebeten, daß das k.u.k. VI. Korps seinem Oberbefehle unterstellt werde (S. 431).

Am 10. früh, nach dem Falle von Buczacz, hatte Gen. Schtscherbatschew den Vormarsch nach Westen wieder aufnehmen lassen. Bedächtig wälzte sich in dem Raume zwischen dem Dniester und der Eisenbahnlinie Buczacz—Monasterzyska das II. Armee- und das II. Kavalleriekorps der russischen 7. Armee an den Baryszbach gegen die neuen Stellungen des k.u.k. XIII. Korps heran. In den Wäldern südöstlich von dem Orte Barysz traten noch Teile der 38. HID. dem russischen Vormarsch entgegen, verlangsamten ihn und ließen sich erst nach einem vielstündigen Gefechte über den Bach nach Westen drängen. In den Stellungen beiderseits der Straße Jezierzany—Monasterzyska lag die k.u.k. 36. ID. mit sehr geschwächten Truppen. Gegen sie stießen von Buczacz russische Panzerautos auf Jezierzany vor. Ein Kosakenregiment wagte sich gegen Olesza. Hinter der russischen Kavallerie überschritt das XVI. Korps in ganzer Breite die Strypa und gelangte mit dem linken Flügel (41. ID.) unter leichten Gefechten bis in die Linie Jezierzany—Przewłoka. Der rechte Flügel der k.u.k. 12. ID. hatte sich unterdessen nach Olesza in die dritte Stellung zurückgezogen und fand südlich von diesem Orte Anschluß an das XIII. Korps. Am Nachmittag wich auch der bei Bobulińce auf dem westlichen Strypaufer haltende linke Flügel der 12. ID. unter dem Drucke der russischen 47. ID. in die dritte Stellung auf Kurdwanówka zurück. In der Mitte des

VI. Korps sprang eine Lücke auf. Dadurch sah sich die 39. HID., die ihren rechten Flügel auf das Westufer der Strypa zurückgenommen hatte, im Süden umgangen. Abends versuchten Erkundungstrupps des russischen XXII. Korps bei Wiśniowczyk, den linken Flügel der vom GM. Blasius v. Dáni befehligten 39. HID. über die Strypa anzugreifen.

Das k.u.k. VI. Korps, gegen das die Russen nach dem Zurückweichen des XIII. Korps an den Baryszbach einen Druck von Süden ausüben konnten, war mittlerweile am 10. um Mittag der Südarmee überwiesen worden. Zur selben Zeit beauftragte die Heeresleitung den GdI. Bothmer, mit Reserven seiner Armee den russischen Angriffen über die untere Strypa entgegenzutreten. Um 2h nachm. erging Bothmers erster Befehl an das ihm nun wunschgemäß unterstellte VI. Korps. Es hatte um jeden Preis in seinen gegenwärtigen Stellungen standzuhalten. GdI. Arz warf noch am 10. zwei Bataillone der 12. ID. in die klaffende Lücke bei Kurdwanówka, um die verlorengegangene Verbindung zwischen der 12. ID. und der 39. HID. wieder herzustellen. Zugleich entsandte Bothmer von den kargen Reserven, die in Podhajce standen, sechs deutsche Kompagnien in den Raum östlich von Monasterzyska und überwies sie dem VI. Korps. Er schied überdies drei Regimenter — eines der 48. RD. und zwei des Korps Hofmann — sowie drei Batterien aus und sammelte sie unter dem Führer der deutschen 48. RD., dem GLt. v. Oppeln-Bronikowski, bei Michalówka.

Diese Truppenbewegungen waren von russischen Fliegern beobachtet worden; gleichwohl entschloß sich Gen. Schtscherbatschew, das Schwergewicht des weiteren Angriffes auf seinen Nordflügel zu verlegen. Sein linker Flügel, das II. Korps, war durch die bisherigen Kämpfe hart mitgenommen und fühlte sich selbst außerstande, stärkere Aufklärungsabteilungen über den Baryszbach nach Westen gegen die Stellungen des k.u.k. XIII. Korps vorzutreiben. So ordnete Gen. Schtscherbatschew für den 11. Juni den Angriff seiner beiden nördlichen Korps, des XVI. und des XXII., an. Das XVI. Korps hatte den Gegner auf Olesza—Gniłowody zurückzuwerfen und mit mindestens einer Brigade auf Kotuzów in den Rücken jener öst.-ung. Kräfte vorzustoßen, die sich noch auf dem westlichen Strypaufer vor dem russischen XXII. Korps behaupteten. Dieses Korps hatte sich dem Vorgehen des XVI. über die Strypa anzuschließen. Das II. Korps hingegen sollte sich in den erreichten Räumen am Baryszbach verschanzen. Das II. Kavalleriekorps wurde beauftragt, gegebenenfalls einen Erfolg des Nordflügels auszunützen und durch die durchbrochenen Linien des Gegners auf Podhajce vorzureiten. Die aus der Front des II. Korps ausgeschiedene 3. turk.SchD. zog Schtscherbatschew von Jazlowiec nach Trybuchowce näher an seinen rechten Flügel heran1).

Am 11. um 5h früh setzte sich die Division GLt. Oppeln-Bronikowski von Michalówka gegen Süden in Bewegung, um neuerlich auf Buczacz vorzudringen. GdI. Arz hatte den Kommandanten der 12. ID., FML. Hinke, beauftragt, mit seinem linken Flügel den Angriff der Division Oppeln mitzumachen. Doch bevor die Letztgenannte das Kampffeld des VI. Korps erreicht hatte, schritten die Russen zum Angriff. Die russische Artillerie hatte schon sehr zeitlich früh die Beschießung der Stellungen der 12. ID. aufgenommen, deren linker Flügel unter dem Feuer schwerer russischer Batterien aus Kurdwanówka zurückwich. Unterdessen brach die nördliche Flügeldivision des russischen XVI. Korps, die 47., aus dem Strypatal gegen den zurückgebogenen rechten Flügel der 39. HID. vor und gewann gegen llh vorm., nordwärts einschwenkend, die Linie Kurdwanówka—Sapowa. Als das geschah, war auch schon die südliche Division des russischen XVI. Korps, die 41., von Jezierzany—Przewloką gegen die Mitte und gegen den rechten Flügel der 12. ID. zum Angriff angetreten.

Die russische Infanterie erschien gegen Mittag vor Olesza. Der Ort ging der 12. ID. verloren. Nun aber führte GLt. Oppeln seine Regimenter zum geschlossenen Gegenangriff vor. Zuerst wurde Kurdwanówka den Russen wieder entrissen. Die auf dem linken Flügel der Division Oppeln fechtenden beiden öst.-ung. Regimenter, SchR. 19 und HIR. 310, drückten unter harten, wechselvollen Kämpfen die russische 47. ID. in ihre Ausgangsstellungen hinter die Strypa zurück. Nicht besser erging es der russischen 41. Division. Ihr rechter Flügel wurde um 2h nachm. auf den Hügeln zwischen Kurdwanówka und Olesza von dem wuchtigen Stoße des deutschen RIR. 223 getroffen. Der deutsche Angriff drang südostwärts weiter und riß auch die k.u.k.

12. ID. mit vor, die Olesza zurückeroberte. Nach schwerem Ringen wich die russische 41. ID. auf Prezwloka und bis in die Gegend östlich von Jezierzany zurück. Diese Linie konnte von den geschlagenen russischen Regimentern nur mit Einsatz der letzten Reserven gehalten

x) Rjedkin-Rymaschewskij, 52 f.

werden1). Das russische XXII. Korps hatte sich am 11. darauf beschränkt, durch örtliche Gefechtstätigkeit von Sapowa bis Bieniawa hinauf den Gegner zu binden.

Bevor noch Oppelns kraftvoller Stoß die Russen auf der Hügelfläche von Olesza getroffen hatte, war auch Bothmers linker Flügel zum Gegenangriff angetreten. Die durch Truppen der 38. HID. verstärkte 32. ID. des k.u.k. IX. Korps entriß am 11. zeitlich früh nach zweistündigem Kampfe dem VI. Korps der russischen 11. Armee die vielumstrittene Höhe -cj>- 389 bei Worobijowka. Mittags ging dieser wichtige Stützpunkt nördlich der Straße Tarnopol—Zborów dem IX. Korps wieder verloren. Um jedes noch so kleine Grabenstück wurde auf diesem Gefechtsfelde gerungen. Abends mußte die noch vorne auf der Höhe haltende öst.-ung. Infanterie in ihre Ausgangsstellungen zurückgenommen werden. Am 12. früh lagen die Stellungen der k.u.k. 32. ID. zwischen Cebrów und Hladki im Trommelfeuer. Neuer Russensturm wurde erwartet. Als die Beschießung abgeflaut war, entbrannten bei Worobijowka neue Gefechte mit der russischen Infanterie. Doch blieben die Kämpfe in den Gräben gebunden und damit war auch Sa-charows Absicht, nördlich der Straße Tarnopol—Zborów durchzubrechen, als gescheitert zu betrachten.

Bei der russischen 7. Armee entfachte das XXII. Korps, das vergeblich auf einen Erfolg seines Nachbarn zur Linken gewartet hatte, am 12. lebhaftere Kämpfe. Zunehmende Artillerietätigkeit, tastende Angriffsversuche bei Sapowa und bei Wiśniowczyk sowie beobachtete Bereitstellungen vor der Mogilahöhe hielten die 39. HID. und das Korps Hofmann in Atem. Bei der Division Oppeln und bei der 12. ID. waren die Kämpfe am 12. abgeflaut. Das XVI. Korps der Russen hatte am Tage zuvor sehr große Verluste gehabt und lag erschöpft in seinen Gräben zwischen Sapowa und Jezierzany.

Auch am unteren Baryszbach blieb es noch immer ruhig. Das russische II. Korps hatte sich gegenüber dem k.u.k. XIII. Korps eingeschanzt. Dennoch war Bothmer der schweren Sorge um seinen Südflügel noch nicht überhoben. Von der k.u.k. 7. Armee war seit dem 6. Juni eine üble Nachricht nach der anderen eingelaufen. Am 12. vormittags war dem Führer der Südarmee neuerlich gemeldet worden, daß es Pflanzer-Baltins Absicht sei, das XIII. Korps an den unteren Koropiecbach und dann über den Dniester zurückzunehmen. So trat denn GdI. Bothmer an die Heeresleitung mit der Bitte heran, daß Rjedkin-Rymaschevvskij, 52 ff.

auch noch das XIII. Korps dem Oberbefehle der Südarmee unterstellt werde. Eine Zurücknahme des XIII. Korps — so begründete Bothmer sein Verlangen — könne die ganze Front vom Dniester bis zur Ikwa unhaltbar machen. Die Südarmee sei nicht in der Lage, solchem Unheil durch Verstopfen der aufspringenden Lücke mit ihren eigenen Kräften zu begegnen. Dagegen versicherte Bothmer, die Front halten zu können, wenn ihm das XIII. Korps überwiesen würde. Zugleich regte der Führer der Südarmee — und da stimmte er mit den Absichten Pflanzer-Baltins überein — den Gedanken an, die anrollenden Verstärkungen von Süden her über den Pruth oder von Norden gegen den Dniester einzusetzen.

Den zweiten Antrag lehnte die Heeresleitung ab, aber sie zögerte keinen Augenblick, durch die Unterstellung des XIII. Korps unter den Befehl Bothmers den Gefahren zu begegnen, die durch ein Aufreißen einer Lücke zwischen der Südarmee und der 7. Armee entstehen konnten. Das nächste Ziel der Heeresleitung bestand jetzt darin, durch einen großen Gegenangriff einen Umschwung der Lage in Wolhynien herbeizuführen. Bis dahin mußten die Stellungen in Ostgalizien gehalten werden. Die anrollenden Verstärkungen (deutsche 105. ID. und k.u.k. 48. ID.) sollten daher über Stryj nach Stanislau hinter den schwächsten Teil der Front gefahren werden. Bis zu ihrem Einlangen hatte die 7. Armee ein Vorgehen der Russen zwischen Dniester und Pruth zu verzögern. GO. Pflanzer-Baltin wurde in der Nacht auf den 13. in diesem Sinne angewiesen und beauftragt, einem überlegenen russischen Angriffe zwischen Dniester und Pruth auszuweichen, und zwar mit der Gruppe Benigni in den Raum südwestlich von Kolomea, mit der Gruppe Hadfy auf Ottynia und auf Tyśmienica. Der rechte Flügel der Südarmee war bei einem weiteren Vordringen der Russen auf Mariampol zurückzubiegen, die Hauptkraft des XIII. Korps hatte dann auf den Höhen nordöstlich von Stanislau Stellung zu nehmen.

Mit diesen Befehlen war Pflanzer-Baltins Plan, die Hauptkraft der 7. Armee samt dem XIII. Korps und den anrollenden Verstärkungen im Raume von Berezów—Nadworna zu vereinigen und von dorther die Russen anzugreifen, durchkreuzt. Die Heeresleitung begründete ihren ablehnenden Standpunkt einmal damit, daß es stärkerer Kräfte als der beiden anrollenden Divisionen bedürfe, um aus den Karpathen einen aussichtsreichen Gegenschlag führen zu können; an eine Beistellung solcher Kräfte dürfe aber erst nach dem Abschlüsse des großen Gegenangriffes in Wolhynien gedacht werden. Zum zweiten befürchtete die Heeresleitung, daß die Straße und die Bahn Körösmezö-Delatvn, die einzige Nachschublinie, die in den von Pflanzer-Baltin vorgeschlagenen Versammlungsraum der 7. Armee führte, zu stark belastet sein würde. Auch könnten die Russen die schwachen Sicherungstruppen östlich von Kolomea durchstoßen, in das Gebirge auf Berezów Vordringen und den Aufmarsch der 7. Armee stören. Indessen gewänne der Feind freie Hand, um auf Stanislau und auf Stryj vorzudringen. Die k.u.k. 7. Armee hatte sich daher auch weiterhin nur auf die Abwehr zu beschränken.

Die Entwicklung der Lage in Ostgalizien und in der Bukowina vom 13. bis zum 15. Juni

Die k.u.k. Heeresleitung war von der bangen Sorge heimgesucht, Pflanzer-Baltins linker Flügel werde dem Drucke, den die Russen nach dem Durchbruche bei Jazlowiec und bei Okna entlang dem Dniester ausüben konnten, am Ende völlig unterliegen und setzte alles daran, um ein Auf reißen der Front zu verhüten. Mittlerweile hatte sich aber, zunächst noch unerkannt, ein Wandel der Lage vollzogen.

Am 12. Juni hatte Gen. Brussilow allen seinen Armeen ein gemeinsames Vorgehen in westlicher Richtung befohlen (S. 448). GdI. Letschitzki entschloß sich jedoch, gegen Westen nur zu sichern und die an den Pruth zurückgegangenen öst.-ung. Streitkräfte anzugreifen, um sie in die Karpathen zu werfen. Hiezu sollten das XII., das XI., das Kombinierte Korps und die 1. TerekKosD. den Pruth zwischen Nepolo-koutz und Bojan überschreiten und Czernowitz nehmen. Die Ein-heimischeKosD. und das III. Kavalleriekorps (1. DonKosD., 10. KD.) hatten westwärts bis in die Linie Stanislau—Kolomea—Kuty vorzureiten. Hinter der Kavallerie sollten einstweilen nur das XXXIII. und das XLI. Korps zwischen dem Dniester und dem Pruth weiter nach Westen vorgeführt werden. Gen. Letschitzki beharrte auf der Durchführung dieses Planes. Um weiter gegen Westen unbesorgt um Flanke und Rücken operieren zu können, erschien es ihm ratsam, sich zunächst gegen die Gruppe Korda zu wenden. Den Zeitpunkt für den Pruthübergang ließ er allerdings noch offen und setzte sein neues Unternehmen langsam ins Werk1).

Bedächtig schwenkten das XII. Korps, das XI. und die diesem Korps

x) Klembowski, 49 ff. — Litwinow, 58.

überwiesenen Divisionen des bisherigen Kombinierten Korps nach Süden. Am 12. richteten sich auf dem nördlichen Pruthufer vor den Stellungen der Brigade Obstlt. Papp, der kombinierten 10. IBrig. (IR. 13, Gruppe Scholtz), der 40. HID. und vor dem rechten Flügel des Kavalleriekorps Brudermann russische Vortruppen ein. Dahinter wurde von den Fliegern der 7. Armee starker Feind im Marsche von Norden gegen Schi-penitz beobachtet. Das 7. Armeekmdo. vermutete anfangs, daß nur zwei russische Korps, das angriffslustige XI. auf Hlinitza und Śniatyn, das Kombinierte Korps gegen den Pruthabschnitt östlich von Neumama-jestie, angesetzt seien, und befahl dem GdK. Korda, die Masse seiner Reserven hinter dem linken Flügel des XI. Korps bereitzustellen.

In der Nacht zum 13. versuchte schwächerer Feind nördlich von Warna im Abschnitt der Brigade Papp den Pruth zu überschreiten. Tags darauf entspannen sich vor den Toren von Czernowitz Gefechte. Russische Infanterie schob sich dicht an die Brückenkopfstellungen der

10. IBrig. heran, die feindliche Artillerie eröffnete das Feuer gegen die Straßen- und Eisenbahnbrücke über den Pruth. Um lh nachm. stürmte der Feind in mehreren Wellen tief gegliedert das nördlich vom Pruth liegende Wasserwerk von Czernowitz, wurde jedoch im Handgemenge von Teilen des IR. 13 zurückgeschlagen, und mußte von seinem Vorhaben, die Stadt zu besetzen, vorläufig absehen.

Nun meldete GdK. Korda seinem Armeekommandanten, daß er den Eindruck habe, als ob sich die Hauptkräfte der russischen 9. Armee langsam gegen die Pruthfront sammelten. Noch war aber das Bild nicht geklärt. Die Gruppen Benigni und Hadfy waren in der Nacht auf den 13. in den am Tage zuvor erreichten Stellungen zwischen Wolszkowce und Nieżwiska stehen geblieben (S. 448). Am nächsten Morgen gingen in der Gegend nördlich von Wolczkowce feindliche Truppen gegen den Südflügel der Gruppe Benigni heran. Man schätzte sie auf eine bis zwei Infanteriebrigaden. Bei der Gruppe Hadfy war die 5. HKD. schon am 12. abends aus Targowica angegriffen worden. Während FZM. Benigni seine Stellungen halten und einem russischen Angriff mit Gegenangriff begegnen wollte, führte FML. Hadfy seine Truppen am 13. zeitlich früh hinter die Linie Slobódka Polna—Soroki und auf die Höhen östlich von Czortowiec—Nieżwiska zurück. Russische Kavallerie folgte langsam nach. Hinter ihr entwickelten sich anscheinend eine bis zwei Infanteriedivisionen im Raume von Horodenka. FML. Hadfy erwartete für spätestens den 14. einen Angriff überlegener feindlicher Kräfte, denen er seine dünn besetzte Front nicht gewachsen hielt. GO. Pflanzer-Baltin sah sich daher genötigt, die Gruppen Benigni und Hadfy in der Nacht auf den 14. in eine etwa 10 Kilometer weiter westlich am Czerniawa- und am Oknobach vorbereitete Stellung zurückzunehmen.

Unterdessen flackerten bei der Gruppe Korda neue Gefechte auf. Nördlich von Warna versuchten russische Vortruppen in der Nacht auf den 14. den Pruth zu überschreiten. Am folgenden Morgen stießen Erkundungsabteilungen der Russen gegen den Brückenkopf von Czernowitz vor. Am Vormittag mehrten sich auch die Nachrichten, daß gegen die Gruppen Benigni und Hadfy etwa drei Infanteriedivisionen mit starker Kavallerie in gemächlichem Vorgehen seien.

GO. Pflanzer-Baltin entschloß sich, diesen Feind in den vorbereiteten Stellungen am Czerniawa- und Oknobach zu erwarten. ,,Es ist kein Grund,“ so wies er jetzt die Gruppen Benigni und Hadfy an, „den Kampf nicht aufzunehmen. Es ist unmöglich, unsere Aufgabe ohne Widerstand zu erfüllen, da die Auswaggonierung der zwei anrollenden Divisionen bei Stanislau erst am 17. beginnt und voraussichtlich erst am 23. beendet sein kann. Eine Verzögerung des feindlichen Vorgehens durch Kampf ist daher notwendig“. Pflanzer-Baltin war nicht gewillt, die Zügel schleifen zu lassen und suchte mit den schärfsten Mitteln, die Widerstandskraft seiner zermürbten Truppen wieder zu heben. Er schrieb jetzt nach den üblen Erfahrungen der letzten Kämpfe seinen Divisionen vor, die vordere Stellung, die nur eine Hauptpostenlinie sein sollte, nicht zu stark zu besetzen. Bei jeder Gruppe war die Hauptkraft in Reserve zu nehmen und mit dieser bei einem feindlichen Angriff zum Gegenstoß zu schreiten.

GdK. Korda wurde auf die überragende Bedeutung von Czernowitz aufmerksam gemacht, und ihm befohlen, Kräfte zur Deckung der Etappenlinie nicht auszuscheiden. Die Pruthlinie von Hlinitza abwärts zu halten, schien möglich zu sein, da es für den Feind überaus schwer sein mußte, den Fluß angesichts der Höhen auf dem Südufer zu überschreiten, die einen weiten Einblick in das nördliche Anland gewährten. Auch erwuchs der Verteidigung scheinbar daraus ein Vorteil, daß der sonst an vielen Stellen furtbare Fluß durch die letzten Gewitterregen gestiegen war.

Da brachten die nächsten Stunden dem Führer der 7. Armee neue Enttäuschungen. In der Nacht auf den 15. überschritten schwächere russische Abteilungen im Abschnitt der 40. HID. bei Neumamajestie trotz des höheren Wasserstandes den Pruth; gleich darauf traf der

Feind Anstalten, dort eine Brücke zu schlagen. Als der Morgen aufstieg, wurden von den Höhen bei Czernowitz mehrere russische Bataillone mit Geschützen und mit sehr vielen Pontonwagen, von Nordwesten kommend, im Marsche über Walawa gesehen. Flieger meldeten zahlreiche Truppenansammlungen im Raume Oschechlib, Kotzmann, Walawa, Nowosielica. Auch gegenüber dem Kavalleriekorps Brudermann waren starke feindliche Kräfte bei Śniatyn festgestellt worden. Russische Patrouillen kamen auch bei diesem Orte über den Pruth herüber. Es war kein Zweifel, daß Letschitzki alle Vorbereitungen traf, um Czernowitz zu nehmen und die Gruppe Korda in die Karpathen abzudrängen.

GO. Pflanzer-Baltin hatte am 15. früh aus einem entzifferten russischen Funkspruch erfahren, daß der Gruppe Korda drei russische Korps, das XI., das XII. und die Divisionen des bisherigen Kombinierten Korps gegenüberstanden, während den Gruppen Benigni und Hadfy höchstens zwei Korps, das XXIII. und das XLI., mit starker Kavallerie gefolgt waren. Dieser Feind rückte zwischen Pruth und Dniester sehr bedächtig weiter nach Westen vor. Die Gruppen Benigni und Hadfy wurden nicht angegriffen. GO. Pflanzer-Baltin verlegte am Vormittag sein Hauptquartier von Kolomea nach Podhoroczany. GM. Seeckt traf ein und übernahm die Geschäfte des Generalstabschefs der k.u.k. 7. Armee. Obst. Zeynek trat einen Urlaub an, wurde aber, wie noch zu erwähnen sein wird, schon nach kurzer Zeit auf seinen Posten zurückberufen.

Unterdessen waren bei Falkenhayn sehr ernste Bedenken wach geworden, die deutsche 105. ID. nach Stanislau vorzuführen, da sie bei der geringen Widerstandskraft der Gruppen Benigni und Hadfy in den Rückzug mit hineingerissen werden konnte, ohne die Lage zu wenden. Dagegen war zu erhoffen, daß ein Vorstoß Bothmers dem linken Flügel der Armee Pflanzer-Baltin schnell und wirksam Entlastung bringen werde. GdI. Falkenhayn schlug daher Conrad am 14. vor, die deutsche 105. ID. und auch die k.u.k. 48. ID. nach Podhajce abzudrehen. Conrad bezweifelte aber, daß die beiden anrollenden Divisionen zu einem erfolgreichen Angriff der Südarmee ausreichen würden. Er bat Falkenhayn, die deutsche 105. ID., wie ursprünglich beabsichtigt, über Stryj zur 7. Armee rollen zu lassen, um dort eine Stellung zu halten, aus der eine Bedrohung der übrigen ostgalizischen Front von Süden her so lange verhindert werden sollte, bis ausgiebige Verstärkungen für einen späteren Angriff herangeführt werden konnten. Falkenhayn glaubte jedoch nicht, daß damit geholfen sei, wenn die deutsche 105. ID. und die k.u.k. 48. ID. zur Stützung des linken Flügels der 7. Armee in die Front südlich vom Dniester eingeschoben würden; demi es könnte dadurch ein Nachgeben der Mitte und des linken Flügels der Armee Pflanzer-Baltin nicht verhindert werden. Dagegen würde — so betonte Falkenhayn in seinem Antworttelegramm an Conrad noch einmal — voraussichtlich die ganze Front durch einen Vorstoß der Südarmee, in südöstlicher Richtung entlastet werden. GO. Conrad fiel es sicher nicht leicht, dem GO. Pflanzer-Baltin die schon zugesagten Verstärkungen zu entziehen, gab aber den Wünschen des Verbündeten nach, auf dessen Truppenhilfe er angewiesen war. Am 15. früh wurde der Entschluß gefaßt, die deutsche 105. ID. und auch die k.u.k. 48. ID. nach Podhajce zu lenken. Gleichzeitig erging an Pflanzer-Baltin der Befehl, daß sich die 7. Armee nunmehr darauf zu beschränken habe, mit dem Ostflügel die Bukowina und die Pruthlinie zu sichern, mit dem entkräfteten Nordflügel abe-r im Anschluß an die Südarmee zu bleiben und einem überlegenen Druck des Feindes in westlicher Richtung auszuweichen. Drangen die Russen den Dniester entlang weiter nach Westen vor, so bot sich Bothmer die Aussicht auf einen Flankenstoß von Norden her.

Neue russische Angriffe gegen die Mitte der Südarmee (13. bis 15. Juni)

Nun hatten aber die Russen den Raum beiderseits vom Dniester von ihren weiteren Angriffen zunächst ausgespart. Gen. Letschitzki hielt seinen rechten Flügel an, um zunächst mit dem linken Flügel Czernowitz in Besitz zu nehmen. Auf dem linken Flügel der russischen 7. Armee war das Vorgehen am 12. völlig zum Stillstand gekommen. Der Kräfteverbrauch des II. und vor allem des XVI. Korps der Russen war in den bisherigen Kämpfen sehr groß gewesen. Wohl oder übel mußte sich Gen. Schtscherbatschew entschließen, Ersätze heranzuziehen und Artilleriemunition herbeizuschaffen, um mit gewohnter Gründlichkeit den Angriff gegen die Stellungen des k.u.k. XIII. Korps am Baryszbach vorzubereiten. Indessen sollte das XXII. Korps den noch auf dem Westufer der Strypa abwärts von Sapowa haltenden Gegner nach Westen zurückdrängen.

GdI. Bothmer hatte dem k.u.k. VI. Korps am 12. nachmittags neuerdings befohlen, standzuhalten. Sein Armeebefehl mahnte: keinen Schritt zurück. Der Führer der Südarmee erwartete für den kommenden Tag neue Anstürme der Russen an der Straße Buczacz—Monasterzyska und wollte dem feindlichen Angriffe mit einem Gegenangriff begegnen. Falls aber die Russen am 13. in ihren Gräben verblieben,, dann sollte GdI. Arz den mit der Division Oppeln auf Buczacz begonnenen Gegenstoß erst fortsetzen, bis die ihm vom XIII. Korps wieder zugewiesenen sechs Bataillone seines eigenen Korps eingelangt wären.

Nun aber wurde die 39. HID. am 13. Juni schon vor Morgengrauen zwischen Hajworonka und Sapowa von der 3. finn.SchD. desrussischen XXII. Korps angefallen. Südlich von Wisńiowczyk setzten sich die Russen auf dem rechten Strypaufer fest. Das Korps Hofmann, das seinen rechten Flügel bis Hajworonka ausgedehnt hatte, sandte von seinen Reserven drei Bataillone, die Divisionskavallerie und eine Batterie unter Obst. Bolzano von Dobrowody gegen Süden. Diese Kampfgruppe wurde in den Raum zwischen Kotuzów und Wiśniowczyk geführt. Unterdessen gelang es zwei deutschen, von der Division Oppeln herbeigeeilten Bataillonen, die Lage am Nordflügel der 39. HID. wieder herzustellen. Um Mittag erfolgte aber ein neuer starker Angriff der Russen. Die 39. HID. wurde auf ihrem linken Flügel unter schweren Verlusten nordwärts gegen Kotuzów geworfen. Feindliche Abteilungen drangen in Kurdwanówka ein. Oppelns Reserve, das SchR. 19, über diesen Ort auf Bobulińce zum Gegenangriff angesetzt, wurde von den Russen in der Flanke gefaßt. Es entspann sich ein erbitterter Kampf. Öst.-ung. und deutsche Bataillone fochten wirr durcheinander. Auf die Nachricht, daß die 39. HID. vernichtet sei, wurden die durcheinander geratenen Truppen vom VI. Korpskmdo. um 3h nachm. in die dritte Stellung zurückbefohlen. Durch die Zurücknahme des linken Flügels des VI. Korps auf Olesza, auf die Höhen westlich von Kurdwanówka und östlich von Gnilawody sowie durch Zurückbiegen des rechten Flügels des Korps Hofmann auf Kotuzów sollte die Bildung einer neuen Front ermöglioht werden. Als sich um 5h nachm. zeigte, daß die Nachricht von der Zertrümmerung der 39. HID. übertrieben war, wollte GdI. Arz den Rückzug anhalten und mit seinem Nordflügel auf dem Westufer der Strypa wieder Front machen; doch konnte dem bereits in Gang gekommenen Rückzug nicht mehr Einhalt geboten werden. Aber auch der Feind ließ gegen Abend vom Kampfe ab und hielt ermattet in den von ihm erreichten Räumen auf dem westlichen Strypaufer.

Am 14. beschränkte sich die Kampftätigkeit an der ganzen Front der Südarmee auf vereinzelte Erkundungsvorstöße der Russen. Auf dem Nordflügel der Armee Bothmer waren die gelichteten Bataillone der 32. ID. nach dem harten Ringen bei Worobijowka durch Truppen der 38. HID. und durch drei Bataillone der 19. ID. in der vorderen Linie abgelöst worden. Zwei Regimenter des IV. Korps bildeten die Reserve hinter dem Nordflügel des k.u.k. IX. Korps. Wie gespannt aber trotz der Kampfpause die Lage der Südarmee blieb, ging daraus hervor, daß in ihrer Mitte nur mehr ein einziges Regiment der deutschen 48. RD. stand. Das Korps Hofmann hielt in dünnen Linien den mehr als 20 km breiten Abschnitt von Kupczyńce bis Wiśniowczyk. Es waren aus diesem Verteidigungsabschnitt bisher zehn Bataillone auf das Schlachtfeld des VI. Korps entsendet worden. Die in den letzten Kämpfen stark durcheinandergeratenen und sehr gelichteten Bataillone der 39. HID. und der Division GLt. Oppeln wurden neugeordnet, Reserven aus der dünnen Front ausgeschieden und hinter dem Nordflügel des VI. Korps bereitgestellt. Man erwartete, daß der Russe seine Durchbruchsversuche auf Podhajce wiederholen werde.

In der Tat sollte die russische 7. Armee nach dem am 12. erlassenen Heeresbefehl Brussilows schon am 14. den Angriff in westlicher Richtung wieder aufnehmen. Ihr waren Pomorzany, Brzeżany, Halicz und Stanislau als Ziel gegeben. Nun fühlten sich aber die beiden linken Flügelkorps der Armee Schtscherbatschew noch immer nicht stark genug, um den Gegner in seinen Stellungen am Baryszbach anzugreifen. So rüstete Gen. Schtscherbatschew für den 15. nur auf seinem Nordflügel zu einem neuen Schlage gegen das k.u.k. VI. Korps. Er setzte an diesem Tage zeitlich früh die 3. finn.SchD., sowie anscheinend auch die 41. ID. und Teile der von Trybuchowka herangezogenen 3. turk.SchD. zum Durchbruche der gegnerischen Stellungen zwischen Olesza und Kotuzów an. Beim ersten Ansturm brach der Feind südlich von Kotuzów in die Gräben der 39. HID. ein, konnte aber durch rasche Gegenstöße geworfen werden. Am Vormittag brachen die finnischen und die turkestanischen Schützenregimenter von neuem über die 39. HID. und auch über die Division Oppeln herein. Wiederum gelang es, den Feind abzuschlagen. Furchtbar waren die Verluste des Angreifers. Das wellige Hügelgelände von Kurdwanówka und von Kotuzów war mit vielen Hunderten von Toten und Verwundeten bedeckt. Um Mittag ließen die Russen von dem fruchtlosen Streite ab. Ihre zerschossenen Sturmhaufen flüchteten vor den Gräben des k.u.k. VI. Korps gegen die Strypa zurück. GdI. Arz, der auf das Kampffeld geeilt war, hielt den Angriff für abgeschlagen und kehrte am Nachmittag voll Zuversicht in sein Hauptquartier nach Podhajce zurück1). Da wurden plötzlich gegen 6h nachm. die erschöpften Bataillone der 39. HID. bei Kotuzów von Kosaken überritten; hinter der russischen Kavallerie stürmten Infanteriewellen heran. Der linke Flügel des VI. Korps war durchbrochen. Von Panik erfaßt, strömten die Truppen der 39. HID. zurück. Tapfer warf sich bei Kotuzów ein einzelnes deutsches Bataillon dem Angreifer entgegen. Es mußte der Übermacht weichen. Die Russen eroberten Kotuzów. Andere feindliche Sturmscharen drangen bis an den Ostrand von Gnilawody vor2). Am anderen Ende des Dorfes suchte Obst. Daubner, der Kommandant der 78. HIBrig., die Trümmer der 39. HID. zu sammeln. Zwischen ihr und der Division Oppeln sprang eine Lücke auf. Aber die Russen nützten den Erfolg nicht aus und trieben mit Einbruch der Dunkelheit ihren Stoßkeil nicht weiter vor.

Die durch den überstürzten Rückzug der Honvéd überflügelte Division Oppeln war in ihren Gräben bei Kurdanówka stehen geblieben und stellte durch Zurückbiegen ihres linken Flügels den Anschluß an die Gruppe Obst. Daubner her. Nachts wurden aus der dünnen Front des GLt. Oppeln 3^2 gelichtete deutsche Bataillone ausgeschieden und hinter die durchbrochene 39. HID. geworfen. So gelang es, am Nordflügel des k.u.k. VI. Korps wieder eine geschlossene Front zu bilden und den Einbruchsraum abzuriegeln.

Am 16. zeitlich früh führte Obst. Daubner im Aufträge des GM. Blasius Dáni die bei Gnilowody vereinigten öst.-ung. und deutschen Bataillone zum Gegenangriff vor. Links schlossen sich Truppen des Korps Hofmann, rechts Teile der Division Oppeln dem Vorgehen an. Nach einem sehr harten Ringen wurden die Russen auf die Höhen östlich von Gnilowody und von Kotuzów zurückgedrängt. Gegen Mittag mußte GdI. Arz wegen der starken Verluste den Gegenangriff einstellen. Aber das VI. Korps stand nun wieder fest. Die Gefahr eines Durchbruches war beschworen. Auch konnte jetzt Bothmer mit einem sehr willkommenen Beistand rechnen. Hinter dem Südflügel der Südarmee rollten die ersten Transportzüge der von Mazedonien kommenden deutschen 105. ID. nach Podhajce heran.

x) Arz, 100.

2) Hier erstritt sich Obstlt. Emmerich Horváth des HIR. 11 bei der Abwehr das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

Rückblick auf die Geschehnisse zu beiden Seiten des

Dniester

Als am 10. Juni die öst.-ung. Front südlich vom Dniester zerbrach, da trafen die verbündeten Heeresleitungen gerade Vorbereitungen, um die schwere Krise in Wolhynien zu überwinden. Der neue Schlag, der die öst.-ung. Front im ungünstigsten Augenblick getroffen hatte, war gefährlicher als der bei Ołyka-Łuck. In Ostgalizien und in der Bukowina war nicht nur ein Geländeverlust schwerer zu ertragen als in Wolhynien, sondern der böse Rückschlag bei der 7. Armee konnte auch sehr verhängnisvolle politische Auswirkungen zur Folge haben. Es war zu befürchten, daß nun Rumänien einen Vormarsch der Russen gegen die Karpathenpässe dazu benützen werde, um an der Seite der Entente in den Krieg einzutreten und in Siebenbürgen einzufallen. Die Ostfront erfuhr dann auf feindlicher Seite eine Vermehrung von über einer halben Million Streitern, Ungarn war von zwei Seiten umklammert, und es mußten im ungünstigsten Zeitpunkte für den Kampf gegen den neuen Feind Maßnahmen getroffen werden.

Mit der allergrößten Sorge blickte die k.u.k. Heeresleitung auf die Angriffserfolge der Russen in Ostgalizien und in der Bukowina. Kaum daß zwei Wochen seit der Eröffnung der russischen Offensive verstrichen waren, hatte die Armee Pflanzer-Baltin zu beiden Seiten des Dniester auf 90 km Breite bereits ein Gelände von etwa 10 bis 60 km Tiefe verloren. Dabei hatte die Armee bis Mitte Juni insgesamt 133.600 Mann und 52 Geschütze eingebüßt. Das war mehr als 50 v. H. ihres ursprünglichen streitbaren Standes. Nach den Meldungen der Russen würden von den 204.800 Mann, die die 4. und die 7. Armee verloren hatten, etwa 150.000 Mann auf Gefangene und ungefähr

54.000 Mann auf Tote und Verwundete entfallen sein.

Die Ursachen des Einsturzes der Fronten der 7. Armee waren seelisch und taktisch die gleichen, wie sie schon in den Betrachtungen über den Durchbruch beiOlyka angedeutet wurden (S. 410ff.). Während aber die Russen bei Olyka die Front der 4. Armee mit einem einzigen Schlage auseinandersprengten, vermochten sie bei Okna erst nach erbittertem, tagelangem Ringen die Entscheidung zu erzwingen. Am ersten Schlachttag gelang es dem FZM. Benigni mit den hinter seiner Gruppe bereitgestellten Reserven, die feindlichen Einbrüche abzuriegeln. In den nächsten Tagen führten die Russen eine Kette von ört-liehen Vorstößen, ohne einen Erfolg erzielen zu können. Doch wurden von dem Strudel dieser feindlichen Angriffe die neuen Verstärkungen verschlungen, die GO. Pflanzer-Baltin ausgeschieden hatte, um mit ihnen den in der Samuszynschlinge verlorenen Stellungsteil zurückzuerobern. Außerdem mußte die Gruppe Benigni ansehnliche Kräfte an das bei Jazlowiec durchbrochene XIII. Korps abgeben.

Indes hatten die Russen an die Durchbruchsfront bei Okna frische Kräfte herangezogen. Am 10. Juni standen die vier Infanterie- und 2wei Kavalleriedivisionen der Gruppe Benigni gegen eine Streitmacht von sieben Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen der Russen. Bei Okna, am Brechpunkte der Front, an dem rechtwinkelig zurückgebogenen linken Flügel, erlag das hauptsächlich aus rumänischer Mannschaft zusammengesetzte HIR. 305 dem erneuten Massensturm. Als dort die Front zusammenbrach, wurden die tapferen, aber von der Esse der Schlacht schon verzehrten deutschmährischen, magyarischen und kroatischen Bataillone des unter dem Kommando des FML. Šnjarič stehenden Frontabschnittes von Norden aufgerollt. Das bewährte IR. 1, die letzte Reserve Benignis, stand so weit vom linken Flügel entfernt, daß es erst eingesetzt werden konnte, nachdem die Entscheidung schon gefallen war.

An der unteren Strypa konnte nach dem Einbrüche der Russen bei Jazlowiec an eine Festigung der Lage nicht mehr gedacht werden, weil hinter dem XIII. Korps keine Reserven standen. Die erschütterte 15. ID. wich einem neuen Kampf in der vorbereiteten zweiten Stellung aus. Nun wurden die anderen Divisionen des XIII. Korps, bevor sie noch ernstlich angegriffen worden waren, gleichfalls aus ihren stark ausgebauten ersten Stellungen zurückgenommen. Attackierende russische Reiterei hatte genügt, um die zu Fuß fechtende k.u.k. 2. KD. zu zersprengen und die links benachbarte 36. ID. zum weiteren Rückzug zu veranlassen. Aber auch bei der hauptsächlich aus polnischen Regimentern zusammengesetzten 12. ID., die bei Buczacz standhaft gefoch-ten, und selbst bei der 39. HID., die sich in der Neujahrsschlacht gegen starke Angriffe gehalten hatte, kam es jetzt zu Einbrüchen und zu Paniken.

Der lange Stellungskrieg hatte seine unheilvolle Wirkung getan und sogar gute Truppen gegen Umfassungsgefahren sehr empfindlich gemacht. Der Durchbruchsschrecken war an der unteren Strypa epidemisch geworden. War der Feind auch nur in ein schmales Frontstück eingebrochen, so gingen oft die angrenzenden Frontteile zurück, ohne selbst ernstlich angegriffen zu sein, nur weil der Anschluß verloren war. Auch einzelne höhere Führer faßten voreilige Rückzugsentschlüsse unter dem Hinweis, daß das Halten der Stellung mit den erschütterten Truppen nicht möglich sei. Truppe und Führung hatten sich an die Stellung, an die durchlaufende, geschlossene Linie zu sehr gewöhnt gehabt. Die ganze Kraft war ja in monatelanger Arbeit mit dem Bau der ersten Stellung erschöpft worden, die zweite Stellung aber konnte schon nicht mehr so sorgfältig ausgestaltet werden, weil es dafür an Arbeitskräften gefehlt hatte. Die dritte Stellung war zumeist nur als angerissener Graben und als Linie in den Karten der Stabsquartiere vorhanden. Das ganze Stellungssystem glich einer Panzerkuppel mit einer starken Außenwand und weichen Innenschichten. Nun war die starke Außenwand, die erste Stellung, durchstoßen; um so weniger glaubte man daher die hinteren, nur dürftig ausgebauten Stellungen halten zu können. Die Führung sah mit dem katastrophalen Einsturz der Stellung den ganzen Verteidigungsapparat auseinandergerissen, und die Truppe war entwöhnt, zwischen den Stellungen in offener Feldschlacht zu kämpfen.

Hätten Schtscherbatschew und Letschitzki in diesen Krisentagen den Angriff zu beiden Seiten des Dniester gegen den erschütterten Gegner mit allem Nachdruck nach Westen weitergeführt, dann wäre vielleicht die ganze Kampffront in Ostgalizien unhaltbar geworden. Indes erweiterten die Russen ihre Einbrüche nicht nach der Tiefe. Sie sparten — was nicht vorauszusehen war — den Raum südlich und, nördlich vom Dniester bei ihren weiteren Angriffen zunächst aus. Schtscherbatschew entschloß sich hiezu, weil sich die Schlagkraft seines linken Flügels mit dem Erreichen des Baryszbaches völlig erschöpft hatte. Nun suchte er in seiner umständlichen Art zunächst mit der Mitte der russischen 7. Armee und dann mit dem Nordflügel anzugreifen, damit die Front des Gegners stückweise eingedrückt werde. Die Lage der Südarmee wurde durch Einbrüche beim k.u.k. VI. Korps sehr gespannt. Doch schied Bothmer aus seiner schwachen, allerdings nicht ernstlich angegriffenen Armeemitte rasch Kräfte aus und warf sie an seinen rechten Flügel. In hartnäckigen Kämpfen konnten die gefährlichen, gegen die Flanke der Südarmee gerichteten russischen Stöße zum Stehen gebracht werden. Dies war der hohen Beweglichkeit jener öst.-ung. und deutschen Bataillone zu danken, die gemeinsam unter tatkräftiger, geschickter Führung das Höchste zu leisten vermochten.

Triumphierend hatten die Russen verkündet, daß ihre 9. Armee an einem einzigen Tage (am 10. Juni) mehr als 18.000 Gefangene eingebracht und 10 Maschinengewehre erbeutet habe1). Gen. Letschitzki verstand es jedoch nicht, diesen Erfolg auszunützen. Statt den Sieg durch eine völlige Niederwerfung der nach dem Durchbruche bei Okna geschwächten Gruppe Benigni zu vollenden, entschloß er sich, Czernowitz zu nehmen. Er wollte den Gegner aus der Flanke der russischen

9. Armee verdrängen und dann erst den Stoß gegen Westen fortsetzen. Die Absicht Letschitzkis, mit dem II. Kavalleriekorps allein einen Raid auf Czernowitz zu unternehmen, führte jedoch nicht zum Ziele. Schon das Feuer der Geschütze und der Maschinengewehre der Brigade Papp genügte, um die russischen Reiter von einem Pruthübergang abzuhalten. Wäre die ganze Reiterei der Armee Letschitzki — vier Kavalleriedivisionen — am 10. Juni mit ausgeruhten Pferden hinter der Durchbruchsgruppe bereitgestanden, so hätte sie wahrscheinlich durch die zwischen den Gruppen Benigni und Hadfy breit aufklaffende Lücke tief nach Westen Vordringen und unabsehbare Verwirrung in die hinteren Verbindungen der Armee Pflanzer-Baltin hineintragen können2). Die Schwerfälligkeit der russischen Führung hat die k.u.k. 7. Armee vor noch ärgerem Übel bewahrt, als ihr ohnehin widerfahren ist.

Die Zwischenzeit bis zur Gegenoffensive der Verbündeten in Wolhynien

(10. bis einschließlich 15. Juni)

Hiezu Beilage 22

Die Zurücknahme der Armee Puhallo hinter die Linie PlaszeivkaStyr—Lipa

(10. bis einschließlich 13. Juni)

Als GO. Linsingen am 9. Juni mittags den Befehl zur Durchführung des Gegenschlages erhielt (S. 439), vermutete er, daß der von. Łuck aus verfolgende Feind mit seinen Hauptkräften nach Nordwesten einschwenken werde. Ein von der Armee Puhallo von Süden her geführter Angriff konnte daher sehr wirkungsvoll werden, zumindest

J) Litwinow, 66.

2) D i a k o w, Brussilow und seine Reiter im Juni 1916 (Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933, 9 ff.).

aber erzielen, daß die Russen der zerrütteten 4. Armee weiterhin nur mit schwachen Kräften folgten. Jedenfalls durfte man, wenn Puhallo energisch vorstieß, auf einen größeren Erfolg der von Kowel aus gegen Südosten gerichteten Gegenoffensive rechnen. Zur Stunde handelte es sich Linsingen aber darum, daß die 4. Armee noch möglichst starke Feindkräfte nach Westen nachzog und band, wodurch auch die Flanken des Verfolgers, in die man hineinstoßen wollte, geschwächt werden konnten.

Die am 9. nachts von Linsingen erlassenen Weisungen mußten aber auch der Lage auf dem Schlachtfeld Rechnung tragen, die sich im Laufe des Tages noch verschärft hatte. Man hatte in Jabłoń den Eindruck, daß der Feind dem Korps Szurmay südlich der Polonka nicht weiter und dem X. Korps nach Westen nur mit schwächeren Kräften folge, beiderseits der Straße Łuck—Perespa aber anscheinend mit zwei Korps (XXXX. und XXXIX.) zum Angriff gegen das noch nicht versammelte Korps Bernhardi schreite. Dieses Korps dürfe sich — führte Linsingen aus —, bevor seine drei Divisionen nicht völlig versammelt seien, keiner Entscheidung aussetzen. Es habe vielmehr die Russen in ihrem Vormarsch gegen Kowel nur aufzuhalten; der Anschluß links an das II. Korps müsse dauernd gewahrt bleiben, so daß auch dieses nötigenfalls seinen rechten Flügel zurückzubiegen habe. Spätestens hinter dem Stochod sei jedoch entschiedener Widerstand zu leisten, um die Truppenausladungen an den Bahnlinien Władimir-Wołyński—Kowel—Powursk zu sichern. Der Übergang zur Offensive werde erst spruchreif, sobald Bernhardi mit seinen drei Divisionen gefechtsbereit sei. Die 4. Armee habe in festem Anschluß an Bernhardi und ebenso in sich geschlossen nunmehr in nordwestlicher Richtung, und zwar mit dem X. Korps auf Nw. Dwor und mit dem Korps Szurmay auf Ozdziu-tyczy zurückzugehen. Der gleichzeitig der Heeresgruppe Böhm-Ermolli erneuert gemachte Vorschlag, eine wirkungsvolle Offensive von Süden her gegen den Rücken des mit seiner Hauptkraft nach Nordosten vorstoßenden Feindes zu führen, wurde aber durch die Maßnahmen des Feindes durchkreuzt.

Brussilow dachte nämlich — wie schon ausgeführt wurde (S. 407)

— gar nicht daran, ungestüm in den von Linsingen ihm entgegengehaltenen Sack hineinzulaufen. Er wollte vielmehr zuerst die beiden Flügel der 8. Russenarmee vorbiegen. Da diese Armee, im Augenblick weit gegen Westen vorgeschoben, die Front des Gegners überragte, lud dies nachgerade zu einem Vorstoß nach Süden ein, um den Einbruchsraum zu verbreitern. Da ein solcher Stoß den bei Dubno haltenden Verteidiger im Rücken bedrohte, konnte dies auch das Vordringen der an der Ikwa festgefahrenen 11. Russenarmee fördern.

In der Tat griff am 10. Juni früh das XXXII. Russenkorps mit seinen drei Divisionen in tief gegliederten Wellen zwischen Krasnoje und Wojnica die rechte Brigade der 7. ID. (71. IBrig.) und den äußersten linken Flügel der weitgedehnten 46. SchD., GM. v. Urbański, an. Die ersten Anstürme brachen im Abwehrfeuer zusammen. Dann aber gelang es dem Feinde, sich in Krasnoje festzusetzen. Das flankierende Eingreifen von zwei Bataillonen und drei Batterien der Gruppe GM. Haas blieb wirkungslos, weil kurz darauf noch am Vormittag die ganze 71. IBrig. geworfen wurde. Schon um die Mittagsstunde drangen die Russen in Bokujma ein und strömten in breiter Ausdehnung in der zwischen der 46. und der 7. Division klaffenden Lücke nach Südosten. Versuche, durch Gegenstöße der gesamten Gruppe Haas über Malewo gegen Osten und durch Teile des zurückgebogenen linken Flügels der 46. SchD. von Smordwa aus gegen Westen das Unheil zu bannen, mußten aufgegeben werden. So erübrigte nur mehr — da keine sonstigen Reserven verfügbar waren —, durch die 21. KBrig., die in die offene Lücke zwischen der 1. und der 4. Armee hätte eingesetzt werden sollen, bei Demidowka die Straße nach Beresteczko sperren und daran westlich anschließend die Gruppe Haas auf den Höhen bis Lopawsze eine Aufnahmsstellung beziehen zu lassen. Die westlich vom Styr befindliche 14. IBrig. der 7. ID., die vom Feinde weniger behelligt wurde, sollte sich so lange als möglich behaupten und, wenn der Rückzug unvermeidlich werde, die Linie der Gruppe Haas nach Westen verlängern.

Unterdessen waren neue Weisungen aus Teschen erflossen, die der Heeresgruppe Böhm-Ermolli auftrugen, die Einbruchswege in den Raum Lemberg bei Sokal und Stojanów zu sichern, und ihr zugleich Verstärkungen in Aussicht stellten, die der 1. Armee die Mitwirkung an der Gegenoffensive Linsingens ermöglichen sollten. Die ersten Bahnzüge wurden für den 14. über Lemberg angekündigt; bis dahin sei ein feindliches Vorgehen möglichst zu verzögern. Ein Zurückbiegen der

1. Armee wollte die Heeresleitung „nur im Falle äußerster Notwendigkeit und nur zu dem Zwecke“ zugestehen, „wenn dadurch Reserven für den linken Flügel der 1. Armee frei gemacht werden“ könnten. Im übrigen sei auch für die Zurücknahme der ganzen Heeresgruppe „vorzudenken“.

Die Lage der 1. Armee gab nachmittags denn auch zu größten

Besorgnissen Anlaß. Die 71. IBrig. der 7. ID. war zerschlagen und auch dem linken Flügel der 46. SchD. arg mitgespielt worden; die in der aufgerissenen Bresche nach Süden vordringenden Russen, etwa zwei Divisionen, waren nicht aufzuhalten. Die im Ikwabogen bei Dubno mit der Front nach Osten fechtenden Teile der 46. SchD. konnten zwischen zwei Feuer geraten, überdies begann der Feind nachmittags wieder bei Sapanow dem XVIII. Korps zuzusetzen. GO. Puhallo sah sich daher genötigt, von der Ermächtigung Conrads Gebrauch zu machen und seine Front zurückzuschwenken. Hiezu hatte das XVIII. Korps in die Linie Bereżcy—Kozin, die 46. SchD. samt der wieder unterstellten Gruppe Haas in den Abschnitt Kozin—Demidowka—Lopawsze und die 7. ID. auf Michalowka—Zabcze zurückzugehen. Vom XVIII. Korps waren die 7. KD. und die Landsturmhusarenbrigade als Reserve auszuscheiden. Das 1. Armeekmdo. übersiedelte von Beresteczko nach Radziechów. Schwache Etappenkompagnien sicherten vorläufig die Niederung Michalowka—Gorochow—Poryck und damit die Einbruchsrichtung nach Lemberg; die Buglinie von Dobrotwór flußaufwärts ließ das 2. Armeekmdo. in gleicher Weise bewachen.

Um die Truppen der 1. Armee in den nächsten Tagen nicht weiteren schweren Schädigungen auszusetzen, befahl Böhm-Ermolli noch am 10. nachts, die Armee möge in der neuen Front, die zur nachhaltigen Verteidigung nicht geeignet war, keinen ernstlichen Kampf annehmen, sondern hinter der Plaszewka, dem Styr und der Lipa eine Abwehrstellung beziehen. Für den Schutz der offenen Nordflanke raffte der Heeresgruppenkommandant an Kräften zusammen, was möglich war, und stellte sie dem 1. Armeekmdo. zur Verfügung: ein Marschbataillon für den Raum Sokal—Krystinopol, das Detachement Obstlt. Khayll (21/2 Marschbataillone, 1 Schwadron, 1 Batterie) für den Raum Stojanów, wo die heranrollende 61. ID. auszuladen war, endlich die in der Gruppe Kosak stehende halbe 4. KD. zu Pferd. Die aus zwei Bataillonen des IR. 85 der 27. ID. bestehende Heeresgruppenreserve wurde hinter das XVIII. Korps geschoben, wogegen das IR. 42 zur 46. SchD. zu treten hatte.

Zur Sicherung der zwischen der 1. und der 4. Armee aufgesprungenen Lücke, die sich vom 10. auf den 11. Juni von 35 auf 45 km verbreitert hatte, wurden größere Kavalleriekörper herangezogen. Die 7. KD., FML. Ritt. v. Micewski, samt der Landsturmhusarenbrigade wurde hinter der Front des XVIII. Korps beritten gemacht und hatte bis 13. nach Gorochow zu rücken; vor allem aber drang Böhm-

Ermolli darauf, daß die 21. KBrig. der 4. KD. ihrer ursprünglichen Aufgabe nachkam und am 11. unbedingt an den Nordflügel der 1. Armee bei Holatyn abging. Das Divisionskmdo., FML. Ostermuth, mit der zweiten Brigade, der 18., hatte in wenigen Tagmärschen zu folgen.

Am 11. sammelte sich die 1. Armee, vom Feinde nicht gestört,, zunächst in der gewählten Linie zwischen Bereżcy und Zabcze. In der Nacht auf den 12. führte GO. Puhallo seinen linken Flügel hinter die schützenden Flußläufe zurück. Beim XVIII. Korps bedurfte es keiner weiteren Rückbewegung, da sich sein Nordflügel bereits an die Pla-szewka anlehnte; die 46. SchD. besetzte angrenzend den Südrand der versumpften Plaszewka—Styrniederung bis zur Lipamündung, die arg geschwächte 7. ID. das südliche Lipaufer bis Holatyn. Die Truppen richteten sich zur Abwehr ein.

Daß nun auch die 1. Armee, nachdem die 4. verlustreich geschlagen worden war, gerade jetzt vor der bevorstehenden Gegenoffensive Linsingens in ihrer Kampfkraft erschüttert wurde, mußte in Teschen Besorgnis erregen. Dem Heeresgruppenkmdo. Böhm-Ermolli wurde daher bedeutet, daß die Front, falls der Russe wieder zu einem starken Schlage gegen Puhallos Truppen ansetze, von der Gruppe Kosak bei Łopuszno angefangen über Radziwiłow gegen Stojanów zurückzubiegen sei, bevor die 1. Armee etwa einem übermächtigen Angriffe erliege.

Das 1. Armeekmdo. hoffte freilich voll Zuversicht, die Stellungen behaupten zu können, da der Feind gegen die Mitte und den linken Flügel kaum nachgefolgt war. Ein Unternehmen des linken Flügels der 25. ID. über die Quellbäche der Plaszewka hinweg hatte am 12. nur zu einem geringfügigen Geplänkel mit Reiterei geführt. Erst in den Abendstunden setzte das feindliche Artilleriefeuer gegen die Mitte und den Südflügel des XVIII. Korps ein; doch konnte die vorgehende russische Infanterie von der 25. ID. mühelos abgewehrt werden1). Die Anstrengungen der Angreifer blieben auch am nächsten Tage, am

13. Juni, vergeblich, sie gruben sich jedoch vor den Hindernissen ein. Bei der 46. SchD. entspann sich ein leichtes Geplänkel, vor der 7. ID. herrschte den ganzen Tag über Ruhe.

Die 21. KBrig., die am 12. Lipa aufwärts gegen Westen gerückt war, strebte auftragsgemäß nach Swiniuchy, um mit der 10. KD. der 4. Armee gemeinsam gegen die russische 12. KD. aufzutreten. Der Ort war jedoch vom Feinde besetzt, so daß die 21. KBrig. sich gegen

x) Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, 642 ff. — Michel und Wohl, 172 ff.

Gorochow zog. Hier war inzwischen die verstärkte 7. KD. eingetroffen, der noch das Detachement Khayll zugewiesen wurde. Die 4. KD. nächtigte um Cholojów.

Der 2. Armee konnten in den Tagen vom 10. bis 13. weder Artilleriefeuer auf die Linien des V. Korps, noch ablenkende Vorstöße gegen die Gruppe Kosak etwas anhaben. Das Einreihen der Ersätze ermöglichte es, das beim V. Korps als Reserve gebildete, zusammengesetzte Regiment Mjr. Trupkovic (3 Bataillone) abzuziehen und am 13. hinter die 1. Armee nach Leszniów zu verschieben. Das IR. 76 wurde am 10. der Südarmee überwiesen.

Rückzug der k.u.k. 4. Artnee zwischen dem 10. und dem 13. Juni

Am 10. Juni übernahm GO. Tersztyánszky den Befehl über die 4. Armee. Durch den Feind nicht belästigt, konnte Szurmay, nachdem seine Nachhuten die Brücken gesprengt hatten, sein Korps von der Le-niewka nach Szelwow und Zaturcy zurückführen. Die 10. KD., GM. Bauer, deckte diese Verschiebung zwischen der Sierna und Korczeska und folgte abends auf die Höhen östlich von Zaturcy nach. Beim

X. Korps stand man des Morgens unter dem Eindruck der unklaren und widersprechenden Nachrichten, die über die Vorgänge bei der 37. HID. Vorlagen. Das Gerücht, daß der Divisionär gefangen sei, bewahrheitete sich zwar nicht, immerhin hatten aber die Attacken der russischen Reiterei, die bis Boratyn und bis zur Artillerie vorgebrochen war, so daß eine Batterie hatte gesprengt werden müssen, nachhaltigen 'Eindruck hervorgerufen. Das Korpskmdo. besorgte, die ursprüngliche, scharf nordwestliche Marschrichtung nicht mehr einschlagen zu können und befahl der 13. SchD., vorerst die Lage bei der Iionvéd zu klären. Linsingen und das 4. Armeekmdo. bestanden jedoch auf dem Rückzug nach Nordwesten, damit der Anschluß an Bernhardi nicht verloren gehe; da nur russische Reiterei folge, müsse die Einhaltung der Marschrichtung möglich sein. Wieder wurde darauf hingewiesen, dem Feinde dauernd Aufenthalt zu bereiten.

Von den gänzlich erschöpften Truppen war allerdings nicht mehr viel zu erhoffen. Der neue Führer des X. Korps, FML. Csanády, hatte die drei Divisionäre nach den seit einer Woche erlebten, niederschmetternden Vorfällen „sehr deprimiert“ und „alles müde, abgespannt“ vorgefunden; den Truppen konnte nur ein „minimaler Gefechtswert“ beigemessen werden. Am Abend erreichte das Korps, nachdem auch die 37. HID. ihre Verfolger abgeschüttelt hatte, im Westmarsch die Linie Zubilno—Kol. Makowa.

Um in die von Linsingen beabsichtigte Gruppierung zu gelangen, wurde am nächsten Tage, am 11. Juni, eine Verschiebung der 4. Armee nach Norden notwendig. Szurmay sperrte die Straße Łuck—Władimir-Wołyński und nahm über Chołopieczy bis Kisielin Stellung. Csanády rückte ebenfalls nordwärts und verlegte die 13. SchD. nachBeresk, die 2. ID., GM. v. Iwański, als Reserve nach Woronczyn und die 37. HID. nachWiczyny. Als das Nachbarkorps Bernhardi, wie noch zu schildern sein wird, im Laufe des Tages mit der Hauptkraft hinter den Stochod zurückging, wurde der Nordflügel der 4. Armee gegen Trysten abgebogen; jedoch blieben die Sicherungen am rechten Seitenarm des Flusses bei den Übergängen von Wiczyny und Kijaż stehen. Die Verbindung mit Bernhardi war durch die bei Trysten stehende 2. GKBrig. gegeben.

Hiemit hatte sich auch das X. Korps vom Feinde abgesetzt. Eine genaue Zählung der Streiter ergab einen Gesamtfeuergewehrstand von 4570 Mann. Am 12. wurde die 2. ID. nach Nw. Dwor hinter den Stochod verlegt.

Die 10. KD. hatte am 11. Juni vor Zaturcy den Flankenmarsch des Korps Szurmay gedeckt. Gegen Abend erhielt sie den Auftrag, im Anschluß an das Korps den Südflügel der Armee bis Koniuchy zu sichern und die Verbindung mit der 1. Armee bei Gorochow, wohin deren 7. KD. zu gelangen hatte, aufzunehmen. Als besonders wichtig wurde die Aufklärung südlich der Korczeska bezeichnet, weil laut eines aufgefangenen russischen Befehles die 12. KD. über Swiniuchy auf Poryck vorzurücken hatte. Eine Aufklärerabteilung wollte auch schon je eine feindliche Reiterbrigade auf beiden Flußufern im Marsche gegen Westen gesehen haben. Noch in der Nacht ging daher die

10. KD. nach Łokaczy ab, um in der Folge dem Feinde entweder das Vordringen über die Linie Łokaczy—Koniuchy zu verwehren oder den Rückweg zu verlegen.

Bis zum 13. war die Lücke zwischen der 4. und der 1. Armee durch die drei Kavalleriekörper (7., 10. KD., 21. KBrig.) notdürftig gesperrt; sie sollten mit vereinten Kräften den Durchbruch feindlicher Reiterei verhindern und diese zurückwerfen. GM. Bauer hatte überdies den Südflügel seiner Armee zu decken und sollte trachten, in den Raum Zaturcy—Torczyn Einblick zu gewinnen. Zwei deutsche, von Warschau herangefahrene Reiterregimenter unter Obst. Freih. v. Könneritz wurden ihm unterstellt.

Die Russen hatten unterdessen vor die Front der 4. Armee einen dichten Kavallerieschleier gelegt, den die gegnerische Aufklärung nicht zu lüften vermochte. Kaledin hatte am 10. und 11. neuerlich den Befehl bekommen, seine vorgeprellte Mitte unbedingt zurückzuhalten. Die auf der Gegenseite eintreffenden Verstärkungen mahnten zur Vorsicht. Man ließ daher vornehmlich die Reiterei dem Gegner folgen: das V. Kavalleriekorps hatte gegen Kowel, die 12. KD. gegen Władimir-Wołyński und die am 11. nach Łuck gelangte 7. KD. gegen Swiniuchy vorzurücken *).

Die kurze Atempause, die so der 4. Armee vergönnt war, wurde zum Ordnen der Verbände benützt. Die Auffüllung durch die herangeführten fälligen Ersätze ließ allerdings die Zahl der Feuergewehre in jedem Korps nur auf den durchschnittlichen Stand einer Division ansteigen, so groß war die Einbuße an Kämpfern gewesen2). Die Heeresleitung ließ deshalb den Infanterieregimentern als außergewöhnlichen Ersatz noch je eine bis zwei Marschkompagnien mit ausgebildeter und daher sofort einreihbarer Mannschaft zukommen. Zwei deutsche Landsturmbataillone und eine Garnisonsbatterie, vom Generalgouvernement Warschau gesandt, waren für Sicherungsaufgaben im Etappenraum willkommen.

Die Gruppe Bernhardi und der Nordfliigel Linsingens zwischen dem

10. und dem 13. Juni

Bei dem an die 4. Armee nördlich anschließenden Korps Bernhardi wurde gleich am Morgen des 10. Juni die Brigade Jachmann der

1)    Zajontschkowskij, 35. — B a 1 u j e w, 55 ff.

2)    Stand der 4. Armee am 13. Juni:

X. Korps

2. ID.    5.200    Feuergewehre,    8    MG.,    14    Gesch.

13. SchD.    4.000    „    9    „    37    „

37. HID.    3.800    „    9    „    64    „

Zusammen:    13.000    Feuergewehre,    26    MG.,    115    Gesch.

Korps Szurmay 11. ID.    4.700    Feuergewehre,    21    MG.,    30    Gesch.

70. HID.    5.600    „    26    „    50    „

Zusammen:    10.300    Feuergewehre,    47    MG.,    80    Gesch.

10. KD.

940 Feuergewehre, 1.400 Reiter, 16 MG., 9 Gesch.

Gesamtsumme: 24.240 Feuergewehre, 1.400 Reiter, 89 MG., 204 Gesch.

Division Rusche von russischen Panzerkraftwagen angefallen und durchbrochen; da ihren beiden Flügeln zudem Umfassung drohte, mußte sich GdK. Bernhardi zur Rücknahme seiner Truppen entschließen. Das mittlerweile geräumte Rożiszcze wurde gänzlich aufgegeben und in der Linie Dorosino—Perespa—Pożarki bloß eine Nachhutstellung bezogen, weil das Gelände für einen längeren Widerstand nicht geeignet war. Da Bernhardi aber zusicherte, den Stochodabschnitt etwa fünf Tage behaupten zu können, stimmte GO. Linsingen dem Vorschlag zu, erst hinter dem Stochod Halt zu machen1). Die Spitzenbataillone der eben eingelangten deutschen '108. ID., GLt. Beckmann, und der bei Powursk ausgeladenen k.u.k. 29. ID., FML. Schön, halfen mit, den Rückzug zu decken, während die Masse des Korps noch in der Nacht auf den 11. die neue Front annahm. Zugleich hatte auch das k.u.k. II. Korps den rechten Flügel der 41. HID. vom Styr auf Porskaja Wólka—Mylsk—Sokul abgebogen. Die Russen begannen sofort bei Topulno auf das linke Flußufer zu folgen. Einen Anschlag auf Kopyli machte die 4. ID. zwar zunichte, konnte aber wegen der dauernd gespannten Lage am Styrufer zwischen Godomicze und Kolki das im Gefecht stehende SchR. 34 der 90. SchBrig., das GdI. Fath wiederholt und dringend zurückbegehrte, nicht ablösen.

Kaledin, dessen XXXIX. Korps Rożiszcze genommen hatte, zog das V. Kavalleriekorps von seinem Nordflügel heran und erhielt von Brussilow das V. sib. Korps zugeschoben. Die ergebnislosen Durchbruchsversuche des gegen das Korps Hauer anrennenden IV. Kavalleriekorps wurden eingestellt; nur in der Richtung gegen Kaszowka sollte vom XXX. Korps weiter angegriffen werden2).

So traf schon am 11., während sich die beiden deutschen Divisionen Bernhardis und die k.u.k. 29. ID.3) hinter dem Stochod zwischen Wito-nież und Porskaja Wólka einrichteten, ein neuer Ansturm die 4. ID. des Korps Kaiser. Die russische 71. ID. nützte den Umstand aus, daß die Verteidigungslinie des SchR. 34 zwischen Tuman und Kopyli nicht am versumpften Uferrand der Styrschlingen, sondern längs deren Sehnen verlief; sie überschritt daher ungehindert das Gewässer und überfiel im Morgengrauen die übermüdeten und wenig Widerstandskraft besitzenden Schützen in dem noch dürftig ausgebauten Graben. Die näch-

x) Bernhardi, Eine Weltreise 1911/12 und der Zusammenbruch Deutschlands (Leipzig 1920), III, 185 ff. — Derselbe, Denkwürdigkeiten, 433 ff.

2)    B a 1 u j e w, 50. — K 1 e m b o w s k i, 46 f. — Zajontschkowskij, 35.

3)    Schön, Die 29. ID. am Stochod, 29 ff.

sten Reserven erschöpften sich auf den unübersichtlichen, großenteils von Moorwäldern bedeckten und daher schwer gangbarem Gelände im Bemühen, den Feind am Weiterdringen aufzuhalten. Linsingen befahl sofort dem Korps Fath, seinem Nachbar helfend beizuspringen, und FML. Kaiser ließ auf die Nachricht, daß der Feind in einer Breite von 2 km eingebrochen sei, durch die 29. ID., die zum II. Korps trat, den rechten Flügel der 41. HID. bis Mylsk verkürzen. Dadurch wurde die 40. HIBrig. zum Eingreifen frei. Obwohl der Führer der 7. IBrig., Obst. Steinitz, aus den am Vortage bei Rażnyczi und gegen Siemki eingesetzten Truppen eine Gegenangriffsgruppe von 18 Kompagnien bildete und damit abends die Gegend nordöstlich von Tuman erreichte, blieb die 4. ID. in der Mitte gespalten, denn ihre Westgruppe, die durch 2i 2 Honvédbataillone verstärkte 8. IBrig., hatte nicht standzuhalten vermocht und mußte in die ausgebaute Riegelstellung Nawoz—Gruziatyn— Ugly zurückgenommen werden. Heftige russische Vorstöße gegen Kopyli erhöhten die Spannung bis in die Nacht hinein. Am 12. übernahm der Führer der 41. HID., GM. Schamschula, den Befehl über die bereitgestellte 40. HIBrig. und die Westgruppe der 4. ID.; im Verein mit der Brigade Steinitz, die vom Korps Fath Verstärkungen erhalten hatte, wurde der Feind auf das südliche Styrufer zurückgeworfen x).

Die Kämpfe der letzten Tage hatten erwiesen, daß die Verteidigung des Flußabschnittes beiderseits von Kolki bis über Kopyli hinaus unter einheitliche Leitung zu stellen war. GO. Linsingen verlegte daher die Westgrenze des Korps Fath nach Tuman. Die 4. ID. wurde auf den Raum bis Nawoz beschränkt und hatte das IR. 99 mit dem 7. IBrigKmdo. als Korpsreserve auszuscheiden. Es währte aber, da der Feind stets sein Wort darein sprach, noch einige Tage, bis die gänzlich vermengten Einheiten fünf verschiedener Divisionen (4. ID. und Teile der 53., Teile der 26. SchD., 41. HID. und 90. SchBrig. der 45. SchD.) geordnet, abgelöst und die Befehlsbereiche geregelt waren. Gegen Bernhardis Stochodfront fühlten die Russen nur vorsichtig vor. Die Division Rusche focht am 12. südwestlich der Koweler Reichsstraße2); in der Landenge zwischen Stochod und Styr wehrte die 41. HID. die 3. Orenburger KosD. des V. Kavalleriekorps ab. Der Mißerfolg bei Siemki dämpfte die russische Unternehmungslust vor dem Korps Fath merklich, weshalb dieser unbesorgt bei Kopyli hatte eingreifen können. Auch an der Front Hauers

Ehrenbuch der Hesser, II, 118 ff. — Wisshaupt, Die 52. Landwehr-Infanteriebrigade, 383 ff.

2) Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 434.

konnten die in den bisherigen Kämpfen verlorenen Vorstellungen bis zum 14. wieder besetzt werden.

Bei der deutschen Gruppe Gronau beschränkte sich die Gefechtstätigkeit auf das zwischen Dauerstellungen übliche Geplänkel.

Linsingens Angriffsplan und die Absichten Brussilows

Am 12. Juni hatte GO. Linsingen der Heeresleitung in Teschen seinen Angriffsplan entwickelt. Aus dem bisherigen Handeln des Feindes, seinem nur zögernden Vordringen gegen Westen und seinen Übergangsversuchen über den Styr beiderseits von Kołki, war noch keine klare Absicht zu erkennen; immerhin ließ sich aber vermuten, „daß er seinen Angriff zur Aufrollung unserer Stellungen in nördlicher Richtung, vielleicht auf Kowel“ führen werde. „Je weiter er sich hierbei nach Westen ausdehnt, um so mehr schwächt er seine Front und um so näher wird er an die im Raume bei, westlich und südlich Kowel ausgeladenen Verstärkungen herankommen.“ Linsingen hoffte daher, die Russen mit einer starken, gegen ihre linke Flanke vorgehenden Stoßgruppe werfen zu können. Diesen Angriffskeil (deutsches X. Korps, dazu zwei Divisionen der Gruppe Bernhardi) hatte der preußische GdK. von der Marwitz l) am 15. mit dem rechten Flügel an der Turya entlang gegen Łuck zu führen, während Bernhardi nur seine Stellungen verteidigen sollte. Die k.u.k. 4. Armee hatte sich in der Nacht vom 14. auf den 15. gegen Süden zusammenzuschließen, dadurch die Front für die Gruppe Marwitz freizumachen und in weiterer Folge deren Angriff rechts gestaffelt zu begleiten. Falls die Stoßgruppe starkem Widerstand begegne, so habe „die 4. Armee, welche von der 1. k.u.k. Armee unterstützt werden wird, gegen Flanke und Rücken des Gegners“ vorzuschwenken. GO. Puhallo stellte in Aussicht, daß sein Nordflügel am 17. mit 30 Bataillonen und 20 Batterien nebst zwei Kavalleriedivisionen zu einem Stoß gegen Łuck bereitstehen und die Hauptkraft seiner Armee sich dem Vorgehen des Nordflügels anschließen werde.

Damit das einheitliche Zusammenwirken aller aufgebotenen Kräfte der Verbündeten bei der Gegenoffensive gesichert erschien, erstreckte GO. Conrad, einer Anregung Falkenhayns folgend, das Befehlsgebungsrecht Linsingens vom 15. an auch auf die 1. Armee. GO. Böhm-Ermolli

J) GdK. von der Marwitz war bis nun Kommandierender General des deutschen VI. Armeekorps an der Westfront.

wurde auf die Führung seiner 2. Armee beschränkt. Linsingen forderte ríun von Puhallo bloß das Halten der Stellung; nur die Nordgruppe sollte von Stojanów her vorgehen. Den Beginn des Gegenangriffes hatte Linsingen inzwischen auf den 16. Juni verlegen müssen, weil sich das Anrollen der schweren Artillerie nach Kowel verzögerte.

In diesen Tagen faßte aber auch Brussilow neuerdings den Entschluß zu einem Angriffe, der die gegenüberstehenden öst.-ung. und deutschen Truppen völlig niederwerfen sollte1). Dazu mochten ihn die namhaften Erfolge, die seine 9. Armee soeben gegen die Armee PflanzerBaltin erfochten hatte (S. 440ff.) ebenso bewogen haben wie der Eindruck, daß nun endlich auch die Westfront des GdI. Ewert ernsthaft zuzupacken schien. Mit Nachdruck hatte Brussilow auf Unterstützung durch ein großes Offensivunternehmen Ewerts gegen Wilna hingedrängt und auch den Führer der der Südwestfront rechts benachbarten 3. Armee, GdI. Lesch, zum Angriff auf Pinsk aufgefordert2). Allein Ewert wußte bei der Stawka stets neue Bedenken vorzubringen und den Aufschub seines Losschlagens zunächst auf den 14., sodann auf den 17. Juni zu erwirken3). Die Kämpfe bei Baranowicze, in denen das Grenadierkorps der russischen 3. Armee die Stellungen des deutschen Landwehrkorps der Armee GO. v. Woyrsch am 13. unter schweren Blutopfern vergeblich berannte, blieben denn auch nur ein vereinzeltes, kurzes Zwischenspiel4). Bei der Abwehr des Angriffes, von dem auch der äußerste Südflügel des an die deutsche 4. LD. links angrenzenden k.u.k.

XII. Korps betroffen, dessen übrige Front aber nur mit starkem Artil leriefeuer bedacht wurde, halfen die Batterien der 16. ID. durch flankierendes Feuer wirksam mit.

Brussilow ließ nun am 14. alle seine vier Armeen wieder gegen Westen losbrechen, im besonderen die 8. mit ihren Flügeln gegen Kowel und Milatyn (18 km westlich von Gorochow), die 11. gegen Druszkopol und Pomorzany5). Kaledin war überdies dem Wunsche seines Vorgesetzten schon aus eigenem Antrieb entgegengekommen; er wollte durch das V. sib. Korps, das auf dem westlichen Styrufer an Stelle des V. Kavalleriekorps zu treten hatte, und durch die 4. finn. SchD. einem

Zajontschkowskij, 36 f. — Tscherkassow, 166.

2)    Klembowski, 45.

3)    Zajontschkowskij, 32 f. — Klembowski, 45, 52.

4)    V o g e 1, Die Kämpfe um Baranowitschi im Sommer 1916 (Schlachten des Weltkrieges, Heft 2, Oldenburg 1921), 11 ff.

5)    Klembowski, 49.

überraschenden Vorstoß auf Kowel besondere Wucht verleihen. Er befahl daher dem Nordflügel (IV. Kavalleriekorps und XLVI. Korps), den Feind zu binden, und dem XXX. Korps, mit der Hauptkraft Richtung Kaszowka anzugreifen. Das V. sib. Korps sollte den Stochod übersetzen und gegen Mielnica und Holoby Vordringen. Die Mitte (XXXIX., XXXX. und VIII. Korps) hatte ihre Vorhuten in Verfolgung des Gegners bis in die Linie Majdan—Kisielin—Zaturcy—Sadow—Szklin vorzuschieben. Das V. Kavalleriekorps, die 12. und die 7. KD. sollten die Aufklärung in den bisherigen Richtungen fortsetzen1).

Der Nordflügel der links anschließenden russischen 11. Armee des GdK. Sacharow deckte sich nun mit jenem der Infanteriefront der k. u, k. 1. Armee (7. ID.), da Kaledin das starke XXXII. Korps seinem südlichen Nachbar abgetreten hatte, woraus zwei Divisionen zu einem XLV. Korps (2. finn. SchD., 126. RD.) zusammengefaßt wurden. Sacharow ordnete am 14. einen konzentrischen Angriff seiner Mitte (XXXII., XVII. Korps und rechter Flügel des VII.) gegen die im Bogen vorspringenden öst.-ung. Stellungen am Unterlauf der Plaszewka und Ikwa an, während die beiden Armeeflügel, das XLV. und der Südteil des VII. Korps stehen bleiben sollten2).

Die Begebenheiten bei der Heeresgruppe Linsingen am 14. und 15. Juni

Während der Ansturm Sacharows vom Nordflügel der k.u.k. 2. Armee (Gruppe Kosak) weder am 14. noch am 15. kaum empfunden wurde, entlud sich seine ganze Wucht auf die 1. Armee.

Schon am 14. hatten sich die Russen an die Front der Armee Puhallo herangearbeitet und die Übergangsmöglichkeiten über die versumpfte Plaszewka erkundet3). Am Nachmittag steigerte sich das Geschützfeuer gegen das XVIII. Korps, FML. Czibulka, namentlich gegen die 25. ID., GM. v. Boog. Am nächsten Vormittag, am 15., brach die 101. RD. des XXXII. Russenkorps am linken Flügel der Wiener Division bei Tar-nawka in die Stellung des zugeteilten SchR. 16 ein, das schon bei Sapanow versagt hatte. Der Gegenstoß der Korpsreserve, zweier Bataillone des IR. 85, zerschellte ebenso wirkungslos wie ein zweiter, den die Reserven der 46. SchD. unternahmen, nachdem auch deren rechter

!) B a 1 u j e w, 57 f. und Beilage 5.

2)    Tscherkassow, 165 ff.

3)    Tscherkassow, 168 ff. — Rjedkin-Rymaschewskij, 27 ff.

Flügel gestürmt worden war. Dieser Flügel und die 25. ID. wichen zu beiden Seiten des Fahrweges Kozin—Sitno an die Sitenka zurück; zwei Bataillone Deutschmeister mit Artillerie deckten den Rückzug. Die Russen setzten nun in die Frontlücke zwischen Kozin undTarnawka die transamurische Reiterdivision zur Verfolgung ein, und es ereignete sich der schon selten gewordene Fall, daß sich Infanterie und Artillerie auf freiem Felde ungestümer Reiterattacken erwehren mußten1).

Um ein Übergreifen des Rückschlages auf weitere Teile der Front und unnütze Blutopfer zu vermeiden — der Feind begann nunmehr gegen das ganze XVIII. Korps und die 46. SchD. zu drücken —, entschloß sich GO. Puhallo im Sinne der von der Heeresleitung am 12. erteilten Ermächtigung (S. 471) zur Zurücknahme seines rechten Flügels bis an die Reichsgrenze bei Radziwiłow, was auch ein Zurückschwenken der Gruppe Kosak nötig machte. Conrad und Linsingen genehmigten diesen Schritt, Linsingen allerdings mit dem einer ernsten Mahnung gleichkommenden Zusatz: „Ich erwarte, daß die Armee nunmehr ihre Stellung hält, zumal der Feind ihr gegenüber nur wenig überlegen ist.“

In der Nacht auf den 16. hielt sich das XVIII. Korps noch in der Zwischenstellung Bereżcy—Sitno; die 46. SchD. wurde von Ostrow an die Sitenka zurückgeschwenkt, um Anschluß an die 25. ID. zu nehmen. Vorbereitungen für den am 16. auszuführenden Rückmarsch in die an der Reichsgrenze zwischen Łopuszno—Radziwiłow—Korsów—Ostrow ausgebaute Stellung wurde getroffen. Als der Feind das Nachgeben der

1. Armee merkte, griff er nachts auch den angrenzenden Flügel der Gruppe Kosak an, holte sich aber eine kräftige Abfuhr.

Die Ereignisse des Tages hatten die im Zuge befindliche Gruppierung für den Offensivstoß des Nordflügels der 1. Armee empfindlich gestört; die Stoßgruppe mußte schwächer gehalten werden, als ursprünglich beabsichtigt war (S. 477). Es kamen jetzt — abgesehen von der 4. und der 7. KD. — nur die zwölf Bataillone und acht Batterien der vom Isonzo herangeholten 61. ID., FML. Winkler, in Betracht, die abends rechts von den beiden Kavalleriedivisionen über Gorochow in die Front Jelizarow—Jeziercy einrückte. Das zum Angriff nicht verwendbare Detachement Khayll hatte ab 16. den Zwischenraum bis zur

x) Hoen, Waldstätten-Zipperer und Seifert, 648 ff. — G i 1 -tschevvskij, 108. Bei der Abwehr dieser Reiterangriffe wirkten auch Batterien des FKR. 25 erfolgreich mit. Der Nachfolgetruppenkörper im österreichischen Bundesheere, die I. Abteilung des selbständigen Artillerieregiments, feiert in Erinnerung daran den 15. Juni als Gedenktag.

7. ID. im Styr—Lipaknie zu sichern. Die dieser zugedachte Verstärkung, das Regiment Mjr. Trupkovic, mußte der 46. SchD. zugeführt werden.

Die Lücke zwischen der 1. und der 4. Armee hatten die 7., die 4. und die 10. KD. zu schützen. Ihre Tätigkeit litt unter dem Mangel einer einheitlichen Leitung. Am 14. sollte die Kavallerie der 1. Armee, nach Norden vorrückend, den Feind aus Swiniuchy vertreiben. Hiezu wurde die Mitwirkung der 10. KD. gewünscht, deren äußerster Südflügel in Koniuchy stand. GM. Bauer hatte seine Hilfe zwar für den nächsten Tag zugesagt, brauchte seine Hauptkraft jedoch, als das Korps Szurmay am 14. zum Rückzug gezwungen wurde, am Nordflügel. So wurde Swiniuchy wohl von einem Regiment der 4. KD. erreicht, konnte aber, nachdem Koniuchy abends verloren gegangen war, nicht gehalten werden. Unterdessen hatte Linsingen die Befehlsführung geregelt, indem er die 7. und die 4. KD. zu einem Kavalleriekorps FML. Ostermuth zusammenfaßte. Dieses sollte dem Feinde ein Überschreiten der Linie Chołoniew—Koniuchy verwehren und mit der 10. KD. Verbindung halten. Dennoch drückten die Russen am 15. von Swiniuchy und Koniuchy gegen Ostermuths schüttere Front, die erst abends an der eintreffenden 61. ID. einen Rückhalt fand. Die 7. KD. nächtigte nördlich von Gorochow, die 4. am Oberlauf der südlichen Ługa.

GO. Tersztyánsky hatte den bekanntgegebenen Plänen Linsingens entsprechend für den 14. die Verschiebung seiner Armee in den südlich der Turya gelegenen Frontabschnitt Str. Zagórów—Łokaczy—Wojmica— Odziutyczy vorbereitet. Um sowohl diese Bewegung nach Süden als auch den Aufmarsch der Gruppe Marwitz zu verschleiern, hatten die bisherigen Sicherungen stehen zu bleiben. Am frühen Morgen des 14. sahen die Flieger stattliche russische Kolonnen gegen Westen und Nordwesten vorrücken. Auf die Anfrage, ob die 4. Armee, um die Versammlung der Stoßgruppe zu decken, in die früher befohlene Linie Odziutyczy—Nw. Dwor oder gegen Władimir-Wołyński ausweichen solle, entschied Linsingen: nur wenn vom Feind gedrängt, weicht die 4. Armee in engster Fühlung mit diesem gegen Władimir-Wołyński zurück und macht die Front des deutschen X. Korps frei. Daher wies Tersztyánszky für den Fall des Rückzuges dem Korps Szurmay den Abschnitt Wujko-wiczy (an der nördlichen Ługa)—Chorostow (an der Ryłowica) und dem Korps Csanády den angrenzenden bis zur Turya zu. Die 10. KD. sollte ein Vorrücken des Feindes in der Gegend Łokaczy möglichst lange aufhalten und erst nach vollzogenem Rückzuge Szurmays auswärts des südlichen Armeeflügels gehen. Die Russen ließen nicht lange auf sich warten und setzten dem Korps Szurmay, namentlich der 70. HID., bei Cholopieczy und Kisielin hart zu. GM. Bauer verlängerte seinen linken Flügel, indem er die ihm zugewiesene deutsche Reiterbrigade Obst. Könneritz bei Wojmica eine Aufnahmsstellung beziehen und die Straße sperren ließ. Unter diesem Schutze konnte die 70. HID. abends die Stellung Wujkowiczy—Jakowiczy einnehmen, während die 11. ID. über Odziutyczy den Raum um Chorostow erreichte.

Beim X. Korps rückte die in Reserve stehende 2. ID. nach Tumin ab. Als der Feind bei Szczuryn die 37. HID. zu überflügeln drohte, zog sie sich unter geringen Verlusten auf Nw. Dwor. Die 13. SchD. ging ohne jegliche feindliche Behelligung in den Raum nördlich der Turya zurück. Über Nacht sicherten Teile beider Divisionen, vereint mit den eintreffenden Truppen des deutschen X. Korps, von Kol. Leżachow über Makowiczy bis Nw. Dwor; der Abschnitt südlich der Turya bis Chorostow wurde durch die nunmehr vom GM. Ritt. v. Jemrich befehligte 2. ID. geschützt.

Auf Seite der Russen erreichten die drei südlichen Korps Kaledins (XXXIX., XXXX. und VIII.) die ihnen vorgezeichneten Ziele (S. 479). Der rechte Flügel Sacharows stand am 14. abends bei Zwiniacze.

Für den 15. befahl Linsingen der 4. Armee, die Linie Łokaczy— Tumin—Czesnowka, und dem deutschen X. Korps, GLt. Freih. v. Lüttwitz, die Fortsetzung bis Nw. Dwor zu halten. Nachdrücklich wurde betont, daß die Hauptkraft Tersztyánszkvs für den 16. im offenen Gelände zwischen der nördlichen Ługa und der Ryłowica bereitzustehen habe. Im Laufe des 15. marschierte das Korps Lüttwitz (19. und 20. ID.) nördlich der Turya vollständig auf; die beiden öst.-ung. Divisionen zogen auf das Südufer ab. Die 13. SchD. übernahm von der 2. ID. die Front zwischen Tumin und Kol. Leżachow, die 37. HID. gelangte als Armeereserve nach Swiczow. Szurmays Divisionen standen im allgemeinen in den tagsvorher erreichten Räumen, die verstärkte 10. KD. südlich von Łokaczy.

Der Feind drängte nicht mehr nach; denn Brussilow richtete seine Aufmerksamkeit auf die gegnerischen Ansammlungen südöstlich von Kowel, die ihm nicht entgangen waren. Er ließ die Verfolgung gegen Władimir-Wołyński einstellen; dafür sollte sich Kaledin bei Ausscheidung einer mindestens vier Divisionen starken Reserve für den 17. zum Angriff auf Kowel bereithalten1).

Zur Verstärkung der Gegenangriffsgruppe des GdK. Marwitz hatte Zajontschkowskij, 37. —■ Klembowski, 52 ff.

GdK. Bernhardi die deutsche 108. und die k.u.k. 29. ID. abzugeben und in den Raum Nw. Dwor—Majdan zu überstellen. Statt der 108. ID., die bisher bei Witonież den rechten Flügel gebildet hatte, mußte sich die Division Rusche am 14. bis dorthin ausdehnen; die ihr noch angegliederte und auf 3800 Feuergewehre aufgefüllte 89. SchBrig. (halbe

45. SchD.) hatte den Abschnitt Mł. Porsk—Porskaja Wólka zu übernehmen. Die Deckung der Landenge zwischen Stochod und Styr fiel wieder der 41. HID. zu. Da aus dem gesteigerten Artilleriefeuer und sonstigen Anzeichen zwischen Świdniki und Sokul Angriffsvorbereitungen der Russen erkannt wurden, die man mit Erfolg stören konnte, verzögerte sich die Ablösung der 29. ID. bis in die Nacht hinein. Kaum aber war sie erfolgt und die Truppe im Abmarsch begriffen, so brach der Feind bald nach Mitternacht bei der 89. SchBrig. ein. FML. Schön, der Führer der deutschböhmischen 29. ID., hatte den geringen Kampfwert der beiden ruthenischen Schützenregimenter, die zudem übermüdet waren und erst bei Dunkelheit den ihnen fremden Bereich bezogen hatten, richtig eingeschätzt und die Schlappe vorausgesehen. Daher war das IR. 94 am 15. auf ein plötzliches Eingreifen vorbereitet und zwang, unterstützt von schwachen Teilen des IR. 74, die bereits bis Bol. Porsk vorgeprellten Russen durch einen schneidigen Gegenhieb über die alte Stellung zurück1). Das II. Korps sandte seine Verfügungstruppe, das IR. 99, nach Kuchary, mit dem Obst. Steinitz, im Verein mit dem Westflügel der 41. HID., auch die Lage bei Porskaja Wólka wieder herstellte. Sämtliche in dem Abschnitt bis Mł. Porsk stehenden Truppen wurden sodann als Gruppe Steinitz zusammengefaßt, und diese dem II. Korps unterstellt.

Gleichzeitig mit dem Einbruch bei der 89. SchBrig. versuchte das V. sib. Korps, auch an der Koweler Reichsstraße und östlich von ihr über den Stochod zu kommen; denn Kaledin mußte sich, um seine Aufgabe erfüllen zu können, zunächst der Übergangsstellen bemächtigen2). Bei Mylsk und Sokul wurde die 41. HID. bedrängt, und über die Styrbrücke bei Godomicze strebten die Russen nach wie vor das Nordufer zu gewinnen und die eben erst wieder geschlossene Verteidigungslinie der 4. ID., nunmehr GM. Pfeffer, und der 26. SchD. zu zerreißen. Nur unter großen Schwierigkeiten und steten Verzögerungen konnten daher bis zum 15. abends fast alle östlich von Tuman stehenden Truppen des

1)    Schön, Die 29. ID. am Stochod, 35 ff. — Infanterie-Regiment 94 im Weltkrieg (Reichenberg 1929), 475, 485 ff. — Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 434 f.

2)    B a 1 u j e w, 59.

II. Korps durch solche des Korps Fath ersetzt werden*). Vor Hauer regte sich der Feind kaum; seine Artillerie machte sich aber gegen di© Gruppe Gronau, namentlich gegen deren Stellung am Oginskikanal fühlbar.

Brussilows Versuch vom 14., die Initiative wieder an sich zu reißen, bedeutete für die Heerführer der Mittelmächte, die dadurch gerade in ihren letzten Vorbereitungen gestört wurden, keine geringe Nervenbelastung. Die Rückschläge bei der 1. und der 4. Armee waren aber doch nicht von solcher Wirkung, daß sie Linsingen von seinem gefaßten Entschluß hätten abbringen können. Um dem Schauplatz der Ereignisse näher zu sein, wurde das Heeresgruppenkmdo. GO. Linsingen von Jabłoń nach Kowel verlegt.

Beratungen und Entschlüsse der Feldherren um

Mitte Juni

V erhandlungen zwischen Conrad und Falkenhayn

Mit dem Anwachsen der deutschen Streitkräfte im Kampfraume südlich vom Pripiatj versuchte die DOHL. auch einen erhöhten Einfluß auf die Führung zu erlangen. Deshalb ging Falkenhayn auf einen vom 11. Juni datierten Vorschlag Conrads, die Ostfront in die „Heeresgruppe Wolhynien“ mit den dort fechtenden Streitkräften des GO. Linsingen, in die „Heeresgruppe Ostgalizien“ unter GO. Böhm-Ermolli (2. und Süd-Armee) und in die der k.u.k. Heeresleitung unmittelbar unterstellte 7. Armee zu gliedern, nicht ein. Er ließ am 12. durch GM. Cramon in Teschen den Antrag stellen, den Befehl über die gesamte Front vom Pripiatj bis zur rumänischen Grenze dem GFM. Mackensen zu übertragen. Dem stimmte aber Conrad nicht zu mit dem Hinweis, „das k.u.k. AOK. würde hiedurch Bindungen hinsichtlich der Aufgaben und Kraftverteilung, nicht nur innerhalb der russischen Front, sondern auch im Verhältnis zu den anderen Kriegsschauplätzen auf sich nehmen, welche es sehr erschweren müßten, der jeweiligen Lage au£ allen Fronten Rechnung zu tragen“. Im übrigen war nach Conrads Ansicht überhaupt nicht der Einsatz eines wenn auch sehr bewährten Führers entscheidend; zur Überwindung der großen Krise im Nordosten sei erforderlich, daß das „möglichste Maß an Truppen hiefür eingesetzt werde“.

1 Ehrenbuch der Hesser, II. 122.    - Wisshaupt, Die 52. Landwehrbrigade

im Weltkrieg, 286 ff.

GO. Conrad war aber bereit, tim dem auch von ihm als berechtigt anerkannten Wunsche nach Steigerung des deutschen Einflusses auf die Führung entgegenzukommen, „die Südarmee und die 7. Armee bei gleichzeitigem Heranführen deutscher Verstärkungen in eine Heeresgruppe unter Befehl des GFM. Mackensen zu vereinigen, dem GM. Seeckt zur Seite stünde“. Für den Fall der Ablehnung seines Antrages schlug Conrad vor, diese Heeresgruppe dem GO. Böhm-Ermolli mit Seeckt als Stabschef zu unterstellen.

Falkenhayn war aber von beiden Gegenvorschlägen Conrads nicht befriedigt und eröffnete, daß, wenn Mackensen nicht die Befehlgewalt im ganzen Gebiet südlich des Pripiatj erhielt, „die Abberufung des Generalfeldmarschalls aus seiner Tätigkeit auf dem Balkan nicht zu rechtfertigen“ sei. Es blieb daher, wie Falkenhayn am 14. mit Bedauern über Conrads Weigerung feststellte, „zur Verhütung weiteren Unheils nur der weit minderwertigere Versuch mit General v. Seeckt“, der — wie schon erwähnt (S. 449 und 459) — am selben Tag zum Oberstabschef der 7. Armee ernannt wurde. Hiemit war die Frage des Oberbefehles über die öst.-ung. Ostfront wohl vorübergehend aufgeschoben, aber keineswegs aus der Welt geschafft.

Um die Monatsmitte herrschte in Teschen begreiflicherweise eine sehr gedrückte Stimmung. Am 13. erschien FML. Ritt. v. Marterer der Militärkanzlei im Hauptquartier, um sich im Aufträge des Kaisers über die Ursachen der Katastrophe und die gegenwärtige Lage zu unterrichten. GO. Conrad stand nicht an, zu erklären, daß er die Stellungen der Ostfront für uneinnehmbar gehalten habe, und daß das Versagen der 4. und der 7. Armee für ihn eine „völlige Überraschung“ war. Er eröffnete aber auch, daß er hoffe, durch die eingeleiteten Maßnahmen die Schlappe wieder wettzumachen, doch müsse man „10 bis 14 Tage Geduld und ruhige Nerven“ haben. Der Generalstabschef verabsäumte jedoch auch nicht unter Hinweis auf die Gesamtkriegslage anzuregen, „daß die Diplomaten endlich daran gehen sollen, sich über Ziel und Mittel ins klare zu kommen und nicht zu glauben, daß man Rußland bis zur Erschöpfung bringen könne“. Dieser Appell zur Beschränkung der Kriegsziele galt — wie Conrad ausdrücklich hervorhob — auch für Deutschland.

Am 15. Juni hatte sich an der Ostfront eine wenn auch trügerische Beruhigung eingestellt. Zwischen Pruth und Dniester hatten die Russen nach ihrem mißglückten Handstreich auf Czernowitz in ihrem Drängen nachgelassen. Auf dem nördlichen Dniesterufer war es — allerdings nur unter großen Mühen — geglückt, wieder eine geschlossene Front zu bilden. In Wolhynien stellten sich die Divisionen Linsingens zum Gegenangriff bereit, der am 16. zu beginnen hatte. Dennoch hielt Conrads pessimistische Stimmung an, die durch die Erkenntnis über die Aussichtslosigkeit weiterer Angriffe auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden und durch ungünstige Nachrichten über das künftige Verhalten Rumäniens noch verdüstert wurde.

In seiner seelischen Bedrängnis wandte sich Conrad am 15. Juni abends noch einmal an seinen reichsdeutschen Kollegen und teilte ihm mit dem Hinweis, daß man „sichtlich in der größten Krise des Weltkrieges“ stehe, seine Auffassung der Lage mit. Conrad meinte, die Russen würden jetzt an der öst.-ung. Front die Entscheidung erzwingen wollen, um sich — ohne in den Fehler vom Herbst 1914 zu verfallen, wo Großfürst Nikolai Nikolaje witsch schon nach halbem Siege über die öst.-ung. Armee von ihr abließ (Bd. I, S. 351 ff.) — nach völligem Niederwerfen des k.u.k. Heeres gegen Deutschland wenden zu können. Meldungen über das Auftauchen von bisher nördlich von Pripiatj angesetzten russischen Kräften, III., XXXIV. und V. sib. Korps, im Raume westlich von Łuck sowie über russische Truppenansammlungen bei Czortków—Buczacz seien geeignet, seine Ansicht zu bestätigen.

Conrad beschwor nun Falkenhayn, um die von den Russen gesuchte Kriegsentscheidung durchzustehen, alle sonst irgendwo entbehrlichen Kräfte in den Raum zwischen der Linie Brest-Litowsk—Rowno und der San—Dniesterlinie heranzuführen. Durch eine „kraftvolle Offensive an geeigneter Stelle“ sollten dann die Verbündeten versuchen, an der Ostfront selbst die Entscheidung zu erzwingen. Conrad wollte hiefür der italienischen Front noch zwei Divisionen entnehmen, fügte aber bei, daß dann dort „300 Bataillone gegen 620 Bataillone der Italiener stehen werden, wohl das äußerste Mindestmaß, um ein Vordringen der letzteren in das Innerste der Monarchie abzuwehren, das ja ebenfalls kriegsentscheidend wirken würde“.

Falkenhayn wollte Conrads Drahtschreiben erst am 16. oder 17. beantworten, denn am 16. begann die Gegenoffensive Linsingens, von deren erstem Ergebnis der deutsche Generalstabschef eine seine weiteren Entschlüsse beeinflussende Klärung der Lage erwartete.

Während Conrad und Falkenhayn in sorgenvoller Gedankenarbeit sich mühten, die Lage im Osten wieder herznastellen, reiften in denselben Tagen bei der hohen russischen Führung neue Pläne aus.

Ein neuer Entschluß der Staivka

GdI. Ewert, der Führer der russischen Westfront, hatte bei der Stawka durchgesetzt, daß sein Hauptangriff auf Wilna, von einem, Nebenunternehmen gegen Pinsk begleitet und auf den 17. Juni verschoben werde1). Wohl mit Rücksicht darauf hatte auch Brussilow, der unablässig das Losschlagen der Westfront forderte, der 8. Armee Kaledin den Vorstoß auf Kowel für den gleichen Tag aufgetragen (S. 478). Inzwischen hatte jedoch Ewert noch am 15. der Stawka seine Bedenken gegen die gewählte Angriffsrichtung vorgebracht; bei den außerordentlichen Gegenmaßnahmen der Deutschen müsse man auf eine Niederlage gefaßt sein; wohl aber könne er zu einem Angriff auf Baranowicze raten, der eher Aussichten auf Erfolg verspreche. Überdies sei dadurch auch ein Zusammenwirken mit der Südwestfront, die demnächst Kowel und Władimir-Wołyński erreichen werde, leichter möglich. Allerdings brauche er zur Vorbereitung ungefähr zwei bis drei Wochen Zeit2).

Alexejew griff diesen Antrag auf. Es schien wenig verlockend, die Westfront nach den im Frühjahre am Naroczsee gemachten Erfahrungen einer neuerlichen Niederlage auszusetzen. Zudem erhöhte die neue Angriffsrichtung gegen Baranowicze, 180 km südlich der alten gelegen und den Operationszielen der Südwestfront näher gerückt, die Erfolgsmöglichkeiten. Denn die Aussichten, das öst.-ung. Heer westlich von Łuck entscheidend zu schlagen, verringerten sich immer mehr. Brussilow hatte die Stochod—Styrschranke bis jetzt nicht zu überschreiten vermocht; der Widerstand im Halbkreis um Łuck wuchs. Über die bereits eingetroffenen Verstärkungen der Mittelmächte, darunter deutsche Truppen vom französischen Kriegsschauplätze, sowie über noch anrollende Kräfte war man durch den Nachrichtendienst gut unterrichtet.

So wandelte die Stawka im Hinblick auf die Lage des Gegners und den Vorschlag Ewerts ihre Auffassung; die Richtung Lemberg wurde aufgegeben und die Entscheidung wieder nördlich der Sumpfzone des Pripiatj gesucht. Der Entschluß fand seinen Niederschlag in Alexejews Weisung vom 16. Juni3), die einen einheitlichen Angriff gegen den Raum Brest-Litowsk—Kobrin befahl. Die Westfront hatte ihren Hauptangriff 18 Tage später nicht mehr gegen Wilna, sondern

Klembowski, 45.

-i Broussilov, 210- — Klembowski, 51 f. — Zajontschkowskij, 32 f.

3) Klembowski, 52.

auf dem linken Niemenufer über Nowogrudok und Baranowicze gegen Slonim zu führen. Um der Südwestfront zu helfen, sollte die 3. Armee, um zwei Korps vermehrt, am 19. über Pinsk auf Kobrin—Pruzany vorstoßen; Brussilow hatte über Kowel gegen Brest-Litowsk anzugreifen. Im besonderen wurde er angewiesen, entsprechende Kräfte zur sofortigen Erweiterung des Angriffes zu versammeln, und den Raum Kowel zu besetzen. Denn nur auf diese Art sei es möglich, die bis jetzt gebundenen Korps (XXX., XLVI. Korps und IV. Kavalleriekorps), beweglich zu machen. Ergänzend wurde angekündigt, daß im Bereich der Westfront und ihr unterstellt, eine neue Armee aus Gardetruppen gebildet werde, um dem Angriff auf Kobrin—Pruzany mehr Nachdruck zu verleihen.

Während Ewert daran ging, seine Kräfte für den Angriff auf Baranowicze umzugruppieren und den von besonderem Angriffsgeist beseelten Führer der 4. Armee, Gen. Ragosa, mit der Durchführung betraute, sah sich Brussilow durch den Befehl der Stawka schwer enttäuscht, Er wandte sich am 17. mit Fernsprecher an Alexejew und ersuchte, seine Bitte dem Zaren zu unterbreiten, daß dieser „Ewert unverzüglich den Befehl zum Angriff in dem seit langem vorbereiteten Raume erteile“ 1). Alexejew lehnte jedoch mit der Begründung ab, es sei unmöglich, die vom Zaren getroffenen Verfügungen zu ändern. „Die Truppen begreifen nicht — und es läßt sich auch schwer erklären —, warum die ändern Fronten schweigen“, schrieb daraufhin Brussilow am 18. dem Generalstabschef des Zaren und schilderte die Aussichten der Südwestfront überhaupt in düsteren Farben2). Seine bisherigen Erfolge würden bestenfalls zu einem taktischen Siege führen, keinesfalls aber den Ausgang des Krieges beeinflussen können, wenn die Nachbarn ganz untätig seien. Eine so verspätete Offensive Ewerts — der Beginn war auf den 29. Juni festgesetzt — bedeute keine Hilfe für die Südwestfront; bis dahin könne sie vom Gegner, der alle seine Reserven gegen sie einsetze, sogar geschlagen werden. Endlich bat Brussilow um Munition. Schießbedarf und zwei Korps Verstärkungen (I. und I. turk.) sagte Alexejew zu, sonst blieb er aber gegen die Vorstellungen Brussilows taub3). Für diesen ergab sich aus den Weisungen der Stawka vom 16. kein neuer Auftrag, denn sowohl er wie der Führer der 8. Armee hatten den Raum Kowel nie aus dem Auge gelassen.

1, Broussilov, 210.

Klembowski, Beilage 6.

3% B a 1 u j e w, 76. Klembowski, 54, 56.    -    Zajontschkowskij,    38.

Die Gegenoffensive der Mittelmächte

Hiezu Beilage 22 Anfangserfolge in Wolhynien am 16. Juni

GO. Linsingen hatte am 15. nachstehenden Befehl erlassen:

„Die Heeresgruppe greift am 16. Juni auf der ganzen Front vom linken Flügel der k.u.k. 1. Armee bis Kolki am Styr an. Schwerpunkt zwischen nördlicher Ługa-Korczeska und Linie Kol. Ostrow (6 km östlich Nw. Dwor)—Ulaniki.

Die erste Armee hält mit ihrem rechten Flügel die nunmehr eingenommene Stellung, fester Anschluß an linken Flügel der 2. Armee, und führt ihren linken Flügel (7. ID.) in Richtung Dubowyja-Korczmy vor. Sicherung der linken Flanke durch Gruppe Khayll. Die 61. ID. (Divisionskmdo. Gorochow) wird der 1. Armee unterstellt und greift in Richtung Bludow an.

Das Kavalleriekorps Ostermuth (7. und 4. KD.) geht in Richtung Watyn vor, wirft vor ihrer Front befindliche feindliche Kavallerie zurück und verhindert im Verein mit 10. KD. feindlichen Vormarsch südlich der Korczeska. Die 10. KD. mit der deutschen KBrig. macht die Front der k.u.k. 4. Armee frei und stößt südlich der nördlichen Ługa in Richtung Szelwow vor. Vom Feinde gezwungen, weichen die Kavalleriedivisionen abschnittsweise zurück. Aufgabe des Kavalleriekorps Ostermuth ist es alsdann, die linke Flanke der 1. Armee (61. ID.) zu sichern, Aufgabe der verstärkten 10. KD., die Südflanke der 4. Armee zu sichern. Verbindung untereinander ist dauernd zu halten. . .

Die 4. Armee geht mit Hauptkräften zwischen der nördlichen Luga und der Rylowica in östlicher Richtung vor. Mit schwächeren Kräften ist Verbindung mit dem an der Turya vorgehenden rechten Flügel der Stoßgruppe GdK. v. der Marwitz zu halten.

Die Stoßgruppe GdK. v. der Marwitz (deutsches X. Korps, 108. ID. und k.u.k. 29. ID. ohne ein Regiment*) greift mit dem rechten Flügel an der Turya entlang, mit dem linken Flügel etwa über Linie Kol. Ostrow (6 km nordöstlich Nw. Dwor) — Wiczyny—Kol. Kuty—Ulaniki an, mit einer starken Staffel hinter dem linken Flügel.

Die Gruppe Bernhardi greift den vor der Front stehenden Feind an. Ihr rechter Flügel schließt sich dem Vorgehen des linken Flügels der Stoßgruppe Marwitz zur Sicherung deren linker Flanke an. Die 2. GKBrig. ist nach Beginn des Vormarsches hinter der Front in Richtung auf Władimir-Wołyński zu senden; sie tritt am 17. zur 9. KD. [Diese war im Anrollen vom Naroczsee nach Kowel.]

4. Armee und Stoßgruppe Marwitz überschreiten 9*1 vorm. die Linie Wujko-wiczy—Chorostow—Kol. Leżachow—Makowiczy—Ostrow. Zu gleicher Zeit beginnt auf der übrigen Front der Angriff.“

So hatte sich GO. Linsingen, wie es die augenblickliche Lage erforderte, zu einem konzentrischen Angriff seiner Hauptkräfte auf die im Halbkreis um Łuck westlich des Styrflusses stehende Feindesmacht

*) Da das IR. 42 bei der 1. Armee verblieben und das IR. 94 bei Ml. Porsk festgehalten war, zählte die Division zunächst nur zwei Regimenter (IR. 74 und 92).

entschlossen; der Nordflügel der Heeresgruppe vom Korps Fath bis zur Gruppe Gronau hatte in seinen Dauerstellungen zu verbleiben. Die Verbündeten hofften, durch die Gegenoffensive die in der ersten Monatshälfte erlittene Niederlage wettzumachen und dem Feldzuge in Wolhynien den sehnlichst erwarteten Umschwung zu bringen. Anfeuernde Aufrufe wandten sich an das Ehrgefühl und die Zuversicht der Streiter. Von der Stoßgruppe der 1. Armee angefangen bis zur Gruppe Bernhardi (ohne das k.u.k. II. Korps) verfügte Linsingen über 12i/o Divisionen, darunter 4 deutsche; 6 Divisionen waren ihm neu zugeführt worden, 2 davon (Rusche und die 29.) hatten sich allerdings schon vor dem 16. in Gefechte verwickelt gesehen. Diesen Kräften standen die Russen, da Brussilow unterdessen in dem über Łuck vorgezogenen XXIII. Korps (20. und 53. ID.) eine frische Reserve erhalten hatte, ebenfalls mit 12 Divisionen gegenüber. Waren alle diese Verbände mit Ausnahme des eben eingetroffenen Korps auch schon im Kampfe gestanden, so hatten doch die bisherigen Erfolge die Stimmung der Russen sehr gehoben. Hingegen war die öst.-ung. 4. Armee durch den verlustreichen Rückzug ungleich schwerer betroffen worden; ihre Mannschaftsabgänge — beide Korps zählten jetzt zusammen nur

28.000 Feuergewehre — hatten nicht ersetzt werden können, wohl aber war die artilleristische Stärke auf 218 Geschütze gesteigert worden.

Allerdings konnte Linsingen in Kürze mit 14x/o Divisionen rechnen, da Falkenhayn, wie er am 14. nach Teschen mitgeteilt hatte, noch zwei deutsche Divisionen, die 11. bayr. und die 43. RD. vom französischen Kriegsschauplätze heranrollen ließ. Aber auch dadurch wurde das Kräfteverhältnis nicht sonderlich zu Ungunsten der Russen verändert, denn ihnen standen an ihrer West- und Nordfront weitaus erheblichere Reserven zu Gebote. Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß eine russische Division noch immer 16 Bataillone, eine öst.-ung. aber durchschnittlich nur 12 und eine deutsche nur 9 Bataillone besaß.

Hatten demnach die Mittelmächte zu dem bevorstehenden Waffengange kein zahlenmäßiges Übergewicht aufgebracht — vom Einlangen des XXIII. Russenkorps scheint die Heeresleitung in Teschen zunächst nichts gewußt zu haben — so konnten nur überlegenes Führergeschick und bessere Kampfmoral der Soldaten den Ausschlag geben.

Der Schlag, der der 1. Armee am 15. versetzt worden war (S. 479), hatte zur Folge, daß die Hauptkraft Puhallos im Laufe des 16., des ersten Angriffstages der Heeresgruppe Linsingen, die bereits eingeleitete Rückbewegung fortsetzen mußte. Das XVIII. Korps ging im Einklang mit seinem rechten Nachbar, der Gruppe Kosak, auf eine an der Reichsgrenze vorbereitete Stellung zurück und setzte sich auf dem westlichen Siestratynufer zwischen Radziwilow und Korsów fest. Die anschließende 46. SchD. erreichte über Redków bei Ostrow den Unterlauf der Plaszewka und damit ihre alte Linie. Das Mißgeschick des Vortages hatte beträchtliche Opfer gekostet; sie beliefen sich an die 10.000 Mann, ferner waren 4 Feld- und 2 Grabengeschütze alten Modells verloren gegangen1). Die Angreifer, die auch nicht wenig geblutet hatten, störten den Rückzug nicht weiter und folgten — wie sie es stets pflegten — nur vorsichtig über die Sitenka nach; Kosaken ritten in Radziwilow ein 2).

Der linke Flügel Puhallos schritt unterdessen befehlsgemäß zum Angriff. Die 7. ID., GM. Baumgartner, zu der das IR. 42 von der

46. SchD. als Reserve übertrat, eroberte die Hügelreihe nördlich der Lipa und behauptete sie trotz aller feindlichen Gegenstürme. Die 61. ID. arbeitete sich auf ungefähr 6 km vorwärts; als aber ihr rechter Flügel bei Zwiniacze umgangen wurde und ziemliche Verluste erlitt, mußte wegen starken feindlichen Druckes gegen die anderen Frontteile der schwer erkaufte Geländegewinn in der Dunkelheit wieder preisgegeben und auf die Ausgangsstellung Choloniew—Bozew—Jeziercy zurückgewichen werden. So konnten die beiden Angriffsdivisionen die ihnen vom Armeekmdo. zugedachte Aufgabe, gegen Norden (7. ID.) und gegen Nordosten (61. ID.) vorstoßend, sich letwa bei Gubin die Hände zu reichen, nicht erfüllen.

Die Kavalleriekörper zwischen der 1. und der 4. Armee hatten nach Linsingens Weisung ebenfalls anzugreifen. Davon konnte aber keine Rede sein, denn russische Reiter, verstärkt durch Infanterie, trachteten sich von Koniuchy her zwischen dem Korps Ostermuth und der 10. KD., GM. Bauer, einzuzwängen und drängten die inneren Flügel der beiden Reitergeschwader, die ohnehin keinen engen Anschluß hatten, auseinander. Das Herstellen und Erhalten der Verbindung zwischen Ostermuth und Bauer wollte nie recht gelingen, dadurch war aber auch das rasche Zusammenwirken der beiden Führer behindert.

J) Die 25. ID. (mit dem IR. 85, den 2 KavSchDionen. der 7. KD. und jener der LstHusBrig.) hatte 7000 Mann, die 1. LstlBrig. 500 Mann eingebüßt, die 46. SchD. gegen 3000 Mann. Nach russischer Angabe wurden 112 Offiziere und 5000 Mann gefangen, ferner 5 Geschütze erbeutet (Rjcdkin-Rymaschewskij, 29. — Giltschewskij, 97).

Giltschewskij, 108. — Tscherkassow, 171.

Die 10. KD., die einen ausgedehnten Raum zu sichern hatte, öffnete mit einem Regiment dem Korps Szurmay den Weg nach Markowiczy; erst als die Fortschritte Szurmays die Reiter an der nördlichen Ługa entlasteten, konnte GM. Bauer durch die bei Wojmica frei gewordene deutsche Reiterbrigade seinen rechten Flügel nördlich von Rykowiczy verstärken. Bei Zagorow vermochte sich Bauer nur mit Mühe zu behaupten. Ebenso mußte sich Ostermuth auf das Festhalten der Linie Jeziercy—Kolpitow und der Höhen an der südlichen Ługa bis Bielopol beschränken. Um der Kavallerie ihre Aufgabe zu erleichtern, wies GO. Linsingen am Abend der 4. Armee die über Władimir-Wołyński einlangende deutsche 9. KD., GM. v. Heuduck, zu und befahl, diese Kraft am 17. gegen Rykowiczy vorzuführen. Die Brigade Könneritz und die bei Bernhardi entbehrliche 2. GKBrig. waren der Division anzugliedern1), die im Verein mit der k.u.k. 10. KD. die Südflanke der 4. Armee zu decken und Verbindung mit dem Reiterkorps Ostermuth zu halten hatte.

Aussichtsreicher ließ sich der 16. bei der Mitte der Heeresgruppe Linsingen (4. Armee und Gruppe Marwitz) an. Die 4. Armee gewann unter verhältnismäßig geringer Gegenwirkung des Feindes 8 bis 10 km Raum nach Osten und stand abends mit der 70. HID., der nunmehr vom GM. Edl. v. Obauer geführten 11. ID., der 2. ID. und der 13. SchD. in der Linie Markowiczy—Rudnia. Die Armeereserve (37. HID.) wurde nach Süden hinter das Korps Szurmay in die Gegend Berezowiczy verlegt. Wolkenbrüche erschwerten den Truppen in dem wald- und sumpfbedeckten Gelände das Vorwärtskommen. Die Stoßgruppe Marwitz, deren linker Flügel zunächst noch des nachts seine Brückenkopfstellung bei Kol. Ostrow durch die 2. GKBrig.2) und Teile der 108. ID. gegen die 125. RD. des XXXIX. Russenkorps hatte verteidigen müssen, drängte den Feind auf etwa 7 km in die Linie Rudnia—Twerdyni—Osmigowi-czy, wo es heiß zuging, zurück. Die 108. ID. ging über den Stochod in südöstlicher Richtung vor und erstürmte Babie; hinter ihr blieb die 29. ID. nördlich des Flusses als Reserve.

Für den Angriff Bernhardis, den die Division Rusche über den Stochod beiderseits der Straße nach Perespa führen sollte, erwartete man vom k.u.k. II. Korps eine wertvolle Erleichterung, wenn neben

x) Die deutsche 9. KD. erreichte demnach einen Stand von 4 Brigaden (9 Reiterregimenter) mit insgesamt 34 Schwadronen und einer reitenden Batterie.

2) Senftleben, Das 1. Garde-Ulanen-Regiment im Weltkriege (Berlin 1929^, 246 f. — Das 3. Garde-Ulanen-Regiment im Weltkriege 1914—1918 (Berlin 1929), 118 f.

der Gruppe Steinitz auch die 41. HID., die schon auf dem Südufer stand, aus der Linie Ml. Porsk—Mylsk gegen Süden vorstieß. Allein die Anstrengungen der Verbündeten waren vergeblich, denn sie be-gegneten dem hartnäckigen Bestreben Kaledins, sich mit dem V. sib. Korps den Weg nach Kowel zu bahnen und seinerseits auf dem nördlichen Stochodufer festen Fuß zu fassen. Abends ging sogar die an der Reichsstraße gelegene Vorstellung der Division Rusche verloren, und Bernhardi vermochte nur mit Mühe die Flußlinie zu halten1).

Das Kampfergebnis des Tages war somit keineswegs sehr befriedigend und ließ erkennen, daß noch ein langwieriges, erbittertes Ringen bevorstehe, ehe man den starken, zähen Feind auf seiner bisherigen Siegesbahn zur Umkehr zwingen und auf einen glücklichen Ausgang der soeben eingeleiteten Kriegshandlung hoffen könne. Die k.u.k. Heeresleitung ermahnte denn auch die Befehlshaber der 1., der 2. und der 7. Armee: „Um mit dem Heranführen weiterer Kräfte nicht nur die Lage ganz wiederherzustellen, sondern einen positiven Erfolg zu erkämpfen, ist es notwendig, daß von den Führern und Truppen alles aufgeboten werde, um die jetzigen Kampfräume zu halten. Wegen lokaler Vorteile des Feindes oder gar aus operativen Erwägungen darf nicht zurückgegangen werden.“

Fortsetzung des Angriffes der Verbündeten (17. bis 19. Juni vormittags)

Am 17. ließ Linsingen den Angriff fortsetzen. Auch für die 1. Armee blieb der Befehl vom Vortag in Geltung. Da ein abgehorchter Funkspruch wieder einmal einen Blick in die Karten des Feindes gestattete

— Sacharow befahl dem XXXII. und dem XVII. Korps, die Vortruppen auf Brody und Suchowola, also über die derzeit gehaltene öst.-ung. Linie nach Westen vorzuschieben2) —, konnten sich die 1. und die

2. Armee gegen die Bedrohung ihrer inneren Flügel zeitgerecht wappnen. GO. Puhallo überstellte der Nachbararmee die jüngst erhaltene Aushilfe (die zwei Bataillone des IR. 85 nebst zwei Batterien) nach Brody, überdies verlegte das XVIII. Korps seine Reserve von drei Bataillonen hinter den gefährdeten Flügel der 1. LstlBrig., GM. Edl. v. Severus.

*) Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 435.

2) Tscherkassow, 170 f.

Am nächsten Tage hatten die Landstürmer, unterstützt von der Gruppe Kosak, in der Tat russische Angriffsversuche knapp südlich von Radzi-wilow abzuwehren.

Ernster sah die Lage bei der 46. SchD. aus; denn die Russen griffen am 17. abends die durch kein vorgelagertes Naturhindernis geschützte Front zwischen Korsów und Ostrow an und warfen sie über Redków zurück. Unter Einsatz der Reserven konnte zwar dem feindlichen Drucke am 18. begegnet werden; allein das 1. Armeekmdo. fühlte sich genötigt, die 7. ID., die nördlich der Lipa, schon fünf Kilometer weit vorgekommen war, zurückrufen. GM. Baumgartner ließ auf dem Nordufer befehlsgemäß nur verschleiernde Sicherungen stehen und sammelte seine Hauptmacht bei Smolawa und Beresteczko. So war für den nächsten Tag eine Kraft gesichert, falls die 46. SchD. etwa eines entlastenden Vorstoßes nach Südosten bedürfen sollte.

Der Nordflügel der 1. Armee war überhaupt nicht vom Glück begünstigt. Am 17. bemängelte Linsingen das am Vortage erfolgte Zurückweichen der 61. ID. als „nicht verständlich“, da sie im Verein mit dem Korps Ostermuth dem weit auseinandergezogenen linken Flügel des VIII. Russenkorps nicht unterlegen sei. Puhallo ließ daher am Nachmittag die beiden Heereskörper wieder vorrücken.

Das Zusammenwirken und die Leistungen der Kavalleriekörper zwischen der 1. und der 4. Armee entsprachen nicht ganz den gehegten Wünschen und Erwartungen. Das Vorgehen Ostermuths wurde von dem Bauers und dieses wieder von dem Ostermuths abhängig gemacht. Der selbst der Reiterwaffe entstammende GO. Tersztyánszky wandte sich endlich persönlich an Puhallo, damit dieser Ostermuth zu kräftigerem Zupacken veranlasse1). Desgleichen erhielt GM. Bauer eine Aufforderung, „in der Führung der Kavallerie rücksichtslose Energie“ zu bekunden und mit allen Mitteln zu trachten, zum Korps Szurmay „in ein vorwärts gestaffeltes Verhältnis zu kommen“. Abends befahl Linsingen, daß Ostermuth am nächsten Tag mit vereinter Kraft in der Richtung Watyn, Bauer gegen Wojnin und Szelwow angreifen sollten.

Die 61. ID. war am 18. abends in ihrem Vorrückungsraume wieder bis an die Linie Zwiniacze—Südrand von Pustomyty gelangt; Ostermuth war im Anschlüsse ebenfalls vorwärts gekommen, mußte aber schon

x) Zu einem wirklichen Angriff konnte das Kavalleriekorps, das 12 km Frontbreite deckte, kaum die nötige Schlagkraft aufbringen; denn der Kampf wert aller abgesessenen Reiter — die Schützendivisionen zu Fuß waren bei der 1. und der

2. Armee verblieben — kam höchstens zwei Bataillonen gleich.

nachmittags Korytnica und Swiniuchy wieder preisgeben. Der bisher von öst.-ung. Truppen gehaltene Ort Koniuchy wurde nun von der deutschen 9. KD. besetzt. Bald wurde auch die 61. ID. von überlegenen Kräften (nach wohl übertriebener Schätzung sollen es 20 bis 25 Bataillone und ebensoviele Batterien gewesen sein) geworfen und abends unter großen Verlusten zum Rückzug an die Bezimiennaja gezwungen. Daraufhin erhielt auch Ostermuth vom 1. Armeekmdo. den Befehl, seine ganze Streitmacht in den Raum westlich von Gorochow zurückzunehmen, von dort aus ein Nachdrängen des Feindes gegen die 61. ID. durch flankierendes Eingreifen zu verhindern und die Einbruchswege auf Sokal zu sperren. Am nächsten Morgen bezog die auf 3000 Feuergewehre zusammengeschmolzene 61. ID. hinter der Bezimiennaja von Choloniew bis Mirkow Stellung; aus Gorochow wurden vorgeprellte Verfolger wieder hinausgeworfen. Vom Korps Ostermuth sammelten sich die 4. KD. um Podberezie, die 7. um Pieczochwosty.

Das Heeresgruppenkmdo. besorgte nun, daß der Feind die dünne Linie der 7. ID. nördlich der Lipa überrennen und der 46. SchD. in den Rücken fallen könnte. GO. Linsingen forderte daher, die Front der 7. ID. so zu stärken, daß sie unter allen Umständen gehalten und die 46. SchD. nicht etwa von Norden aufgerollt zu werden vermöge. Die 61. ID. und Ostermuth müßten jedenfalls das Ausladen neuer Truppen im Raume Stojanów—Sokal und deren Aufmarsch am Strib decken.

Bei der 4. Armee verlief der 17. Juni recht wechselvoll. Der Flankenschutz der 70. HID., ein Bataillon am südlichen Ługaufer, nahm morgens Kozlow, das Korps Szurmay griff über Markowiczy gegen Osten und gegen Kol. Dubrowa an; das X. stritt in der anschließenden Linie bis Cholopieczy. Linsingen wies darauf hin, daß nur „schwächerer“ Feind gegenüberstehe, und forderte rücksichtsloses Vorgehen gegen die Südflanke der vor der Gruppe Marwitz haltenden Russen. Mittags mußte jedoch zuerst Kozlow aufgegeben werden, und bald war der Südflügel der 70. HID. bei Markowiczy bedroht, weshalb von der Armeereserve die 74. HIBrig. nach Łokaczy gesendet wurde. Kurze Zeit darauf mußte auch die noch verbliebene Hälfte der 37. HID. hinter das

X. Korps vorgezogen werden; denn russische Gegenstöße der 14. ID. und der 4. SchD. verursachten an der ganzen Armeefront bis Cholopieczy mehrfach Rückschläge. Linsingen betonte neuerlich, daß die schmale Front der 4. Armee es nur mit unterlegenen Kräften zu tun habe; er erwarte, daß nicht nur den feindlichen Anstürmen standgehalten, sondern daß auch weiter an Boden gewonnen werde. Kaum hatten die Korpsreserven die Lage wieder herzustellen vermocht, da wurde abends die 13. SchD. unter schweren Verlusten und in arger Verwirrung zurückgeschlagen.

GM. Bauer rückte am 18., nachdem er am Vortage das Eintreffen der ihm unterstellten deutschen 9. KD. abgewartet hatte, mit seiner Gruppe über die Ługibachniederung bis Koniuchy, Kremasz und gegen Tworeniczy vor. Dem FML. Szurmay gelang es, mit der 70. HID., GM. Goldbach, trotz aller feindlichen Widerstände nördlich der Ługa Fortschritte zu erzielen; nebst etlichen hundert Gefangenen wurde auch eine Batterie erbeutet, von der freilich nur ein Geschütz geborgen werden konnte. FML. Csanády hatte beim X. Korps noch in der Nacht angeordnet, die bedrängte 13. SchD. durch die 73. HIBrig. wieder vorzureißen. Nach Erreichen der alten Stellung mußte sodann die gänzlich erschöpfte und in ihrer Kampfkraft arg geschwächte Wiener Schützendivision als Armeereserve hinter die Front genommen werden; an ihre Stelle trat die ganze 37. Honvéddivision. Bereits am 19. in den Frühstunden glitt die 70. HID. wieder in die Ausgangsstellung des Vortages knapp östlich von Markowiczy zurück. FML. Szurmay wurde vom Armeekmdo. darauf aufmerksam gemacht, daß er sich aus eigener Kraft behaupten müsse, denn mit dem Einsatz der 13. SchD. sei bei ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht zu rechnen.

Auf die Meldung, daß die Nordgruppe der 1. Armee so weit zurückgenommen werden mußte, hatte Linsingen noch in der Nacht auf den 19. befohlen, daß die Kavalleriegruppe Bauer, in südöstlicher Richtung vorgehend, ebenfalls ein Vordringen des Feindes aufzuhalten habe. GM. Bauer sah sich jedoch zunächst durch gleichstarken Feind gebunden und konnte seine Front am 19. schon mit Rücksicht auf die Lage der 70. HID. nicht schwächen. Zur Unterstützung Ostermuths wurde daher die 2. GKBrig., die am 18. hinter dem X. Korps vorübergehend als letzte Reserve zurückbehalten worden war, an den äußersten rechten Flügel verschoben.

Dem rechten Flügel der Gruppe Marwitz setzten die Schützenregimenter des XXXX. Russenkorps in starken Stellungen westlich von Kisielin zähen Widerstand entgegen; die deutsche 20. ID. konnte bis zum 18. abends den geringen Bodengewinn gegen Cholopieczy und Kisielin nur unter schweren Kämpfen erkaufen1). Der Mitte und dem linken Flügel des deutschen Sturmblockes wurde mehr Erfolg zuteil.

x) S o b b e, Geschichte des Braunschweigischen Infanterieregiments Nr. 92 im Weltkriege 1914—1918 (Berlin 1929). 275 ff.

Die 19. ID. stand bei Siniawka; ihr Nordflügel drückte jenseits des Stochod im Verein mit der 108. ID. das feindliche XXXIX. Korps über Woronczyn x) und Trysten zurück. Am folgenden Tage sollte das Vortragen des Angriffes auf Beresk und Wiczyny den Feind aus seiner Stellung vor Kisielin heben. Die am 17. links neben der 108. ID. eingesetzte k.u.k. 29. ID. erstürmte Szczuryn und drang am 18. über Jasienowka auf Rajmiesto vor, versuchte also nach Nordosten auch zum Vorteil Bernhardis zu wirken2). Zugleich eroberte dessen rechte Anschlußdivision Rusche, dabei ein Bataillon der 29. ID., die am nördlichen Stochodufer und zwischen den beiden Flußarmen an der Reichsstraße verlorenen Stützpunkte zurück3).

Der stete Druck der Deutschen nötigte die Russen, ihre Stochod-front, namentlich das XXXIX. Korps, durch das V. Kavalleriekorps (11. KD. und 3.0renburger KosD.) und durch Teile der 4. finn. SchD. zu stützen. Brussilow unterstellte das XXIII. Korps der 8. Armee4).

Die Kämpfe beim festhaltenden Nordflügel der Heeresgruppe Linsingen (16. bis 19. Juni vormittags)

Der Angriffsbefehl Linsingens für den 16. Juni (S. 489) hatte mit der Mitwirkung der ganzen Gruppe Bernhardi, ja sogar noch mit der des angrenzenden Flügels des Korps Fath gerechnet, während der Masse dieses Korps, dem Korps Hauer sowie der Gruppe Gronau weiter das Halten ihrer Dauerstellungen oblag. Nun ließ aber Kaledin zugleich mit dem V. sib. Korps, das den Stochod bezwingen sollte, am 16. auch das XXX. Korps an der Styrlinie von Kolki bis Borowicy angreifen. Dadurch verloren Bernhardi und die öst.-ung. Führer an der Styrfront ihre Handlungsfreiheit und wurden hier, auch für die Folgezeit, gänzlich in die Abwehr gedrängt. Während des Tages arbeiteten sich die Russen auf dem Nordufer des Flusses bedenklich gegen die Nahtstelle der Korps Kaiser und Fath heran; auf der östlich von Tuman anschließenden 52. SchBrig. lastete der Geschoßhagel der feindlichen Artillerie, die auch sonst Faths und Gronaus Linien beunruhigte.

x) Harms, Geschichte des Oldenburgischen Infanterieregiments Nr. 91 (BerlinOldenburg, 1930), 227 ff.

2)    Schön, Die 29. ID. am Stochod, 40 ff. — IR. 94 im Weltkriege, 476, 501 ff.

3)    IR. 94 im Weltkriege, 495 ff. — Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 436.

4)    B a 1 u j e w, 63 f.

IV    32

Um Mitternacht auf den 17. Juni wurden die inneren Flügel der Korps Kaiser und Fath (4. ID. und 52. SchBrig.) eingedrückt. Sofort wurde die Reserve der 4. ID., das niederösterreichische IR. 49, zum Gegenstoß aufgerufen1). Die Lage beider Korps war dadurch erschwert, daß sie keine Verfügungstruppen unmittelbar zur Hand hatten. Das II. Korps hatte am Vortag zur Unterstützung der Division Rusche das Schwergewicht auf den Westflügel verlegt und dort bei der Gruppe Steinitz das IR. 99 der 4. ID. stehen. Von diesem konnte vorläufig nur ein Bataillon an den bedrohten Flügel in Marsch gesetzt werden. Beim Korps Fath waren die der Einbruchsstelle zunächst befindlichen Abschnittreserven noch während der Nacht in den Wirbel der Ereignisse hineingerissen worden2). Doch konnte das Kavalleriekorps Hauer, vor dem sich der Feind völlig untätig verhielt, mit seiner Reiterreserve aushelfen und sandte am Morgen vorerst vier Schwadronen von Maniewiczy nach Süden. Die durch die vorangegangenen Gefechte bereits gelichteten Truppen, bei der 4. ID. die Gruppe Obst. Hospodarž (2 schwache Bataillone IR. 8, 2i o vom IR. 49 und abgetrennte Splitter der 52. SchBrig.), am rechten Flügel Faths sechzehn zusammengewürfelte Kompagnien, mühten sich unterdessen vergeblich ab, in dem sumpfigen Waldgelände die alten Gräben wieder zu gewinnen. Die 4. ID. mußte vielmehr auch ihre Mitte, die Stellung vor Borowicy, aufgeben und die ganze Front von Nawoz bis gegen das Stochodknie östlich Ugly zurückbiegen, während die 52. SchBrig. östlich von Tuman einen Haken gegen Norden bildete. Die Russen breiteten sich im Raum Tuman—Gruziatyn aus.

Da verständigte GdK. Bernhardi das II. Korps, daß die am Vortag begonnenen Angriffe im Raume zwischen Stochod und Styr am 17. einzustellen und Reserven auszuscheiden seien; Angriffe der Russen habe die Artillerie niederzuhalten. Das Heeresgruppenkmdo. befahl dem II. Korps, den Feind bei Gruziatyn unter Einsatz aller Reserven über den Styr zurückzuwerfen. Fath sollte hiebei kräftig mitwirken, Hauer alle entbehrlichen Truppen seinem rechten Nachbar abgeben. Hauer überwies im Laufe des Tages unter Obst. v. Janky zwei Polenbataillone, acht Schwadronen und eine Batterie. Zwei weitere Polenbataillone kamen hinter den linken Flügel der 53. Division. Das II. Korps wollte aus dem Abschnitt Steinitz alle dort eingesetzten Abteilungen der 4. und der 29. ID. herausziehen. Hiezu hatte sich die 41. HID. nach Westen auszudehnen. Da aber während des ganzen Tages in der Landenge zwischen

1    j Ehrenbuch der Hesser, II, 122 f.

2    j Wisshaupt, Die 52. Landwehrbrigade im Weltkrieg, 386 f.

Stochod und Styr feindliche Anstürme abgewehrt werden mußten, konnten bis zum Abend nur Teile des IR. 99 abgelöst werden.

Der 4. ID., GM. Pfeffer, war es bis zur Dunkelheit gelungen, mit Hilfe des einen eingelangten Bataillons der Korpsreserve den Feind über Gruziatyn zurückzudrängen. Das Korps Fath hatte ein weiteres Ausbreiten der Russen verhindert und durch die Gruppe Janky zunächst die Wege, die in den Rücken des Styrbogens bei Czartorijsk führten, sperren lassen. Die Gruppe stand aber nur in losem Anschluß an die 52. SchBrig.; zur 4. ID. war er noch nicht gefunden. Jedenfalls blieb die Lage bei Tuman über Nacht sehr bedrohlich.

GdI. Fath und FML. Kaiser erbaten, um mit ihren seit fast zwei Wochen stark beanspruchten Streitern die Front sicher behaupten zu können, den Zuschub frischer Kräfte, den aber weder Bernhardi noch Linsingen gewähren konnten. Linsingen legte die Meldungen der beiden Korpsführer der Heeresleitung in Teschen vor, wobei er noch auf die geringe Leistungsfähigkeit der 4. Armee und die Schlappe der 61. ID. hinwies und beifügte, daß er trotz dem Einsatz von sieben deutschen Divisionen den ihm erteilten Auftrag nicht erfüllen könne, wenn nicht unverzüglich frische öst.-ung. Truppen zugeführt würden. Conrad antwortete, daß Verstärkungen augenblicklich nicht verfügbar seien; die Behauptung des Styrbogens stehe hinter der wichtigeren Aufgabe des Angriffes zurück. Nötigenfalls könne durch Beziehen der Stochodstel-lung an Kräften gespart werden.

Für den 18. befahl Linsingen den beiden k.u.k. Korpsführern, den Feind nicht durch verzetteltes Vorgehen, sondern durch gleichzeitigen Ansatz aller Kräfte vollends über den Styr zu werfen. Den bereits mehrmals geschlagenen Divisionen des XXX. und des XLVI. Korps der Russen müsse man, da es sich nur um Abwehr, zum Teil aus starken Stellungen heraus handle, gewachsen sein. Zum Gelingen der neu angelegten Gegenoffensive habe auch die festhaltende Styrfront in richtiger Erkenntnis der Lage das Äußerste zu leisten.

Der Feind trachtete jedoch den Bodengewinn am Nordufer weiter auszunützen. Vom XLVI. Korps wurden 12 Bataillone zum XXX. herangezogen1). Am 18. hämmerte die Artillerie auf die gegnerische Front von Siemki bis Tuman, zeitweise auch bis Gruziatyn. Überdies griff die russische Infanterie zwischen Kopyli und Tuman wiederholt an. GdI. Fath mußte daher von dem geplanten Gegenangriff seines rechten Flügels, wofür er durch Streckung der 53. ID. das SchR. 11 heranholte,

:) B a 1 u j e vv, 63.

abstehen und mit der 52. SchBrig. sowie der Gruppe Janky den Feind abwehren. Obst. Janky, dem GdK. Hauer noch ein Reiterregiment überwiesen hatte, vermochte im Laufe des Tages auch die Front zum

II. Korps verläßlich zu schließen. Die 4. ID. hatte inzwischen zur Unterstützung des Nachbarkorps am linken Flügel eine Gruppe von neun Kompagnien — die geringen Stände zwangen dazu, mit den kleinsten Einheiten zu verfügen — nebst einigen Batterien bereitgestellt.

Am 19. seit den frühesten Morgenstunden berannte der Feind wieder mit Ungestüm den Westflügel des Korps Fath. Hauer half nochmals mit dem letzten verfügbaren Polenbataillon aus, zugleich ging auch das

2. BrigKmdo. der polnischen Legion, Obst. Küttner, zum Korps Fath ab. FML. Smekal, von der 4. Armee zurückgekehrt, übernahm mit dem bei Bernhardi entbehrlich gewordenen Stabe der 45. SchD. den Befehl über den Abschnitt der 52. SchBrig.; er beantragte, vor einem Gegenschlage zunächst die wirr durcheinandergeworfenen Verbände zu ordnen und die abgetrennte 89. SchBrig. heranzubringen. GdI. Fath verschob seinen Gegenangriff auf den 20. Juni.

Die Angriffsabsichten der Russen gegen den Raum Pinsk, zuerst für den 17., dann für den 19. in Aussicht genommen (S. 478 und 488), wirkten sich gegen die Gruppe Gronau vorerst darin aus, daß sich der Feind bis 17. vor der 82. RD. vergeblich auf dem Westufer der Wiesolucha festzusetzen versuchte. Am 18. richtete er gegen die Stellungen der 81. RD. an der Jasiołda und am Oginskikanal heftiges Geschützfeuer, das am nächsten Tage zeitweise zum Trommelfeuer anschwoll. Linsingen veranlaßte, daß die nördlich angrenzende Armee Woyrsch hinter ihrem rechten Flügel Reserven bereitstelle1).

Linsingens geänderter Angriffsplan und die Kampfereignisse bis zum 20. Juni

Die drei Tage währende Offensive der Angriffsgruppe Linsingens hatte vorderhand kein allzu eindrucksvolles Ergebnis gezeitigt. Der schwache Nordflügel der 1. Armee, dessen Divisionen ohne einheitliche Führung vereinzelt vorgestoßen hatten, war unter erheblichen Einbußen hinter die Ausgangsstellung vom 16. zurückgewichen. Die 4. Armee war in die Abwehr gedrängt. Auch der Stoßkeil Marwitz hatte nicht, wie erhofft, eine empfindliche Flanke des mit der Hauptkraft auf Kowel

i) Vogel, 33 f.

zielenden Feindes (S. 477), sondern ebenfalls eine zäh verteidigte Front getroffen. Bemhardis rechter Flügel hatte die Stochodlinie gerade nur zu behaupten vermocht und war noch nicht dazu gekommen, sich dem Vorgehen seines rechten Nachbars anzuschließen. Dieses letzte schien allerdings eben jetzt möglich zu werden, da Marwitz mit der Mitte und dem linken Flügel nach Südosten einzuschwenken im Begriffe war und die Division Rusche um die Stochodbrücken über den südlichen Flußarm stritt. Die öst.-ung. Korps am Styr und die Gruppe Gronau waren dauernd mit der Abwehr des Feindes beschäftigt.

Die beiden als Verstärkung herangefahrenen deutschen Divisionen, die 43. RD., GM. v. Runckel, hinter dem linken Flügel Puhallos und die

11. bayr. ID., GLt. Ritt. v. Kneußl, bei Bernhardi, trafen daher gerade rechtzeitig dort ein, wo man ihrer am notwendigsten bedurfte. GO. Linsingen konnte damit die beiden äußersten Angriffsgruppen, denen bisher ein wirksames Eingreifen versagt war, schlagkräftiger machen und so seinem Plane eines konzentrischen Angriffes auf Łuck eine schärfere Fassung geben. Er entschloß sich daher am 19., die Kräfte zwischen der 1. und der 4. Armee zu einer neuen Stoßgruppe unter dem preußischen GdK. Eugen v. Falkenhaynx) zusammenzufassen und in nordöstlicher Richtung auf Łuck antreten zu lassen. Marwitz hatte den Angriff mit seinem rechten Flügel auf Zaturcy fortzusetzen, Bernhardi aus der Linie Porskaja Wólka—Mylsk gegen Perespa anzugreifen. Die

1. und die 4. Armee sowie die übrigen Kräfte Bernhardis sollten ihre Stellungen zunächst halten, sich aber dann den Fortschritten der Stoßgruppen anpassen. Falkenhayn hatte seine Truppen (43. RD., 61. ID., Kavalleriekorps Ostermuth, deutsche 9. KD.) für den 21. so bereitzustellen, daß die Infanterie mit dem rechten Flügel über Oszczew und mit dem linken über Korytnica vorbrechen konnte; die rechte Flanke hatte Ostermuth, die linke GM. Heuduck zu decken. Bis zum Eintreffen Falkenhayns traf GM. Runckel die erforderlichen Anordnungen. Bernhardi, dem die 11. bayr. ID. unterstellt wurde, hatte gleichfalls am 21. bereit zu sein.

GO. Conrad verhehlte sich nicht, daß ein Angriffserfolg der verhältnismäßig noch immer schwachen neuen Stoßgruppe in der Richtung Stojanów—Łuck wenig wahrscheinlich sei. Er drahtete am 19. an GdI. Falkenhayn: „Wenn nicht unverzüglich neue Kräfte Richtung Stojanów— Sokal herangeführt werden, kann überlegener russischer Druck in dieser

GdK. Falkenhayn, ein Bruder des deutschen Generalstabschefs, hatte bisher das XXII. RKorps an der Westfront befehligt.

Richtung auf Lemberg ganze ostgalizische Front demnächst unhaltbar machen.“ Um das augenblicklich „Möglichste“ dagegen zu tun, werde er die eben aus Südtirol der Südarmee zugeführte k.u.k. 48. ID. sofort über Lemberg—Kamionka Strumilowa zur 1. Armee weiterleiten. Conrad rechnete mit zwei feindlichen Divisionen nebst starker Reiterei im Raume vor Gorochow und nahm an, daß das XXIII. Russenkorps, dessen Anwesenheit ein Funkspruch am 18. verraten hatte, voraussichtlich nachrücken werde. GdI. Falkenhayn war mit der Maßnahme seines öst.-ung. Amtskollegen einverstanden und meinte, die neue Gruppe könne immerhin den Feind aufhalten und viele Kräfte binden, so daß der Stoß Linsingens von Nordwesten erleichtert werde. Dringe dieser Stoß durch, sei damit auch jede Gefahr für die Front vor Lemberg beseitigt.

Noch am 19. nach der Mittagsstunde ging Linsingens Angriffsbefehl seinen Unterführern zu. Mittlerweile hatte sich die Lage der 46. SchD. bei der 1. Armee soweit gefestigt, daß ein Eingreifen der 7. ID. über Beresteczko nicht mehr notwendig war. Die 7. ID. hatte daher dort nur ein Regiment zu belassen und bezog eine Abwehrstellung auf dem südlichen Lipaufer; jenseits des Flusses wurde Aufklärung und Sicherung weiter betrieben. Da die Gruppe Khayll als rechter Flankenschutz der 61. ID. zu schwach war, wurde die 7. KD. hinter deren Ostflügel verlegt. Die 4. KD. deckte den linken Flügel und schloß bei Dereczyn an die deutsche 9. KD. an. Damit hatte jede der beiden Divisionen Ostermuths eine Sonderaufgabe erhalten, weshalb der Korpsverband am nächsten Tage aufgehoben wurde. Die deutsche 43. RD., in Sokal ausgeladen, begann am Oberlaufe des Strib aufzumarschieren.

Mit der am 20. im Raum Radziechów—Stojanów einlangenden 48. ID., FML. Gabriel, verstärkte Linsingen ungesäumt die Gruppe Falkenhayn; diese hatte nun um einen Tag später, also erst am 22., loszuschlagen, das volle Eintreffen des neuen Heereskörpers jedoch nicht abzuwarten, sondern die zuletzt ankommenden Teile hinter dem rechten Flügel als Reserve nachzuziehen. Der Feind grub sich vor der Front der 1. Armee ein.

Die gelichteten Reihen der 4. Armee hielten am 19. allen weiteren Gegenstößen der Russen stand. Der Südflügel der Gruppe Marwitz rang dem Feinde Kisielin ab, während die übrige Front sich nur mühsam vorwärts kämpfte, ohne die Ziele Beresk und Wiczyny zu erreichen. Die 29. ID. wurde vor Niemir festgehalten, nur ihr linker Flügel kam etwas gegen Norden hinaus. Aus den Bränden im Raum östlich von Kisielin und aus den Beobachtungen der Flieger schloß aber das Heeres-gruppenkmdo., daß sich der Feind trotz seines zähen Widerstandes vor Marwitz und der 4. Armee zum Rückzug in eine etwa über Perespa— Torczyn — Szklin — Michajlowka ausgebaute Stellung anschicke. Die Korps wurden daher verhalten, scharf zu wachen, um nötigenfalls gleich mit der Verfolgung einsetzen zu können. Andrerseits ergab die Flugaufklärung auch, daß in Łuck dauernd Truppen ausgeladen wurden und von dort nach Westen und Südwesten vormarschierten; der schon seit Tagen festgestellte, lebhafte Zugsverkehr vom Bahnknotenpunkt Luniniec auf der Rochadelinie nach Süden deutete auf den Zuschüb neuer Verstärkungen hin.

Auch am 20. hielt der Feind zunächst noch überall stand. Die Mitte der Gruppe Marwitz lag noch immer vor Studyny, Beresk und Wiczyny festgebannt; die 29. ID. wartete das Einlangen ihrer von Bernhardi zugesandten Abteilungen ab, um Niemir am 21. mit stärkeren Kräften anzugehen. Inzwischen war durch einen aufgefangenen Funkspruch die Rückverlegung des russischen XXXX. Korpskmdos. bekannt geworden. Linsingen ließ daher gerade jetzt, da der Feind westlich Zaturcy mürbe zu werden schien, nicht locker. Marwitz und die 4. Armee hatten unaufhaltsam nachzudrücken.

In der Tat gelang es den inneren Flügeln der 37. HID., GM. Háber, und der deutschen 20. ID., Cholopieczy zu nehmen und den Feind bis zum Abend auf die Linie Semerynki—Zaturcy zurückzuwerfen. Marwitz beabsichtigte, am nächsten Tage bis Zaturcy nachzustoßen. Die geänderte Lage forderte nun auch von der 4. Armee in ihrem Gefechtsstreifen ein entschiedenes Zugreifen. Der Nordflügel des X. Korps hatte daher am 21. unbedingt mit den deutschen Nachbarn auf gleicher Höhe zu bleiben; den Angriff Szurmays hatte die 10. KD., die durch die 70. HID. mit Infanterie zu verstärken war, südlich der Luganiederung zu begleiten.

GdK. Bernhardi legte den ihm für den 21. aufgetragenen Vorstoß zwischen Porskaja Wólka und Mylsk als Durchbruch an, wozu er starke Artillerie und Minenwerfer zusammenzog. Im Laufe des 19. übernahm die 11. bayr. ID. den Abschnitt bis östlich von Mylsk, so daß ein Regiment der 41. HID. frei wurde. Der rechte Flügel dieser Division sollte mit den vereinigten schweren Batterien des II. Korps die Bayern unterstützen '). Die westlich von Porskaja Wólka stehende 89. SchBrig. trat unter den Befehl des GM. Rusche; die Bataillone der 29. ID. sowie Obst. Steinitz mit dem IR. 99 hatten zu ihren Divisionen abzurücken.

*) Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 436 f.

Der Feind hinderte die Division Rusche bei der Straßen- und Bahnbrücke vor Świdniki am Überschreiten des Stochod und setzte nachmittags zwischen Gruziatyn und Tuman neuerlich zum Durchbruch an. Bis spät in die Nacht hinein brandeten tiefgegliederte Angreiferwellen (russische 71. ID. und eine Brigade der 4. finn. SchD.) an die 4. ID. und an Faths Westflügel heran. Am 20. in den ersten Morgenstunden wurde die 4. ID. bei Gruziatyn eingedrückt; die wenigen in Reserve stehenden Kompagnien vermochten den Anprall nicht aufzufangen. GM. Pfeffer mußte seine Truppen in Anlehnung an die vorbereitete „Drahtstellung“ Nawoz—Ugly nach Nordwest zurückschwenken. Wieder klaffte eine breite Bresche zum Korps Fath. Hier verstand Obst. Janky allen gefährlichen Krisen in der Flanke und der Mitte seiner Gruppe entschlossen zu begegnen *), wobei er auch auf ein gerade anmarschierendes Bataillon der Korpsreserve griff, bis der äußerste Westflügel im Haken nach Norden abgebogen und durch drei Bataillone unter Obst. Küttner verstärkt war2).

Linsingen befahl, den Feind über den Styr zurückzuwerfen. Das

II. Korps, dessen Schwergewicht wegen Bernhardis Angriffsvorbereitungen auf dem rechten Flügel bleiben sollte, mußte jetzt wieder auf dem linken stark sein. Obst. Steinitz mit dem IR. 99, dann ein Bataillon des HIR. 31 waren schon gleich nach dem Einbruch zur 4. ID. in Marsch gesetzt worden. Nun wurden ihr noch vier Batterien zugesendet. Während die 41. HID. die Flankenstellung von Nawoz gegen Ugly sicherte, trat die ganze 4. ID., verstärkt durch das HIR. 31 und ein halbes Polenbataillon nachmittags aus dem Raum Ugly mit insgesamt zehn Bataillonen zum Gegenstoß auf Gruziatyn an. Dem fortschreitenden Angriffe schloß sich Faths abgebogener Haken an. Um das in Flammen stehende Dorf entbrannte ein wildwogender Kampf, bis die Angreifer spät am Abend eine den Südrand des Ortes entlang laufende, geschlossene Front erstritten hatten. Die 4. ID. und die linken Nachbargruppen hatten ihre Aufgabe am nächsten Tage fortzusetzen3).

Im Styrbogen von Czartorijsk und vor dem Kavalleriekorps Hauer blieb der Feind nach wie vor ruhig. Am Nordflügel der Gruppe Gronau war man auf einen Schlag der Russen gefaßt. Sie stürmten am 19. nach-

vj Obst. Gotthard Janky v. Bulcs, Kommandant des HR. 4, erhielt für die in diesen Tagen bekundete initiative Führung seiner Gruppe das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

-j Wisshaupt, Die 52. Landwehrbrigade im Weltkrieg, 391 f.

3/ Ehrenbuch der Hesser, II, 123 f.

mittags in Massen gegen die 81. RD. an, brachen aber vor der deutschen Abwehr zusammen1). Über Nacht lag weiterhin starkes russisches Artilleriefeuer, das auch am 20. Juni kaum nachließ, auf jenen Frontteilen, die von den Russen vergeblich bestürmt worden waren.

Die Kämpfe in der Bukowina und in Ostgalizien bis

zum 20. Juni

Hiezu Beilage 21 Der Verlust von Czernowitz (16. bis 18. Juni)

Zur selben Zeit als in Wolhynien durch Linsingens Gegenoffensive ein Umschwung angebahnt wurde, stürmten auf die verbündeten Heeresleitungen neue Unglücksnachrichten von der 7. Armee ein. Am 16. Juni, sechs Tage nach dem Durchbruch bei Okna, attackierten russische Reiterregimenter bei Dżurków die Gruppe FML. Hadfy. Auch bei Harasimów und bei Gwożdziec entwickelten sich Kämpfe. Reichlich spät suchte GdI. Letschitzki mit der kauk. Einheimischen KosD. und mit dem

III. Kavalleriekorps (10. KD., 1. DonKosD.) zwischen Pruth und Dniester nach Westen vorzustoßen2). Die russischen Reiterregimenter wurden von den Gruppen Benigni und Hadfy abgeschlagen und zogen sich hinter die Infanterie (XXXIII. und XLI. Korps) zurück.

Mit der Mehrzahl seiner Truppen hatte sich Gen. Letschitzki gegen die Bukowina gewandt. Das XII. Korps (12. und 19. ID.) und das XI. Korps (11. und 32. ID.) sowie die 82. ID. und die 103. RD. des bisherigen Kombinierten Korps, ferner die 1. TerekKosD. gruppierten sich zwischen Bojan und Wolczkowce auf dem nördlichen Pruthufer zum Angriff gegen den rechten Flügel der Armee Pflanzer-Baltin (S. 456).

Die russische Artillerie übernahm die Vorarbeit und begann am 16. Juni aus Geschützen schweren Kalibers die Gräben des k.u.k. XI. Korps zu beschießen. Wie in den Tagen zuvor fühlte russische Infanterie gegen den Brückenkopf von Czernowitz heran, feindliche Erkundungsabteilungen suchten bei Neumamajestie und südlich von Duboutz den Pruth zu überschreiten, stärkere Kräfte rückten gegen

Vogel, 34.

2) Litwinow, 58.

Sniatvn vor, auch bei Wolczkowce waren russische Truppen und Fahrzeuge mit Brückengerät eingelangt. GO. Pflanzer-Baltin erwartete die stärksten Vorstöße der Russen über Duboutz und über Sniatyn. GdK. Korda stellte seine Korpsreserve (Teile der 40. HID. und der Brigade Papp) südlich von Duboutz bereit. Den Pruth abwärts, in dem 30 km breiten Abschnitt bis Wolczkowce, stand das Kavalleriekorps FML. Brudermann mit nur etwa 2400 Karabinern. Die halbe 24. ID. sicherte bei Rudniki am Pruth, die KBrig. Obst. Kranz wurde hinter dem linken Flügel des Kavalleriekorps Brudermann bei Russich Banilla versammelt.

Mitten in dieser schwülen, von Spannungen erfüllten Lage wies der am 16. abends erlassene Heeresbefehl auf die Erfolge Linsingens hin, kündigte das Eintreffen von Verstärkungen (deutsche 105. und k.u.k. 48. ID.) bei der Südarmee an und betonte zugleich, wie wichtig es jetzt sei, mit dem südlichen Heeresflügel standzuhalten.

Es waren trübe Aussichten für die k.u.k. 7. Armee angesichts des schon am Pruth drohend aufziehenden Gewitters! Die Armee PflanzerBaltin zählte nur 80.000 Feuergewehre, obgleich ihre Divisionen durch Marschformationen aufgefüllt worden waren. Der streitbare Stand der

9. Russenarmee mußte mit rund 160.000 Mann angenommen werden. Von der k.u.k. 10. Armee an der Kärntner Front wurden der Armee Pflanzer-Baltin die steirischen LstlBaone. 150 und 153 zugeführt. Zwei Landsturmbataillone, das war also alles, was in den nächsten Tagen an Verstärkungen zu erwarten stand.

GM. Seeckt, der neuernannte Generalstabschef Pflanzer-Baltins, fühlte sich verpflichtet, dem GO. Conrad zu schreiben: „Wenn die Zuweisung der beiden Divisionen (deutsche 105. und k.u.k. 48. ID.) nicht möglich war, so müßte meiner gewissenhaften Überzeugung nach wenigstens baldigst schwere Artillerie zugeführt werden. Die abnehmende Widerstandskraft der Infanterie läßt sich nur durch Verbesserung der artilleristischen Unterstützung ausgleichen. Das Gefühl, einer weit überlegenen [Artillerie] gegenüberzustehen, ist hier sehr verbreitet und muß auf die Truppe niederdrückend wirken . . . Ob sich die jetzt innegehaltene Stellung bei einem starken und gut vorbereiteten Angriff überall halten lassen wird, ist mir zweifelhaft. . . Ich fürchte, daß bei der Aufgabe der Armee, mit den Hauptkräften zwischen Pruth und Dniester zu decken und mit einer anderen Gruppe die Bukowina zu sichern, die Armee in der Mitte auseinanderbrechen wird.“ Die kommenden Ereignisse ließen die Befürchtungen des GM. Seeckt leider bald als zutreffend erscheinen.

Am 17. entwickelten sich die Kämpfe am Pruth vor den. Toren von Czernowitz in großer Stärke. Nach dreistündigem Artilleriefeuer drangen Truppen des russischen XI. Korps um 4h nachm. in den Brük-kenkopf von Czernowitz ein. Das IR. 13, das in den vorangehenden Tagen alle Angriffe der Russen tapfer abgeschlagen hatte, mußte unter verlustreichen Nahkämpfen seine stark beschädigten Stellungen räumen und über den Pruth an den Nordrand von Czernowitz zurückgehen. Die Brücken wurden zerstört, ehe der Feind sie besetzen und den Fluß überschreiten konnte.

Das russische XII. Korps kam nur mit sehr schwachen Kräften bei Zawale im Abschnitt der 3. KD., die sich mit großer Geschicklichkeit verteidigte, über den Pruth herüber. Das Regiment Kaiserhusaren (HR. 1) warf sich dem Feind entgegen und hielt ihn an der Übergangsstelle fest. In der Nacht auf den 18. Juni setzten aber Truppen des russischen XI. Korps bei Neumamajestie und unterhalb von Czernowitz in Booten über den hochgeschwollenen Fluß. Im Osten der Stadt wurde die Brigade Papp durchbrochen und wich zurück. Bevor es tagte, drangen die Russen in die Vorstadt Kaliczanka ein. GdK. Korda war nicht in der Lage, den Feind aufzuhalten. Da bei Czernowitz keine Reserven mehr vorhanden waren, wurde der Entschluß gefaßt, den Kampf aufzugeben. Die Korpsreserven waren im Aufträge Pflanzer-Baltins südlich von Duboutz, 15 km von Czernowitz entfernt, versammelt worden (S. 506). Ein Versuch, die Lage auszugleichen, wurde nicht unternommen, denn GdK. Korda glaubte, über diese Reserven kein Verfügungsrecht zu haben. So mußte er mit vier, zum großen Teile aus Landsturm zusammengesetzten Infanteriebrigaden und mit zwei Kavalleriedivisionen gegen eine Übermacht, sechs Infanteriedivisionen und eine Kavalleriedivision, kämpfen. Vielleicht verlor auch die Führung unter dem Eindruck der sich überstürzenden Ereignisse einen Augenblick lang die Nerven. Schon um 3 h früh erteilte GdK. Korda allen seinen Truppen den Rückzugsbefehl. Das XI. Korps sollte, ohne unterwegs noch Widerstand zu leisten, bis an den Sereth, mit dem linken Flügel sogar bis an den kleinen Sereth, zurückgehen. Das Kavalleriekorps Brudermann hatte zunächst zwischen Lukawetz undTuczapy und dann in der Linie Berhometh—Kuty—Kosów Stellung zu nehmen.

Die Loslösung der Brigade Papp und der 10. IBrig. gelang nur unter großen Einbußen. In den Straßen von Czernowitz zusammengedrängt, staute sich der Troß; zwei Batterien konnten sich durch diese Fuhrwerksmassen nicht mehr durchwinden und fielen den Russen in die

Hände. Der Feind drückte von Osten her gegen Czernowitz vor. Die

10. IBrig., die sich bis zum letzten Augenblick tapfer am Nordrande der Stadt behauptet hatte, entzog sich noch glücklich der Einkreisung, wurde aber, ebenso wie die Brigade Papp, von verfolgender feindlicher Kavallerie arg bedrängt.

Als die Gruppe GdK. Korda vom Pruth nach Süden und nach Südwesten wich, da war es Pflanzer-Baltins begreifliche Sorge, daß die Front der 7. Armee in der Mitte auseinanderreißen werde. Aus diesem Grunde ließ er um 8h3° früh den GdK. Korda anweisen, mit dem XI. Korps schon am Sereth mit allem Nachdruck zu halten und das Schwergewicht des Widerstandes auf den linken Flügel zu verlegen. Die 10. IBrig. und die 202. HIBrig. sollten in den Verteidigungsabschnitt beiderseits von Storożynetz, die 80. HIBrig. in jenen von Za-dowa gewiesen werden. Das Kavalleriekorps Brudermann durfte aus der anbefohlenen neuen Front Lukawetz—Tuczapy nicht ohne zwingende Nötigung das Tal des Czeremosz aufwärts gegen Wiżnitz—Kuty zurückweichen. Die Zugänge nach Kosów und nach Pistyń waren durch die KBrig. Obst, Kranz zu verteidigen. Die südlich vom Pruth stehenden Teile der 24. ID. hatten stets im Anschluß an die Gruppe Korda zu fechten.

In ermüdenden Gewaltmärschen nach verlustreichen Kämpfen strebte das k.u.k. XI. Korps am 18. Juni dem Sereth zu. Die Brigade Papp gelangte bis Oprischeny. Sie wurde von der 1. TerekKosD. scharf verfolgt und hatte unterwegs auf den von Gewitterregen aufgeweichten Straßen ihren ganzen Train und auch eine schwere Batterie zurücklassen müssen; ihre Landsturmbataillone hatten 3000 Mann eingebüßt und waren stark erschüttert. Die 10. IBrig. erreichte abends unter Verlust von 2000 Streitern bei Karapcziu den Sereth; weiter flußaufwärts trafen die Brigaden der 40. HID. mit ermatteten Truppen ein. Das Kavalleriekorps Brudermann war geordnet und unverfolgt vom Pruth in den ihm zugewiesenen Abschnitt abgezogen; nachmittags schoben sich russische Vortruppen heran und setzten sich vor der 8. KD. in der Gegend südwestlich von Waschkoutz fest. Starke feindliche Infanterie überschritt bei Neumamajestie und auch bei Sniatyn den Pruth.

Die Lage in der Mitte der öst.-nng. Ostfront vom 16. bis 20. Juni

Am 18. Juni, schon unter dem Eindrücke des Falles von Czernowitz, ließ GO Conrad das vom 16. datierte Schreiben des GM. Seeckt in einer allgemeinen Weisung an den neuen Generalstabschef der Armee Pflanzer-Baltin beantworten. GM. Seeckt wurde verständigt, daß der 7. Armee schwere Artillerie zugeführt werden werde, daß jedoch die der 7. Armee zugedachten sonstigen Verstärkungen (deutsche 105. und k.u.k. 48. ID.) auf Verlangen Falkenhayns der Südarmee überwiesen wurden (S. 459). Die Aufgabe der 7. Armee müsse sich daher darauf beschränken, den südlichen Heeresflügel zwischen Dniester und Pruth und die Einbruchslinien auf Körösmezö zu decken. Die Gruppe GdK. Korda in der Bukowina könne nur das Vordringen der Russen gegen die Karpathenpässe verzögern. Darnach wäre die Stärke dieser Gruppe zu bemessen.

Die Absicht des GO. Pflanzer-Baltin war es nun freilich gewesen, mit der Gruppe Benigni nach Osten gegen Flanke und Rücken der über den Pruth vordringenden Russen vorzustoßen. Er hatte dem FZM. Benigni auch die Gruppe Hadfy unterstellt und ihm schon am 17. aufgetragen, bei Zabłotów und bei Gwożdziec starke Reserven zu bilden. Aber die Stellungstruppen der Gruppen Benigni und Hadfy samt den Reserven zählten zusammen kaum 40.000 Feuergewehre und hatten zwei russische Korps, das XXXIII. und das XLI., gegenüber, deren Stärke man mit mehr als 60.000 Streitern annehmen mußte. So bot jetzt ein Vorstoß des linken Flügels der Armee Pflanzer-Baltin keine Aussicht auf einen Erfolg; man mußte warten, bis die Südarmee mit ihrem rechten Flügel zum Angriff schritt.

Die deutsche 105. und die k.u.k. 48. ID. waren der Armee Bothmer überwiesen worden, damit sie mit ihrem verstärkten Südflügel aus dem Raume Podhajce und südwestlich davon nach Südosten vorstoße (S. 506). Aber auch dieser Angriff kam jetzt nicht zustande, da die nach Halicz anrollende k.u.k. 48. ID. am 19. Juni an den Nordflügel der schwer ringenden 1. Armee abgedreht werden mußte (S. 502).

Der Angriff der 7. Russenarmee gegen die Armee Bothmer hatte seit dem 16. Juni im großen und ganzen stillgelegen. Am 17. bei Morgengrauen und am späten Abend dieses Tages versuchten die inneren Flügel des XVI. und des XXII. Korps der Russen vergeblich, die Division GLt. Oppeln und die 39. HID. auf Gnilowody und aufKotuzów zurückzudrängen. Ihr Angriff wurde schon durch unsere Artillerie allein niedergehalten.

Auf dem Nordflügel des k.u.k. IX. Korps flammten am selben Tage erbitterte Kämpfe auf. Das IR. 12 der 33. ID. wollte den nördlich von Worobijówka an das VI. Russenkorps verlorenen Stellungsteil zurückerobern, mußte aber nach blutigem Grabenkampf von seinem Vorhaben ablassen.

Bei der    k.u.k. 2. Armee    waren der Nordflügel des    V. Korps    und

die Gruppe    FML. Kosak in    der Nacht auf den 16. Juni wegen    des

Mißerfolges    des benachbarten XVIII. Korps von der    Ikwa in    eine

vorbereitete    Stellung an der    Reichsgrenze westlich von    Łopuszno bis

südlich von Radziwilow zurückgenommen worden (S. 491). Gen. Sacharow führte die Mitte der russischen 11. Armee, die Transamur Reiterdivision und das XXXII. Korps, dem Gegner vorsichtig nach. Er besetzte Radziwilow, Nw. Poczajew und suchte zugleich auch mit dem VII. Korps die obere Ikwa entlang und über Gontowa gegen Westen vorzudrücken.

GO. Böhm-Ermolli, der am 16. sein Hauptquartier von Brody nach Lemberg verlegt hatte, richtete sein Augenmerk darauf, seinem Nordflügel wieder Festigkeit zu geben. Er erbat sich das von der 14. ID. zur Südarmee entsandte IR. 76 zurück und trat zugleich an die Heeresleitung mit dem Ersuchen heran, sie möge Verstärkungen nach Brody heranziehen und so einen Einbruch der Russen in der Richtung gegen Lemberg verhüten. Schon vier Regimenter habe die nur mehr aus vier Divisionen bestehende 2. Armee an ihre Nachbararmeen abgegeben. Die vier Divisionen, obgleich durch die XXI. Marschbataillone aufgefüllt, hätten zusammen nur 63.000 Feuergewehre für eine Front von mehr als 60 Kilometern. Wenn das XVIII. Korps der 1. Armee dem feindlichen Drucke neuerlich nachgebe, so könne die 2. Armee dorthin keine weiteren Truppen mehr entsenden.

Am 17. gingen die Russen unter lebhaftem Geschützfeuer aufklärend gegen den Nordflügel der 2. Armee vor. Ein größerer Angriff zwischen Łopuszno und Radziwilow schien unmittelbar bevorzustehen. Tatsächlich wurde am 18. gegen Mittag die auf dem linken Flügel des V. Korps stehende 31. ID. heftig angegriffen. Zugleich entwickelten sich an der ganzen Front der Gruppe Kosak Kämpfe. Die russische 13. ID. suchte in die Wälder westlich von Łopuszno einzudringen. Dort wehrte sich aber das IR. 44 tapfer und schlug den Russensturm ab. Ebenso waren des Feindes Bemühungen gegen die anderen Teile der Gruppe Kosak vergeblich. GO. Böhm-Ermolli hatte mittlerweile noch einmal die Heeresleitung um Verstärkungen für seinen Nordflügel gebeten. Aus Teschen kam die Antwort, daß zurzeit keine Kräfte nach Brody herangeführt werden könnten, die 2. Armee müsse auf ihrem rechten Flügel Truppen freizumachen versuchen. Solche wurden aber ohnedies von

GO. Böhm-Ermolli schon dem Nordflügel zugeführt: das IR. 76 von der Südarmee nach Podkamień und das IR. 83 der 33. ID. nach Brody, wo auch das IR. 85 der 27. ID. und vier Kavallerieschützendivisionen versammelt waren.

Am 19. und am 20. Juni gingen die Kämpfe zwischen Łopuszno und Radziwiłow fort; doch beschränkten sich die Russen auf Teil Vorstöße und vermochten gegenüber der k.u.k. 2. Armee keine Erfolge zu erzielen. So waren also die russischen Führer nicht imstande gewesen, dem Angriffsbefehle Brussilows zu entsprechen, der schon am

14. Juni ein gemeinsames Vorgehen der 11., der 7. und der 9. Armee auf Druszkopol, Pomorzany, Brzeżany, Stanislau, Kolomea und auf Kuty vorgesehen hatte (S. 478). Weit entfernt von diesen Zielen standen die 11. und die 7. Armee unverändert vor den Toren von Brody, vor Zalośce, im Serethgrund vorjezierna und an der Strypa. Gen. Schtscherbatschew, der Führer der 7. Armee, bereitete noch immer den unterbrochenen Angriff gegen das k.u.k. XIII. Korps am Baryszbach vor und wartete den entlastenden Vorstoß der links benachbarten 9. Armee zwischen dem Dniester und dem Pruth nach Westen ab.

Das Vordringen der Russen in der Bukowina bis an die Suczawa

(19. bis 20. Juni)

Gen. Letschitzki hatte nach dem mißglückten Durchbruchsversuch bei Gwożdziec das russische III. Kavalleriekorps an seinen linken Flügel herangezogen. GdI. Alexejew hatte ihm nahegelegt, den Gegner von Czernowitz nach Osten auf rumänisches Gebiet abzudrängen. Gen. Letschitzki ging auf diesen Gedanken nicht ein. Es galt ihm vor allem, die ganze Bukowina zu erobern. Er bildete zu diesem Zwecke sofort nach der Einnahme von Czernowitz aus der 82. ID. und der 103. RD. sowie aus dem III. Kavalleriekorps. eine neue Stoßgruppe unter Gen. Promtow. Diese hatte nach Süden zu verfolgen und mit der Kavallerie bis gegen die Karpathenpässe, mit der Infanterie bis an die Suczawa vorzudringen. Das XI. und das XII. Korps hielt Gen. Letschitzki wegen Nachschubschwierigkeiten am Pruth zurück1). Erst mußte der unterbrochene Eisenbahnbetrieb von Nowosielica bis Zuczka wieder in Gang gebracht werden, ehe der Angriff mit der ganzen 9. Russenarmee nach Süd westen und nach Westen fortgesetzt werden konnte.

a) Litwinow, 58 f. — K 1 e m b o w s k i, 51.

Am 19. Juni morgens trafen die letzten Nachhuten des k.u.k.

XI. Korps am Sereth ein. Die Brigade Obstlt. Papp hatte ihre Verfolger noch nicht abschütteln können und überschritt den Sereth nahe der rumänischen Grenze unter lebhaften Kämpfen. Auf den Hängen südlich vom Sereth, von Kamenka flußaufwärts bis Storożynetz, hatten inzwischen die 10. IBrig. und die 202. HIBrig. Stellung genommen. Bei Zadowa versammelte sich die 80. HIBrig., um gegebenenfalls ein Vorgehen der Russen über Lukawetz auf Berhometh durch einen Gegenstoß zu verhindern. Flieger der 7. Armee sahen am Vormittag auf den Straßen, die vom Pruth nach Süden führten, starke russische Kavallerie und auch Infanterie mit Geschützen gegen den Sereth Vordringen.

Gen. Promtow hatte mit seiner Gruppe bereits den Vormarsch zur Eroberung der Bukowina angetreten. Schon um Mittag erschienen die Russen vor Kamenka, Karapcziu und vor Ropcze. Noch war GdK. Korda um diese Zeit entschlossen, am Sereth zu halten. Falls aber die Russen am Sereth durchbrechen sollten, dann wollte GdK. Korda sein Korps um den rechten Flügel des Kavalleriekorps Brudermann als Drehpunkt, westwärts bis auf Kimpolung, Straza, Moldauisch Banilla zurückschwenken. GO. Pflanzer-Baltin war damit einverstanden; doch sollte der rechte Flügel des XI. Korps an der Suczawa noch einmal halten.

Um 2h nachm. überschritt russische Reiterei bei Ropcze und bei Karapcziu den Sereth und griff die 10. IBrig. an. Diese wehrte sich tapfer, die Russen brachen aber in ihre dünnen Linien ein. GdK. Korda konnte dem Feinde am Sereth keine Reserven entgegenwerfen. So trat er noch am 19. den Rückzug an. Es erschien ihm vorteilhaft, den rechten Flügel des XI. Korps sofort bis auf den Gebirgsrand südlich der Suczawa zurückzunehmen. Die stark hergenommene Brigade Papp wurde daher schon jetzt nach Arbora und nach Glitt gewiesen, wo sie die Zugangswege nach Gurahumora zu decken hatte. Die 10. IBrig. sollte nach Mardzina rücken, während die 40. HID., in Gruppen aufgelöst, zwischen Oberwikow und Straza, bei Czudyn, Davideni und auf den Waldhöhen zwischen diesem Orte und Lukawetz die Gebirgswege aus den Quelltälern der Suczawa und des Sereth nach Seletin und in das Tal des oberen Czeremosz zu verteidigen hatte. Bei Lukawetz war Anschluß an das Kavalleriekorps Brudermann zu halten, das auf den Höhen zwischen Lukawetz und Tuczapy stand. Russische Schützenketten lagen sprungbereit gegenüber, im Czeremosztale sammelten sich stärkere Kräfte nach vorne. Abends wuchs der feindliche Druck bei Tuczapy, wo die 8. KD. und die 24. ID. aneinanderschlossen. Jene wurde bald von der im Czeremosztale vorgehenden russischen 1. DonKosD. zum Rückzug auf Ispas gezwungen.

GO. Pflanzer-Baltin mühte sich, das nachgebende Frontstück zwischen den Gruppen Korda und Benigni zu versteifen. Dorthin sollte das über Körösmezö im Anrollen begriffene k. k. LstlBaon. 153 herangeführt werden. Alle Truppen der 24. ID. waren auf dem südlichen Pruthufer zu vereinigen. Die KBrig.Obst. Kranz wurde dem Südflügel Benignis überwiesen

Der Czeremosz sollte die Grenze zwischen dieser Gruppe und dem Kavalleriekorps Brudermann bilden. Gleichzeitig sorgte GO. PflanzerBaltin auch für eine Verstärkung des in der Bukowina zurückweichenden

XI. Korps. Er ließ das nach Körösmezö anrollende k. k. LstlBaon. 150 über Borsa nach Jacobeny ablenken, auch sollte das noch bei der Gruppe Benigni befindliche zusammengesetzte HIR. Obstlt. Bozó (S. 425) wieder der 202. HIBrig. überwiesen werden. Die Heeresleitung erteilte am 19. dem GdI. Bothmer den Befehl, die 79. HIBrig. aus der Front des

XIII. Korps herauszuziehen, um sie ebenfalls an das XI. Korps zurückzustellen. Ferner wurden auf dem Balkan drei ungarische Landsturmbataillone für die Bukowina freigemacht.

Am 20. drängte der russische Gen. Promtow mit seiner abgehetzten Reiterei über den Sereth gegen den Nordrand der Karpathen vor. Die Brigade Obstlt. Papp ging an diesem Tage, von der 1. TerekKosD. noch immer scharf verfolgt, über die Suczawa in den ihr zugewiesenen Abschnitt beiderseits von Arbora zurück. Die 10. IBrig. erreichte abends mit ermatteten Bataillonen Mardzina. Die 40. HID. stand nun in Gruppen von zwei bis fünf Bataillonen zwischen Straza und Berhometh. Das Kavalleriekorps Brudermann, das seinen rechten Flügel von den Höhen nördlich von Lukawetz bis an die Straße nach Wiżnitz zurückgenommen hatte, sicherte im Osten und Nordosten von Kuty; von Rożnów bis zum Pruth deckte die 24. ID. mit der ihr beigegebenen KBrig. Obst. Kranz die Wege nach Kosów. Die Gruppen Benigni und Hadfy hatten sich hinter der Czerniawa und weiter nördlich bis Nieżwiska am Dniester tief eingegraben. Die gegenüberstehenden Russen verhielten sich noch immer abwartend. Aber wie rasch konnte das weitmaschige Netz zerreißen, das GdK. Korda mit seinen Deckungstruppen vor die Zugangswege aus dem Sereth- und Czeremosztale zu den Karpathenpässen und in Flanke und Rücken der Gruppen Benigni und Hadfy geworfen hatte!

Schon streiften die Terekkosaken über Radautz nach Süden, auch rückten die 82. ID. und die 103. RD. der Russen drohend gegen Hadikfalva, Altfratautz, Petroutz und gegen Czudyn heran. Dem 7. Armeekmdo. schien es, als ob zwei Korps der Russen, das XI. und das Kombinierte Korps, zugleich mit starker Kavallerie über den Sereth gegen die Karpathenpässe vordrängten. Ein drittes Korps der Russen, das XII., war samt seiner Kavalleriedivision anscheinend im Begriffe, von Sniatyn aus im Tal des Czeremosz aufwärts gegen Kuty—Wiżnitz vorzugehen. Dieser Russenmasse konnten nach den Berechnungen des GO. Pflanzer-Baltin das k.u.k. XI. Korps und das Kavalleriekorps Brudermann zusammen nur 32.000 Feuergewehre entgegenstellen.

In dieser überaus ernsten Lage wurde GO. Pflanzer-Baltin am 20. nachmittags von Teschen aus erinnert, daß das Vordringen der Russen in der Bukowina für das Verhalten der Rumänen schwere Folgen haben könne. Nochmals betonte aber die Heeresleitung, daß sich das XI. Korps darauf beschränken müsse, das Vorgehen des Feindes über Jacobeny— Kirlibaba zu verzögern und im Gebirge zum Stehen zu bringen. Gebirgsartillerie werde der Gruppe Korda in nächster Zeit zugeschoben werden. Vor allem müsse ein russischer Einbruch über Kosów und dann weiter westwärts gegen die Bahnlinie Worochta—Delatyn verhindert werden, weil „dadurch der Südflügel der Gruppe Benigni und damit auch die ganze ostgalizische Front umfaßt wäre“. Um dieser Gefahr zu begegnen, werde der 7. Armee zunächst eine Division von der Tiroler Front über Körösmezö zugeführt, die aber erst vom 26. Juni an eintreffen könne. Eine weitere Division werde folgen.

Die großen Führerentschlüsse zu Beginn der zweiten Junihälfte

Conrads Entschluß zur Einstellung der Offensive gegen Italien

In der dritten Juniwoche hatte die beängstigende Hochspannung gegen Rußland die öst.-ung. Heeresleitung zu einem Entschlüsse genötigt, der ihr noch immer schwer genug fiel, wenngleich die Ereignisse auf der in Betracht kommenden Walstatt selbst längst nicht mehr voll befriedigen konnten: es war unvermeidlich geworden, die Offensive auf dem italienischen Kriegstheater einzustellen.

Zum erstenmal hatten die Ereignisse an der russischen Front, wenn auch noch nicht sonderlich gewichtig, am 6. Juni auf den Verlauf im Südwesten rückgewirkt; eine schon für Tirol bestimmte Division mußte im Nordosten zurückbehalten werden (S. 339). Zwei Tage später hatte Erzherzog Eugen auf die ihm vom Isonzo her schon zurollende

61. ID. zugunsten der russischen Front verzichten müssen. Es war dies zugleich ein Zugeständnis Conrads gegenüber Falkenhayn, der schon die ersten Nachrichten über Łuck mit der Forderung beantwortet hatte, Conrad möge ungesäumt bei Asiago Halt befehlen. Anderseits versuchte man mit kleinen Mitteln eine weitere Verringerung der in Tirol fechtenden Divisionen zu vermeiden. Hiezu wurden an verschiedenen Abschnitten der Südwestfront einzelne Bataillone herausgelöst, die im Bedarfsfalle auf den russischen Kriegsschauplatz geworfen werden konnten (S. 341).

Am 11. Juli jedoch, nach dem katastrophalen Durchbruch der Russen bei Okna, der zudem von einer bedenklichen Krise der 1. Armee begleitet war (S. 440 und 469), sah sich GO. Conrad genötigt, aus der Südtiroler Angriffsgruppe heraus eine Division, die 48., und überdies schwere Artillerie abzuberufen. Nun wurde in Teschen auch schon eine etwaige Einstellung der Offensive erwogen; aber man vermochte sich noch nicht zu einem ganzen Entschlüsse durchzuringen, sondern bloß zu einer Begrenzung der vordem weit gesteckten Ziele, — womit allerdings die Fortführung des Angriffes schon Sinn und Zweck zum guten Teil verlor (S. 339). Offenbar wollte man den Höhenrand von Thiene deshalb noch gewinnen, damit man später eine Ausfallspforte in die Ebene zur Verfügung habe.

In den darauffolgenden Tagen wurde die Lage in der Bukowina von Stunde zu Stunde bedrohlicher; allenthalben wurde auf den Schlachtfeldern des Nordostens nach Verstärkung gerufen. Zugleich wurde im Südwesten der Angriff immer mühsamer und es schwand, das Ausbleiben von Verstärkungen vorausgesetzt, jede Hoffnung auf nutzbringenden Raumgewinn. Nun durfte die Heeresleitung nicht länger zögern; es hieß die Offensive einstellen. Am 16. abends erließ Erzherzog Friedrich den Befehl hiezu: „Durch Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz bedingte Vereinbarungen mit DOHL. erfordern Abtransport von zwei weiteren Infanteriedivisionen (darunter nicht die 9., 10. und 43.) und schwerer Artillerie der Heeresgruppe. Aus diesem Grunde, und weil auch keine Aussicht mehr besteht, daß sich die vom Heeresgruppenkmdo. am 14. Juni ausgesprochenen Hoffnungen in absehbarer Zeit erfüllen können, sieht sich das AOK., das mit seinem Zuwarten bis an die äußerste Zeitgrenze gegangen ist, gezwungen, die Einstellung der Offensive der Heeresgruppe anzuordnen. Heeresgruppenkmdo. hat die für die Verteidigung gewählte Linie, die zur Abgabe bestimmten Verbände und den frühest möglichen Zeitpunkt des Beginnens der Einwaggonierungen zu melden. Da die 3. Armee im Kampfe steht und eine Gegenoffensive zu gewärtigen hat, hält das AOK. dafür, daß die abzugebenden Kräfte der 11. Armee zu entnehmen wären. Uber die Abgabe von Artillerie ergeht ein besonderer Befehl.“

Dieser Befehl der Heeresleitung, der große und gewiß nicht unberechtigte Hoffnungen begrub und die Rückverlegung des Schwergewichtes der öst.-ung. Kriegshandlungen nach dem Nordosten einleitete, kam dem Erzherzog Eugen ganz unerwartet. Der Erzherzog nahm für die künftige Abwehr die Linie Mattassone (9 km südlich von Rovereto)—Valmorbia—Mt. Testo—Borcolapaß— Mt. Cimone—Castel-letto—Roana—Mt. Interrotto—C. Dieci—Civaron—Salubio—Setole in Aussicht (Beilage 28). Jeglicher, südlich und östlich von dieser Linie erkämpfte Raumgewinn, damit auch die Städte Arsiero und Asiago, waren preiszugeben. Am 24. Juni sollte der Rückzug beginnen. Man hatte sich noch vor wenigen Wochen die Fünfzigjahrfeier der Schlacht bei Custoza anders gedacht.

Zur Verstärkung der Nordostfront bestimmte der Erzherzog die deutscherbländische 44. SchD. und die aus der 6. und der 18. GbBrig. zusammengesetzte, durch die 10. FABrig. vervollständigte 59. Divisionx). Die 44. Division konnte am 21., die 59. am 25. mit der Bahnfahrt beginnen. Völlig ausgeladen konnten die beiden Divisionen an der Ostfront freilich erst zu Anfang Juli sein.

Die Heeresleitung stimmte dem Antrage des Heeresgruppenkmdos. gerne zu, da die vorgeschlagene Linie weit mehr Kräfteersparnis verhieß, als weiter südlich verlaufende Abwehrstellungen; man konnte sofort mindestens drei Divisionen freimachen. Dies war um so wertvoller, als ja auch mit dem baldigen Einsetzen italienischer Angriffe gegen die außerordentlich geschwächte Isonzofront gerechnet werden mußte. In diesem Sinne ließ GO. Conrad am 18. den Erzherzog Eugen wissen, daß für Rußland zunächst nur mehr einige schwere Batterien abgefordert werden sollten, um so rascher aber eine Division samt schwerer Artillerie an die 5. Armee abzugeben sei. Der Erzherzog bestimmte hiefür die 9. ID. und meldete am 22., daß er überdies das ganze

I. Korps (10., 34. ID., 43. SchD.) aus der Front ziehen werde.

1'/ Der Wunsch des AOK., Erzherzog Eugen möge die 9., 10. und 43. Division nicht nach dem russischen Kriegsschauplatz entsenden, ging auf die nationale Zusammensetzung dieser Heereskörper zurück. Die Regimenter der 9. ID. und die 20. IBrig. der 10. ID. bestanden vornehmlich aus Tschechen, während die 21. IBrig. und die 43. SchD. größtenteils aus Ruthenen zusammengesetzt waren.

Plan einer Gegenoffensive beiderseits vorn Dniester

In der dritten Juniwoche hatte sich unterdessen die Lage an der Ostfront noch weiter verschlechtert.

Am 18. Juni früh war Czernowitz in die Hände der Russen gefallen (S. 508). Tags darauf erschienen sie bereits am Kleinen Sereth. Mit gespannter Aufmerksamkeit sahen von der nahen Grenze her die Rumänen die öst.-ung. Abwehr auch hier zusammensinken. Zugleich ließ die geringe Widerstandskraft der Gruppen Hadfy und Benigni ernsthaft für den Besitz von Lemberg fürchten, und die Bedrohung dieser Stadt hatte sich noch durch den Rückschlag am Nordflügel der 1. Armee gesteigert, da es nicht ausgeschlossen war, daß die Russen den Druck in der Richtung auf Sokal erfolgreich fortsetzten.

Am 19. war es überdies offenkundig geworden, daß die Offensive Linsingens ohne Zufuhr neuer Kräfte kaum einen Erfolg verhieß. Der Heeresgruppenführer sah sich daher bemüßigt, die Fortführung des Angriffes bis zum Eintreffen der zugewiesenen Verstärkungen (43. RD., 11. bayr. ID., k.u.k. 48. ID.) zu verschieben; sie wurde für den 21. in Aussicht genommen.

Zu allem Übel ließen, wie Conrad am 18. Juni in einem Telegramm an Falkenhayn hervorhob, abgelesene russische Funksprüche keinen Zweifel darüber, daß der Feind noch weitere erhebliche Kräfte von seiner Nord- und seiner Westfront an die Südwestfront zu überführen im Begriffe war; diese Nachricht berechtige zusammen mit dem Ausbleiben „des vermuteten großen Angriffes an der Nordwestfront“ zu dem Schlüsse, daß die Russen „die Erreichung eines Erfolges an ihrer Nordwestfront gegenüber der großzügigen Ausnützung bereits errungener Erfolge“ an ihrer Südwestfront zurückstellen werden.

Tags darauf kam Conrad in einer zweiten Depesche auf die überaus gespannte Lage zurück; er bat Falkenhayn, „weitere gemeinsame Maßnahmen zu erwägen“ und die k.u.k. Heeresleitung von den gefaßten Entschlüssen in Kenntnis zu setzen.

Diese zweite Depesche kreuzte sich auf dem Drahte mit der Antwort Falkenhayns auf Conrads Vorstellungen vom 18. Juni. Falkenhayn stimmte seinem österreichischen Kollegen darin zu, daß der Russe sich bemühen werde, den „so leicht errungenen“ Erfolg Brussilows zu sichern und auszunützen; daß die Russen hier schon „die Feldzugsentscheidung erkämpfen“ könnten, dafür sähe er jedoch keinen Grund. Im Gegenteil müsse er immer wieder betonen, daß die öst.-ung. Ostfront mit den ihr zugeführten oder noch zurollenden Verstärkungen (71/2 deutsche und 4 öst.-ung. Infanteriedivisionen) den Ansturm zum Stehen bringen könne, „wenn nur Jeder an Ort und Stelle seine Pflicht tut“. Allerdings sei es geboten, die Front zwischen Dniester und Pripiatj einem Manne wie dem GFM. Mackensen zu unterstellen, „der seine persönliche Einwirkung auf Truppe und Führer geltend zu machen in der Lage“ sei. Mittlerweile werde die öst.-ung. Heeresleitung „die Möglichkeit finden, weitere erhebliche und zuverlässige Verstärkungen von der italienischen Front, wo die Verteidigung auf die kürzeste Linie zu beschränken sein wird, heranzubringen“. Auch deutscherseits werde man um Verstärkungen bemüht sein. „Wo und wie die so zu sammelnde Kraftgruppe einzusetzen sein“ werde, das könne freilich erst später bestimmt werden. Der südlich vom Dniester befehligende öst.-ung. General werde jedenfalls für die Behauptung der Karpathen nur die unentbehrlichsten Kräfte verwenden dürfen, vor allem aber die Verbindung zwischen dem Gebirge und dem Dniester aufrechtzuerhalten haben. Schließlich wünschte Falkenhayn noch, daß die öst.-ung. Heeresleitung das Heranführen der 44. und der 59. Division (S. 516) beschleunige.

Conrad telegraphierte postwendend zurück, daß dem letztgenannten Wunsche schon entsprochen und daß auch GO. Pflanzer-Baltin noch vor dem Einlangen der Aufforderung Falkenhayns in dem gewünschten Sinne angewiesen worden sei. Was die zwei von Tirol anrollenden Divisionen anbelange, so müsse sich die öst.-ung. Heeresleitung freilich den „Ort des Einsatzes ... je nach Entwicklung der Lage . . . Vorbehalten“.

Die Kürzung der italienischen Front habe das k.u.k. AOK. ebenfalls bereits angeordnet; doch spräche das gemeinsame Interesse der Verbündeten dagegen, die wider Italien verbleibenden Kräfte so sehr zu schwächen, daß der Feind zu einem entscheidenden Gegenschlage Gelegenheit fände.

Die Berufung Mackensens erklärte Conrad dem Kaiser Franz Joseph nur dann vorschlagen zu können, „wenn weitere namhafte deutsche Verstärkungen, also eine starke deutsche Armee, für den Entscheidungskampf gegen die russische Südwestfront herangeführt würden“.

Entbehrte schon dieser Depeschenwechsel nicht der zwischen Conrad und Falkenhayn längst wieder aufgetretenen Gereiztheit, so ließ die nun folgende neuerliche Erwiderung Falkenhayns an Schärfe schon gar nichts mehr zu wünschen übrig, wobei auch wieder die gewissen offenen und versteckten abfälligen Zwischenbemerkungen über die k.u.k. Truppen nicht fehlten, die den öst.-ung. Generalstabschef immer an seiner empfindlichsten Stelle trafen. Fürs erste erklärte Falkenhayn, daß es sich, nachdem er so starke deutsche Kräfte an der öst.-ung. Front eingesetzt habe, „unter keinen Umständen mehr umgehen“ lasse, seinen Wünschen bei dem Einsatz der von Tirol herangerollten Divisionen Rechnung zu tragen. Er müsse überhaupt bitten, ihn „von allen wichtigeren Entscheidungen operativer Art“ zu unterrichten. Was zweitens die Berufung Mackensens betreffe, so sei diese vor allem vorgeschlagen worden, „dringenden, speziell öst.-ung. Bedürfnissen“ abzuhelfen. „Ich kann daher“, entschied Falkenhayn, „nicht zugeben, daß Eure Exzellenz berechtigt sind, an diese Ernennung Bedingungen zu knüpfen.“ Übrigens „gestatte“ er sich zu bemerken, daß schon jetzt eine starke deutsche Armee von 8V2 Infanteriedivisionen und einer Kavalleriedivision „als Kerntruppe an der öst.-ung. Front“ stünde und noch weitere zwei Divisionen !) im Anrollen seien.

Die in den Akten liegende Entzifferung des Telegramms enthält von der Hand des der Operationsabteilung zugeteilten Generalstabsobersten Slameczka den Vermerk: „Im Wege GM. v. Cramons nach mündlichen Weisungen Exzellenz Chefs erledigt (Exzellenz Chef geht auf diesen Ton nicht ein).“ Es vergingen zwei Tage, ehe die Zusammenarbeit der beiden Generalstabschefs in den Akten einen neuen Niederschlag fand. In dieser Zeitspanne wurden zwei Funksprüche aus Feindeslager abgehorcht, die die Schärfe der Feldzugskrise in besonders deutlichem Lichte erscheinen ließen. Am 20. funkte der italienische Botschafter in Petersburg, Carlotti, an seine Regierung, er habe Grund zur Annahme, daß Rußland in Rom dafür eintreten werde, die „günstigen Umstände“ zu einem entscheidenden Schlag auszunützen; in gleichem Sinne werde sich Alexejew an Cadorna wenden. Und tags darauf teilte der italienische Außenminister Sonnino dem Botschafter in Petersburg mit, der König von Rumänien habe einem führenden rumänischen Parlamentarier gegenüber geäußert, daß sich ihm der Augenblick für ein Eingreifen Rumäniens (selbstverständlich an der Seite der Entente) zu nähern scheine.

Der zweite dieser Funksprüche bestärkte Conrad jedenfalls in seinem Plane, dessen Geburtsstunde nicht mehr nachzuweisen ist, der aber zum erstenmal in einer vom 21. Juni datierten Meldung des Generalstabschefs an seinen Obersten Kriegsherrn angedeutet wird. Noch immer sei es — sagte Conrad in dieser Meldung — vor allem wichtig, daß bei

!) Gemeint waren die 43. RD. und die 11. bayr. ID.

Linsingen endlich der Erfolg ausreife. Unterdessen bleibe es Aufgabe der südwärts bis zu den Karpathen kämpfenden Kräfte, die Front zu halten, während die Gruppe GdK. Korda, der übrigens Verstärkungen zugedacht seien, in der Bukowina das Vordringen der Russen wohl höchstens werde verzögern können. Sei demnach die Lage am rechten Heeresflügel im Augenblick noch „weniger entscheidend“, so werde in absehbarer Zeit, nach Wiederherstellung der Front bei Łuck, anzustreben sein, Kräfte von Linsingen zur 7. Armee zu verschieben und auch hier „das Vorgehen der Russen zu begrenzen“.

Deutlicher spricht sich Conrad in einer am gleichen Tage entworfenen und spätestens am folgenden Morgen abgegangenen Depesche an Falkenhayn aus. Er sei, heißt es in diesem Schriftstück, durch die beiden Funksprüche in der Überzeugung bestärkt worden, „daß Rußland und Italien jetzt die Kriegsentscheidung durch gleichzeitigen Angriff auf beiden Fronten der Monarchie mit ganzer Kraft anstreben“ würden. Hiebei werde „starkes Vorgehen des russischen Südflügels“ auch das Losgehen Rumäniens herbeiführen. Österreich-Ungarn habe an beiden Fronten „das Äußerste zur Abwehr eingesetzt“ und verfüge über keine Kräfte gegen einen rumänischen Überfall. Um so wichtiger sei es, „durch den Einsatz starker deutscher Kräfte gegen die russische Südwestfront, an welcher jetzt zweifellos die Feldzugsentscheidung liegt, einen raschen entscheidenden Umschwung herbeizuführen“. Dieser Zweck sei — schließt Conrad seine Ausführungen — am besten durch einen „Angriff starker deutscher und öst.-ung. Kräfte beiderseits des Dniester“ zu erzielen.

Wenn man will, kann man in diesem Vorschlag eine Rückkehr zur Gorlice-Idee erblicken: Gegenschlag aus dem einspringenden Winkel, um damit die in die Karpathen hineinhängende Russenfront im Rücken zu bedrohen und zum Weichen zu zwingen.

Falkenhayn behandelte in seiner Antwort vom 22. vormittags die durch Conrad „empfohlene Operation“ zunächst mit der gewohnten Zurückhaltung. Er müsse vorerst wissen, „welche frischen und starken öst.-ung. Kräfte für den Angriff beiderseits des Dniester in Frage kämen“, ferner, ob entsprechende Maßnahmen gegen ein Eindringen der Russen nach Ungarn und Siebenbürgen getroffen seien.

In Conrads Erwiderung vom gleichen Tage wird ausgeführt, daß es jedenfalls bis Anfang Juli unmöglich sein werde, den beiden von der italienischen Front anrollenden Divisionen (44. und 59.) noch weitere folgen zu lassen. Dies ergäbe sich ebenso aus der Rücksicht auf den gewiß bevorstehenden Gegenangriff der Italiener wie aus der starken Beanspruchung der Tiroler Bahnen. ,,Ich bin also leider“, betont Conrad, „nicht imstande, gleichzeitig Angriffskräfte beiderseits des Dniester bereitzustellen, Vordringen der Russen nach Ungarn zu verwehren und die italienische Front verläßlich zu halten, worauf es doch auch wesentlich ankommt.“ Nun würde er freilich dann, wenn Falkenhayn auf den Stoß Dniester abwärts einginge und entsprechend starke deutsche Kräfte hiefür beistellen würde, das Wagnis auf sich nehmen können, auch die zwei Tiroler Divisionen für dieses Unternehmen einzusetzen und sogar einen vorübergehenden Einbruch der Russen nach Ungarn und Siebenbürgen in Kauf zu nehmen. Dagegen müßte sich bei einer ablehnenden Haltung Falkenhayns die öst.-ung. Heeresleitung darauf beschränken, die beiden Tiroler Divisionen in die Karpathen zu werfen, wobei es immer noch mehr als fraglich wäre, ob durch ein solches Flickwerk der Einbruch der Russen in Ungarn und das Eingreifen Rumäniens wirklich vereitelt werden könnten.

Die von Conrad aufgeworfenen Fragen wurden tags darauf, am 23.Juni, zwischen den beiden Generalstabschefs zu Berlin mündlich erörtert. Bei dieser Besprechung scheint in den wesentlichen Belangen das Einvernehmen, und zwar im Sinne der Vorschläge Conrads erzielt worden zu sein. Offen blieb die Frage, aus welcher Richtung im Einzelnen beim Gegenangriff in Ostgalizien vorzustoßen sein werde. Falkenhayn gab einem Stoß aus der Front der deutschen Südarmee den Vorzug, vielleicht schon deshalb, um die Kommandoführung leichter nach seinen Wünschen regeln zu können. Conrad mochte zu einer weiter südlich gelegenen Stoßrichtung hingeneigt haben. In einem vom 25. datierten Telegramm an Falkenhayn spricht er davon, „daß die Verbindungen der russischen Bukowinagruppe wirksamer durch einen Stoß zwischen Dniester und Pruth getroffen“ werden könnten, als durch einen solchen nördlich vom Dniester. Ebenso bezweifelt er in dieser Depesche die von Falkenhayn in Berlin verfochtene Möglichkeit, zu der geplanten Stoßgruppe auch Kräfte der k.u.k. 2. Armee heranzuziehen, die mit ihren vier Divisionen ohnehin 50 km Front in der empfindlichen Lemberger Richtung zu halten hatte.

Es wird wohl kaum mehr nachzuweisen sein, ob Falkenhayn in Berlin seinem österreichischen Kollegen auch Mitteilung über den bedeutsamen Entschluß zukommen ließ, den er in diesen Tagen für die Kriegführung an der Westfront gefaßt hatte: von der unmittelbar bevorstehenden Einstellung des kräfteverzehrenden Angriffes auf Verdun, die an dem der Berliner Besprechung folgenden Morgen befohlen wurde *). Freilich sprechen alle Anzeichen für die Vermutung, daß eine solche Verständigung unterblieben ist. Gehörte es schon im allgemeinen zu den seltenen Ausnahmsfällen, daß die öst.-ung. Heeresleitung näher in die Kriegführung im Westen eingeweiht wurde, so mag sich Falkenhayn diesmal außerdem durch die Erwägung zum Schweigen veranlaßt gesehen haben, daß er Conrads Begehren nach deutschen Truppen für die Ostfront nicht noch mehr herausfordern wollte. Denn was vor Verdun an Kräften etwa losgelöst werden konnte, das wurde vor allem für die Abwehrfront benötigt, die an der Somme — gegenüber gewaltigen Angriff svorbereitungen der Westmächte — auf gebaut werden mußte.

Durch die rumänische Gefahr schwer beunruhigt, hatte GO. Conrad in den letzten Tagen auch nicht verfehlt, die Diplomatie aufzurufen. In einem am 19. an den Außenminister Burián abgesandten Schreiben findet sich die Anregung, es möge der Versuch unternommen werden, Rumänien durch einen Druck Bulgariens noch in elfter Stunde zum Anschluß an die Mittelmächte zu nötigen. Burián beurteilte jedoch die Haltung Rumäniens im Augenblicke noch nicht so kritisch; auch hielt er es nicht für zweckmäßig, in Sofia Schritte anzuregen, die dort als Zeichen der Schwäche des Habsburgerreiches ausgelegt werden könnten. In den folgenden Tagen scheint sich dann allerdings auf dem Ballhausplatz das Urteil über Rumänien doch gewandelt zu haben. Am 24. ließ Burián, einigermaßen besorgt, in Teschen anfragen, ob Aussicht auf Abgrenzung des russischen Vordringens bestehe. Am 25. Juni hielt er einen vom selben Tage datierten Bericht des k.u.k. Bukarester Gesandten, Graf Ottokar Czernin, in Händen, in welchem es hieß, daß „weitere russische Siege die Situation hier sehr kritisch gestalten werden2)“.

Die Pläne der russischen Führung zur Fortsetzung der Offensive

Die Gegenoffensive der Heeresgruppe Linsingen war auf die russische Führung, insbesondere auf jene der Südwestfront, nicht ohne Eindruck geblieben. Da des weiteren die Nord- und die Westfront nichts zur Entlastung der im Raume bei Łuck schwer ringenden 8. Russen-

!) Wendt, Verdun 1916 (Berlin 1931), 170.

2) Öst.-ung. Rotbuch, Diplomatische Aktenstücke betreffend die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Rumänien in der Zeit vom 22. Juli 1914 bis 27. August 1916 (Wien 1916), 34.

armee unternahmen, und das der 3. Armee aufgetragene Unternehmen gegen Pinsk am 19. auch nicht durchgeführt, sondern im letzten Augenblick auf unbestimmte Zeit aufgeschoben wurde, beeinträchtigte dies den Tatendrang Brussilows nicht unerheblich. Er stellte daher am gleichen Tage den Führer der 8. Armee, Gen. Kaledin, vor die Wahl, ob er bis zum Eintreffen der zugesagten zwei Korps (I. turk. und I.) seinen Angriff gegen Kowel fortsetzen wolle oder nicht1).

Um nun im Raume bei Pinsk endlich doch eine Kampfhandlung auszulösen, unterstellte die Stawka am 24. Juni den Südflügel der

3. Armee (das XXXI. Korps mit 3 Divisionen, ferner 4 Reiterdivisionen) samt dem Armeekmdo., GdI. Lesch, der Südwestfront, während aus den abgetrennten Verbänden vor Baranowicze und aus bedeutenden Verstärkungen südlich der 10. Armee eine neue 4. unter Gen. Ragosa zusammengezogen wurde. Der von der früheren 4. Armee besetzte Abschnitt wurde auf die 2. und die 10. Armee aufgeteilt.

• Die Befehlsgewalt der Südwestfront erstreckte sich jetzt an Pinsk vorbei nach Norden bis zum Wygonowskojesee. Brussilow, dessen Blick dauernd auf Kowel gerichtet blieb, war sofort entschlossen, den ihm zugefallenen Kraftzuwachs seinen Offensivabsichten dienstbar zu machen. Noch am 24. schrieb er der 3. Armee als nächste Aufgabe vor, mit dem Südflügel den Raum um Gorodok am westlichen Styrufer in Besitz zu nehmen und überdies mit einer Nebengruppe die Deutschen bei Pinsk anzufallen. Tags darauf ergingen die Weisungen an die übrigen Armeen; alle sollten anfangs Juli die Offensive wieder aufnehmen.

Der Oberbefehlshaber der Westfront, GdI. Ewert, ließ den Angriff bei Baranowicze, den er der Stawka vorgeschlagen hatte (S. 487), für den gleichen Zeitpunkt vorbereiten. Die zwischen der 3. und der

10. Armee eingeschobene 4. des Gen. Ragosa sollte mit einem gewaltigen Truppenaufgebot, das der West- und der Nordfront entstammte (insgesamt 8 Korps, 4i/2 einzelne Divisionen und 5 Kavalleriedivisionen), auf Slonim—Nowo Grudok angreifend, die gegnerische Front durchbrechen und über die Szczara und den Niemen werfen. Gleichzeitige kurze Vorstöße der 10. und der 2. Armee in der Richtung Wilna hatten die Aufmerksamkeit vom Flauptangriffsraume Baranowicze abzulenken 2).

Die Pläne für die Fortsetzung der russischen Sommeroffensive und ihre Ziele lagen nunmehr fest. Allerdings waren die entscheidungsuchenden Kampfhandlungen sowohl südlich wie nördlich vom Pripiatj erst

1)    Zajontschkowskij, 38.

2)    Ebenda, 39 ff.

für den Anfang des Monates Juli in Aussicht genommen. Unterdessen erfuhren aber die erbitterten Kämpfe in Wolhynien, ausgelöst durch den am 21. Juni erneuten Ansturm Linsingens, und die weitere Vorrückung der Russen in der Bukowina keine Unterbrechung.

Fortführung der Offensive Linsingens gegen Łuck (2 1. bis 2 9. Juni)

Hiezu Beilage 23 Die Kämpfe in der Zeit vom 21. bis 24. Juni

Am 21. nahm die Gegenoffensive der Verbündeten gegen den im Halbkreis um Łuck stehenden Feind ihren Fortgang, wobei von den beiden Flügeln, den Gruppen Falkenhayn und Bernhardi, neue Triebkraft ausgehen sollte. Man war deshalb auf weitere Verstärkung dieser Gruppen bedacht und bestimmte die anrollende deutsche 22. ID. für Falkenhayn und die 107. für Bernhardi.

Die 1. Armee hatte in der Abwehr zu verharren; da auch die Russen stillhielten, verlief der 21. Juni ereignislos. Am nächsten Tage jedoch belegte der Feind das XVIII. Korps, namentlich die 1. LstlBrig. bei Radziwilow, mit starkem Artilleriefeuer und setzte gleichzeitig der 46. SchD. westlich der Plaszewka hart zu; aber die Infanterievorstöße der Russen, die sich auch am 24. gegen die 46. SchD. wiederholten, konnten blutig abgeschlagen werden1).

Bei der Angriffsgruppe Falkenhayn traf GM. Runckel am 21. die letzten Vorbereitungen. Die 61. ID. hatte schon bis zum Morgen ihren linken Flügel westlich von Gorochow kampflos nach Wierchostaw vorgeschwenkt. Die 43. RD. schob sich nun anschließend, teilweise unter leichtem Geplänkel, bis Koniuchy ein, so daß die 4. KD. hinter der Front an den Ostflügel der Angriffsgruppe abrücken konnte. Die deutsche 9. KD. fühlte aus der Linie Koniuchy—Kremasz gegen Osten vor. Beabsichtigt war, am 22. den Ostflügel zwischen Haliczany und Gorochow einen Angriff vortäuschen zu lassen, und mit dem Schwergewicht am Westflügel in der Richtung Watyn vorzustoßen. Da sich das VIII. Russenkorps, nachdem das rechts benachbarte XXXX. am 20. geworfen worden war, mit der Hauptkraft in die Linie Watyn—Błudów— Szklin zurückgezogen hatte, fand die Angriffsgruppe Falkenhayn am Tscherkassow, 173 f.

22. — der General übernahm nachmittags den Befehl — zunächst nur geringen Widerstand. Die 7. KD.1), der abends eine Brigade der 4. folgte, wandte sich gegen Zwiniacze; die 61. ID., FML. Winkler, verstärkte sich durch fünf bereits eingetroffene Bataillone der 48. ID. und rückte gegen Tereszkowiec vor. Die deutsche 43. RD. gewann gegen Pustomyty und über Korytnica Raum, die deutsche 9. KD. nahm Swiniuchy und stieß im Anschluß an die k.u.k. 10. KD. gegen Bubnów und Liniew vor. FML. Winkler sollte beim Einsatz der ihm unterstellten Teile der 48. ID. allerdings berücksichtigen, daß Falkenhayn die ganze Division rechts von der 61. verwenden wollte. Am Abend wurde denn auch der 48. ID., FML. Gabriel, der Frontabschnitt zwischen Oszczew und Tereszkowiec, der von da bis Pustomyty der 61. zugewiesen.

Am 23. gedachte Falkenhayn, den Angriff seiner ganzen Gruppe bis in die Linie Michlin—Skurcze vorzutragen; die beiden Flügeldivisionen (48. und 43.) hatten sich, um einer Flankenbedrohung vorzubeugen, nach außen tief zu staffeln. Die 48. ID. erfüllte diesen Auftrag durch das Nachziehen der zuletzt ausgeladenen Bataillone. Die zwei Kavalleriekörper am Ostflügel Falkenhayns wurden unter dem bisherigen Kommandanten der k.u.k. 9. KD., FML. Leonhardi 2), der den FML. Ostermuth in der Führung der 4. KD. ersetzte, wieder in einen Korpsverband zusammengefaßt. Am 23. verjagten die 7. KD. und die 21. KBrig. den schwachen Feind aus Zwiniacze. Sodann wurde die Aufklärung auf dem nördlichen Lipaufer sowohl gegen Osten als auch mit der noch verfügbaren 18. KBrig. gegen Nordosten über Ulgowka vorgetrieben. Falkenhayns Mitte, alle drei Infanteriedivisionen, schritten in ihren Gefechtsstreifen ebenfalls aus, stießen aber, nachdem Pustomyty gewonnen war, längs der südlich von Błudów verlaufenden Niederung auf starken Widerstand vor einer Stellung, die sich über Watyn nach Norden zog und auch der deutschen 9. KD. östlich Bubnów Einhalt gebot. Die 61. ID. konnte Błudów nicht erobern, und auch die 43. RD. vermochte südlich von Watyn nur vorübergehend in die russischen Gräben einzudringen3). GO. Linsingen wies abends den rechten Infanterieflügel Falkenhayns an, daß er, sobald der Feind aus seiner Stellung

!) Mit dem 22. Juni traten ihre beiden KavSchD., von der 1. Armee rückgestellt, wieder in den zuständigen Verband; die Reiter der LstHusBrig., in ein Regiment zu vier Schwadronen zusammengezogen, blieben der 7. KD. angegliedert.

2)    An dessen Stelle bei der 9. KD. im Kavalleriekorps Hauer trat GM. Ritt, v. Le Gay.

3)    Bergede r, Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 202 (Berlin 1927), 94 f. — Schwedt, Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 204 (Zeulenroda 1929), 175 f.

Bludów—Watyn geworfen war, in der Richtung Michlin vorzustoßen habe; das Reiterkorps Leonhardi sollte Direktion Gubin nehmen und weitausgreifend zwischen der Lipa, der Leniewka und dem Styr aufklären. Ebenso hatte auch die Lufterkundung der 1. und der 4. Armee dem Raume zwischen dem Styr und der Korczeska besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die 1. Armee hatte die 7. ID. zum Vorbrechen über die Lipa bereitzuhalten.    •

Nun waren aber die auf dem Nordufer stehenden Sicherungen der

7. ID. am 22. auf ganz kleine Brückenköpfe zusammengedrängt worden. Um für die bevorstehende Aufgabe bessere Vorbedingungen zu schaffen, erstürmte das IR. 68 am frühen Morgen des 24. den Höhenzug nördlich von Nowostaw und Holatyn. Der rechte Flügel der Division verlor hingegen die Brücke beim Ort Lipa und wurde ganz auf das Südufer zurückgedrängt.

Beim Kavalleriekorps wurde am 24. der Raum nördlich des Flusses und östlich von Zwiniacze durch die 20. und die 21. KBrig. vollends vom Feinde gesäubert und der Anschluß an den Westflügel der 7. ID. hergestellt; die 11. und die 18. KBrig. deckten nordöstlich von Ulgowka die rechte Flanke der 48. Division. Der Feind hatte noch im Laufe der Nacht gegen die inneren Flügel der 61. ID. und der 43. RD. bei Pustomyty mehrmals Gegenangriffe unternommen. Nachdem auch am 24. nachmittags der Sturm auf die Stellung Bludów—Watyn gescheitert war, befahl Falkenhayn seiner Infanterie, sich in den erreichten Linien einzugraben und mit der neuerlichen Aufnahme des Angriffes bis zum Einlangen der durch Linsingen zugesagten schweren Artillerie zuzuwarten.

Schon am 20. abends hatte sich gezeigt, daß der Feind vor den inneren Flügeln der 4. Armee und der Gruppe Marwitz erschüttert war. Kaledin mußte nicht nur das XXXX. Korps in die Linie Semerynki— Zaturcy zurücknehmen, sondern die Front auch durch Einsatz des frischen XXIII. Korps verstärken1). GO. Tersztyánszky nahm daher am 21. morgens, als das X. und bald darauf auch das Korps Szurmay die vorliegenden Gräben leer fanden, ungesäumt die Verfolgung auf. Am Abend erreichte die 4. Armee, feindliche Nachhuten vor sich hertreibend, mit der 10. KD. die Linie Wojnin—Szelwow und mit den beiden Infanteriekorps die anschließende Linie bis westlich von Zaturcy. Auch der rechte Flügel der Gruppe Marwitz hatte entsprechend nachgestoßen. Man stand aber schon wieder vor russischen Stellungen, die am nächsten Tage angegriffen werden mußten. Tersztyánszky übertrug den Angriff B a 1 u j e w, 64.

dem X. Korps; Szurmay hatte mit seinem Nordflügel zu unterstützen, während der Südflügel den Feind östlich von Szelwow zunächst festhalten und Bauers Kavallerie weiter die Südflanke der Armee decken sollten.

Am 22. morgens wies der Generaloberst noch darauf hin, daß die nächsten Kämpfe, namentlich der Angriff Falkenhayns, möglicherweise Teile der russischen Front zu einem ungeregelten Rückzug nötigen könnten. Ein solcher Fall müsse rechtzeitig erkannt und durch kraftvolle Verfolgung ausgenützt werden, damit sich der Feind nicht wieder in Ruhe festsetzen könne; ein vorsichtig tastendes, abschnittsweises Vorgehen sei da nicht angezeigt. Besonders dürfe Szurmay die ausgedehnte, dichte Waldzone vor seiner Front östlich von Szelwow nicht umständlich durchstreifen, sondern müsse sie mit Benützung der Wege und Durchschläge rasch durchmessen sowie mit einer starken Kolonne über Liniew auf Sadow südlich umgehen. Um die Zuversicht der Truppen zu heben und sie zu höchster Kraftentfaltung anzuspornen, sparte der Armeekommandant auch nicht mit anerkennenden Worten über die bisherigen Angriffsleistungen.

Die 10. KD. erreichte am 22. in engster Fühlung mit ihren beiden Nachbarn den Raum westlich von Liniew. Szurmay schob starke Vortruppen der 70. HID. durch das Waldgebiet gegen Sadow vor, während die 11. ID. im Anschluß an das X. Korps vorging. Dieses erstürmte nach mehrstündiger artilleristischer Vorbereitung, wobei die 37. HID. auch über die Batterien der Armeereserve, der 13. SchD., verfügte, die feindliche Stellung in ganzer Frontbreite, löste dadurch aber heftige Gegenangriffe der Russen aus. An den inneren Flügeln beider Korps konnte diesen Versuchen durch vereintes Zusammenwirken der 2. und der

11. ID. begegnet werden. Den Nordflügel der 37. HID., der gegen das von den Russen zäh verteidigte Zaturcy abgebogen werden mußte, verdichtete FML. Csanády hauptsächlich durch die 26. SchBrig., die ihm am Vortage aus der Armeereserve unterstellt worden war. Als spät abends wieder ein feindlicher Vorstoß vom Westrand des Ortes, der wie ein Dom in die Linien der Verbündeten hineinragte, die Nahtstelle zwischen den öst.-ung. und den angrenzenden deutschen Truppen bedrohte, wurde die noch dem Armeekmdo. zur Verfügung stehende halbe 13. SchD. (25. SchBrig.) von Wojmica auf der Straße vorgezogen. Indes war aber die Gefahr durch Mithilfe der deutschen 20. ID. beseitigt worden. Im ganzen betrachtet, hatte die 4. Armee ihren rechten Flügel um ungefähr 2km gegen Osten vorgeschwenkt; die räumlichen Fortschritte des X. Korps, schwer erkämpft, betrugen nur etlichehundert Meter.

Am 23. hielt der Feind das X. Korps andauernd unter starkem Geschützfeuer; auch versuchte er mit Infanterie vorzustoßen. Dem FML. Csanády wäre zunächst, um die lästige Flankierung seines linken Flügels von Zaturcy her loszuwerden und die dort gebundenen Kräfte frei zu bekommen, ein Vorgehen der Deutschen gegen den Ort sehr erwünscht gewesen. Die deutsche 20. ID. hatte sich jedoch weiter nördlich in dem Kampf um Zubilno festgebissen. GO. Tersztyánszky hieß daher das k.u.k. X. Korps die erstrittene Linie festhalten, während Szurmay im Einklang mit der Gruppe Falkenhayn vorwärts streben sollte. Nachmittags drang aber Linsingen darauf, daß die 4. Armee nicht erst den Raumgewinn der Nachbarn abzuwarten, sondern, um diese zu unterstützen, selbst wieder anzugreifen habe. GO. Tersztyánszky wählte im Einvernehmen mit seinen beiden Korpsführern den Raum vor der Armeemitte zum Angriff aus, den die 11. und die 2. ID. — diese durch je ein Regiment der 13. SchD. und der 37. HID. verstärkt — durchzuführen hatten. Die Masse der 37. HID. sollte sich dem Vorgehen der

2. ID. anschließen und mit der deutschen 20. ID. ein gemeinsames Handeln gegen Zaturcy vereinbaren. Abends erbat sich Marwitz hiezu vom X. Korps ein bis zwei Bataillone als Aushilfe; da aber Csanády alle verfügbaren Fußtruppen schon auf dem rechten Flügel zusammengezogen hatte, konnte er Unterstützung nur durch Artillerie Zusagen. Szurmay, der während des Tages mit der Hauptkraft der 70. HID. den Ostrand des Waldes vor Sadow erreicht hatte, sollte am 24. zugleich mit der

10. KD. den Feind beschäftigen.

Obwohl der Armeekommandant noch besonders darauf hingewiesen hatte, daß die Artillerie der Infanterie bei ihrem gegenwärtig lockeren Gefüge unter allen Umständen den Weg zum Einbruch bahnen müsse und dabei auch Geschützverluste nicht scheuen dürfe, war dem Angriffe am 24. nur geringer Erfolg beschieden. Die Russen — nach den Gefangenen zu schließen, standen Regimenter des VIII., des XXIII. und des XXXX. Korps gegenüber — setzten sich kräftig zur Wehr. Daher vermochte FML. Szurmay lediglich seine Front in leichter Schwenkung nach Nordosten näher an die feindliche Stellung heranzubringen. Die 11. ID. wurde durch das Waldgelände, bald auch durch Gegenangriffe behindert. Die Hauptlast des verlustreichen Kampfes trug das X. Korps. Als abends am rechten Flügel der 2. ID. ein Rückschlag eintrat, wobei das IR. 82 und das FJB. 29 die nachdrängenden Verfolger mit den Bajonetten zurückschlugen, ging der mühsam errungene Boden wieder verloren und die Division mußte in die am Morgen innegehabte

Linie zurückgehen. Die Reserve der Armee, die 25. SchBrig., wurde hinter den gefährdeten Korpsflügel verlegt. Nur die 37. HID. vermochte die nächsten feindlichen Gräben zu erobern und zu behaupten.

Der Nordflügel der deutschen 20. ID. war den weichenden Russen am 21. bis vor Zubilno gefolgt. Dagegen hatte die 19. ID. der Gruppe Marwitz über Kisielin hinaus kaum nennenswert Raum gewonnen und die 108. ID. wiederholte Feindesstöße abwehren müssen. Der in den ersten Morgenstunden durch die öst.-ung. 29. ID. unternommene Sturm auf Niemir war verlustreich gescheitert27). Am 22. setzte nur mehr die

20. ID. den Angriff fort. Besonders um Zubilno entbrannten erbitterte Kämpfe. Doch waren die Linien der Russen nicht zu durchbrechen, wenn ihnen auch bis zum 24. täglich einige Gräben der vielreihigen Verteidigungsanlagen und endlich der Westrand von Zaturcy entrissen wurden 28). Die Front der Verbündeten verlief nunmehr quer durch den langgestreckten Ort. Die übrigen Divisionen der Gruppe Marwitz waren inzwischen vollends zum Stehen gekommen.

Bei Bernhardi rang der Angriff der 11. bayr. ID., an dem auch der rechte Flügel der 41. HID. teilnahm, den Russen am 21. in der Landenge zwischen Styr und Stochod die erste Linie ab29). Die Division Rusche war hingegen vom Glück nicht begünstigt. Überhaupt erwies sich das V. sib. Korps als hartnäckiger Gegner. Bernhardi wurde nun am 22. von Linsingen beauftragt, den Vorstoß westlich des Styrflusses unter Einsatz der deutschen 107. ID., GM. Hahndorff, erst am 25. zu wiederholen. Diese neue Kraft löste am 24. die im Abschnitt westlich von Sokul stehenden Bataillone der 41. HID. ab30).

Das II. Korps griff am 21., um den Feind vom linken Styrufer zu vertreiben, mit der verstärkten 4. ID. von Gruziatyn gegen Borowicy an. Die Fortschritte, die im Verein mit dem rechten Flügel des Korps Fath, gegen den der Russe wiederholt selbst vorging, erzielt wurden, beschränkten sich jedoch auf geringfügige Frontverbesserungen. In der Folgezeit fielen an der Styrlinie beide Gegner, gleicherweise erschöpft, in den Stellungskampf zurück. Die 89. SchBrig. wurde durch Bernhardi dem Korps Fath zurückgegeben und trat am 24. wieder in ihren Divisionsverband.

Die Front des Kavalleriekorps Hauer blieb weiter unangefochten. Bei der Gruppe Gronau setzten die Russen auch am 21. dem Jasiolda-und Kanalabschnitt zu; doch schon am nächsten Tage flaute ihr Eifer ab. Am 23. wurde die Gruppe Gronau aus dem Befehlsbereiche des GO. Linsingen ausgeschieden und der Heeresgruppe Prinz Leopold unterstellt.

Neuerliche Abänderung der Gegenoffensive Linsingens (2 5. bis 29. Juni)

Nach den Vereinbarungen, die die beiden Generalstabschefs am

23. Juni zu Berlin getroffen hatten, bestand die Aufgabe des GO. Linsingen darin, die Russen westlich von Łuck endgültig zum Stehen zu bringen (S. 520). Der Befehlshaber der Heeresgruppe war inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, daß sich sein ursprünglicher Stoßkeil, die Gruppe Marwitz, den die 4. Armee rechts und Bernhardi links begleiten sollten, festgefahren hatte. Immerhin war es in den acht Tagen seit Beginn der Gegenoffensive geglückt, die übermäßige feindliche Frontausbauchung gegen Osten zurückzudrücken und abzuflachen. Die Kriegshandlung nun durch einen Stirnangriff geradeaus auf Łuck gegen die stark befestigten Linien fortzusetzen und hier einen Durchbruch anzustreben, schien aussichtslos zu sein; gegen eine solche Lösung sprachen mancherlei Gründe. Nicht zuletzt fehlte es am nötigen Übergewicht der Kräfte. Die durch zahlreiche zugeführte Verstärkungen gerade hier in dichten Massen stehende 8. Russenarmee stemmte sich dem Ansturm der Verbündeten hartnäckig entgegen. Jedoch bot die verhältnismäßig schüttere Aufstellung des Feindes vor dem äußersten rechten Flügel der Angriffstruppen Linsingens, wo zwischen dem Styr und der Korczeska zusammen nur etwa drei Divisionen des VIII. und des XLV. Russenkorps nebst Reiterei standen, die Aussicht auf einen erfolgreichen Flankenstoß, wenn man die Gruppe Falkenhayn entsprechend verstärkte und in nordöstlicher Richtung auf Łuck vortrieb. Ein solches Unternehmen schien zugleich auch am ehesten geeignet, die festgefügte Russenfront vor der Mitte der Heeresgruppe zum Nachgeben zu zwingen.

So entschloß sich GO. Linsingen am 24. Juni, den Hauptstoß, von dem er den entscheidenden Erfolg erwartete, der bisherigen Gruppe Falkenhayn zu übertragen. Zu den dort schon eingeteilten Verbänden hatte noch die eben einlangende deutsche 22. ID. und die von der

1. Armee zugewiesene k.u.k. 7. ID. zu treten; überdies war die 108. ID.

im Fußmarsch heranzuziehen. Den Befehl über die neue Stoßgruppe hatte am 27. der GdK. v. der Marwitz zu übernehmen; GdK. Falkenhayn blieb ihm als Korpsführer unterstellt. Daß Falkenhayns Kräfte seit dem 21. nur wenig Raum gewonnen hatten, wurde hauptsächlich dem Mangel an schwerer Artillerie zugeschrieben. Das Heeresgruppenkmdo. wies daher noch am 23. deutsche schwere Batterien (Haubitzen und Mörser) zu und forderte für die öst.-ung. Divisionen solche Batterien in Teschen an. GO. Conrad antwortete, daß vier schwere Batterien bereits auf der Fahrt aus Südtirol zur 48. ID. seien und drei 30.5 cm-Mörserbatterien zur Verfügung Linsingens folgen würden. Die weitere Bitte um ein frisches öst.-ung. Korps zur Verstärkung des Südflügels — der Feind lade soeben, meldete Linsingen, in Łuck das I. Korps aus — war nicht erfüllbar.

Linsingens Befehl vom 25. Juni wies die neue Gruppe Marwitz an, am 30. mit dem Schwergewicht auf dem Südflügel im Streifen zwischen Lipa (Ort)—Radomyśl und Watyn—Bielostok den Angriff auf Łuck aufzunehmen. Der linke Flügel der 1. Armee hatte sich anzuschließen, die 4. Armee und das durch die k.u.k. 29. ID. verstärkte deutsche X. Korps hatten den Feind gegen Osten zurückzudrücken. Bernhardi behielt den Auftrag, mit der Hauptkraft, den drei deutschen Divisionen, westlich vom Styr vorzustoßen; dagegen hatte sich der aus den Korps Fath und Hauer bestehende Nordflügel nur zu behaupten.

Die nächsten Tage waren den Vorbereitungen für die Wiederaufnahme der Angriffe gewidmet; doch ruhten auch in dieser Zeit die Waffen nicht. Bei der 1. Armee lenkte die Gefechtstätigkeit in die Bahnen des Stellungskampfes ein. Da der linke Flügel mit dem Reiterkorps Leonhardi nördlich der Lipa seit dem 24. eine geschlossene Front bildete, wurde auf dem Südufer der Sicherungsdienst der gemischten Abteilung Khayll am 27. aufgelassen.

Die Gruppe Falkenhayn wies bis zum 25. früh mit der 43. RD. nördlich von Pustomyty noch russische Vorstöße ab; dann verlegten sich Freund und Feind in dem besetzten Gelände vornehmlich auf Schanzarbeit. Am 27. übernahm GdK. v. der Marwitz in Tartaków den Befehl über die neue, seinen Namen tragende Armeegruppe. Die beiden als Verstärkung herangezogenen deutschen Divisionen sammelten sich zunächst hinter der Frontmitte, die 22. südöstlich und die 108. ID. nordwestlich von Gorochow. Marwitz gliederte das ihm aufgetragene Offensivunternehmen in einen Hauptangriff, den der vier Divisionen starke rechte Flügel (k.u. k. 7., deutsche 22. und 108. sowie k.u.k. 48. ID.) unter umnittelbarer Leitung des Armeegruppenführers gegen die Linie Żabcze—Gubin zu richten hatte, und in einen Nebenangriff, den das Korps Falkenhayn (k.u.k. 61. ID., deutsche 43. RD. und deutsche 9. KD.) nördlich von Pustomyty durchführen sollte. Dem Kavalleriekorps Leonhardi wurde die Front zwischen den beiden Stoßkeilen und deren Flankensicherung zugedacht. Um den Feind zu überraschen, wurden die erforderlichen Truppen Verschiebungen im Schutz der Dunkelheit vorgenommen und die vordersten Linien des Reiterkorps erst in der Nacht vom 29. auf den 30. durch drei Angriffsdivisionen (22., 108. und k.u.k. 48.) abgelöst. Leonhardi rückte in den Abschnitt nördlich von Ulgowka bis Pustomyty und wurde für den 30. dem GdK. Falkenhayn unterstellt. Dessen beide Infanteriedivisionen teilten sich in die anschließende Stellung Pustomyty—Watyn. Als GO. Puhallo vom Angriffsplan der linken Nachbargruppe Kenntnis erlangte, entschloß er sich, die 7. ID., die nunmehr zu Marwitz gehörte, mit dem äußersten Nordflügel der 1. Armee (46. SchD.) zu unterstützen und im Anschluß das östliche Styrufer zwischen Werben und Tolpyżyn zu gewinnen. Die 46. SchD. wurde zu diesem Zwecke durch das als Armeereserve bei Beresteczko stehende IR. 42 verstärkt und bereitete den Flußübergang vor.

Der von der 4. Armee am 24. Juni angesetzte Angriff klang am nächsten Tage in eine von beiden Gegnern lebhaft geführte Kanonade aus. Am 26. verlangte Linsingen, daß die 4. Armee, gestützt auf ihre starke Artillerie, durch Offensivstöße den Feind verhindere, sich fester zu verschanzen, und weitere Raumfortschritte anstrebe.GO.Tersztyánszky meldete hierauf, daß er die Weisung an die Korpsführer weitergeleitet habe; der knappe Munitionsvorrat der Steilfeuergeschütze zwinge jedoch derzeit zur Sparsamkeit, um bis zum nächsten Hauptkampf eine hinreichende Munitionsmenge ansammeln zu können. Ferner bedürfe die Armee, die seit dem 16. große blutige Verluste zu ertragen gehabt habe, einer wenn auch nur kurzen Ruhepause, damit die bisher noch vorhandene Angriffskraft nicht völlig schwinde. Der Heeresleitung in Teschen berichtete der Generaloberst, daß die eintreffenden Ersätze nicht ausreichend seien, um die entstehenden Lücken zu füllen. „Soll der 4. Armee radikal aufgeholfen werden, so müßte in jedes Korps eine frische, kampffreudige Truppendivision eingeschoben werden, welche durch ihren Geist auf die jetzt dort eingeteilten Truppen eine belebende Wirkung übt und einen gesunden Wetteifer anfacht.“ Solche Verstärkungen konnte aber Conrad nicht zusenden. Dafür forderte Linsingen den GO. Tersztyánszky auf, Maßnahmen zu treffen, die den gesunkenen Angriffsgeist der 4. Armee heben sollten; wozu zu sagen ist, daß es der Armeekommandant seit seiner Kommandoübernahme an einer derartigen Einflußnahme keineswegs hatte fehlen lassen.

Die Truppen schufen inzwischen in den erreichten Linien verteidigungsfähige Stellungen. Beim X. Korps wurde die abgekämpfte 2. ID. am 26. abends als Armeereserve aus der Front gezogen und durch die 13. SchD. ersetzt, die jetzt FML. Edl. v. Kaiser führte. Sie brachte am folgenden Tage einen russischen Ansturm zum Scheitern.

Mittlerweile war man bei der 4, Armee bereits am 27. wieder zu Angriffsvorbereitungen geschritten. Nach sorgfältiger Erkundung des Geländes und in Übereinstimmung mit den Korpsführern schien dem Armeekmdo. ein gegen Nordost gerichteter Stoß der inneren Korpsflügel am aussichtsvollsten zu sein. Man konnte dabei ein vorspringendes Frontknie ausnützen und die tief gegliederten Angreifer im Walde gedeckt bereitstellen; ein Einbruch in die feindlichen Linien mußte die Flanke der von Zaturcy nach Süden verlaufenden Russenstellung treffen. Die Durchführung des Angriffes, der für den 30. in Aussicht genommen war, wurde dem FML. Csanády übertragen, unter dessen Befehl auch die 11. ID. und eine starke Artilleriegruppe des Korps Szurmay zu treten hatten. Der Südflügel der Armee (10. KD. und 70. HID.) hatte den erstrittenen Raum zu behaupten, der Nordflügel (37. HID.) sich rechts nach der Stoßgruppe zu richten und links im Einklang mit den benachbarten Deutschen zu handeln. Die Armeereserve (2. ID.) sollte am 30. früh hinter dem rechten Flügel des X. Korps alarmbereit lagern. Bis zum 29. abends waren alle Vorbereitungen vollendet; die 11. ID. hatte sich befehlsgemäß in Sturmstellungen vorgearbeitet.

Als GdK. v. der Marwitz zu der südlich der 4. Armee gebildeten Stoßgruppe abging, fiel der Befehl über seinen bisherigen Abschnitt dem Führer des deutschen X. Korps, GLt. Lüttwitz, zu. Die 20. ID. versuchte am 25., von der 37. HID. durch Artilleriefeuer unterstützt, den Angriff gegen Zaturcy—Zubilno nach vorwärts zu tragen, vermochte aber die hiebei eroberten Gräben nicht zu halten. Die 108. ID., die zur neuen Gruppe Marwitz abzurücken hatte, war schon in der Nacht auf den 25. freigemacht worden, indem die 19. ID. ihren linken Flügel bis Trysten streckte und hier Anschluß an die k.u.k. 29. ID. nahm. Diese trat vom 26. an in den Verband des deutschen X. Korps. Um der Aufgabe, den Feind nach Osten zurückzudrücken, nachzukommen, verhielt GLt. Lüttwitz im Hinblick auf die breite Frontausdehnung seine drei Divisionen zunächst dazu, nur günstige Gelegenheiten zu örtlichen Erfolgen auszunützen. Am 30. sollte sodann die 20. ID. zwischen Zaturcy und Zubilno durchbrechen und die k.u.k. 29. eine vor ihrem Südflügel westlich von Kijaż gelegene Kuppe nehmen, die als Stützpunkt für späteres Vorgehen wichtig war.

Bernhardi griff am 25. mit der 11. bayr. und der 107. ID. auftragsgemäß in der Richtung auf Perespa an. Die Bayern erstürmten die feindliche Stellung in drei Kilometer Frontbreite; bei der südwestlich von Sokul fechtenden 107. ID. stellte sich der Erfolg erst am 26. ein. Das V. sib. Korps, antwortete aber sogleich mit Gegenschlägen und heftigem Geschützfeuer auf die Linien der Division Rusche, namentlich an der Reichsstraße nach Kowel. Bernhardi mußte sogar sein Stabsquartier und alle Ausladungen von Holoby nach hinten verlegen, da der Ort von schwerkalibrigen Geschossen heimgesucht wurde. Konnten bis zum 29. die Bayern und auch der linke Flügel der Division Rusche nur schrittweise kleine Vorteile erringen — aus den Gefangenen des Tages ersah man, daß nunmehr das russ. I. Korps statt des V. sib. gegenüberstand —, so trachtete Bernhardi doch beharrlich, seinem Ziel Perespa näherzukommen und hieß am 30. wieder die 107. ID. angehen]). Die links anschließende 41. HID. des II. Korps schützte, indem sie die russischen Batterien auf dem östlichen Styrufer durch Artilleriefeuer niederzuhalten suchte, während der ganzen Zeit die Flanke der nach Süden vorstoßenden deutschen Angreifer; überdies stellte sie ein Regiment als Gruppenreserve.

Bei der 4. ID., dann bei den Korps Fath und Hauer, hatten in diesen Tagen vornehmlich die Geschütze und Minenwerfer das Wort. Aus den Verschiebungen des Feindes, die aufmerksam verfolgt wurden, konnte man bald erkennen, daß der Russe gegen die Front Hauers, vor der bisher nur Reiterei gestanden war, auch Infanterie heranzog. GO. Linsingen regte daher am 29. an, daß GdI. Fath nunmehr die vom Nachbarkorps erhaltenen Aushilfen zurückgebe, da die 89. SchBrig. bereits eingetroffen war. Auf Ersuchen Hauers begann noch am gleichen Tage der Abmarsch der 2. Polenbrigade und zweier Reiterregimenter. Das am Westflügel des Korps Fath eingesetzte HR. 4 verblieb dort, ebenso Obst. Janky als Führer des von ihm befehligten Unterabschnittes bei Tuman.

x) Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 437 f. — Stengel, 68 ff. — Mayer. 58 f. — Ulrich, Res.-Inf.-Regiment 52 im Weltkriege (Oldenburg-Berlin 1925), 322 f. — Bartenwerffer und Herrmann, Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 232 in Ost und West (Oldenburg-Berlin 1927), II, 30 ff. — Bartel, Das Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 57 (Berlin 1928), 139 ff.

Brussiloivs Befehle zur Wiederaufnahme des Angriffes (25. bis 29. Juni)

Auf russischer Seite sah man sich durch das Vorgehen der Verbündeten gegen Łuck in der Handlungsfreiheit zunächst nicht wenig beeinträchtigt. Die Reserven, die dem Vorstoß auf Kowel hätten neuen Schwung verleihen sollen, waren von Kaledin im Drang des Augenblickes nur zur Abwehr gebraucht worden. Ja, er hielt die Lage seiner

8.    Armee am 24. für derart bedroht, daß er schon mit der Rücknahme des Frontbogens in die bereits befestigte Linie Kol. Gulinowka—Kozin— Berezolupy—Boratyn—Gorodok—Kol. Anatolia rechnete1). Am gleichen Tage mußte auch die 11. Armee Sacharows ihre Angriffe gegen die Slonowka und bei Radziwiłow wegen des gegnerischen Widerstandes aufgeben2). Um so mehr hoffte jedoch Brussilow, im Rahmen der von der Stawka für Anfang Juli befohlenen großen Angriffshandlung (S. 487 f.) gemeinsam mit der rechts benachbarten Westfront die Initiative wieder an sich reißen und seinen Armeen eine erfolgreiche Rolle zuteilen zu können. Als er am 24. das Befehlgebungsrecht über die 3. Armee, GdI. Lesch, erhielt, wies er ihr aus dem Nordabschnitt Kaledins das XLVI. Korps und das IV. Kavalleriekorps zu. So konnte Gen. Lesch, dessen Südflügel jetzt die im Styrbogen von Czartorijsk weit vorspringende gegnerische Stellung umklammerte, an die Aufgabe herangehen, diese bisher feststehende öst.-ung. Front, in der Richtung auf Gorodok angreifend, zu durchbrechen. Die anschließenden Deutschen sollten durch ein Vorgehen gegen Pinsk gebunden werden.

Am 25. erflossen die Weisungen an die übrigen Armeen der Südwestfront. Für Kaledins 8. Armee blieb der durch die 3. Armee gegen Norden gesicherte Angriff auf Kowel das Hauptziel, während sich eine Nebengruppe gegen Władimir-Wołyński wenden sollte. Als Armeereserven standen das I. Korps und Teile der 4. finn. SchD., ferner das im Ausladen begriffene I. turk. Korps zu Gebote. Die 11. Armee hatte ihre Hauptkraft gegen Brody und schwächere Teile gegen Poryck anzusetzen. Die 7. Armee hatte den Raum Brzezany—Monasterzyska und die

9.Armee    den Raum Halicz—Stanislau anzugreifen3).

Im Gegensatz zu Brussilow, der sich den Vorstoß der 8. Armee

*) B a 1 u j e w, 65.

2)    Klembowski, 58. — Tscherkassow, 173 f.

3)    Zajontschkowskij, 39 f.

längs der Straße Rożiszcze—Kowel gedacht hatte, plante Kaledin, den Angriff am äußersten rechten Flügel, anschließend an die 3. Armee, im Abschnitt Nowosielki—Kolki anzusetzen, weil dort öst.-ung. Truppen gegenüberstanden. Durch die Wahl dieser Richtung hielt er sich, da er an ein erfolgreiches Vordringen der 3. Armee nicht recht glauben wollte, auch am besten gegen unliebsame Überraschungen in seiner Nordflanke gesichert und meinte, selbst im Falle des Mißlingens nichts weiter aufs Spiel zu setzen. Von einem Ansturm seiner Streiter gegen die festen Linien der Deutschen vor Kowel versprach er sich überhaupt keinen günstigen Ausgang. Brussilow vermochte auch in einer mündlichen Aussprache, die einen erregten Verlauf nahm, Kaledin von seiner Überzeugung nicht abzubringen und drückte ihm offen sein Mißfallen aus x).

Bei den Armeen Brussilows rüstete und gruppierte man sich nunmehr zum neuerlichen Waffengange. Gen. Lesch, der Führer der

3. Armee, beließ am Nordflügel und in der Mitte nur schwächere Kräfte (XXXI. Korps mit der 75. und der 83. ID., 5. Don- und 1. KubanKosD.) und sammelte im Süden, am Angriffsflügel, bis zur Monatswende vier Infanterie-und fünf Kavallerie divisionen an2). Das XLVI. Korps (77. ID. und 100. RD.) und das IV. Kavalleriekorps (16. KD., 2. komb. KosD.,

3. kauk. KosD.) standen bereits im Angriffsraum; nun kamen aus dem Armeebereich noch die 27. ID., die 3. KD. und die TransbaikalKosD. hinzu. Von der Nordfront rollte die 78. ID. heran.

Kaledin hatte schon bis zum 25. das V. Kavalleriekorps aus der Mitte der 8. Armee herausgezogen und auf das östliche Styrufer in den Abschnitt bei Kolki verlegt. Bis zum 29. wurde das abgekämpfte V. sib. durch das I. Korps ersetzt; das XXIII. übernahm links vom XXXIX.die Front Kijaż—Zubilno. Infolgedessen konnte das XXXX. Korps seinen Südflügel bis Watyn strecken und das weitgedehnte VIII. Korps entlasten. Das I. turk. Korps, am 24. in den Armeeverband gelangt, wurde in dieser Zeit um Rowno ausgeladen und hatte sich östlich von Kolki zum

!) Broussilov, 215. — Klembowski, 57 ff. — Klembowski, damals Stabschef der Südwestfront, bekämpft hier die in den Reihen des russischen Heeres tief eingewurzelte, aber nach seinem Urteil unbegründete Ansicht, daß gegen die Deutschen nicht aufzukommen sei. „An dem Erfolge aller Operationen wurde von den Führern stets dann gezweifelt, wenn deutsche Truppen als Gegner waren, und nur dann an Erfolge geglaubt, wenn dokumentarisch nachgewiesen wurde, daß österreichische Truppen gegenüberstehen. Es war direkt eine Hypnose! Und doch hatten Tiroler Schützen, alle ungarischen Regimenter und alle Kavallerieregimenter oft bewiesen, daß sie den Deutschen in nichts nachstanden.“

2) K n o x, II, 446. — Klembowski, 57.

geplanten Angriff gegen Okonsk bereitzustellen. Als Armeereserve stand das V. sib. Korps im Raum Klepaczew—Zydyczyn—Szepiel—Usiczy, die

4. finn. SchD. um Rożiszcze—Susk zur Verfügung1).

Aus Falkenhayns Vorstoß konnten die russischen Führer ersehen, daß der Gegner bei der 8. und der 11. Armee die Schwäche ihrer inneren Flügel herausgefunden hatte. Man traf daher Gegenvorsorgen. Das VIII. Korps, das am 29. Juni zur 11. Armee Sacharow übertrat, wurde in dichterer Aufstellung auf die Linie Watyn—Szklin beschränkt, das XLV. zwischen Szklin und Tołpyżyn enger zusammengeschoben. Die

7. KD. wurde auf das Ostufer des Styr gezogen und hatte bei Ostrow den Anschluß an das XXXII. Korps zu wahren. Die TransamurReiterdivision und die Kombinierte KD. wurden als Reserven hinter der Front des XXXII. Korps gesammelt. Brussilow konnte überdies noch mit dem der Westfront entnommenen V. Korps rechnen, das nach Rowno herangebracht wurde2).

Den Verbündeten blieben die Vorbereitungen des Feindes nicht verborgen. Flieger nahmen den regen Bahnverkehr sowie die langen Marschsäulen und ausgedehnten Truppenlager hinter der russischen Front wahr; die Funkdepeschen der russischen Befehlsstellen vervollständigten wie immer rasch und verläßlich das Bild über die feindlichen Streitkräfte. Die Erkenntnis, daß gegen Bernhardi ein frisches Korps eingesetzt und vor Falkenhayn vermutlich von Norden her ebenfalls stärkere Kräfte herangeschoben worden waren, bewog den GO. Linsingen, am 29. nochmals in einem kurzen Befehle seinen Streitern zuzurufen: „Am 30. Juni allgemeiner Angriff auf der ganzen Front der Heeresgruppe, der überall mit vollem Nachdruck durchgeführt werden muß. Dem Feinde darf es nicht mehr gestattet werden, Truppen von einzelnen Teilen der Front fortzuziehen!“

Der Flankenstoß der Armeegruppe Marwitz und das Verebben der Gegenoffensive Linsingens

(30. Juni bis 3. Juli)

Hiezu Beilage 23

Am 30. Juni eröffneten die Verbündeten die dritte Phase ihrer Gegenoffensive gegen Łuck. Bei der Armee Puhallo versuchte die

A) B a 1 u j e w, 65 ff.

2) Tscherkassow, 174 f.

46. SchD., GM. Urbański, schon nachts und in den ersten Morgenstunden durch Feuerüberfälle die Aufmerksamkeit des Feindes auf die Front zwischen Korsów und Ostrow zu lenken. Unterdessen bezwang das IR. 42 auf den fertiggestellten Übergängen bei Peremyl den Styr und setzte sich auf dem Ostufer fest1). Dem Bestreben, die enge Brückenkopfstellung zu verbreitern, traten jedoch die Russen sofort entgegen, ihre Batterien zerschossen mehrmals die Brücken, und die am l.Juli abends vom GM. Urbański nachgesandte Divisionsreserve kam gerade zurecht, dem bedrängten IR. 42 bei der Abwehr zu helfen.

GdK. v. der Marwitz hatte die gewünschten schweren Geschütze erhalten 2) und ließ am 30. Juni nach dem Wirkungsschießen der Artillerie, das allerdings durch den herrschenden Regen beeinträchtigt wurde, seinen Stoßkeil von vier Divisionen vorbrechen. Die k.u.k. 7. ID. erstürmte mit dem rechten Flügel die Höhe nördlich des Ortes Lipa, prallte aber sodann mit ihrer ganzen Front an eine starke russische , Stellung an und erlitt empfindliche Verluste. Auch die deutsche 22. ID. stieß bald auf Widerstand, die 108. und die öst.-ung. 48. ID. waren etwas günstiger daran. Das Reiterkorps Leonhardi hatte am rechten Flügel noch die letzten Bataillone der 48. ID. abzulösen und sicherte durch die

4. KD. den Angriff in der linken Flanke. Die 7. KD. hielt die Niederung vor Bludów. Falkenhayns Infanterie focht mit geringem Glück. Die

43. RD. brach zwar südlich von Watyn in die russischen Gräben ein, aber ein durch Gegenstöße ausgelöster Rückschlag, den die deutsche

9. KD. einzudämmen half, zwang die Angreifer, in die Ausgangsstellung zurückzugehen3). Ebenso mußten auch die Truppen der 61. ID., die sich auf Sturmnähe herangearbeitet hatten, zurückgenommen werden.

Da abends doch mit einem Nachgeben des Feindes vor dem Ostflügel gerechnet werden konnte, befahl Marwitz seiner Stoßgruppe für den nächsten Tag, mit aller Energie zuzufassen. Falkenhayn hatte ein Vorgehen nur vorzutäuschen und weiterhin seinen Abschnitt zu halten. In der Tat war am l.Juli ein größerer Erfolg zu verzeichnen: die vier Sturmdivisionen gewannen eine Linie, die, vom westlichen Styrufer

x) Karschulin, Erinnerungen an die Kämpfe am Styr zwischen Peremyl— Werben (Der Heimat Söhne im Weltkrieg, 1933, Hefte 2 und 3).

2)    Die 30.5 cm-Mörser konnten, da sie auf den schlechten Wegen stecken blieben, nicht in Feuerstellung vorgebracht werden und wurden in den nächsten Tagen von Stojanów auf der Bahn weggeführt.

3)    Ein Schlachtenmißerfolg 1916 und seine Lehren (Militär-Wochenblatt, Berlin 1928, Nr. 23;. — B e r g e d e r, 96 f. — Schwedt, Das Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 204 (Zeulenroda 1929), 177 f.

gegenüber Tołpyżyn über Żabcze und Kolodież verlaufend, südlich von Szklin an Falkenhayns stehende Front anschloß. So war die 20 km breite Angriffsfront während der zwei Tage bis an die fünf Kilometer nach Nordosten vorgetragen worden.

Bei der 4. Armee leitete die Artillerie am 30. Juni nach 5h früh den vorbereiteten Angriff des X. Korps ein, dessen Beginn FML. Csanády mit dem deutschen Korpsführer GLt. Lüttwitz für den gleichen Zeitpunkt vereinbart hatte, damit der Feind an der ganzen Front gebunden werde. Während die 10. KD. und die 70. HID. Szurmays ebenfalls die Russen durch ein Gefecht zu fesseln suchten, trat der vom FML. Kaiser geführte Sturmblock (11. ID. und 13. SchD.) die Vorbewegung an.’Die Vorrückung, die unter Flankenfeuer arg zu leiden hatte, ging jedoch nur zögernd vonstatten, und es half auch nichts, als GO. Tersztyánszky den Angreifern vorwurfsvoll vorhielt, zwei Divisionen müßten doch imstande sein, den Feind aus dem verhältnismäßig engen Raume zu vertreiben; der Sturm auf die Verschanzungen müsse unbedingt durchgeführt werden. Die vordersten Wellen blieben an den Hindernissen der Russen haften. Große Verluste, die bei den schwachen Ständen der Regimenter, namentlich an Offizieren, umso fühlbarer wurden, zehrten in gleicher Weise an der Schlagkraft der Kämpfer wie der strömende Regen und das waldbedeckte Gelände. Auch der Nordflügel der 37. HID., der mit den deutschen Nachbarn dem Feinde den Ostteil von Zaturcy entreißen sollte, mußte von dem Vorhaben abstehen, als die deutschen Mörser wegen des schlechten Wetters ihr vorbereitendes Feuer einstellten.

Abends legte FML. Csanády dem Armeekmdo. einen Antrag der

11. ID. vor, daß sie vorne nur Patrouillen zu belassen und die erschöpften Bataillone, um sie ordnen und verpflegen zu können, etwas zurückzunehmen beabsichtige. GO. Tersztyánszky war damit keineswegs einverstanden und verbot jede Preisgabe des gewonnenen Bodens. FML. Csanády befahl daraufhin, den Angriff am nächsten Tag fortzusetzen. Er berichtete aber dem Armeekmdo., der heutige Angriff habe jeden Schwung vermissen lassen, die Truppe habe sich von dem nachhaltigen Eindruck der unglücklichen Kämpfe noch immer nicht befreien können; der seelische Zustand müsse geradezu als „Apathie“ bezeichnet werden.

Am l.Juli früh meldete GM. Obauer, gestützt auf die Aussagen seiner Brigadiere, daß die gelichteten Regimenter der 11. ID., seit dem

29. Juni in steter Bewegung und ohne geregelte Verpflegung, unbedingt die Verbände ordnen und einmal auch essen müßten; in der gegenwärtigen Verfassung seien sie zu einem Angriffe unbrauchbar. FML. Kaiser erklärte, nach solchen Schilderungen sei kein Erfolg zu erhoffen, die Lage erfordere aber jedenfalls, den Feind mindestens zu binden. Der Korpsführer setzte nun alles daran, daß die Division bald wieder eine kampfbereite Gliederung annehme. GO. Tersztyánszky schritt scharf ein und befahl dem FML. Szurmay, bei der aus seinem Korpsverband stammenden 11. ID. persönlich einzuwirken.

Mittags konnte das X. Korpskmdo. melden, daß FML. Kaiser seine beiden Divisionen wieder zum Vorstoß gegen den gewählten Einbruchsraum gruppiere, und daß der Nordflügel der 37. HID. bereit sei, mit den Deutschen Zaturcy vollends zu erobern. Beide Unternehmen würden nachmittags gleichzeitig beginnen. Unterdessen hatte sich Tersztyánszky entschlossen, dem erneuten Angriff durch die Armeereserve (2. ID.) größeren Nachdruck zu verleihen. Sie wurde an der Nahtstelle zwischen der 13. SchD. und der 37. HID. eingesetzt und hatte, durch die Linien vorbrechend, die inneren Flügel der beiden Divisionen vorzureißen. Die Angreifer standen abends entweder knapp vor dem Sturme oder waren stellenweise sogar in die russischen Gräben eingedrungen; da verhinderten heftige Gegenstöße des Feindes einen entscheidenden Einbruch. Auch der Kampf um Zaturcy blieb wieder ergebnislos.

Im angrenzenden Abschnitte des GLt. Lüttwitz vermochte die deutsche 20. ID. am 30. Juni die russischen Widerstandslinien nördlich von Zaturcy einzudrücken und endlich Zubilno zu nehmen 1). Die öst.-ung. 29. ID. erstürmte, durch einige Batterien der deutschen 19. ID. unterstützt, die Höhe vor ihrem Südflügel; ein weiteres Vorgehen gegen Wiczvny wurde aber durch die Gegenwehr des Feindes vereitelt2).

Ein erfolgreiches Gefecht, das die 107. ID. am 30. Juni bestanden hatte, bewog den GdK. Bernhardi, den bisher nur abschnittsweise erzielten Fortschritten am 2. Juli einen gemeinsamen Vorstoß seiner drei deutschen Divisionen folgen zu lassen. Die Vorbereitungen hiezu füllten den l.Juli aus3). Die 41. HID. des II. Korps hatte wie bisher die Flanke der 107. ID. zu decken und streckte ihren rechten Flügel in dem Maße, als der deutsche Nachbar vordrang, von Sokul nach Süden. An der Styrfront, vor Fath und Hauer, rührte sich der Feind kaum; die zunehmenden Anzeichen, daß er diesen Nordflügel der Heeresgruppe dennoch demnächst anfallen werde, veranlaßten den GO. Linsingen am l.Juli, den Korps das Bilden angemessener Reserven aufzutragen. Hauer

Harms, 231 f. — S o b b e, 291 f.

2)    Schön, Die 29. ID. am Stochod, 48. — IR. 94 im Weltkrieg, 520 ff.

3)    Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 438.

hatte eine Verfügungstruppe aller Waffen für das Heeresgruppenkmdo. an der Bahnstation Maniewicze bereitzustellen und bildete hiezu aus den vom Korps Fath zurückgekehrten Einheiten unter Obst. Küttner eine gemischte Brigade (ein Regiment der Polenlegion, ein öst.-ung. Reiterregiment mit einer reitenden Batterie).

Als die Gegenoffensive der Mittelmächte nach mehrtägiger Pause am 30. Juni gegen die 8. und die 11. Armee der Russen, besonders an der Front Zaturcy—Michajłowka, mit Wucht wieder auflebte, sah vor allem Gen. Sacharow seinen rechten Flügel bedroht. Den Weisungen Brussilows vom 25. folgend (S. 535), war dem XVII. Korps der Hauptangriff auf Brody und dem VIII. der Begleitstoß gegen Poryck zugedacht worden; für ein weitausholendes Unternehmen in den Rücken des Gegners war das eben gebildete Kavalleriekorps Wadbolskij (Kombinierte KD. und TransamurReiterD.) ausersehen. Vor der Verwirklichung dieser Pläne mußte jetzt aber zunächst der Nordflügel der Armee gestützt und weiteren Anstürmen begegnet werden. Sacharow verschob die Reserven des XXXII. und des XVII. Korps nach Norden und zog das Reiterkorps am 1. Juli nach Radomyśl heran. Das anrollende V. Korps wurde durch Brussilow der 11. Armee zugewiesen und über Rowno nach Dubno weitergeleitet, das Spitzenregiment auf Kraftwagen nach Demidowka befördert1).

Kaledin verlegte unter dem Eindruck der frisch entbrennenden Kämpfe die Angriffsrichtung für die Julioffensive mehr nach Westen und wählte hiezu den Abschnitt zwischen Kołki und Sokul. Seine Anordnungen vom 30. Juni, mit denen sich auch Brussilow abfand, verfügten, daß das V. Kavalleriekorps die Frontstrecke von Nowosielki bis Kolki, das I. turk. Korps die anschließende bis Tuman und das XXX. Korps jene bis vor Sokul zu besetzen habe. Diese Korps sollten auch den ersten Vorstoß über Gruziatyn gegen Kaszowka ausführen2).

Linsingen legte am l.Juli abends, von der Beurteilung der Lage ausgehend, den Obersten Heeresleitungen seine Absichten für die nächste Zeit dar. Aus der Anhäufung von Kräften im Styrbogen, darunter das frische I. turk. Korps — so führte er aus — sei deutlich das Bestreben des Feindes erkennbar, sich des Bahnknotens Kowel durch einen Vorstoß nach Nordwesten zu bemächtigen. Das Heeresgruppenkmdo. erwarte in einigen Tagen den Angriff gegen die Front Cminy—Czarto-rijsk—Kołki—Borowicy und werde für diesen Fall eine deutsche Divi-

x) Tscherkassow, 174 ff.

2) B a 1 u j e w, 67 f. — K 1 e m b o \v s k i, 59.

sion aus der Gruppe Bernhardi bei Maniewicze bereitstellen. Gegen die Gruppe Marwitz scheine jedoch der Russe noch keine wesentlichen Verstärkungen heranzuziehen. Eben weil man mit einem Erfolg dieser Gruppe gegen Łuck rechne, müsse dem Feinde verwehrt werden, einem ändern Frontteil entnommene Kräfte der Gruppe Marwitz entgegen zu werfen. Daher bestehe die Absicht, ,,die Offensive in der bisher gemeldeten Weise fortzusetzen; hiedurch dürfte am ehesten ein Einfluß auf die ganze Lage bei Łuck zu gewinnen sein“. Ein schnelles Fortschreiten der Stoßgruppe Marwitz verspreche großen Erfolg, das Heeresgruppenkmdo. vermöge jedoch hiefür leider aus der eigenen Front keine Truppen mehr als Verstärkung abzugeben.

Die Offensive Linsingens lief also am 2. Juli weiter. Aussagen von Gefangenen hatten der öst.-ung. Führung bereits einen bevorstehenden Angriff auf Brody angekündigt. Die im Laufe des 2. Juli von der 1. Armee gemachten Fliegerbeobachtungen über umfangreiche Truppenausladungen in Dubno und der Vormarsch einer etwa divisionsstarken Kolonne nach Südosten schienen diese Aussagen zu bekräftigen. Die Heeresleitung in Teschen verfügte daraufhin, daß die 2. Armee eine starke Kraft hinter ihrem Nordflügel bereitstelle. Auf Linsingens Vorschlag, die einheitliche Befehlführung für den Fall eines feindlichen Anschlages schon vorher festzusetzen, entschied Conrad: sollte sich der Hauptansturm gegen die 25. ID. richten, so falle dem XVIII. Korps das ausschließliche Befehlrecht, auch über alle Reserven, zu; werde die 1. LstlBrig. und die Front südlich der Bahn bedroht, so habe FML. Kosak die gesamte Abwehr zu leiten.

Von der 46. SchD. war noch am l.Juli ein Bataillon über Lipa dem rechten Flügel der 7. ID. gefolgt. Es sollte tags darauf über den Styr gegen Tołpyżyn Vordringen und der östlich Peremyl übergegangenen Gruppe die Hand reichen. Allein diese Versuche, den im Styrknie gewonnenen kleinen Brückenkopf zu einem wirksamen Flankenschutz für die 7. ID. auszubauen, scheiterten auch am 3. am Widerstande der russischen 7. KD., die durch Infanterie der Nachbarkorps verstärkt worden war.

Die am l.Juli von der Armeegruppe Marwitz erstrittenen Vorteile ließen der schweren Blutarbeit noch reichlicheren Lohn erhoffen. Marwitz wies daher seine Stoßdivisionen an, am 2. den schon erschütterten Feind „unaufhaltsam“ anzugehen. Die 7. ID. trieb die 2. finn. SchD. über Michajlowka zurück, die beiden deutschen Divisionen durchbrachen das XLV. Russenkorps bei Dubowyja Korczmy und die k.u.k. 48. ID. eroberte Gubin. Sacharow mußte alle Kräfte anspannen, um die gefähr-liehe Krise zu überwinden. Das Reiterkorps Wadbolskij wurde den Angreifern entgegengeworfen und ritt mit einzelnen Brigaden oder Regimentern todesmutige Attacken gegen die Deutschen1) und die 48. ID.., um die Verfolger aufzuhalten. Reserven vom VIII. Korps griffen ein, und der 2. finn. SchD. wurde das erste verfügbare Regiment des V. Korps zu Hilfe geschickt. Der russische Armeeführer erwog sogar bereits die Zurücknahme seines ganzen Nordflügels bis hinter die Leniewka, eine Maßnahme, die auch den Anschlußflügel der 8. Armee empfindlich berührt und den Angriffsplan der Südwestfront gestört hätte. Brussilow packte den Gen. Sacharow bei seiner Eigenliebe und veranlaßte, daß Kaledin seinem Nachbarn die 6. sib. SchD. und die 12. KD. zur Abwehr beistellte2). Nachmittags setzten schon heftige Gegenangriffe gegen die 108. und die k.u.k. 48. ID. ein, die bis in die Nacht hinein währten, aber von den Verbündeten abgewiesen wurden. Doch brauchte Sacharow jetzt nur mehr den linken Flügel des XLV. Korps auf Zloczewka und Łopawsze zurückzubiegen; von hier vermittelte die 7. KD. über Werben den Anschluß an das XXXII. Korps 3). Die Front der Mittelmächte verlief abends vom Ostausgang von Michajlowka über Dubowyja Korczmy und Gubin zu Falkenhayns unveränderten Stellungen.

Schon vormittags hatte Linsingen angeordnet, daß die 4. Armee ihren Südflügel bis vor Watyn auszudehnen habe, so daß Marwitz die Front Falkenhayns bis Pustomyty nur durch die deutsche 9. KD. und die

43. RD. halten lassen und dadurch die 61. ID. frei bekommen konnte. Vorerst gelangten vier Bataillone hinter die Nahtstelle zwischen dem Reiterkorps Leonhardi und der 48. ID. und dienten dieser Division während der russischen Gegenstöße als Rückhalt. In der Nacht hatte sich die 61. ID. links von der 48. für den nächsten Tag zum Angriff gegen die Linie Ugrinow—Szklin zu gruppieren. Dadurch hoffte Marwitz, den linken Flügel seiner Angriffsgruppe, der bisher den größten Widerstand gefunden und die geringsten Fortschritte gemacht hatte, vorwärts zu bringen. Denn im großen betrachtet, stellte der Verlauf der Offensive bis jetzt nur eine Linksschwenkung der Angriffsfront dar. Ein ausgiebiger Erfolg war aber nur zu erwarten, wenn es gelang, den Angriff gleich einem Keil in die feindliche Front gegen Łuck vorzutreiben.

Schmidt und Ahlhorn, 2. Kurhessisches Infanterie-Regiment Nr. 82 (Oldenburg-Berlin 1922), 80. — Clausius, Infanterie-Regiment v. Wittich (3. Kurhessisches) Nr. 83 (Oldenburg-Berlin 1926), 92 ff.

2)    Klembowski, 60.

3)    Tscherkassow, 178 ff.

Am 3. Juli ließ Marwitz demnach fünf Divisionen antreten. Allein Sacharow stemmte sich mit aller Macht entgegen. Die k.u.k. 7. ID. hatte vornehmlich die rechte Flanke der Verbündeten zu decken und erreichte abends einen Bogen, der sich vom Styr bei Michajlowka bis vor Zloczewka spannte. Die deutsche 22. ID. gewann auch nur wenig Raum, denn sie wurde in die Abwehr der Gegenangriffe verstrickt, die die Russen besonders gegen die 108. ID. in tief gegliederten Massen immer wieder erneuerten. Sie hatten die 6. sib. SchD. über Czarukow herangezogen und bei Ugrinow und Dubowyja Korczmy ins Gefecht geworfen. Truppen des VIII. Russenkorps setzten der öst.-ung. 48. ID. bei Gubin hart zu ; elfmal brandeten die Sturmwellen heran und wurden abgeschlagen. Die beiden Gebirgsbrigaden bluteten ganz gewaltig. Marwitz forderte den FML. Gabriel auf, sich zum äußersten Widerstand einzurichten, da von der Festigkeit seiner Streiter die Behauptung des ganzen östlichen Angriffsflügels abhänge. Die Verbündeten bestanden die schwere Probe als Verteidiger zwar glänzend, die 61. ID. kam aber in solcher Lage in ihrem neuen Abschnitt auch nicht vorwärts.

Die gewaltigen Anstrengungen des Feindes, der Gruppe Marwitz Einhalt zu gebieten, mußten deren Führer nur noch mehr dazu anspornen, seinerseits das Äußerste vorzukehren, um an dem siegreichen Armeeflügel die größte Schlagkraft zur Geltung zu bringen. Dies konnte ermöglicht werden, da GO. Linsingen am 3. Juli abends der 4. Armee auftrug, die Stellungen des Korps Falkenhayn bis gegen Pustomyty zu übernehmen. Falkenhayn hatte hierauf die 43. RD. aus der Front zu ziehen und nach Ulgowka in Marsch zu setzen. Der festzuhaltende Abschnitt vor Błudów war durch die deutsche 9. und die öst.-ung. 7. KD. zu sichern. FML. Leonhardi ging noch des Nachts mit der 4. KD., der am nächsten Tage die 11. KBrig. der 7. KD. zu folgen hatte, an den Ostflügel der Armeegruppe ab, um hier die 7. ID. vom 4. Juli an des Flankenschutzes am Styrufer (S. 542) zu entheben. Diese Aufgabe hatte der 7. ID., GM. Baumgartner, da der 46. SchD. in der Landenge zwischen Werben und Tołpyżyn jeder Fortschritt versagt blieb, bisher Kräfte entzogen, die nunmehr dem Angriff gewidmet werden konnten. Marwitz wollte auch am 4. Juli den Feind nicht zu Atem kommen lassen und befahl seiner Infanterie, einschließlich der 61. ID. der Gruppe Falkenhayn, den Angriff fortzusetzen.

Die 4. Armee versuchte am 2. Juli den am Vortage unternommenen Angriff zu einem Erfolge auszugestalten. Doch der Feind ließ dies

*) Tscherkassow, 180.

nicht zu. Der linke Flügel der 13. SchD., die 2. ID. und die 37. HID. konnten zwar die errungenen Linien behaupten, die 11. ID. aber, die schon nachts und am Vormittag bedrängt worden war, wurde nachmittags durch einen zweiten Gegenangriff der Russen geworfen. Die Division mußte, da auch die Korpsreserven die Lage nicht zu wenden vermochten, in die am l.Juli innegehabte, verdrahtete Stellung zurückgehen. Das Heeresgruppenkmdo. hielt mit seiner Mißbilligung des Vorfalles nicht zurück und forderte, daß die 4. Armee wenigstens ihre Stellungen festhalte und nur die deutsche 20. ID. beim Kampfe um Zaturcy unterstütze. Tersztyánszky wies seine Korps entsprechend an. FML. Csanády sollte Reserven ausscheiden und am Nordflügel mehr Kräfte, zumal Batterien, einsetzen. Dem Befehle Linsingens, die Front der Armeegruppe Marwitz zu verkürzen, wurde dadurch entsprochen, daß die deutsche 9. KD. in der Nacht auf den 3. durch die k.u.k. 10. KD. abgelöst wurde und die 70. HID. sich ebenfalls nach Süden ausdehnte.

Am 3. Juli ging GO. Tersztyánszky daran, seine Armee zur Wiederaufnahme ihres Angriffes, den er wegen des Mißerfolges der 11. ID. nur vorübergehend eingestellt wissen wollte, neu zu gruppieren. Die Anordnungen wurden jedoch durch einen abends einlangenden, einschneidenden Befehl des Heeresgruppenkmdos. aufgehoben. Linsingen wollte der Armeegruppe Marwitz die Möglichkeit bieten, ihren linken Angriffsflügel ausgiebig zu verstärken, und ließ die ganze Mitte seiner Heeresgruppe in die Verteidigung fallen. Die 4. Armee und das deutsche X. Korps hatten die jetzt gewonnenen Linien ,,zu Dauerstellungen“ auszubauen und den Feind nur durch Feuerüberfälle und kleine Vorstöße zu fesseln. Gleichzeitig mußte sich die 4. Armee noch mehr nach Süden strecken. Der Abschnitt des Korps Szurmay hatte nun 3 km südlich von Watyn zu beginnen und bis zur Mitte des Waldes westlich von Sadow zu reichen. Die 11. ID. trat in ihren Korpsverband zu Szurmay zurück, dem überdies die 10. KD. unterstellt wurde. Im Nordabschnitt, beim

X. Korps, war eine Brigade der 13. SchD. als Armeereserve herauszuziehen. Die letzten Kämpfe hatten die 4. Armee sehr geschwächt; sie zählte insgesamt 17.500 Feuergewehre.

Beim deutschen X. Korps bemühte man sich noch bis zum 3. Juli vergeblich, den Ostteil von Zaturcy vom Feinde zu säubern. Die 29. ID. hatte schon am 2. den mit vielen Opfern erkauften Vorsprung ihres Südflügels an die Russen verloren1). Für den nächsten Tag befahl GLt.

x) IR. 94 im Weltkriege, 527 ff.

Lüttwitz mit Rücksicht auf die erfreulichen Fortschritte der Nachbargruppe Bernhardi dem FML. Schön, das Schwergewicht nunmehr auf den linken Flügel zu verlegen. Abends wurde jedoch das vorbereitete Angriffsunternehmen abgesagt, da sich der Abschnitt Lüttwitz fernerhin auf die Verteidigung zu beschränken hatte x).

Die 11. bayr. und die 107. ID. Bernhardis hatten so gut vorgearbeitet, daß man am 2. Juli zum entscheidenden Angriff schreiten konnte2). Der Hauptstoß fiel dem linken Flügel der Division Rusche mit der Richtung nach Süden gegen die Reichsstraße bei Perespa zu; die Divisionen Kneußl und Hahndorff hatten sich anzuschließen. Der Feind wurde unter großen Verlusten geworfen und das Weiterführen des Vorstoßes am 3. eröffnete die günstigsten Aussichten. Die Angreifer erreichten vom Norden her fast die Reichsstraße, die Mitte der Division Rusche brachte die Stochodbrücken in ihre Gewalt und Perespa lag in greifbarer Nähe. GdK. Bernhardi hoffte schon, jetzt auch mit seinem rechten Flügel südwestlich der Bahnstrecke im engen Anschluß an das Korps Lüttwitz vorgehen zu können. Da mußte das erfolgverheißende Unternehmen knapp vor der Vollendung abgebrochen werden. Die ganze Nordfront am Styr bis zum Korps Hauer stand während des Tages unter feindlichem Artilleriefeuer, das leicht als Einschießen zu deuten war. Schwere Batterien wählten sich den Abschnitt der 41. HID., dann den Raum Gruziatyn—Tuman—Kopyli als Ziel. Die Flieger meldeten, daß die Russen zwischen Kołki und Borowicy Stege über den Fluß gebaut hatten. Alles sprach dafür, daß ein Anschlag des Feindes gegen den Nordflügel der Heeresgruppe unmittelbar bevorstehe. Linsingen ließ die Vorbewegung der Gruppe Bernhardi einstellen und befahl, die Bayerndivision aus der Front zu ziehen.

Als der Befehlshaber der Heeresgruppe am 3. Juli abends seiner Frontmitte den Ausbau von Dauerstellungen anbefahl, hielt er zwar die am 16. Juni eröffnete Gegenoffensive noch nicht für beendet. Er mußte sich aber zum Einstellen der Angriffe bequemen, da für die 4. Armee und das Korps Lüttwitz derzeit keine Aussichten bestanden, durchdringen zu können. Zudem mußte man auf einen Angriff gegen den Nordflügel gefaßt sein, und an Bernhardis erfolgreichem Westflügel konnte am raschesten eine Reserve für den bedrohten Styrbogen verfügbar gemacht werden. So blieb dem GO. Linsingen, der mit seinen Kräften sparsam haushalten mußte, nur das eine Mittel übrig, den Flankenstoß

1)    Schön, Die 29. ID. am Stochod, 48 f.

2)    Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 437 ff.

der Armeegruppe Marwitz, der offenbar den Feind recht empfindlich traf, weiterlaufen zu lassen, um wenigstens an dieser Frontstrecke noch Vorteile einzuheimsen. Die durch den Feind geschaffene Lage erzwang somit ein vorzeitiges Abbrechen der Kriegshandlung.

TDie Ergebnisse der Gegenoffensive blieben vielleicht hinter den gehegten Hoffnungen zurück, waren aber gewiß nicht zu unterschätzen. Die gegen den Halbkreis vor Łuck angesetzten Streitkräfte der Verbündeten hatten den Siegeslauf der 8. Russenarmee gegen Westen aufgehalten und diese auf 10 bis 12 km wieder nach Osten zurückgedrückt. Brussilow hatte darauf verzichten müssen, seinen eigenen Absichten durch die herangebrachten Verstärkungen Richtung oder Nachdruck zu geben, da diese Nachschübe zur Gegenwehr gebraucht wurden. Die zwischen der 1. und der 4. öst.-ung. Armee in der ersten Junihälfte aufgesprungene, breite Frontlücke, die freie Bahn nach Lemberg gewährte, hatten die Verbündeten geschlossen; augenblicklich setzte gerade hier die Gruppe Marwitz den Russen noch wirksam zu. Die unmittelbaren Folgen der Niederlage bei Łuck waren mithin auf dem Schlachtfelde teilweise wettgemacht. Nicht so schnell zu beheben waren aber die schweren Schäden, die der k.u.k. 4. Armee an ihrer Kämpferzahl und namentlich am seelischen Gehalt der verbliebenen Streiter, der Grundlage jedes militärischen Erfolges, widerfahren waren. Die Divisionen hatten in ihrem Truppenbestand weder aufgefrischt noch im erforderlichen Ausmaße ergänzt werden können. Die bis zum Monatsende folgenden Kämpfe hatten wieder bedeutende Abgänge verursacht. Die Schlagkraft der Armee, die eines geschlossenen, größeren Verbandes mit ungebrochener Siegeszuversicht als Zuwachs bedurft hätte, blieb auf lange Zeit herabgemindert.

Das weitere Vordringen der Russen in der Bukowina

(21. bis 24. Juni)

Hiezu Beilage 21

Den Blick auf die Karpathenpässe gerichtet, hatte die Reiterei (1. TerekKosD., 10. KD.) der zur Eroberung der Bukowina bestimmten russischen Gruppe Gen. Promtow den rechten Flügel Kordas unaufhaltsam von der Suczawa über Gurahumora bis in das obere Moldawatal zurückgetrieben.

Am 20. Juni nachts hatte die Brigade Obstlt. Papp auf ihrem Rückzug Ludihumora, Arbora und Glitt erreicht, die 10. IBrig. war abends ermüdet, jedoch in guter Verfassung, im Raume von Mardzina eingetroffen (S. 513). Am nächsten Tag setzten beide Brigaden den Rückzug fort. Die 1. TerekKosD. stieß schon in der Früh längs der Bahn über Unterpertestie vor, eine stärkere feindliche Kolonne drängte in der Richtung auf Solka. Von doppelter Umfassung bedroht, vermochte die Brigade Obstlt. Papp auch nicht, wie dies GO. Pflanzer-Baltin befohlen hatte, am Par Humora zu halten und zog sich in das Tal der Moldawa auf Warna zurück. Die 10. IBrig. wurde von Mardzina auf die Bergrücken nordöstlich von Russ. Moldawitza zurückgenommen. Gegenüber der 40. HID., die mit der 202. HIBrig. die Straßenenge von Straza und mit der 80. HIBrig. die Einbruchtäler bei Moldauisch Banilla und bei Ber-hometh sperrte, rückten indessen die beiden Infanteriedivisionen (82. ID. und 103. RD.) der Gruppe Gen. Promtow heran. Die Í. DonKosD. ging auf Ispas gegen den linken Flügel des Kavalleriekorps Brudermann vor. Am stärksten bedrängten jedoch die Russen die östlichsten Gruppen des k.u.k. XI. Korps.

Um die schon stark geschwächte Brigade Obstlt. Papp stützen und die Karpathenpässe in der Südbukowina mit frischen Truppen besetzen zu können, bat GO. Pflanzer-Baltin die Heeresleitung, eine Gebirgs-brigade nach Jacobeny heranzuführen. Diesem Wunsche zu entsprechen erklärte sich die Heeresleitung außerstande; sie betonte jedoch, daß es den Anschein habe, als ob die Russen mit Kavallerie, vielleicht auch mit Infanterie in Siebenbürgen einbrechen wollten. Die 7. Armee müsse daher selbst Kräfte nach Jacobeny und nach Kirlibaba entsenden. Die ersten Transportzüge der von der Tirolerfront heranrollenden Verstärkungen, vorerst eine Division (44. SchD.), könnten erst vom 27. Juni an in Borsa, ó. Radna und Borgo Prund (Eisenbahnstationen in Nord-Siebenbürgen) eintreffen. Dem GO. Pflanzer-Baltin wäre es freilich erwünschter gewesen, wenn die von der Tirolerfront erwarteten Verstärkungen nach Ostgalizien, an den linken Flügel der 7. Armee herangeführt würden, damit sie von Westen her die in der Bukowina vordringenden Russen in Flanke und Rücken bedrohten. In Borsa war ohnehin inzwischen das steirische LstlBaon. 150 von der Kärntnerfront eingetroffen und die bei der Südarmee freigemachte 79. HIBrig., Obst. Rubint, folgte nach (S. 513). Es wurde der Entschluß gefaßt, diese Truppen mit der Kleinbahn nach Jacobeny zu fahren; dorthin sollten auch die vom Balkan in Aussicht gestellten drei ungarischen Landsturmbataillone (S. 513) herangeführt werden.

Unheimlich rasch wich Kordas rechter Flügel in der Bukowina zurück. Am 22. Juni deckten die Landsturmbataillone der Brigade Obstlt. Papp bei Warna zurückfahrenden Troß und gingen dann noch am selben Tage wegen drohender Umgehung durch die Terekkosaken in eine Sperrstellung östlich von Kimpolung zurück. Nachdem Warna von der Brigade Papp aufgegeben war, schien Gefahr zu bestehen, daß die Russen durch das geöffnete Tal der Moldawitza Vordringen und der noch auf den Höhen nordöstlich von dem Orte Russ. Moldawitza stehenden 10. IBrig. in den Rücken fallen würden. Zudem konnte die 10. IBrig. nicht mehr verpflegt werden, da sie mit dem Verlust von Warna ihre einzige Nachschublinie verloren hatte. So führte GM. Kaltenborn, der die Straße Kimpolung—Pozoritta—Izwor zu decken hatte, seine Gruppe von Russ. Moldawitza über die dem Quelltal der Mol-dawa vorgelagerten 1500 m hohen Gebirgsketten nach Breaza zurück.

Die 40. HID. verblieb in ihren Sperrstellungen bei Straza und bei Berhometh. Sie wurde von dem gegenüberstehenden Feinde (82. ID. und vermutlich Teile der 103. RD.) nicht ernstlich angegriffen. Bedrohlicher entwickelten sich indessen die Geschehnisse im Czeremosztale. Die

8. KD. hatte am 22. dem andauernden Drucke der l.DonKosD. über Ispas nachgeben müssen. Am 23. um Mittag erreichten die DonKosaken Kuty. Ein kurzer Vorstoß des rechten Flügels der 24. ID. aus der Gegend von Rożnów gegen Osten veranlaß .e die Russen, Kuty wieder aufzugeben. Bald setzten sich aber die, russischen Reiter aufs neue in den Besitz von Kuty. Die 8. KD. wich fechtend auf die Höhen knapp westlich des Ortes. Südlich vom brennenden Wiżnitz bis zum Anschluß an die 40. HID. bei Berhometh nahm die 3. KD. Stellung. Links vom Kavalleriekorps Brudermann hielt die 24. ID. mit der ihr unterstellten KBrig. Obst. Kranz zwischen Kuty Str., Rożnów und dem Pruth. Auf dem äußersten .rechten Flügel der 24. ID. wurde das neuangekommene k. k. Landsturmbataillon 153 in die aufgelockerte Front eingeschoben.

FZM. Benigni hatte inzwischen im Aufträge Pflanzer-Baltins aus der Front nördlich vom Pruth die Regimenter der 5. ID. (IR. 1, 54 und 93) und fünf Batterien freigemacht. Er bildete aus den Resten der 51. HID. eine Brigade (201. HIBrig.) und hielt diese Kräfte im Raume südöstlich von Kolomea bereit. Die Führung über den vom Pruth bis Kuty Str. sich erstreckenden Südflügel der Gruppe FZM. Benigni übernahm FML. Habermann. Die an der Czerniawa verbliebenen Truppen (30. ID. ohne SchR. 5, Reste der 42. HID., Teile der 36. ID. und der 202. HIBrig.) befehligte FML. Šnjarič; an ihn schloß sich im Norden bis Nieżwiska die Gruppe FML. Hadfy (KBrig. GM. Fluck, 5.IIKD.,

21. SchD., 6. KD., Teile der 36. ID.) an, die seit dem 18. Juni dem FZM. Benigni unterstellt war.

Nach der bis zum 23. beim 7. Armeekmdo. gewonnenen Auffassung, die auch den Tatsachen entsprach, standen die Russen wie folgt: das XXXIII. Korps südlich vom Dniester gegenüber der Gruppe FML. Hadfy, das XLI. Korps auf dem nördlichen Pruthufer gegenüber der Gruppe FML. Šnjarič. Das russische XII. Korps, die l.DonKosD. und die 10. KD. waren anscheinend im Begriffe, über Kuty in der Richtung auf Kosów—Pistyń anzugreifen. Das XI. Korps hielt scheinbar im Serethtale bei Storożynetz, von wo es nach Westen oder auch gegen Süden weiter vorgehen konnte. Das Kombinierte Korps schien mit der 82. ID. bis auf Lukawetz, Moldauisch Banilla und bis Oberwikow vorgedrungen zu sein, die 103. RD. und das III. Kavalleriekorps waren allem Anschein nach über Gurahumora gegen Jacobeny im Vorgehen.

Schon am 23. nachmittags wurde die Brigade Obstlt. Papp in ihrer neuen Sperrsteilung bei Kimpolung von der l.TerekKosD. angegriffen. Sie wehrte sich tapfer, wurde jedoch am Abend in der Mitte durchbrochen, am linken Flügel umgangen und abermals zum Rückzug gezwungen. Nachts traf sie mit schwer erschütterten Truppen in Pozoritta ein und vereinigte sich dort mit den inzwischen von Jacobeny herbeigeeilten Kräften: k. k. Landsturmbataillon 150, rumänisches Freiwilligenbataillon und Spitzenbataillon der noch zurollenden 79. Honvédbrigade.

Überaus bedenklich erschien dem GdK. Korda die Lage. Er hielt die bei Pozoritta und bei Breaza vorhandenen Truppen nicht für ausreichend, um den 45 km breiten Verteidigungsraum behaupten zu können, fühlte sich auf beiden Flügeln bedroht und besorgte, daß der russische Angriff zu einer vollständigen Katastrophe führen werde. Am

24. früh meldete er am Fernsprecher seinem Armeekommandanten, daß die Brigade Papp nicht mehr kampffähig sei. Es bestehe jetzt die Gefahr, daß auch die in Pozoritta neuangekommenen schwachen Kräfte von den nachdrängenden Russen geschlagen würden. Die bei Jacobeny vorbereiteten Stellungen (Mestecanestiestellung) könnten dann auch nicht mehr gehalten werden, schon deshalb nicht, weil die noch anrollenden Truppen der 79. HIBrig. erst am 25. mittags in Jacobeny eintreffen könnten. Es sei ratsam, die bei Pozoritta stehende Gruppe in die bei Jacobeny vorbereiteten Stellungen zurückzuführen. Anschließend müßte dann die noch in Breaza befindliche 10. IBrig. auf dem Bergrücken Orata Stellung nehmen. Die Gruppe Obst. Sávoly (Teile der 202. HIBrig.) bei Straza werde von den Russen noch nicht bedrängt, die 40. HID. (80. HIBrig.) kämpfe bei Berhometh mit der russischen 82. ID. und habe ihren rechten Flügel bereits zurückgebogen. Auch die 40. HID. müsse, meldete GdK. Korda, zurückgenommen werden, damit sie nicht wie die Brigade Papp zertrümmert werde, bevor sie den Raum von Seletin erreicht habe. GO. Pflanzer-Baltin gab zur Antwort, daß die Mestecanestiestellung unter allen Umständen gehalten werden müsse, und betonte, daß die 40. HID., sobald sie in den Raum von Seletin gelangt sei, auch die Straße über Sergie nach Uście Putilla zu decken habe, weil die 3. KD. nur von Wiżnitz bis Uście Putilla Stellung nehmen werde und nach Westen auf Krzyworównia gewiesen sei.

Nun wurden vom GdK. Korda die Rückzugsbefehle gegeben. Die Brigade Papp und die 10. IBrig. hatten in die bei Jacobeny auf den Gebirgsrücken östlich der Goldenen Bistritz vorbereiteten Stellungen zurückzugehen. Die 40. HID. sollte noch am 24. bis Rusca, am 25., mit der 202. HIBrig. vereint, bis Izwor rücken. Am 26. hatte diese Gruppe die bei Kirlibaba eingerichteten Höhenstellungen zu beziehen. GO. Pflanzer-Baltin wünschte aber, daß die 40. HID. auf ihrem Rückzuge bei Seletin haltmache, um unter gleichzeitiger Absperrung der Straßenenge von Straza die über Sergie nach Uście Putilla in den Rücken des Kavalleriekorps Brudermann führende Einbruchslinie noch möglichst lange zu verteidigen.

GdK. Korda jedoch änderte die der 40. HID. bereits gegebenen Marschziele nicht mehr und machte bei Seletin nicht halt; denn ihm schien es wichtig, diesen Teil des XI. Korps in die Kirlibabastellung zurückzuführen, bevor sie von den Russen erreicht werde.

Der russische Angriff in der Bukowina, der sich schon den Weg gegen die nördlichen Eingangspforten Siebenbürgens bahnte, bereitete der Heeresleitung begreifliche Sorge. In Siebenbürgen waren nur sehr schwache Kräfte verfügbar: Gendarmerieabteilungen und Ersatztruppen, aus denen das Militärkmdo. in Hermannstadt vier Alarmbataillone aufgestellt hatte, die in Maros Vasarhely, Des, Klausenburg und in Borgo-Prund das obere Maros- und Szamostal hüteten. Die Sicherungstruppen in Borgo-Prund sollten den Borgopaß besetzen, falls die östlichen Gruppen des Korps Korda über Jacobeny zurückgeworfen würden.

Mit dieser Möglichkeit wurde beim 7. Armeekmdo. schon gerechnet. GM. Seeckt hatte am 23. der Heeresleitung gemeldet, daß am Borgo-, am Rotondul- und am Prisloppaß neuer Widerstand geleistet werde, wenn Jacobeny und Kirlibaba nicht gehalten werden könnten.

Die Brigade Papp, das k. k. Landsturmbataillon 150 und die 10. IBrig. würden dann auf den Borgopaß, die 40. HID. und die vom Balkan nach Borgo-Prund zurollenden ungarischen Landsturmbataillone (I u. 11/33, IV S) auf den Rotondulpaß entsendet werden. Zur Verteidigung des Prisloppasses müßte dann aber eine Brigade der von der Tirolerfront anrollenden Division oder eine vom linken Flügel der 7. Armee herangezogen werden.    :

Der höchst bedenkliche Einbruch der Russen in die südliche Bukowina hatte die Heeresleitung mittlerweile genötigt, die an der Südwestfront freigemachten Divisionen (44. SchD. und 59. ID.) und das VIII. Korpskmdo. der 7. Armee zu überweisen (S. 548). Die 44. SchD. befand sich am 24. Juni schon im Anrollen nach Ostgalizien. Der Ausladeraum dieser Division mußte jetzt bestimmt werden. GO. PflanzerBaltin wurde am 24. mittags von der Heeresleitung angewiesen, zu melden, wo er die ihm zurollenden Kräfte einzusetzen gedenke. Ihr Einsatz — so hieß es in diesem Heeresbefehle — müsse so erfolgen, daß „dem Vorgehen der Russen gegen Siebenbürgen und gegen Oberungarn, äußerstenfalls auf den Gebirgsübergängen Prislop-, Rotondul- und Borgopaß Halt geboten“ werde. Zugleich hätten die Hauptkräfte der 7. Armee zwischen Dniester und Pruth und im Raume südöstlich von Kolomea dem Angriff der russischen 9. Armee standzuhalten. „Davon hängt es ab, daß jene Zeit gewonnen wird“ — die Heeresleitung dachte hierbei an den geplanten Dniesterstoß (S. 520) —, „welche das Heranführen weiterer Kräfte nach Südostgalizien möglich macht.“ Mit diesen später noch zurollenden Verstärkungen könne jedoch erst anfangs Juli gerechnet werden. Auf die politische Bedeutung der russischen Offensive hinweisend, mahnte die Heeresleitung den Befehlshaber der 7. Armee, mit aller Tatkraft Führung und Truppe zum Ausharren anzuspornen. Der Russe dürfe gegen Siebenbürgen und Oberungarn hin keinen Schritt Boden mehr gewinnen. „Jeder Mann in der Armee muß wissen, daß hier um die Feldzugsentscheidung und um das Schicksal des Vaterlandes gekämpft wird.“

Auf diesen eindringlichen Befehl meldete GO. Pflanzer-Baltin noch am selben Tage seinen Entschluß, nur eine Brigade (die 44. SchBrig. der

44. SchD.) dem östlichen Flügel der 7. Armee zuzuführen. Mehr Kräfte könnten für die Verteidigung der Karpathenübergänge nicht verfügbar gemacht werden. Für die übrigen über Stanislau anrollenden Truppen der 44. SchD. wurde Kolomea als Ausladeort bestimmt. Dorthin sollte auch die 59. ID. gefahren werden. Diese Kräfte gedachte Pflanzer-Baltin hinter dem Südflügel der Gruppe Benigni zu versammeln, um der dort drohenden Umfassung durch die Russen vorzubeugen. Ob mit den Verstärkungen angegriffen werden könne oder ob man sie nur zur Stützung der Front oder zum Verlängern des Südflügels verwenden werde, darüber könne erst zu späterer Zeit entschieden werden.

Die Armeen Bothmer und Böhm-Ermolli vom 21. Juni

bis anfangs Juli

Während Letschitzki den rechten Flügel der Armee Pflanzer-Baltin in der Bukowina zurückdrängte, führte Schtscherbatschew die ihm von den Reserven Brussilows zugeteilte 113. RD. gegen Burkanów und Zlotniki vor. Am 21. Juni früh ließ Schtscherbatschew die Stellungen des Südflügels der Armee Bothmer am Baryszbach und auf der Hügelflur von Olesza durch die Artillerie beschießen und griff zugleich mit starken Kräften (XXII. Korps, 3. turk. SchD., 113. RD.) auf der ganzen Linie zwischen den Orten Gnilowody und Zlotniki an. In diesem Raum bemühte er sich, zwischen dem k.u.k. vi. Korps und dem Korps Hofmann eine Lücke zu reißen. Bis acht Wellen tief gegliedert, brachen die finnischen und die turkestanischen Schützenregimenter gegen die deutsche 48. RD. vor. Aber so heftig die Russen auch gegen Kotuzów anrannten, Oppelns Bataillone standen unerschüttert. Am Abend waren alle Angriffe unter großen Verlusten für die Russen abgeschlagen. Auch der Südflügel des Korps Hofmann hatte sich gehalten. Nach diesem neuen Mißerfolg fühlte sich Gen. Schtscherbatschew zur Fortführung des Angriffes abermals nicht stark genug und wertete auf Verstärkungen, die in nächster Zeit aus Bessarabien dem linken russischen Heeresflügel zugeführt werden sollten.

Gegen Ende Juni meldeten Flieger der Südarmee lebhaften Bahnverkehr hinter der russischen Front und Truppenversammlungen im Raume von Trembowla. Die 37. ID. des russischen XVIII. Korps wurde anscheinend vom Nordflügel Schtscherbatschews nach Dobropole herangezogen und zwischen die Front des XXII. und des XVI. Korps eingeschoben. Bei Budzanów stand starke russische Reiterei. Der umsichtige GdI. Bothmer zeigte durch Erkundungsunternehmungen an der Straße nach Buczacz und bei Bohatkowce, daß ihm die Vorbereitungen der Russen nicht entgangen waren. Er gab am 26. auf Ansuchen des GM. Seeckt ein Regiment und drei Batterien der bei Kozowa als Reserve versammelten deutschen 105. ID. zur Stützung der 7. Armee ab und bereitete zugleich den schon seit längerem ins Auge gefaßten Dniester-stoß (S. 520) vor. Für diesen Angriff stellte die DOHL. auf Drängen Conrads zwei weitere deutsche Divisionen, die 119. ID. von der Balkanfront und die 1. RD. aus dem Bereiche des Oberkommandos Ost zur Verfügung. Beide Divisionen sollten über Lemberg der Südarmee zugeführt werden. Inzwischen drohte am Pruth ein mächtiger russischer Ansturm loszubrechen. GO. Conrad ersuchte den Verbündeten um Beistand. Schweren Herzens überwies GdI. Falkenhayn am 27. die 119. ID. der k.u.k. 7. Armee.

Vor der Armee Bothmer hielt der Feind seit dem 22. Juni überall still. Während dieser Kampfpause wurde die abgekämpfte 39. HID. aus der Front herausgezogen und nach Podhajce zurückgenommen. Die in dem Verteidigungsabschnitt von Gnilowody zwischen dem VI. Korps und dem Korps Hofmann eingeschobene 48. RD. trat am l.Juli unter den unmittelbaren Befehl Bothmers. Diese Division hatte die ihr beigegebenen öst.-ung. Truppen — das SchR. 19 und das HIR. 309 — wieder an das Korps Hofmann abgegeben.

Am Nordflügel Bothmers entriß die zum Gegenangriff angesetzte 32. ID. am l.Juli nach einem mächtigen Artillerie- und Minenwerferfeuer die heißumstrittene und für die Behauptung ihres ganzen Abschnittes wichtige Höhe A 389 bei Worebijówka dem Feinde. Die unter der Führung des GM. Willerding angreifenden Truppen — das k.u.k. IR. 6 und das von der deutschen 105. ID. abgezweigte preußische Reservejägerbataillon 15 — brachten nach kühnem Sturme mehr als 1100 Gefangene ein; 13 Maschinengewehre und 2 Minenwerfer wurden in den eroberten russischen Gräben erbeutet. Dieser Erfolg war vor allem dem überaus wirkungsvollen Artillerievorbereitungsfeuer zu verdanken gewesen. Nach blutigen Grabenkämpfen hatte sich nun die Front der k.u.k. 32. ID. gefestigt.

Auch vor dem rechten Flügel der 2. Armee, zwischen Sereth und Ikwa, lagen die Russen nach wie zuvor gebunden. Am Nordflügel der Gruppe FML. Kosak lösten am 23. Juni Erkundungsvorstöße des russischen XVII. Korps Kämpfe an der Reichsgrenze aus. Am 24. stellte Sacharow den Angriff ein (S. 535). Brussilow war mit dieser Operationspause einverstanden, denn er scheute die Fortsetzung des Angriffs mit seiner Heeresmitte, bevor nicht die Westfront den so lange verzögerten Angriff auf Pinsk begann und die von der Stawka aus dem Bereiche der Nordfront in Aussicht gestellten Verstärkungen eingelangt waren.

Die Schlacht bei Kolomea (erste Phase)

Hiezu Beilagen 21 und 24 Der Beginn der Kämpfe (24. bis 27. Juni)

Gdl'. Letschitzki hatte ursprünglich der Offensive durch die Bukowina nur den Charakter eines Seitenstoßes beigelegt. Der Gegner sollte vom Pruth weggedrängt werden,, damit er nicht Flanke und Rücken, der in westlicher Richtung angreifenden russischen 9,. Armee bedrohen könne (S. 456). Nun hatte die Gruppe des Gen. Promtow in wenigen Tagen fast die ganze Bukowina erobert und den rechten Flügel der Armee Pflanzer-Baltin bis an die Goldene Bistritz zurückgedrängt. Nach diesem überraschenden Erfolge erschien es dem Gen. Letschitzki wohl verlockend, durch die Karpathenpässe nach Ungarn vorzudringen. Durch eine Bedrohung Ungarns., das einen militärisch und politisch sehr empfindlichen Teil der Donaumonarchie darstellte, mußte der Gegner zu Schutzmaßnahmen und damit auch zu kräftezersplitternden Truppenverschiebungen genötigt werden. Letschitzki überlegte, ob nicht das Hauptgewicht des Angriffes nach Süden und nach Südwesten in die Karpathen zu verlegen wäre.

Demgegenüber hatte die Stawka schon am 22. Juni den Gen. Letschitzki durch den Oberbefehlshaber der Südwestfront anweisen lassen, mit den Hauptkräften der 9. Armee in der Richtung auf Halicz und auf Stanislau anzugreifen. Gen. Alexejew versprach sich durch einen Vorstoß den Dniester entlang eine wirksame Unterstützung der festgeratenen Armee Schtscherbatschew. Auch war er der Ansicht, daß die 9. Armee bei dem allgemeinen Stillstand des Angriffes in Ostgalizien und in Wolhynien nicht vereinzelt nach Süden in die Karpathen Vordringen dürfe. Wohl beschäftigte ihn der Gedanke, mit dem III. Kavalleriekorps in die ungarische Ebene auf Máramaros-Sziget vorzudringen. Dies sollte jedoch erst geschehen, bis die 9. Armee den Raum um Stanislau erreicht haben würde1).

Aber beide Operationen, der Angriff gegen Westen wie das Unternehmen gegen Süden, hatten ihre Nachteile. Im Westen hatte sich der Gegner vor dem stehengebliebenen rechten Flügel der russischen 9. Armee, zwischen Dniester und Pruth, neu eingegraben. Im Süden ver-x) Z a j o n t s c h k o w s k i j, 39.

sperrten die leicht zu verteidigenden Gebirgsketten der Waldkarpathen den Zugang nach Ungarn. Dazu kam noch eine besondere Sorge: Rumänien lag in der Flanke des südlichen Heeresflügels der Russen, und diese fühlten sich bei jeder Offensive bedroht, solange Rumänien noch nicht an die Seite der Entente getreten war. So hatte denn auch Gen. Brussilow am 24. Juni warnend bei Gen. Letschitzki angefragt, weshalb die Gruppe Promtow so weit nach Süden vorgedrungen sei und damit ihren Rücken entblößt habe x). Tags darauf hatte Gen. Brussilow Weisungen für die Wiederaufnahme des unterbrochenen allgemeinen Angriffes ergehen lassen (S. 535). Nun beschloß Gen. Letschitzki, den zwischen dem Dniester und dem Orte Kuty stehenden Gegner anzugreifen.. Er hatte schon nach dem Falle von Czernowitz das XII. Korps im Raume südlich von Sniatyn und das XI. Korps südwestlich von Czer,-nowitz zum Angriffe gegen Westen geordnet. Diese beiden Korps ließ er jetzt nach Westen bis auf gleiche Höhe mit seinem rechten Armeeflügel (XLI. und XXXIII. Korps) vorrücken und zog zugleich die 82. ID. über Łukawetz nach Kuty heran2).

Vor dieser russischen Division hatte am 24. die 40. HID. ihre Sperrsteilungen bei Berhometh verlassen und war nach Seletin abmarschiert (S. 551). Brudermanns rechte Flanke war nun entblößt, die 3. KD. mußte ihren rechten Flügel aus dem Raume nordwestlich von Berhometh auf Rostoki zurücknehmen. Schwache Sicherungsabteilungen wurden auf Uście Putilla entsendet, um die Zugangswege vom oberstenj Sereth in das Czeremosztal notdürftig zu sperren. Die 8 KD. hatte sich inzwischen auf den Höhen westlich von Wiżnitz—Kuty flüchtig eingegraben. Nördlich anschließend an das Kavalleriekorps Brudermann stand nun die 24. ID. mit der ihr beigegebenen KBrig. Obst. Kranz und dem neu angekommenen k. k. Landsturmbataillon 153 auf den Höhen nördlich von Kuty Str., beiderseits des Rybnicabaches, dann knapp westlich von Rożnów und bei Ilińce am Pruth. Die Masse der

5. ID. und die 51. HID. (201. HIBrig.) hatte FML. Habermann näher an den Nordflügel der 24. ID. herangezogen. Gegen die links benachbarte 30. ID. schob sich der Feind heran. Er besetzte Kielichów (nordöstlich von Zabłotów). Nachts fühlten an vielen Stellen russische Patrouillen über den Czerniawabach gegen die Stellungen der Gruppe FML. Šnjarič vor. Auch bei der Gruppe FML. Hadfy machten sich jetzt zahlreiche russische Erkundungsvorstöße fühlbar. Zugleich ent-

J) L i t w i n o w, 61.

Ebenda, 59 ff.

wickelten sich auch am äußersten Südflügel des XIII. Korps Kämpfe. Bei Piotrów setzten Abteilungen der 6. DonKosD. schwimmend über den Dniester und nisteten sich vor der Front der Gruppe GM. Leide ein1).

Am 25. Juni ritt russische Kavallerie (1. DonKosD.) von Wiżnitz aufklärend gegen Rostoki, sie entwickelte sich am nächsten Tag gegenüber der 3. KD. und suchte um deren linken Flügel herumzugreifen. Zur selben Zeit schoben sich russische Schützenlinien von Kuty her gegen die 8. KD. vor. Der Südflügel der 24. ID. auf der Höhe Porąb knapp nördlich von Kuty Str. wurde von russischer Infanterie wiederholt angegriffen. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß die Russen ihre Reiterei bei Kuty durch Truppen verstärkten, die sie aus der Bukowina heranzogen. Vor dem Nordflügel der Gruppe FML. Habermann waren die 19. und die 12. ID. des russischen XII. Korps festgestellt. Flieger meldeten hinter der russischen Front eine Division im Marsche von Russisch-Banilla auf Ispas und eine zweite Division im' Anmarsche von Waschkoutz. Ein starker Angriff auf Kosów war zu erwarten. FML. Habermann stellte seine Reserven, die 5. ID. (9. IBrig.) an der Straße Kuty Str.—Kosów und die 201. HIBrig. bei Chomczyn bereit. Drei Batterien und das IR. 129 der bei Kozowa versammelten deutschen 105. ID. gab GdI. Bothmer zur Stützung der 7. Armee ab (S. 553).

Am 27. früh trafen die auf Kraftwagen rasch herbeigeholten deutschen Verstärkungen in Kolomea ein. Dort waren jetzt auch die Anfänge der über Stanislau heranrollenden 44. SchD. im Ausladen begriffen. Der russische Druck gegen den südlich vom Pruth sich erstreckenden rechten Flügel Benignis war inzwischen stärker geworden. Ein neuer heftiger Angriff entwickelte sich am 27. nachmittags gegen die Höhe Porąb. Die deutschen Verstärkungen wurden von Kolomea in das Pistyńkatal vorgeschoben. Die 24. ID. vermochte sich indessen im Gegenstoß zu behaupten. Bei diesem Kampfe wurden Gefangene der russischen 82. ID. eingebracht. Damit war festgestellt, daß die Russen aus der Bukowina Kräfte gegen den südlichen Teil der Gruppe Benigni herangezogen hatten.

In der Bukowina waren am 25. russische Aufklärungsschwadronen von Pozoritta gegen Jacobeny vorgeritten. Sie stießen vor diesem Ort auf starke Höhenstellungen des Gegners und prallten zurück. Auf dem der Goldenen Bistritz breit vorgelagerten Gebirgsrücken hatten sich

x) B i d o u, L’offensive de Broussiloff (Revue des Deux Mondes, Jhrg. LXXXVII, Märzheft 1917, 164).

mittlerweile die 79. HIBrig., die Reste der Brigade Papp sowie die 10. IBrig. zu neuer Abwehr eingerichtet. Die vom Balkan zugeführten ungarischen Landsturmbataillone wurden bereits in Borgo-Prund ausgeladen. Die Regimenter der 40. HID. nahmen am 26. nach scharfen Rückmärschen nördlich von Kirlibaba Stellung. Sie hatten weit und breit keinen Feind mehr gegenüber. Es zeigte sich jetzt, daß der russischen Offensive gegen die nördlichen Eingangspforten Siebenbürgens nur untergeordnete Bedeutung zukam.

In Teschen hatte man bis zum 27. die zutreffende Auffassung gewonnen, daß die Masse der 9. Russenarmee zwischen dem Dniester und dem Orte Kuty der Gruppe Benigni gegenüberstehe, während in die südliche Bukowina nur das russische III. Kavalleriekorps (1. TerekKosD.,

10. KD.) und die 103. RD. eingedrungen seien. Mit begreiflichem Mißmut verwies die Heeresleitung in einem am 27. erlassenen Befehle auf den übereilten Rückzug der 40. HID., die jede Beobachtung des Raumes von Seletin unterlassen und die Fühlung mit dem Feinde völlig verloren habe. Ein weiterer Rückzug des XI. Korps, das noch immer 20.000 Mann stark sei, käme jetzt nicht mehr in Frage. Es war zu melden, wann das

XI. Korps zum Angriff übergehen könne. GO. Pflanzer-Baltin ließ am 27. die zur Stützung des XI. Korps bestimmte 44. SchBrig. über Körös-mezö nach Delatyn abdrehen.

Gen. Letschitzki stellte unterdessen schon eine Angriffsmasse von sechzig Bataillonen gegen die mehr als 50 km lange Front von Nieżwiska bis Kuty bereit. Am 27. ordnete er den Angriff für den nächsten Tag um 4hfrüh an1). Am rechten Flügel hatten das XXXIII. Korps zwischen Nieżwiska und Dżurków, das XLI. Korps zwischen Dżurków und Zamu-lińce, am linken Flügel das XII. und das XI. Korps zwischen Debeslawce und Kuty die gegnerischen Stellungen zu durchstoßen. Südlich vom Pruth war der Raum zwischen den beiden Ortschaften Debeslawce und Pistyń unter allen Umständen noch am 28. zu erreichen. War der Gegner geworfen, so hatten alle vier Korps der 9. Russenarmee mit ihren Reserven unaufhaltsam zu verfolgen. Die Angriffstruppen sollten inzwischen sich in den gewonnenen Räumen ordnen und befestigen. Die Gruppe Gen. Promtow (III. Kavalleriekorps, 103. RD.), die den Angriff nach Süden zu decken hatte, war beauftragt, mit einer Brigade der 103. RD. auf Jacobeny vorzustoßen, sich dort festzusetzen und in die nördlichen Talbecken Siebenbürgens Erkundungsabteilungen vorzutreiben2).

1 j Litwinow, 60.

2) Ebenda, 70.

Der Durchbruch der Russen am Pruth und bei Kuty (28. bis 30. Juni)

Am 27. Juni abends erfuhr GO. Pflanzer-Baltin, daß außer dem VIIL Korps (44. SchD. und 59. ID.) auch noch die deutsche 119. ID. zur

7. Armee geführt werde. Nach dem Eintreffen dieser Verstärkungen sollte die Offensive den Dniester entlang begonnen werden, um durch einen Erfolg gegen den russischen Südflügel Rumänien vom Losschlagen abzuhalten.

Schon am nächsten Morgen setzten auf der ganzen Front zwischen dem Czeremosz und dem Dniester die erwarteten russischen Angriffe ein. Der Stoß der Armee Letschitzki richtete sich hauptsächlich gegen die 24. ID. im Raume östlich und nordöstlich von Kosów, gegen die

30. ID. und die 42. HID. an der Czerniawa sowie gegen die 21. SchD. auf den Hügeln östlich von Obertyn. Zugleich versuchten die Russen aus den Dniesterschlingen von Nawałach und Piotrów heraus gegen die Gruppe GM. Leide Raum zu gewinnen. Besonders heiß wurde bei der böhmischen 21. SchD. gerungen, der es aber gelang, alle russischen Angriffe abzuschlagen. Auch im Süden, bei der Gruppe FML. Habermann, entwickelten sich die Kämpfe anfangs günstig. Die Russen erstürmten zwar die Höhe Porąb, sie wurde aber von Kaiserinfanterie (IR. 1) zurückerobert. Desgleichen gelang es der 24. ID., den Stoß der Russen zwischen Rożnów und Ilince aufzuhalten. GO. Pflanzer-Baltin stützte diesen Teil der Front mit dem von der Südarmee überwiesenen deutschen IR. 129.

Am Nachmittag setzten neue Angriffe der Russen ein. Beim Kavalleriekorps Brudermann drückte die durch Infanterie der russischen

82. ID. verstärkte 1. DonKosD. die schwachen Postierungen der k.u.k.

3. KD. zwischen Uście Putilla und Rostoki über den Czeremosz westwärts gegen Krzyworównia zurück. Bei Kuty brach der Feind in die Stellungen der 8. KD. ein, dem IR. 1 ging die Höhe Porąb wieder verloren; umfassend stießen die Russen von Süden her der 24. ID. in die Flanke. Zugleich gewann der Angriff des Feindes gegen Chomczyn Raum, wo die in die zurückweichende Front eingeschobenen Truppen der 51. HID. in sehr verlustreiche Kämpfe verwickelt wurden. Den zum rechten Flügel Habermanns herbeigeeilten Vei'Stärkungen (Infanterieregimenter 93 und 54 der 5. ID.) gelang es trotz aller Tapferkeit nicht mehr, die Wucht des feindlichen Angriffes zu brechen. Abends zog sich die ganze Gruppe Habermann auf Kosów und auf die Höhen nördlich davon zurück.

Nicht besser war es mittlerweile der Gruppe FML. Šnjarič (30. ID., 42. HID.) an der Czerniawa ergangen. Sie wurde am Nachmittag von den ungestüm angreifenden Russen bei Kulaczkowce durchstoßen. FML. Šnjarič warf seine Reserve, das IR. 16, in den Kampf. Das Regiment wurde vom Feinde in Flanke und Rücken gefaßt und mußte unter sehr schweren Einbußen zurück. Da man keine Aussicht hatte, die jetzige Linie am nächsten Tag gegen weitere Angriffe zu halten, mußte die Front der Gruppen Habermann und Šnjarič in der Nacht hinter den Pistyńkabach und in den Brückenkopf von Kolomea zurückgenommen werden. Die bereits ausgeladenen Truppenteile der 44. SchD. wurden über den Brückenkopf hinaus vorgeschoben. Weiter nördlich bedingte der Rückschlag eine Zurücknahme der Gruppe Hadfy auf Kamionka Wk. und auf Obertyn.

Am 29. sperrte die k.u.k. 3. KD. zwischen Jablonica und Krzy-worównia die Straßen im Bilyj Czeremosz- und im Czarny Czeremosz-tale. Indes drängten die Russen gegen die links benachbarte 8. KD. und gegen den Südflügel der Gruppe FML. Habermann aufs neue heftig vor. Die gelichtete 8. KD. konnte dem Drucke nicht widerstehen und sammelte sich unter dem Schutze von Nachhuten östlich von Kosmacz. Am Nachmittag gerieten die bei Pistyń fechtenden Truppen (Teile der 5., der 24. ID. und der 51. HID.) in arge Bedrängnis. Abermals warf sich Kaiserinfanterie in die Bresche. Aber auch die Tapferkeit der Schlesier reichte nicht aus, um die Lage wieder herzustellen. Unter schweren, verlustreichen Kämpfen mußte Habermanns Südflügel auf Jabłonów zurückweichen.

Nun standen die Russen schon tief in der rechten Flanke Benignis, der seinen Armeekommandanten am Abend die weitere Zurücknahme der Front in die Linie Berezów Wż.—Peczeniżyn—Iwanowce (westlich von Tlumaczyk)—östlich von Ottynia—südlich von Tłumacz empfehlen mußte, wo eine Aufnahmsstellung flüchtig vorbereitet war. Erst dort werde man die noch anrollenden Verstärkungen abwarten und mit den erschöpften Truppen nachhaltigen Widerstand leisten können. GO. Pflanzer-Baltin sah sich genötigt, Kolomea dem Feinde preiszugeben und die Zurücknahme der Front in die angegebene Linie anzuordnen.

Noch in der Nacht auf den 30. setzten die Gruppen Habermann, Šnjarič und Hadfy den Rückzug fort. Diese Armeekörper und die

8. KD. hatten in den beiden letzten Tagen zusammen fast 40.000 Streiter eingebüßt. Das Kavalleriekorps Brudermann blieb im großen und ganzen in seinen alten Räumen stehen. Die 3. KD. deckte bei Krzyworównia die

Einbruchswege, die über Żabie zum Jablonicapaß führen; die 8. KD. bezog am 30. östlich von Kosmacz eine Sperrstellung. Die ihr beigegebene KBrig. Obst. Kranz hielt Verbindung mit der links benachbarten 9. IBrig., die auf ihrem Rückmarsch nach Berezów ein heftiges Gefecht zu bestehen hatte. Gegenüber dem Kavalleriekorps Brudermann ging nur schwächerer Feind auf Jasienów Grn. und auf Kosmacz vor; südlich vom Pruth drängten das XII. und das XI. Korps der Russen über Jabłonów und gegen Peczeniżyn der abziehenden Gruppe Habermann scharf nach. Am Nachmittag entwickelten sich die russischen Verfolgungstruppen schon gegen die Höhen zwischen Berezów Nż. und Rungóry und vor Peczeniżyn zum Angriff. Zwischen Pruth und Dniester war die Fühlung mit dem Feinde verloren gegangen. Dort erreichten Letschitzkis Vortruppen nachmittags den Raum westlich von Obertyn und von Chocimie rz.

Am Abend hielt das Kavalleriekorps Brudermann im Raume von Żabie—Krzyworównia—Kosmacz. Die Gruppe FML. Habermann deckte mit der 5. ID. und mit der halben 24. die Straße Berezów—Delatyn. Auf den Höhen zwischen Rungóry und Peczeniżyn behaupteten sich noch die Reste der 51. HID. und die anderen Teile der 24. ID., während bis zum Pruth das deutsche IR. 129 stand. Die Gruppen Snjarić und Hadfy hatten auf den leicht gewellten Höhen südlich und östlich von Ottynia und südlich von Tłumacz eine neue Front gebildet.

In der Bukowina hatte GdK. Korda am 28. Juni drei Bataillone der 40. HID. in das obere Moldawatal und gegen Seletin vorgesendet. Sie stießen vor dem Orte Moldawa und vor Izwor auf feindliche Kräfte und vermochten nicht weiter vorzudringen. Am 29. abends wurde die

10. IBrig. auf den Höhen östlich der Goldenen Bistritz angegriffen. Abteilungen der russischen Gruppe Gen. Promtow suchten in die Höhenstellungen Kordas einzubrechen; die Russen wurden aber schon durch unsere Artillerie in die Flucht geschlagen.

GO. Pflanzer-Baltin legte diesen neuen Kämpfen in der Bukowina keine allzugroße Bedeutung bei. Er war der zutreffenden Auffassung, daß dem k.u.k. XI. Korps nur eine Infanterie- und zwei Kavalleriedivisionen gegenüberständen. Mit der Masse ihrer 9. Armee suchten die Russen jetzt vor allem den Durchstoß über Pistyń auf Delatyn zu erzwingen, offenbar, um die k.u.k. 7.Armee in der Mitte auseinander zu sprengen und den Südflügel der ostgalizischen Front aufzurollen.

Die Lage am südlichen Heeresflügel hatte dadurch eine neuerliche Spannung erfahren. Während das k.u.k. XL Korps weit im Osten an der Goldenen ßistritz stand, mußte die Masse der 7. Armee zwischen Pruth und Dniester kämpfen, wobei sie durch ständige Angriffe zu einem Zurückweichen nach Westen gezwungen war. Auf diese Weise mußte die Front des Kavalleriekorps Brudermann, das den Zusammenhang mit den Streitkräften in der Bukowina aufrechtzuerhalten hatte, immer weiter ausgedehnt werden. Hinter dem Kavalleriekorps standen zwischen Kirlibaba und Körösmezö auf den Karpathenpässen nur schwache Landsturmformationen. Der Jablonicapaß und im ferneren Ausblick Máramaros-Sziget waren bedroht. Es war begreiflich, wenn GO. Pflanzer-Baltin in den Krisentagen während der Kämpfe bei Kolomea abermals dem Gedanken nachhing, daß es das Beste gewesen wäre, wenn man ihm nach dem Durchbruche bei Okna gestattet hätte, mit der ganzen 7. Armee hinter den Pruth zurückzugehen. Allerdings verlor der Armeeführer jetzt nicht die Gefahr aus dem Auge, die durch das Zurückgehen seiner Armee die Armee Bothmer von Süden her bedrohte.

Die Gruppe GM. Leide (Teile der 15. ID., das SchR. 5 der 30. ID. und das k. u. LstlR. 10) hatte in den letzten Tagen schwere Kämpfe zu bestehen gehabt. Mit der Sperrung der Dniesterschlinge westlich von Piotrów betraut, wurde sie im Zusammenhang mit dem russischen großen Angriff auf die 7. Armee am 28. und am 29. Juni von stärkeren Kräften angegriffen, die den Dniester übersetzt hatten. Obzwar die Russen zurückgeschlagen wurden, mußte die Gruppe GM. Leide wegen des Rückschlages bei der 7. Armee in der Nacht auf den 30. in eine Stellung westlich von Olesza zurückgenommen werden. In dieser neuen Stellung wurde sie am 30. mittags von einem russischen Reitergeschwader, sechs Wellen hintereinander, attackiert. Die anreitenden Schwadronen — es waren die Regimenter der russischen 6. DonKosD. — wurden von den Bataillonen der Gruppe Leide und von der Artillerie der Gruppe FML. Hadfy mit wohlgezieltem Feuer empfangen und unter großen Verlusten abgeschlagen.

Als dies geschah, da versammelten sich schon deutsche Truppen hinter der bedrohten Nahtstelle der Armeen Pflanzer-Baltin und Bothmer. Für die über Lemberg—Halicz anrollende deutsche 119. ID. war vom GO. Pflanzer-Baltin Tyśmienica als Ausladeraum bestimmt worden. Überdies hatte der schwere Rückschlag bei der 7. Armee den GdI. Bothmer veranlaßt, die deutsche 105. ID. —es waren dies allerdings nur zwei Regimenter — von Kozowa nach Niżniów hcranzuziehen. Damit war einerseits eine Stützung der Front zwischen der 7. und der Südarmee gewährleistet, anderseits die Bildung einer neuen Armee eingeleitet.

Am 27. Juni hatte GdI. Falkenhayn den Gedanken angeregt, dem öst.-ung. Thronfolger FML. Erzherzog Karl Franz Joseph, die Führung der am Dniester geplanten Offensive zu übertragen. Er sollte Kommandant der am Dniester neuaufzustellenden 12. Armee und zugleich Führer der aus dieser Armee, aus der 7. und aus der Südarmee neuzubildenden „Dniester-Heeresgruppe“ werden. Zum Generalstabschef des Erzherzogs schlug Falkenhayn den deutschen GM. Seeckt vor. GO. Conrad war mit diesen Vorschlägen um so mehr einverstanden, als er dem geplanten Dniesterstoß im Hinblicke auf die rumänische Gefahr große Bedeutung beimaß, verlangte aber, daß Obst. Alfred Waldstätten, der bisherige Korpsgeneralstabschef des XX. Korps, dem 12. Armeekmdo. als Generalstabsoffizier für besondere Verwendung beigegeben werde. Die beiden Kaiser genehmigten diese Vorschläge. Am l.Juli wurde die Ernennung des Erzherzogs Karl Franz Joseph zum Kommandanten der 12. Armee vollzogen. Obst. Zeynek wurde wieder auf den Posten als Generalstabschef der 7. Armee zurückberuten. Dem in Cho-dorów aufzustellenden 12. Armeekmdo. wurde in der zwischen Conrad und Falkenhayn vereinbarten ersten Weisung das große Ziel gegeben, ,,die feindliche Front in Südostgalizien zu durchstoßen, um sich den Weg gegen Flanke und rückwärtige Verbindungen des durch die Bukowina vorgedrungenen Gegners zu öffnen“. Alle operativen Weisungen an das 12. Armeekmdo. sollten nach vorangegangenem Einvernehmen mit Falkenhayn durch die öst.-ung. Heeresleitung erlassen werden.

Der Erzherzog-Thronfolger ging der neuen Bestimmung recht bedrückten Gefühles entgegen. Abgesehen davon, daß er seine „Edelweißtruppen“ nur schweren Herzens verließ, war er sich der überaus schwierigen Lage, in die er hineinversetzt wurde, durchaus bewußt. Nicht ohne Grund fiel in Generalstabs- und in Hofkreisen das Wort „Solferino“. Sollte auch des Thronfolgers soldatischer Aufstieg mit der Erinnerung an ein ähnlich unglückliches Erlebnis verknüpft sein, wie es für den greisen Kaiser der 24.Juni 1859 gewesen war? Auch die Zusammensetzung seiner neuen Umgebung, mit einem reichsdeutschen General an der Spitze, behagte dem Erzherzog nur wenig, und der Gedanke, in der nächsten Zeit stets aufs Neue die wachsende Abhängigkeit von dem stärkeren Bundesgenossen am eigenen Leibe verspüren zu müssen, tat ein übriges, den Prinzen das ihm übertragene Kommando von Anbeginn als außergewöhnlich schwere Bürde empfinden zu lassen x).

!) Vgl. auch Cramon, Bundesgenosse, und Werkmann, Deutschland als Verbündeter (Berlin 1931).

.    30*

Neue Krise bei der k. u.k.7. Armee und Gegenangriffe der Verbündeten

(1. bis 3. Juli)

Bevor das 12. Armeekmdo. seine Tätigkeit in Chodorów aufnehmen konnte, machten neue Angriffe der Russen den Einsatz der hinter dem linken Flügel der 7. Armee angekommenen Truppen nötig. Die Stawka hatte den Ereignissen in der Bukowina und bei Kolomea ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Die Erfolge der 9. Armee ausnützend, war Gen. Brussilow an Alexejew mit dem Ersuchen herangetreten, eine Division der Nordfront für diese Armee abzugeben. Alexejew bestimmte hierauf die 108. RD. und die UssuriKosD. von der Nordfront, die 117. RD. aus Bessarabien als Verstärkung für Letschitzki. Bis zum Eintreffen dieser Kräfte, das etwa am 8. Juli erwartet werden konnte, sollte die 7. Armee der 9. mit einer Division aushelfen, da nach der Ansicht des Gen. Alexejew das Schicksal der Kriegshandlungen durch die Ereignisse am linken Heeresflügel und nicht an der Front der Armee Schtscherbatschew sich entscheiden mußte1).

Gen. Schtscherbatschew zog die 47. ID. aus der Front des XVI. Korps heraus und ließ sie mit der Bahn nach Horodenka fahren. Die 117. RD. wurde nach Czernowitz, die UssuriKosD. nach Kamieniec-Podolski herangeführt. Die 108. RD. folgte nach und sollte als Ersatz für die 47. ID. der 7. Armee überwiesen werden.

Gen. Letschitzki hatte jedoch keine Zeit, das Eintreffen der Verstärkungen abzuwarten. Er hatte erfahren, daß deutsche Truppen bei Tłumacz aufgetaucht waren, und so ließ er schon am l.Juli nach kurzer Atempause seine Armeemitte südlich und nördlich vom Pruth abermals gegen die Gruppe Benigni anrennen.

Im Frontabschnitt des FML. Flabermann eroberten die Russen nach starkem Geschützfeuer in wechselvollem Kampfe die von Teilen der 51. HID. und der 24. ID. verteidigten Höhen südöstlich von Peczeniżyn. Tief gegliedert gelangten drei russische Regimenter bis in die Linie Rungóry—Kniażdwór. Andere russische Kräfte durchstießen auf dem nördlichen Pruthufer bei Tłumaczyk die 30. ID. und drangen zugleich von Süden her in ihren Rücken. Der Abend sah unsere Truppen im Pruthtale westwärts weichen. Sie mußten von der bei Łanczyn versammelten 44. SchD. aufgefangen werden. Als in dieser kritischen Stunde-die Verbindung mit dem FZM. Benigni nicht hergestellt werden konnte,

1 Klembowski, 60.

unterstellte GO. Pflanzer-Baltin die aus der 30. ID., der 42. HID. und aus Teilen der 36. ID. zusammengesetzte Gruppe FML. Snjarić dem Gruppenkmdo. Hadfy. FML. Snjarić und Habermann erhielten den eindringlichen Befehl, standzuhalten. Neue wuchtige Angriffe der Russen in der Richtung auf Delatyn waren mit Bestimmtheit zu erwarten. Die Gefahr lag nahe, daß die bei Berezów und im Raume zwischen Kosmacz und Żabie stehenden Gruppen von den Hauptkräften der 7. Armee gänzlich abgeschnitten wurden. Um dem vorzubeugen, entschloß sich GO. Pflanzer-Baltin, die 44. SchD., die mit der in Delatyn eintreffenden 59. ID. zum geschlossenen Einsatz ausersehen war, schon jetzt das südliche Pruthufer entlang vorstoßen zu lassen.

Auch GdI. Bothmer und GM. Seeckt beschlossen im Einvernehmen mit der DOHL. einen rettenden Angriff. GLt. v. Kraewel, der Kommandant der deutschen 105. ID., wurde — allerdings mit Umgehung der Befehlsgewalt Pflanzer-Baltins — beauftragt, mit seiner und der 119. ID. von Tłumacz aus in südöstlicher Richtung auf Chocimierz anzugreifen. Durch das Vordringen des Feindes am Pruth schien die Möglichkeit eines Flankenstoßes gegeben.

Am 2. Juli warf die k. k. 44. SchD., FML. Nemeczek, die Russen im Pruthtale über Sadzawka zurück. Die deutsche Stoßgruppe unter GLt. Kraewel gewann südöstlich von Tłumacz Raum und drang gegen Chocimierz vor. Die Gruppe FML. Hadfy schloß sich südlich von Ottynia diesem Vorgehen an und unterstützte zugleich den Vorstoß der

44. SchD. durch flankierendes Artilleriefeuer. Während sich diese Kämpfe abspielten, entwickelte sich abermals die 6. DonKosD. auf der Hügelflur von Olesza zur Attacke und fiel die von der Gruppe GM. Leide gehaltene Linie an. Der Angriff der russischen Kavallerie zerschellte neuerlich an dem Feuer der Verteidiger.

Durch die Vorstöße der 44. SchD. am Pruth und der Gruppe Kraewel bei Tłumacz waren die Russen am 2. Juli in die Verteidigung zurückgeworfen worden. Zudem stieß der Nachschub bei der russischen

9. Armee schon seit längerem auf Schwierigkeiten, die Letschitzki überwinden mußte, bevor er mit der Masse seiner Streitkräfte den Angriff mit voller Wucht fortsetzen konnte. Dennoch ließ dieser tatenfrohe Armeeführer seine vorderen Divisionen in der Richtung gegen Westen und Südwesten weiter angreifen. Er leitete im Gebirge eine Umfassung ein und suchte die Straße und die Bahnlinie, die über den Jablonicapaß nach Ungarn führte, zu gewinnen.

Am 3. Juli drängten Stoßgruppen des XI. und des XII. Korps der

Russen die Sicherungsabteilungen der k.u.k. 8. KD. von den Höhen bei Kosmacz gegen Tatarów und gegen Mikuliczyn zurück, auch der rechte Flügel der stark hergenommenen Gruppe FML. Habermann mußte dem feindlichen Drucke Raum geben und von Berezów Wż. bis in die Gegend von Oslawy Biale zurückweichen. Gleichzeitig führte Letschitzki am Pruth und weiter nördlich heftige Gegenstöße. Die 44. SchD. behauptete sich auf den Höhen westlich von Młodiatyn tapfer, doch blieb ihr Gegenangriff stecken. Auch das Vorgehen der Gruppen Hadfy und Kraewel kam zum Stehen.

GO. Pflanzer-Baltin wollte ursprünglich die 59. ID. geschlossen am Südflügel der Gruppe Benigni einsetzen. Das Zurückweichen der 24. ID. und das erbitterte Ringen bei Sadzawka veranlaßten ihn jetzt aber zu dem Befehle, die zuerst ausgeladenen Truppen der 59. ID. bei Delatyn bereitzustellen, um sie entweder nach Osławy Białe in Marsch zu setzen oder dem bedrohten Abschnitt im Pruthtale zuzuwenden. Demgegenüber hielt sein deutscher Stabschef GM. Seeckt an dem einheitlichen Einsatz dieser Division fest und fügte sich in dieser Frage nicht den Befehlen des Armeekommandanten. Durch solche Gegensätzlichkeiten, bei denen wohl auch die Verstimmung des willensstarken Führers der 7. Armee über den erhöhten deutschen Einfluß mitspielte, litt die glatte Arbeit des Befehlsapparates.

Am 3. abends brachen die Russen im Pruthtale in die biegsamen Linien der 30. ID. ein. Nun sah sich das 7. Armeekmdo. doch zur Kräfte zersplitternden Flickarbeit gezwungen. Drei Bataillone der 59. ID. mußten in den Kampf geworfen werden. Es gelang ihnen, den gefährlichen Vorstoß der Russen aufzufangen. In der Nacht wurde der Feind bei Sadzawka zurückgeworfen.

Mitten in diesen schweren Kampftagen waren die Befehlsverhältnisse und teilweise auch die Gliederung der Streitkräfte innerhalb der 7.Armee einer Neuregelung unterzogen worden. Am l.Juli waren FZM. Scheuchenstuel, der Kommandant des VIII. Korps, und sein Generalstabschef, Obst. Sündermann, im Hauptquartier Pflanzer-Baltins eingetroffen. Scheuchenstuel sollte den Befehl über die am Südflügel der bisherigen Gruppe Benigni stehenden Divisionen übernehmen. Was der Kommandant des VIII. Korps und sein Generalstabschef hier vorfanden, zeigte ihnen die ganze Schwere ihrer Aufgabe. Sie sahen wenig zuversichtliche Stäbe, schlechte Stellungen, flüchtig ausgebaute Drahthindernisse und abgekämpfte Truppen, die zum Teil den Mut und das Vertrauen verloren hatten, den Angriffen der Russen standhalten zu können.

Da ein Großteil der neuangekommenen Kerntruppen bereits als Lückenbüßer ausgespielt war, bat FZM. Scheuchenstuel um die Enthebung von dem ihm bei der 7. Armee zugedachten Kommando. Auch Obst. Sündermann schloß sich dieser Bitte an. GO. Pflanzer-Baltin rechnete es dem FZM. Benigni und seinem Generalstabschef, Obstlt. Max Fredh. v. Pitreich, hoch an, daß sie nicht die schwere Last der Verantwortung scheuten, den Befehl über ihre Gruppe und über die herangebrachten Verstärkungen (44. SchD. und 59. ID.) weiter zu führen. Die verstärkte Gruppe Benigni wurde nunmehr VIII. Korps benannt.

Das XI. Korps erhielt am 3. in FML. Habermann einen neuen Befehlshaber, der an Stelle des GdK. Korda trat. Die Gruppe FML. Snjarić wurde am 4. dem VIII. Korps angegliedert. Aus ihren Truppen wurden zwei Divisionen gebildet: die 42. HID., bestehend aus der

83.HIBrig. und aus der 72. IBrig., die 30. ID. mit der 16. IBrig. und der neuaufgestellten 215. IBrig. (IR. 97 und das aus den Resten des ung. LstlR. 20 und von drei Regimentern der 51. HID. zusammengesetzte ung. LstlR. Obst. Békési). Dem GM. Foglár wurden die 79. HIBrig. und die Brigade Obstlt. Papp als neue 51. HID. unterstellt (siehe Beilage 25). Die Gruppen FML. Hadfy (21. SchD., 5. HKD.) und GLt. Kraewel (6. KD., deutsche 119. und 105. ID., Gruppe Leide), ferner das XIII. Korps und auch die bei Podhajce eingetroffene deutsche 1. RD. waren von GO. Conrad für die neuaufzustellende 12. Armee ausersehen. Die Überweisung dieser Truppen an das in Chodorów neuaufgestellte

12. Armeekmdo. sollte jedoch bis zum Abschluß des im Gange befindlichen Gegenangriffes der Gruppe Kraewel noch hinausgeschoben werden.

Schon am 2. Juli verständigte GO. Conrad den GdI. Falkenhayn von diesen Absichten. Ob auch Kräfte von der Heeresgruppe Linsingen zur

12. Armee herangezogen werden könnten, hinge noch von der Entwicklung der Lage in Wolhynien ab. Doch ersuchte Conrad den Verbündeten, mitzuteilen, ob es nicht möglich wäre, neue Kräfte aus Frankreich oder von der Front nördlich des Pripiatj nach Ostgalizien zu verschieben. Um den geplanten Vorstoß den Dniester entlang erfolgreich durchführen, einen entscheidenden Erfolg gegen den russischen südlichen Heeresflügel erringen und dadurch Rumänien vom Losschlagen abhalten zu können, schien ihm eine Verstärkung der 12. Armee um noch vier deutsche Divisionen geboten.

GdI. Falkenhayn erklärte sich in seinem Antworttelegramm mit dem ersten Teil dieser Vorschläge einverstanden. Er lehnte es aber ab, die deutsche 1. RD. an den Dniester zu entsenden, denn es stand jetzt am Barvszbnch ein russischer Angriff mit Bestimmtheit zu erwarten. Auch ließ Falkenhayn wissen, daß er die geforderten Divisionen aus dem Westen oder von der Front nördlich des Pripiatj noch nicht in Aussicht stellen könne.

So lagen die Dinge, als am 3. nicht nur am Baryszbach, sondern auch am Pruth und am Styr neue Anstürme der Russen unmittelbar bevorstanden, welche die Bildung der 12. Armee und den beabsichtigten großen Offensivstoß der Verbündeten am Dniester unmöglich machten.

Die Junischlachten hatten allerdings auch dem Feinde schwere Verluste eingetragen: die Südwestfront verlor an die 300.000 Mann1). Das russische Riesenreich vermochte jedoch aus seinen Kraftquellen gegen solche Einbußen verhältnismäßig leicht aufzukommen. Als die Führer der russischen Heere nun im Juli zu dem gewaltigen Schlage ausholten, der die von Feinden umklammerten Mittelmächte entscheidend treffen sollte, konnte man noch auf geschonte, im Jahre 1916 nicht im ^euer gewesene Truppenverbände greifen.

Die allgemeine Offensive des Zarenheeres in der ersten Julihälfte

Die Kriegslage zu Beginn des zweiten Halbjahres 1916

. . . . Í

Die im Feindbunde vereinigten Großmächte hatten an dem zu

Chantilly im Dezember 1915 beschlossenen Kriegsplane für das kommende Jahr beharrlich festgehalten (Bd. III, S. 582 ff.; Bd. IV, S. 4 f., 236 ff.). Allerdings war es im ersten Halbjahre 1916 nicht gelungen, den Beschlüssen die Tat folgen zu lassen. Der Absicht, die Mittelmächte schon im Frühjahr, etwa im März, auf allen Fronten gleichzeitig anzufallen und die umringten Gegner des vorteilhaften Operie-rens auf der inneren Linie zu berauben, stand die Tatsache entgegen, daß Englands Aufrüstung nicht vor dem Sommer beendet sein konnte. So hatten sich die Westmächte schließlich geeinigt, den Beginn ihres gemeinsamen Großangriffes auf den l.Juli festzusetzen. Zudem war den Ententestaaten die Freiheit der Kriegsführung bereits im Februar durch den Angriff der Deutschen an der Maas gegen Verdun entrissen worden. Falkenhayn war den Bestrebungen der Feinde zuvorgekommen, so daß dem von Alexejew für den Monat März vorbereiteten Schlage Klembów ski, 58.

der russischen Westfront ebenso wie dem Märzangriff Cadomas am Isonzo (Fünfte Isonzoschlacht) nur die Rollen von Entlastungsoffen-si.ven zugefallen waren. Sodann hatte Conrad durch den in Südtirol eröffneten Maifeldzug die Pläne der Alliierten durchkreuzt, so daß abermals nur jene Bestimmung des Kriegsratsbeschlusses herhalten konnte, die einem angegriffenen Vertragsmitgliede schleunige Unterstützung von Seite eines anderen Bundesgenossen durch ein kraftvolles Ablenkungsunternehmen zusicherte. Auch in diesem Falle war das Zarenreich seinen Verbündeten hilfreich beigesprungen. Hatte der russische Frühjahrsangriff am Naroczsee die gewünschte, nachhaltige Wirkung nicht erzielt, so war Brussilows Junioffensive um so günstiger und weit über alles Erwarten erfolgreich ausgefallen. Der Ansturm hatte das öst.-ung. Ostheer aufs schwerste erschüttert, seinen Südflügel in die Karpathen zurückgeschleudert und den in Wolhynien stehenden Nordflügel auf 80 km Tiefe eingebeult. Conrad war gezwungen, seine über ihren Gipfel allerdings schon hinausgelangte Offensive gegen Italien abzubrechen und die beiden Angriffsarmeen in eine geeignete und verkürzte Verteidigungsstellung zurückzunehmen. Cadorna hatte seit Anfang Juni einen Gegenschlag eingeleitet. Der Kampf um Verdun, an-dem Falkenhayn „mit möglichst geringem eigenem Aufwand'1 das französische Heer — gleichgültig, ob das Ziel selbst zu erreichen war oder nicht — „verbluten“ lassen wollte 1), wurde für beide Gegner zu einer äußerst anstrengenden Kraftprobe. Gen. Joffre wußte die anfangs Juni eingetretene Krise — Regierung und Volk forderten in Frankreich ungeduldig das ungesäumte Eingreifen Englands, und an der Front dachte man bereits an den Rückzug auf das linke Maasufer — durch zähe Standhaftigkeit zu überwinden. Seine Landsleute hielten durch, bis Albion schlagbereit an ihre Seite treten konnte. Verdun wurde „das Sinnbild der Widerstandskraft Frankreichs“ 2), und die öffentliche Meinung des ganzen Landes war schließlich von der Auffassung durchdrungen, das Behaupten der Festung sei ein unbedingtes Gebot der Nationalehre. Hingegen war der Führer der deutschen Angriffstruppen, Kronprinz Wilhelm, schon seit April zur Überzeugung gelangt, daß sich

x) Falkenhayn, Die Oberste Heeresleitung, 183 f. — Kuhl, Weltkrieg, I, 386, 414. — Am 31. März neigte auch der Deutsche Kronprinz noch der Ansicht zu, .,das Schicksal des französischen Heeres werde sich bei Verdun entscheiden .... Die französische Offensivkraft wird bei Verdun gebrochen.“ (Kronprinz Wilhelm, Meine Erinnerungen, 187).

2) Kuhl, Weltkrieg, I, 423.

die dargebrachten Opfer, an den erreichten Erfolgen gemessen, bei weitem nicht lohnten, und daß eine Entscheidung in der angestrebten Art kaum mehr zu erhoffen war1).

Die englische Armee war mittlerweile durch die Tatkraft des Kriegsministers, des Feldmarschalls Kitchener 2), aus einem bescheidenen Expeditionskorps zu einem großen, modernen Heere ausgestaltet worden. Mit außerordentlicher Sorgfalt hatten die Heerführer Haig und Joffre alle Angriffsvorbereitungen getroffen und ungeheure Mengen jeglichen Kriegsgerätes aufgestapelt. Vertrauend auf ihre zahlenmäßige und ihre in jeder Hinsicht gesicherte technische Überlegenheit, verzichteten die Westmächte auf eine Überraschung und ließen der am 1. Juli einsetzenden Schlacht an der Somme, die den Auftakt zu einer großangelegten Gegenoffensive bilden sollte, ein sieben Tage währendes Wirkungsschießen der Artillerie vorangehen. Die rohe Gewalt des entfesselten Materials sollte die Deutschen zerschmettern3). Da gleichzeitig Rußland, dessen technischer Kriegsrüstung die Alliierten nachgeholfen hatten, bereit war, jetzt auch mit seinen bisher zurückgehaltenen Kräften loszuschlagen und die Mittelmächte an der ganzen Ostfront anzufallen, konnten die Ententestaaten ihren Kriegsplan verwirklicht sehen. Durch diese Entscheidungsschlacht von gewaltigster Ausdehnung, im Osten und Westen Europas geschlagen, erwartete sich der Feindbund den sicheren Sieg. Zudem waren neben den Diplomaten auch militärische Führer wie Joffre und in letzter Stunde auch Alexejew eifrigst am Werke, das schwankende Rumänien als neuen Bundesgenossen zu gewinnen4), damit es durch seine unverbrauchten Streitmittel den würgenden Gürtel um die Hauptgegner noch enger ziehen könnte.

So boten sich zu Beginn des zweiten Halbjahres 1916, aus dem Blickfelde der im Vielverband vereinten Großmächte betrachtet, die besten Aussichten dar, daß sich die Waagschale des Sieges zugunsten der Übermacht senken werde. Voll Zuversicht schrieb der Chef des englischen Reichsgeneralstabes, Gen. Robertson, am 30. Juni an den

x) Kronprinz Wilhelm, Meine Erinnerungen, 193 f., 201 ff. — Kuhl, Weltkrieg, I, 41 ff. — Vgl. auch Wendt, Verdun 1916.

2)    Kitchener erlebte den Einsatz der von ihm geschaffenen Streitkräfte nicht mehr; am 6. Juni 1916, beim Untergange des Panzerkreuzers „Hampshire“, fand der Sieger von Omdurman, der eben eine Reise nach Rußland angetreten hatte, sein Grab im Ozean.

3)    Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 540 ff.

4)    D i a k o w, Rumäniens Eintritt in den Weltkrieg und der russische Generalstabschef General Alexejew vMil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1933, Augustheft).

französischen Oberbefehlshaber Joffre: „Wenn wir die Lage betrachten, werden wir beide wohl darüber einig sein, daß wir nicht an der Stelle Falkenhayns sein möchten31).

Die russische Nordfront und der Angriff der

Westfront

Hiezu Beilage 18

Nach dem von der Stawka am 16. Juni erlassenen Befehl hatten im Juli die West- und die Südwestfront die Träger des Hauptangriffes zu sein. Das Nordheer unter Gen. Kuropatkin hatte noch keine größere Aufgabe erhalten (S. 487). So kam es an der Nordfront, während Ewert bereits am 2. Juli und Brussilows Nordflügel seit dem 4. die Offensive aufgenommen hatten — die Kämpfe des vordringenden Südflügels liefen ohne Unterbrechung fort — vorläufig nur am 5. Juli zu einem vorfühlenden Versuch aus dem Brückenköpfe Riga gegen Mitau. Die hier stehenden Regimenter der deutschen 8. Armee wiesen den Feind alsbald in seine Schranken zurück32). Durch die erfolgversprechenden Vorgänge nördlich und südlich des Pripiatj sah sich jedoch Alexe je w bestimmt, am 6. auch dem Gen. Kuropatkin den gemessenen Auftrag zu erteilen, mit seiner Heeresgruppe zur Niederwerfung des Gegners beizutragen. Dieses Verlangen schien um so mehr gerechtfertigt zu sein, als die verfügbare Streitmacht trotz aller Schwächung zu Gunsten anderer Kampfabschnitte den gegenüberstehenden Deutschen noch immer doppelt überlegen war33). Starke Kräfte, an einer Stelle zu einem entschieden geführten, tief zielenden Vorstoß angesetzt, sollten von den Deutschen das Räumen der Dünastellung erzwingen 34). Gemäß den ihm erteilten Weisungen, trat Kuropatkin seine Anordnungen so, daß am 16. Juli zum Angriff geschritten werden sollte.

Die Westfront des Gen. Ewert schlug am 2. Juli mit zwei Armeen los. Die 10. unter Gen. Radkiewitsch überraschte die 14. LD. der deutschen 10. Armee, GO. v. Eichhorn, durch eine gewaltige Minensprengung bei Smorgon. Der erste Einbruch in die deutschen Linien glückte. Doch erholten sich die Verteidiger bald von dem Schrecken des Überfalles und in hartem Kampfe um die Sprengtrichter wurde bis zum

4. der frühere Grabenzug zurückgewonnen. Neuerliche Stürme der Russen prallten tags darauf schon am Abwehrfeuer ab ').

Die Schlacht hei Baranowicze ,2. bis 9. Juli)

Hiezu Beilage 26

Gleichzeitig mit diesem Ablenkungsversuch bei Smorgon trat die

4. Armee 2) zum Hauptangriff gegen Baranowicze an (S. 523). Gen. Ra-gosa hatte sich hiefür aus dem Frontabschnitt, der vom öst.-ung.

XII. Korps besetzt gehalten wurde, das schmale Stück zwischen dem Serweczknie östlich von Prudy und dem Koldyczewosee ausgesucht. Als Stoßkeil, der auf Gorodiszcze durchbrechen sollte, erhielt Gen. Dragomirow, der Führer des IX. Korps,, zu seinen beiden Divisionen (5. und 42. ID.) noch das dahinter bereitgestellte XXXV. Korps zugewiesen. Außerdem war das III. sib. Korps als Reserve verfügbar, indes sich das III. und das III. kauk. teilweise noch im Anrollen befanden. Die Sicherung des Angriffes gegen Norden oblag der 46. ID. des XXV. Korps, die gegen Cyryn vorzustoßen hatte. Die südlich der Angriff sgruppe in der Front stehenden Korps, die Grenadiere und das X., sollten ebenfalls ihre Gegner anfallen. Die schweren Geschütze der Armee blieben ziemlich gleichmäßig auf der ganzen Front verteilt, damit jene Stelle, wo der Hauptschlag geplant war, durch das Wirkungsschießen der Artillerie nicht allzu offenkundig angezeigt würde. Auch glaubte man, die Entscheidung durch die Wucht der Fußvolkmassen erzwingen zu können3).

Daß die Russen gegen die Armee des GO. Woyrsch, in deren Verband das k.u.k. XII. Korps, GdI. Ritt. v. Henriquez (16. und 35. ID.), eine Dauerstellung vom Koldyczewosee, den Serweczfluß entlang bis zum gleichnamigen Orte innehatte, zu einem Gewaltschlage rüsteten,

J) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 477.

2)    Für die neu zusammengesetzte 4. Armee waren von der Armee Lesch im Frontbereiche verblieben: Das IX., das X., das XXV. und das GrenKorps (mit der 81. ID.), ferner die 112. RD., die 7. turk. und die 11. sib. SchD., die komb. Grenzwachdivision und die polnische Schützenbrigade. Das III. Korps wurde aus dem Raume vor Pinsk herangezogen. Hiezu kamen das XXXV. und das III. sib. Korps aus dem alten Angriffsraume der 4. Armee, das III. kauk. Korps von der 10. Armee und endlich 5 Kavalleriedivisionen. Bis Mitte Juli war überdies von der 2. Armee das IV. sib. Korps zu erwarten.

3)    Klembów ski. 64.    - K n o x, II, 450 ff.

darüber herrschte bei den Befehlsstellen der Verbündeten seit der letzten Juniwoche volle Klarheit. Das Vortreiben eines dichten Netzes von Wabengräben, ein Verfahren, das auch der Offensive Brussilows gegen Łuck vorangegangen war, offenbarte unverhüllt die Absichten des Feindes, wobei auch über den Ort des Angriffes kein Zweifel bestehen konnte. Aussagen von Gefangenen und Überläufern, die sich wie gewöhnlich knapp vor dem Angriffstage zahlreich einfanden, ergänzten die sonstigen Beobachtungen.

Am 1. Juli urteilte GdI. Henriquez, daß mit einem „ernsten, hartnäckigen und wohlvorbereiteten Angriffe“ und mit einem „mehrtägigen Kampfe“ zu rechnen sein werde. Um allen russischen Angriffsmöglichkeiten gewachsen zu sein, hatten sowohl das Heeresgruppenkmdo. Prinz Leopold wie der Armeeführer GO. Woyrsch an Verfügungstruppen ausgeschieden und zusammengerafft, was nur anging, und diese entsprechend gruppiert1). Als die Feuerschlünde des Feindes am 2. Juli um 4h früh das Zerstörungswerk begannen und während des ganzen Tages ihren Geschoßhagel auf die Verteidigungslinien des XII. Korps und des südlichen Nachbars, des deutschen Landwehrkorps, GdK. Freih. v. König, niederprasseln ließen, standen hinter der Front zum Eingreifen bereit: je ein deutsches Landwehrregiment als Korpsreserve bei der 16. und der 35. ID., hinter deren Mitte die zusammengesetzte 9. RI-Brig., GM. Knoch2), zwei Regimenter nebst Artillerie unter GLt. v. Kramsta hinter dem Sücfflügel der 16. ID., endlich bei Baranowicze und südlich davon einige Bataillone und Batterien als Reserven für das Landwehrkorps. Abends füllten sich die Wabengräben der Russen; die ersten, vortastenden Versuche des Feindes wurden abgeschlagen.

Am 3. Juli um 2h früh stürzten sich die Russen (IX., XXXV. Korps und 46. ID. des XXV. Korps) nach kurzem Trommelfeuer auf das 71/2km breite Frontstück des XII. Korps zwischen Wyzorok und Karczewa3). Eine Stunde später erhielt GdI. Henriquez schon Meldungen, daß der Feind die Mitte der 16. ID. und die inneren Flügel seiner beiden Divisionen eingedrückt habe und im Serwecztale nach Westen vordringe. Die 35. ID. riegelte sich zunächst nördlich von Karczewa gegen

x) Vogel, 36 ff. — Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 468 ff.

2)    Diese Brigade war aus Teilen der 5. RD., die in den Raum westlich von Pinsk zur Gruppe Gronau herangeführt worden war, und aus solchen der 49. RD. gebildet, die links an die k.u.k. 35. ID. anschloß und zum XXV. Reservekorps der deutschen 9. Armee gehörte.

3)    K 1 e m b o w s k i, 64 ff.

die Einbruchsstelle ab, und der Führer der 70. IBrig., Obst. Funk, hatte mit vier gesammelten Bataillonen zum Gegenstoß zu schreiten. Das rasch verständigte deutsche LIR. 37 warf sich von Prudy aus den Angreifern entgegen. GO. Woyrsch befahl, ,,die Lage bei Karczewa mit allen Mitteln wieder herzustellen“ und stellte die Brigade Knoch zur Verfügung. Das XII. Korps übertrug die Leitung des Gegenangriffes dem Führer der 35. ID., FML. v. Podhoránszky, der alle Kräfte (LIR. 37, Brigade Knoch, Gruppe Funk) konzentrisch gegen den eingebrochenen Feind vorgehen ließ. 'Die 16. ID., FML. v. Schariczer, sollte ein deutsches Bataillon zur Stützung ihres Nordflügels gegen Prudy vorschieben und die verlorenen Stellungen bei Wyzorok zurückerobern. Während sich die Verbündeten nördlich vom Serweczbogen bald nach der Mittagsstunde im allgemeinen die ursprüngliche erste Linie wieder erstritten hatten, wogte der Kampf im Nordabschnitt der 16. ID. zwischen der ersten und der zweiten Stellung hin und her. Weder durch das schon beim ersten Überfall der Russen eingesetzte deutsche LIR. 19 noch durch die von der Gruppe Kramsta herangezogenen Bataillone konnte der Feind zum Weichen gebracht werden. Gerade als die Krise bei der Nachbardivision behoben war, erfolgte ein neuer, mächtiger Einbruch über Skrobowa gegen Westen. Der Korpsführer sah nun die wichtigste Aufgabe des Tages darin, die Russen aus diesem Raume zurückzuschlagen. Zu diesem Zwecke sollten alle verfügbaren Truppen des GLt. Kramsta und ein inzwischen auf Kraftwagen nach Gorodiszcze heranbefördertes deutsches Jägerbataillon um 6h abends zu einem einheitlichen Gegenschlag antreten. Die 35. ID. hatte ein Regiment der Brigade Knoch nach Südeji zu senden. Die Gruppierung dieser Einheiten verzögerte sich jedoch. Der Feind führte einstweilen unausgesetzt seine Sturmwellen gegen die arg geschwächten Verteidiger des Abschnittes Wyzorok—Skrobowa heran, so daß bis zum Abend die ganze k.u.k. 31. IBrig. in die zweite Stellung zurückgedrängt war. Der für 8h abends geplante Gegenangriff mußte unterbleiben, da man die Kräfte zur Abwehr brauchte. Die 32. IBrig. hatte ihre Gräben durchwegs behauptet. Die den Nordflügel der 35. ID. bildende 69. IBrig. war vom Feinde kaum behelligt worden.

Die Lage der Armee Woyrsch war ernst. Zwar hatte das schlesische Landwehrkorps den heranbrandenden Sturmwellen der Russen (GrenKorps und Teile des X. Korps) eine äußerst blutige Abfuhr zuteil werden lassen und selbst kaum eine Feldwachstellung eingebüßt. Hingegen war der Gewaltstoß des Feindes vom k.u.k. XII. Korps trotz

des Einsatzes aller Verfügungstruppen nur mühsam und unter Raumverlust aufgefangen worden. Alle Anzeichen, Flugaufklärung und Aussagen der Gefangenen sprachen dafür, daß der Feind noch bedeutende Kräfte bereit hielt, um sein Beginnen in den nächsten Tagen mit vermehrter Wucht fortzusetzen. Daher hatte GFM. Prinz Leopold, der während des Tages zu den Stabsquartieren beider öst.-ung. Divisionen vorgefahren war, für weitere Verstärkungen Sorge getragen. Es konnte sich dabei freilich nur um bescheidene Aushilfen handeln, denn bei der zahlenmäßigen Unterlegenheit der ganzen deutschen Ostfront, die überall eines Angriffes gewärtig sein mußte, war das Herausziehen von Truppen zu einem Wagnis geworden, das nur zu Gunsten eines sehr gefährdeten Abschnittes zulässig war1).

Gegen Abend wurde der GdI. Henriquez verständigt, daß die Masse der 5.RD. (zwei Regimenter, vier Batterien), ferner zwei schwere Batterien des XXV. RKorps bis zum nächsten Tage eintreffen würden. Außerdem wurden noch drei Rekrutenbataillone und drei Batterien aus dem Bereich der Heeresgruppe Hindenburg angekündigt. Alles hing davon ab, daß das XII. Korps, gestützt durch die eingesetzten deutschen Truppen, seine Linien, namentlich an der Fronteinbuchtung, so lange behaupte, bis die nächsten schlagkräftigen Verbände zur Stelle waren. In diesem Sinne forderte GdI. Henriquez am

3. abends seine Streiter zu zähem Widerstande auf.

Auch während der Nacht und am 4. Juli in den frühen Morgenstunden flackerte das Gefecht bei der 31. IBrig. sowie westlich von Karczewa wiederholt auf; doch vermochte man die russischen Anschläge zu vereiteln. Hierauf zog der Feind unter dem Schutze von Geschützfeuer das III. kauk. Korps in die Kampflinie vor. Die Verbündeten nützten unterdessen die Zeit, um dem nächsten Anprall begegnen zu können. Den Befehl über den am meisten bedrohten Raum Wyzorok—Karczewa, gegen den die Masse der deutschen Reserven geworfen worden war, übernahm der Führer der deutschen 5. RD., GM. v. Woyna; dem 16. ID-Kmdo. blieb das Frontstück der 32. IBrig. Soweit es die feindliche Gegenwirkung gestattete, ordnete man die vermengten Verbände. Die Verluste waren groß. Die beiden Regimenter der 31. IBrig., das IR. 2 und das RIR. 2, hatten arg gelitten2), desgleichen ein Bataillon des k.u. LstlR. 34 am Südflügel der 35. Division. Nachmittags trieben die

x) Ludendorff, Meine Kriegserinnerungen 1914—1918 (Berlin 1919 und 1920), 176 f.

2) Das BrigKmdo. meldete einen Abgang von rund 5000 Mann.

Russen ihre Infanterie wieder vor. Der Kampf umtobte nicht nur die bisherigen Brennpunkte des Einbruchsraumes, sondern dehnte sich darüber hinaus nach Süden auf den Anschlußflügel der 32. IBrig. (IR. 64) und nach Norden bei der 35. ID. bis an die Pietuchowka aus. Auch darauf waren die Verteidiger gefaßt gewesen und hatten ihre Eingreiftruppen vorsorglich verteilt. Zu gleicher Zeit entlud sich der feindliche Ungestüm gegen das Landwehrkorps. Doch die tiefgegliederten Stürmermassen verbluteten an der ganzen Front am entschlossenen, kräftigen Widerstande der Verbündeten. Nur bei der 3.LD. erfolgte ein größerer Einbruch, der aber am nächsten Morgen schon durch einen Gegenstoß wettgemacht werden konnte. Nachdem auch das XII. Korps am 5. Juli früh noch Teilangriffe abgeschlagen hatte, flaute der Kampf bis auf gelegentliches Geplänkel der Infanterie oder Störungsfeuer der Artillerie allmählich ab.

Ebenso verlief der 6. Juli ziemlich ruhig, da der Oberkommandierende der russischen Westfront, GdI. Ewert, wegen der erforderlichen Umgruppierungen den Angriff erst am 7. zu erneuern befahl1). Die Führer der Verbündeten werteten diese kurze Atempause, die den seit Tagen angestrengten Truppen zugute kam, zutreffend nur als Ruhe vor neuem Sturm und bereiteten sich auf ihn vor. Man trachtete, die zerschossenen Verschanzungen instand zu setzen und über Nacht die Lücken in den Hindernissen zu schließen. Die schwachen Bataillone der 31. IBrig. wurden aus der Front der 5. RD. gezogen und im IR. 2 vereinigt. Das RIR. 2 wurde aufgelöst. Ein eben eingelangtes deutsches Regiment kam als Armeereserve hinter die Mitte des XII. Korps, ein weiteres schob die 49. RD. an die Armeegrenze als Heeresgruppenreserve.

Am 7. zeitlich früh verjagte der Nordflügel der 16. ID1, russische Schützenketten, hinter denen geschlossene Reiterabteilungen sichtbar waren, durch Feuer. Bald begannen die feindlichen Batterien aller Kaliber bis zum 28 cm-Mörser an der Front von Wyzorok bis Cyryn wieder vernichtend zu wirken. Gegen die Division Woyna steigerte sich der Eisenhagel zeitweilig zum Trommelfeuer 2). Daß die Russen es diesmal auch auf den Abschnitt der 35. ID. nördlich von Karczewa besonders abgesehen hatten, verrieten sie durch das planmäßige Schießen von Sturmgassen in unseren Hindernissen; das Geschützfeuer ergoß sich auf die erste und zweite Stellung sowie auf die dahinter liegenden

1; Klembów ski, 66.

Ebenda. 67.

Anmarschwege. GO. Woyrsch schob seine letzte Reserve, ein Regiment, hinter die 5.RD.; die Verfügungstruppe der Heeresgruppe, das von der 49. RD. überstellte Regiment, hatte abends nach Woroneża zu gelangen. Nachmittags versuchten die Russen zu stürmen, wurden aber im Bereich des XII. Korps überall blutig abgewiesen. Beim deutschen Landwehrkorps holten sich die russischen Grenadiere und die 11. sib. SchD. gleichfalls eine scharfe Abfuhr.

Am 8. Juli entbrannte die Schlacht neuerlich. Seit 2h früh berannte der Feind, der gegen die öst.-ung. 35. ID. die 3.GrenD. des XXV. Korps und gegen die Division Woyna das frische III. sib. Korps herangebracht hatte, unter rücksichtslosem Menscheneinsatz die zerstörten Gräben der Verbündeten. Die in zehn bis zwölf Reihen Anstürmenden brachen zumeist schon im Abwehrfeuer unter schwersten Verlusten zusammen. Beim IR. 51 der 35. ID. wurden in die Stellung eingedrungene Angreifer im Handgemenge bezwungen. Die von beiden Gegnern mit zäher Erbitterung geführten Kämpfe währten den ganzen Tag, ohne daß der Feind den seit 3. Juli eroberten Einbruchsraum erweitern konnte. Um dem XII. Korpskmdo. die Gefechtsführung nördlich des Serweczknies zu erleichtern, übernahm auf Geheiß des GO. Woyrsch abends der bayr. GM. Zoellner, Führer der 49. RD., den Befehl über den Abschnitt bis zur Pietuchowka. In einer Beurteilung der Lage erklärte GdI. Henriquez, daß auch weiterhin mit Durchbruchsversuchen der Russen über Gorodiszcze, begleitet von Nebenangriffen nördlich von Karczewa, zu rechnen sein dürfte. Die verfügbaren Kräfte seien zwar zur Verteidigung und zum Erringen kleiner örtlicher Erfolge ausreichend, ein allgemeiner, planmäßiger Gegenangriff im Abschnitt Woyna, um die verlorene erste Stellung wiederzugewinnen, bleibe aber vorläufig ausgeschlossen. Die deutsche Führung hatte indessen schon für Verstärkungen gesorgt. Ein deutsches Landwehrregiment war noch am 8. früh hinter die 5. RD. gestellt worden, im Laufe des 9. langten die ersten Staffeln der 86. ID., GLt. v. Wernitz, bei der Armee ein.

Der erwartete Ansturm des Feindes blieb aus, die Schlacht erstarb am 9. Juli. Auf Grund neuer Weisungen der Stawka hatte sich der Oberbefehlshaber der Westfront entschlossen, den Angriff der Armee Ragosa bis zum Eintreffen des IV. sib. Korps einzustellen. Das Ergebnis des siebentägigen, schweren Waffenganges war äußerst spärlich. Trotz aller Übermacht an Truppen war der Durchbruch gegen Brest-Litowsk nicht geglückt. Bei den Begleitunternehmen der 10. und der

2. Armee der Russen — die 2. hatte am 4. Juli zu einem Vorstoß zwi-sehen dem Wiszniew- und Naroczsee angesetzt*) — war die ablenkende Wirkung auf den Gegner gänzlich ausgeblieben. Auch deutete nichts darauf hin, daß der Kampf an der Szczara und am Serwecz den Nordflügel der Südwestfront entlastet habe. Der geringe Geländegewinn war mit den, selbst für russische Verhältnisse, außerordentlich hohen blutigen Verlusten — 80.000 Mann — viel zu teuer bezahlt2).

Die Julischlacht bei Baranowicze stellte demnach, Gewinn und Einbuße an dem weitgesteckten Ziele gemessen, für die russische Heeresleitung eine schwere Niederlage dar; der so lange vorbereitete Hauptangriff der Westfront, der dem Zarenheere die Entscheidung hätte bringen sollen, war in sich zusammengebrochen. Die Mittelmächte konnten den Abwehrsieg als großen Erfolg in Rechnung stellen.

Der Ansturm des nördlichen Heeresflügels der russischen Süd Westfront

Verlust der Styrschlinge bei Czartorijsk und Rückzug Linsingens

hinter den Stochod

(4. bis 9. Juli)

Hiezu Beilage 26

Nachdem die russische Westfront am 2. Juli zum Angriff geschritten war, hatte Brussilow am 3. die fünf Armeen der Südwestfront im Sinne der Ende Juni ausgegebenen Weisungen (S. 535) nochmals zum Losschlagen aufgerufen3). Am 4. vormittags, während die Armeen Lesch und Kaledin schon mit ihren Geschützen auf die am Nordflügel der Heeresgruppe Linsingen gewählten Einbruchsstellen loshämmerten, traf in Teschen eine Meldung des GO. Linsingen ein, worin er auf Grund der Lage die Absichten für die nächste Zeit darlegte. Mit Bestimmtheit ständen in den folgenden Tagen Angriffe bedeutender Kräfte bevor. Nach der Stärke der Russen und der Schwäche der Verbündeten seien augenblicklich die inneren Flügel der Gruppe Bernhardi und des Korps Fath am meisten gefährdet; die Mitte der Heeresgruppe

x) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 477 f. — K 1 e m b o w s k i, 62 ff. bemängelt besonders die schwächlichen Leistungen der 2. Armee, die ihr Übergewicht an Streitern (140.000 Mann gegen 50.000 Deutsche) gar nicht zur Geltung gebracht habe.

2, K 1 e m b o w s k i, 66. — Knox, I], 451 ff. — Zajontschkowskij, 42.

3) B a 1 u j e w, 69.

(4. Armee und deutsches X. Korps) scheine entlastet zu sein. Sie könne deshalb eine Schwächung durch Strecken der Front vertragen und brauche in der nächsten Zeit nur eine ablenkende Tätigkeit zu entfalten. Dafür müsse der Stoßflügel der Gruppe Marwitz stärker gehalten und vor allem das Korps Fath gestützt werden. Hiezu stelle Bernhardi die

11. bayr. ID. im Stochodknie bei Ugly bereit. Das Heeresgruppenkmdo. glaube, mit den getroffenen Maßnahmen den Ansturm des Feindes vorerst abweisen und später den Adigriff der Armeegruppe Marwitz erfolgreich fortsetzen zu können. Zugleich erfuhr die öst.-ung. Heeresleitung, daß Linsingen auf Anordnung des deutschen Generalstabschefs GdI. Falkenhayn aus dem Korps Lüttwitz eine zusammengesetzte Brigade (deutsche 37. IBrig. mit 6 Bataillonen, 1 Schwadron und 8 Batterien) zugunsten der Armee Woyrsch herauszuziehen im Begriffe sei.

Am 4. Juli traf der Anprall der 3. Russenarmee die Mitte und den Südflügel des Kavalleriekorps Hauer (ll.HKD., GM. Czitó, und Polnische Legion, GM. v. Puchalski). Vormittags griff das Korps Bułatów mit der 27. ID. hauptsächlich rittlings der gegen Galuzia führenden Straße an und setzte sich in den geräumten Feldwachschanzen fest. Eine in die Hauptverteidigungslinie eingedrungene Russenabteilung konnte bis zum Abend durch die Abschnittsreserven unschädlich gemacht und die erste Stellung gegen sonstige Vorstöße gehalten werden. Die Polnische Legion lag gegenüber der russischen 100. RD. in einem heißen Streit um den Brückenkopf von Kostiuchnowka1). Gegen Abend drückte der Feind, nachdem bei der angrenzenden k.u.k. 53. ID., GM. v.Pongrácz, eine liefern breite Bresche entstanden war, den äußersten Südflügel der 1. Polenbrigade ein. GdK. Hauer wies den GM. Puchalski an, der 53. ID. mit seinen freien Bataillonen zu helfen. Außerdem wurden ihm aus der Heeresgruppenreserve, über die Hauer schon mittags das Verfügungsrecht erhalten hatte, zwei Bataillone nach der Bahnstation Wolczeck zugeschoben, die allerdings erst um Mitternacht ankommen konnten. Inzwischen hatte ein Gegenstoß der Polen der Nachbardivision Luft gemacht und dort die Wiederbesetzung des die Frontlücke beherrschenden, stark befestigten „Polenberges“ ermöglicht. Die 1. Brigade mußte hingegen den noch gehaltenen Teil des Brückenkopfes aufgeben und glitt in die zweite Stellung zurück. Die über eine Riegelstellung anschließende 3. Brigade hatte sich behauptet

x) Sadowski, Die Polnischen Legionen im Gefechte bei Kostiuchnowka vom

4.—6. Juli 1916 (in polnischer Sprache in Bellona, Dwieniesięcznik Wojskowy, Warschau, Mai- bis Augustheft 1931).

und bloß die Feldwachenlinie den Russen überlassen. Die links von der 11. HKD. stehende 1. KD. war tagsüber nur durch Artilleriefeuer belästigt, die den Nordflügel des Reiterkorps bildende 9. KD. gar nicht angegangen worden.

Weit schlimmer wurde am gleichen Tage dem Korps Fath mitgespielt. Seit den im Juni um die Styrlinie gelieferten Kämpfen waren die Truppenverbände und die zugehörigen Befehlsstellen vielfach vermengt geblieben. Den linken Flügel bildete die 53. ID.; im Mittelabschnitt Nowosielki—Rażnicze befehligte FML. Lischka mit dem 26. SchDKmdo. die 51. und die 90. Schützenbrigade. Der Westflügel unter FML. Smekal (45. SchDKmdo.) setzte sich aus der 52. SchBrig. (von Rażnicze bis Tuman) und der Gruppe Obst. Janky (von Tuman bis östlich von Gruziatyn) zusammen. Lischka und Smekal hatten Bataillone aller drei Divisionen des Korps unter sich, bei Janky standen das SchR. 11, etliche andere Kompagnien und das HR. 4 aus dem Reiterkorps Hauer. Von der 89. SchBrig. verbleibende drei Bataillone bildeten, hinter dem rechten Flügel verteilt, die Korpsreserve. Seit die Angriff sabsichten der Russen gegen den Raum bei Tuman offenkundig wurden, war beim II. Korps von der 4. ID. für eine artilleristische Unterstützung der Nachbardivision vorgesorgt und das SchR. 30 (zwei Bataillone) als Reserve hinter dem Anschlußflügel bereitgestellt worden. GdK. Bernhardi veranlaßte am 4. Juli morgens das Freimachen der

ll.bayr. ID., deren erste Marschstaffeln nach Ugly abrückten.

Seit 8h früh lag das Geschützfeuer des Feindes mit steigender Gewalt auf den Stellungen der 45. Schützendivision. Die Gräben beiderseits von Tuman wurden eingeebnet, die Besatzungen arg gelichtet; die turkestanischen Schützen und Teile des XXX. Russenkorps schlugen die inneren Flügel der Gruppe Janky und der 52. SchBrig. ein1). Der Korpsführer wollte durch einen Gegenangriff seiner Verfügungstruppen von Norden her (89. SchBrig.) und durch einen Gegenschlag, den Obst. Janky mit dem auf Befehl des GO. Linsingen durch Bernhardi zugewiesenen SchR. 30 aus westlicher Richtung führen sollte, die eingedrückte Gefechtslinie wieder herstellen. Allein die im Bereiche der 45. SchD. befindlichen Reserven wurden vom Strudel der sich überstürzenden Ereignisse fortgerissen. Der eingebrochene Feind stieß nach Norden vor, schleuderte die Gruppe Janky gegen Nordwesten zurück und rollte die Verteidigungsfront nach Osten gegen Kopyli auf. Die Gegenstöße einzelner schwacher Einheiten lösten sich in dem Wald-vj Wisshaupt, Die 52. Landwehrbrigade im Weltkrieg, 394 ff.

und Sumpfgelände in wirre, zusammenhanglose Teilgefechte auf, wodurch die vorhandenen Kräfte, ohne Nutzen bringen zu können, rasch dahinschmolzen. Mittags wandte sich GdI. Fath, da seine Eingreiftruppen bereits ausgespielt waren, an GdK. Hauer, der von der Heeresgruppenreserve das DR. 4 zur 45'. SchD. abreiten hieß. Einstweilen drängten sich auf dem Wege nach Gradie, der schon im feindlichen Feuerbereiche lag, zurückströmende Versprengte, Batterien und Fuhrwerke. FML. Smekal ließ durch die Divisionskavallerie und die letzten Kompagnien der 89. SchBrig. die Zugänge nach Gradie sperren. GdI. Fath trachtete, als bald nach der Mittagsstunde auch Kopyli verloren ging, die geworfenen Truppen aus dem Abschnitte der 52. SchBrig. an der Straße Rażnicze—Dołżyca durch einige von der 26. SchD. herangebrachte Kompagnien aufzunehmen und hier eine neue Widerstandslinie einzurichten. Inzwischen war es dem Obst. Janky gelungen, nordöstlich vom SchR. 11, das den Anschluß an die 4. ID. gewahrt und nach einigen Zwischenfällen eine Hakenstellung bezogen hatte, ebenfalls noch Splitter seiner Gruppe zu sammeln und mit dem eingelangten SchR. 30 am frühen Nachmittag ins Gefecht einzugreifen. Der Stoß drang zwar nicht durch, schien aber doch den Verfolgungseifer der Russen zu dämpfen; zwei in Feindeshand gefallene Geschütze der 4. ID. konnten zurückgewonnen werden.

Das Heeresgruppenkmdo. befahl um 3h nachm., die Frontlücke durch einen Gegenstoß unter Mithilfe aller im II. Korps erlangbaren Reserven zu schließen. Das Korps Fath solle gleichzeitig mitwirken, auf den einheitlichen und geschlossenen Ansatz der Kräfte habe FML. Kaiser zu achten. Dieser unterstellte der 4. ID. alle nach Westen abgedrängten Truppen des Nachbarkorps. Den Befehl über diese Kräfte sowie über die aus dem SchR. 30 und einem Bataillon der 41. HID. zu bildende Angriffsgruppe — zwei weitere Bataillone der Honvéd waren im Anmarsche — erhielt der Führer der 7. IBrig., Obst. Steinitz. Durch die letzten waffenfähigen Mannschaften der 4. ID., die Reiter, eine Marschkompagnie, Pioniere und Leute vom Troß ließ GM. Pfeffer die vom Osten gegen Ugly heranführenden Wege bewachen. Der Gegenschlag der Gruppe Steinitz kam aber nicht mehr zustande; einerseits konnte sich GdI. Fath daran aus Mangel an Reserven nicht beteiligen, andererseits verzögerte sich auch die Bereitstellung der Truppen am Ostflügel der 4. Division. Die 11. bayr. ID. meldete dem

II. Korps, daß ihre Spitzenabteilungen, vom Marsche in der sengenden Julisonne erschöpft, im Angriffsraume nicht vor Abend eintreffen könnten.

Bis zum Abend vermochte man die Lage klarer und ruhiger zu überblicken. Der Feind hatte seine im Einbruchsraume vorgeprellten Abteilungen etwas zurückgenommen. Die Fronteinbuchtung war durch Obst. Steinitz nordöstlich von Gruziatyn, durch die schwache 89. SchBrig. (500 Mann und 2 Batterien) südwestlich von Gradie und durch Truppen des Korps Fath an der Straße nach Rażnicze notdürftig eingerahmt; alle diese Gefechtsgruppen waren aber nur äußerst lose untereinander verbunden. Die Mittel- und die linke Flügeldivision des Korps Fath wie auch die Front des Korps Kaiser hatte der Feind während des Tages durch seine Artillerie niederzuhalten getrachtet. Bei einbrechender Dunkelheit fielen die Russen die 4. ID. an, wurden aber durch die Regimenter 8 und 49 abgeschlagen.

Für den nächsten Tag ordnete GO. Linsingen, um den Feind über den Styr zu werfen, einen einheitlichen Angriff der Korps Kaiser und Fath an. Zu diesem Zwecke wurde dem FML. Kaiser für die von Westen vorgehende Stoßgruppe die Masse der Bayerndivision unterstellt; als Ostgruppe war der rechte Flügel des Korps Fath bei Gradie in Aussicht genommen. Ein bayrisches Regiment, das um 3h früh von Ugly nach Dołżyca zu marschieren hatte, sollte der 45. SchD. frischen Schwung verleihen1). Vom Korps Hauer befand sich ein Polenbataillon nach Gradie unterwegs, überdies konnte GdI. Fath ein bayrisches Landsturmbataillon um 5h früh am Bahnhof Maniewicze erwarten.

Am 5. vergrößerten die Russen ihre Anstrengungen, um die brüchig gewordene Front des Gegners zum Einsturz zu bringen2). Die Hauptkraft der 3.Armee, das XLVI. und das Korps Bulatow, wurde gegen die inneren Flügel der Korps Hauer und Fath angesetzt. In den von Hauers Reiterregimentern gehaltenen Abschnitten griff das auf der 11. HKD. lastende Artilleriefeuer auf die 1. und zeitweilig auch auf die 9. KD. über. Die gegen Galuzia gerichteten Anstürme der russischen 27. ID. brachen sich am Widerstande der Honvédhusaren des GM. Czitó. Die Polenlegion Puchalski schob, nachdem der Stützpunkt südlich von Kostiuchnowka bereits in den ersten Morgenstunden wieder verloren worden war, die letzten Reserven nach Süden, um in der zweiten Stellung den Anschluß an den ebenfalls zurückgenommenen Nordflügel der 53. ID. zu finden. Nun sollte der Polenbrigadier Obst. Küttner im Verein mit schwachen Teilen der 53. ID.

’) Diese Aufgabe wurde einem zusammengesetzten Regimente unter dem Obst. Großmann übertragen (AI a y e r, 60).

2) B a 1 u j e w, 69.

und mit den von Fath zugewiesenen Verstärkungen (das DR. 4 und das bayrische Landsturmbataillon) durch einen Gegenangriff des verlängerten Legionsflügels die gefährdete Lage an der Nahtstelle südwestlich von Kostiuchnowka retten. Diese Versuche mußten aber, obwohl der „Polenberg“ nochmals gewonnen wurde, bald aufgegeben werden. Das Korps Fath berief mittags wegen der kritischen Lage der 45. SchD. die zugesagten Verstärkungen wieder ab. Nachmittags griffen die Russen von Kostiuchnowka her die 1. Polenbrigade mit großer Wucht an und warfen sie unter schweren Verlusten nach Westen zurück. Die gleichfalls in Mitleidenschaft gezogene Gruppe Küttner brachte samt dem noch nicht abmarschierten bayrischen Landsturmbataillon nur mehr 1300 Mann zusammen, die über Nacht einen dünnen Querriegel zwischen der 53. ID. und der bis Wołczeck eingebeulten Legion bildeten. Die Trümmer der zerschlagenen 1. Brigade stellten nördlich des Ortes eine sehr schüttere Verbindung zur 3. Brigade her, deren linker Flügel in der ersten Linie noch an die ll.HKD. anschloß. GdI. Fath wies die 53. ID. an, unbedingt die Bahnstation Wołczeck zu sichern; Mitte und Südflügel der Division hatten sich, wie auch am Vortage, gegen schwächliche Unternehmen der Russen behauptet.

Während der Nacht auf den 5. Juli hatte der Feind den Abschnitt der 26. SchD. durch Feuerüberfälle in Spannung erhalten; ein Anschlag gegen Rażnicze wurde in den Frühstunden abgewehrt und die Brücke bei Kołki in Brand geschossen. Vormittags griff das I.turk. Korps von Kopyli aus den linken Flügel der 45. SchD. kraftvoll an und brachte ihn zum Wanken. GdI. Fath wollte die längs der Straße gegen Gradie eben erst aufgebaute Abwehrlinie nicht preisgeben, da er von dem für 5h nachm. vereinbarten Gegenangriff des II. Korps eine sichere Entlastung erhoffte. Jedoch die Widerstandfähigkeit der erschütterten Truppen war zu gering. Der Einbruch der Russen hatte auch die Flanke der 90. SchBrig. bei Rażnicze aufgerissen und der starke Druck der Angreifer gegen Nordosten drohte die bisher von der 26. SchD. noch gehaltene Styrfront aufzurollen. Der Korpsführer mußte sich entschließen, um weiterem Unheil vorzubeugen, mit dem Westflügel der Division nach Norden auszuweichen und die Truppen sowie die geworfenen Verbände der 52. SchBrig. in die Linie Komarow—Gradie zurückzunehmen. Das DR. 4, das im Marsche zum Nordflügel des Korps begriffen war, wurde abgedreht und besetzte die gewählte Aufnahmsstellung hinter der 90. SchBrig. Abends bezogen Teile der 26. SchD. — ihr Nordflügel war in der alten Dauerstellung am Styr verblieben — und die Reste der

52. SchBrig. die verkürzte Frontlinie. Der Stoß der Russen über Kopyli hatte sich nachmittags auch seitlich nach Westen fortgepflanzt, bis er endlich vor Gradie durch die 89. SchBrig. unter Mithilfe des bayrischen Regimentes Großmann auf gefangen wurde. Dadurch hatte aber diese Westgruppe des Korps die Möglichkeit eingebüßt, an dem geplanten allgemeinen Gegenangriffe mitzuwirken.

Gegen die ganze Front Bernhardis, vornehmlich gegen das II. Korps, setzte am 5. früh allmählich gesteigertes Artilleriefeuer ein. Soweit es sich gegen die 41. HID. wandte, war das Bestreben des Feindes, hier nur Kräfte zu binden, offensichtlich. Das I. Russenkorps auf dem linken Styrufer hatte auch den Auftrag, den Gegner durch Scheinangriffe zu fesseln1), die aber von den deutschen Divisionen Hahndorff und Rusche ohne Mühe abgewiesen werden konnten. Ernstliche Angriffe richteten sich gegen die 4. ID., GM. Pfeffer. Die Anstürme des XXX. Russenkorps scheiterten zwar an den ausgebauten Anlagen der Regimenter 8, 49 und 99 vor Gruziatyn, verursachten jedoch an der etwas lockeren Verteidigungsfront der Gruppe Steinitz (7. IBrig.) mehrfach örtliche Rückschläge. Einer gefährlichen Krise, die sich beim SchR. 11 einstellte, wurde der Kommandant des benachbarten IR. 8 durch sein persönliches, entschlossenes Eingreifen Herr2). Die Masse der ll.bayr. ID. war infolge der herrschenden Sommerhitze mit großen Marschverlusten in Ugly eingelangt. FML. Kaiser gewann die Überzeugung, daß ein Angriff mit den übermüdeten Truppen wenig aussichtsvoll sei; aus diesem Grunde und wegen der durch den Feind, namentlich beim Nachbarkorps, geschaffenen Lage wurde nachmittags die Absicht, einen Gegenschlag zu führen, fallen gelassen, und der 7. IBrig. befohlen, jedenfalls ihre Stellungen zu halten. Zunächst sandte man dem Obst. Steinitz aus noch marschfähigen Leuten gebildete bayrische Abteilungen samt Maschinengewehren zu, der mit dieser Verstärkung und den eigenen Reserven nach wechselvollen Kämpfen die Front bei sinkender Sonne zu festigen und alle Lücken zu schließen vermochte. Der Führer der bayrischen Division, GLt. Kneußl, dem der Abschnitt der 7. IBrig. unterstellt wurde, erhielt den Auftrag, ein Regiment hinter die Gruppe Stei-

a) B a 1 u j e w, 69.

2) Obst. Eduard Hospodarz wurde als Kommandant des IR. 8 für die entschlossene Führung seines Truppenkörpers am 4. und 5. Juni bei Czernysz und am

5. Juli bei Gruziatyn sowie für einen an der Spitze einer Gefechtsgruppe am 11. Juni bei Tuman selbständig unternommenen Gegenangriff mit dem Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet.

nitz, ein zweites über Ugly nach Osten vorzuschieben und sich gegen mögliche Umgehungen seines Nordflügels aus dem Raume Gradie— Dołżyca—Sofianowka zu sichern. Abends war, nachdem auch die Bayerndivision ins Gefecht eingegriffen hatte 1), jede Gefahr am linken Flügel des II. Korps beseitigt.

Die bedenkliche Lage des Korps Fath hatte indes den GO. Linsingen bewogen, die ursprünglich zur Armee Woyrsch bestimmte deutsche 37. IBrig., Obst. v. Roeder (S. 579), als Heeresgruppenreserve auf der Bahn nach Maniewicze zu schaffen. Da diese Kraft erst am 7. Juli verwendungsbereit sein konnte, wurde auch der Gegenangriff gegen den Raum vor Kolki auf diesen Tag verschoben. Bis dahin sollten die beiden öst.-ung. Korps in den besetzten Linien unter allen Umständen ausharren; sodann hatten FML. Kaiser in östlicher und die 37. IBrig., den rechten Flügel Faths mitreißend, in südlicher Richtung vorzustoßen.

Am 6. früh trachteten die Korpsführer Hauer und Fath vor allem, ihren Flügelanschluß nördlich der Bahnstrecke bei der geschlagenen Polenlegion zu kräftigen. GM. Pongrácz der 53. ID. übernahm den Befehl über die Gruppe Küttner bis zum Orte Wołczeck. Zu ihrer Stützung wurden ein Bataillon und eine Batterie der Heeresgruppenreserve auf der Bahn vorgezogen und bei Wołczeck eingesetzt. Hauer verstärkte die Legion durch die Reiter des HR. 7 und verlegte die noch verbliebenen Teile seiner Korpsreserve (zwei sehr schwache Polenbataillone und einige Schwadronen zu Fuß) hinter den Südflügel der 11. Honvéd-kavalleriedi vision.

Die Russen hatten die wunden Stellen der gegnerischen Front gut erkannt und ließen einerseits von den Polen, anderseits von der 45. SchD. des Korps Fath nicht mehr ab. Nach einem Trommelfeuer auf die Stellungen vor Gradie wurde mittags der rechte Flügel der Division Smekal durchbrochen und auf Dołżyca zurückgedrängt. Das Heeresgruppenkmdo. wollte, wenn schon die Linie Gradie—Komarow nicht mehr zu halten war, dem Korps Fath zunächst nur ein Ausweichen hinter die Okonka zwischen Kukli und Nowosiełki zugestehen, wobei den bereits eingetroffenen Teilen der 37. IBrig. samt dem kombinierten bayrischen Regimente der Schutz der rechten Korpsflanke im Raume Dołżyca— Jabłonka zugedacht war. Die zwischen den Befehlsstellen gepflogenen Erörterungen über die Durchführbarkeit dieser Maßregeln wurden aber durch eine neue Hiobspost unterbrochen. Die Russen hatten unterdessen die Polnische Legion aus Wołczeck hinausgeworfen und drückten ihren

!) Stengel, 70 f. — Mayer, 60.

Südflügel nach Nordwesten gegen Manie wicze, den abgesprengten Nordflügel der 53. ID. längs der Bahn nach Westen zurück, so daß zwischen den Korps Fath und Hauer eine 4 km breite Lücke aufsprang. Das Korps Fath mit zwei eingeschlagenen Flügeln und seiner noch im Styrbogen vor Czartorijsk vorgeschobenen Mitte stand vor der großen Gefahr, von den Nachbarn abgeschnürt und völlig eingekreist zu werden. Bei der gesunkenen Widerstandskraft der Truppen und dem Mangel an Reserven blieb dem GO. Linsingen, wie er nachmittags an Conrad meldete, als einziger Ausweg nur mehr der „schwere Entschluß“, die Nordfront im Anschluß an die Gruppe Gronau allmählich bis zum 8. Juli hinter den Stochod zurückzunehmen. Hauer sollte gleich die ll.HKD. auf Galuzia zurückbiegen, Fath östlich von Manie-wicze die Verbindung mit den Polen herstellen und sein Korps über die gleichnamige Bahnstation bis Dołżyca in eine nach Osten gerichtete Front bringen. GdK. Hauer hatte auf die erste Kunde über das Mißgeschick der Polen durch deren 3. Brigade zum Schutze der ll.HKD. einen Haken bilden wollen, allein die ganze Legion war, nördlich der Bahn von den Russen umgangen, schon ins Gleiten gekommen, und der Befehl Hauers, mit dem linken Flügel an die Honvédhusaren angelehnt zu bleiben, erreichte die 3. Brigade nicht mehr. So legte der plötzliche Abzug der Polen die rechte Flanke der Division GM. Czitó bloß. Der Feind stieß mit Infanterie und Kavallerie hinein, besetzte Galuzia und fügte den Honvédhusaren während des erzwungenen Rückzuges die schwersten Verluste bei. Die 1. KD. mußte nun sofort in die zweite Stellung zurück, die 9. hatte sich der Bewegung anzuschließen; der Troß war gleich auf das linke Stochodufer abzuschieben. Über Nacht sammelten sich die Reste der ll.HKD. nördlich von Maniewicze; östlich des Ortes in einem Halbkreise bis Perekrestie sicherte die Polenlegion.

Der Rückzug des Korps Fath, das gleichsam in einem Sacke steckte, gestaltete sich schwierig. Die Gruppe Küttner am Nordflügel der 53. ID. war beim Einbruch der Russen gegen die Bahnstation Maniewicze gewichen, wobei die vormittags zugeschickte deutsche Batterie ihre Geschütze nicht mehr hatte in Sicherheit bringen können. Nachmittags nahm der Feind auch Lisowo südlich der Bahn, so daß jetzt Teile der 53. ID. und der 26. SchD. Front gegen Norden machen mußten, um das Abfließen der Kolonnen nach Okonsk zu decken. Die der 53. ID. zugeteilten deutschen Positionsbatterien1) mußten, soweit sie nicht geborgen werden konnten, gesprengt werden. Erst nachts, nach Sie bestanden aus erbeuteten, unbespannten russischen Geschützen.

anstrengenden Märschen, erreichten die Divisionen mit der Hauptkraft die dem Korps vorgezeichnete Linie. Der rechte Flügel der 45. SchD. hatte nicht nur auftragsgemäß Dołżyca, den Drehpunkt der Frontschwenkung behauptet, sondern abends durch einen Vorstoß der Bayern sogar den Feind über Gradie zurückgeworfen.

FML. Kaiser war am 6. daran gegangen, seinen Nordflügel durch Ordnen der Verbände zu dem für den nächsten Tag geplanten Gegenangriff zu gliedern. Man kam dabei aber nicht weit, denn der Feind forderte die 4. ID. und die Bayern durch neue Vorstöße zur Abwehr heraus. Die Vorgänge beim Nachbarkorps machten gegen Abend eine geschlossene Sicherung nördlich von Ugły und Kaszowka notwendig, die von eingelangten Marschbataillonen, dann von bayrischen und öst.-ung. Reitern besorgt wurde. Dem weiteren Rückzuge der Korps Hauer und Fath nach Westen, der am 7. bald nach Mitternacht anzutreten war, hatte sich auch das II. Korps anzuschließen. Die Truppen konnten sich vom Feinde ohne Störung loslösen und um 5h früh hatte der linke Flügel der 41. HID. westlich von Gruziatyn und angrenzend die 4. ID., links davon die 11. bayrische in einem die Waldränder östlich von Ugły umfassenden Halbkreise wieder Stellung genommen. Eine gegen Norden verlaufende Vorpostenlinie schützte die Stochodbrücke bei Kaszowka. Das XXX. Russenkorps folgte zunächst nur tastend nach und grub sich westlich von Gruziatyn ein1).

Da der Feind am 6. abends die Verfolgung der Truppen Faths eingestellt hatte, konnten sie am 7. bei Tagesanbruch, ohne gedrängt zu werden, ihren Rückmarsch fortsetzen. Durch die deckenden Linien der Brigade Roeder bei Sofianowka und Jablonka-Borowaja zogen die 26. SchD. nach Iwanowka und die 45. weiter nach Hulewicze ab. Die Deutschen folgten sodann auf demselben Wege nach Powursk2). Die

53. ID. rückte von Okonsk — die Bahnanlagen in Maniewicze wurden zerstört — nach Trojanowka ab, wo sich auch Teile der Polenlegion, die seit dem Morgen dem GdI. Fath unterstellt worden war, einfanden. Eine größere Gruppe der Polen ging auf Nowa Ruda zurück. Damit feindliche Kavallerie nicht über den Stochod vorbrechen könne — russische Reiter hatten schon früh knapp nach dem Abzüge der öst.-ung. Truppen die Bahnstation Maniewicze besetzt —, befahl GO. Linsingen, Trojanowka gegen Osten stark zu sichern und die Flußübergänge zwi-

1)    B a 1 u j e w, 69. — Klembów ski, 68 f.

2)    E b e 1 i n g, Geschichte des Infanterie-Regiments Nr. 78 im Weltkriege (Berlin-Oldenburg 1924), 123.

sehen Sitowicze und Stobychwa durch vorausgesandte Abteilungen verläßlich in die Hand zu nehmen.

Von der ll.HKD. des Reiterkorps Hauer sammelten sich im Laufe des 7. Juli am westlichen Stochodufer in Bol. Obzyr noch rund 1000 Husaren; die Kämpfe seit dem 4. hatten über 3000 Mann verschlungen. Die 1. KD. war, vom Feinde nicht behelligt, über Nacht in den Abschnitt Nowa Ruda—Leszniewka zurückgegangen, und die 9. hatte, mit dem linken Flügel den Anschluß an die 82. RD. der Gruppe Gronau wahrend, den rechten ohne Störung gegen Griwa zurückgeschwenkt. Für den 8. ordnete der Korpsführer die Besetzung der Stochodlinie von Stobychwa bis Siedliszcze an. Nun warf aber bereits nachmittags russische Reiterei die 3. Polenbrigade, die Nowa Ruda festhalten sollte, nach Bol. Obzyr zurück. Hauer ließ hier durch die Reste der 11. HKD. das linke Flußufer besetzen. Die 1. KD., durch die Preisgabe von Nowa Ruda in der rechten Flanke gefährdet, sah sich auch zum Rückzuge genötigt und überschritt, nachdem sie russische Verfolger bei Lesz-niewka abgeschüttelt hatte, abends den Stochod bei Borowno und Rudka-Czerwiszcze. Hier und bei Uhrynicze, aber erst in den Morgenstunden des 8. Juli, vollzog die 9. KD. den Uferwechsel.

Schon am 7. mittags hatte GO. Linsingen den Führern seines Nordflügels eröffnet, daß ihnen in der Folgezeit am Stochod eine reine Verteidigungsrolle zufallen werde. Auch die Gruppe Bernhardi wurde angewiesen, in der Nacht zum 8. hinter dem Flusse von Nw. Mosor über Porskaja Wolka und Kaszowka bis Sitowicze eine Abwehrstellung zu beziehen. Die Bayerndivision war bis zum 10. Juli als Heeresgruppenreserve um Mielnica unterzubringen. GdK. Bernhardi fügte sich nur schweren Herzens dem Rückzugsbefehle, der seine nicht geschlagenen, erfolgreichen Truppen wegen des Rückschlages im Styrbogen um die Früchte der bisher geleisteten Anstrengungen brachte1). Er hieß das

II. Korps samt der 11. bayr. ID. bis zum 8. früh den von Nawoz über Arsenowicze auf das linke Stochodufer abgebogenen Frontabschnitt beziehen; die deutschen Divisionen Hahndorff und Rusche hatten ihre Stellungen erst um einen Tag später zu verändern. Da die zwischen der 4. ID. und den Bayern stehende Brigade Steinitz am 7. abends durch die 80. Russendivision eingebeult wurde, begannen GM. Pfeffer und GLt. Kneußl sofort ihre Truppen in die ihnen bekanntgegebenen Linien zurückzuleiten.

Kaledins 8. Armee erreichte mit den Hauptkräften des XXX., des

]) Bernhardi, Eine Weltreise 1911/12, III, 194.

I. turk. Korps und des V. Kavalleriekorps die Linie Gruziatyn—Jab-łonka-Borowaja—Czerewacha; Reiter fühlten bis Iwanowka vor. Nördlich der Bahnstrecke Sarny—Kowel ließ die 3. Armee vor allem ihre starken Reitergeschwader gegen Trojanowka und auf allen an den Stochod heranführenden Wegen verfolgen und bedrängte auch die Front der Gruppe Gronau an der Wiesiolucha südlich von Nobel1). Diese schwenkte gleichfalls über Nacht ihren Südflügel, die 82. RD., bis Siedlisczce zurück.

Am 8. Juli begann sich der Nordteil der Heeresgruppe Linsingen hinter dem schützenden Flußhindernisse zur Abwehr einzurichten. In der dem GdI. Fath zugewiesenen Front fiel der 26. SchD. der Abschnitt zwischen Sitowicze und der Eisenbahn zu; von hier weiter nach Norden sicherten vorläufig deutsche Kompagnien zusammen mit Teilen der

45. SchD., der 53. ID. und der Polnischen Legion. Eine von Stobychwa bis Bol. Obzyr sich ergebende Lücke wurde durch zwei Bataillone der deutschen 37. IBrig. ausgefüllt, deren Führer am nächsten Tage den Befehl über diese Frontstrecke zu übernehmen und seine restlichen Truppen aus Powursk als Rückhalt für die Anschlußflügel der Korps Fath und Hauer nachzuziehen hatte. GO. Linsingen und Conrad forderten die verbündeten Streitkräfte zu unbedingtem Festhalten der neu bezogenen Linie auf und stellten einen Zuwachs frischer deutscher Kampfverbände in Aussicht. Die Heeresgruppe Prinz Leopold zog an ihrer Südgrenze eine Reserve zusammen2).

Der günstige Verlauf der Kriegshandlung an der Nahtstelle der

3. und der 8. Russenarmee sowie die schweren Kampfbedingungen an der Straße Łuck—Kowel, deren sumpfiges Anland nur auf wenigen, schmalen Streifen zu durchschreiten war, hatten unterdessen den Gen. Alexejew bewogen, am 7. die Aufmerksamkeit Brussilows auf den Raum Ratno—Kamień Kaszyrskij und auf Pinsk zu lenken. Über Kamień Kaszyrskij konnte, wenn man dem Gegner am Stochod keine Schranken aufrichten ließ, einerseits Kowel von Norden angegangen und andrerseits die spitz vorspringende Stellung der Deutschen bei Pinsk im Rücken gefaßt werden. Im Sinne dieser Anregung wies Brussilow am

' x) B a 1 u j e w, 69. — B i d o u, 163.

2) Ludendorff, 177, schreibt über das Zurückweichen an den Stochod: „Es war dies eine der größten Krisen der Ostfront. Die Hoffnung, daß die k. u<. k. Truppen die unbefestigte Stochodlinie hielten, war nur gering. Wir wagten es, uns noch weiter zu schwächen, auch Generalfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern nahm das gleiche auf sich.“

S. zeitlich früh die Generale Lesch und Kaledin an, Kowel mit dem linken Flügel der 3., mit dem rechten und der Mitte der 8. Armee umfassend von Norden bis Südosten anzugreifen. In der Richtung Wladi-mir-Wolvnski sollte sich Kaledin nur verteidigen. Den Vorstoß in den Rücken von Pinsk nahm Brussilow erst dann in Aussicht, bis die Westfront durch Verlängern ihres Südflügels das XXXI. Korps der 3. Armee am Oginskikanal frei gemacht haben würde1).

Im Laufe des 8. rückten die Marschsäulen der 3. und der 8. Armee gegen den von Linsingen zurückgenommenen Heeresflügel der Verbündeten heran, und stellenweise kam es mit dem äußersten Fühlern der Russen zu Plänkeleien. Vor dem rechten Frontteile Bemhardis, zwischen Styr und Stochod, entfaltete der Feind eine lebhafte Tätigkeit.

Damit die Verteidigung der Stochodstellung einheitlich geleitet werde, erhielt GdK. Bernhardi am 9. Juli auch das Befehlsrecht über das Korps Fath. Über Nacht hatten die Divisionen Rusche und Hahndorff sowie die 41. HID. die südlich des Stochod noch bis an den Styr verlaufenden Verschanzungen geräumt. Die Deutschen bezogen den Abschnitt Nw. Mosor—Janowka; von hier überquerte die neue Stellung der 41. HID. die durch das Flußknie bei Ugły gebildete Landzunge. Auf diesem freigegebenen Raume sammelten die Russen bald mehrere Bataillone an und stießen gegen die Honvéd vor, wurden aber zur Umkehr gezwungen. Auch bei der Division Rusche verging der Tag nicht kampflos2). Durch die 4. ID., die sich flußabwärts verschoben hatte, war der Großteil der bayrischen Division bereits abgelöst. In der folgenden Nacht mußte der Anschluß an die 26. SchD. bei Sitowicze vollzogen und die letzte bayrische Abteilung verfügbar gemacht werden.

Im Frontbereiche des Korps Fath, gegen dessen geschwächte Truppen 3) ein russischer Angriff bald zu gewärtigen war, regelte GdK. Bem-hardi die Einteilung der Abschnitte und die Gliederung der Reserven. Die Strecke nördlich der Bahn bis Smolary fiel der 45. SchD. mit der 90. SchBrig. (die 89. blieb Korpsreserve) und der angrenzende Abschnitt bis Stobychwa der 53. ID. zu. Die 11. bayr. ID. kam als Armeegruppenreserve nach Powursk und stellte ein Bataillon als Rückhalt nach Smolary und zwei hinter die 26. SchD., deren Stellungen von russischen Batterien bereits stark beschossen wurden. Kolonnen des Feindes wur-

Klembowski, 69 und Beilage 8.

2j Bernhardi, Eine Weltreise 1911/12, III, 195.

3; Seit dem 4. Juli waren die 34.400 Feuergewehre des Korps auf 16.000 zusammengeschmolzen.

den im Anmarsche auf Hulewicze beobachtet. Die Polenlegion wurde, ebenfalls zur Verfügung Bernhardis, nach Czeremoszno verlegt.

Vormittags teilte das Heeresgruppenkmdo. dem GdK. Hauer mit, daß gegen seine Front laut eines aufgefangenen Funkspruches zwei feindliche Reiterdivisionen angesetzt seien. Gleichzeitig meldete die

11. HKD., daß Bol. Obzyr unter Artilleriefeuer stehe, und die 9. KD., daß sie von Infanterie und Kavallerie angefallen werde. Linsingen verständigte den Korpsführer, daß er auf die Hilfe der durch Infanterie verstärkten bayr. KD. rechnen könne, die von Prinz Leopold an die Nahtstelle beider Heeresgruppen dirigiert und mit der Spitzenbrigade in Pniowno eingetroffen war. Diese Ulanenbrigade wurde auf Tobol herangezogen und griff abends in das den ganzen Tag andauernde Gefecht ein. Im vereinten Bemühen mit der 9. KD. vermochte man den hartnäckigen Feind, der teilweise auf dem linken Stochodufer Fuß gefaßt hatte, am weiteren Ausbreiten zu behindern und hart an den Flußrand zurückzudrängen. GO. Linsingen, dem mittlerweile von der DOHL. die Gruppe Gronau wieder unterstellt worden war, mußte besorgen, daß seine kaum geschlossene Abwehrfront durch einen ungestümen Ansturm der Russen neuerlich in Brüche gehen könnte, und trachtete daher, das Reiterkorps Hauer möglichst widerstandsfähig zu machen. Am späten Abend wurde dem GdK. Hauer der Befehl über die deutsche 37. IBrig., die bayr. KD., GLt. v. Hellingrath, und über die Polnische Legion mit der Aufgabe übertragen, den Abschnitt Stobychwa— Siedliszcze gegen alle feindlichen Angriffe zu halten.

Kaledin hatte seine Korps, vom I. bei Świdniki angefangen bis zum I. turk. vor Hulewicze, desgleichen Lesch seine Truppen nördlich der Bahnstrecke, überall an die Stochodfront des Gegners herangebrachtx).

Die festhaltende Mitte der Heeresgruppe Linsingen und der letzte Vorstoßversuch der Armeegruppe Marwitz

(4. bis 9. Juli)

Bei der Mitte der Heeresgruppe Linsingen trat am 4. Juli, ausgelöst durch den Befehl des Generalobersten vom Vortage (S. 545), wieder der Stellungskrieg in seine Rechte. Man baute Verteidigungsanlagen und Hindernisse aus. Um dem Korps Lüttwitz das Bilden der aus Teilen der beiden deutschen Divisionen zusammengesetzten 37. IBrig. zu erleich*) B a 1 u j e w, 70 f.

tern, wurde das IR. 94 der öst.-ung. 29. ID. im Bereiche der deutschen 19. ID. zwischen Woronczyn und Trysten eingesetzt. Der Nebenangriff gegen Władimir-Wołyński, den Kaledin, den Absichten Brussilows gemäß, am 4. zugleich mit dem Schlage gegen die Styrfront bei Kolki ansetzen sollte (S. 535), trat kaum in Erscheinung. Denn auch die russischen Streitkräfte hatten durch die bisherigen Kämpfe sehr gelitten; das XXXX. Korps mußte durch die 50. ID. des V. sib. Korps gestützt werden. So kam es nur zu einem schwächlichen Anfall gegen die k.u.k.

4. Armee, den die 13. SchD. und der Anschlußflügel der 2. ID. abweisen konnten, ohne daß die durch GO. Tersztyánszky eingeleitete Umgruppierung der Truppen merklich gestört worden wäre. Bis zum 5. war die Streckung der Front vollendet, bei der Szurmay die 11. ID. an seinem neuen Südflügel zwischen der 70. HID. und der 10. KD. einschob. Die 26. SchBrig. war am 7. als Armeereserve bei Kol. Dubrowa versammelt. Da sich Kaledin auf Geheiß seines Oberbefehlshabers seit dem 8. in der Richtung Władimir-Wołyński auf die bloße Verteidigung zu beschränken hatte (S. 590), verlegte man sich auf beiden Seiten auf Feuerüberfälle und gelegentliche Erkundungsunternehmen.

Die russische 11. Armee konnte, solange sie dem westlich des Styr-flusses vordrängenden Gegner keine festen Schranken gezogen hatte, nicht zum Hauptangriff auf Brody schreiten (S. 541). Gen. Sacharow richtete daher, indem er nach und nach das ganze V. Korps im Frontraume des XLV. einsetzte, am 4. gegen die 7. ID. sowie besonders gegen die zwei anschließenden deutschen Divisionen der Armeegruppe Marwitz heftige Gegenstöße1). Die zwei jenseits vom Styr vor Werben liegenden Regimenter der 46. SchD., schon während der Nacht bedrängt, wurden durch die 101. RD. des XXXII. Korps gleichfalls scharf angegangen. Sie hielten aber nicht nur tapfer Stand, sondern nahmen dem Feinde sogar über 700 Gefangene ab. Auch am 5. wiederholten die Russen ihre Anstürme auf dem Gefechtsfelde nördlich der Lipa. So war die Absicht des GdK. v. der Marwitz, die Vorbewegung seiner Angriffskräfte nicht zu unterbrechen (S. 544), durch den Feind zunächst vereitelt worden. Die Armeegruppe mußte in die Abwehr fallen und am 5. abends auch die 61. ID. verhalten, den aussichtslosen Kampf vor Szklin einzustellen und sich einzugraben. GdK. Falkenhayn hatte unterdessen die durch die deutsche 9. KD. vor Pustomyty abgelöste 43. RD. dem Ostflügel zugeführt; sie wurde in der Nacht auf den 6. westlich von Dubowyja Korczmy zwischen der deutschen 108. und der öst.-ung.

1j Tscherkassow, 180.

48. ID. In die Front gestellt. Das Reiterkorps Leonhardi, das am 4. mit drei Brigaden hinter dem rechten Flügel der 7. ID. eingetroffen war, hatte hier nur einen geringen Bruchteil seiner Streiter als Flankenschutz der Armeegruppe an das Styrufer ausgeschieden und die Hauptkraft in Reserve genommen. Nun war das Schwergewicht der Armeegruppe völlig auf die Mitte und den rechten Flügel verlegt. Bevor GdK. v. der Marwitz zu neuem Angriff schritt, der für den 6. in Aussicht genommen war, regelte er die Befehlsbefugnisse. Er selbst behielt sich die Führung des Korps Leonhardi, der k.u.k. 7., der 22. und der 108. ID. der Deutschen sowie der am äußersten linken Flügel stehenden deutschen 9. KD. vor, während die deutsche 43. RD., die 48. und die 61. ID., endlich die halbe 7. KD. als Korps Falkenhayn zusammengefaßt wurden. Die hochsommerliche Hitze beeinträchtigte indessen die Leistungsfähigkeit der Truppen derart, daß der Angriff auf den 7. verschoben werden mußte.

Als Einleitung sollte FML. Leonhardi mit zwei Kavalleriebrigaden und einem Bataillon der 7. ID. bereits am 6. abends östlich von Michaj-łowka längs des linken Styrufers vorstoßen. Das Unternehmen gelang jedoch nicht und kam auch am nächsten Tage bald zum Stehen. Von den sechs Infanteriedivisionen, die am 7. morgens ins Gefecht traten, vermochten nur die in der Mitte des Stoßkeiles stürmenden Deutschen das V. Russenkorps, das den Raum des abgekämpften XLV. eingenommen hatte, und die 6. sib. SchD. westlich von Zloczewka und über Du-bowyja Korczmy zurückzudrücken1); die Ausnützung des angebahnten Erfolges mußte jedoch unterbleiben. GO. Linsingen brauchte Reserven für seinen Nordflügel und befahl abends auch der Armeegruppe Marwitz, die Offensive abzubrechen und zur Verteidigung überzugehen. GdK. v. der Marwitz wählte daraufhin als Hauptwiderstandslinie die am Morgen innegehabten Ausgangsstellungen und ließ den Feind am

8. noch durch Scheinangriffe bedrohen. Die 11. KBrig. rückte wieder zu der vor Błudów stehenden 7. KD. ein. Über Nacht wurde die deutsche 108. ID. aus der Front gezogen — die Nachbarn mußten sich entsprechend ausdehnen — und zu den Verladebahnhöfen Stojanów und Sokal dirigiert. Am nächsten Tage mußte eine weitere Umgruppierung angeordnet werden. Auch die deutsche 9. KD. (ohne die 2. GK-Brig.) war auf Befehl Linsingens nach Kowel in Marsch zu setzen. Zur Ablösung zog Marwitz die 18. KBrig. der 4. KD. heran und beließ nur mehr die 21. KBrig., Obst. Gf. Spannocchi, zwischen der 7. ID. und der

46. SchD. am Styr als Flankensicherung. Sämtliche Kavalleriekörper Klembów ski, 67. — Tscherkassow, 180.

am linken Flügel der Armeegruppe hatte FML. Leonhardi ab 11. Juli in seinem Korpsverband zu vereinen. Dem anschließenden Korps Falkenhayn verblieben die schon unterstellten drei Infanteriedivisionen.

Gen. Sacharow sah sich durch die verlustreichen Kämpfe gleichfalls gezwungen, von einem angriffsweisen Vorgehen seiner Armee nach dem Rate des Stabschefs der Südwestfront ,,bis zum Eintreffen eines neuen Korps“ abzusehen. Nach dem XLV. Korps mußte auch die sehr geschwächte 6. sib. SchD. aus der Gefechtslinie zurückgenommen und sodann wegen Mangels an Gewehren und Munition mit öst.-ung. Beutevorräten ausgerüstet werden. In der Front wurden die Sibiriaken durch die von der 8. Armee abgetretene 50. ID. ersetzt, so daß sich nunmehr das ganze V. sib. Korps im Verbände der 11. Armee befand1).

Neue Russenstürme gegen den südlichen Heeresflügel

(4. bis 10. Juli)

Hiezu Beilagen 24 und 27 Die Schlacht bei Kolomea (zweite Phase)

(4. bis 6. Juli)

Am 4. Juli nachmittags suchte die russische Gruppe Gen. Promtow in der Bukowina abermals gegen das XI. Korps vorzugehen. Östlich von Kirlibaba drang am Abend eine aus Kavallerie zusammengesetzte Stoßgruppe in die Höhenstellungen der 10. IBrig. ein. Promtows Reiterei wurde durch einen rechtzeitigen Gegenstoß örtlicher Reserven des GM. Kaltenborn zurückgeworfen und mußte von ihrem Vorhaben ablassen, in das Tal der Goldenen Bistritz einzubrechen.

Beim Kavalleriekorps Brudermann stand die 3. KD. am 4. noch im Raume westlich und südlich von Krzyworównia und hütete die Wege, die aus dem Tale des oberen Czarny Czeremosz nach Ungarn führen. In diesem schwierigen Gelände fühlte bisher nur schwächerer Feind gegen die ungarische Grenze vor. Die 8. KD. hatte sich, Sicherungen auf den Gebirgspfaden und auf den Bergrücken zwischen Żabie und Kosmacz zurücklassend, auf Worochta zurückgezogen. Von den Waldhöhen westlich von Berezów Wż. war eine schwache Flankengruppe Benignis vor vordringendem Feind in der Richtung auf Dora ausgewichen. Russische Kavallerie mit beigegebener Infanterie brach

J) Klembów ski, 67 und 69.

In das geöffnete Połonicatal ein und gewann die Straße und die Eisenbahnlinie, die auf den Jablonicapaß führen, ehe die zwischen dem Kavalleriekorps Brudermann und dem Korps Benigni aufklaffende Lücke durch die 8. KD. und die vom Korps Benigni nach Süden abgezweigte

9. IBrig. geschlossen werden konnte.

Auf den Höhen östlich von Osławy Białe hatten sich die Russen im Verlaufe des 4. an den rechten Flügel Benignis herangeschoben. Dorthin sandte GO. Pflanzer-Baltin Teile der neuangekommenen 59. ID., um die nach verlustreichen Kämpfen erschöpften Regimenter der 24. ID. und die Überreste der 51. HID. freizumachen. Die übrigen Truppen der 59. ID. wurden im Pruthtale bei Delatyn bereitgestellt. Nordöstlich von Osławy Białe und bei Sadzawka war die Mitte des Korps Benigni neuen heftigen Angriffen ausgesetzt. Die 44. SchD. behauptete sich mit anerkennenswerter Zähigkeit. Bei der 30. ID. drangen die Russen am Abend in die Stellungen ein. Teile des deutschen IR. 129 und das k.u.k. FJB. 18 warfen sich in die Bresche und stellten die Lage wieder her.

Während das XI. und das XII. Korps der Russen über Osławy Białe und den Pruth entlang auf Delatyn durchzubrechen versuchten, griff die Stoßgruppe Kraewel (6. KD., deutsche 119. und 105. ID., Gruppe GM. Leide) am 4. um Mittag abermals Letschitzkis Nordflügel an. Teile der 5. HKD. und die 21. SchD. der Gruppe FML. Hadfy schlossen sich diesem Vorgehen an und erreichten, ohne allzu starken Widerstand zu finden, Chlebiczyn Leśny. Die zwei deutschen Divisionen gelangten unter heftigen Kämpfen bis über Chocimierz hinaus und in die Gegend nordöstlich von diesem Orte, während die Gruppe GM. Leide ihre alten Stellungen bei Isaków zurückeroberte.

Nun sollten die Gruppen Hadfy und Kraewel bis in die Linie Majdan Graniczny—Korszów—Żuków—Nieżwiska vorstoßen. Zur Durchführung dieses Angriffes kam es jedoch nicht mehr. Letschitzki fiel am 5. mit dem Hauptteil seiner Streitkräfte (XXXIII., XLI., XII., XI. Korps) die Front der k.u.k. 7. Armee zwischen Dniester und Karpathen wuchtig an. Der russische Angriff war auf Tłumacz und auf Delatyn gerichtet. Zugleich wollte Letschitzki den Gegner über Miku-liczyn von Süden umgehen1).

Mit der aus Teilen der 1. DonKosD. und aus Infanterie des XI. Korps zusammengesetzten russischen Umfassungsgruppe stieß am

5. die von Tatarów aus angesetzte k.u.k. 8. KD. zusammen. Sie mußte von Mikuliczyn wieder ein Stück nach Süden zurückweichen, klammerte x) B i d o u, 164 ff. — K1 e m b o w s k i, 60 ff.

sich aber hart südlich der Ortschaft fest und wartete auf das Eingreifen der von Norden angesetzten Gruppe Obst. Rudolf Klein (Teile der

9. IBrig.). Zwischen Oslawy Białe und dem Pruth wurde Benignis Südflügel am 5. zeitlich früh noch bei Dunkelheit angegriffen. Die in diesem Abschnitt eingeschobene 44. SchD. vermochte sich im erbittertem Ringen der neuen Russenstürme zu erwehren. Am Vormittag er-öffneten die Russen gegen den linken Flügel des Korps Benigni auf der Hügelflur von Majdan Graniczny ein heftiges Geschützfeuer. Aus der Front Korszów—Zuków—Nieżwiska entwickelten sich um dieselbe Zeit gegen die Gruppen Hadfy und Kraewel starke Angriffe. Die

21. SchD. machte sich durch einen kurzen Vorstoß nordöstlich von Chlebiczyn Leśny Luft. Schwer rang die deutsche 119. ID. um Choci-mierz. Sie vermochte dem russischen Drucke standzuhalten. Die Gruppe Leide mußte dem Feinde Raum geben und wich fechtend von Isaków gegen Olesza zurück.

So lagen die Hauptstreitkräfte Pflanzer-Baltins in heftige Kämpfe verstrickt, als der Thronfolger, FML. Erzherzog Karl Franz Joseph, am 5. Juli um llh vorm. in Chodorów, dem Standorte des 12.Armee-kmdos., eintraf. Von der geplanten Überweisung der Gruppe Kraewel und des XIII. Korps an die am Dniester neuzuformende Durchbruchsarmee wurde unter diesen Umständen vorläufig abgesehen. Auch wurde die beabsichtigte Bezeichnung „Heeresgruppe FML. Erzherzog Karl“ einstweilen nicht angewendet. Das neuaufgestellte 12. Armeekmdo. übernahm jedoch die Befehlsgewalt über die 7. und über die Südarmee.

In dem Bestreben, übereiltes Ausspielen der Reserven zu verhüten, legte der Erzherzog-Thronfolger in seiner ersten, um Mittag an den GO. Pflanzer-Baltin erlassenen Weisung Hand auf die im Pruthtale bei Delatyn bereitgestellten Reserven. Allein die Ereignisse durchkreuzten die Absichten der höheren Führung. Am Nachmittag schlugen die Russen bei Majdan Graniczny in die Linien der 30. ID. und der 42. HID. eine Bresche. GO. Pflanzer-Baltin erteilte dem FZM. Benigni den Befehl, in der Linie Osławy Białe—Łanczyn und auf den Höhen östlich von Majdan Srd. neuen Widerstand zu leisten, falls die bei der Gruppe Šnjarič eingedrungenen Russen nicht zurückgeschlagen werden könnten. Die Gruppe Hadfy hatte dann ihren rechten Flügel im Anschluß an das Korps Benigni abzubiegen. Da schien aber auch diese Front schon durchbrochen zu sein, denn vom FML. Šnjarič kam gegen Abend die Meldung, daß der Russe über die Höhen auf Majdan Srd. vordringe. In dieser bedrohlichen Lage wurden von Pflanzer-Baltin und von Benigni alle im Pruthtale bei Delatyn und auch bei Osławy Białe verfügbaren Reserven in ermüdenden Märschen zur Gruppe Šnja-rić herangeholt. Es waren dies zwölf Bataillone von vier verschiedenen Divisionen, das IR. 9 der 24. ID., das SchR. 21 der 44. SchD., das IR. 97 der 36. ID. und Teile der 59. Division. Aus diesen Kräften sollte in der Gegend nördlich von Łanczyn eine Stoßgruppe unter GM. Jesser gebildet und mit ihr am 6. in der Richtung Nordost angegriffen werden. Drang der Feind über Majdan Srd. węiter nach Westen vor, so bot sich die Möglichkeit, ihn in der Flanke zu fassen. Da nach den vorliegenden Meldungen der russische Einbruch bedeutend erschien, erklärte sich auch das 12. Armeekmdo. mit dem geplanten Vorstoß einverstanden. Sollte jedoch ein Erfolg ausbleiben und durch weitere russische Angriffe ein Rückzug nötig werden, dann hatte Pflanzer-Baltin die Orte Delatyn und Nadworna sowie eine Stellung am Woronabach zu halten.

Am 6. zeitlich früh erneuerte der Russe den Angriff südlich vom Pruth. Das Kärntner GbSchR. 1 und das oberösterreichische SchR. 2 standen fest und schlugen abermals in heldenhaftem Ringen alle Angriffe ab. Vergebens suchte Letschitzkis Umfassungsgruppe, dem noch immer zwischen Osławy Białe und Sadzawka zäh festhaltenden Südflügel Benignis durch das Gebirge in den Rücken zu kommen. Die Russen waren zwar in Mikuliczyn eingedrungen und hatten die wichtige Bahnlinie über den Jablonicapaß durchschnitten, sahen sich aber am

6. von der 8. KD. von Süden und von der 9. IBrig. von Norden her in die Zange genommen. Die k.u.k. Heeresleitung verfolgte die Entwicklung dieser Kämpfe im Hinblick auf die allenfalls mögliche Einkreisung der auf Mikuliczyn vorgebrochenen russischen Gruppe mit großer Aufmerksamkeit. Als am Nachmittag ein Höhenrücken nordöstlich von Mikuliczyn schon als von unseren Truppen besetzt gemeldet wurde, drängte die Heeresleitung auf scharfes Vorgehen und auf Zusammenwirken der zur Vertreibung des Feindes angesetzten Kräfte. Dementsprechend wurden die Korps Brudermann und Benigni von GO. Pflanzer-Baltin angewiesen. Allein die Kämpfe nahmen in dem bewaldeten Gebirgsgelände einen schleppenden Gang. Immerhin konnten von den ermatteten Truppen der 8. KD. und der 9. IBrig. Fortschritte erzielt werden. Der Feind wurde bei Mikuliczyn festgehalten, und damit ein Einbruch in den Rücken des Korps Benigni verhindert.

Am 6. vormittags war FML. Erzherzog Karl Franz Joseph mit Obst. Waldstätten nach Bohorodczany zum 7. Armeekmdo. gefahren, um sich über die Geschehnisse seit dem verhängnisvollen Durchbruche bel Okna unterrichten zu lassen. Der Erzherzog-Thronfolger begab sich mit dem GO. Pflanzer-Baltin zum VIII. Korpskmdo. und zum Gruppenkmdo. Šnjarič. Die Stoßgruppe GM. Jesser hatte um diese Zeit die Bereitstellung der Artillerie noch nicht beendet. Es ergab sich, daß die Meldungen über den Einbruch der Russen bei Majdan Graniczny die Lage ernster dargestellt hatten, als sie war. Der Feind war vor dem Nordflügel der Gruppe Šnjarič wieder ein Stück zurückgegangen. Auch bei den Gruppen Hadfy und Kraewel hatte der russische Druck nachgelassen. So war es begreiflich, daß Pflanzer-Baltin sich fragte, ob nicht der Angriff des GM. Jesser zu einem Luftstoß führen werde; man entschloß sich aber, das Unternehmen durchführen zu lassen.

Als GM. Jesser um 41* nachm. am Nordflügel Benignis nach Artillerievorbereitung den Angriff angesetzt hatte, da geschah etwas Unerwartetes. Von den Höhen östlich von Osławy Białe stürzten sich Sturmhaufen des russischen XI. Korps auf die ermattete 24. ID., durchbrachen die Stellungen des galizischen IR. 45, nahmen die Überreste des dort noch eingesetzten HIR. 300 gefangen und faßten die links benachbarte 44. SchD., die sich aller bisherigen Anstürme tapfer zu erwehren vermocht hatte, in Flanke und Rücken. Abends schlug der Russe im Abschnitt der 30. ID. bei Sadzawka Bresche. Nun mußten alle noch hinter der Feuerlinie der Stoßgruppe Jesser stehenden Kräfte — es waren dies insgesamt fünf Bataillone — nach Süden geworfen werden, um die im Pruthtal vordringenden Russen aufzuhalten. Der Gegenstoß dieser Gruppe scheiterte im chaotischen Kampfe. Südlich vom Pruth stieß der Feind mittlerweile über Osławy Białe in der Richtung auf Zarzycze. In solcher bedrohlichen Lage blieb dem FZM. Benigni nichts anderes übrig, als das Unternehmen der Stoßgruppe Jesser abzubrechen und die auf seinem Südflügel völlig durchmengten Truppen vom Feinde loszureißen und auf das nördliche Pruthufer zurückzunehmen. Er bildete zwischen Łanczyn und Delatjm im Aufträge Pflanzer-Baltins eine Abwehrflanke. Das IR. 93 der am Südflügel zur Unterstützung der 8. KD. auf Mikuliczyn angesetzten Gruppe Obst. Klein wurde nach Zarzycze herangezogen. Das IR. 1 hielt bei Dora den Zusammenhang mit dem Kavalleriekorps Brudermann aufrecht.

In einer noch am 6. erlassenen Weisung an das 7. Armeekmdo. bemerkte die Heeresleitung, daß durch das Heranholen der Reserven an den Nordflügel Benignis der Rückschlag bei Osławy Białe verschuldet worden sei. Aus dieser Darlegung las GO. Pflanzer-Baltin einen schweren Vorwurf heraus. Er dachte daran, um die Enthebung von seinem Kommandoposten zu bitten und meldete am nächsten Tage nach Teschen, daß die am 5. abends vorliegenden ernsten Meldungen die Entsendung der Reserven zur Gruppe Snjarić gefordert hätten, was auch vom 12. Armeekmdo. gebilligt worden sei. Zugleich frug PflanzerBaltin bei der Heeresleitung an, ob man das Vertrauen zur Führung der 7. Armee verloren habe. Die Heeresleitung antwortete, daß sie mit ihrer Weisung nur dartun wollte, welche Wirkung die übertriebene Nachricht über den unbedeutenden Einbruch der Russen bei Majdan Graniczny auf die Entschlüsse der Führung ausgeübt habe. Mit Entschiedenheit wurde darauf gedrungen, die „durch zweijährigen Krieg und harte Kämpfe des letzten Monats verbrauchte Zuversicht der Unterführer zu stärken“. Auch sollten die stark durcheinander gekommenen Verbände geordnet werden.

Schtscherbatschews Angriff bei Barysz und bei Monasterzyska

(4. bis 10. Juli)

In den ersten Julitagen mehrten sich die Anzeichen, daß nun der schon seit längerem erwartete russische Angriff am Baryszbach losbrechen werde. Bei Zubrzec hatte sich feindliche Infanterie an die Stellungen der 2. KD. herangegraben. Am 4. um 4h früh eröffnete die Artillerie des II. Russenkorps das Wirkungsschießen gegen die Mitte des k.u.k. XIII. Korps. Durch das immer stärker werdende vielstündige Geschützfeuer wurden die Gräben der Verteidiger stark beschädigt. Um 2h nachm. schritt die russische 43. ID. zwischen Zubrzec und dem Orte Barysz zum Angriff und es gelang ihr, westlich von Zubrzec die 2. KD. zu durchstoßen. Bald darauf erfolgte auch am Südflügel der 36. ID. bei Barysz ein Einbruch1). Die Russen drückten die Mitte des XIII. Korps auf der Front zwischen Porchowa und Wierzbiatyn ein; doch vermochten die geschlagene 2. KD. und die anschließenden Flügel der 15. und der 36. ID. in einer hinteren Stellung, die etwa einen Kilometer westlich der ersten lag, wiederum standzuhalten. GdI. Rhemen stellte seine Korpsreserven — insgesamt sechs Bataillone — in der Gegend von Pużniki zum Gegenstoß bereit. Diese Gruppe setzte gegen Abend in der Richtung auf Zubrzec den Angriff an und eroberte einen Teil der verlorenen Gräben am Baryszbach zurück. Inzwischen nahten neue Reserven. Es

i) K 1 e m b o w s k i, 67.

waren fünf Bataillone der 39. HID., die GdI. Arz im Aufträge Bothmers aus dem Raume südöstlich von Podhajce nach Bertniki beordert hatte. Nachts gruppierten sich diese Kräfte zum Gegenstoß auf Barysz; sie wurden indes am 5. morgens von der russischen Artillerie heftig beschossen und vermochten nur geringen Raumgewinn zu erzielen.

Am 5. nachmittags schwoll die russische Kanonade im Kampfabschnitt südlich der Eisenbahn nach Monasterzyska zum Trommelfeuer an. Die feindliche Infanterie durchbrach die 36. ID. und die in ihren Reihen fechtenden Teile der 38. und der 39. HID. auf den Höhen westlich von Barysz. Der ganze Nordflügel des Korps Rhemen kam dadurch ins Wanken und wich unter ansehnlichen Verlusten in den Koropiec-abschnitt zwischen Zalesie und Słobódka Dl. zurück. Dadurch sah sich GdI. Arz gezwungen, den rechten Flügel der 12. ID. nördlich der Bahnlinie nach Westen abzubiegen. Die Russen drängten nach und fielen noch am Abend nach starkem Artilleriewirken den zurückgenommenen rechten Flügel des Korps Arz an. Auch russische Kavallerie versuchte vorzureiten, ihre Attacken zerschellten aber an dem Feuer unserer Artillerie. Wo die russische Infanterie in die gegen Südosten gerichtete Riegelstellung der 12. ID. eindrang, wurde sie noch nachts wieder zurückgeschlagen.

Am Südflügel des XIII. Korps hatte die 15. ID. bis zum 5. abends von Porchowa bis zum Dniester noch in ihren alten Stellungen am Baryszbach, mit Teilen in der Delawaschlinge gehalten. Wegen des inzwischen bei der 36. ID. und auch bei der Gruppe GM. Leide eingetretenen Rückschlages wurde die 15. ID. in der Nacht auf den 6. in eine befestigte Linie hinter den unteren Koropiec, abwärts von Zalesie, zurückgenommen. In der Dniesterschlinge nördlich von Odaje wurde die Verbindung mit der zurückgedrängten Gruppe Leide hergestellt. Die deutsche 1. RD. hatte GdI. Bothmer bei Podhajce bereitgehalten. Er setzte diese Division nach Monasterzyska in Marsch, um mit ihr nach Südosten vorzustoßen, falls die Russen über den unteren Koropiec-bach Vordringen und das XIII. Korps weiter zurückdrängen würden.

Am 6. suchte Schtscherbatschew bei Kurdwanówka an der Nahtstelle zwischen dem VI. Korps und der deutschen 48. RD., bei Bohat-kowce gegen das Korps Hofmann und bei Kozłów gegen das IX. Korps vorzustoßen. Alle diese Teilangriffe, offenbar zur Fesselung der Reserven Bothmers unternommen, wurden schon durch das Artilleriefeuer der Verteidiger abgewiesen. Das russische II. Korps schob sich indessen langsam gegen den Koropiecbach heran. Da die deutsche 1. RD. bei

Monasterzyska eingetroffen war, durfte die erfolgreiche Abwehr eines neuerlichen Einbruches der Russen am schwachen Südflügel Bothmers erhofft werden.

Am 7. Juli setzte Schtscherbatschew den Angriff beiderseits der Bahn von Buczacz nach Monasterzyska fort. Gegen den Nordflügel des XIII. Korps versuchten schwächere Kräfte der russischen 26. ID. unter dem Schutze von Panzerautos vorzugehen. Die russische Infanterie wurde schon durch das Feuer unserer Geschütze wieder zurückgetrieben. Nach Artillerievorbereitung begann um 2h nachm. der Angriff des russischen XVI. Korps gegen die 12. Division. Bei Folw. Okopy (nordöstlich von Monasterzyska) gelang es den Russen, das IR. 20 imter ansehnlichen Verlusten aus seinen Stellungen zu verdrängen1). Den Rückschlag vermochte aber das deutsche RIR. 3 im Gegenangriff von Nordosten her wieder wettzumachen. Dieses Regiment eroberte die verlorenen Stellungen zurück. Der Einsatz eines weiteren Bataillons der deutschen 1. RD. in eine Lücke zwischen dem RIR. 3 und den am linken Flügel des Korps Arz stehenden Truppen der 12. ID. verhinderte nachts einen neuen Einbruch der Russen. Im Abschnitt von Kurdwanówka bis Kotuzów schlugen die deutsche 48. RD. und die k.u.k. 131. IBrig., GM. Blum, Vorstöße der 3.finn. SchD. ab. Die Verteidiger wurden auch bei diesen bis spät in die Nacht andauernden Kämpfen von der Artillerie wirksam unterstützt.

Am 8. Juli sah Gen. Schtscherbatschew seinen Angriff gegen die zwischen Koropiec und Strypa gegen Südosten gerichtete Front des Korps Arz, der deutschen 48. RD. und der Brigade Blum wieder versanden. Der Artilleriekampf blieb hier und beim XIII. Korps in den folgenden Tagen andauernd lebhaft. Beim Korps Hof mann und am Südflügel des IX. Korps herrschte, von unbedeutenden Kämpfen abgesehen, Ruhe. Bei der 32. ID. kam es am 7. und am 8. bei Hładki im Serethgrund zu einem verlustreichen Minenkampf. In der Mitte der Armeefront Bothmers lagen indessen Anzeichen für die Wahrscheinlichkeit eines neuen feindlichen Angriffes vor. Hinter der russischen Front wurden durch die Luftaufklärung Truppen beobachtet, die von Buczacz auf Jezierzany anmarschierten. Im ganzen waren zwischen Barysz und Sokołów in dichter Aufstellung neun russische Divisionen — das II., das XVI. und das XXII. Korps, die 3. turk. SchD., die 113. RD. und anscheinend auch die 37. ID. des XVIII. Korps — festgestellt.

Auch zwischen Sereth und Styr schienen die Russen angreifen zu

x) Klembowski', 67.

wollen. Vor der Front der k.u.k. 2. Armee hatten in den ersten Julitagen lebhafte russische Truppenbewegungen stattgefunden. Bei Rudnia, bei Werba, bei Dubno und bei Kremieniec versammelten sich feindliche Kräfte. Die vorliegenden Nachrichten ließen darauf schließen, daß das russische V. Korps mit der Bahn nach Dubno gefahren und an der Strecke nach Radziwiłow ausgeladen wurde. In Erwartung eines bevorstehenden großen Angriffes auf Brody erteilte die Heeresleitung am 2. dem GO. Böhm-Ermolli den Befehl, Reserven in der Stärke einer Infanteriedivision hinter dem linken Flügel der Gruppe Kosak bereitzustellen. Mit dem Hinweis auf die gemeinsame Aufgabe der 2. und der 1. Armee, einen Einbruch der Russen über Brody auf Lemberg zu verhindern, stellte GO. Böhm-Ermolli in Teschen den Antrag, die 1. Armee mit dem XVIII. Korps und mit der 46. SchD. wieder unter seinen Oberbefehl zu stellen. Aber die Heeresleitung ging darauf nicht ein, sondern verfügte am 3., dem Wunsche des GO. Linsingens entsprechend, daß im Falle eines russischen Angriffes bei Radziwiłow dem FML. Kosak die

1. LstlBrig. und alle hinter den inneren Flügeln der 1. und der 2. Armee vorhandenen Reserven unterstellt werden sollten. Griffen die Russen weiter nördlich, etwa im Kampfabschnitt der 25. ID. an, dann habe das XVIII. Korpskmdo., an das Kosak alle verfügbaren Reserven abzugeben hatte, die Abwehr zu leiten.

FML. Kosak hielt im Raume bei Brody und südlich davon eine aus den Infanterieregimentern 83 und 85, aus vier Schwadronen und aus einer Feldkanonendivision zusammengesetzte Brigade unter Obst. v. Watterich und außerdem das IR. 76 bereit. Als Armeereserve Böhm-Ermollis stand das IR. 12 bei Podkamien. Vom 5. Juli an lebte bei der Gruppe Kosak eine rege Kampftätigkeit der Russen auf. An vielen Stellen suchten feindliche Patrouillen vorzugehen. Am 7. wurden die Vorpostenstellungen der 27. ID. bei Leduchow, allerdings ohne Erfolg, angefallen. Der mit Bestimmtheit erwartete große Angriff auf Brody blieb aber vorläufig aus. Sacharow hatte das neuangekommene V. Korps auf seinem hart bedrängten Nordflügel einsetzen müssen (S. 593).

Kämpfe in den Karpathen vom 7. bis zum 10. Juli

Große Sorgen bereiteten den verbündeten Heeresleitungen die Ereignisse südlich vom Dniester. Durch die andauernden Angriffe

Letschitzkis war die Ausführung des Planes, am Dniester eine neue Durchbruchsarmee zu bilden, bisher unmöglich gewesen. Die 105. und die 119. ID. der Deutschen waren in die Abwehr zurückgeworfen worden. Die 44. SchD. und die 59. ID. hatten am Pruth als Lückenfüller verwendet werden müssen. Auch schien es ausgeschlossen, bei der Heeresgruppe Linsingen für den südlichen Heeresflügel Truppen freizumachen, da die Russen südlich und nördlich des Pripiatj eine große Offensive begonnen hatten. Alle erlangbaren deutschen Verstärkungen mußten, damit die deutsche Heeresfront nördlich der großen Sumpfzone nicht von Süden aufgerollt werde, zur Verteidigung der Stochod-linie herangezogen werden. Damit war es sehr zweifelhaft geworden, ob es in absehbarer Zeit gelingen werde, auf dem Südflügel einen Umschwung herbeizuführen. Konnte sich die 7. Armee der Russenflut am Pruth nicht mehr erwehren, dann mußten auch die nördlich vom Dniester noch festgehaltenen Linien aufgegeben werden.

Die Armee Pflanzer-Baltin war durch die hin- und herwogenden Stellungskämpfe erschöpft, die Stände schmolzen in immer rascherem Zeitmaße dahin. Der Feind stand schon vor Delatyn, er bedrohte von Mikuliczyn her den Jablonicapaß und war tief in die Bukowina eingedrungen. Damit war der nördlichste Zipfel Rumäniens von russischen Truppen umstellt. War nicht zu befürchten, daß dieses Land baldigst den schon lange drohenden Beitritt zur Entente vollziehen werde? In dieser ernsten Kriegslage war es dem GO. Conrad sehr willkommen, daß sich Falkenhayn am 6. Juli bereit erklärte, Enver Pascha aufzufordern, mit türkischen Truppen an dem Kampfe in Galizien teilzunehmen. Dem GdI. Falkenhayn galt es vor allem, zu verhindern, daß russische Kräfte nach Ungarn eindrangen. Zur Verteidigung der aus den Tälern des Czarny und des Bilyj Czeremosz sowie aus dem Quelltal des Pruth über die Höhen des Karpathenkammes führenden Wege genügten das Kavalleriekorps Brudermann und die auf den Pässen stehenden schwachen Landsturmformationen nicht. Falkenhayn verlangte daher durch den bevollmächtigten deutschen General im öst.-ung. Hauptquartier die Verstärkung der Karpathensicherungen durch Gebirgstruppen aus Tirol.

Am 7. Juli meldete auch FML. Erzherzog Karl Franz Joseph der Heeresleitung, daß der Zustand der 7. Armee dringend die Zuführung wenigstens einer kampfkräftigen Division erfordere. Die neuangekommenen beiden Divisionen (44. SchD. und 59. ID.) hätten die in den schon länger als vier Wochen andauernden Kämpfen erlittenen Verluste nicht wettmachen können1). Die 5., die 24., die 30., die 42. und die 51. Division hätten nur mehr die Gefechtsstärken von schwachen Regimentern. Der Erzherzog-Thronfolger hielt es für geboten, diese Truppen aus der Front herauszuziehen, um sie wieder kampffähig machen zu können.

Die Heeresleitung entschloß sich, der 7. Armee noch eine Division aus Tirol, die 34. ID., zukommen zu lassen. Angesichts der Rückschläge am Pruth erschien es aber zweifelhaft, ob diese erst vom 12. Juli an zurollenden Verstärkungen rechtzeitig eintreffen und die Armee Pflanzer-Baltin noch in einer Kampflinie östlich von Nadworna—Stanislau stützen würden, so daß auch die Armeen nördlich vom Dniester in ihren jetzigen Stellungen halten könnten. Unter solchen Darlegungen wandte sich GO. Conrad an die DOHL. mit dem Ersuchen um rasche Zuführung von deutschen Kräften. Er erbat sich die deutsche l.RD. oder die anrollende 5. RD. für die 7. Armee.

In dem Antworttelegramm, das noch am 7. in Teschen vorlag, teilte GdI. Falkenhayn mit, daß die deutsche 5. RD. bei Baranowicze zur Stützung des k.u.k. XII. Korps eingesetzt werden mußte. Mit einer Verschiebung der deutschen l.RD. zur 7.Armee erklärte er sich jetzt einverstanden, aber Bothmer konnte diese Division wegen der neuen russischen Angriffe bei Monasterzyska nicht abgeben. So schlug Falkenhayn vor, nötigenfalls eine Division der Gruppe Kraewel für den Südflügel der Armee Pflanzer-Baltin freizumachen. Er bat zugleich die k.u.k. Heeresleitung, alles zu tun, damit der Wille zum Widerstand bei den erschütterten Truppen gehoben werde. Mit den schon eingetroffenen Kräften — 44. und 59. Division — müsse die 7. Armee dem Feinde in der Abwehr gewachsen sein; er habe — so fügte Falkenhayn hinzu — die Zuversicht, daß der Führer der 7. Armee dies erreichen werde.

GO. Pflanzer-Baltin, für dessen abgekämpfte Armee vorläufig nichts geschehen konnte, suchte sich mittlerweile schon selbst zu helfen, indem er das XI. Korps trotz geringer Angriffskraft — es fehlte dem Korps nach dem verlustreichen Rückzug vom Pruth namentlich an dem für einen tiefen Stoß durch das schwierige Gebirgsland notwendigen Troß — aus dem Südzipfel der Bukowina vorgehen ließ. Man konnte zwar von diesem Unternehmen keinen entscheidenden Umschwung der mißlichen Lage der 7. Armee und darüber hinaus vielleicht auch keine

x) Nach russischen Quellen (Litwinow, 62) haben die Truppen Letschitzkis Ln der Schlacht bei Kolomea mehr als 80.000 Gefangene eingebracht, 84 Geschütze, 272 Maschinengewehre und 33 Minenwerfer erbeutet.

Wirkung auf Rumänien mehr erhoffen; immerhin aber konnte der Angriff des XI. Korps gegen die hinteren Verbindungen des auf Nadworna vorwärtsdrängenden Feindes die Aufmerksamkeit Letschitzkis auf sich ziehen und damit den bedrängten linken Armeeflügel entlasten.

Die von dem Kleinkrieg im Gebirge ermatteten Truppen des XI. Korps hatten sich unter den glücklichen Abwehrkämpfen gegen die nicht besonders starke russische Gruppe Gen. Promtow (103. RD.,

1. TerekKosD., 10. KD.) einigermaßen zu erholen vermocht. Schon am

4. Juli erteilte GO. Pflanzer-Baltin dem XI. Korps den Auftrag, ehestens mit der Hauptkraft in der Richtung auf Ivuty, mit einer Nebenkolonne über Gurahumora auf Oberwikow vorzustoßen. Am 6. früh setzte FML. Habermann, der neuernannte Befehlshaber des XI. Korps, die 79. HIBrig. auf den Höhen nördlich der Straße nach Pozoritta,    die    40.    HID.    auf

Moldawa und eine Seitenkolonne dieser Division das    Tal    der    Kirlibaba

entlang zum Angriff an.

Bei der 79. HIBrig. konnten etwa drei Kilometer Gelände gewonnen werden. Die 10. IBrig. wurde indessen auf den Höhen südlich und südwestlich von Breaza noch zurückgehalten. Sie führte dort ein Scheingefecht und suchte die vor dem linken Flügel des XI. Korps stehenden feindlichen Kräfte zu binden. Die 40. HID. fand zähen Widerstand südlich vom Gestüt Luczina, ihre linke Kolonne kam jedoch an der Straße nach Izwor bis über die Höhe Capul hinaus.

Am 7. und am 8. Juli setzte das XI. Korps den    Angriff    fort.    Der

linke Flügel der 79. HIBrig. und Teile der Landsturmgruppe Obstlt. Scholtz standen im Kampfe auf den Bergrücken nordwestlich von Vale-putna. Es gelang ihnen nicht, vorwärtszukommen. Da brachte die

10. IBrig. durch einen kühnen Angriff die Entscheidung. Das IR. 13 erstürmte eine über 1200 m hohe bewaldete Bergkuppe südwestlich von Breaza, vermochte auch diesen Ort zu nehmen und stieß, mit Teilen nach Osten einschwenkend, in den Rücken des Feindes1). Infolgedessen wichen die Russen auch vor der 40. HID. über die Moldawa zurück. Die Hauptkraft dieser Division drang bis auf die Höhen jenseits vom Orte Moldawa vor.

Am 9. stand bei Valeputna und bei Fundul Moldovi der Kampf auf dem rechten Flügel des XI. Korps. Das IR. 13 war im Vorgehen von Breaza in östlicher Richtung. Es war die Absicht des FML. Habermann, den im Raume von Pozoritta stehenden Feind zu umgehen und auf

1) Für tapferes, initiatives Verhalten bei diesem Angriffe wurde dem Oblt. Karl Ruziczka des IR. 13 das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens zuerkannt.

rumänisches Gebiet abzudrängen. Die 40. HID. stieß mit Teilen schon in das Quelltal der Suczawa auf Izwor vor. Nach diesen Erfolgen mußte aber FML. Habermann den günstig fortschreitenden Angriff abbrechen, da Kräfte an das bedrängte Kavalleriekorps Brudermann abgegeben werden mußten.

GO. Pflanzer-Baltin hatte diesem Korps die Verteidigung der Übergänge aus den Quelltälern des Czeremosz und über den Jablonicapaß nach Ungarn übertragen. Am 7. waren russische Kavallerie und auch Infanterie mit Geschützen in das Tal des Bilyj Czeremosz eingebrochen. Die 3. KD., die im Raume von Żabie sicherte, rückte mit ihren Hauptkräften durch das Tal des Czarny Czeremosz nach Süden ab, um die von Hryniawa nach Westen führende Straße zu decken und den anmarschierenden Feind zu vertreiben.

Die 8. KD. hatte noch am 6. abends auf den Höhenrücken südöstlich von Mikuliczyn etwas Gelände gewonnen. Diese Division wurde aber am nächsten Tag von überlegenen russischen Kräften — es waren dies anscheinend die 32. und die 82. ID. — von Norden und von Osten her angriffen. Das Vordringen des Feindes gegen den Jablonicapaß rief beim 7. Armeekmdo. begreifliche Sorge hervor. Die 6000 Karabiner des Kavalleriekorps Brudermann — so meldete GO. Pflanzer-Baltin dem 12. Armeekmdo. — reichten nicht aus, um einen Einbruch der Russen nach Ungarn zu verhüten. Es sei dringend geboten, Brudermanns Reiterei durch Infanterie zu verstärken. Wenn dies nicht möglich sei, dann müßten 5000 Streiter aus der Bukowina herangezogen werden.

Am 8. wich die 8. KD. vor überlegenem Drucke von Mikuliczyn auf Tatarów zurück. Die Lage war kritisch geworden. FML. Brudermann meldete, daß die Russen im Begriffe seien, mit stärkeren Kräften auf Körösmezö vorzudringen. Um rasch zu helfen und den Jablonicapaß halten zu können, blieb dem GO. Pflanzer-Baltin nichts anderes übrig, als die 202. HIBrig. aus der Bukowina nach Körösmezö heranzuführen. Trotzdem befahl er dem FML. Habermann, mit dem bedenklich geschwächten linken Flügel des XI. Korps den Angriff in der Richtung über Seletin auf Schipoth entschieden fortzusetzen. Dadurch sollte das Vorgehen des Feindes gegen die nordöstlichen Eingangspforten Ungarns unterbunden werden. Dem FML. Brudermann wurde auch der Befehl über die auf den Paßstraßen zwischen Borsa und Körösmezö stehenden Etappenbataillone, Gendarmerie- und Finanzwachabteilungen übertragen; von den ermatteten Reiterdivisionen aber wurden die höchsten Leistungen gefordert.

Am 9. Juli, als die 202. HIBrig. von Kirlibaba mit der Feldbahn nach Borsa übergeführt wurde, stieß die von der 40. HID. noch übriggebliebene 80. HIBrig. auf Izwor weiter vor. Dorthin hatten sich inzwischen auch Teile der durch das Tal des Bilyj Czeremosz gegen Borsa vorwärtsdrängenden 1. DonKosD. gewendet. Im Rücken dieses Feindes überquerten die Hauptkräfte der k.u.k. 3. KD. das Gebirge und stießen bei Jablonica auf eine zurückgelassene russische Flankensicherung, die das genannte Tal zu sperren vermochte. Von Izwor wich die 80. HIBrig. unter dem Drucke der Donkosaken auf das Gestüt Luczina und auf die Höhen nördlich davon zurück. Auch auf dem rechten Flügel des XI. Korps kam der Angriff ins Stocken. Die russische Gruppe Gen. Promtow hatte sich auf den Höhen östlich der Moldawa und bei Pozoritta aufs neue festgesetzt und Reserven dorthin gezogen1). Am 9. ging sie zu Gegenstößen über. FML. Habermann stellte den Angriff ein und ließ seine Truppen im Laufe des 10. in die Ausgangsstellungen auf den Höhen östlich der Goldenen Bistritz zurückgehen.

Während die Russen gegen die weitausgespannte Front des Kavalleriekorps Brudermann in den Karpathen vorwärtsdrängten, flauten auf dem linken Flügel der 7. Armee die Kämpfe ab. Am 8. Juli waren Vortruppen des russischen XI. Korps noch in Delatyn eingedrungen, der rechte Flügel der Armee Letschitzki vermochte aber nicht, über Czerem-chów, Chocimierz, Żywaczów weiter vorzustoßen. Die 9. Russenarmee hatte bei ihren Angriffen gegen das k.u.k. VIII. Korps und gegen die Gruppe Kraewel 70.000 Streiter verloren2). Im Hinblick darauf und auch wegen des unzureichenden Nachschubes an Munition mußte Letschitzki seinen erschöpften Streitkräften eine längere Ruhepause gewähren. GO. Pflanzer-Baltin nützte diese Zeit, in der nur kleinere Kämpfe bei Delatyn und weiter nördlich stattfanden, zum Ordnen der durchmengten Verbände aus. Die Gruppe FML. Snjarić wurde vom 7. früh dem 7. Armeekmdo. unmittelbar unterstellt; die Gruppen Hadfy und Kraewel traten unter den Befehl des 12. Armeekommandos. Die abgekämpften Regimenter der 24. und der 5. ID. sowie das deutsche IR. 129 wurden aus der Front gezogen, die bei der Gruppe FML. Snjarić befindlichen Kräfte der 59. ID. ebenfalls freigemacht und mit der bei Delatyn stehenden Hauptkraft dieser Division vereinigt.

Der Südflügel des VIII. Korps hatte am 7. Juli auf den Höhen

x) Klembowski, 67 f.

2) Litwinow, 62.

westlich von Delatyn Stellung bezogen. Südlich von diesem Orte war in der Front der 7. Armee zwischen dem VIII. Korps und dem Kavalleriekorps Brudermann eine 20 km breite Lücke entstanden, in der sich nur schwache Kräfte der 5. ID. befanden. Im Hinblick auf die politische Bedeutung des drohenden russischen Angriffes gegen die nordöstlichen Eingangspforten Ungarns schlug der Erzherzog-Thronfolger am 9. der Heeresleitung vor, die Verteidigung der an Truppen zwar nicht starken, aber auf breiten Raum sich erstreckenden Karpathenfront dem GO. Pflanzer-Baltin als alleinige Aufgabe zu übertragen. Den Befehl über die zwischen dem Pruth und dem Dniester eingesetzten und noch dorthin gelangenden Truppen sollte GO. Kövess oder GdK. Kirchbach übernehmen. Die Heeresleitung stimmte diesen Vorschlägen zu und berief am 11. das 3. Armeekmdo., GO. Kövess, aus Tirol nach Galizien.

Mittlerweile hatte GdI. Falkenhayn den GO. Conrad am 9. verständigt, daß die türkische Heeresleitung in der nächsten Woche zwei Divisionen auf den galizischen Kriegsschauplatz entsenden werde. Da sich diese Truppen aber nicht für die Kämpfe im Gebirgslande eigneten, wollte sie Falkenhayn bei der Heeresgruppe Linsingen, bei der Südarmee oder am Nordflügel der Armee Pflanzer-Baltin einsetzen, um angriffskräftige deutsche Divisionen freizumachen.

Endgültige Verlegung des Schwergewichtes der Russen in den Raum südlich vom Pripiatj

Wenn der Generalstabschef des Zaren, Gen. Alexejew, den bisherigen Verlauf der russischen Julioffensive überblickte, mußte er sich sagen, daß die Ergebnisse hinter den gehegten Erwartungen weit zurückblieben. Der Hauptangriff der Westfront, der die deutschen Stellungen vor Brest-Litowsk zertrümmern sollte, war bis zum 9. Juli fast vollständig versandet. Freilich hatte dem Ansturm auf Baranowicze wegen der kurzen Vorbereitungszeit der wuchtige, geschlossene Unterbau gefehlt, der in sorgfältiger, langer Arbeit für den Juniangriff auf Wilna ausgeführt worden war. Immerhin hatte aber die mit überwältigender Übermacht ins Werk gesetzte Kriegshandlung Ewerts schon aus diesem Grunde aussichtsvoll erscheinen müssen. Allein die wiederholt anrennenden Stürmermassen waren jedesmal unter den schwersten Verlusten abgeprallt. An einen durchschlagenden Erfolg bei Baranowicze war nicht mehr zu denken.

Alle großangelegten Schläge, zu denen Alexejew während des ersten Halbjahres 1916 im Raume nördlich vom Pripiatj ausgeholt hatte, waren an der Standfestigkeit der Deutschen zunichte geworden. Die russischen Massenstürme am Naroczsee waren im März nicht durchgedrungen (S. 239 f.). Später, im Juni, hatten die deutschen Abwehrmaßnahmen gegen den auf Wilna geplanten Angriff allein schon genügt, dem Gen. Ewert den Glauben an die Möglichkeit eines Erfolges zu rauben, und ihn veranlaßt, von dieser Stoßrichtung abzuraten (S. 487). Und schließlich war man vor Baranowicze, wie im Juni, so auch jetzt wieder gescheitert (S. 478 und 578). Wie ein Alpdruck lastete das Gefühl deutscher Überlegenheit auf Führer und Mann. Jeder weitere Versuch, einen Durchbruch nördlich des Pripiatj erzwingen zu wollen, erschien aussichtslos.

Auch im Raume von Pinsk war nicht der geringste Fortschritt erzielt worden1).

Hingegen hatte die Südwestfront wieder am besten abgeschnitten. Die 3. und die 8. Armee standen eben im Begriffe, den Mittelmächten auch die Stochodlinie einzuschlagen, die 9. Armee hatte Delatyn erreicht.

Da ein Durchbrechen der deutschen Front unmöglich erschien, mußte ein Weg gefunden werden, das deutsche Ostheer zu umfassen. Die Gelegenheit hiezu bot sich am Unterlaufe des Stochod dar; hier ließ sich bei Einsatz entsprechender Kräfte noch Großes erreichen. Die erforderlichen Mittel standen zur Verfügung, vor allem die bis jetzt geschonte Garde.

So ließ Alexejew den Gedanken eines dreifach umfassenden Angriffes auf den Raum Brest-Litowsk fallen, wie er in den Weisungen der Stawka vom 16. Juni enthalten war. Alexejew entschloß sich, die Offensive nur in einer Richtung, über Kowel auf Kobrin—Prużany zu führen, um den Südflügel der Deutschen „tief“ zu umfassen. Für die Westfront, die beim Generalangriff der Russen jetzt ausfiel, sollte die Nordfront einspringen.

In diesem Sinne erflossen am 9. Juli die Anordnungen der Stawka an die Oberbefehlshaber der Heeresfronten2). Die Nordfront behielt den Auftrag vom 6. Juli, in Richtung Bausk anzugreifen. Der Westfront wurde es anheimgestellt, ob sie den Angriff gegen Baranowicze noch fortsetzen wolle; auf alle Fälle aber war der Gegner unter steter, starker Bedrohung zu halten. Die Südwestfront hatte Kowel zu nehmen und in den Rücken von Pinsk vorzustoßen. Die Gardetruppen, die für

1)    Zajontschkowskij, 42.

2)    K 1 e m b o w s k i, 69. — Zajontschkowskij, 46. — K n o x, II, 459.

den Fall eines Vorstoßes der Deutschen gegen Polock noch zurückgehalten worden waren x), sollten nunmehr in den Raum Rożiszcze—Łuck überführt werden, um von hier aus gegen die Linie Brest-Litowsk— Kobrin—Prużany vorzudringen und auf diese Art den deutschen Südflügel zu umfassen.

Gen. Kuropatkin kam dem Befehle der Stawka nach, indem er den für den 16. Juli in Aussicht genommenen Angriff seiner 12. Armee weiter vorbereitete. Gen. Ewert entschied sich dafür, den Gegner durch Angriffsdrohungen zu fesseln und gleichsam schrittweise durch Teilunternehmungen, die von den einzelnen Korps der 4. Armee auszuführen waren, Abschnitt für Abschnitt zu erkämpfen. Zudem erklärte er sich bereit, der Südwestfront ein bis zwei Korps abzutreten2). Brussilow verfügte vorerst nichts, da sein am 8. erlassener Befehl bereits den Auffassungen Alexejews entsprach und nun die Auswirkungen abzuwarten waren. Er hoffte, daß es der 3. und der 8. Armee gelingen werde, den Stochod im Zuge der Verfolgung zu überschreiten und die Verbündeten vollends zu schlagen.

Die Ereignisse an der Ostfront vom 10. bis zum 15. Juli Kämpfe um die Behauptung der Stochodlinie Hiezu Beilage 26

Den am 8. Juli erlassenen Weisungen Brussilows folgend (S. 590), trachteten die Generale Lesch und Kaledin, die Front der Verbündeten am westlichen Stochodufer womöglich noch während des Aufbaues zu überrennen. Um die Stoßkraft der Kavalleriekörper, die dem Korps Hauer nachgesetzt hatten, zu erhöhen und ihnen den Weg über das Flußhindernis zu bahnen, waren die Regimenter der 27. Russendivision den Reiterverbänden zugeteilt worden. Jedoch alle Bemühungen, in die Stochodverteidigung der Mittelmächte eine Bresche zu schlagen, scheiterten vollends. So begegneten die Angriffe bei Rudka-Czerwiszcze, die sich am 10. bis in die Nacht hinein fortpflanzten, dem entschlossenen Widerstande der k.u.k. 9. KD., wobei ihr die in Pniowno eingetroffene bayr. KD. einen kräftigen Rückhalt bot. Die l.KD. und die ll.HKD. verjagten kleine feindliche Abteilungen vom Westufer. Ebenso wiesen die 53. ID. und die 45. SchD. schwächliche Annäherungs-

Zajontschkowskij, 42.

2) Ebenda, 47.

versuche der Russen ab. Gefährlicher war ein Vorstoß der 2. turk. SchD., der von Hulewicze aus bis in die Hauptstellung der 26. SchD. eindrang und auf Powursk zielte1). Zunächst dämmten die Divisionsreserve und ein Bayernbataillon die Russenflut ein. Aber erst ein zweiter Gegenangriff, der unter der Leitung des k.u.k. GdI. Fath von den Verbündeten mit neun Bataillonen durchgeführt wurde, vermochte den Feind, dem nunmehr große Verluste zugefügt und etliche hundert Gefangene abgenommen wurden, über den Stochod zurückzuwerfen. Die mangelhaft zerstörte Brücke wurde nochmals gesprengt. An den erst jüngst durch die Gruppe Bernhardi bezogenen Frontstrecken tobte ein gleichfalls heftiger Kampf. Beim II. Korps schlug die 41. HID., durch Batterien der Division Hahndorff wirksam unterstützt, die anstürmende 80. Russendivision blutig ab. Feindliche Artillerie hämmerte auf die deutschen Stellungen bei Porskaja Wolka und Ml. Porsk. GM. Rusche mußte Angriffe bei Świdniki und westlich der Reichsstraße abwehren2). Unterdessen waren am gleichen Tage die ersten Staffeln der deutschen zusammengesetzten Division GLt. Clausius, die von der Heeresgruppe Hindenburg kam (verstärkte 175. LIBrig. und 41. KBrig.), in Kowel eingelangt. Dieser Streiterzuwachs sowie die der Armeegruppe Marwitz entnommenen deutschen Kräfte (108. ID. und 9. KD.) gestatteten dem GO. Linsingen, in nächster Zeit mit einer starken Reserve zur Stützung seines gefährdeten Nordflügels rechnen zu können.

Auch am 11. wiederholten die Russen ihre gewaltsamen Übergangsversuche über den Stochod. Die öst.-ung. 9. KD. hatte tagsüber allerdings Ruhe und konnte einen erst in der Nacht bei R.udka-Czer-wiszcze einsetzenden Vorstoß der Russen bald ersticken. Da im Abschnitte bei Tobol bereits größere Teile der bayr. KD. verwendet waren, wies GdK. Hauer die ganze Strecke von hier bis zur Nordgrenze des Korps dem GLt. Hellingrath zu. Der Südflügel der l.KD. wurde am frühen Morgen von feindlicher Infanterie angegriffen. Der Korpsführer zog zwei Bataillone der deutschen 37. IBrig., welche die schwachen Scharen der 11. HKD.    bei Bol. Obzyr ablösen sollten, als    Rückhalt

heran. Doch wußte    der    Kommandant der 1. KD., GM. Chev.    de    Ruiz,

die Lage mit seinen Reitern allein zu meistern und den Feind an das Flußufer zurückzudrängen, so daß die deutschen Reserven nicht benötigt wurden und in den Abendstunden auftragsgemäß die Stellungen der Honvédhusaren übernehmen konnten. Südlich von Bol. Obzyr hatte

a) Wisshaupt,    Die    52. Landwehrbrigade im Weltkrieg, 403 ff.

2) Bernhardi,    Eine    Weltreise 1911/12, III, 195 ff.

die Brigade Roeder einen Versuch der Russen, eine Brücke zu schlagen, durch Geschützfeuer vereitelt.

Der am Vortage vor Hulewicze erfochtene Erfolg des Korps Fath dämpfte zunächst die Angriffslust des Feindes. Über Nacht waren die im Bereiche der 26. SchD. am Gegenangriffe beteiligten Bayern aus der Front gezogen worden. GdK. Bernhardi befahl nun, die Leitung der Abwehr in den Abschnitten der 26. und der 45. SchD. dem bayr. GLt. Kneußl zu übertragen; die Bataillone seiner Division waren als Eingreiftruppen bereit zu halten. Das Verfügungsrecht über die von Hauer noch nicht gebrauchte Polnische Legion räumte GO. Linsingen dem Armeegruppenkmdo. ein. Während des Tages steigerten die Russen ihr Artilleriefeuer gegen die 53. ID. vor Zarecze und kündigten dadurch, wie man vermuten konnte, Angriffsabsichten an. Bei Smolary wurde deshalb eine Gruppe von drei bayrischen Bataillonen vereinigt.

Vor dem II. Korps ließ der Eifer des Feindes merklich nach. Hingegen warfen sich das I. und das XXXIX. Korps der Russen mit Wucht auf die beiden deutschen Divisionen, die Bernhardis rechten Flügel bildeten. Bei Janowka war der Feind am frühen Morgen sogar überfallsartig auf das linke Stochodufer vorgebrochen; doch wurde ihm dieser Teilerfolg durch einen Gegenstoß der 107. ID., die unter den Angreifern blutig aufräumte, wieder entrissen. Um die Stellungen der Division Rusche bei Świdniki und Nw. Mosor wurde erbittert gerungen; die Verteidiger behaupteten sich1).

Brussilow mußte aus den dürftigen Ergebnissen der seit dem 8. Juli andauernden Kämpfe ersehen, daß die Gelegenheit zur Verwirklichung seiner Absicht, sich dem weichenden Gegner an die Fersen zu heften und zugleich mit ihm den Stochod zu überschreiten, schon versäumt war. Nun traf er am 11., den von der Stawka jüngst ergangenen Verfügungen entsprechend, seine Maßnahmen. Der Nordflügel und die Mitte der Südwestfront (3., 8. und 11. Armee) sollten die Offensive nach planmäßiger Vorbereitung durch die Artillerie erst am 14. wieder aufnehmen. Kaledin hatte fünf Korps gegen Kowel anzusetzen, Lesch hatte, um die im Raume bei Kowel und bei Pinsk fechtenden Heeresgruppen der Mittelmächte voneinander zu trennen und auf deren Verbindungslinien zu drücken, im vollen Einklänge mit der Nachbararmee vorzugehen und eine starke Reitermasse nach Kamień Kaszyrskij zu entsenden2). General Sacharow scheint den Auftrag empfangen zu

1)    Bernhardi, Eine Weltreise 1911/12, III, 197. — Klembów ski, 73.

2)    Klembów ski, 72 f. — Zajontschkowskij, 46.

haben, dem gegen Kowel gerichteten Stoße die Südflanke zu decken. Die 7. und die 9. Armee, die schon ihrer Lage nach zu einem gemeinsamen Handeln berufen waren, hatten freie Hand erhalten. Sowohl Kaledin wie Lesch fanden die ihnen bis zum Losschlagen gewährte Frist zu kurz, um für die Angriffe gründliche Vorsorgen treffen zu können. Brussilow gestand aber nur einen Aufschub bis zum 15. Juli zu.

Schon am 12. machte sich am Nordflügel der Heeresgruppe Linsingen eine Entspannung der Lage fühlbar. Die Gefechtstätigkeit sank im allgemeinen auf Patrouillengeplänkel und Artillerieduelle herab. Beim Korps Hauer konnte der angeordnete Truppenwechsel ungehindert bewerkstelligt werden. Die gelichteten Regimenter der 11. HKD. wurden hinter der Front in Werchy gesammelt. Im Bereiche des Korps Fath erheischte der Raum bei Zarecze besondere Obsorge. Der Feind hielt die 53. ID. durch gut geleitetes Geschützfeuer nieder und hatte sich mit Teilen der 78. ID. bis zum Abend brückenkopfartig am Westufer des Stochod eingenistet. Das breite Flußbett, in dem die zumeist seichten Wasseradern zahlreiche Inseln umflossen, war kein unüberschreitbares Hindernis. Zudem erschwerte dichter Pflanzenwuchs die Übersichtlichkeit und damit die Bewachung des Uferrandes. Noch während der Nacht stellte GdI. Fath ein Regiment der Korpsreserve und Bernhardi ein deutsches Bataillon der 53. ID. zur Verfügung. Am 13. griff GM. Pongrácz den Feind an und warf ihn zurück. In den folgenden Tagen hörten die Versuche der Russen, sich am westlichen Flußufer weiter auszubreiten, auf.

Mittlerweile war die deutsche 108. ID. am 12. Juli im Raume Griwiatki—Mielnica eingelangt und der Armeegruppe Bernhardi unterstellt worden. Das Stabsquartier Bernhardis kam nach Kowel. GLt. Clausius hatte seine Division und die deutsche 9. KD. um Kamień Kaszyrskij—Nujno—Dorotyszcze als Heeresgruppenreserve zu sammeln. Ein Auftrag der DOHL., die 108. nebst einer zweiten Division zur Abbeförderung bereitzuhalten, nötigten den GO. Linsingen am 13., seine Streitkräfte am Nordflügel anders zu gliedern. Die Division Clausius hatte am 15. abends den Abschnitt zwischen Stobychwa und der Łoknica zu übernehmen und unter den Befehl des GdK. Bernhardi zu treten. Die abgelöste 37. IBrig. wurde als Heeresgruppenreserve bestimmt. In gleicher Eigenschaft verblieb die Reiter di vision des GM. Heuduck beiderseits der Turya. Die 11. HKD. schied aus dem Korps Hauer aus und wurde am 15. nach Kowel verlegt, um hier in der Folge durch Ergänzungen wieder zu einem schlagkräftigen Verbände aufgefrischt zu werden. GdI. Fath bekam die Polenlegion zugewiesen, die am nächsten Tage den rechten Flügel der 26. SchD. bei Sitowicze abzulösen hatte.

Gegen die Gruppe Gronau hatte der Feind während dieser Zeit nichts Ernstliches unternommen.

Stillstand bei der Mitte und am Südflügel der Heeresgruppe Linsingen

(10. bis 15. Juli)

Der Frontteil der Heeresgruppe Linsingen vom Korps Lüttwitz bis zur k.u.k. 1. Armee beharrte weiter in reiner Abwehr (S. 591). GO. Tersztyánszky wechselte am 14. die bei Kol. Dubrowa stehende Armeereserve, die 26. SchBrig., gegen die 25. der 13. SchD. aus. GdK. Marwitz, der erst seit dem 9. zur Verteidigung übergegangen war (S. 593), ließ, damit seine Absicht dem Feinde nicht allzu schnell offenkundig werde, am 10. durch die 43. RD. und die öst.-ung. 48. ID. noch ein Täuschungsunternehmen vollführen. FML. Leonhardi übernahm am 11. den ihm am linken Flügel der Armeegruppe zugewiesenen Abschnitt beiderseits von Pustomyty. Rechts, im Anschlüsse an die 61. ID., stand die 7. KD., dann folgte in der Mitte die von der Reiterdivision Heuduck verbliebene

2. GKBrig.; die nach links bis zur Korpsgrenze reichenden Stellungen wurden durch die 18. KBrig. der 4. KD. besetzt. In der Folge erhielten die vereinigten Reiterverbände die Bezeichnung „Kavalleriegruppe Leonhardi“.

Bis zum 15. gab es bei Marwitz, ebenso wie bei der 1. Armee schon seit Wochen, nur Patrouillengefechte und Kanonaden, die den Feind stören oder Feuerüberfälle erwidern sollten. Die gegenüberstehende Armee Sacharow verhielt sich gleichfalls defensiv; sie gab die

12. KD. der 8. Armee zurück.

So sehr einerseits die Ruhe, die an ausgedehnten Frontstrecken der Heeresgruppe mehr oder minder eingetreten war, der Truppe wohltat, so mußte andrerseits die auffallende Untätigkeit der Russen dem GO. Linsingen zu denken geben. Dem Bahnverkehr im Raume Sarny— Rowno—Dubno—Łuck war schon seit Monatsbeginn erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet worden. Am 12. verfügte Linsingen, daß die Armeen und die Armeegruppen die gesamte Aufklärung, vor allem durch Flieger, besonders achtsam betreiben sollten, damit aus dem Verhalten des Feindes, aus den Truppenverschiebungen oder den etwa an gewissen Stellen erkennbaren Anhäufungen von Kräften Schlüsse auf die nächsten Ziele der russischen Führung gezogen werden könnten. Doch ließen die bis zum 15. gemachten Wahrnehmungen das Vorhaben des Feindes nicht ergründen. Eine Anfrage des Heeresgruppenkmdos., ob und gegen welchen Frontteil russische Angriffe zu erwarten seien, beantwortete GO. Tersztyánszky dahin, daß Anzeichen, die auf einen nahe bevorstehenden Angriff deuten würden, derzeit nicht vorlägen. Einem Anstürme, der nicht mit besonderer Wucht und unter keinem außergewöhnlichen Artillerieeinsätze erfolge, sei die 4. Armee gewachsen. GO. Puhallo meldete, daß eine ausgesprochene Angriffsabsicht des Feindes gegenwärtig zwar nicht erkennbar sei, wohl aber der nächste Stoß die Richtung über Brody auf Lemberg nehmen werde.

Brussilow eröffnete auch am 15. die Offensive gegen Kowel nicht. Alexejew unterstellte ihm an diesem Tage die anrollenden Gardekorps und trug ihm auf, diesen Kraftzuschuß durch Teile der Heeresfront zu einer neuen Armee auszugestalten. Überdies sollte Gen. Ewert der Südwestfront das III. und das IV. sib. Korps überlassen. Nun verschob Brussilow das Losschlagen noch weiter, um das Eintreffen der Garde abzuwarten, das für die Zeit um den 20. angekündigt war1). Nur die

9. Armee sollte ihren bisher erfolgreichen Angriff weiterführen und vorerst den linken Flügel vorschieben2).

Ziemlich überraschend setzte am 15. abends gegen den rechten Flügel der Armee Tersztyánszky (10. KD. und 70. HID.) russisches Geschützfeuer ein. Der bald folgende Infanterievorstoß, der sich gegen die inneren Flügel der 11. ID. und der 70. HID. wandte, konnte abgewiesen werden. Auch gegen den Abschnitt Zloszewka—Błudów der Armeegruppe Marwitz hatte der Feind seit 4h nachm. starkes Artilleriefeuer eröffnet. Es war der Auftakt zu den bewegten Ereignissen, die sich in den kommenden Tagen abspielen sollten.

Neuerliche Vorstöße der Russen am Koropiec (10. bis 15. Juli)

Hiezu Beilage 2 4

Bei der Armee Böhm-Ermolli war es auch in der zweiten Juliwoche noch immer zu keinem bedeutenden Angriff der Russen gekommen. Die Kampftätigkeit des Feindes beschränkte sich nach wie vor auf Kanonaden und vereinzelte Vorstöße von Erkundungsabteilungen auf die Wehrstellung der Gruppe Kosak.

1)    K1 e m b o w s k i, 76 f.

2)    Zajontschkowskij, 46.

In diesen Tagen des Zuwartens versuchte GdI. Schtscherbatschew noch einmal, die Riegelstellung der Südarmee zwischen Koropiec und Strvpa zu durchbrechen. Schon am 10. Juli zeigten Truppenanhäufungen nördlich der Eisenbahn Buczacz—Jezierzany den Fliegern der Armee Bothmer russische Angriffsvorbereitungen an. Gen. Schtscherbatschew stellte dort gegenüber von Hreherów, von Olesza und auf der Hügelflur von Kurdwanówka die turk. 3. SchD. und das XVI. Korps zu einem wuchtigen Schlage bereit1). Kräftiges Artilleriefeuer am Nordflügel des

II. Korps bei Dubienko und am Südflügel des XXII. Korps bei Burka-nów sollte die Aufmerksamkeit des Gegners von der gewählten Durchbruchsstelle ablenken. Am 11. verstärkte sich auch das russische Artilleriefeuer im Serethgrund bei Hładki, wo FML. Králiček einen neuen Vorstoß des VI. Russenkorps erwartete. Sturmtruppen der k.u.k. 54. ID. waren am gleichen Tage in ein vorgeschobenes feindliches Grabenstück im Walde von Burkanów eingedrungen. So war an vielen Stellen an der Front der Südarmee lebhafte Kampftätigkeit wahrzunehmen.

Am 12. Juli vormittags begann das Vorbereitungsfeuer des russischen XVI. Korps aus Geschützen leichter und schwerer Kaliber zwischen Jezierzany und Kurdwanówka. Gegen Mittag versuchte russische Infanterie über Hreherów vorzustoßen, vermochte aber unter dem kräftigen Abwehrfeuer des dort eingesetzten deutschen RIR. 3 und der Artillerie nicht vorwärts zu kommen. Am Nachmittag hagelte drei Stunden lang wuchtiges Vernichtungsfeuer der russischen Batterien auf die Hügel von Hreherów bis nördlich von Olesza. Um 4h war das XVI. Russenkorps überall im Angriff. Hreherów konnte von dem deutschen RIR. 3 festgehalten werden, auch Olesza vermochten die Russen dem westgalizischen IR. 56 der 12. ID. nicht zu entreißen. Aber nördlich von diesem Orte durchbrachen die Angreifer das mittelgalizische IR. 57 und drangen aus dem Einbruchsbogen auf Olesza vor. Nun mußten auch die überflügelten Sechsundfünfziger zurückweichen. Die Reserven der 12. ID. wurden rasch in die Bresche geworfen. Von Süden führten zwei Bataillone der deutschen l.RD. und von Norden zwei Bataillone der deutschen 48. RD. einen kraftvollen Gegenstoß. Auch die zurückgewichenen Regimenter der 12. ID. stürmten nun wieder vorwärts. In der Nacht wurden Olesza und alle verlorenen Stellungen wieder erobert. Das XVI. Russenkorps hatte schwerste Verluste erlitten, auf dem Gefechtsfelde waren allein 1200 tote Russen verblieben.

Am 13. früh zeigte sich, daß der Feind gegenüber dem rechten

1) Klembowski, 73 ff.

Flügel der 12. ID. in seine Ausgangsstellungen zurückgegangen war. Wiederum belegten aber die russischen Kanoniere den ganzen Abschnitt von Hreherów bis Olesza mit wuchtigem Feuer. Um Mittag mußten sich die Regimenter der 12. ID. und die in ihren Linien eingeschobenen deutschen Bataillone neuer feindlicher Vorstöße erwehren. Am Nachmittag versuchte russische Infanterie auch westlich von Kurdwanówka vorzugehen; doch im Sperrfeuer der Batterien blieben die Angreifer vor den Stellungen der 12. ID. und der deutschen 48. RD. liegen. Gegen Abend brandeten neue Angriffe heran. Nördlich von Olesza gelang es dem Feinde, in die Gräben der Deutschen einzudringen, selbst in dem hart umstrittenen Dorfe setzten sich wieder die Russen fest. GLt. Zietlow, der Führer der deutschen l.RD., der das Kommando in dem ganzen Abschnitt von Hreherów bis Olesza übernommen hatte, führte mit Entschlossenheit Gegenstöße. Seinen buntgemischten Scharen, Teilen der k.u.k.

12. ID., der 1. und der 48. RD., gelang es in erbitterten Nahkämpfen, bis zum 14. früh alle verlorenen Stellungen vollständig zurückzuerobern.

Damit hatte sich der russische Angriff bei Monasterzyska schon festgerannt. Gen. Schtscherbatschew vermochte wegen der Niederlage des russischen XVI. Korps die fruchtlosen Durchbruch versuche zwischen Koropiec und Strypa nicht mehr fortzusetzen. Das Abflauen der Kämpfe nützte Bothmer zur Durchführung von Ablösungen aus. Am 15. wurden zunächst drei abgekämpfte Regimenter der 12. ID. aus der Front gelöst und an ihrer Stelle Kräfte der deutschen 1. RD. eingesetzt. Die freigemachten Truppen der 12. ID. wurden nach Monasterzyska verlegt.

Fortdauer der Kämpfe in den Karpathen (10. bis 15. Juli)

Hiezu Beilage 24

Während Schtscherbatschew die Mitte der Südarmee bei Monasterzyska angriff, trachtete GdI. Letschitzki, dessen rechter Flügel nicht mehr die Kraft hatte, auf Nadworna und auf Stanislau vorzustoßen, den Bewegungskrieg in den Karpathen aufrechtzuerhalten. Schon am

10. Juli früh entwickelten sich bei Delatyn neue Kämpfe. Es hatte den Anschein, als ob die Russen aus dem Pruthtal von Dora her den rechten Flügel des VIII. Korps umgehen wollten. Die stark gelichteten Regimenter der 5. und der 24. ID., die erst vor kurzem aus der Front herausgelöst worden waren, und auch die 59. ID. hatte sich das

12. Armeekmdo. bei Nadworna als Reserve versammelt. Angesichts der Gefahr, die südlich von Delatyn drohte, erhielt diese Kräfte GO. Pflanzer-Baltin zugewiesen. Er entsandte die Reste der 5. und der 24. ID. noch am 10. zum Schutze der bedrohten Flanke Benignis auf die Höhen nordwestlich von Dora. Am 11. wurde die 59. ID. hinter dem auf diese Weise verlängerten rechten Flügel des VIII. Korps bereitgestellt. Das

12. Armeekmdo. bildete sich bei Nadworna eine neue Reserve, die aus dem deutschen IR. 129 und aus anderen Truppenteilen der deutschen 105. ID. zusammengesetzte 209. Brigade. Die 202. HIBrig. des XI. Korps rollte am 11. noch bis Körösmezö.

GO. Pflanzer-Baltin wollte mit diesen Kräften die Verteidigung angriffsweise führen. Er gedachte durch einen Vorstoß südlich von Delatyn und zugleich von Tatarów her die Gefahr, die das VIII. Korps und den Jablonicapaß bedrohte, gründlich zu beseitigen. Die Russen sollten von der nach Körösmezö führenden Eisenbahn und Straße vertrieben und das Gebiet von Kosmacz zurückerobert werden. Das

12.    Armeekmdo. erhoffte sich freilich von diesem Angriff mit abgekämpften Truppen quer durch schwieriges Gebirgsgelände keinen großen Erfolg und genehmigte denn auch nur halben Herzens Pflanzer-Baltins Angriffsplan.

Am 11. abends wurde von GO. Pflanzer-Baltin der Befehl zum konzentrischen Angriff auf den Feind südlich von Delatyn gegeben. Den Angriff hatte der rechte Flügel des VIII. Korps, bestehend aus den Resten der 5. und der 24. ID., sowie die durch die 202. HIBrig. verstärkte 8. KD. unter der einheitlichen Führung des FZM. Benigni am

13.    durchzuführen. Die bei Nadworna versammelte deutsche 209. IBrig. sollte noch für den Gebirgskrieg ausgerüstet werden.

GO. Pflanżer-Baltin betrieb mit Eifer die Vorbereitungen für das Unternehmen und begab sich wiederholt zum VIII. Korpskmdo. nach Nadworna. Die Bereitstellung der Artillerie im wegearmen Gebirge war schwierig und zeitraubend. Überdies begann es am 12. zu regnen. Am Nachmittag mußte FZM. Benigni melden, daß er den Angriff unmöglich vor dem 14. aufnehmen könne. Abends ordnete das 12. Armeekmdo. im Hinblick auf Truppenanhäufungen der Russen südlich von Delatyn an, daß das Unternehmen zu unterbleiben habe. Der eben im Gange befindliche russische Angriff auf Monasterzyska (S. 616) nötigte überdies den Erzherzog-Thronfolger am 13. abends, die deutsche 209. IBrig. von Nadworna nach Niżniów abzuziehen, um der Armee Bothmer rasch Verstärkungen zuschieben zu können.

Die Russen waren mittlerweile bei Delatyn nicht ganz untätig geblieben. Dort waren schon in der Nacht auf den 12. die Vorposten des VIII. Korps angefallen worden. Tags darauf mußten sich die Sicherungen Benignis auf den Höhen nordwestlich von Dora russischer Vorstöße erwehren. Am 14. flammten im Kampfabschnitt östlich von Nadworna Artilleriekämpfe auf. Zugleich wiederholten die Russen bei Delatyn und auch gegen die Pirs Dora ihre Vorstöße. Diese wichtige Bergkuppe, ein Eckpfeiler der Front, durfte gemäß den Weisungen Pflanzer-Baltins unter keinen Umständen preisgegeben werden, damit nicht durch Aufrollen des VIII. Korps alle Stellungen bis zum Dniester unhaltbar würden. Es war dem 7. Armeekmdo. mittlerweile auch bekannt geworden, daß die Russen frische Kräfte, die 117. RD., gegen das Korps Benigni herangeführt hatten (S. 564). Am 15. Juli hielt Pflanzer-Baltin in Erwartung eines größeren russischen Angriffes die 59. ID. im Raume von Łuh bereit. Diese Division mußte aber nicht eingesetzt werden, da die Pirs Dora von der 5. ID. behauptet wurde.

In den Waldkarpathen waren die Russen mittlerweile näher an die Pässe zwischen Kirlibaba und Körösmezö herangerückt. FML. Habermann hatte nach dem Abgehen der 202. HIBrig. zunächst seinen geschwächten linken Flügel in die befestigte Linie Tatarka—Capul und dann auch die 10. IBrig. in die Hauptverteidigungsstellung auf den Höhen nördlich der Goldenen Bistritz zurückgenommen (S. 607). Die Verluste der 80. HIBrig. bei dem Vorstoß auf Izwor waren beträchtlich gewesen. FML. Habermann beschränkte sich nunmehr auf die Abwehr. GM. Foglár, der bisherige Kommandant der 51. HID., befehligte den aus den Resten der Gruppe Papp und aus der 10. IBrig. (IR. 13 und Gruppe Obstlt. Scholtz) bestehenden rechten Flügel des XI. Korps. Die 79. HIBrig. wurde am 13. Juli an den linken Flügel zur 80. HIBrig. herangezogen. Damit waren die beiden Brigaden der 40. HID. nach langer Zeit wieder vereinigt. Eine Verstärkung dieser Division war dringend geworden.

Von Izwor her drückte seit dem 10. Juli die russische 103. RD. und die l.DonKosD. gegen den Capul vor. Truppenteile dieser beiden russischen Heereskörper breiteten sich immer tiefer im Gebirge, in dem Gebiete des Bilyi Czeremosz, aus. Dieser Feind war anscheinend im Begriffe, in das Vissótal auf Borsa vorzustoßen. Links vom XI. Korps standen hinter der dünnen Front der 8. KD. auf dem Gebirgskamm der Waldkarpathen bis zum Turkul nur zwei Etappenbataillone. FML. Habermann bat am 11. den GO. Pflanzer-Baltin um Unterstützung.

Um rasch zu helfen, mußte FML. Brudermann von der 8. KD. das Detachement Mjr. Russ und das 1. Bataillon des HIR. 19 zur Verfügung stellen. Diese schwachen Kräfte wurden mit der Bahn nach Borsa gefahren und besetzten gegen Mitte Juli im wilden Waldgebirge den Prislopsattel. Ferner wurde um diese Zeit die bei der 8. KD. befindliche KBrig. Obst. Kranz aufgelöst, ihre Schwadronen wurden wieder als Divisionskavallerie in die zugehörigen Infanteriedivisionen der 7. Armee eingereiht (S. 561).

Brudermanns rechter Flügel, die 3. KD., hatte am 10. und am

11. Juli den Angriff auf den Feind bei Jablonica unverdrossen fortgesetzt. In diesem Ort vermochten die tapferen Schwadronen noch einzudringen, sie mußten dann aber unter dem Drucke der Russen in das Probihnatal auf Hryniawa zurückgenommen werden. Der Feind führte über Uście Putilla Verstärkungen heran. Auch gegen die im Raume von Żabie zurückgelassenen Sicherungen der 3. KD. rückten frische feindliche Kräfte vor. Es waren dies offenbar Truppen der russischen 82. Division. Im Gebiete von Kosmasz bis nördlich von Tatarów standen der weitausgedehnten 8. KD. ebenfalls stärkere Kräfte des russischen XI. Korps gegenüber.

Eine Stütze erhielt die Mitte des Kavalleriekorps Brudermann durch die bei Körösmezö ausgeladene 202. Honvédbrigade. Sie rückte am 13. aus dem Quelltal des Pruth über das Gebirge, nahm die Richtung auf Kosmasz und erreichte den Westhang der fast 1500 m hohen, breitgewölbten Hordie, konnte sich dort aber gegen russische Vorstöße nicht halten. Am 15. Juli nahm Obst. Sávoly seine Truppen unter Zurücklassung von Sicherungen gegen Ardżeluża zurück. Am selben Tage wurde im Pruthtale bei Tatarów eine vorgeschobene russische Abteilung von einem öst.-ung. Panzerzug unter Feuer genommen und vertrieben.

So nahm der Kleinkrieg in den Karpathen seinen Fortgang. Der Gesamteindruck war der, daß das Kavalleriekorps Brudermann zwei bis drei Infanterie- und eine Reiterdivision der Russen gegenüber hatte, die durch Infanterie verstärkte 1. DonKosD. im Quellgebiet des Czeremosz und das russische XI. Korps im Raume von Żabie bis nördlich von Tatarów. Wohl führte FML. Brudermann, der vom 7. Armeekmdo. zur höchsten Tätigkeit verpflichtet worden war, mit seinen ermatteten und hungernden Schwadronen den aufreibenden Kleinkrieg im Gebirge mit anerkennenswertem Geschick; aber seine Kräfte reichten nicht aus, um alle Nebenwege zu sperren, die abseits der Pässe über die ungarische Grenze führten.

Hatte die Tätigkeit der Russen in den Karpathen beim 12. Armeekmdo. auch nicht den Eindruck eines großangelegten Angriffes hervor-

gerufen, so wurden doch die aus Südtirol noch anrollenden Kräfte als eine höchst willkommene Stütze für das Kavalleriekorps Brudermann sehnlichst erwartet. Schon am 12. Juli hatte der Erzherzog-Thronfolger in Teschen angefragt, ob die von der Tirolerfront bereits freigemachte Division dem 12. Armeekmdo. zur Verfügung gestellt werde. Die Heeresleitung unterrichtete den FML. Erzherzog Karl Franz Joseph, daß die 34. ID., FML. Rudolf Krauss, vom 13. Juli an abzurollen beginne, ihre ersten Transportzüge würden am 15. Wien erreichen. Bis dahin hatte das 12. Armeekmdo. unter Klarlegung der Lage vorzuschlagen, ob die anrollenden Verstärkungen bei der 12. Armee eingesetzt oder zur „aktiven“ Verteidigung in den Karpathen verwendet werden sollten. Das

12. Armeekmdo. meldete hierauf, daß nur schwache Kräfte zwischen Kirlibaba und Körösmezö auf den Pässen stünden, es beabsichtige daher die anrollende 34. ID. links vom XI. Korps einzusetzen, weil sonst mit dem Einbruch russischer Kräfte auf Máramaros-Sziget zu rechnen sei.

GO. Conrad war damit einverstanden und verständigte am 14. den ' GdI. Falkenhayn von diesem Entschlüsse. Er fügte bei, daß die 34. ID. ohnehin nicht ausreichen würde, um die 12. Armee zu dem vereinbarten Vorstoß am Dniester zu befähigen. Es mehrten sich gerade die Nachrichten über den bevorstehenden Beitritt Rumäniens zur Entente. So schien eine Verstärkung der Karpathenfront besonders erwünscht, weil dadurch ein Vordringen der Russen über die ungarische Grenze verhütet und darüber hinaus möglicherweise auch der Eintritt Rumäniens in den Krieg noch verzögert werden konnte. „Verhindern würde ihn [den Eintritt Rumäniens]“ — so hieß es in dem Telegramm Conrads an Falkenhayn dann weiter — „nur ein erfolgreicher Gegenangriff, der den russischen Südflügel wieder zurückwirft. Solange ausreichende Kräfte hiefür nicht verfügbar sind, kann aber nur die Front gehalten werden.“

Auch GdI. Falkenhayn hoffte, daß sich die Karpathenfront durch den Einsatz der zurollenden 34. ID. festigen werde, dies um so mehr, weil dann keine deutschen Verstärkungen aus Wolhynien zur 7. Armee entsendet werden mußten. Das hiefür in Aussicht genommene X. Korps sollte durch das um den 20. Juli aus der Türkei zum Abtransport gelangende türkische XV. Korps freigemacht werden und der DOHL. einstweilen zur Verfügung bleiben.

Die k.u.k. Heeresleitung hatte mittlerweile am 14. vormittags den GO. Pflanzer-Baltin wissen lassen, daß für die anrollende 34. ID. Máramaros-Sziget als Ausladeraum bestimmt sei. Das 12. Armeekmdo. beabsichtigte diese Division mit einer Brigade bei Leordina und mit der

anderen bei Rahó zu versammeln, um sie sodann in zwei Kolonnen durch das Ruszkova- und das obere Theißtal in das Waldgebirge hinaufzuführen und über die Kopilas und den Turkul vorbrechen zu lassen. Dem GO. Pflanzer-Baltin erschien es nicht sehr zweckmäßig, daß die neuankommenden Truppen aus weit hinter der Front gelegenen Räumen herangeholt werden sollten. Er wünschte, daß die 34. ID. bis Körösmezö gefahren werde, um von dort geradenwegs auf Kosmacz vorzustoßen, während gleichzeitig der verstärkte rechte Flügel des VIII. Korps südlich von Delatyn angreifen sollte.

Die Frage des Ausladeraumes und der Stoßrichtung der 34. ID. war noch nicht entschieden, als von der Heeresleitung am 15. Juli eine Neugliederung der Kräfte und der Befehlsverhältnisse entsprechend den Vorschlägen des 12. Armeekmdos. angeordnet wurde (S. 608). Die Heeresleitung wies der 7. Armee für die „aktive“ Abwehr der gegen die nordöstlichen Eingangspforten Ungarns langsam heranrückenden Russen das XI. Korps und das Kavalleriekorps Brudermann samt den Sicherungstruppen auf den Pässen zu, ferner die noch im Antransport befindliche 34. Division. Auch wurde dem GO. Pflanzer-Baltin die Befehlsgewalt über das Militärkmdo. Hermannstadt für die Verwendung der in Siebenbürgen aus Ersatztruppen aufgestellten Alarmbataillone und der im Sicherungsdienste an der rumänischen Grenze stehenden Finanz- und Gendarmerieabteilungen übertragen. Das 7. Armeekmdo. hatte auch die Anordnungen für die Befestigungsbauten in Siebenbürgen zu treffen.

Den Befehl über den bisherigen Nordflügel der 7. Armee, bestehend aus dem VIII. Korps und aus der Gruppe FML. Snjarić, ferner über die dem 12. Armeekmdo. unmittelbar unterstellten Gruppen Iiadfy und Kraewel hatte das am 17. früh aus Südtirol abrollende 3. Armeekmdo. zu übernehmen. Als Standort für GO. Kövess, den Kommandanten der

3. Armee, wurde Bohorodczany bestimmt, während GO. Pflanzer-Baltin sein Hauptquartier in Máramaros-Sziget aufzuschlagen hatte. Das gleichfalls aus Tirol abberufene I. Korpskmdo., GdK. Kirchbach, war ursprünglich zur Leitung der in den Karpathen aus der 34. ID., aus dem Kavalleriekorps Brudermann und aus der 202. HIBrig. neuzubildenden Gruppe ausersehen. GdK. Kirchbach sollte nun, den Wünschen des Erzherzog-Thronfolgers entsprechend, die bisherige Gruppe FML. Snjarić führen. Den Zeitpunkt der Verlegung des 7. Armeekmdos. von Bohorodczany nach Máramaros-Sziget hatte das 12. Armeekmdo., dem als Heeresgruppenkmdo. die 7., die neue 3. und die Südarmee untergeordnet blieben, selbst wahrzunehmen.

Neues Aufflammen der russischen Offensive in der zweiten Julihälfte

Angriffe der Nordfront und der Westfront (16. bis 29. Juli)

Hiezu Beilagen 26 und 27

Kuropatkins Vorstoß gegen Bausk

Die zweite Julihälfte sollte nach den Anordnungen der Stawka wieder im Zeichen großer Angriffe des Zarenheeres stehen. Die Hauptaufgabe, die Front der Mittelmächte zu spalten und das öst.-ung. Ostheer vom deutschen zu trennen, war der Südwestfront übertragen worden. Während Brussilow zu einem Gewaltschlage rüstete, hatte der Befehlshaber der Nordfront, Gen. Kuropatkin, seine Vorbereitungen zu dem von Alexejew geforderten Entlastungsstoße vollendet. Der Auftrag, die Deutschen von der Düna zu vertreiben (S. 571), schien durch ein Unterbrechen des Schienenstranges Mitau—Jakobstadt, der im Frontbereiche die einzige Versorgungslinie der gegnerischen Truppen bildete, am leichtesten lösbar. Daher hatte die 12. Armee, Gen. Dimitriew, aus Riga in der Richtung auf Bausk anzugreifen und die Bahnstrecke Gr. Ekau—Neugut zu besetzen. Bedeutende Kräfte waren im Angriffsabschnitte versammelt (91 Bataillone, 300 leichte und 100 schwere Geschütze). Als Durchbruchskeil standen das VI. sib. und das VII. sib. Korps (67 Bataillone) und unmittelbar dahinter noch 24 Bataillone bereit.

Am 16. Juli brach nach dreistündigem Schießen der Artillerie der Infanterieangriff los. Die vordersten, durch das Geschützfeuer zer-trommelten Gräben konnten genommen werden, an den dahinter liegenden Stellungen, in denen sich die Truppen der deutschen 8. Armee festklammerten, scheiterten alle Anstürme. Die Kämpfe zogen sich bis zum

22. hin, ohne den Russen einen Erfolg einzutragen. Ihre Verluste beliefen sich auf 15.000 Mann1). Wenige Divisionen der Armee Otto v. Below in dünner Abwehrlinie hatten eine Übermacht zurückgeschlagen und damit eine dem Nordflügel Hindenburgs drohende Gefahr beseitigt2).

*) Klembowski, 74. — Zajontschkowskij, 43 f. — K n o x, II, 455.

2) Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 478. — Ludendorff, 177.

Bereits am 20. Juli hatte Alexejew auf die geringen Fortschritte hingewiesen, die in der Richtung Bausk erzielt worden waren, und alles daran gesetzt, um Kuropatkin für den schon öfter erwogenen Plan zu gewinnen, mit Unterstützung der Seestreitkräfte an der Westküste des Rigaischen Meerbusens Truppen zu landen und dadurch den deutschen Nordflügel in Flanke und Rücken zu fassen. Die Mitteilung, daß auch der Zar das Vorhaben billige, sollte das Gewicht des Antrages erhöhen. Kuropatkin hatte den Vorschlag bisher abgelehnt. Als aber auch Dimi-triew am 23. zu einem Wechsel der Angriffsrichtung, nämlich zu einem überraschenden Vorstoß aus Schlock längs des Meeresgestades gegen Tuckum, verbunden mit einem gleichzeitigen Landungsunternehmen, riet und damit die Lieblingsidee Alexejews aufgriff, ließ sich Kuropatkin endlich umstimmen. Für die Vorbereitungen wurden etwa zehn Tage veranschlagt. Damit verstrich der Monat Juli. Unterdessen hatte die Stawka ihr Hauptinteresse den Vorgängen südlich, vom Pripiatj zugewendet. Bedenken der Marineleitung, ob sie für die Sicherheit der Truppen während der Überfahrt einstehen könne, dann die Erkenntnis, daß schon die Vorarbeiten zu einem derartigen Flottenunternehmen vor der deutschfreundlichen Bevölkerung in Riga und Reval, mithin auch vor dem Gegner nicht geheim zu halten seien, trugen dazu bei, daß die Ausführung des Planes aufgegeben wurde1).

Der Ausklang der Schlacht bei Baranowicze

Bei der Armee Woyrsch war den kampferfüllten Tagen zu Monatsbeginn seit dem 9. Juli eine leichte Entspannung gefolgt (S. 577). Der Armee- und die Korpsführer waren aber überzeugt, daß der überlegene Feind das blutige Spiel noch nicht verloren geben, sondern wieder aufnehmen werde. Daher nützten die Verbündeten die durch die Erschöpfung der Angreifer gewährte Frist, um sich gegen neue Anstürme zu wappnen. Im Südabschnitte des k.u.k. XII. Korps war die Masse der 16. ID. am

12. Juli durch die 86. ID., GLt. Wernitz, abgelöst worden; der äußerste rechte Flügel beim Koldyczewosee blieb durch Bataillone der 32. IBrig. besetzt. GdI. Henriquez befehligte nunmehr in der ersten Linie außer der 35. ID. drei deutsche Divisionen. Nach Unternehmungen in den

1) Klembowski, 75.    — Zajontschkowskij, 44. — K n o x, II,

456. — G u r k o, Rußland 1914 bis 1917, Erinnerungen an Krieg und Revolution (Berlin 1921), 121.

Abschnitten Zoellner und Podhoránszky, die den Russen einen Angriff vortäuschen sollten, hatte die 5.RD. am 14. mit stürmender Hand sogar Teile der anfangs des Monates verlorenen ersten Stellung südlich des Serweczbuges zurückerobert1). Der Feind antwortete bis zum 16., auch gegen die Nachbardivisionen, mit Gegenstößen, die aber durchwegs abgewiesen wurden. Dann sank die Gefechtstätigkeit bis über den 20. Juli hinaus auf schwaches, gegenseitiges Artilleriefeuer und Vorfeldplänkeleien herab. Die Aufklärung ergab jedoch nach wie vor starke Besetzung der russischen Front und dahinter dichten Truppenbelag. Beim Stabe der Armee Woyrsch folgerte man, daß der Feind seine Verbände auffülle und sich zu einem neuen Angriffe in breiterer Ausdehnung gegen das ganze XII. Korps und das Landwehrkorps anschicke. Auch schien sich der Russe vor dem nach Süden bis zur Gruppe Gronau reichenden Beskidenkorps zu verstärken. Prinz Leopold hatte dort die eben vom westlichen Kriegsschauplätze zugeführte 121. ID. bereitgestellt.

Gegen Ende des Monats holte die russische Westfront, offenbar um das deutsche Ostheer knapp vor dem südlich des Pripiatj losbrechenden Hauptschlage Brussilows ernstlich zu fesseln, nochmals zu einem wuchtigen Angriffe gegen Gorodiszcze und Baranowicze aus. Am 25. Juli früh begannen die russischen Batterien, vom linken Flügel der Division Zoellner nach Süden fortschreitend, den alten, 3 km breiten Einbruchsraum beim XII. Korps, den jetzt die Divisionen Woyna und Wernitz hielten, mit zunehmender Gewalt zu beschießen. Nachmittags und bis in die Nacht hinein brandeten die Infanteriewellen heran. Sie zerschellten auf den blutgetränkten Kampfstätten am Serweczknie, bei Skrobowa und Wyzorok an der ungebeugten Abwehrkraft der Verteidiger. Aus einem 150 m langen Grabenstück der 5.RD. wurden die Angreifer in den Morgenstunden des 26. wieder hinausgeworfen. Während des Tages galten die Anstürme der Russen dem Landwehrkorps. Die Front des GdI. Henriquez wurde nur unter mäßigem Feuer gehalten. Schon einige Tage vorher war das Ablösen der 86. ID. durch die 201. ID. „Danzig“2) eingeleitet worden, um die erstgenannte für die Heeresgruppe Linsingen freizumachen. GO. Woyrsch hegte so viel Vertrauen auf die Standfestigkeit seiner Truppen, daß er trotz der schweren Kämpfe, in die seine Armee gerade verstrickt war, sechs bereits verfügbare Bataillone abrollen ließ. Der Führer der 201. ID., GLt. v. Dickhuth-Harrach, über!) Vogel, 60ff.

2) Dieser nur für den Stellungskrieg verwendbare Verband war der Armee Mitte Juli zugeteilt worden, damit eine Eingreifdivision freigemacht werde.

nahm abends den Befehl über den Südabschnitt des XII. Korps. Am 27. und besonders am 28. entbrannte um die Linien des Korps Henriquez sowie die der schlesischen Landwehr ein erbitterter- Streit. Obwohl die Russen das vorbereitende Artilleriefeuer zur höchsten Wucht hatten anschwellen lassen und vor keinen Menschenopfern zurückscheuten, hielten die Verteidiger dem Anprall der Massenstürme unerschütterlich stand und glichen kleine Schwankungen im Stellungsverlaufe durch Gegenstöße stets wieder aus. Am 29. erlosch das grausige Schlachtgetümmel.

Die neuerlichen Anstrengungen der 4. russischen Armee Ragosa, die Front des Gegners einzuschlagen, waren trotz des Aufwandes überlegener Streitmittel vergeblich geblieben. Die Ergebnisse des viertägigen Ringens standen noch hinter jenen der ersten Julischlacht zurück. Auch der beabsichtigte Nebenzweck der Kriegshandlung, beim deutschen Ostheere Kräfte zu binden und Truppenabgaben an die öst.-ung. Front zu verhindern, war nur in beschränktem Maße erreicht worden.

Für die Mittelmächte gewann der zweite im Monat Juli erfochtene Abwehrerfolg erhöhte Bedeutung. Er hatte dem Feinde, der seit dem Juni mit größter Beharrlichkeit auf zwei Wegen, über Baranowicze und über Kowel, nach Brest-Litowsk strebte und damit die Trennung der deutschen und öst.-ung. Heeresmassen als strategisches Ziel verfolgte, die eine beschreitbare Bahn nachdrücklich verrammelt. Die Verbündeten konnten jetzt dem Zarenheere, das eben den ändern Weg mit höchster Kraftentfaltung einschlug, dort auch mit besseren Erfolgsaussichten entgegentreten.

Angriffe der Armee Sacharow (16. bis 21. Juli)

Die Heeresgruppe Linsingen lag seit dem 9. Juli in Dauerstellungen festgebannt (S. 614). Zwischen dem 16. und 20. wurde der Feind vor der Gruppe Gronau regsamer. Die sichere Kunde, daß das IV. sib. Korps von der Armee Ragosa nach Süden gegen den Raum Logiszyn verschoben wurde, und sonstige Beobachtungen konnten auf einen bevorstehenden Angriff gegen den Oginskikanal und gegen Pinsk deuten. GO. Linsingen ließ daher die deutsche 9. KD. in der Nacht auf den 21., am linken Flügel des Korps Hauer anschließend, in die Front einrücken, damit GdA. Gronau seine Kräfte mehr nach Norden zu ziehen vermöchte. Hauer, Bernhardi und Lüttwitz wurden von der Armee Lesch und der

Masse der Armee Kaledin kaum zu Abwehrmaßnahmen herausgefordert. Nur der Südteil der 8. Russenarmee begann am 16. die beiden Korps Tersztyánszkys stärker zu beunruhigen.

Als die Funkstation Kaledins am 18. das Vorverlegen seines Stabs-quartieres nach Łuck dem Äther an vertraute, gewann man in Teschen einen untrüglichen Beleg dafür, daß der Russe aus jenem Raume heraus einen Vorstoß plane. Daß von Seite des Feindes hier etwas Großes im Werke sei, stand außer Zweifel. Am 20. machte die k.u.k. Heeresleitung ihre Befehlshaber im Osten darauf aufmerksam, daß die Überführung der russischen Gardekorps aus dem bisher bekannten Aufenthaltsbereiche nach Süden, also vermutlich vor die öst.-ung. Front, anzunehmen sei. Alle über Verbleib oder Bewegung der Garde auftauchenden Nachrichten seien sofort zu melden. Man besaß in Teschen eigentlich schon eine russische Funkdepesche, die das Bilden der Gardearmee aus Teilen der 3. und der 8. Armee aussprach; nur wußte man aus dem etwas unklaren Wortlaute noch nicht den richtigen Schluß zu ziehen.

Ausrveichen der Armeegruppe Marwitz hinter die Lipa (16. bis 19. Juli)

Hiezu Beilage 26

Da Brussilow den Hauptschlag der Südwestfront in die Zeit nach dem 20. Juli verlegt hatte (S. 615), standen die Armeen Lesch und Kaledin auch weiter still. Sacharow ersah daher für sich eine günstige Gelegenheit, um als Einleitung des auf Brody geplanten Angriffes (S. 535) vorerst den am Monatsbeginn nördlich der Lipa erlittenen Geländeverlust wettzumachen und den rechten Flügel der 11. Armee wieder in die Höhe des linken der Armee Kaledin vorzubringen. Das seit dem Vorstoß der Armeegruppe Marwitz abgekämpfte XLV. Korps war durch zwei andere (das V. und das V. sib. Korps) ersetzt worden und konnte jetzt nebst der Kombinierten KD. als Armeereserve verwendet werden. Die Transamurreiter waren mittlerweile am Nordflügel der Armee bei Sadow eingesetzt worden. Sacharow entschloß sich, nicht länger zuzuwarten und mit dem Nordteil seiner 11. Armee am 16. zum Angriff zu schreiten. Das V. sib. Korps hatte aus schmaler Front heraus, zwischen Błudów und Szklin, nach Süden bis an die Lipa durchzubrechen, während das V. Korps, mit seinem linken Flügel am Styr und an der Lipa flußaufwärts nach Westen vordringend, ein Entweichen des Gegners nach

Süden verhindern sollte. Durch diese doppelte Umfassung hoffte Sacha-row die vorgeprellte Kraftgruppe der Verbündeten vernichtend zu treffen. Um den Angreifern die rechte Flanke zu decken, hatte das VIII. Korps in die Linie Pustomyty—Zwiniacze vorzukommen; das XXXII. Korps wurde verhalten, den Gegner zu binden1).

Wenn am 16. früh die russischen Kanoniere an der Front der öst.-ung. 4. Armee die Stellungen des Korps Szurmay stärker unter Feuer nahmen, das sich dann auch auf das X. Korps ausdehnte, so entsprang das erhöhte Gefechtstreiben hier offenbar der gleichen Absicht, die Aufmerksamkeit des Gegners vom Nachbarraume abzulenken. Knapp nach Mitternacht waren bei Watyn sogar einige Kompagnien des IR. 90 der

11. ID. von Russen durch eine Kriegslist überrumpelt worden, doch hatte der Zwischenfall keine nachhaltige Wirkung, und der Graben wurde von den Eindringlingen bald gesäubert.

Als am 16. der Morgen graute, schritten die Truppen Sacharows zum Angriff. Der Sturmblock des V.sib. Korps, die 50. ID., rechts von der 15. des VIII. Korps 2) und links von der 10. des V. Korps begleitet, überrannte die ungarischen Landstürmer der k.u.k. 61. ID. sowie Teile der 7. KD. und drang über Ulgowka rasch nach Süden vor. Zwischen den Streitkräften Leonhardis und der Masse Falkenhayns gähnte eine breite Kluft. FML. Leonhardi brachte seinen mit Resten der 61. ID. vermengten rechten Flügel, gestützt durch einige deutsche Bataillone, in der Linie Pustomyty—Zwiniacze zum Stehen. Ein Gegenstoß, den der Führer der GKBrig. mit gesammelten öst.-ung. und deutschen Truppen unternehmen sollte, mußte bald aufgegeben werden, da sich der Feind nördlich von Ulgowka verstärkte. Der linke Flügel der 48. ID., die

11. GbBrig., war durch den Anprall der Russen in der Flanke gepackt und stark erschüttert worden. Es gelang aber, während die 12. GbBrig. rechts an die Deutschen angeschlossen blieb, nach 6hfrüh südlich von Gubin mit der Divisionsreserve eine nach Nordwesten gerichtete, schütter besetzte Hakenstellung zu bilden und die 10. Russendivision aufzuhalten3). Vom Südflügel dieser zurückgebogenen Front sollte GM. Runckel mit Kräften seiner 43. RD. und der 22. ID. einen Gegenangriff gegen

1)    Nadeschnij, Der Kampf der russischen 10. ID. bei Łuck im Juli 1916 in russ. Sprache, Moskau 1926), öff. — Giltschewskij, 111.

2)    Winogradsky, 189.

3)    Nadeschnij, 19 ff. — Um die Einrichtung der Widerstandslinie machte sich der Generalstabsoffizier der 11. GbBrig., Hptm. d. Gstbskorps Friedrich Krömer, durch selbständig und verantwortungsfreudig getroffene Anordnungen verdient. Hiefür wurde ihm das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen.

Ulgowka führen. Die Gruppe Runckel verhinderte zwar ein weiteres Ausbreiten der Russen *), stieß aber am späten Vormittag auf heftigen Widerstand. Der 5 km tiefe Einbruch des Feindes konnte nicht mehr behoben werden. Das V. sib. Korps mit den angeschlossenen Nachbardivisionen setzte sich im Raume Pustomyty—Zwiniacze—Gubin fest2).

Mittags meldete GdK. v. der Marwitz, daß er sich noch bis zur Dunkelheit zu behaupten hoffe, um unter ihrem Schutze die Armeegruppe in die Linie Lipa—Gorochow zurückzunehmen und durch diese Frontverkürzung Kräfte zur Stützung des linken Flügels frei zu bekommen. Da die 61. ID., die 11. GbBrig. und die 7. KD. keinen Gefechtswert mehr besäßen3), sei ein weiterer Durchbruch des Feindes gegen Westen nicht ausgeschlossen. GO. Linsingen verfügte sofort, daß die 108. ID., auf deren anderweitige Verwendung die DOHL. verzichtete, von Griwiatki nach Sokal zurückbefördert werde. Sodann erhielten die

1. und die 4. Armee den Auftrag, bei den Nahtstellen der Armeegruppe Marwitz Eingreiftruppen zusammenzuziehen. GO. Tersztyánszky ließ die Korpsreserve Szurmays, das IR. 95, und zwei Reiterregimenter der

10. KD. nach Korytnica abrücken. Das aus der Armeereserve in gleicher Richtung mit zwei Batterien abgesandte SchR. 24 behielt FML. Szurmay, da in den russischen Hindernissen festgestellte Ausfallsgassen und Ansammlungen bei Sadow einen Überfall vermuten ließen, über Nacht bei Bubnow zurück. GO. Puhallo hatte schon aus eigenem Antriebe anderthalb Bataillone der 46. SchD. zum Schutze der Lipaübergänge westwärts nach Lobaczewka verlegt.

Die 7. ID. des V. Russenkorps hatte sich während des ganzen Tages bemüht, den rechten Flügel der Armeegruppe Marwitz zwischen den Orten Michajlowka und Zloczewka einzudrücken. An der Abwehr der k.u.k. 7. ID., GM. Baumgartner, zerschellten jedoch die heftigen, wiederholten Anstürme 4). Im Rahmen der dem XXXII. Korps Sacharows zugefallenen Aufgabe, dem Gegner ein Verschieben von Kräften in den Kampfraum nördlich der Lipa unmöglich zu machen, hatte die russische 101. RD. die öst.-ung. Brückenkopfstellung östlich von Peremyl als Angriffsziel gewählt. Tagsüber lastete Geschützfeuer auf dem linken Flügel

Artillerie bei Verteidigung und Rückzug im Waldgelände (Militär-Wochenblatt, Berlin 1929, Heft 12).

2)    N a d e s c h n i j, 22.

3) Die russische 10. ID. nahm über 3100 Mann^ hauptsächlich von der 48. und der 61. ID., gefangen (Nadeschnij, 27). FML. Leonhardi meldete für die ihm unterstellten Truppen, einschließlich der deutschen, über 4500 Mann Verluste.

4)    Nadeschnij, 20.

der 46. Schützendivision. Die erst abends am östlichen Styrufer einsetzenden Infanteriestürme scheiterten am herzhaften Widerstande der zur Gruppe Obst. Freih. v. Schölten gehörenden Brückenkopfbesatzung (IR. 42 und SchR. 13), die noch um llhnachts dem Feinde eine blutige Abfuhr erteilte1).

Die Trümmer der 61. ID. hatten sich schon nachmittags beiOszczew nicht zu halten vermocht; abends ging auch Pustomyty an den Feind verloren. Der ganze abgesprengte linke Flügel der Armeegruppe Marwitz — die Kavalleriegruppe Leonhardi war nunmehr an die Befehle Falkenhayns gewiesen — glitt weiter nach Westen zurück, doch wahrte die halbe 4. KD., bei der die den Reserven der 4. Armee vorausgeeilten Reiterregimenter gleich eingesetzt wurden, den Anschluß links an die

10. KD. Tersztyánszkys. Nun mußte Marwitz auch am Ostflügel den bereits angekündigten Rückzug antreten lassen. Der hier tagsüber geleistete Widerstand hatte auf den Feind doch solchen Eindruck gemacht, daß die Divisionen im Schutze der Nacht in einem Zuge hinter die Lipa abmarschieren konnten. Nachhuten hatten den Abgang der Hauptkräfte bis zum nächsten Morgen zu .verschleiern.

Auf dem Südufer angelangt, übernahm die 7. ID. samt der 21. KBrig. am 17. Juli früh die Sicherung flußaufwärts bis Haliczany. Die deutschen Divisionen GM. Runckel und GLt. Dieffenbach zogen westwärts nach Boroczyce weiter. Die schwache 48. ID. sammelte sich bei Loba-czewka. Nachdem auch die Nachhuten eingerückt waren, wurden die Brücken gesprengt. Da GdK. v. der Marwitz der auf das rechte Styrufer vorgeschobenen Stellung der Gruppe Schölten keinen Wert mehr beilegte, hatte GO. Puhallo den Brückenkopf aufgeben und die Übergänge zerstören lassen. Damit die Verteidigung der neu bezogenen Lipa-linie einer Befehlsstelle obliege, wurde die 7. ID. samt der 21. KBrig. der 1. Armee unterstellt, die sodann die Abschnittseinteilung zwischen den zugewachsenen Kräften und der 46. SchD. angemessen regelte. Das XVIII. Korps erhielt zeitweise Artilleriefeuer; die 46. SchD. wurde lebhaft beschossen und wies zwischen Korsów und der Plaszewka vorgehende Aufklärertrupps der Russen ab. Am Nordufer der Lipa zeigten sich während des Tages nur feindliche Patrouillen.

Leonhardi und Falkenhayn hatten über Nacht mit ihren sehr gelichteten Truppen gruppenweise eine Linie besetzt, die östlich von Kolpitow über Bożew gegen Choloniew reichte. Das VIII. Russenkorps griff am 17. morgens von Pustomyty aus neuerlich an. Mit Hilfe der

^ Giltschewskij, 111 ff.

von der 4. Armee herangezogenen Reserven — auch das SchR. 24 war um 3h früh in Korytnica eingetroffen — vermochte FML. Leonhardi den Anfällen zu begegnen und seine Front zu festigen. Abends boten die nach Chołoniew gekommene 43. RD. und die nach Gorochów gerückte 22. ID. dem schwachen Südflügel stärkeren Rückhalt. Beide Divisionen hatten beachtenswerte Marschleistungen vollbracht. Die 48. ID. wurde nach Boroczyce nachgezogen. GdK. v. der Marwitz ordnete nun die Befehlsbereiche. Dem Korps Falkenhayn (22. ID. und 43. RD. sowie der Rest der k.u.k. 61. ID.) fiel der Abschnitt von Haliczany bis westlich von Tereszkowiec zu; die verstärkte Gruppe Leonhardi behielt die anschließende Strecke bis zur 4. Armee. Die deutsche 108. ID., deren erste Staffeln in Iwaniczy und in Sokal ausgeladen wurden1), hatte sich am Oberlaufe der südlichen Luga zu sammeln und die Spitzenabteilungen am nächsten Tage bis Jeziercy vorzubringen, um nötigenfalls die Kavalleriegruppe Leonhardi unterstützen zu können.

Am 18. besetzte Falkenhayn mit seinen zwei deutschen Divisionen die zugewiesene Front. Die 48. ID. verblieb hinter dem Südflügel bei Dolgoje zur Verfügung des Armeegruppenführers. Der Feind verhielt sich vor Marwitz ziemlich untätig. Bei der 1. Armee trat gegenüber der

7. ID. bereits russische Artillerie auf. Die 46. SchD. stand, namentlich beim Orte Lipa, unter anhaltendem Geschützfeuer, desgleichen wurde auch der Südflügel des XVIII. Korps bei Radziwiłow oft von Feuerüberfällen heimgesucht. An der Front zwischen Ostrow und Radziwiłow mehrten sich die Vorfeldkämpfe mit vorfühlenden Russen. Auf eine Anfrage der Heeresgruppe Linsingen, ob das 1. Armeekmdo. die Stellung im Lipa-Styrknie für gefährdet erachte und ob es wünschenswert wäre, die 48. ID. näher heranzuziehen, wurde voll Zuversicht geantwortet, daß man den Raum mit den eigenen Kräften verläßlich halten werde. Bei Beresteczko und Smolawa waren 4Vs Bataillone (IR. 42 und SchR. 16) als Armeereserve bereitgestellt; zu demselben Zwecke verschob das XVIII. Korps am 19. noch das 8 Kompagnien zählende FJB. 31 nach Leszniów. Der rechte Korpsflügel wurde bis zu dem nach Radziwiłow führenden Schienenstrange verkürzt, da die

2. Armee die südlich der Bahn gelegenen Teile der 1. LstlBrig. über Nacht abgelöst hatte.

A) Über die ausschlaggebende Rolle, die den neugeschaffenen Querverbindungen hinter der Ostfront beim Auffangen der russischen Stöße und bei der Wiederherstellung des Gleichgewichtes zufiel, vgl. Ratzenhofer, Das Rückgrat der Dauerfront im Osten, 974 ff.

Am 19. beschoß der Feind wieder den Raum um Lipa nachdrücklich, dehnte den Wirkungsbereich seiner Batterien aber auch auf die angrenzenden Stellungen der 7. ID. aus. Die Versuche der Russen, bei Werben Stege über den Styr zu bauen, wurden durch die 46. SchD. vereitelt. Falkenhayn brachte sein Korps in leichtem Gefechte bis in die Linie Jelizarow—Oszczew—Tereszkowiec vor, die für die anzulegenden Dauerstellungen günstiger war. Die deutsche 108. ID. begann links neben der 22. in die Front zu rücken, so daß sich die Kavalleriegruppe Leonhardi nach Norden zusammenschieben und Reserven ausscheiden konnte. Die Reste der 61. ID. hatten auf Geheiß Conrads in den Raum Stojanów—Sokal abzugehen, um geordnet und ergänzt zu werden, und wurden der Obhut des 1. Armeekmdos. übergeben.

In Teschen betrachtete man die Lage der 1. Armee im Styr-Lipa-winkel mit einer gewissen Besorgnis. Als nun gar etwas über Absichten Puhallos verlautete, mit Teilen der Divisionen Baumgartner und Urbański in/eine dem feindlichen Geschützfeuer weniger ausgesetzte Stellung auszuweichen, wurde dem Armeekommando abends am Fernschreiber vorgehalten, daß ein solches Zurückgehen die ganze galizische Front ins Wanken bringen könnte. Die Heeresleitung wies darauf hin, daß gegenüber den zwei Divisionen, denen die bei Lipa rechtwinklig abgebogene Front anvertraut war, sechs Infanterie- und zwei Reiterdivisionen der Russen anzunehmen seien. Ein Angriff dieser Übermacht sei sehr wahrscheinlich. Das Armeekmdo. äußerte sich wieder sehr zuversichtlich und erklärte den am Vortage ausgesprochenen Verzicht auf die 48. ID. mit den damals noch bei Marwitz herrschenden Verhältnissen, welche die Richtung Radziechów—Lemberg hätten stärker bedroht erscheinen lassen. Nunmehr dürfte allerdings die Front, wie die Vorbewegung Falkenhayns anzeige, bereits gefestigt sein. Wenn demnach die 1. Armee noch die verfügbare 48. ID. erhalte, könne man sich auch in Teschen jeder Sorge ob des Raumes bei Lipa entschlagen.

Während Sacharow die Armeegruppe Marwitz wuchtig anfiel und über die Lipa zurückzwang, suchte er' auch die Kräfte der 2. Armee zu fesseln. Vom 16. Juli an mußte die Gruppe Kosak wiederholt Vorstöße gegen ihre Feldwachen abweisen. Gleichzeitig erhöhten die russischen Batterien ihre Tätigkeit. Mitten in diesen Tagen der zunehmenden Spannung erhielt GO. Böhm-Ermolli am 19. um Mittag aus Teschen den Befehl, die am linken Flügel des IV. Korps eingesetzten beiden Regimenter (IR. 19 und 26) der 33. ID. durch das IR. 76 abzulösen und mit der bei Brody bereitgehaltenen zweiten Divisionshälfte (IR. 12 und 83) zu vereinigen. Die hiezu erforderlichen Verschiebungen wurden vom

2. Armeekmdo. eingeleitet.

Der Plan, den der Befehlshaber der 11. Russenarmee dem Angriffe am 16. Juli zugrundegelegt hatte, war, soweit er den Wiedergewinn des nördlich der Lipa verlorenen Geländes bezweckte, im Verlaufe von vierundzwanzig Stunden verwirklicht worden. Der Gegner hatte eine große Zahl an Streitern und einige Geschütze eingebüßt, die beabsichtigte Einkreisung war allerdings nicht gelungen. Denn die Verbündeten hatten sich dieser drohenden, größeren Gefahr durch den Rückzug rechtzeitig entwunden, so daß Sacharow am 17. von der Fortsetzung des *\ngriffes Abstand nehmen mußte1). Der Nordflügel des XXXII. Korps sollte sich zwar den Übertritt auf das linke Styrufer erzwingen, doch fehlten die Überschiffungsmittel; die 101. RD. mußte sich mit dem Besetzen der von der Gruppe Schölten geräumten Gräben auf dem rechten Ufer begnügen2). Sacharow hielt indes an der Absicht, den Gegner an der Frontknickung bei Lipa von zwei Seiten anzufassen, auch weiterhin fest. Das V. sib. Korps und die 7. ID. sollten von Norden her über die Lipa auf Lobaczewka und Smolawa Vordringen, während das XXXII. Korps, durch die aus Truppen erster Linie bestehende, stoßkräftige 10. ID. verstärkt, den Angriff von Osten her über den Styr zu führen und bis in die Linie Smolawa—Beresteczko—Merwa—Leszniów vorzutragen hatte. Am Südflügel wurde überdies die 126. RD. des XLV. Korps eingesetzt. Der Hauptstoß war demnach diesmal dem XXXII. Korps zugedacht, hinter dem noch zwei Kavallerie di visi onen (7. und Kombinierte KD.) bereitgestellt wurden. Das VIII. Korps trat zur Armee Kaledin zurück3). Die Umgruppierungen waren bis zum 19. Juli beendet. Um für die erforderlichen Erkundungen und die technische Vorbereitung des Flußüberganges wenigstens einen Tag Zeit zu haben, wurde der Angriff auf den 20. verschoben4).

Die Schlacht bei Beresteczko (20. bis 21. Juli)

Hiezu Beilage 26

Die mahnenden Worte der k.u.k. Heeresleitung an das 1. Armeekmdo. hatten den GO. Puhallo bestimmt, am 20. Juli bei Linsingen die

x) Nadeschnij, 23 f.

2)    Giltschewskij, 113.

3)    B a 1 u j e w, 72.

ł) G i 11 s'c h e w s k i j, 114 f. — Nadeschnij, 26, 31 ff.

Unterstellung der 48. ID., die bereits wieder auf 7800 Feuergewehre ergänzt war, zu erbitten. Auf die sofort erteilte Zusage erhielt GM. Prinz Schwarzenberg, der jetzt die Division führte, den Befehl, seine Truppen nach Uwin marschieren zu lassen. Um 3h früh setzte das Wirkungsschießen des Feindes auf die Stellungen der 46. SchD., zunächst zwischen Lipa und Peremyl, ein. Die Versuche der 10. Russendivision, nördlich des letztgenannten Ortes mit Hilfe von Pontons über den Styr zu setzen, waren schon in der mondhellen Nacht der Wachsamkeit der öst.-ung. Uferbesatzung nicht entgangen. Am frühen Vormittag mußte der Feind, nachdem er viele Leute sowie Überschiffungsgerät verloren hatte, seine Bemühungen vollends aufgeben1). Der Geschoßhagel seiner Batterien griff mittlerweile auf den Lipaabschnitt bis Nowostaw und auf die Styrfront nach Süden bis Redków über. Die 46. SchD. erwiderte mit einem kräftigen Abwehrfeuer und trachtete, an der Plaszewka erkannte Ansammlungen zu zerstreuen. Gleich nach der Mittagsstunde sprach sich südlich von Redków ein Angriff gegen die 91. SchBrig. aus. GM. Urbański bat um das Verfügungsrecht über das FJB. 31, das vormittags in Beresteczko eingelangt war. Das Armeekmdo. gab für den Bedarfsfall der Abwehr — gegen nachträgliche Genehmigung — seine gesamten Reserven (61/2 Bataillone) frei und betonte nur, auf die mutmaßliche Hauptangriffsrichtung des Feindes zu achten. Inzwischen wütete im Raum um Peremyl bereits Trommelfeuer. Kaum war dem GO. Puhallo um 2h 30 nachm. die Meldung erstattet worden, daß die Russen bei Redków abgewiesen seien, da folgte schon eine schlimme Nachricht: der Südflügel der 92. SchBrig. in der Styrschlinge zwischen Peremyl und der Plaszewkamündung sei eingedrückt und werde nach Westen zurückgedrängt. Die Brigadereserve (ein Bataillon des SchR. 13) sei eingesetzt, die Armeereserve werde zum Gegenstoß herangezogen.

Der russischen 101. RD. war es um 2h nachm. gelungen, auf behelfsmäßig erbauten Stegen südlich des Ortes Werben den Styrfluß zu überschreiten und die Verteidigungslinie zu durchbrechen. Die Masse der Russen stieß westwärts gegen Smolawa vor, ein Regiment schwenkte nach Norden auf Peremyl ab und reichte der 10. ID. die Hand. So konnte sich hier auch die zweite Angriffsdivision des XXXII. Russenkorps den Übergang erstreiten2). GM. Urbański warf dem Feinde aus Beresteczko das IR. 42 und das halbe FJB. 31 — vier Kompagnien waren der 91. SchBrig. zugewiesen worden — in nordöstlicher Richtung

x) Nadeschnij, 40.

2) Giltschewskij, 116 f. — Nadeschnij, 41 ff.

entgegen und wollte das SchR. 16 als letzte Reserve von Smolawa nach Peremyl vorschieben. Dieses Dorfes hatten sich aber die Russen schon längst bemächtigt, und die beiden Regimenter der Armeereserve vermochten nur mehr, die vordringenden Angreifer westlich der Straße Beresteczko—Lipa zum Stehen zu bringen. Am späten Nachmittag mußte auch der Nordflügel der 92. SchBrig. unter dem Drucke der russischen 10. ID. das Flußknie bei Lipa aufgeben und sich von Nowostaw nach Süden an die von der Gegenangriffsgruppe erreichte Linie anschließen. GO. Puhallo befahl abends der 46. SchD., in ihrem zurückgenommenen Frontteile bis zum Eintreffen der 48. ID. unbedingt auszuharren. GM. Schwarzenberg hatte am nächsten Tag seine Batterien zur Stützung der erschütterten Schützendivision nach Beresteczko vorauszusenden und mit der Hauptkraft um 4h früh dorthin aufzubrechen.

Die 7. ID. stand am 20. unter mäßigem Artilleriefeuer, ohne angegriffen zu werden. Gegen die 91. SchBrig. hatte der Feind, nachdem die russische 105. RD. rasch mit blutigen Köpfen abgefertigt worden war, nichts mehr unternommen. Beim XVIII. Korps gab es bloß das übliche Geplänkel. Spät nachts kündigte GO. Linsingen an, daß Marwitz am folgenden Morgen drei Bataillone und einige Batterien der

43. RD. nach Lobaczewka überstellen werde.

Angesichts der russischen Vorstöße bei Beresteczko glaubte GO. Böhm-Ermolli, daß jetzt auch der schon lange erwartete Angriff von Radziwiłow auf Brody gegen die 2. Armee losbrechen werde. Gerade eine Nahtstelle einem Hauptansturm preisgegeben zu wissen, mußte sehr bedenklich erscheinen. Damit eine einheitliche Abwehr in diesem wichtigen Kampfabschnitte gesichert sei, bat Böhm-Ermolli die Heeresleitung, ihm die links benachbarte 1. LstlBrig. zu überweisen. Teschen willigte ein und in der Nacht auf den 21. wurde die Brigade der Gruppe FML. Kosak unterstellt.

Am 21. nach Mitternacht setzte die russische 7. ID. auf das südliche Lipaufer über und durchbrach, als der Morgen dämmerte, bei Nowostaw die inneren Flügel der Divisionen Baumgartner und Urbański. Der Absicht des Armeekmdos., die Höhen nördlich von Smolawa und von da eine über Lobaczewka zur Lipa streichende Linie halten zu lassen, kam der Feind zuvor, der rasch den Wald westlich von Smolawa erreicht hatte und den linken Flügel der 46. SchD. zu umfassen drohte. Um 7h früh mußte GO. Puhallo seiner nördlichen Armeehälfte den Rückzugsbefehl erteilen. Die 48. ID. hatte beiderseits von Dzikowiny eine Aufnahmstellung zu beziehen. Links davon hatte die Division GM.

Baumgartner samt der 21. KBrig. die Strecke bis Haliczany auszufüllen. GM. Urbański sollte seine beiden Brigaden rechts von der 48. ID. über Strzemilcze, längs des linken Styr- und Slonowkaufers, südlich von Kor-sów an die alte Linie des XVIII. Korps anschließen lassen.

In Kowel und Teschen betrachtete man das Weitergreifen des Rückschlages bei der 1. Armee mit ernster Besorgnis. GO. Linsingen verfügte zunächst, nachdem er den Rückzugsentschluß Puhallos erfahren hatte, daß GdK. v. der Marwitz auch von der 22. ID. ein Regiment und drei Batterien dem Nordflügel der 1. Armee zusende. Conrad wurde gebeten, eine verläßliche Division nach Stojanów heranzuführen. Die Heeresleitung sorgte denn auch gleich für eine Verstärkung der bedrängten Armee. Der nächste, schlagbereite Truppenverband stand bei Brody. Mittags wurde Böhm-Ermolli beauftragt, die halbe 33. ID., FML. Hordt1), sogleich über Lemberg nach Stojanów abzubefördern; sie konnte hier am 22. erwartet werden. Als Ersatz war die andere Brigade ehestens bei Brody zu versammeln. Aus dem eben erst übernommenen Abschnitte der 1. LstlBrig. war das in Reserve stehende k. k. LstlR. 22 dem XVIII. Korps zu übergeben, damit FML. Czibulka seinen Nordflügel bis zum Anschlüsse an die neue Stellung der 46. SchD. leichter strecken könne. Nachdrücklichst wurde das 1. Armeekmdo. darauf aufmerksam gemacht, daß das zähe Behaupten des Kampfraumes für die Lage an der ganzen galizischen Front entscheidend sei. Weitere Verstärkungen wurden in Aussicht gestellt.

Der Nordteil der Armee Puhallo befand sich seit dem Morgengefechte im Rückzug. Der Feind hatte auch mit der 10. ID. und der 101. RD. bis Merwa und Smolawa nachgestoßen, wobei die 10. ID. hinter die 7. zu stehen kam. Nun drängten sich in dem engen Gebiete zwischen Lipa und Styr drei Infanteriedivisionen und die Kombinierte KD., die morgens nachgerückt war. Bevor man den Angriff fortsetzen konnte, mußten erst die Verbände geordnet werden. Die Truppen waren aber durch die Kämpfe und Märsche auf dem von mehrtägigem Regen aufgeweichten Boden erschöpft; die 101 RD. hatte überdies durch blutige Einbußen sehr gelitten, so daß ein neuer Angriff nicht mehr zustande kam. Man ließ dem weichenden Gegner nur Aufklärer folgen2).

Im Laufe des Vormittages bezog die k.u.k. 7. ID., durch deutsche Bataillone aufgenommen3), ihren zugewiesenen Abschnitt. Bis Mittag

r 65. IBrig., IR. 12 und 83, zwei Batterien.

Giltschewskij, 120. — Nadeschnij, 44 ff.

3) Schwedt, 184 f.

war auch die geschwächte 92. SchBrig. rechts neben der 48. ID. größtenteils eingelangt. Die 91. SchBrig., die sich regimenterweise von links nach rechts gestaffelt zurückzuziehen hatte, fiel der Feind wiederholt an und fügte ihr bedeutende Verluste zu1). Abends standen alle Truppen, allerdings noch unausgeglichen, in der neuen Verteidigungslinie.

Schon nachmittags hatte Linsingen den Frontabschnitt nördlich von der Sydolowka dem Befehlsbereiche des GdK. v. der Marwitz zugeschlagen. Dieser teilte hierauf seine Armeegruppe für die Folgezeit in drei Untergruppen. Dem GLt. Dieffenbach wurden die diesseits der neuen Grenze stehenden Teile der 46. SchD., die 48. ID. und eingesetzte deutsche Abteilungen unterstellt, das Korps Falkenhayn hatte aus der öst.-ung. 7. ID. mit der 21.KBrig. sowie aus der 22. ID. und der43.RD. der Deutschen zu bestehen 2) und GLt. Beckmann sollte seine 108. ID. und die Kavalleriegruppe Leonhardi führen.

GO. Böhm-Ermolli, der stets den bevorstehenden Anschlag auf Brody vor Augen hatte, sah durch das Zurückweichen der 1. Armee seine Nordflanke bedroht und widerrief am 21. die bereits nach Süden eingeleitete Verschiebung des IR. 76 (S. 632). Da sowohl er wie auch FML. Kosak den linken Flügel des benachbarten XVIII. Korps vor Lesz-niów, wo die neubezogene Stellung der 46. SchD. anschloß, ungenügend gesichert hielten, wurde abends in Teschen beantragt, das IR. 76 am folgenden Tage der 1. Armee unter der ausdrücklichen Bedingung zu überweisen, das Regiment vor Leszniów in die Front zu stellen. Conrad stimmte zu, und dem GO. Puhallo war der Kraftzuwachs höchst willkommen. Damit der sichere Anschluß an die Gruppe Marwitz und an die Südarmee, falls sich die erstere trotz eingesetzter Verstärkungen zwischen Leszniów und Strzemilcze nicht behaupten könnte, dennoch gewährleistet werde, befahl die Heeresleitung, daß die Armee Böhm-Ermolli zur Vorsorge die Sereth—Graberka—Łuhstellung den Oberlauf des Styr entlang bis Stanislawczyk verlängere. Hier sollte die Armee Puhallo fortsetzen und eine Linie längs der Niederung, die über Łopatyn nach Radziechów streicht, dann an Stojanów vorbei bis an die Lipa bei Boroczyce ausbauen.

!) Die Abgänge der 46. SchD., die durch Truppenzuweisungen sehr stark gewesen war (22.700 Feuergewehre), betrugen über 10.000 Mann und einige Geschütze.

2) Innerhalb des Korps wurde aus der 7. ID., der 21. KBrig. und der 43. RD. die Gruppe Runckel gebildet.

Stillstand der Russen in Ostgalizien und weiteres Vorgehen Letschitzkis in den Karpathen

(16. bis 20. Juli)

Hiezu Beilagen 24 und 27

Während im Flußgebiet des Styr und der Lipa eine neue Schlacht aufflammte, hatten weiter südlich zwischen Ikwa und Sereth, an der oberen Strypa, am Koropiec und zwischen Dniester und Pruth nur örtliche Kämpfe stattgefunden, die ohne Bedeutung waren. In den Kampfhandlungen der 7. und der 9. Armee der Russen war seit Mitte Juli ein längerer Stillstand eingetreten. Gen. Schtscherbatschew wartete nach dem bei Monasterzyska erlittenen Mißerfolg auf den Augenblick, wo Letschitzkis Nordflügel wieder vorwärtsschreiten würde. Die russische

9. Armee hatte sich aber von dem schweren Ringen bei Kolomea noch nicht erholt. Gen. Letschitzki gedachte den steckengebliebenen Angriff auf Stanislau und auf Nadworna erst wieder aufzunehmen, sobald Brus-silows Nordflügel zum Schlage auf Kowel ausholen werde. Dieser entscheidende Angriff war von Brussilow abermals hinausgeschoben worden (S. 615). In der Zwischenzeit — so war es in den am 15. Juli erlassenen Weisungen Brussilows angeordnet worden — sollten die russischen Kräfte in den Waldkarpathen den erfolgreich begonnenen Kampf auf den Paßlinien weiterführen1).

Am 16. Juli war ein Regiment der russischen 103. RD. mit der UssuriKosD. über den Grenzkamm des Waldgebirges im Vorgehen auf Borsa. Der Feind verdrängte die nördlich des Prislopsattels vorgeschobenen Sicherungen des k.u.k. XI. Korps, setzte sich auf der Gura Ru-cada fest und erschien abends schon vor Borsabánya. Mjr. Russ stellte seine schwachen Kräfte (drei Bataillone, eine Batterie) am 17. südlich der Gura Rucada bereit, um den auf Borsa vordringenden Feind aufzuhalten, bis Verstärkungen herbeigeeilt waren. FML. Habermann hatte mittlerweile ein Bataillon des IR. 13 mit Lastautos von Jacobeny auf den Prislopsattel entsandt.

Zugleich mit der Bedrohung von Borsa war auch das Kavalleriekorps Brudermann in Bedrängnis geraten. Am 16. vormittags griffen Truppen des russischen XI. Korps die k.u.k. 8. KD. an und durchbrachen ihre dünne Front auf den Höhen nordwestlich von Tatarów und im Pruthtale. Tatarów ging verloren, doch konnten die nachdrän-

1, Zajontschkowskij, 46.

genden Russen südlich davon zum Stehen gebracht werden. Bei Wo-rochta und weiter südöstlich hielt die 202. HIBrig. noch fest. Die 3. KD. war nahe daran, bei Żabie feindlichem Drucke zu erliegen.

Doch war jetzt bereits die 34. ID., FML. Rudolf Krauss, nach Máramaros-Sziget im Anrollen. Mit Rücksicht auf die Lage bestimmte GO. Pflanzer-Baltin das IR. 101, einen Teil der leichten Artillerie und die schweren Batterien dieser Division als Verstärkung für die bedrängte 8. Kavalleriedivision. Die nur aus vier Bataillonen und vier Batterien bestehende 68. IBrig. sollte nach F. Vissó weiterbefördert, das zuletzt anrollende IR. 29 der 67. IBrig. als Armeereserve in Rahó ausgeladen werden. Wohl oder übel mußte sich das Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Karl Franz Joseph mit diesen Maßnahmen einverstanden erklären, obwohl man in Chodorów beabsichtigt hatte, die 34. ID. geschlossen über die Kopilashöhe und Żabie in der Stoßrichtung auf Kosów einzusetzen.

Am 17. Juli meldete GO. Pflanzer-Baltin, daß er auch das IR. 29 nach F. Vissó heranziehen werde, um mit möglichst starken Kräften der

34. ID. den auf Borsa vorgedrungenen Feind über das Waldgebirge auf Jalowiczora in das Tal des Bilyj Czeremosz zurückzuwerfen. Das Heeresgruppenkmdo. nahm diesem Vorhaben gegenüber einen ablehnenden Standpunkt ein. Einmal aus dem Grunde, weil es die 34. ID. nicht in einer Stoßrichtung ausspielen lassen wollte, aus der sie später bei einem etwaigen Angriff der neuzubildenden 3. Armee nicht mitwirken konnte. Dann hegte das Heeresgruppenkmdo. nicht unberechtigte Zweifel, ob der 34. ID., die keine Gebirgsartillerie hatte, in dem unwegsamen Waldgebirge ein Erfolg blühen werde. Man war sich auch noch nicht klar darüber, ob die Russen gegen Borsa einen ernsten Angriff führten. Nach Auffassung des Heeresgruppenkmdos. schien sich der Hauptdruck des Feindes gegen den Tartarenpaß zu richten. Das zuletzt anrollende IR. 29 dürfe daher nicht nach Borsa abgezweigt werden.

Demgegenüber machte GO. Pflanzer-Baltin geltend, daß er zunächst für die Sicherheit der Straße Kirlibaba—Prislopsattel—F. Vissó, eine sehr wichtige Rochadelinie der 7. Armee, zu sorgen habe. Der auf Borsa vorgebrochene Feind bedrohe das XI. Korps und das Kavalleriekorps Brudermann in Flanke und Rücken. Sei der Feind dort über den Gebirgswall geworfen, so würden die auf Borsa abgelenkten Streitkräfte ohnehin sogleich in den Kampfraum des Kavalleriekorps Brudermann geführt werden. Das IR. 29, dessen Eintreffen erst am

20. zu erwarten sei, würde, wie ursprünglich beabsichtigt, nach Rahó gefahren werden.

Der nur als Abwehrmaßnahme mit den notwendigsten Kräften geplante Vorstoß über das Gebirge nördlich des Prislopsattels hatte inzwischen seine Dringlichkeit verloren. Am 18. zeigte sich, daß der Feind unter dem Schutze des Nebels die Gura Rucada und die anschließenden Höhen geräumt hatte. Rasch entschloß sich GO. Pflanzer-Baltin, die im Bereiche des XI. Korps eingelangten Teile der 34. ID. mit Ausnahme eines Bataillons über F. Vissó, Ruszpolyána und auf dem Wege über die Kopilas der 3. KD. zuzuführen.

Nach aufreibendem Kleinkrieg im schwierigen Gebirgsgelände war diese Division mittlerweile dem Drucke der Russen erlegen. Sie wurde am 18. auf ihrem linken Flügel bei Żabie eingedrückt und mußte auch ihren von Umfassung bedrohten rechten Flügel zurückbiegen. Am 19. sammelten sich die arg hergenommenen Reiterregimenter unter Zurücklassung von Sicherungen in der Linie Hryniawa—Bystrzec und auf dem Wege zur Kopilas. Durch das Ruszkovatal stiegen indessen drei Bataillone der 68. IBrig. den Gebirgswall empor, um der abgekämpften 3. KD. den schon dringend notwendigen Rückhalt zu geben. Links von der 3. KD. hatte sich die 202. HIBrig. auf der Kostrycza, auf den Höhen beiderseits von Ardżeluża und östlich von Worochta eingeschanzt und hütete die Übergänge in die Täler der Weißen und Schwarzen Theiß. Die 8. KD. stand noch auf den Höhen südlich und westlich von Tatarów. Sie wurde vom Feinde andauernd bedrängt. Zu ihrer Entlastung hatte GO. Pflanzer-Baltin mittlerweile die 6. GbBrig. der hinter dem rechten Flügel des VIII. Korps bereitgestellten 59. ID. über Pasieczna in südöstlicher Richtung ansetzen wollen. Aber auch diesen Plan lehnte das Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Karl Franz Joseph ab, offenbar aus dem Grunde, damit nicht Teile der 59. ID. der zwischen Pruth und Dnie-ster neuzubildenden Durchbruchsarmee entzogen würden. Die Divisionen der 7. Armee waren noch immer ziemlich durcheinander geworfen. Schon hatte der ungarische Landesverteidigungsminister Einspruch erhoben, daß die Reste der 51.H1D. in andere Truppenkörper der Gruppe Šnjarič eingereiht worden waren. Am 17. erhielt GO. PflanzerBaltin vom Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Karl Franz Joseph neuerlich den Befehl, die alten Divisionsverbände wieder herzustellen. Demgemäß ordnete das 7. Armeekmdo. die Neuaufstellung der 51.HID. aus ihren Truppenresten und aus Ersätzen an. Den Befehl über diese Division hatte wieder GM. Foglár zu übernehmen, an dessen Stelle das 215. IBrigkmdo., Obst. v. Berzeviczy, nach Jacobeny berufen wurde, um den Befehl über den rechten Flügel des XI. Korps zu führen. Ferner waren vom XI. Korps das 10. IBrigkmdo. und das IR. 13 zum VIII. Korps heranzuziehen und mit dem auf dessen Südflügel befindlichen Kräften, der 5. ID., zu vereinigen. Ihr Kommandant war jetzt GM. v. Felix. An Stelle des IR. 13 hatte die Gruppe FML. Snjarić das HIR. 20 an das XI. Korps abzugeben.

Bevor diese Neugliederung der Kräfte innerhalb der 7. Armee durchgeführt war, ließ GO. Pflanzer-Baltin mit Zustimmung des Hee-resgruppenkmdos. den Südflügel des VIII. Korps einen kurzen Vorstoß unternehmen, um die südlich von Delatyn über den Pruth vorgedrungenen russischen Kräfte über den Fluß zurückzuwerfen und die nur lockere Verbindung zwischen dem Korps Benigni und dem Kavalleriekorps Brudermann endlich sicherzustellen. Am 18. nachmittags traten die 5. ID. und die 18. GbBrig. an. Schwieriges Gebirgsgelände, Regen und Nebel erschwerten das Unternehmen. Dennoch vermochten die tapferen Angreifer bis zum 19. in der Früh den Feind zwischen Delatyn und Dora über den Pruth zurückzuwerfen. Mehr als 500 Russen, die den Rückweg über den hochangeschwollenen Fluß nicht mehr fanden, wurden gefangen genommen und zwei Maschinengewehre erbeutet.

Eine Entlastung konnte dieser örtliche Vorstoß der andauernd bedrängten 8. KD. allerdings nicht bringen. Diese Division wurde am 19. abends auf ihrem linken Flügel in die Wälder nördlich von Jablonica zurückgedrängt. FML. Rudolf Krauss, der Kommandant der 34. ID., führte die in Lazescsina ausgeladenen Truppenteile der 67. IBrig. heran. Im Gegenstoß wurde der auf den Tartarenpaß vordrängende Feind am

20. Juli zum Stehen gebracht. Allmählich konnte die schwer geschädigte

8. KD. aus der Front herausgelöst und mit einem Bataillon der 34. ID. bei Körösmezö als Armeereserve versammelt werden.

Das XI. Korps in der Südbukowina war indessen ziemlich unbehelligt geblieben. Am 20. griffen Teile der russischen 82. ID. die Höhe Capul bei Kirlibaba an, sie wurden jedoch von Truppen der 40. HID., GM. Nagy, abgewiesen. Im Gebirge nördlich des Prislopsattels und bei Borsabánya standen noch russische Kräfte. Das mittlerweile durch ein Bataillon des IR. 13 verstärkte Detachement Russ war beauftragt, diesem Feind, falls er zurückging, nachzustoßen und den Grenzkamm wieder zu besetzen.

In solcher Lage war am 20. vormittags das aus Tirol herangezogene 3. Armeekmdo., GO. Kövess, in Bohorodczany eingetroffen. Nun traten die am 15. Juli erlassenen Weisungen der Heeresleitung (S. 622) in Kraft. GO. Kövess übernahm den bisherigen Nordflügel der 7. Armee ^Vlll. und das aus der Gruppe Šnjarič neugebildete I. Korps) sowie die Gruppen Hadfy und Kraewel als neue 3. Armee. GO. Pflanzer-Baltin verlegte sein Hauptquartier nach Máramaros-Sziget.

F ü h r e r e n t s c h 1 ü s s e bei Feind und Freund (19. bis 21. Juli)

Die Stawka hatte durch die am 9. und 15. Juli erlassenen Befehle die entscheidungsuchende Kriegshandlung des Sommerfeldzuges dem Führergeschicke Brussilows anvertraut (S. 609 und 615). Nach Ansicht Alexejews konnte die deutsche Ostfront, die durch einen Stirnangriff nicht zu zertrümmern war, nur mehr aus der Flanke über Kowel—Ko-brin ins Wanken oder zum Einsturz gebracht werden. Der Fall des deutschen Südflügels mußte auch das Los des öst.-ung. Heeres besiegeln. Diesem einen Ziel sollte alles, was an Kräften nördlich des Pri-piatj verfügbar war, dienen. Durch den Einsatz der Garde allein glaubte Alexejew der Südwestfront schon eine bedeutende Überlegenheit gegen die Streiterzahl der Mittelmächte zu verschaffen. Sein Stab wie jener Brussilows errechneten einen Überschuß von 290.000 Gewehren gegenüber den Verbündeten35). Diese Übermacht ließ sich durch den Zuschub freiwerdender Truppen, vor allem von der benachbarten Westfront, noch steigern. Gen. Ewert war bereits am 12. Juli verständigt worden, daß er das III. Korps an Gen. Lesch zurückzugeben und das IV. sib. an die Südgrenze zu stellen habe2).

Am 17. Juli meldete sich Gen. Bezobrazow, der Befehlshaber der Gardearmeeabteilung, im Hauptquartiere Brussilows. Nun mußte über die Verwendung der Garde beim Angriff auf Kowel und damit über den Angriff der gesamten Heeresfront entschieden werden. Wegen des überaus ungünstigen Geländes beiderseits des Schienenweges Rowno— Kowel schlug Bezobrazow nach persönlichem Augenschein am 19. vor, seine Armee über Niemir—Rajmiesto in der Richtung auf Ozierany anzusetzen. Zu gleicher Zeit unterbreitete auch Gen. Lesch seinen Angriffsentwurf. Der Raum Pinsk sollte durch einen von Norden her über den Oginskikanal auf Iwanowo geführten Vorstoß des IV. sib. Korps — falls es in den Stand der 3. Armee treten würde — und durch einen entgegengesetzten Stoß des III. Korps samt der 83. ID. von Süden aus abgeschnürt werden. Reiterei sollte gegen die Strecke Iwanowo—Ko-brin Vordringen. Brussilow stimmte den Vorschlägen beider Armeeführer zu und ließ am 19. die grundlegenden Verfügungen für den Angriff seiner ganzen Heeresmacht ergehen.

Die 3. Armee, in deren Verband am nächsten Tage das III. Korps und das I. turk., ferner die 4. finn. SchD. gelangten, hatte Kowel von Norden und Osten, die neugebildete „Besondere Armee“1), Gen. Bezobra-zow, von Süden aus anzugreifen.. Gen. Lesch hatte sich ferner der Übergänge bei Newel sowie jener über den Unterlauf des Stochod bis Lu-bieszów zu bemächtigen und in den Rücken der gegnerischen Gruppe bei Pinsk vorzustoßen. Die 8. Armee sollte mit dem wieder zugeteilten

VIII. Korps Wladimir-Wolynski nehmen, die 11. Armee über Brody gegen Lemberg Vordringen. Die 7. und die 9. Armee hatten ihre begonnenen Angriffsbewegungen fortzusetzen2). Tagsdarauf wies Alexe-jew nach Rücksprache mit dem Stabschef Brussilows das IV. sib. Korps der 3. Armee zu. Nun erhielt Gen. Lesch am 21. noch den ergänzenden Befehl, dieses Korps, so wie beabsichtigt, bei dem Unternehmen gegen Pinsk zur Unterstützung des mit der Hauptaufgabe bedachten III. Korps zu verwenden. Wann losgeschlagen werden sollte, blieb noch offen. Die Garde hoffte, am 23. Juli angriffsbereit sein zu können3).

Während Brussilow in Wolhynien zum allgemeinen Angriff auf Kowel rüstete, wandten Conrad und Falkenhayn dem südlichen Heeresflügel erhöhte Aufmerksamkeit zu. GO. Conrad war der kräftezersplitternden Flickarbeit müde und ersehnte die Verwirklichung des schon seit längerem geplanten Vorstoßes den Dniester entlang. Dieses Offensivunternehmen schien dringlich geworden. Die Russen standen bereits vor den nordöstlichen Eingangspforten Ungarns. Der Nachrichtendienst des k.u.k. AOK. ließ erkennen, daß sich Rumänien zum Losschlagen vorbereite, und daß Vereinbarungen zwischen dem Moldaukönigreich

x) Die „Besondere Armee“ umfaßte: das I. und das II. Gardekorps, das I. und das XXX. Korps, ferner das Gardekavalleriekorps (zu drei Divisionen) und das V. Kavalleriekorps.

2)    K 1 e m b o w s k i, 76 ff. und Beilage 9. — Zajontschkowskij, 49 f.

3)    K 1 e m b o w s k i, Beilage 10.

und der Entente wegen des Kriegseintrittes im Zuge seien. Allerdings glaubte GdI. Falkenhayn, daß dieses Losschlagen nicht vor dem Einbringen der Ernte im September zu erwarten sei und dies auch dann nur, wenn sich die Lage des k.u.k. Heeres an der südlichen Ostfront bis dahin weiter verschlechtern sollte J). Um so eher konnte man die Hoffnung hegen, daß ein Erfolg über die 9. Russenarmee die rumänische Regierung wieder ins Wanken bringen und den Eintritt Rumäniens in den Krieg noch weiter verzögern werde.

Der Wunsch, wegen Rumänien am südlichen Heeresflügel einen Umschwung herbeizuführen, drängte GO. Conrad zu einer persönlichen Aussprache mit GdI. Falkenhayn, die am 18. Juli in Berlin stattfand. Falkenhayn forderte bei dieser Besprechung vornehmlich die Zusammenfassung der Front zwischen Pripiatj und Dniester unter dem Oberbefehl des GFM. Hindenburg, worüber man sich allerdings einstweilen noch nicht einigen konnte. Daneben spielte auch die Frage, wie die notwendigen Kräfte für die Offensive südlich vom Dniester bereitgestellt werden könnten, eine Rolle. Angesichts der großen politischen Bedeutung eines Einfalles auch nur untergeordneter russischer Kräfte in Ungarn stand bei Falkenhayn die Sicherheit der Karpathenfront im Vordergrund des Interesses. Er erklärte sich bereit, für den Gebirgskrieg besonders geeignete deutsche Verstärkungen an die k.u.k. 7. Armee abzugeben.

Am 19. Juli wurde GO. Conrad von der DOHL. verständigt, daß die deutsche 2. Jägerbrigade des Alpenkorps über Oderberg im Antransport sei. Tags darauf erhielt er die höchst willkommene Nachricht, daß die auf 10 Bataillone und 15 Batterien, darunter 6 Gebirgs-kanonenbatterien, verstärkte 2. Jägerbrigade als „Karpathenkorps“ unter Befehl des GLt. v. Conta der 7. Armee zugeführt werde. Die ersten Transporte waren schon am 23. in Máramaros-Sziget zu erwarten.

Gleichzeitig zog die DOHL. Landsturmtruppen (deutsche 9. LstBrig.) zur Südarmee heran, um die deutsche 1. RD. für die Armee Kövess freizumachen. GO. Conrad hatte mittlerweile die k.u.k. 106. LstlD. aus der Isonzofront herausgezogen. Auch ihre Transportzüge rollten bereits nach Oderberg und sollten im Einverständnis mit Falkenhayn zur Heeresgruppe Hindenburg weitergeleitet werden, um baldmöglichst eine zweite deutsche Division für die Armee Kövess freizumachen. Die im Verbände des k.u.k. VIII. Korps befindliche 24. ID. sollte ebenfalls zur Heeresgruppe Hindenburg gesandt werden, damit diese eine weitere deutsche Division für die Armee Kövess abgeben könne.

Falkenhayn, Heeresleitung, 215.

Auch wurden jetzt von der k.u.k. Heeresleitung die ersten notdürftigen Verteidigungsvorbereitungen in Siebenbürgen getroffen. Am

20. Juli ordnete die Heeresleitung den Abtransport der bei Kowel in Erholungsquartieren befindlichen 11. HKD. nach Siebenbürgen an. Dorthin hatte auch die arg hergenommene 61. ID. von der Gruppe Marwitz zu folgen. Ende Juli wurden fünf Etappenbataillone aus dem Bereiche der 4. Armee und vier Etappenbataillone aus Krain und aus Südtirol nach Siebenbürgen verlegt. Das dem GO. Pflanzer-Baltin unterstellte Militärkmdo. Hermannstadt unter FML. Njegovan hatte die Etappenbataillone zu etwaigen Räumungsarbeiten zu verwenden, während die schon in Siebenbürgen stehenden Truppen — Ersatz- und Marschbataillone, Landsturmformationen, Gendarmerieabteilungen, drei aus Arbeitern der Kohlengruben von Petrosény aufgestellte Bergwerksbataillone und Ersatzbatterien — fürs erste zur Verteidigung der befestigten Maros— Kokellinie ausersehen waren.

In einem am 20. dem 12. Armeekmdo. (Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Karl Franz Joseph) erteilten Befehle betonte die Heeresleitung, daß für ,,die Gesamtlage ein positiver Erfolg gegen die russische

9. Armee von besonderer Bedeutung wäre“. Zugleich stellte Teschen den Abtransport von drei neuen deutschen Divisionen zur 3. Armee in Aussicht. Die 7. Armee, verstärkt durch die neuangekommene 34. ID. und durch das noch zurollende deutsche Karpathenkorps, werde sich dem Angriff der Armee Kövess anzuschließen haben. Das 12. Armeekmdo. hatte seine Pläne für die Bereitstellung der zugesagten Verstärkungen und für den Schlag gegen die 9. Russenarmee zu melden.

Am 21. eröffnete der Erzherzog-Thronfolger die leitenden Gedanken des 12. Armeekmdos. für den beabsichtigten Offensivstoß südlich vom Dniester und aus den Karpathen. Aus den zugesagten drei deutschen Divisionen und aus der deutschen 105. und 119. ID. sollte im Raume südöstlich von Stanislau eine Durchbruchsgruppe gebildet werden, um mit ihr aus der Front Chlebiczyn Leśny—Jezierzany in der Richtung auf Kulaczkowce und auf Czerniatyn anzugreifen. Die Gruppe GM. Leide, die 5. HKD. und die 6. KD. hatten die Nordflanke der fünf Divisionen starken Hauptstoßgruppe zu schützen, rechts von ihr die 21. SchD., die 42. HID. und die 30. ID. gegen den Raum nördlich von Kolomea vorzugehen. Beiderseits des Pruth sollte eine zweite Angriffsgruppe,

44. SchD., 5. und 59. ID., in der Richtung auf Myszyn und auf Kolomea vorstoßen. Über den Karpathenwall hatte die Armee Pflanzer-Baltin gegen die Südflanke der 9. Russenarmee vorzubrechen. Hiezu sollte die 54. ID. den Angriff aus dem Raume Tatarów—Ardżeluża, mit dem linken Flügel über Mikuliczyn, Berezów Wż. auf Jablonów, mit dem rechten Flügel über Kosmacz auf Pistyń führen, während das Karpathenkorps von der Kopilas über Żabie und über Jablonica auf Kosów und Kutv vorzudringen hatte. Schließlich sollte das Kavalleriekorps Brudermann in die Südbukowina gezogen werden, um mit dem XI. Korps vereint gegen den oberen Sereth vorzustoßen.

E n 11 a s t u n g s v o r s t o ß aus der Mitte der Armee Pflanzer- Baltin

(21. bis 27. Juli)

Hiezu Beilagen 24 und 27

Die planmäßige Bereitstellung der Kräfte für diesen großen konzentrischen Angriff gegen die 9. Russenarmee konnte aber nicht durchgeführt werden. Der Kampf in den Waldkarpathen hatte inzwischen keine Unterbrechung erfahren. Als GO. Pflanzer-Baltin am 21. Juli von Bohorodczany in Máramaros-Sziget eintraf, war die Lage der 7. Armee folgend: Habermanns XI. Korps in der Südbukowina war vom Feinde in den letzten Tagen ziemlich unbehelligt geblieben. Auf seinem linken Flügel stand die Gruppe Mjr. Russ (2. Bataillon IR. 13, k. k. Landsturmbataillon 150, 2. Bataillon HIR. 19) auf der Gura Rucada. Das weitere Vorgehen dieser schwachen Gruppe durch das unwirtliche Waldgebirge gegen Jalowiczora war durch zunehmende Unbenützbarkeit der Straßen und durch Verpflegsschwierigkeiten einstweilen nicht möglich.

Die Widerstandskraft der am obersten Czarny Czeremosz sichernden 3. KD. hatte nachgelassen. Die Division war erschöpft und meldete, daß sie erst auf der Kopilas, wo die 68. IBrig. inzwischen Stellung genommen hatte, werde halten können. Auch der Zustand der 202. HIBrig. war wegen der aufreibenden Gebirgskämpfe und des schlechten Wetters äußerst bedenklich. Sie wurde abends von den Russen durchbrochen und wich hinter den obersten Pruth zurück. In einer Meldung der eben aus der Front herausgelösten 8. KD. hieß es, die Kleider der übermüdeten Mannschaft sind zerrissen, die Pferde entkräftet, auch sind viele Waffen unbrauchbar geworden.

Die anStelle der abgekämpften 8. KD. auf dem Tartarenpaß eingesetzte 67. IBrig. hatte mittlerweile den Rücken der 1270 m hohen Magura zurückerobert. Am 22. waren aber die Russen wieder im Vorgehen. Überraschende Vorstöße des Feindes über Worochta und von Ardżeluża brachten abends die 202. HIBrig. ins Wanken. Obst. Sávoly vermochte auch die Kiczera nicht zu halten. Zugleich ging der 67. IBrig. die Magura wieder verloren. FML. Rudolf Krauss, der den Befehl über den Abschnitt vom Bystrzycatal bis zum Turkul übernommen hatte, beantragte beim 7. Armeekmdo. die Zurücknahme der 202. HIBrig. und der 67. IBrig. in die auf dem Grenzkamm und auf dem Tartarenpaß vorbereiteten Stellungen. GO. Pflanzer-Baltin genehmigte diesen Vorschlag.

Die Ausladung für das anrollende deutsche Karpathenkorps war mittlerweile vom Heeresgruppenkmdo. bei Ruszpolyána festgelegt worden. Am 23. Juli, gerade einen Tag bevor die ersten Transportzüge einlangten, meldete GO. Pflanzer-Baltin dem Heeresgruppenkmdo., daß eine Verstärkung der Front des FML. Krauss dringlich erscheine, wenn man den Tartarenpaß halten wolle. Dies wäre zu erreichen, wenn die 68. IBrig. auf der Kopilas durch ein Regiment des Karpathenkorps freigemacht und auf den linken Flügel verlegt werden würde. Zwei Regimenter des Karpathenkorps wollte GO. Pflanzer-Baltin über Körösmezö ebenfalls auf den Tartarenpaß entsenden, wo sie am schnellsten zur Wirkung gebracht werden konnten. Dem Heeresgruppenkmdo. kam es aber darauf an, die neu ankommenden deutschen Verstärkungen zusammenzuhalten und es bestand darauf, daß diese Kräfte zunächst bei Ruszpolyána versammelt würden, um dann erst in der Richtung Kopilas, Żabie, Kosów vorzustoßen. Hier schienen die Russen nur schwache Kräfte zu haben, während sie vor dem Tartarenpaß ziemlich dicht standen. Doch die gespannte Augenblickslage am linken Flügel der 7. Armee forderte baldigen Angriff zur Entlastung der Gruppe FML. Krauss. So entschloß sich das Heeresgruppenkmdo. zu einem kurzen Vorstoß der Gruppe FML. Brudermann (68. IBrig., 3. KD.) von der Kopilas her. Unter Mitwirkung des Karpathenkorps sollte später dieses Unternehmen zum tiefen Einbruch in die russische Front weitergeführt werden.

Habermanns linker Flügel war am 23. im Gebirge nördlich des Prislopsattels von den Russen angegriffen worden. Teile des IR. 13, die gerade zum VIII. Korps abtransportiert werden sollten (S. 641), wurden wieder zurückgeholt, doch vermochte die Kampfgruppe des Mjr. Russ ihre Höhenstellungen auf der Gura Rucada zu halten.

Auf den Zugangswegen, die über die Kopilas und über den Tartarenpaß nach Ungarn führen, war inzwischen Letschitzkis Vorgehen zum Stehen gekommen. Vor der Front der Gruppe Brudermann schanzten die Russen auf den Bergkämmen östlich des Czarny Czeremosz. Die

Gruppe FML. Rudolf Krauss hatte sich in der Nacht auf den 23. ohne Zv.'ischenfall in die Befestigungen am Tartarenpaß zurückgezogen. Ihr gegenüber waren die Feinde nicht über den Gipfel beiderseits von Jablonica und über die Kiczera weiter vorgerückt.

Am 24. Juli gab GO. Pflanzer-Baltin, der sich auf die Kopilas begeben hatte, dem FML. Brudermann die Befehle für den Angriff. Als Hauptstoßgruppe hatte die 68. IBrig. — sie zählte allerdings nur 4 Bataillone und 6 Batterien — über die Ludowa Höhe A 1466 und über die Bergrücken östlich des Czarny Czeremosz vorzugehen. Die Schützendivisionen der 3. KD. sollten den Talstoß über Jawornik auf Żabie führen. Je ein Reiterregiment hatte den Angriff rechts und links zu begleiten.

Am 26. früh traten die 68. IBrig. und die 3. KD. an. Die Angreifer vermochten von der Kopilas und von dem Grenzkamm östlich und westlich davon etwa drei bis vier Kilometer durch den Hochwald vorwärtszukommen. Vorausgesandte Stoßtrupps drangen auf dem rechten Ufer der Czarny Czeremosz in die russische Vorpostenlinie ein, wurden aber durch feindliche Gegenangriffe wieder zur Umkehr gezwungen.

Am 25. in der Früh setzte die Gruppe FML. Brudermann die Vorrückung fort und erreichte um Mittag nach mühevollem Abstieg die Tiefe des Czeremosztales. Weiter gelangte der Angriff der 68. IBrig. wegen der großen Ermüdung der Truppen nicht. Teile der 3. KD. stiegen noch im erfolgreichen Kampfe mit russischen Vortruppen den steilen Abhangrücken der Baba Ludowa empor und besetzten den Gipfel der Kamieniec. Gegen Abend versuchten die Russen den Gegner wieder in das Czeremosztal herabzuwerfen. Das tapfere DR. 3 vermochte aber den mühsam erzielten Raumgewinn zu behaupten1).

Am 27. früh arbeitete sich die 68. IBrig., unterstützt von der

3. KD., auf den von der Ludowa nach Nordwesten streichenden Rücken empor. Die ermüdeten Truppen Brudermanns konnten aber nicht in die russischen Hauptstellungen eindringen. Am Nachmittag wurden die auf den Höhen nördlich von Szybeny stehenden Sicherungsabteilungen geworfen. Die Artillerie konnte in dem unübersichtlichen Waldgelände nicht zur Wirkung kommen. Regen und Nebel nahmen jede Sicht. Unter dem schlechten Wetter hatten die Streiter schwer zu leiden. Auch machten sich große Verpflegsschwierigkeiten geltend. FML. Brudermann meldete seinem Armeekommandanten die schwierige Lage. GO. PflanzerBaltin forderte Ausharren in der jetzigen Stellung. Es sollte der Nebel für einen überfallsartigen Bajonettangriff auf die russischen Höhenstel-

x) Sacken, 408 f.

lungen ausgenützt oder auf besseres Wetter gewartet werden, um dann den Angriff mit verstärkter Artillerie wieder aufzunehmen. Die letzten Transportzüge des deutschen Karpathenkorps waren bereits bei Rusz-polyána ausgeladen. GLt. Conta, der Führer dieses Korps, stellte seine Streitkräfte zum Vormarsch über den Gebirgswall bereit.

Neuerliche Vereitelung des Bereitstellens der Durcbbruchsgruppe

am Dniester

(21. bis 27. Juli)

Gedeckt durch den tief in die Waldkarpathen vorgerückten linken Flügel rüstete Letschitzki im letzten Julidrittel zum Angriff auf Sta-nislau und Nadworna, den er gleichzeitig mit dem entscheidenden Vorgehen Brussilows auf Kowel zu führen gedachte (S. 638). Ganz untätig blieb er indes in der Zwischenzeit auf seinem rechten Flügel nicht. Schon am 20. versuchten russische Truppen von Jaremcze aus in die Flanke des k.u.k. VIII. Korps vorzustoßen. Der Erfolg blieb aus. Die auf den Höhen westlich vom Pruth sichernde 9. IBrig. wehrte den Feind ab. In den folgenden Tagen mußten bei Dora und an verschiedenen Stellen zwischen Pruth und Dniester Erkundungsvorstöße der Russen von den Stellungsdivisionen der k.u.k. 3. Armee abgewiesen werden. GO. Kövess schob die aus drei Bataillonen der Gruppe Hadfy neugebildete Abteilung Obst. Kranz in den Kampfabschnitt der 5.HKD. ein, dehnte die 30. ID. (16. IBrig. und IR. 97) und die 44. SchD. nach rechts aus und ermöglichte dadurch das Herausziehen der 24. ID. bei Delatyn. Zugleich wurde die 59. ID., GM. Kroupa, an Stelle der 5. ID. auf den Höhen westlich von Dora und von Jamna eingesetzt und ihr rechter Flügel so weit verlängert, daß der Anschluß an die auf dem Jablonica-paß stehende 34. ID. gesichert war. Aus den Trümmern der neuaufzu-stellenden 51.HID. war in Majdan Srd. ein Regiment gebildet worden. Das nunmehr vom FML. v. Csicserics befehligte XIII. Korps hatte das HIR. 302 an seine Stammdivision zurückzustellen. Die aus der Front herausgelösten Truppen der 24. und der 5. ID. rückten im Laufe des

22. und des 23. nach Nadworna. Am 24. rollte die zum Austausch mit deutschen Kräften bestimmte k.u.k. 24. ID. zur Heeresgruppe Hindenburg ab. Bei der Gruppe Hadfy war die KBrig. GM. Fluck schon anfangs Juli aufgelöst worden.

Bei der Südarmee vergingen die Tage seit dem 21. Juli mit Feuer-

Überfällen der beiderseitigen Artillerien und mit Erkundungsvorstößen der Russen, aber auch mit solchen der verbündeten deutschen und öst.-ung. Truppen am Koropiec, auf der Hügelflur zwischen diesem Flusse und der Strypa, bei Kozłów und an der Bahnlinie östlich von Jezierna. Bei Worobijówka und bei Iiladki im Serethgrund, wo die beiden Gegner dicht gegenüber lagen, flammten Minenkämpfe auf. Der Feind stand der Mitte der Südarmee wie bisher in dichter Aufstellung gegenüber. Ein neuer Russenangriff auf Monasterzyska war zu erwarten. GdI. Both-mer schob am 20. Juli die in Reserve befindliche 12. ID. zwischen dem XIII. Korps und der 1. RD. in die Front ein. Ein Regiment dieser Division und die hart mitgenommene 39. HID. lagen bei Monasterzyska hinter dem VI. Korps. Bis zum 24. Juli waren die zur Ablösung der l.RD. bestimmten deutschen Landsturmbataillone eingetroffen. Diese Truppen waren aber bisher nur im Etappendienst verwendet worden, sie waren nur mangelhaft bewaffnet, ohne Artillerie und Anstalten und mußten erst ausgerüstet und für den Kampf noch geschult werden. Die 1. RD. konnte daher aus dem am meisten gefährdeten Frontabschnitt von Hreherów nicht herausgelöst werden, und ihr Abtransport zur

3. Armee verzögerte sich.

Aber auch die deutsche 10. LD., die jetzt an Stelle der von Nadworna abgegangenen 24. ID. zur 3. Armee gelangen sollte, konnte nicht nach Stanislau gefahren werden. Sie mußte der Heeresgruppe Linsingen zugeführt werden, während die 106. LstlD., die ebenfalls deutsche Truppen für die 3. Armee freimachen sollte, über Lemberg nach Brody abgelenkt wurde. Dort und am Stochod drohte ein Angriff gewaltiger russischer Heeresmassen. Auf das baldige Eintreffen deutscher Verstärkungen bei Stanislau war somit nicht zu rechnen. Die von der k.u.k. Heeresleitung gehegte Hoffnung, hinter der 3. Armee eine Durchbruchsgruppe zu bilden und einen Umschwung am Südflügel herbeizuführen, war abermals zerstört.

Die Schlacht bei Brody (22. bis 28. Juli)

Hiezu Beilage 26

Der Feind war den Verbündeten südlich der Lipa bis zum 22. Juli gefolgt (S. 637) und setzte sich vor Marwitz im Anschlüsse an die Linie Pustomyty—Zwiniacze zwischen Krasów und Merwa fest. Bei der

1. Armee wurden des Morgens südlich der Sydolówka gegenüber der neuen Styrstellung zunächst nur Russen in stützpunktartigen Gruppen beobachtet. Das Bild änderte sich aber bald. Während des Tages mußten bei Strzemilcze schon Übergangsversuche des Feindes bekämpft werden, stärkere Kräfte schoben sich gegen Szczurowice heran, ebenso sammelten sich solche im Raume Leszniów—Korsów. Das 1. Armeekmdo. mußte erkennen., daß Sacharow dem erschütterten Nordflügel keine Ruhe gönnen wollte. Da GO. Puhallo den Gefechtswert der 46. SchD. gering einschätzte, bat er in Teschen um die Überlassung der ganzen 33. Division. Conrad schlug das Ansinnen ab und verwies darauf, GM. Urbański müsse, nachdem der jenseits des Styr südlich der Slonówka nach Osten verlaufende Stellungsteil des FJB. 25 dem XVIII. Korps zugeschlagen worden sei, die verkürzte Strecke zwischen der Rzeczkamiin-dung und der Sydolówka, gestützt durch die halbe 33. ID., halten können. Die in Radziechów eingetroffenen Abteilungen des FML. Iiordt kamen nach Zawidcze. Den verlängerten linken Flügel des XVIII. Korps, der Front nach Norden hatte, stärkte FML. Czibulka, indem er abends zwischen den Jägerbataillonen 25 und 10 vor Leszniów die drei Bataillone des IR. 76 einsetzte. Die 61. ID. wurde von Sokal westwärts nach Beiz verlegt.

GO. Böhm-Ermolli hegte noch immer Zweifel, ob sich der Nordflügel des XVIIL Korps, der südlich der Slonówka mit der Styrlinie der 46. SchD. einen einspringenden rechten Winkel bildete, werde behaupten können. GO. Puhallo erklärte nach Rücksprache mit FML. Czibulka, die Stellung sei mit den verfügbaren Kräften haltbar. Das 2. Armeekmdo. war entschlossen, den Raum um Brody bis zum äußersten zu verteidigen. Zwischen Lewiatyn und Koniuszków, dann zwischen der Makutra-höhe, Brody und der Boldurka wurde seit dem 21. eifrig geschanzt, um Riegelstellungen anzulegen. FML. Kosak erhielt an Stelle des IR. 76 das IR. 19 der 33. ID. als neue Reserve zugewiesen.

Am 23. sprachen sich die Absichten des Feindes gegen die 1. und die 2. Armee schon deutlich aus. Eine lange Marschsäule strebte von Beresteczko nach Leszniów. Der rege Funkverkehr der russischen Stationen verriet, daß die Befehlsstellen des XLV., des XXXII. und des

XVII. Korps näher an die Front gingen; die Transamurreiter und die Kombinierte KD. meldeten sich aus dem Raume Ostrow—Mytnica. Hinter Radziwiłow war ebenfalls viel Bewegung. GO. Puhallo übertrug mittags den Befehl über den Styrabschnitt dem FML. Hordt, dessen Truppen unterdessen vollständig ausgeladen worden waren und bis zum 25. Juli die Strecke Strzemilcze—Szczurowice von der 46. SchD. zu übernehmen hatten. Abends wurde im Einvernehmen mit Marwitz, der die Gruppe Dieffenbach am Nordufer der Sydolówka ein deutsches Regiment bereithalten ließ, das IR. 83 nach Mikołajów und Smarzow vorgezogen, um einem Überfall des Feindes begegnen zu können.

Frühmorgens am 24. gingen die Russen südlich der Lipa das Korps Falkenhayn an und drangen in Haliczany ein. Sie wurden aber durch die 21. KBrig. und deutsche Abteilungen schnell wieder hinausgeworfen. Sonst überschritt die Kampftätigkeit während des Tages bei der Armeegruppe Marwitz, bei der 1. und der 2. Armee nirgends die gewohnten Grenzen. Nur die Truppenbewegungen hinter der Feindesfront dauerten an. GO. Böhm-Ermolli rechnete stündlich mit dem Angriff auf Brody, Marwitz und Puhallo besorgten einen Vorstoß gegen die inneren Flügel ihrer Armeen. Das 1.Armeekmdo. verlangte die Rückgabe der 92. SchBrig., die noch jenseits der Sydolówka stand. Linsingen entschied, daß die Brigade dort auch nach der Ablösung durch deutsche Einheiten zu verbleiben habe, daß aber zwei deutsche Bataillone von Mikołajów auf das Südufer zu verschieben seien, um der 1. Armee bei Bedarf zu Gebote zu stehen. Spät abends befahl dann das Heeresgruppenkmdo. noch, daß Marwitz von der Styrfront einen etwa 4 km langen Abschnitt durch die Gruppe Dieffenbach beschleunigt mit deutschen Kräften übernehmen lasse, damit der Raum um Strzemilcze, den man besonders gefährdet erachtete, nicht durch eine Armeegrenze gespalten werde. Das Korps Falkenhayn hatte ein Regiment und einige Batterien der deutschen

22. ID. zu Dieffenbach in Marsch zu setzen.

Conrad hatte sich wegen der Vorgänge bei der 1. Armee bereits am 21. die endgültige Entscheidung, ob er die 106. LstlD. der Heeresgruppe Hindenburg abtreten könne (S. 644), Vorbehalten. Angesichts des großen Ernstes der Lage beschloß jetzt der öst.-ung. Generalstabschef im Einverständnis mit dem deutschen, die mittlerweile über Lemberg zurollende Division bei Brody auszuladen, um sie entweder der 2. oder der 1. Armee überweisen zu können. Abends wurde GO. Böhm-Ermolli beauftragt, mit dem Eintreffen des neuen Truppenverbandes auch noch das IR. 19 und    die    bei der 2. Armee verbliebenen    Batterien und Anstalten der 33. ID.    an    GO. Puhallo abzugeben.

Die dem Gen. Sacharow am 19. Juli zugesprochene Aufgabe (S. 643) war inzwischen etwas eingeschränkt worden. Brussilow berücksichtigte die verlustreichen    Kämpfe bei Beresteczko und    machte    am 21.    der

11. Armee den    Angriff auf Brody nicht mehr zur    Pflicht,    sondern    verlangte nur, im Rahmen des Möglichen vorzugehen und jedenfalls den Gegner stark zu beschäftigen1). Sacharow hatte beim Ausrichten seiner Front von Norden gegen Süden seit dem 16. Juli Glück gehabt; die Verbündeten waren den zwei gegen sie geführten Hieben nicht gewachsen gewesen. Da ein längeres Zuwarten nur die Aussichten auf weitere Erfolge mindern konnte, entschloß sich Sacharow, den nächsten, wuchtigen Schlag gegen die bisher noch nicht angegriffenen Linien des Gegners rasch folgen zu lassen. Ausreichende Kräfte standen zur Verfügung. Das XVII. Korps bei Radziwiłow war schlagfertig. Rechts davon hatte sich das XXXII. mit der 101. RD. vor Klekotów und mit der 105. RD. bei Leszniów sturmbereit zu machen2). Dahinter stand die 7. Kavalleriedivision. Das XLV. und das V. Korps hielten die Front bis zur

8. Armee3). Das V. sib. Korps wurde vom Nordflügel herab hinter die Angriffsdivisionen gezogen, ebenso eine Kavalleriemasse (Kombinierte KD. und Transamurreiterdivision) zum Nachstoßen bereitgehalten. Die angeordneten Truppenverschiebungen verzögerten den Angriff, der am 24. losbrechen sollte, um einen Tag.

Am 25. entbrannte an der Slonówka und östlich von Brody eine gewaltige Schlacht. Unter dem Schutze des Morgennebels überschritt die russische 105. RD., unterstützt durch Teile der 126., bei Leszniów und Korsów den Słonówkagrund und brach am Nordflügel der 25. ID., GM. Boog, in die Stellungen des IR. 76 und des FJB. 10 ein4). Der Druck des Feindes pflanzte sich seitwärts bald auf das IR. 4 fort5). Die örtlichen Eingreiftruppen, Teile des FJB. 25 und des IR. 76, der Kopaljäger, Deutschmeister und ein Bataillon des k. k. LstlR. 22 stürzten den Angreifern entgegen. FML. Czibulka sandte seine Reserve, ein Landsturmbataillon, zu Hilfe und erbat beim Nachbar, FML. Kosak, das IR. 19. GO. Puhallo befahl, die erste Linie unbedingt zurückzuerobern. Die Gruppe Hordt erhielt den Auftrag, ihre Batterien flankierend in den Raum Leszniów feuern zu lassen. Da die 65. IBrig. über Nacht die Styrstellung bezogen hatte, konnten verfügbare Truppen der 46. SchD. die Sicherung südlich der Rzeczka bis zur Boldurkamündung übernehmen.

Trotz tapferer Gegenwehr vermochte jedoch die 25. ID. der Übermacht nur kurze Zeit standzuhalten. FML. Czibulka mußte vormittags,

!) Klembowski, 79.

2)    Giltschewskij, 121 f.

3)    Nadeschnij, 46.

4)    Giltschewskij, 123 ff.

5)Hoen,    Waldstätten-Zipperer und Seifert, 665 ff.

nachdem das IR. 4 unterdessen auch an der Ostfront von Bezodnia her angefallen worden war, seinen Nordflügel (50. IBrig.) in die Linie Wald westlich von Klekotów—Boldury, dann an die Boldurka flußabwärts bis zur Einmündung in den Styr zurücknehmen. Inzwischen schleuderten die Geschütze und Minenwerfer der russischen 101. RD. einen Geschoßhagel auf Klekotów. Der mit der 1. LstlBrig. südlich anschließende Abschnitt Kosak wurde gleichfalls stark beschossen.

GO. Böhm-Ermolli, der angesichts des neuerlichen Rückschlages die Sorge hegte, daß der Feind der Gruppe Kosak von Norden her in den Rücken stoßen könnte, trat an die Heeresleitung mit der Bitte heran, das XVIII. Korps und auch die noch anrollende 106. LstlD. der 2. Armee zu unterstellen. Conrad genehmigte diesen Antrag und erteilte dem Armeekommandanten den Befehl, das Vordringen der Russen zum Stehen zu bringen, damit nicht auch die Front südlich von Brody preisgegeben werden müsse.

Als diese Weisung aus Teschen um lh 30 nachm. beim 2. Armeekmdo. eintraf, waren bei Radziwiłow eben heftige Kämpfe mit der 101. RD. und dem XVII. Russenkorps im Gange. Das IR. 84 der Wiener Division schlug seit Mittag die Klekotów berennenden Sturmwellen standhaft ab1). Bei Kosak setzten sich die 1. LstlBrig., GM. Severus, und das IR. 85 der 27. ID. beiderseits der Bahnstrecke tapfer zur Wehr und wiesen den ersten Anprall ab. Ein zweiter Vorstoß der Russen gelangte nachmittags bis in die vordersten Gräben; ein Gegenschlag warf den Feind wieder hinaus. Gegen einen dritten Angriff vermochten sich aber die zermürbten Verteidiger nicht mehr zu halten und wichen in eine Reservestellung hinter der Reichsgrenze zurück. Da Kräfte fehlten, um den Einbruch wieder wettzumachen, wurde mit eintretender Dunkelheit auch der durch Umfassung bedrohte rechte Flügel der 25. ID. aus Klekotów in eine südlich des Dorfes über Koniuszków zur Boldurka verlaufende, flüchtig vorbereitete Riegelstellung zurückgenommen. Konnte dieses Frontstück und auch der westlich und südöstlich von Brody errichtete Abwehrdamm die Russenflut nicht aufhalten, so wollte Böhm-Ermolli das V. Korps und die Gruppe Kosak in den befestigten Gra-berka—Łuhabschnitt zurückzuführen. GdI. Bothmer wurde über diese Absichten unterrichtet und zugleich gebeten, wenn dieser Rückzug stattfinden sollte, die Lücke zwischen Nw. Aleksiniec und Ratyszcze durch Truppen seiner Armee zu schließen, weil sonst auch das IV. Korps seine Stellungen räumen und an den oberen Sereth zurückgehen müßte.

l) Michel und Wohl, 192 ff.

Das Vordringen der Russen gegen den linken Flügel Kosaks, der nur wenig Raum verloren hatte, kam am 25. abends zum Stehen. Die Masse des XVIII. Korps hatte sich, ohne vom Feinde bedrängt zu werden, an der Boldurka bis Koniuszków festgesetzt. Den von hier nach Osten streichenden Riegel, der allerdings erst ausgebaut werden mußte, hatte das IR. 84 bis llh nachts erreicht. FML. Czibulka unterstand seit 6h nachm. dem GO. Böhm-Ermolli. Je zwei den beiden Brigaden der Division Boog zugeteilte Bataillone des IR. 19 stützten die neue Front.

GO. Linsingen sah durch das Zurückgleiten des XVIII. Korps den Südflügel der Armeegruppe Marwitz gefährdet und hatte deshalb schon nachmittags die Befehlsgewalt des GLt. Dieffenbach über die Gruppe Hordt bis zur Boldurkamündung erstreckt. Dieffenbach sollte am Styr gegen den Feind einen festen Schranken aufrichten und den sicheren Anschluß an die 2. Armee herstellen. Als Rückhalt einer kräftigen Verteidigung war die Masse der deutschen 22. ID. über Mikołajów heranzuziehen. Abends unterstanden dem GO. Puhallo keine Truppen mehr. Conrad unterbreitete dem Kaiser einen Bericht über die Ereignisse und verfügte.- „Das 1. Armeekmdo. fällt bis auf weiteres aus.“ Damit war die Auflösung ausgesprochen.

Am 26. Juli setzte Sacharow mit dem XLV. Korps, dem durch Teile des V. sib. verstärkten XXXII. und dem XVII. Korps den groß angelegten Angriff zwischen Gaje Lewiatynskie und dem Styr mit dem Ziele Brody fort1). Ein Nebenstoß richtete sich am frühen Morgen gegen die Front des GLt. Dieffenbach nördlich von der Sydolówka. Hier wurden die Russen von der 48. ID. bei Dzikowiny abgewehrt. Der Hauptangriff führte zu schweren, bis in die Nacht währenden Kämpfen am Nordflügel der 2. Armee.

Schon früh brachen russische Kräfte bei Boldury in eine Vorstellung der 25. ID. ein. Das zum Gegenstoß angesetzte IR. 19 warf den Feind. Im Laufe des Vormittages eröffneten zahlreiche russische Batterien auf dem ganzen Frontbogen von Gaje Lewiatynskie bis zum Styr die Beschießung der gegnerischen Stellungen. Durch die Wälder südlich der Slonówkaniederung schoben sich russische Angriffsmassen langsam gegen die 25. ID. heran. FML. Kosak entsandte im Aufträge Böhm-Ermollis von seinen Reserven fünf Schwadronen Divisionskavallerie nach Jazlowczyk. Dorthin wurden auch die ersten einlangenden Bataillone der 106. LstlD. aus den Zügen geworfen. GM. Kratky, der Kommandant dieser Division, übernahm zur einheitlichen Leitung der Ver-

*) Klembów ski, 81. — Giltschewskij, 126 ff.

teidigung den Befehl über die östlich der Straße Brody—Leszniów stehenden Truppen (1. LstlBrig. und 49. IBrig); diese Gruppe wurde dem FML. Kosak unterstellt.

Am Nachmittag führten die Russen östlich von Brody nach mächtigem Artilleriefeuer Stoß auf Stoß. Vor den vergeblich berannten Stellungen an der Straße und Eisenbahnlinie westlich von Radziwiłow fluteten die Angreifer unter dem Feuer der standhaften Verteidiger (Truppen der 27. ID., der 1. LstlBrig. sowie das IR. 84 der 25. ID.) zurück. Beiderseits der Straße nach Leszniów und an der Boldurka kamen die feindlichen Angriffe nicht recht zur Entwicklung.

Die Heeresleitung war der zutreffenden Auffassung, daß der 2. Armee zwischen Styr und Ikwa drei Korps der Russen mit zusammen sechs bis sieben Infanterie- und drei Kavalleriedivisionen gegenüberständen. Außerdem versammelte sich anscheinend hinter der russischen Front bei Rudnia das V. sib. Korps zum Stoß über Brody. Conrad machte die 2. Armee auf diese starke Anhäufung von Truppen aufmerksam und forderte sie mit eindringlichen Worten auf, ihre jetzigen Stellungen zu halten und einen Durchbruch über Brody, der auch die anschließenden Fronten aus den Angeln heben konnte, zu verhüten.

GO. Böhm-Ermolli durfte allerdings nicht viel Hoffnung hegen, daß ihm dies gelingen werde. Er hatte durch eingebrachte Gefangene bestätigt gesehen, daß Kosak und Czibulka von fünf russischen Divisionen angegriffen wurden. Dann war noch mit dem V. sib. Korps zu rechnen. Die Gruppe Kosak hatte in einer Front von 30 km Breite samt den noch eintreffenden Truppen der 106. LstlD. etwa 33.000 Feuergewehre und 176 Geschütze verfügbar, während die gegenüberstehenden Russen auf 50.000 bis 80.000 Streiter geschätzt werden konnten. Das XVIII. Korps mit 10.000 Gewehren und 38 Geschützen hatte ebenfalls eine doppelte Übermacht vor sich. Verstärkungen vom rechten Armeeflügel konnten nicht mehr herangeholt werden, da das IV. und das V. Korps, jedes nur eine Division stark, eine Front von 50 km zu verteidigen hatten.

Vom 2. Armeekmdo. ergingen daher dringende Hilferufe an die Heeresleitung, an Marwitz und an Bothmer. Die Südarmee erklärte jedoch, keine Truppen abgeben zu können. GdK. v. der Marwitz, den GO. Böhm-Ermolli ersucht hatte, die von der 2. Armee zur Gruppe Dieffenbach abgezweigte halbe 33. ID. baldmöglichst wieder zurückzustellen, entsandte noch in der Nacht auf den 27. zwei schwache Bataillone der 46. SchD. an den linken Flügel des XVIII. Korps. Das IR. 12

konnte erst am 27. nachmittags nach Bordulaki folgen, da die Truppen der 33. ID. erst durch Kräfte der deutschen 22. ID. freigemacht werden mußten. GO. Linsingen beabsichtigte auf Wunsch der k.u.k. Heeresleitung und im Einverständnis mit Falkenhayn, die Masse der deutschen

10. LD. über Władimir-Wołyński nach Lemberg weiterrollen zu lassen.

Die Schlacht bei Brody nahm in der Nacht auf den 27. ihren Fortgang. Östlich der Straße Leszniów—Brody liefen die Regimenter des XXXII. Russenkorpsx) in dichten, tief gegliederten Wellen neuerlich Sturm und brachen östlich von Koniuszków in die Stellungen der Gruppe Kratky ein. Sechs Bataillone der 106. LstlD. schlugen im Verein mit dem heldenmütig fechtenden IR. 84 den Feind aus den Gräben wieder hinaus2). Gegen 4h früh, zwischen 8h und 10h vorm. und um Mittag erfaßten nach heftigstem Artilleriefeuer neue Angriffe die Front zwischen Gaje Lewiatynskie und Koniuszków. Russische Reiterei stand in den Wäldern südlich von Leszniów zum Nachhauen bereit. Mit Hingabe fochten die Infanterieregimenter 4, 84 und 19 sowie die k. k. Landsturminfanterieregimenter 1 und 32. Es wurde mit Handgranaten und mit Kolben gekämpft und der Feind, wo er einbrach, hinausgeschlagen.

Bis 4h nachm. zerschellten alle russischen Angriffe. Dann brachte ein frischer Massenstoß an der Straße Radziwilow—Brody die entscheidende Wendung. Die dortige Verteidigungslinie der Gruppe Kosak wurde zertrümmert. Alle Versuche, die Lage wieder herzustellen, waren vergeblich. Die Russen erweiterten den Einbruch. Die 49. IBrig. wurde trotz tapferer Gegenwehr nach Süden abgedrängt. Die geworfenen Truppen mußten Brody preisgeben. Am Abend gingen die stark gelichteten Bataillone Kosaks in die Rieg lstellung Makutrahöhe, Gaje Starabrodzkie, Smólno zurück, was auch die Zurücknahme des rechten Flügels der 25. ID. hinter die Boldurka bedingte.

In der Nacht auf den 28. Juli flaute der Kampf ab. Die Russen, die bei ihren Massenangriffen Tausende zum Opfer gebracht hatten, drängten nicht nach. Doch am Morgen rückte ein Regiment des russischen XVII. Korps in Brody ein3). Die feindliche Infanterie und Reiterei schoben sich im Laufe des Tages an die neue Front der Gruppe Kosak heran. Bei Gaje Starabrodzkie entwickelten sich neue Kämpfe. FML. Kosak meldete, daß sich seine zusammengeschmolzenen Regimenter in den nur flüchtig ausgebauten Gräben nicht würden halten kön-

!) Giltschewskij, 128 ff.

2)    Michel und Wohl, 197 ff.

3)    K 1 e m b o w s k i, 81.

nen. Er beantragte den Rückzug in die Graberka—Łuhstellung, was ihm mit Zustimmung der Heeresleitung von GO. Böhm-Ermolli gestattet wurde.

So bezog in der Nacht auf den 29. Juli der rechte Flügel und die Mitte der 2. Armee eine vorbereitete Wehranlage, die von Horodyszcze hinter den oberen Sereth, dann in der Linie Jasionów—Boldury verlief.

Der Schlacht bei Kowel entgegen (22. bis 27. Juli)

Vor der Mitte der Heeresgruppe Linsingen ballte sich ein schweres Ungewitter zusammen. Seit dem 21. Juli besaßen die Stäbe der Verbündeten schon sichere Nachrichten, daß der Feind vor Kowel seine Garde versammle. Man wußte die Befehlsstelle des Gen. Bezobrazow in Ro-żiszcze; am 23. wurden Gardetruppen vor der Front der Divisionen Rusche und Schön durch Gefangene festgestellt. Bernhardi zog seine Reserve, die deutsche 37. IBrig., von Mielnica hinter den Anschlußflügel des Korps Lüttwitz nach Gonczyj Brod. GO. Tersztyánszky hatte unterdessen die an Marwitz abgegebenen Aushilfen zurückerhalten und ließ starke Korps- und Armeereserven ausscheiden. Conrad bat am

23. GdI. Falkenhayn unter dem Hinweis, daß ein überlegener Angriff der Russen auf Kowel und Władimir-Wołyński die öst.-ung. wie die deutsche Front gleich nachteilig treffen müsse, dringend um deutsche Kräfte für die Heeresgruppe Linsingen. Nachts gingen die ersten Truppenzüge der k.u.k. 24. ID. von Stanislau zur Ostfront Hindenburgs ab (S. 649). Falkenhayn überwies am nächsten Tage die deutsche 121. ID., GM. v. Ditfurth, von der Heeresgruppe Prinz Leopold an Linsingen und stellte, wie bereits erwähnt (S. 644), nach dem Eintreffen der 24. ID. die deutsche 10. LD. in Aussicht. Die öst.-ung. Heeresleitung zog inzwischen die abgekämpfte ll.HKD. von Kowel ins Hinterland nach Siebenbürgen ab.

Brussilow hatte mittlerweile den Beginn seiner Offensive, da die Vorbereitungen der Armee Bezobrazow mehr Zeit erforderten, auf den 28. Juli festgelegt. Damit dem Angriffsschwung der neu eingesetzten Armee Nachdruck verliehen werden könne, ließ Alexejew von der Westfront aus dem Stande der 2. Armee das I. sib. Korps heranbefördern1). Die zwei Gardekorps standen am 27. westlich der Bahn Rowno— Kowel zwischen dem I. und dem XXXIX. Korps an der Stochodfront,

1 j Klembów ski, 80. — Zajontschkowskij, 50.

dahinter die Gardereiterei südwestlich von Rożiszcze. Das V. Kavalleriekorps hatte Brussilow zur 8. Armee an den Oberlauf der Korczeska verschoben.

Seit dem 24. Juli wurde die russische Artillerie vor der Armee Tersztyánszky, vor Lüttwitz und dem rechten Flügel Bernhardis lebhafter. Neue Batterien schossen sich ein. Im Vorfelde waren Aufklärerabteilungen regsam. Tagsdarauf wurde die deutsche Brigade Roeder der k.u.k. 29. ID. unterstellt und am Südflügel eingesetzt. Bernhardi meldete, daß der Feind vor der 4. ID. und dem Korps Fath offenbar die Absicht hege, den Stochod zu überschreiten. Am 26. mußte im Bereiche des deutschen X. Korps die Division Schön bei Niemir einen gewaltsamen Erkundungsvorstoß abweisen. Linsingen unterstellte dem GLt. Lüttwitz die eintreffende 121. Division.

Die Befürchtungen Linsingens, daß der Russe im Zusammenhang mit dem Ansturm auf die Armee Böhm-Ermolli auch die Styrlinie der Armeegruppe Marwitz südlich von Strzemilcze eindriicken könnte (S. 652), trafen nicht zu. Sacharow vereinte sein ganzes Bemühen auf die Einnahme von Brody. Doch mußte GLt. Dieffenbach, der seit dem 26. aus Radziechów, dem Standorte des aufgelösten 1. Armeekmdos., die 46. SchD., die halbe 33., die 48. sowie den Großteil seiner 22. ID. als Korpsführer befehligte, am 27. nördlich der Sydolówka einen Vorstoß der 2. finn. SchD. abschlagen.

In Kowel und in Teschen wußte man jetzt bereits ganz bestimmt, daß ein überaus gewaltiger Angriff der Russen auf Kowel, wahrscheinlich auch gegen Władimir-Wołyński unmittelbar bevorstehe. Linsingen hatte die anrollende deutsche 10. LD., GM. v. Stocken, hinter die 4. Armee stellen wollen. Die Hilferufe Böhm-Ermollis bewogen das Heeresgruppenkmdo., nur ein Regiment in Władimir-Wołyński ausladen und die Hauptkraft zur 2. Armee weiterfahren zu lassen (S. 657). Die ersten Züge der 86. ID., GLt. Wernitz, die Falkenhayn der Armee Woyrsch entzogen hatte (S. 625), wurden südlich von Kowel auswaggoniert. Damit war zur Stützung der Abschnitte Lüttwitz und Bernhardi, die offensichtlich den ärgsten Anprall auszuhalten hatten, noch eine Reserve gewonnen.

So hatten die Mittelmächte zur Abwehr des aufsteigenden Sturmgewitters an Streitkräften herangebracht, was im Rahmen ihrer an allen Fronten aufs stärkste gefesselten Kriegsheere möglich war. Die Tatsache allein, daß die russische Heeresleitung die so lange geschonte Garde jetzt vor Kowel in den Kampf warf, ließ klar erkennen, daß der Zar mit dem Einsätze seiner Elitetruppen, großen Vorbildern aus der

Kriegsführung früherer Zeiten folgend, den letzten und höchsten Wurf um die Entscheidung wagte. Der k.u.k. Armeeoberkommandant, FM. Erzherzog Friedrich, richtete einen anfeuernden Aufruf an die Offiziere und Soldaten der Armee Tersztyánszky. Das Heeresgruppenkmdo. Linsingen sah dem voraussichtlich äußerst schweren Ringen mit der Übermacht entschlossenen Sinnes mit unerschütterlichem Vertrauen auf die Widerstandskraft der Truppen ruhig entgegen. Obst. Hell, der seit dem 20. Juli die Geschäfte des Stabschefs führte, war fest überzeugt, daß sich auch die altberühmten Garderegimenter des Beherrschers aller Reußen vor Kowel nur blutige Köpfe holen würden.

Betrachtungen zur Brussilo w- Offensive 1916

Aus einem Entlastungsunternehmen zu Gunsten der schwer bedrängten Italiener erwachsen, ist die Offensive der russischen Südwestfront die erfolgreichste Kriegshandlung des ersten Halbjahres 1916 geworden. Entgegen allen Führungsgrundsätzen, die ein Zusammenballen starker Kräfte in der entscheidenden Richtung gefordert hätten, ließ Brussilow seine vier Armeen am 4. Juni an allen Frontteilen anstürmen. Wo er nicht durchdrang, hatte er — wie gehofft — wenigstens starke Reserven des Gegners gebunden. An zwei Stellen sind ihm aber ausgesprochene Durchbrüche geglückt. Die Ursachen dieses Gelingens wurden in den vorstehenden Abschnitten eingehend erörtert (S. 410 und 464).

Am 10. Juni war der Styr von den Russen überwunden und die Verbindung zwischen der k.u.k. 4. und der k.u.k. 1. Armee gerissen. In breit klaffender Lücke stand der Weg nach Lemberg frei. Am selben Tage gelang der russischen 9. Armee der Durchbruch bei Okna. Hätte Letschitzki in rastloser Verfolgung die bei der Armee PflanzerBaltin entstandene Verwirrung ausgenützt und den Dniester aufwärts nachgestoßen, so hätte er den an der Strypa feststehenden Frontteil des k.u.k. Nordheeres von Süden her umfassen und gemeinsam mit der im Norden vordringenden Armee Kaledin in eine doppelseitige Umfassung verwickeln können. Lemberg von Nordosten und von Südosten her zu erreichen, stand durchaus im Bereiche der Möglichkeit.

Dieser Auffassung war auch die Stawka und, um die Gunst des Augenblickes auszunützen, befahl sie am 9. Juni der Südwestfront (S. 436 f.), von Łuck über Rawa ruska auf Lemberg vorzudringen. Doch gerade jetzt, wo sich wie vielleicht kein zweitesmal während des Weltkrieges die Gelegenheit bot, nach völlig geglückten Durchbrüchen leicht erreichbare Siegesfrüchte zu pflücken, ja möglicherweise sogar den Krieg im Osten zu entscheiden, da versagte der Feldherrngenius des Allgewaltigen des russischen Südwestheeres. Statt in die sich noch erweiternde Lücke zwischen der 1. und der 4. Armee einzudringen, behielt er seinen Blick auf Kowel gerichtet. Über alle Erfolge seiner Front hinweg blieb er dabei, daß die Westfront Ewerts die Hauptaufgabe, er aber nur die Nebenaufgabe habe. Von diesem bei ihm festgewurzelten Gedanken konnte er sich nicht freimachen. So hielt er unbeugsam und. unbeirrbar an dem Operationsziel Kowel fest, jenem Bahn- und Straßenknotenpunkt, der ihm die Schlüsselstellung zur Unterstützung der russischen Westfront bedeutete. Der vorsichtige Führer der 8. Russenarmee, Gen. Kaledin, tat noch ein übriges und schob in der Sorge vor einem deutschen Flankenangriff seine Korps stets sehr bedächtig nach Nordwesten vor. Sie trafen immer gerade auf die rasch herangeholten Verstärkungen der Verbündeten. Und als diese am 16. Juni selbst zum Gegenangriff antraten, da war die. Gelegenheit zur Auswertung des Durchbruchserfolges in Wolhynien endgültig versäumt. Zudem begnügte sich auch Letschitzki, um seine Südflanke, besorgt, nach dem Durchbruch bei Okna mit der Eroberung von Czernowitz und ließ sich die Möglichkeit eines Vordringens zwischen Dniester und Pruth entgehen.

Diese beiden Fehlgriffe Brussilows ermöglichten es den Generalstabschefs der Mittelmächte, Maßnahmen zur Stützung der schwer erschütterten öst.-ung. Ostfront in die Wege zu leiten. Der Plan Conrads, die Russen zuerst in Wolhynien so weit zurückzuwerfen, daß jede Gefahr gebannt war, um dann den Dniester abwärts einen kräftigen, auch die Bukowina befreienden Vorstoß zu führen, ließ sich immerhin im ersten Teile verwirklichen. Wohl erlitt die Heeresgruppe Linsingen später noch weitere Rückschläge; so war sie zur Preisgabe des Styrbogens bei Czartorijsk, dann nach den Schlachten bei Beresteczko und Brody zur Räumung des Lipa—Styrknies gezwungen. Ein Durchstoßen der Front war dem Feinde hiebei aber nicht mehr geglückt.

Allerdings hatte diese Festigung der Front in Wolhynien das Zufuhren von 12 Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen, hievon 3 öst.-ung. Infanteriedivisionen der italienischen Front, notwendig gemacht1). Aber auch die Russen hatten in dieses Kampfgebiet, dem sie immer wach-' sende Bedeutung beimaßen, 11 Infanteriedivisionen, ohne die Garde,

*) Eine Kavalleriedivision, die 11. HKD., hatte als völlig kampfunfähig nach Siebenbürgen zur Auffrischung abgeschoben werden müssen; die 61. ID. stand bereit, dorthin zu gleichem Zwecke zu folgen.

herangefahren. Denn als die Nord- und die Westfront der Russen, welch letzterer überhaupt der Hauptstoß, und zwar ursprünglich auf Wilna und dann über Baranowicze zugedacht war, schwere Mißerfolge erlitten hatten, wurden alle nördlich vom Pripiatj entbehrlichen Kräfte der Südwestfront zugeführt und ihr auch noch die 3. Armee zugeschlagen. Das Hauptziel der verstärkten Anstrengungen Brussilows blieb Kowel, das nach seinen letzten Weisungen vom 19. Juli durch doppelseitigen Angriff der 3. Armee von Nordosten und von der neugebildeten Armee Bezobrazow von Südosten genommen werden sollte. Die anderen Armeen ließ Brussilow im allgemeinen nach Westen angreifen. Das Schwergewicht der russischen Kriegshandlungen richtete sich demnach immer mehr auf Kowel, wie denn Brussilow als ehemaliger Führer der 8. Armee sich überhaupt vornehmlich mit dem Nordflügel seiner Heeresgruppe beschäftigte und darüber manch günstige Gelegenheit zur Auswertung von Erfolgen zu beiden Seiten vom Dniester übersah.

Viel schwieriger als in Wolhynien gestaltete sich die Lage für die Verbündeten am Südflügel der öst.-ung. Ostfront.

Als nach dem Falle von Czernowitz der rechte Flügel der k.u.k. 7. Armee bis an die Südgrenze der Bukowina zurückweichen mußte, reichten die geringen Kräfte kaum dazu aus, die zu den Karpathenpässen führenden Straßen zu sperren. Die hiefür bestimmten Gruppen waren aber stets Umgehungen durch die Russen ausgesetzt, denen sie sich meist nur durch neues Absetzen entziehen konnten. Vor solcher Umfassung des Südflügels der geschlossenen Front der 7. Armee hatte schließlich nach fast vierzehntägiger blutiger Schlacht auch Kolomea dem Feinde überlassen werden müssen.

Der von Conrad immer wieder beabsichtigte Dniesterstoß konnte unter solchen Verhältnissen nicht zur Ausführung gelangen. Wohl trafen sieben Divisionen, darunter drei öst.-ung. von den Sieben Gemeinden, bei der 7. und bei der Südarmee ein, und zwei neue Armeekommandos, von denen eines zum Heeresgruppenkommando aufstieg, sollten der Führung dienen. Doch diese Kräfte reichten allein nicht aus. Wohl hatte Conrad nach Festigung der Front der 4. Armee eine Verschiebung von Divisionen aus Wolhynien an den Dniester geplant. Dazu konnte es aber nicht kommen. Der ständig lodernde Kampf im Halbkreis um Łuck hielt alle Kräfte fest. So dienten auch die dem Südflügel zugeführten sieben Divisionen nur zum Lückenstopfen1). Die

1j Eine zerschlagene Division, die 24. ID., wurde zur Heeresgruppe Hindenburg zum Tausch gegen eine deutsche abbefördert.

russische Führung hatte ihren zwei südlichen Armeen bloß drei Infanterie- und eine Kavalleriedivision neu zugewiesen.

Ungeheuer groß waren die Verluste, die die öst.-ung. Truppen im Juni und im Juli erlitten hatten. Der Abgang von den 620.000 Gewehren und 30.000 Karabinern,, die am 4. Juni in der Front gestanden waren, betrug 10.756 Offiziere und 464.382 Mann 1). Es ist daher verständlich, daß außer den in den beiden Monaten eingereihten normalen Marschbataillonen und den „außertourlichen“ Ersätzen in der Gesamtstärke von 260.000 Gewehren noch 19 Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen hatten herangeführt werden müssen, um die Front zu behaupten, die von ihrer ursprünglich zwischen Pinsk und Czernowitz gemessenen Länge von 500 km sich bis 27. Juli um weitere 160 km verlängert hatte.

Am 27. Juli, am Vorabend eines neuen Generalangriffes des russischen Südwestheeres, stand die öst.-ung. Ostfront von Pinsk bis Nw. Aleksiniec in einem gegen Westen leicht geschwungenen Bogen. Die tiefste Einbuchtung gegenüber der alten Stellung maß zwischen Olyka und Zaturcy 70 km. Von Nw. Aleksiniec bis Wisniowczyk hielten der Südflügel der 2. Armee und die Südarmee noch ihre alten Stellungen. Von hier schwang sich dann die neue Front in weitem Bogen über De-latyn bis an die rumänische Grenze bei Jacobeny. Die größte Tiefe des Raumverlustes, zwischen Bojan und Delatyn gemessen, betrug 120 km. Am dichtesten standen die Divisionen der Verbündeten im Bogen um Łuck und zu beiden Seiten des Dniester (Siehe Beilage 27). Dies entsprach den Kräftezusammenballungen der Russen, die auch noch bei Brody in massierter Aufstellung standen. Zur Zeit waren die Verbündeten trotz aller Gegenoffensivpläne doch zur reinen Abwehr verur-

x) In diesen Zahlen sind auch die Verluste enthalten, die in den hier noch nicht geschilderten Kämpfen vom 28. bis 31. Juli eingetreten sind. Die Abgänge bei den deutschen Truppen sind nicht eingerechnet, wohl aber jene des k.u.k. XII. Korps.

Im einzelnen verteilen sich die Verluste der k.u.k. Streitkräfte an der Ostfront vom 1. Juni bis 31. Juli wie folgt:

tot

verwundet

krank

gefangen u. vermißt

Summe

Offiziere

746

2.756

2.891

4.363

10.756

Mannschaft

21.328

112.315

69.171

261.568

464.382

Zusammen

22.074

115.071

72.062

265.931

475.138

teilt, indes der russische Operationsplan, der mit dem am 28. Juli einsetzenden Angriff verwirklicht werden sollte, darauf abzielte, nach der Eroberung von Kowel die durch Frontalangriffe bisher unerschütterte deutsche Front von Süden her aus den Angeln zu heben.

In Teschen wurde in diesen Wochen oft auch ein Manöver erwogen, ähnlich jenem, das die Verbündeten im Jahre 1914 nach den Septemberkämpfen bei Lemberg—Rawa ruska und im November nach den unglücklichen Schlachten bei Warschau und Iwangorod durchgeführt hatten, und bei dem durch einen weitreichenden Rückzug die Freiheit des operativen Handelns wiedergewonnen wurde (Bd. I, S. 341 ff. und 4S9 ff.). Jetzt aber kam ein solch kühnes Unternehmen kaum in Frage. Denn berechtigterweise mußte man Zweifel hegen, ob das Heer noch genügend operative Wendsamkeit besaß, und ob manche Truppen in moralischer Hinsicht einen so weitreichenden Rückmarsch vertragen hätten. Doch auch die Preisgabe der großen, mit viel Mühe und Fleiß bebauten Ackerflächen, die hinter den Verteidigungsfronten lagen, und der Rohölquellen Galiziens sprachen bei dem schon immer fühlbarer werdenden Mangel an Nahrungsmitteln und Rohstoffen dagegen. Nicht zuletzt aber verbot die Rücksicht auf Rumänien das vorerwähnte Projekt. Die Heeresleitung mußte ängstlich 'darauf bedacht sein, den Rumänen jeden Anreiz zum Eingreifen zu nehmen; ein Rückzug des ganzen Heeres wäre ein solcher gewesen. So waren denn die Augen von Wien und auch von Berlin sorgenvoll auf Bukarest gerichtet. Die Mittelmächte durften aber, wie die Machtverhältnisse lagen, von der Kunst ihrer Diplomatie und dem verzweifelten Abwehrkampf ihrer Armeen im Osten als Ergebnis besten Falles das Verharren Rumäniens in der Neutralität erhoffen.

Die russische Führung erwartete sich von dem neuen, am 28. Juli beginnenden Ansturm, bei dem jetzt das Schwergewicht schon völlig auf die Südwestfront übergegangen war, nach der schon fast zwei Monate währenden opfervollen Dauerschlacht endlich den entscheidenden Sieg zu erringen. Hatten die bisherigen Fortschritte des russischen Südwestheeres Rumänien schon sehr zu Gunsten der Entente umgestimmt, so mochte ein durchschlagender Erfolg das rumänische Eis vollends zum Schmelzen bringen. Bis zum Juni 1916 hatte Alexejew auf den Anschluß des Moldaukönigreiches noch wenig Wert gelegt. Nun schien auch er geneigt, das Eingreifen des rumänischen Heeres nicht mehr zu verschmähen. Es konnte das Zünglein an der Waage bilden, um in dem Krieg im Osten den Ausschlag zu Gunsten des Zarenheeres zu geben.

DIE SÜDWESTFRONT UND DER BALKAN BIS ENDE JULI 1916

Die italienische Gegenoffensive in den Sieben Gemeinden

Hiezu Beilage 28 Die Kämpfe in der zweiten Junihälfte

Die neue Abiv ehr front der Heeresgruppe Erzherzog Eugen und der italienische Angriffsplan

Das Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Eugen hatte am 17. Juni die Vorbereitungen für die Zurücknahme der 11. und der 3. Armee in die neugewählte und vom k.u.k. AOK. im allgemeinen gutgeheißene Widerstandslinie Mattassone—Valmorbia—Borcolapaß — Mt. Cimone — Castel-letto—Roana—Mt. Interotto—C. Dieci—Civaron—Setole (S. 516) aufgenommen. Die 59. ID. sowie die 44. SchD. wurden zum Abgehen nach Nordosten bestimmt. Die technische Ausgestaltung der neuen Stellungen und das Zurückführen der schwer beweglichen Geschütze setzten, nachdem der Verlauf der Linien im großen festgelegt war, am 18. Juni ein. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Absetzens der Front, über den die beiden unterstehenden Armeekommandos Vorschläge zu erstatten hatten, blieb noch offen.

Die in Aussicht genommene Widerstandslinie im Abschnitte des XX. Korps unterlag in den folgenden Tagen noch kleineren Veränderungen. Statt der von der Heeresleitung gewünschten Stellungen unmittelbar nördlich der Posina wurde der für die Abwehr günstiger gelegene Höhenrand nördlich des Beckens von Laghi erwählt. Als sich in der Folge die Italiener gegenüber dem XX. Korps nicht rührten, konnten dann die vorspringenden Felsköpfe des Mt. Majo, des Mt. Selug-gio und des Mt. Cimone in die Verteidigungslinie einbezogen werden. Auch zwischen Castelletto und Roana wurden nachträglich die Stellungen gegen den Nordrand der Assaschlucht vorgeschoben, damit hier das Einnisten der Italiener verhindert werden könne.

• Das Verhalten des Feindes und verschiedene Nachrichten ließen es als möglich erscheinen, daß die Italiener noch vor Rückverlegung der Front zum allgemeinen Angriff schreiten würden. Für diesen Fall war das Heeresgruppenkmdo. entschlossen, die Schlacht anzunehmen und erst nach siegreicher Abwehr des Feindes in die Dauerstellung zurückzugehen.

Die nach Verengung der Front in Reserve tretenden Heereskörper sollten zunächst teilweise zur Sicherung der Flügel der Heeresgruppe in der Val Sugana und im Etschtal dienen; denn hier, wo die Italiener rasch Kräfte heranwerfen konnten, gewärtigte das Heeresgruppenkmdo. starke Angriffe. Die italienische Gegenoffensive brach aber auf den Rändern des Hochlandes von Asiago und Arsiero selbst vor.

Die italienische Heeresleitung hatte schon in den ersten Junitagen den Eindruck gewonnen, die gegnerische Flut noch auf den Hochflächen abdämmen zu können. Mitbestimmend bei Bildung dieser Meinung war jedenfalls auch die erwartete Rückwirkung der von den Russen am

l.Juni angekündeten Entlastungsoffensive. Also entschloß sich General Cadorna anfangs Juni, die in der Ebene in Versammlung begriffene

5. Armee (S. 152) in die Schlacht auf den Hochflächen zu werfen1). Damit entwickelte sich zugleich der Plan zu einem großangelegten Gegenangriffe, der, von den beiden Flügeln geführt, den vorgetriebenen Keil des Gegners in die Zange nehmen mochte. Aber die auf die Hochflächen der Sieben Gemeinden aufsteigenden Teile der 5. Armee waren alsbald in die Abwehr gedrängt. Erst am 13. Juni schien die Lage soweit gefestigt zu sein, daß GLt. Mambretti, der nunmehrige Führer der „Truppen auf den Hochflächen“, Anordnungen für die Gegenoffensive erlassen konnte. Doch auch diese Befehle wurden keineswegs in der gewünschten Form ausgeführt. Bis Mitte Juni waren drei Korps der

5. Armee in die schwer kämpfende Abwehrfront gerückt. Es stand somit zwischen der Vallarsa und den westlichen Begleithöhen der Val d’Astico das V. Korps, das X. rittlings des zweitgenannten Tales. Im Bogen auf den Sieben Gemeinden zwängten sich das XXIV., das XIV., das XXII. und das XX. Korps; in der Val Sugana und nördlich von ihr hielt das

XVIII. Korps 2).

Obzwar die italienische 1. Armee erst am 16. Juni tatsächlich zum Gegenstoß antrat, teilte Cadornas Generalstab schon im Heeresbericht vom 11. Juni mit, das „Offensivunternehmen“ habe begonnen. Diese verfrühte Ankündigung hatte wohl in dem Drängen der russischen Heeresleitung und in den innenpolitischen Vergangen in Italien ihre Begründung. Hier hatte eine stürmische Kammersitzung, in der die Mißerfolge des Heeres auf den Hochflächen herber Kritik unterzogen wurden, am

10. Juni den Rücktritt des „Kriegskabinetts“ Salandra herbeigeführt. Die Stimmung des italienischen Volkes und auch jene des Heeres be-

1)    Cadorna, La guerra, I, 343.

2)    Capello, I, 262.

durfte dringend einer Auffrischung; so erhielt der am 15. Juni zur Regierungsbildung berufene Abgeordnete Boselli die Mitteilung vom eingetretenen Umschwung an der Front als Morgengabe.

Der italienischen Gegenoffensive gingen Angriffe des italienischen

1.    Korps in den Dolomiten voran. Sie sollten die wichtige Eisenbahnlinie im Pustertal bedrohen und werden in einem späteren Abschnitte geschildert werden.

Der Stoß des italienischen XX. Korps, das bisnun in die Abwehr auf dem Nordteil der Hochfläche eingegriffen hatte, und dem zu seinen zwei Divisionen noch eine dritte (13. ID.) als Verstärkung zugeführt worden war, setzte am 16. Juni im Raume vom Grenzkamm bis zum Mt. Meletta ein. Der Nordflügel dieses Korps erzielte Erfolge gegen die

2.    GbBrigade. Diese stand mit fünf Bataillonen und drei Gebirgsbatterien entlang der Reichsgrenze westlich der Osteria alla Barricata. Das Gelände ist hier felsiger, zerschnittener Hochlandskarst, der überdies dichten Wald mit gestrüppartigem Unterholz trägt und so jeder Übersicht entbehrt. Die vier in der Front eingesetzten Bataillone der 2. GbBrig. hatten daher eine schüttere Postierung bezogen. Diese wurde von den an Zahl weit überlegenen Italienern südlich des Kammes durchbrochen, worauf der Feind eine auf den Castelloni di S. Marco stehende Kompagnie von allen Seiten angriff und vernichtete. Hier und bei dem anfangs geglückten Versuch, die Einbruchsstelle nordöstlich der Mga. Fossetta nach Süden zu erweitern, fielen vier Gebirgsgeschütze, deren Bedienung sich mit dem Gewehr bis zum äußersten verteidigt hatte, in Feindeshand.

Dieser kleine Rückschlag war empfindlich, denn er konnte die Verbindung des auf der Hochfläche fechtenden k.u.k. III. Korps mit dem in der Val Sugana stehenden XVII. Korps gefährden. Das III. Korpskmdo. setzte daher zur Stützung der 2. GbBrig. die 12. IBrig. ein, deren Anfänge auf den Grenzkamm zu rücken hatten.

In schneidigen Gegenstößen gelang es in den folgenden Tagen, verlorenes Gelände zurückzugewinnen und alle Angriffe auf die nach Süden anschließende Front abzuweisen; dann verharrte jedoch diese Gruppe wegen der bedeutenden Überlegenheit des Feindes, der hier über zwölf bis fünfzehn Bataillone verfügt haben mag, und wegen der bevorstehenden Rückverlegung der Kampffront in der Abwehr L).

An den anderen Frontabschnitten hatten sich nur örtliche Kämpfe

!) GM. Rudolf Müller, Kmdt. der 12. IBrig., erhielt für das Behaupten der Grenzhöhen das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

und Vorstöße italienischer Brigaden, ja selbst einzelner Bataillone entwickelt. So wurden feindliche Angriffe auf den Mt. Castelgomberto, den Mt. Meletta und den Mt. Sisemol abgewehrt. Zwischen dem Mt. Lemerle und dem Mt. dei Busibollo nahm die k.u.k. 34. ID. am 17. und 18. Juni eine Frontverbesserung vor; sie wies drei Gegenangriffe ab, wobei sie 850 Gefangene einbrachte, und besetzte den Gipfel des Mt. Lemerle. Diese Division löste dann in der Nacht auf den 20. die auf der Cengio-platte stehenden Teile der 44. SchD. ab (S. 667), deren Talstellungen in der gleichen Nacht von der 3. ID. übernommen wurden.

Auch der am 22. Juni angesetzte Angriff des italienischen V. Korps im Raume zwischen dem Pasubio und der Vallarsa zerflatterte in örtlich getrennte Teilvorstöße.

Das Heeresgruppenkmdo. hatte aus diesen Teilangriffen keineswegs den Eindruck einer einheitlichen Gegenoffensive gewonnen; aber auch Cadorna scheint mit der Art der Durchführung des geräuschvoll angekündigten Unternehmens nicht einverstanden gewesen zu sein. Die italienische 5. Armee verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über vier Divisionen, zu denen gegen Ende des Monates die aus Libyen herangezogene 48. ID. stoßen sollte. Cadorna bot nun diese vier Divisionen am 21. Juni dem 1. Armeekmdo. an, um den Druck gegen die Front des Gegners zu verschärfen. GLt. Pecori-Giraldi antwortete am 23., er benötige nur deren zwei, doch bedürfe der im Gange befindliche Artillerieaufmarsch noch einige Tage zur Vollendung.

In dieser Verfassung wurde das italienische Heer durch die Rückverlegung der gegnerischen Front überrascht.

Das Beziehen der Dauerstellung und das Nachstoßen der Italiener

Auf Grund der Vorschläge der beiden Armeekommandos und wegen der Eile erheischenden schwierigen Lage auf dem russischen Kriegstheater sollte die Zurücknahme der Front der Heeresgruppe wie folgt durchgeführt werden: In der Nacht auf den 25. Juni hatte die 11. Armee mit dem XXI. und dem VIII. Korps in die Hauptstellung Zugna Torta— Valmorbia—Pasubio—C. dei Coston, mit dem XX. in die Posinalinie zurückzugehen; das letztgenannte Korps sollte in der folgenden Nacht die neue Widerstandslinie an den Rändern der Beckenlandschaften von Laghi und Arsiero beziehen. Die 3. Armee hatte in der ersten Nacht eine Zwischenstellung in der Linie Punta Corbin—Canove—Asiago—

Gallio—Mt. Baldo—Cm. Maora zu besetzen, in der zweiten in die Dauerstellung nördlich der unteren Val d’Assa—Mt. Interotto—Mt. Zebio— Mt. Chiesa—Porta Lepozze (östlich der C. Dieci) zu gehen1). Beim XVII. Korps in der Val Sugana wurde lediglich die Räumung der vordersten Linie westlich Strigno vorgesehen; die bisherigen Stellungen auf den Hängen des Civaron, dann entlang des Trt. Maso mit einem kleinen Brückenkopf bei Carzano und die vorgeschobenen Postierungen auf dem Cenon östlich von der Val Campello waren zu behaupten. Nachhuten sollten dem Gegner unser Ausharren in den alten Stellungen Vortäuschen und die vorbereiteten umfangreichen Sprengungen decken, die erst bei Beginn der italienischen Verfolgung durchzuführen waren.

Die Zurücknahme der schweren Geschütze, das Beziehen von Zwischenstellungen durch die leichte Artillerie, das Einschießen aus den neuen Stellungen und die Bergung der Vorräte waren in der Tat am

24. Juni beendet, so daß das Heeresgruppenkmdo. die Rückverlegung der Front zum beabsichtigten Zeitpunkt beginnen lassen konnte.

Die Loslösung der Kampftruppen gelang dank der sorgfältigen Vorbereitung und der vorzüglichen Verschleierung unbemerkt vom Feinde. Die Italiener beschossen den Mt. Sisemol, den Mt. Cengio, die Stellungen südlich Arsiero und den Mt. Priaforä noch bis zum Mittag des 25. Juni, die geräumten Stellungen der KSchD. in der Vallarsa noch in der folgenden Nacht.

An den meisten Frontteilen folgten die Italiener nur zögernd nach. Der Verfolgungsbefehl des italienischen Kommandos der Truppen der Hochflächen wurde erst am 25. Juni 7h3° nachm. ausgegeben und die zwei Stunden später nachgesendete Mahnung zur Vorsicht2) mag weiter verlangsamend gewirkt haben. Es gelang den öst.-ung. Nachhuten an verschiedenen Stellen, namentlich im Posinatal, den Feind tagelang aufzuhalten; auch die Straßen- und Brückenzerstörungen hemmten die Verfolgung. Die Panzerwerke Punta Corbin, Casa Ratti und Cornolo, sowie einige großkalibrige Beutegeschütze, deren Bergung umfangreiche Transporte erfordert hätte, wurden gesprengt.

Nur an Frontteilen, wo die italienischen Offensivvorbereitungen schon im Gange waren, so auf dem Nordteil der Hochfläche von Asiago und in der Vallarsa, kam es zu Nachhutkämpfen. Auf dem Grenzkamm

*) Diese Linie war statt der etwas weiter westlich gelegenen, ursprünglich gewählten Stellung, die auf der C. Dieci an das XVII. Korps anschließen sollte, festgesetzt worden.

2) C a p e 11 o, I, 266.

nahmen am 26. Juni drei bis vier Bataillone die von einer Nachhut (21» Kompagnien) besetzte Cm. Maora in umfassendem Angriff. Weiter südlich war die zum Angriffe gegen den Raum Mt. Castelgomberto— Mt. Meletta bereitgestellte italienische 25. ID. noch in der Nacht auf den 25. durch bosnische Überläufer vom Rückzug verständigt worden. Aber sowohl hier wie an der anderen Front ihres XX. und XXII. Korps schoben sich die Italiener bis zum 26. Juni nur langsam und vorsichtig an die noch nicht erkannte neue öst.-ung. Abwehrfront heran.

Cadorna bezeichnete der italienischen 1. Armee erst am 27. ihre Aufgaben. Der Gegner sollte auf der Hochfläche von Asiago in die Stellungen vom 15. Mai zurückgeworfen werden, auf dem linken Flügel war ehestens der Col santo zu nehmen. Hiebei sollte durch ununterbrochenes Nachdrängen verhindert werden, daß sich der Gegner in Zwischenstellungen festsetze. Das Armeekmdo. wurde angewiesen, ungesäumt die Artillerie vorzuschaffen und den wieder erwachenden Offensivgeist der Truppen mit allem Nachdruck auszunützen. Die Verfolgung war solange fortzusetzen, bis nachhaltiger Widerstand planmäßige Vorbereitung und Bildung von Artilleriemassen erfordern würde.

Die Ausführung dieses von der Hoffnung auf bedeutende Erfolge getragenen Befehles Cadornas scheiterte alsbald an der Abstoßkraft des Verteidigers, der sich ungebrochenen Geistes in den neuen, noch unausgebauten Stellungen dem Angriffe der Italiener entgegenstemmte.

Durch die Rückverlegung waren außer der noch nicht eingesetzten k.u.k. 9. ID. die zum Abgehen bestimmte 59. ID., dann die 28. ID. und die 21. IBrig. der 10. ID. in Reserve gelangt; die 20. IBrig. der letztgenannten Division mußte zunächst noch dem bedrohten III. Korps belassen werden. Von der Heeresgruppe Erzherzog Eugen stand nunmehr die 11. Armee mit dem XXI. Korps (Gruppe FML. Guseck, KSchD., 57. ID.) zwischen dem Loppiosee und dem Mt. Majo, mit dem XX. Korps (8. und 3. ID.) von hier bis zum Astico; Armeereserve 6 Bataillone. Die 3. Armee war mit dem I. Korps (34. ID., 43. SchD.) vom Astico bis zur Val d’Assa nördlich Canove, dem III. Korps (22. SchD.,

6. ID., bei letzterer die 2. und die 8. GbBrig. sowie die 20. IBrig.) von hier bis zum Grenzkamm, mit dem XVII. Korps (181. IBrig., 18. ID.) bis zum Fassanerkamm eingenistet; in Reserve befanden sich die 28. ID., die 21. IBrig. der 10. ID. und die zum Abgehen bereitgestellte 9. Division. Das VIII. Korpskmdo. war ausgeschieden.

In der Vallarsa drängten schon am 26. Juni starke Kräfte nach, die durch das Artilleriefeuer des Verteidigers empfindliche Verluste erlitten. Hier holten sich am 27. Juni Teile der italienischen 44. ID., die aus der Val dei Foxi gegen den Mt. Corno und den Mt. Testo vorstießen, blutige Köpfe; der italienischen 37. ID. gelang es, auf ihrem Ostflügel auf dem Zugnakamm nach zusammengefaßtem Massenfeuer den ungarischen Landsturm aus seinem vordersten Graben zu vertreiben und die unverzüglich angesetzten Gegenangriffe abzuweisen. Versuche der Italiener, den an sich bedeutungslosen Erfolg auszubauen, scheiterten am 28., zuletzt während eines schweren Gewitters, im Kreuzfeuer der Abwehrartillerie und an einem schneidigen Gegenstoß der Verteidiger.

Während an diesem Tage ein Angriffsversuch der Italiener vor den Pasubiostellungen zusammenbrach, schob sich der Feind an die Vorpostenlinien der KSchD. in der Vallarsa heran; in der Nacht auf den 29. wurden die Feldwachen in die Widerstandslinie eingezogen. Da die Italiener jedoch in der gleichen Nacht vorstießen, gestaltete sich diese Maßnahme verlustreich, und es gelang einem italienischen Bataillon, bei Morgengrauen überraschend auf der Zufahrtsstraße in das Werk Valmorbia1) und damit in die Widerstandslinie einzudringen, auch die Besatzung durch Maschinengewehre in den Stollen zu blockieren. Nur das tollkühne Eingreifen einer Kaiserschützenkompagnie, die aus einem von den Italienern bestrichenen Stollen auf die Decke des Werkes vorbrach und die Besatzung befreite, rettete die Lage im Werk und im ganzen Kampfabschnitt Vallarsa. Die eingedrungenen Italiener erlitten schwere Verluste, 4 Offiziere und 200 Mann mußten die Waffen strecken, 7 Maschinengewehre wurden erbeutet2).

In den letzten Tagen des Monates lag schweres italienisches Artilleriefeuer auf den Stellungen der Zugna Torta und der Vallarsa; am 30. Juni mißglückte der Angriff eines italienischen Regiments auf dem Pasubio, wo die Linien einander auch weiterhin auf kleine Gewehrschußdistanz gegenüberlagen.

Östlich vom Pasubio waren die Italiener ungewöhnlich langsam und methodisch über die Posina in die kurzen, von Norden kommenden Täler gefolgt. Erst am 28. Juni bemühte sich ein Bataillon, den Mt. Majo zu nehmen; es blieb beim Versuch. Am folgenden Tage mißlangen die

]) Dieses Werk war bei Kriegsbeginn noch nicht fertiggestellt und wurde, weil vor der Abwehrlinie liegend, von öst.-ung. Seite kampflos geräumt Nun lag es als kavernierter Stützpunkt in der Abwehrfront der Kaiserschützendivision.

-) Oberleutnant Alfred Enrich des KSchR. I erhielt für die Wiedereroberung des Werkes Valmorbia das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens.

Angriffe zweier Bataillone gegen den Südteil der Cimoneplatte im Feuer und im Handgemenge mit den Salzburgern des IR. 59, am 30. scheiterten Angriffsversuche gegen die Stellungen südlich vom Borcolapasse.

Im Gegensatz zu den örtlichen, mit schwächeren Kräften versuchten Vorstößen des Italieners im Raume westlich vom Astico, die bei dem k.u.k. 11. Armeekmdo. den Eindruck schufen, der Feind taste die Front nach schwächeren Druckstellen ab, stand das k.u.k. III. Korps seit dem 27. Juni auf dem Nordteil der Hochfläche von Asiago in heißem Kampfe. An seiner ganzen Front rannten sich die zur vermeintlichen Verfolgung vorbrechenden Italiener ihre Köpfe an den neuen Stellungen an.

Schon am 27. Juni brachen zwei starke Angriffe, an denen sich die Regimenter von vier italienischen Brigaden beteiligten, vor dem Mt. Rasta im Abwehrfeuer der 43. SchBrig. zusammen; 530 Gefangene brachten die Verteidiger aus dem Vorfelde ein. Die am nächsten Tage in verbreiterter Front erneuerten Angriffe von fünf italienischen Brigaden hatten kein besseres Schicksal. Die 22. SchD. und die 6. ID. wiesen auf den Hängen des Mt. Zingarella, des Mt. Colombaro — hier schlug das 3. Bataillon des IR. 27 einen tief gegliederten Massenstoß zurück —, des Mt. Zebio, des Mt. Interotto und des Mt. Rasta alle verzweifelten Versuche, in die durch entsprechende Hindernisse noch nicht geschützten Stellungen einzudringen, in heißen Kämpfen ab. Auch am 29. Juni wurde hier gekämpft. Den Brennpunkt der Kämpfe bildete diesmal die Stellung auf dem Osthange des Mt. Zebio; aber wieder waren alle Anstrengungen der Italiener erfolglos. Am 30. Juni flauten die Angriffe etwas ab, nur vor dem Mt. Colombaro hatte die 6. ID. einen starken Angriff abzuwehren. An den anderen Frontabschnitten unternahmen die Italiener nur schwächliche Vorstöße, die aber alle im flankierenden Abwehrfeuer der trefflich geleiteten Artillerie des III. Korps zusammenbrachen.

In der Val Sugana stießen erst am 29. Juni einzelne italienische Bataillone gegen die Front im Tale und auf den Nordabfällen des Grenzkammes vor, ohne Erfolge zu erzielen. Das k.u.k. XVII. Korps hatte jedoch mit schwachen Kräften einen weitausgedehnten, für die allgemeine Lage besonders wichtigen Abschnitt zu behaupten und bedurfte deshalb eines Rückhaltes. Da die hinter seiner Front versammelte

9. ID. am 30. Juni mit dem Abrollen an den Isonzo beginnen sollte, wurde am 28. die 55. IBrig. der 28. ID. in die Val Sugana verlegt.

Diese Maßnahme schob das seit dem Rückverlegen der Front beabsichtigte Ordnen der Verbände bei der k.u.k. 3. Armee neuerlich hinaus. Es war geplant, dem III. Korps die zugehörige '28. ID. zur Verfügung zu stellen und hiedurch die 2. und die 8. GbBrig. aus der Front zu lösen, von denen eine dem XVII. Korps zufließen, die andere als Heeresgruppenreserve verbleiben sollte. Die zu Monatsende noch immer anhaltenden Kämpfe auf der Hochfläche trugen ebenso wie die ungeklärte Lage in der Val Sugana dazu bei, diese notwendigen Ablösungen zu verzögern. Das Herausziehen von Reserven aus der Front war erst denkbar, sobald der Ausbau der Stellungen entsprechend fortgeschritten sein würde.

Die neu bezogenen Abwehrfronten der Heeresgruppe Erzherzog Eugen hatten der italienischen Verfolgung, wenn man von einer solchen bei der geringen, an der breitesten Stelle 7y2km betragenden Tiefe des preisgegebenen Geländestreifens sprechen kann, überall raschen Einhalt geboten. Der Mißerfolg der Angriffe, die von den Italienern lediglich mit Unterstützung der leichten und mittleren Artillerie geführt worden waren, hatte die von Cadorna noch am 27. Juni gehegte Hoffnung, die im Mai verlorengegangenen Stellungen im ersten Anlaufe wiederzugewinnen, dahinschwinden lassen1).

Die Abwehrschlacht in den Sieben Gemeinden

(1. bis 24. Juli)

Beurteilung der Lage, Entschlüsse und Maßnahrnen auf beiden Seiten

Der entschlossene Widerstand der k.u.k. Truppen hatte dem italienischen Oberkommando die Erkenntnis aufgezwungen, daß weitere Angriffe methodisch vorbereitet werden müßten. Ohne Mitwirkung schwerer Batterien und der Minenwerfer erschienen weitere Versuche hoffnungslos; doch ließen triftige Gründe der italienischen Führung einen nochmaligen Angriff ratsam erscheinen. Denn wenn auch angesichts der starken Bindung der Mittelmächte auf dem russischen Kriegsschauplatz ein neuerlicher öst.-ung. Angriff aus Südtirol heraus nicht befürchtet werden mußte, so    waren    doch die nunmehrigen    Stellungen

der Heeresgruppe Erzherzog    Eugen    im    Trentino bedrohlicher als die

Ausgangsstellungen der Maioffensive. Der Besitz des Col santo bis an die Pasubiospitze heran sowie    jener    des    Borcolapasses und    der Höhen

J) Cadorna, La guerra, I,    250.

nördlich der Posina verschärfte den Druck dieses „Pfahles im Fleische Italiens“ ebenso wie die neuen Stellungen auf dem Nordteil der Hochfläche von Asiago ganz erheblich. Cadorna wollte vor Aufnahme des geplanten Angriffes gegen Görz die nötige Rückenfreiheit gewinnen; daher gedachte er, den mißglückten Versuch zur Wiedergewinnung der Stellungen vom 15. Mai nunmehr in systematisch vorbereitetem Angriff zu erneuern und so die Gefahr in der Nordflanke des italienischen Heeres einigermaßen zu bannen.

Die Ziele der neuen Offensive blieben unverändert: im Osten der Kempeirücken, von dem aus die ursprüngliche Stellung Cosť alta — Asticotal westlich der Cm. di Campolongo erreicht werden konnte; im Westen der Col santo als Ausgangsgebiet für die Wiedereroberung des Raumes Mt. Maggio—Mt. Toraro—Tonezzarücken. Diesen Angriffen sollte sich der seit längerem in Vorbereitung befindliche Stoß über den Rollepaß in das Fleimstal zugesellen, dessen Gelingen maßgebenden Einfluß auf die Lage südöstlich von Trient gewinnen konnte.

Die öst.-ung. Heeresleitung war sich darüber klar, daß die Italiener nach der Einstellung der Offensive der Heeresgruppe Erzherzog Eugen Kräfte an den Isonzo zurückführen konnten. Sie traf daher zunächst durch Verlegen der 9. ID. (S. 672) Vorsorgen zur Stärkung der sehr geschwächten 5. Armee. Aus den während des ganzen Monats Juli in den Dolomiten unablässig erneuerten Versuchen des italienischen I. Korps, dem Pustertal näher zu kommen, und aus dem täglichen Feuer gegen die dortige Bahnlinie konnte geschlossen werden, daß die Italiener triftige Gründe haben mochten, Verschiebungen aus Tirol zum Isonzo zu stören. Der dem Feinde durch die geographische Lage gebotene Vorteil, rasch Kräfte auf der Innenseite des weitgespannten Bogens der Front verschieben zu können, forderte daher genaue Beobachtung der Bewegung der italienischen Reserven, damit man nicht noch mehr in die Nachhand gerate.

Weder die aufgefangenen italienischen Funksprüche, noch die Ergebnisse des Nachrichtendienstes ließen zunächst ein nennenswertes Abfließen von Kräften aus Tirol an den Isonzo erkennen. Es gingen in der Tat bis Mitte Juli nur vier italienische Brigaden diesen Weg. Die Fortsetzung des italienischen Angriffes gegen die Heeresgruppe, dessen Vorbereitung sich in den ersten Julitagen deutlich erkennen ließ, war daher mit den starken Kräften, die der italienischen 1. Armee auf den Hochflächen und im Raume Astico—Zugnakamm zur Verfügung standen, ziemlich sicher zu erwarten. Überdies befanden sich anfangs Juli noch drei Divisionen der 5. Armee, deren Kommando am 2. Juli aufgelöst wurde, hinter der Front der 1. Armee.

In dieser gespannten Lage war es der Heeresgruppe, die mit Rücksicht auf die anhaltend schwierige Lage in Galizien mit der Abgabe weiterer Divisionen rechnen mußte, auch in der ersten Juliwoche nicht möglich, das so dringend gewordene Ordnen der Verbände vorzunehmen und die besonders erholungsbedürftigen Heereskörper abzulösen. Um sich jedoch eine Reserve zu schaffen und spätere Ablösungen zu ermöglichen, stimmte das Heeresgruppenkmdo. dem Antrage des 11. Armeekmdos. vom l.Juli zu, die Front des XX. Korps nach Durchführung des für den 2. Juli beabsichtigten Angriffes auf den Pasubio westlich bis über diesen Gebirgsstock zu strecken und so die 57. ID. aus der Front herauszulösen.

Am 2. Juli ordnete die Heeresleitung auch noch die Abgabe der 43. SchD. zur 5. Armee an den Isonzo an. Doch auch die am 3. Juli neuerlich losbrechende Generaloffensive der Russen (S. 578) äußerte alsbald ihre Rückwirkung auf die Südwestfront; am 4. Juli langte beim Heeresgruppenkmdo. der Befehl ein, das I. Korpskmdo. und die 34. ID. für den nordöstlichen Kriegsschauplatz bereitzustellen (S. 604). Diese Verfügungen zwangen das Heeresgruppenkmdo. zum Einsatz seiner letzten Reserven; die 55. IBrig. der 28. ID. wurde an Stelle der 43. SchD., die 21. IBrig. an Stelle der 34. ID. in die Front geworfen.

Die Ereignisse in der ersten Julihälfte

Die Kämpfe größeren Stiles waren an der Front der Heeresgruppe am l.Juli zum Stillstände gekommen; in der bis zum Wiederaufleben der italienischen Gegenoffensive eintretenden Pause kam es lediglich zu kleineren Gefechten.

An der Front der k.u.k. 11. Armee hatte noch am 30. Juni Massenfeuer gegen die Stellungen der Gruppe FML. Guseck auf dem Zugna-kamm begonnen und 36 Stunden lang angehalten, ohne daß ein Angriff gefolgt wäre. In der Vallarsa und auf dem Pasubio wurden am l.Juli italienische Angriffe abgeschlagen. Auf dem Oberteil des Pasubio wurde am 2. Juli die seit längerem vorbereitete Unternehmung gegen die italienische Gipfelstellung unter Leitung des FML. Heinrich Goiginger durchgeführt. Es gelang der sechs Bataillone starken Pasubiogruppe Obst. Korzer (10. GbBrig. und Kaiserjäger) wohl, den Italiener aus

seinen Zwischenstellungen in die Hauptstellung zu werfen; hier leistete aber der zahlenmäßig bedeutend überlegene Feind erbitterten Widerstand. Das von Westen her über die Vallarsa herüberschlagende Flankenfeuer der italienischen Artilleriegruppen zwischen der C. di Mezzana und der Culma Alta, das schon zur Zeit der Offensive empfindlich gewirkt hatte, machte sich wieder mit allem Nachdrucke geltend. FML. Goiginger nahm die 10. GbBrig. am Abend in die Ausgangsstellungen zurück. Trotzdem war den Italienern, die neben schweren blutigen Verlusten über 400 Mann an Gefangenen eingebüßt hatten, hier auf längere Zeit die Lust zur Fortsetzung ihrer Angriffe genommen1).

Vor die Osthälfte der 11. Armee schoben sich die 27. und die

35. ID. der Italiener in den ersten Julitagen an die Abwehrfront heran; ein Angriffsversuch gegen die Cimonestellung mißlang. Am 3. und

4. Juli unternahmen diese Divisionen des italienischen V. Korps nach heftigem Artilleriewirken mit starken Kräften Angriffe gegen den Mt. Majo und den Mt. Seluggio, die verlustreich scheiterten. Nun fielen die Italiener auch hier zunächst in die Abwehr und unternahmen nur örtliche Vorstöße.Endlich konnten die auf öst.-ung. Seite geplanten Verschiebungen und Ablösungen durchgeführt und bis zum 7. Juli beendet werden. Die 57. ID. gelangte in Ruhestellung in das Etschtal und vermochte die in den harten Hochgebirgskämpfen stark gelichteten Stände aufzufüllen. Das XX. Korps verlängerte seine Front nach Westen. An Stelle des an die russische Front berufenen Erzherzogs Karl Franz Joseph (S. 563) übernahm FML. Schönburg die Führung dieses Korps.

Inzwischen begann bei der k.u.k. 3. Armee der italienische Ansturm gegen das III. Korps im Raume zwischen Canove und dem Grenzkamm. Acht Tage tobte die erste Abwehrschlacht auf der Hochfläche.

Während noch am 1. Juli italienische Teilangriffe gegen den Mt. In-terotto, bei der Cra. Zebio und südlich vom Grenzkamme stattgefunden hatten, waren nachher an diesem Frontteil Krampen, Schaufel und Steinbohrer in ihre Rechte getreten. Die Italiener hatten ihre Linien näher herangeschoben, um das verlustreiche Durchmessen des von der Abwehrartillerie beherrschten Vorgeländes der öst.-ung. Stellungen im Falle eines Angriffes abzukürzen. Zahlreiche Geschütztransporte, neu auf gefahrene und sich einschießende Batterien wurden vom Verteidiger beobachtet und bekämpft. Am 5. Juli machten sich bereits italienische

J) Die Verluste der 10. GbBrig. betrugen am 1. und 2. Juli an Toten 3 Offiziere und 99 Mann, an Verwundeten 10 Offiziere, 348 Mann. — Vgl. K o r z e r, Ein Angriff im Felsgebirge (Mil.wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1930, Heft 3/4).

Minenwerfer bemerkbar. Die kurze Spanne Zeit, die bis zum Wiederbeginn der italienischen Angriffe verstrich, hatte es dem III. Korps nicht ermöglicht, die Stellungen im harten Felsboden ausreichend auszubauen. Es waren zumeist 50 bis 100 cm tiefe, durch Aufhäufung von Felsklötzen verstärkte Gräben, in denen der Verteidiger den neuerlichen Angriffen entgegentreten sollte. Da das Bohren der Deokungsstollen meist erst begonnen worden war, suchten die Reserven in den hier zahlreichen Felsspalten Schutz gegen das feindliche Feuer. Die Drahtverhaue waren noch ungenügend breit. Es war nach alldem nicht zu wundern, wenn das III. Korps in der Abwehrschlacht schwere Einbuße erlitt. Auch konnte der Angreifer, der hartnäckig und keine Verluste scheuend vorstieß, stellenweise in die Abwehrfront eindringen. Diese örtlichen Einbrüche mußten durch den Verteidiger im Handgemenge oder im Gegenangriff abgewehrt werden.

Der italienische Großangriff wurde durch Ablenkungsversuche in der Val Sugana und im Gebirge nördlich davon eingeleitet. Schon am l.Juli stießen zwei italienische Bataillone auf den Osthängen des Ci-varon südlich der Brenta vor; am 5. Juli scheiterte ein Vorstoß der Italiener im Tale.

Am Nordflügel des k.u.k. XVII. Korps, wo die Calamentogruppe mit schwachen Abteilungen Postierungen auf dem Cenon behauptete, griffen am 3., 4. und 5. Juli vier bis fünf italienische Bataillone heftig an. Die Angriffe wurden zwar abgewehrt, forderten aber die Zurücknahme der Calamentogruppe in die Hauptstellung westlich von der Val Campello, weil hier der Anschluß an die Fassanerfront verbürgt war. Ihren Ablenkungszweck hatten diese Kämpfe nicht erfüllt, denn sie hatten nur zum Einsatz eines Bataillons der hinter der Val Suganafront stehenden 55. IBrig. geführt.

Die am 4. Juli abgehorchten italienischen Funksprüche lieferten den Beweis, daß der erwartete Großangriff auf den Hochflächen bevorstehe.

Die Lage war für die k.u.k. 3. Armee bei ihrem Mangel an Reserven gewiß nicht rosig; aber man konnte damit rechnen, daß auf italienischer Seite eine Anzahl von Brigaden, die in den vorangegangenen Kämpfen schwere Blutopfer gezollt hatten, abgekämpft und daher nicht mehr voll zu zählen waren. Eine Patrouille des steirischen SchR. 26 in der Stärke von einem Offizier und sechs Mann hatte am 2. Juli bei einer Vorfeldunternehmung vier Offiziere und 262 Mann gefangengenommen; ebenso war ein Handstreich von Infanterie und oberösterreichischen Freiwilligen Schützen auf den Nordhängen des Grenzkammes geglückt. Auch die Absicht der Italiener, sich auf den Hängen nördlich der Assaschlucht einzunisten, wurde immer wieder vereitelt, wobei der Feind stets eine beträchtliche Anzahl von Gefangenen einbüßte. All dies waren gute Vorzeichen für die kommenden Kämpfe.

Am 6. Juli begann der Feind um 5h früh die artilleristische Vorbereitung mit einem Massenaufgebot von Batterien aller Kaliber; die Minenwerfer begannen ihre Arbeit und verstärkten das von 7h bis 8h vorm. auf die öst.-ung. Stellungen niederhagelnde Trommelfeuer. Sodann trat die italienische Infanterie auf dem Nordteil der Hochfläche von Asiago zum Angriffe an.

Es waren weit überlegene Kräfte, die gegen die 36 Bataillone des III. Korps vorgingen: am Nordflügel des italienischen XX. Korps drei Alpinigruppen, anschließend die verstärkte 4. und die 13. ID., schließlich die 25. ID. des XXII. Korps, insgesamt über 70 Bataillone36).

Die Einleitungskämpfe entbrannten auf dem Nordflügel der k.u.k.

6. ID., dem gegenüber drei bis vier Alpinibataillone den Mt. Campigo-letti und den Mt. Chiesa vergeblich angriffen, sowie mit besonderer Heftigkeit auf dem Südflügel dieser Division, wo die Stellungen zwischen dem Mt. Zingarella und dem Mt. Zebio das Ziel hartnäckiger Angriffe bildeten. Im Abwehrfeuer und im Handgemenge wurden auch hier alle Anstürme abgeschlagen. Besonders ausdauernd wurde wieder auf dem Mt. Colombaro gekämpft, wo das 3. Bataillon des steirischen IR. 27 zehn Angriffe in wilden Kämpfen abwies. Nur zunächst der Nahtstelle zwischen der 6. ID. und der 22. SchD., bei der 18. IBrig., gelang es den Italienern nächst der Cra. Zebio, ein kurzes Grabenstück nach völligem Niedertrommeln und fünfmaligem Anlauf zu nehmen. Weiter südlich scheiterten Angriffe auf den Hängen des Mt. Dorole; die Stellungen der 43. SchBrig. im Raume Mt. Interotto—Mt. Rasta standen andauernd unter heftigem Artilleriefeuer.

Der zur Wiedergewinnung des verlorenen Grabenstückes angesetzte Gegenangriff drang am 7. Juli nicht durch, da die Italiener den geringfügigen Einbruch, den sie mit dem Aufgebot starker Kräfte erzwungen hatten — es waren hier Gefangene von drei Regimentern eingebracht worden —, zu erweitern gedachten und daher den Raum um die Cra. Zebio seit frühem Morgen neuerlich unter zusammengefaßtes Feuer nahmen. In den Vormittagsstunden setzten tatsächlich starke Angriffe ein, die von zwei auf Sturmdistanz herangebrachten Batterien begleitet wurden. Der Ansturm brach alsbald zusammen. Der Verteidiger verzichtete aber auf die Wiedereroberung des am 6. verlorenen Grabenstückes, da die neue Linie auf der Hangkuppe -<j>-1706 westlich der Cra. Zebio wesentlich günstiger verlief.

Weitere Angriffe gegen die Front der 6. ID. scheiterten südlich des Mt. Chiesa, vor dem Mt. Forno und dem Mt. Zebio ebenso wie die an diesem Tage neuerlich einsetzenden Versuche der Italiener, nordwestlich von Canove an der Front der 56. IBrig. über die Assaschlucht vorzubrechen.

Die Kämpfe flauten am 8. Juli ab. In den Frühstunden des folgenden Tages hingegen versuchte eine Alpinigruppe von vier bis fünf Bataillonen zwischen dem Mt. Chiesa und dem Mt. Forno mit zusammengeballter Kraft durchzubrechen. Auf dem Südflügel wurden die Schützenketten der Alpini in ihren Sturmstellungen durch die wiederum zielsicher wirkende Abwehrartillerie sowie durch das Feuer des Peter-wardeiner IR. 70 zusammengeschossen; auf dem Nordflügel gelang dem Feinde der Einbruch, dem aber alsbald der geschlossene Gegenangriff der Nahreserven des IR. 17 folgte, womit die Lage wieder vollständig hergestellt wurde.

Die italienischen Verluste waren hier ebenso wie an den Vortagen vor dem Mt. Colombaro, Mt. Zebio und bei der Cra. Zebio außerordentlich schwer. Mehrere Brigadiere waren verwundet oder gefallen, viele hundert Tote, aber auch zahlreiche Verwundete lagen vor der Abwehrfrontx).

Trotzdem begannen die Kämpfe nach eintägiger Pause am 11. Juli von neuem. Diesmal stieß das italienische XXII. Korps gegen die

22. SchD. vor.

Bereits um 6h früh setzte das Artilleriefeuer gegen die ganze Front des k.u.k. III. Korps mit voller Wucht ein und steigerte sich in den Vormittagsstunden zum Trommelfeuer gegen dessen Südflügel, während beiderseits der Cra. Zebio heftiges Minenfeuer gegen die öst.-ung. Stellungen begann. Zu einem regelrechten Infanterieangriff kam es nur knapp vor Mittag gegen die Front Mt. Rasta—Mt. Interotto; das Unternehmen brach alsbald im Vernichtungsfeuer der Abwehrartillerie zusammen. Die an die Linie der 43. SchBrig. nahe herangeschobenen Angriffsmassen, anscheinend zwei italienische Brigaden, blieben im Raume

*) In diesen drei Tagen verloren die Italiener über 1500 Tote und über 5000 Verwundete (S c h i a r i n i, 125).

Bosco—Camporovere liegen und mußten in den Nachmittagsstunden im Flankenfeuer der öst.-ung. Batterien einen verlustreichen Rückzug hinter die deckende Linie antreten.

Trotz dieser schweren Opfer setzten die Italiener die Angriffe gegen die 22. SchD. am 12. Juli fort. Der Nordflügel dieser Division, an dem am 9. Juli die 20. IBrig. eingeschoben worden war, stand abermals unter heftigstem Artilleriefeuer. Die Höhe 1706 westlich der Cra. Zebio wurde in den Nachmittagstunden unter zusammengefaßtes Massenfeuer der italienischen Artillerie und der Minenwerfer genommen, das die kleine Kuppe zeitweilig völlig in Rauch und Flammen hüllte. Gegen Abend brachen hier die Angriffe starker Kräfte los. Der wacker fechtenden Verteidigungsinfanterie dieses Abschnittes kamen Reserven der ebenfalls angegriffenen Nachbarabschnitte zu Hilfe, und das vereinigte Kreuzfeuer der Abwehrartillerie schlug in den Vorrückungsraum des Feindes. Alle italienischen Angriffe scheiterten an diesem mustergiltigen Zusammenwirken der Abwehrkräfte.

In gleicher Weise lag der Mt. Rasta unter mehrstündigem heftigem Vorbereitungsfeuer; der in den Abendstunden in beträchtlicher Tiefengliederung angesetzte Infanterieangriff der Italiener brach abermals, bevor er auf Sturmdistanz gelangte, unter dem flankierenden Feuer zweier Batterien der 22. SchD. von Norden und der Batterien der 28. FA-Brig. von Süden her unter schweren Verlusten zusammen.

Am 13. Juli erneuerten jedoch die Italiener mit unverminderter Hartnäckigkeit ihre Angriffe. Scheinangriffen gegen die 6. ID. folgte um lh nachm. zusammengefaßtes Feuer gegen die Front der 22. SchD., das um 4h nachm. gegen den Mt. Rasta und den Mt. Interotto vereinigt wurde. Das Trommelfeuer zerstörte die Stellungen fast völlig und fügte der

43. SchBrig. empfindliche Verluste zu; aber die Steirer der Schützenregimenter 3 und 26 wiesen die in den Nachmittags- und Abendstunden folgenden zehn Anstürme siegreich ab. Auch vor dem Mt. Dorole und beiderseits der Cra. Zebio holten sich die Italiener wiederum blutige Köpfe.

Die erste Phase der Abwehrschlacht auf der Hochfläche von Asiago war mit diesen Kämpfen abgeschlossen, die den Italienern bis auf das Grabenstück bei der Cra. Zebio keinerlei Gewinn, aber schwerste Verluste eingetragen hatten. Das „Eiserne Korps“ hatte in der neuen Widerstandslinie dem wohlvorbereiteten, durch alle Kampfmittel unterstützten Angriff in ihren unzulänglichen und alsbald zerstörten Stellungen erfolgreich die Stirn geboten.

Fortan nahmen die Kämpfe in diesem Raum die gewohnten Formen

des Stellungskrieges an. Die Italiener waren emsig mit dem Ausbau ihrer Linien beschäftigt und schienen sich mit der Lage abzufinden1).

Die italienischen Angriffe in der Vallarsa und im Posinabecken (Borcolaschlacht)

(10. bis 24. Juli)

In der Vallarsa hatten sich die Italiener nahe vor den Stellungen des Verteidigers eingenistet; das in die Abwehrfront einbezogene Werk Valmorbia wurde ein emsig beschossenes Ziel der italienischen Artillerie. Die stark besetzte Tallinie diente als Ausgangsraum für das Vorgehen aus dem Val dei Foxi gegen die Westflanke des Pasubioverteidi-gers. Gegen die Stellungen des KSchR. I zwischen dem Mt. Testo, dem Mt. Spil und dem Werk Valmorbia richtete sich am 9. Juli anhaltendes schweres Artilleriefeuer, dem beim Morgengrauen des nächsten Tages Infanterieangriffe folgten. Diese wurden im Tale leicht abgewiesen; hingegen hatte der Stoß von zwei Bataillonen gegen den vorgeschobenen Posten auf dem Mt. Corno anfänglich Erfolg, endete aber dann im zusammengefaßten Sperrfeuer des Verteidigers mit der Vernichtung eines Alpinibataillons, von dem 200 Mann die Walstatt deckten und 10 Offiziere und 416 Mann mit 4 Maschinengewehren die Waffen streckten.

Während nun im Kampf raume westlich des Pasubio verhältnismäßige Ruhe eintrat, begann am 12. Juli schweres Artilleriefeuer zahlreicher italienischer Batterien gegen die Front des k.u.k. XX. Korps im Raume Pasubio—Borcolapaß—Mt. Cimone; einem Massenfeuer gegen den Mt. Majo folgte das Vorfühlen starker Patrouillen, die jedoch verjagt wurden.

Am 13. Juli setzte der italienische Angriff gegen den Borcolapaß ein; er war von Vorstößen gegen, die Frontvorsprünge nördlich vom Posinaflusse begleitet. Starke Kräfte des V. und des X. Korps waren hier angesetzt. Den Hauptstoß sollte die elf Bataillone starke Ostgruppe der

44. ID. gegen die Stellungen beiderseits des Borcola führen; die Hauptkraft dieser verstärkten Division sollte den Gegner im Raume Pasubio— Vallarsa binden. Weiter nach Osten griff die 27. ID. aus dem Laghi-

x) Cadorna berichtet, daß die Operationen großen Stiles an der Tiroler Front am 9. Juli eingestellt wurden, und die Kämpfe zwischen Etsch und Brenta vom

10. an den Charakter langsamer, meth'odischer Angriffe annahmen (Cadorna, La guerra, I, 251).

becken gegen den Raum C. dei Laghi—Mt. Majo an. Die 35. ID. hatte beiderseits des Mt. Seluggio anzufassen, das X. Korps bereitete eine Unternehmung gegen den Mt. Cimone vor. Es waren somit zwischen dem Ostabfall des Pasubiostockes und dem Asticotal über 50 italienische Bataillone gegen 22 Bataillone der 8. und der 3. ID. angesetzt.

Zunächst mißlangen zwei starke Angriffe der Italiener östlich vom Borcolapaß und westlich von Laghi, wo die bewährten Kaiserjägerregimenter der 8. ID. mit gewohnter Zähigkeit ihre Stellungen verteidigten. Dann folgte ein vergeblicher Nachtangriff die Borcolastraße entlang. Ebenso scheiterte ein Vorstoß auf dem Pasubio. Am 14. Juli nisteten sich die Italiener auf einem Felszahn südöstlich des Borcolapasses ein, der in den nächsten Tagen zurückgewonnen wurde. Angriffe auf den Mt. Seluggio an diesem und am folgenden Tage hatten ebenso wie ein Nachtangriff an dieser Frontstelle und ein in der gleichen Nacht mit bedeutenden Kräften aus dem Laghibecken gegen Westen versuchter Vorstoß keinen besseren Ausgang.

So wie auf der Hochfläche von Asiago mußten die Italiener auch hier auf blutigen Pfaden die Erfahrung machen, daß das Brechen der Widerstandskraft der Verteidiger planvolle Vorbereitung erfordere. Dementsprechend richtete sich vom 16. bis zum 18. Juli schweres Feuer aller Kaliber gegen den Raum östlich vom Borcolapaß und die vorspringenden Stellungsteile des Mt. Majo, des Mt. Seluggio und des Mt. Cimone. Die ununterbrochene Beschießung, die zeitweise sehr heftig war, stellte an die Standhaftigkeit und den Opfermut der in den zerschossenen Stellungen ausharrenden Truppen, denen Munition, Verpflegung und Wasser nur bei Nacht zugetragen werden konnten, sehr hohe Anforderungen.

Beim k.u.k. XX. Korps stand am 17. Juli von der 8. ID. die 58. IBrig. (4 Bataillone des 1. KJR., 2 Bataillone des 3.KJR., 2 Skikompagnien) auf dem Pasubio; den Borcolaabschnitt hielt Oberst Lercher mit 4 Bataillonen des 4. KJR.; im Abschnitt Mt. Majo—C. dei Laghi befand sich die 180. IBrig. (5 Bataillone des 2. KJR., 1 Bataillon des IR. 59); 2 Bataillone des IR. 14 waren Divisionsreserve. Von der 3. ID. befand sich die 15. IBrig. mit 4 Bataillonen des IR. 50 im Abschnitt Mt. Tormeno—Mt. Seluggio, die 5. IBrig. (3 Bataillone des IR. 59, 1 Bataillon des IR. 14, 2 Bataillone des IR. 21) im Abschnitt Cimone, während

1    Bataillon des IR. 59 Divisionsreserve war. Die Korpsreserve bildeten

2    Bataillone des IR. 14 und eine Hochgebirgskompagnie.

Am 18. Juli in den Mittagsstunden schritten die Italiener nach heftigstem Massenfeuer ihrer Artillerie und ihrer Minenwerfer mit starken

Kräften zum Angriffe gegen den C. del Coston und den Mt. Majo. Zweimal abgeschlagen, wiederholten sie den Ansturm zum drittenmal; unter dem treffsicheren Feuer der Kaiserjäger mußte der Feind, der hier schwere Verluste erlitt, in seine Ausgangsstellungen zurückgehen. Ein letztesmal versuchten die Italiener am 20. Juli, in dichtem Nebel die Stellungen auf dem Borcolapaß zu überrennen, aber auch dieses Unternehmen scheiterte an der Wachsamkeit des Verteidigers.

In den folgenden Tagen räumte der Feind seine Sturmstellungen und setzte seine Linien, besonders im Laghibecken, kilometerweit von der Abwehrfront ab. Die Borcolaoffensive war aufgegeben.

Im Zusammenhang mit den neuen Angriffshandlungen auf der Hochfläche von Asiago hatte inzwischen das italienische X. Korps den Auftrag erhalten, den Mt. Cimone zu nehmen. Dieser weit vorspringende Stellungsteil war den Italienern wegen der von dort tatkräftigst ausgeübten Flankierung des Vorfeldes der Nachbarabschnitte überaus lästig; zudem gestattete die Cimonespitze Einblick in die italienische Ebene. Die Abwehrstellungen verliefen auf der Platte entlang der Bruchränder zu den Tälern des Rio Freddo und des Astico; die gegen Arsiero vorspringende Vorkuppe des Mt. Caviojo war in Feindeshand. Die vor der eigentlichen Stellung liegende Spitze des Mt. Cimone, die gegen das von drei Seiten einfallende italienische Artilleriefeuer keine Deckung bot, war nur von einer starken Feldwache besetzt.

Die italienische 9. ID. hatte sich von Arsiero her und aus dem Tale des Rio Freddo die von hier auf die Cimoneplatte führende Straße entlang gegen die Stellungen der 5. IBrig. nahe herangeschoben. Auf der aus dem Asticotal ansteigenden Tonezzastraße und den anschließenden Hängen waren Teile der italienischen 20. ID., die den Angriff der 9. ID. unterstützen sollte, bis unter die Abwehrstellungen angestiegen. Am

21. Juli begann das italienische Artilleriefeuer. Die ganze Cimoneplatte und der Raum bis zu den Tonezzaspitzen stand unter heftigem Geschoßhagel zahlreicher Batterien, die in einem Halbkreis von der Punta Cor-bin über Arsiero bis zum Mt. Aralta aufgefahren waren. Das am 22. Juli gegen den Südteil der Cimoneplatte zusammengefaßte Feuer steigerte sich am 23. zu größter Heftigkeit. Unter diesem verheerenden Massenfeuer hatten die Reste der schwachen Besatzung der Cimonespitze um 3h nachm. ihre deckungslose Aufstellung geräumt, so daß die Italiener diesen Beobachtungspunkt besetzen konnten. Der Angriff, den acht Bataillone der 9. ID. sowie Teile der 20. ID. sodann gegen die in arg zerschossenen und kaum notdürftig mit Deckungsstollen ausgestatteten

Stellungen ausharrenden „Rainer“ von drei Seiten führten, wurden allseits abgewiesen. Die sodann auf höheren Befehl unternommenen Versuche des IR. 59, den wichtigen Beobachtungsposten auf der Cimonespitze wieder zu nehmen, scheiterten trotz größten Heldenmutes am 23. und 24. Juli. Ebenso mißglückte am 29. ein Versuch der Italiener, in die eigentliche Stellung auf der Cimoneplatte einzudringen.

Das letzte Wort war jedoch hier noch nicht gesprochen. Das IR. 59 begnügte sich nicht mit der Behauptung der Cimonestellung, die trotz des italienischen Erfolges vor ihrer Front unangetastet blieb, sondern schob seine Feldwachen knapp an den Nordabsturz der Cimonespitze heran. Hier nahmen in den nächsten Wochen die Vorbereitungen zum Minenangriff gegen die italienische Gipfelstellung ihren Ausgang.

Der zweite Vorstoß der Italiener gegen das k.u.k. III. Korps

(22. bis 24. Juli)

Die öst.-ung. Führung hatte nach dem Verklingen der ersten Abwehrschlacht auf der Hochfläche den Eindruck, daß die Ruhe an der Front des III. Korps nicht von langer Dauer sein werde, der Feind vielmehr Vorbereitungen zur Fortsetzung seiner Offensive treffe. Diese abzuwehren mußte das 11. Armeekmdo., das am 16. Juli auch den Abschnitt des nach dem Nordosten abgehenden 3. Armeekmdos. übernahm, trotz der weiteren Schwächung der Kräfte in Südtirol durch das Abrollen der 34. ID. und der 43.SchD. bedacht sein.

Am 12. Juli war die Befehlgebung in Tirol neu geregelt worden. Das Heeresgruppenkmdo. Erzherzog Eugen übernahm den Befehl über die Truppen in ganz Tirol; ihm unterstanden somit die Rayone I (Ort-ler), II (Tonale), die 11. Armee, zu der von nun an auch der Rayon III (Südtirol) gehörte, ferner die Tiroler Ostfront (Rayone IV und V) unter dem Korpskmdo. GdI. Roth, das aus dem bisherigen Landesver-teidigungskmdo. Tirol neu gebildet wurde. Das 3. Armeekmdo. ging am 17. Juli an die Ostfront ab (S. 608); die Gruppierung in Tirol sollte zunächst im Großen unverändert bleiben. Die 10. ID. wurde vorerst dem III. Korps belassen. Die in Erholungsquartieren liegende 57. ID., nunmehr die einzige Reserve der Heeresgruppe, war für die Ablösung der KSchD. ausersehen, die inzwischen den Zugnakamm in ihren Abschnitt einbezogen hatte. Ob diese Ablösung und die so lange beabsichtigten Verschiebungen beim III. und beim XVII. Korps vollzogen werden konnten, hing von der Dauer der Kampfpause auf der Hochfläche von Asiago ab.

Die einlangenden Nachrichten ergaben ein schwankendes Bild. Italienische Funksprüche ließen einerseits eine Verstärkung des italienischen XX. Korps auf dem Nordteil der Hochfläche um sechs Bataillone erkennen x); anderseits schien die italienische 4. ID. mit vier Brigaden und einem Bersaglieriregiment in zweite Linie zu gelangen. Die am

21. Juli losbrechende italienische Fleimstaloffensive ließ auch auf der Hochfläche neue Kämpfe gewärtigen.

In der Tat hatte das italienische l.Armeekmdo. den Befehl erhalten, vor dem endgültigen Übergang in die Abwehr nochmals die Eroberung des Kempeirückens und des Mt. Cimone anzustreben2). Während die letztgenannte Aufgabe dem italienischen X. Korps zufiel, das am

23. Juli den Angriff begann (S. 685), wurden auf dem Nordteil der Hochfläche von Asiago die Alpinigruppen, im Raume beiderseits der Cra. Zebio die 34. ID. zum entscheidungssuchenden Stoß angesetzt. Die übrigen Kräfte dieser Front hatten den Angriff zu begleiten.

Der Ansturm traf das III. Korps teilweise in der Umgruppierung. Das Heeresgruppenkmdo. hatte sich am 10. Juli entschlossen, das so lange beabsichtigte Ordnen der Verbände durchführen zu lassen. Dementsprechend wurde zunächst die 8. GbBrig. im Raume um den Mt. Zin-garella durch das IR. 55 ersetzt und als Heeresgruppenreserve nach Levico gezogen; diese Beschleunigung der Ablösung; wird durch das dringende Bedürfnis des Heeresgruppenkmdos. verständlich, statt der für das Fleimstal bereitgehaltenen 57. ID. eine neue Reserve zu bilden.

Die 8. GbBrig. war eben aus der Front abgerückt, als der Angriff der Italiener am 22. Juli bei Morgengrauen losbrach. Lebhaftem Artilleriefeuer gegen die ganze Front des III. Korps folgten in den Vormittagsstunden Ablenkungsangriffe gegen den Raum beiderseits des Mt. Interotto. An den Frontstellen, die von den Italienern für den Einbruch ausersehen waren, verstärkte sich das Vorbereitungsfeuer alsbald zum Trommelfeuer. Auf den Nordflügel der 12. IBrig. im Raume Mt. Chiesa—Grenzkamm hagelte heftigstes Massenfeuer aller Kaliber, zum Teil auch aus der Val Sugana, nieder; die fleißige Stellungsarbeit der alpenländischen Truppen dieser Brigade machte sich nun bezahlt. Ihre

x) Einem italienischen Funkspruch vom 18. Juli war die Stärke des XX. Korps mit 7 Infanteriebrigaden, 18 Alpinibataillonen, 2 Feldartillerieregimentern, 10 Ge-birgs- und 10 Belagerungsbatterien zu entnehmen.

2) T o s t i, 158.

Verluste waren gering, obzwar schon bis Mittag 30.000 Geschoßeinschläge geschätzt wurden. Um 3h und um 5h nachm. scheiterten Angriffe von drei bis vier Alpinibataillonen gegen den Mt. Campigoletti und nördlich vom Mt. Chiesa; des öfteren kämpfte dabei Mann gegen Mann.

In der Korpsmitte wurden die neuen Riegelstellungen des Verteidigers westlich der Cra. Zebio durch das Massenfeuer der italienischen Artillerie — die Italiener hatten wieder Gebirgsgeschütze auf wenige hundert Schritte herangebracht — und die zusammengefaßte Wirkung zahlreicher Minenwerfer nahezu vollständig zerstört, so daß der Feind hier neuerlich in die Front dreier Kompagnieabschnitte eindringen konnte. Gegen diesen Einbruch wurde abermals ein Gegenangriff der Nahreserven eingeleitet, der aber zunächst nicht durchdrang, da die Italiener am

23. Juli neuerlich zum Stoß ansetzten, um den Einbruch zum Durchbruch auszubauen. An diesem Tage brachen Angriffe gegen die Front der 20. IBrig. auf den Hängen des Mt. Zebio unter schweren Verlusten zusammen; bei der Abwehr taten sich die Egerländer des Bataillons 11/73 besonders hervor. Auch westlich der Cra. Zebio wurde der Massenstoß aufgefangen, wobei den Verteidigern zustatten kam, daß italienische Batterien zu kurz schossen und ihre eigenen Linien trafen. Der nun einsetzende Gegenangriff stellte bis zum 24. Juli abends die Lage wieder her und brachte die verlorenen Gräben bis auf ein kurzes Stück in den Besitz der Verteidiger zurück.

Inzwischen hatten die Kämpfe auch auf dem Nordflügel des k.u.k.

III. Korps ihre Fortsetzung gefunden. Hier hatte am 23. Juli das italienische Vorbereitungsfeuer in den frühen Morgenstunden wieder eingesetzt und alsbald größte Heftigkeit angenommen. Die wacker ausharrenden Truppen der 12. IBrig. — an den Brennpunkten standen das FJB. 7 und Teile des IR. 17 — empfanden das Massenfeuer weitaus stärker als in der Hölle des Mt. S. Michele in der dritten und vierten, Isonzoschlacht. Zwischen 6h und 10h vorm. scheiterten drei Angriffe von vier bis fünf Alpinibataillonen gegen den Raum des Mt. Campigoletti. Ebenso mißlang in den Abendstunden ein bei Regen und Nebel versuchter italienischer Überfall.

Gegen diesen Abschnitt hielt auch am 24. Juli das schwere feindliche Geschützfeuer an. In den Feuerpausen erneuerten die Italiener viermal ihre Anstürme gegen den Mt. Campigoletti und versuchten auch, entlang des Grenzkammes gegen das FJB. 9 vorzustoßen. Wiederum brachen alle Angriffe unter schweren Verlusten der Alpini zusammen, bis sie nach 10h vorm. in ihre Ausgangsstellungen zurückfluteten. Die

Haltung der Truppe, die Führung und die wirksamste Unterstützung der trefflichen Abwehrartillerie hatten es auch diesmal ermöglicht, den verzweifelten Anstürmen der mit Schneid angehenden Alpini unerschütterlich standzuhalten.

Mit den Mißerfolgen am 24. Juli fand die Offensivtätigkeit der italienischen 1. Armee ihren Abschluß; die Kämpfe erstarrten auch hier wieder zum Stellungskrieg.

In der Zeit vom 26. bis zum 30. Juli konnte nunmehr auch die Neuordnung der öst.-ung. Abwehrfront auf der Hochfläche von Asiago abgeschlossen werden, was um so dringender war, als die Heeresleitung bereits am ersten dieser Tage das Abziehen der 57. ID. für Anfang August ankündigte. Die 28. ID., deren 55. IBrig. bereits auf der Hochfläche eingelangt war, wurde zwischen der 22. SchD. und der 6. ID. im Raume Cra. Zebio—Nordhang des Mt. Zingarella eingesetzt; hiedurch wurden die 2. GbBrig., die 20. IBrig. und das IR. 55 frei. Die nunmehr wieder vereinigte 10. ID. übernahm den bisherigen Abschnitt der 28. ID. nördlich der unteren Assaschlucht, die 2. GbBrig. trat in Reserve.

Die Flehnstaloffensive der Italiener (21. bis 27. Juli)

Das italienische Oberkommando hatte schon am 3. Juni seiner

4. Armee in den Dolomiten die Absicht mitgeteilt, daß die geplante Gegenoffensive der 1. Armee auf der Hochfläche von Asiago und gegen den Col santo durch einen Stoß des Südflügels der 4. Armee gegen Cavalese zu begleiten sein werde x). Dementsprechend wurden die Truppen im Primör (Abschnitt Brenta—Cismon) am 16. Juni der 4. Armee unterstellt.

Das Fleimstal war seit langem ein heiß ersehntes Ziel der italienischen Führung (S. 212). Von hier aus konnte ein entscheidungbringender Vorstoß sowohl über den Karerpaß gegen Bozen als auch überhaupt gegen das Etschtal, die einzige Lebensader der Südtiroler Front, versucht werden; zumindestens aber konnte die Front der Tiroler Landesverteidigung in den westlichen Dolomiten außerordentlich wirksam bedroht werden. Daher wurden für dieses Unternehmen starke Kräfte zusammengezogen. An die Seite der zwei Brigaden starken 17. ID. traten eine gemischte Abteilung unter GM. Ferrari in der Stärke von neun BaJ) C a d o r n a, La guerra, I, 253.

taillonen sowie mehrere Alpinibataillone des Abschnittes Brenta—Cis-mon; die Leitung der Kampfhandlung übernahm das italienische IX. Korpskmdo. in Agordo.

An die anzugreifende Front, mit der die Italiener bisher keine engere Fühlung durch stärkere Abteilungen aufgenommen hatten, führten die Dolomitenstraße von Fiera di Primiero über den Rollepaß (1984 m) sowie Saumwege aus dem Becken von Agordo über Falcade und den Sattel von S. Pellegrino (1910 m), ferner über den P. Valles (2032 m) in das obere Travignolotal. Der Rollepaß war westlich über den P. Colbricon (1902 m) auf einem nach Paneveggio führenden Saumweg zu umgehen; über die Scharten der Hauptkette der Fassaneralpen führten nur Fußsteige.

Auf Seite des Verteidigers, im Rayon IV, hielt den westlichen Abschnitt von der Val Piana, wo der Anschluß an die 11. Armee hergestellt wurde, bis zu dem Südhange der Höhe Lusia (2491m) die 55. GbBrig. mit 16 Kompagnien, 33 Maschinengewehren und 27 Geschützen1). Ihre Stellungen verliefen in schütterer Kette entlang des Fassanerkammes bis zum Colbricon (2604 m), bogen hier nach Norden ab, überquerten das Travignolotal westlich von Paneveggio bei dem alten Werk Dos-saccio und erreichten über die kleine Lusia (1954 m) die Abschnittsgrenze.

Der Rollepaß war Niemandsland. Die Italiener hatten sich nördlich der Paßhöhe auf der Höhe Castellazzo (2333 m) eingerichtet. Die Höhe Cavallazza (2326 m) südlich vom Paß war von öst.-ung. Seite zu einem ausgedehnten Stützpunkt ausgestaltet worden, der allerdings die Rollestraße bestrich, aber Angriffen von allen Seiten ausgesetzt war und mit der Hauptstellung nur durch einen Schützengraben auf dem P. Colbricon zusammenhing.

Den Abschnitt von der Höhe Lusia (2491m) bis zum Buchensteintal hielt die 179. IBrig. Der Südteil ihrer Front verlief über den C. di Bocche (2748 m), überquerte das S. Pellegrinotal bei Fangho und verlief über die C. di Costabella (2738 m) bis zu den Gletschern der Marmo-lata; 15 Kompagnien mit 24 Maschinengewehren und 24 Geschützen bildeten die Besatzung dieses Frontteiles. Im Marmolatagebiet, auf dem Fedajapaß und dem Sasso di Mezzodi standen weitere 8 Kompagnien mit 12 Maschinengewehren und 20 Geschützen.

Insgesamt waren es 63/i Bataillone — größtenteils Landsturm —, 2160 Standschützen, 14 mobile und 57 Stellungsgeschütze, die Ende

1 Ein großer Teil der Maschinengewehre und der zumeist altartigen Geschütze war stabil eingebaut.

Juni die bisher in den Großkampf noch nicht einbezogene Fleimstal-front bewachten.

Die geplante italienische Offensive sollte den Gegner überraschen5), aber die Vorbereitungen blieben der öst.-ung. Führung nicht verborgen. Das geänderte Verhalten des Feindes, Truppenanmärsche, starker Kraftwagenverkehr auf der Dolomitenstraße, das Auftreten neuer Batterien und die zunehmende Kampftätigkeit trugen ebenso bei, Klarheit zu schaffen, wie die Nachrichten, die italienischen Funksprüchen entnommen wurden. Die Kämpfe bei der 11. und der 3. Armee und der Mangel an Reserven ermöglichten vorerst nur die Zuführung der bescheidenen Kraft von 2^2 Bataillonen und 24 Geschützen an die bedrohte Front. Ihnen folgte am 19. Juli, als sich die Nachrichten über einen bevorstehenden italienischen Angriff aus dem Primör häuften, das Radfahrerbataillon Mjr. Schönner. Mit dem Einsatz der letzten Reserve, der im Etschtal und im Suganatal rastenden 57. ID., zögerte das Heeresgrup-penkmdo. begreiflicherweise, bis sich der italienische Angriff aussprechen mochte; denn dieser konnte ebensogut im Suganatal losbrechen.

Am 19. Juli standen die Stellungen des Rayons IV unter lebhaftem Geschützfeuer, das namentlich gegen den C. di Bocche, die Cavallazza und den Colbricon zu größerer Heftigkeit anwuchs und auch am 20. Juli gleiche Stärke bewahrte. Der schon für diesen Tag geplante italienische Angriff gegen die Cavallazza unterblieb, da dichte Nebelschwaden den Rollepaß verhüllten. Am 21. Juli setzte dann endlich das italienische

IX. Korps zum Sturme an. Von der 17. ID. hatte eine Gruppe in der Stärke eines Regiments die Front C. di Costabella—Fanghostellung zu binden, eine über den P. Valles vorbrechende Brigade den C. di Bocche anzugreifen, eine weitere Brigade vom Rollepaß gegen Paneveggio vorzustoßen, ein Bataillon von Norden gegen die Cavallazza einzuschwenken. Von der Gruppe Ferrari gingen sechs Bataillone von Osten und Süden, ein Bataillon von Südwesten gegen die Cavallazza vor, drei Bataillone wendeten sich gegen den P. Colbricon und die Höhe Colbricon A 2604; gegen den Fassanerkamm stießen starke Alpinipatrouillen vor.

Während die italienischen Angriffe gegen den C. di Bocche keinen Raum gewannen, und sich die im oberen Travignolotal vorgehenden Kolonnen lediglich im Gelände vor der Abwehrstellung festsetzten, erlag die schwache Besatzung der Cavallazza (11/2 Kompagnien, 8 Maschinengewehre, 2 alte Feldkanonen), die schon seit zwei Tagen im heftigsten Feuer stand, um 3h nachm. dem umfassenden Angriff von drei

a) C a d o r n a, La guerra, I, 254.

Seiten. Am Abend des ersten Angriffstages war auch der P. Colbricon und die Trigonometerhöhe Colbricon in den Händen der Italiener.

Das Heeresgruppenkmdo. mußte sich bei dieser Sachlage dazu entschließen, seine letzte Reserve in den Kampf zu werfen. Noch am

21. Juli wurden dem Korps GdI. Roth das 57. IDKmdo. und die 9. Gb-Brig. zugewiesen; vom 22. an sollte die 10. GbBrig. folgen.

Am 22. Juli scheiterten alle weiteren italienischen Angriffe gegen den C. di Bocche, gegen die Stellungen beiderseits des Travignolotales und gegen die Abriegelung nördlich und westlich der Trigonometerhöhe Colbricon. Nun befahl das Heeresgruppenkmdo., die Gegenmaßnahmen nicht auf reine Abwehr zu beschränken, sondern bei günstiger Gelegenheit zum Gegenangriff zu schreiten. Von der 10. GbBrig. langten aber zunächst nur drei Bataillone ein. Inzwischen setzten am 24. die Italiener ihre Angriffe fort und es wurde nötig, die schütteren Stellungen auf dem Fassanerkamm, gegen die der Feind vorzufühlen begann, verläßlich zu besetzen, wozu die einlangenden Bataillone gerade hinreichten. Daher unterblieb vorerst ein Gegenangriff.

Abermalige Vorstöße der Italiener am 26. und 27. Juli mißlangen verlustreich an der neuen Abwehrfront, über die nunmehr der Kommandant der 57. ID., FML. Heinrich Goiginger, den Befehl übernommen hatte. Besonders hartnäckig erneuerten die Italiener immer wieder ihre Versuche, beiderseits der Talstraße durchzubrechen. Zuletzt scheiterten dort Angriffe in den Nächten auf den 29. und 30. Juli im Abwehrfeuer des Radfahrerbataillons.

Als überdies am 30. Juli eine schneidige Unternehmung den Italienern eine von ihnen besetzte Spitze der C. di Ceremana entriß, war die italienische Fleimstaloffensive festgelaufen. Die öst.-ung. Hauptstellungen waren nur auf dem Colbricon angenagt, von wo in den folgenden Monaten weitere Kämpfe ihren Ausgang nahmen.

Mit der Einstellung des Angriffsunternehmens im Fleimstal war die Gegenoffensive abgeschlossen, die Cadorna mit großen Hoffnungen begonnen hatte, als ihm die öst.-ung. Führung unter dem Drucke der Ereignisse an der russischen Front die Initiative überlassen mußte. Die Einbußen des italienischen Heeres in den Kämpfen seit Mitte Mai betrugen- 788 Offiziere und 14.665 Mann an Toten, 2844 Offiziere und 73.798 Mann an Verwundeten, 1045 Offiziere und 54.590 Mann, von denen sich der größte Teil in öst.-ung. Gefangenenlagern befanden, an Vermißten 3).

ł) T o s t i, 159.

Begebenheiten an den übrigen Abschnitten der Südwestfront

Hiezu Beilage 28 Gefechte an den Tiroler Nebenfronten

Zur gleichen Zeit, da in Südtirol, ausgelöst durch die öst.-ung. Frühjahrsoffensive, heiße Kämpfe tobten, dauerte an der Tiroler West-und Ostfront der Stellungskrieg an, der nur an einzelnen Frontteilen durch größere italienische Unternehmungen, die Ablenkungszwecken dienen sollten, unterbrochen wurde.

Im Ortler- und Adameilogebiet begann mit Eintritt der besseren Jahreszeit der gewohnte Kleinkrieg in Schnee und Eis. Im Gletschergebiet des Ortler verstand es die 53.HaBrig., in unermüdlicher Tätigkeit weitere Erfolge auf dem Hochkamm die Grenze entlang zu erringen. Schon am 14. Juni war es gelungen, zwei wichtige Hochspitzen zu nehmen. Mit Unterstützung eines mühsam auf den Ortler gebrachten Gebirgsgeschützes wurde das Unternehmen fortgesetzt und am 1. Juli die Kristallspitze (3480 m) gewonnen, von der aus sich ein wertvoller Ausblick auf Bormio eröffnete. Die Wirkung des Ortlergeschützes, dem im Juli eine zweite Gebirgskanone zugesellt wurde, gestaltete die Lage der Italiener auf den Hochpässen südlich vom Ortler so schwierig, daß sie auch auf diesen nur einige Beobachter belassen konnten37).

In den Judicarien und im Abschnitt Riva flackerten nur kleinere Gefechte auf, in denen beide Parteien einander möglichst viel Abbruch zu tun versuchten.

In den Dolomiten entbrannten zeitweise heftige Kleinkämpfe. So wurden die öst.-ung. Gletscherstellungen auf dem Kamm und den Nordabfällen der Marmolata häufig das Ziel heftigen Feuers und energisch geführter Angriffe. Am 18. Juni und am 3. und 4. Juli tobten in dieser Eiswelt schwere Kämpfe; doch wies das hier fechtende mährische Lst-IBaon. 159 alle Angriffe der Alpini ab.

Kampfhandlungen größeren Umfanges entwickelten sich seit dem

5. Juni beiderseits der Straße Cortina d’Ampezzo—Toblach (Strada d'Allemagna). Hier war die italienische Front, der Grenzgestaltung entsprechend, am nächsten an das Pustertal und seine wichtige Bahnlinie herangeschoben. Die Ortschaften Toblach, Innichen und Sillian sowie die Bahnanlagen standen täglich unter dem Feuer schwerer Flachbahngeschütze aus dem Raume zwischen dem Mt. Piano und dem Misurina-see, ohne daß der Bahnverkehr ernstlich unterbunden worden wäre.

Am 6. Juni setzte das italienische I. Korps zum Angriffe an, der, wie aus einem erbeuteten Befehl hervorging, um jeden Preis zum Gewinn des Pustertales führen sollte.

Die Pustertaldivision unter FML. Ludwig Goiginger, die den Rayon V zu halten hatte, verfügte im angegriffenen Raum zwischen dem Fa-nestal und den Nordhängen des Mt. Cristallo über 14 Kompagnien, die zum Teile aus Standschützen und Landsturm bestanden; im Laufe der Kämpfe wurde die Besatzung um 12 Kompagnien verstärkt. Mit diesen schwachen Kräften wurde der Stoß der drei Brigaden starken italienischen 1. ID. aufgefangen, die den Angriff durchzuführen hatte, während die italienische 2. ID. weiter östlich zwischen dem Mt. Cristallo und dem Karnischen Kamm den Gegner binden sollte.

Vom 6. bis zum 24. Juni wechselten fast täglich Angriffe von Abteilungen in Bataillons- und Regimentsstärke gegen die öst.-ung. Stellungen am Ostausgange des Fanestales, bei Son Pauses, auf der Croda del’ Ancona und im Rufreddotal, wo die Dolomitenstraße die Verteidigungslinie durchquerte, mit heftigem Geschüzfeuer ab. Besonders hartnäckig waren die Kämpfe am 11. und 12. Juni. Hiebei gelang dem Feind ein vorübergehender Einbruch, der im Gegenangriff beseitigt vvurde. Ein Nachtangriff, der am 24. Juni gegen die Rufreddostellung angesetzt wurde, aber wieder scheiterte, schloß die mißglückte italienische Unternehmung ab, die keinerlei Raumgewinn gegen das Pustertal erzielt, aber den angreifenden italienischen Truppen schwere Verluste eingetragen hatte 38). Die Beschießung des Pustertales dauerte fort und wurde durch planvolles Feuer gegen den italienischen Versorgungsknoten Cortina d’Ampezzo beantwortet.

Im Tofanagebiet, wo die öst.-ung. Stellungen nahe an die Dolomitenstraße heranreichten, wuchs der Kleinkrieg zu großer Heftigkeit an. Die Felstürme der Tofana I, II und III waren in der Hand der Italiener, aber an den Hängen der Felsschroffen und in den Scharten waren die Verteidiger nach wie vor eingenistet und verwehrten dem Feind den Zugang in das Travenanzestal. Obzwar die taktisch günstigste Abwehrlinie westlich dieses Hochtales verlaufen wäre, galt es, möglichst lange die für die Italiener besonders wichtige Dolomitenstraße zu bedrohen. So gewannen die Felstürme der Punta dei Bois (Schreckenstein, von den Italienern Castelletto genannt), die wie kleinere Brüder am Westfuße derTofanal aufragen, erhebliche Bedeutung. Der Schreckenstein sperrte nicht nur den Zugang zum Beginne des Travenanzestales von Süden her, sondern gab auch Tiroler Scharfschützen die Gelegenheit, das Gelände bis zur Dolomitenstraße unter zielsicherem Feuer zu halten.

Da alle Versuche der Italiener, diesen Felsklotz im Sturm zu nehmen, blutig gescheitert waren, hatten sie schon Anfang Jänner 1916 beschlossen, zum Minenkrieg zu schreiten. Am 2. April begannen die Bohrarbeiten, die in zwei Stollen rasche Fortschritte machten. Mittels eines Stollens sollte der Ostturm des Schreckensteins gesprengt werden. Ein zweiter Stollen wurde im Tofanahang aufwärts geführt, aus ihm sollte der Rücken der öst.-ung. Stellung beschossen werden.

Die Bohrarbeiten blieben dem Verteidiger nicht verborgen; dieser erwartete schon im Juni täglich die Sprengung und traf entsprechende Vorkehrungen. Die Italiener versuchten jedoch zunächst ein Ablenkungsunternehmen und griffen in der Nacht auf den 9. Juli die Stellung der Fontana negra zwischen Tofana I und II an, wo die Kaiserjäger des Alpinen Detachements III, von beiden Flanken beherrscht und bei Tag völlig abgeschnitten, in aussichtsloser Abwehr ausharrten. Nach dreistündigem Kampfe Mann gegen Mann waren die Italiener Herren dieses Postens.

Am 11. Juli frühmorgens wurde der Ostturm des Schreckensteins gesprengt1). Doch hatte der alsbald losbrechende Angriff von fünf italienischen Bataillonen keinen Erfolg. Erst die Rückenwirkung aus dem zweiten Stollen, die den Verteidiger in seine Kavernen bannte, brachte am 13. Juli den Schreckenstein zum Fall.

In der Nacht auf den 30. Juli versuchten die Italiener, den Erfolg durch einen Einbruch in das Travenanzestal zu erweitern. Der am Talbeginn angesetzte Angriff von acht Bataillonen scheiterte vor der neuen

x) Die Italiener arbeiteten mit zwei Bohrmaschinen; die Länge der Stollen betrug 507 m, das geförderte Material 2200 m3. Die Sprengladung bestand aus 35 t Sprenggelatine (P i e r o P i e r i, La nostra guerra tra le Tofane [3. Ausg., Neapel 1932]).

Riegelstellung, wobei ein vorgeprelltes Alpinibataillon nebst schweren blutigen Einbußen acht Offiziere und 138 Mann an Gefangenen sowie zwei Maschinengewehre verlor.

Kaiserjäger, Landsturm, Bosniaken und Artillerie hatten hier ihr Bestes geleistet, so daß der am 16. Juli von GdI. Roth gefaßte Entschluß, nach Ausbau der Hauptstellung westlich vom Travenanzestal das Tofanagebiet zu räumen, in Ruhe ausgeführt werden konnte.

Die Ereignisse am I s o n z o und an der Kärntner Grenze

(Juni und Juli 1916)

Hiezu Beilagen 17 und 28 sowie Skizze 2

Der Kampfraum am Isonzo vorübergebend als Nebenfront

Während der Offensive aus Südtirol verharrten die in Kärnten und im Küstenlande zurückgelassenen k.u.k. Truppen in reiner Abwehr. Sie hielten sich bereit, gegebenenfalls, wenn der Feind weichen sollte, die Verfolgung aufzunehmen (S. 186). Dies trat aber nicht ein. Wohl zogen die Italiener vom 22. Mai an nicht weniger als sieben Divisionen, außerdem zwei Infanteriebrigaden, mehrere Alpini- und Bersaglieri-bataillone sowie zahlreiche Batterien nach Westen ab (Beilage 17); aber sie ließen doch so viel Truppen zurück, daß sie andauernd stärker blieben, als die Armeen der Generalobersten Rohr und Boroevic.

Da die k.u.k. Heeresleitung einen Vorstoß vom Isonzo her nicht in Betracht zog und im Laufe der Kriegshandlung aus Südtirol der

5. Armee noch zwei Divisionen (S. 307 und 311) entnahm, zählte schließlich diese Armee Mitte Juni nur noch 96 Bataillone, von denen fast die Hälfte dem Landsturm angehörten, dazu 377 leichte und 109 schwere Geschütze.

Nach einer fast vierwöchigen Pause flammte nun auf dem Südflügel der 5. Armee der Kampf wieder auf.

Die Lage zwischen dem Mt. dei sei Busi und dem Meere war schon seit mehreren Monaten gespannt gewesen (S. 192, 214). Unsere Ablenkungsangriffe um die Mitte Mai hatten sie noch verschlechtert. Der Feind blieb trotz der hiebei errungenen Teilerfolge (S. 302) noch immer überlegen, dies umsomehr, als von der k.u.k. 5. Armee unablässig Kräfte abgegeben werden mußten. Die dem Feind entrissenen Stellungsteile hätten nur bei planvoller Eingliederung in unsere Abwehr zu einer

Besserung der Lage geführt. Dazu fehlte es aber an Truppen. Die 106. LstlD., die bis zu den Adriawerken und auf dem Rücken von Monfalcone vorgedrungen war, war seither äußerst ungünstig eingenistet.

Schon vom 5. Juni an, gleichzeitig mit dem Beginn der großen russischen Angriffe im Nordosten, war auch die italienische Artillerie-und Minenwerfertätigkeit am Isonzo recht lebhaft geworden. Am 10. kam es bei der 17. ID., am 13. bei Monfalcone zu schwächeren feindlichen Vorstößen, die im Abwehrfeuer zusammenbrachen. Am Abend des nächsten Tages eröffnete die gesamte Artillerie hinter dem Südflügel der italienischen 3. Armee schlagartig ein überaus heftiges Feuer gegen den Abschnitt der 106. LstlD., das sich alsbald zu einem regelrechten Trommelfeuer steigerte. In der einbrechenden Dunkelheit griffen die Sturmkolonnen der italienischen 14. ID. und der 4. KD. die Stellungen an und vermochten in mehreren Abschnitten einzudringen. Am erbittertsten wurde um die Gräben auf der Höhe 70 östlich von Selz gerungen. Abteilungen des Jičiner LstlR. 11 hielten diesen Abschnitt fest, nachdem sie den Feind dreimal im Handgemenge aus den Gräben zurückgeworfen hatten.

Auch auf dem Südflügel der 106. LstlD. war der italienische Angriff bis zum Einbruch in unsere Vorstellungen bei den Adriawerken gediehen. Da eine Unterstützung der vom Feinde umfaßten schwachen Besatzung durch das auf den dammartigen Verbindungswegen liegende Sperrfeuer ausgeschlossen war, mußten sich deren Reste im Dunkel der Nacht auf die Hauptstellung bei Bagni zurückziehen.

Länger dauerte das Ringen auf dem Karstrücken nördlich von Monfalcone. Hier hatte eine Brigade der italienischen 14. ID. angegriffen; sie war in drei Kompagnieabschnitte der von uns im Mai gewonnenen feindlichen Stellung eingedrungen. Bis zum Morgen gelang es dem Egerländer LstlR. 6, einen Teil der Gräben zurückzugewinnen. Aber die Lage der Landstürmer, die große Verluste erlitten hatten, blieb trotzdem äußerst schwierig. Der vom Kommando der 111. Lst-IBrig. mit Teilen des k. k. LstlR. 25 beabsichtigte Gegenangriff konnte nach entsprechender Vorbereitung erst am 16. Juni durchgeführt werden. Als es so weit war und die Batterien mit dem Wirkungsschießen begonnen hatten, legte auch die an Zahl stark überlegene Artillerie der Italiener ihr zusammengefaßtes Feuer auf den heißumstrittenen Felsrücken, so daß die zum Angriff bereitgestellten Truppen schon mit erheblichen Verlusten in den Kampf traten. Da der folgende Angriff nicht durchzudringen vermochte, mußte er in der Nacht auf den 17. Juni abgebrochen werden. Die Truppen wurden zurückgenommen. Gleichzeitig hatte das VII. Korpskmdo. die Einstellung aller weiteren Versuche zur Wiedergewinnung des verlorenen Teiles der Vorstellungen verfügt, da sich die Überlegenheit des Feindes nach Zahl und Mitteln in diesen Kämpfen klar erwiesen hatte, und das Haushalten mit den geringen Kräften geboten war39).

Der Gasangriff auf der Hochfläche i>on Doberdd 40)

Hiezu Beilage 28

Seit den Herbstschlachten hatten sich die Italiener in beharrlicher Sappenarbeit und durch Sprengung zahlreicher vorgetriebener Minenstollen so nahe an die Stellungen der Karsthochfläche herangeschoben, daß ihre Sturmgräben im Durchschnitte 50 bis 100 Schritte, an vielen Stellen aber auch weniger als auf die Wurfweite von Handgranaten, vor unseren Hindernissen lagen.

Um eine erträgliche Lage für die Besatzung zu schaffen, hatte das VII. Korpskmdo. schon im Frühjahre den Plan erwogen, den Feind zurückzuschlagen und dann die Stellungen im Abschnitte Mt. S. Michele—S. Martino an den Isonzo vorzuschieben. Allein zur Ausführung dieser Absicht gebrach es an Kräften. So kam das Korpskmdo. auf den schon im November 1915 erwogenen Gedanken, einen Gasangriff durchzuführen, zurück, wenngleich das 5. Armeekmdo. sich dagegen ablehnend verhielt. Nach mehrfachen Studien hatten die seit Anfang März (S. 188) vorgenommenen Beobachtungen ergeben, daß ein derartiger Angriff im Bereiche der beiden nördlichen Divisionen des VII. Korps durchführbar sei, und die Heeresleitung hatte schließlich zu diesem Unternehmen am l.Mai ihre Zustimmung gegeben. Es war das erstemal, daß dieses Kampfmittel im öst.-ung. Heer angewendet werden sollte.

Der Hauptzweck des Unternehmens war die Vertreibung der Italiener vom Mt. S. Michele und von der vielumstrittenen Höhe -9- 197, sowie das Vorschieben der Kampflinie an den Isonzo. Neben starker moralischer Wirkung und der Schädigung des Feindes erhoffte man die Kürzung der Front und das Erreichen eines bearbeitungsfähigen Bodens. Zur Unterstützung des Hauptangriffes sollte auch vom Südflügel des XVI. Korps Gas abgeblasen werden, wodurch man wenigstens vorübergehend die in der Gegend des Mt. Fortin aufgestellten italienischen Batterien, Minenwerfer und Scheinwerfer ausschalten und der Infanterie das Festsetzen im angestrebten Abschnitte erleichtern wollte.

Die vorderste Linie des VII. Korps verlief vom Isonzo zunächst der Wippachmündung über den Nordwesthang und die Gipfelkuppen des Mt. S. Michele knapp westlich von S. Martino vorbei, bog dann gegen die Höhe -<J>- 197 vor und zog, ohne diese zu erreichen, wieder in südlicher Richtung abbiegend gegen den Mt. deisei Busi (A US) hin. Den Abschnitt von der Wippach bis zum Nordrand von S. Martino hielt die 20. HID., den südlich anschließenden die 17. ID. besetzt. Nördlich der Wippach schloß am Ostufer des Isonzo das XVI. Korps mit der 5. GbBrig. an.

Gegenüber der 20. HID. und dem Nordflügel der 17. ID. stand das italienische XI. Korps mit der 22. und der 21. ID. etwa bis zum Fahrwege Sagrado—Doberdö. Das Westufer des Isonzo im Abschnitte von Mainizza sicherten Finanzieribataillone. Das italienische XI. Korps verfügte außerdem über beträchtliche Reserven und eine der unseren stark überlegene Artillerie.

Die Vorbereitung des Unternehmens zog sich durch mehrere Wochen hin. Die Leitung hatte der Erzherzog Joseph dem Führer der 17. ID., FML. Gelb, übertragen, dem auch die beteiligten Truppen der 20. HID. und der 5. GbBrig. unterstellt wurden. Für den Vorstoß auf der Karsthochfläche war in den Rastlagern hinter dem Vallonetal eine Angriffsgruppe aus Truppen der 20. HID. und der 17. ID. zu bilden. Hiezu wurden bestimmt: vier Bataillone der Sl.HIBrig. unter dem Befehle des Obst. von Sipos für die Hauptstoßrichtung vom Mt. S. Michele auf Sdraussina und fünf Bataillone der 33. IBrig. unter dem Befehle des Obst. Ritt. v. Hiltl für die Hauptstoßrichtung südlich von S. Martino vorbei über die Höhe -cj>- 197. Für den Nebenangriff aus dem Raume nördlich der Wippach wurden Infanterieabteilungen der 5. GbBrig. mit Pioniersprengtrupps bereitgestellt. Sie sollten, der aus ihrem Abschnitt abgeblasenen Gaswolke folgend, den Isonzo überschreiten und die ihnen vorbezeichneten italienischen Geschütze und Minenwerfer in der Gegend des Mt. Fortin sprengen. Die Artillerie hatte nach Beendigung der Vorbereitungen zum Gasangriff die Isonzobrücken bei Sagrado und Sdraussina zu zerstören und deren Wiederherstellung durch andauem-des Störungsfeuer einzelner Batterien zu verhindern. Eine besondere artilleristische Vorbereitung des Unternehmens sollte unterbleiben, damit die Aufmerksamkeit des Feindes nicht geweckt würde; wohl aber war die Niederhaltung der italienischen Batterien während des Infanterieangriffes Aufgabe der Artillerie.

Die Einrichtung des Wetterdienstes und die allgemeinen Vorbereitungen für den Gasangriff, soweit sie die technischen Arbeiten in den Stellungen und die Schulung der Truppen betrafen, waren am 10. Juni beendet. Nach der meteorologischen Vorhersage durfte man für den

17. und 18., dann wiederum erst gegen Ende des Monates mit günstigen Wind- und Wetterverhältnissen für einen Gasangriff rechnen. Da die von der Heeresleitung befohlene Einreihung der ausgebildeten Marschtruppen erst um die Mitte des Monates durchgeführt sein konnte und für das Heranführen der Gasflaschen nebst dem dazugehörigen Gerät sowie für den Einbau der Gasbatterien mindestens fünf Tage notwendig waren, mußte das Unternehmen auf das Ende des Monates verschoben werden. Vom 18. bis zum 25. Juni wurden, wie in der Nebenskizze der Beilage 28 dargestellt ist, 6000 Gasflaschen, mit dem Gerät insgesamt 52 Waggonladungen, in die vordersten Stellungen gebracht und eingebaut.

Am 27. nachmittags und am 28. Juni meldete die Fernbeobachtung auffallenden Bahnverkehr zur italienischen Front. Die feindliche Artillerie steigerte am 28. ihr Feuer an der ganzen Karstfront zu ungewöhnlicher Heftigkeit. Am Nachmittage und gegen Abend konnten vorstoßende Sturmtrupps der Italiener fast überall abgewiesen werden. Nur in einem kleinen Grabenstück bei S. Martino und auf dem Rücken von Monfalcone, wo der Feind mit Flammenwerfern angegriffen hatte, vermochte er Fuß zu fassen. Diese unerwartet begonnenen Kämpfe gefährdeten aufs äußerste das vorbereitete Gasunternehmen. Dank der aufopfernden Tätigkeit der Infanterie und der technischen Truppen konnten alle Schäden rasch behoben werden; trotz der schweren Beschießung war glücklicherweise keine der eingebauten Gasflaschen zerschossen worden, und auch der an einzelnen Stellen vorübergehend eingedrungene Feind hatte keine der getroffenen Maßnahmen entdeckt.

Am Abende dieses kritischen Tages meldete der Kommandant des Sappeurspezialbataillons dem VII. Korpskmdo., daß die Wettervorhersage für den 29. früh nicht ungünstig sei, und auch die Windrichtung voraussichtlich die Durchführung des Gasangriffes gestatten werde. Erzherzog Joseph entschloß sich hierauf mit Rücksicht auf eine etwaige

Fortsetzung der Vorstöße des Feindes, den Gasangriff bei entsprechender Wetterlage unbedingt durchzuführen, und ordnete um 10h abends die Annahme der Bereitschaftsgruppierung an. Diesem Befehle folgte, da das Wetter weiter günstig war, kurz nach Mitternacht der Alarmbefehl des Gruppenkmdos., und bis 4hl:i früh hatten die Truppen die Ausgangslage zum Angriff bezogen.

Der Morgen des 29. Juni war angebrochen und kündigte einen klaren, heißen Sommertag an. Da lief um 4h20 die Meldung ein, daß in der Ebene nördlich der Wippach eine verhängnisvolle vollständige Windstille eingetreten sei. Dadurch war das Abblasen der Hälfte aller Gasbatterien unmöglich geworden, und es mußte daher die für den Hauptangriff ausschlaggebende Teilunternehmung gegen die vom jenseitigen Isonzoufer besonders empfindlich gegen den Mt. S. Michele wirkenden Batterien und Minenwerfer unterbleiben. Damit war der angestrebte Erfolg in Frage gestellt, denn es war nun nicht mehr möglich, den Feind im Abschnitte zwischen der Wippach und Sdraussina über den Fluß zurückwerfen. Das VII. Korpskmdo. war vor den Entschluß gestellt, den Angriff zu verschieben oder sich für ein Unternehmen zu entscheiden, dessen Ziel nur in geringfügigen Verbesserungen der Stellungen und in einer ausgiebigen Schädigung des Feindes bestehen konnte. Da im ersteren Falle die Gefahr bestand, daß dem Feind bei Fortsetzung seiner Vorstöße unsere Vorbereitungen zum Gasangriffe nicht verborgen bleiben und bei einer Beschädigung der Gasflaschen die eigenen Truppen gefährdet sein würden, befahl das Korpskmdo. um 5h früh, als der Wind sich auf der Karsthochfläche in die günstigste Richtung gedreht hatte, das Raketenzeichen für den Beginn des Angriffes zu geben, nachdem die Unterführer über die bedeutsame Einschränkung der Angriffsziele unterrichtet worden waren.

Wegen des leichten Nebels auf den Höhen und der fortgeschrittenen Tageshelle waren die Raketensignale nicht überall wahrgenommen worden. Da auch die zerschossenen Verbindungen nur zum Teil verwendbar waren, erfolgte das Abblasen der Gasfront nicht gleichzeitig, sondern dauerte von 5hir> bis 5hl°. Bei der Nähe der beiderseitigen Stellungen und den Lücken in der Gasangriffsfront schlossen sich die abgeblasenen Gasschwaden meist erst hinter den vordersten italienischen Linien zu einer zusammenhängenden dichten Wolke. Kurz nach dem Abblasen des Gases trat die Angriffsgruppe die Vorbewegung an. Durch einen Befehl des Armeekmdos., der „jedes Anrennen gegen eine durch die Wirkung des Gases nicht völlig gebrochene Front“ verbot und das

Vorgehen der Infanterie nur dort zuließ, „wo diese Wirkung unzweifelhaft eingetreten war“, wurde der Angriffsschwung der Truppen stark beeinflußt.

Der Feind hatte an jenen Stellen, wo das Gas wirksam wurde, die Flucht ergriffen; aus den vielen unberührt gebliebenen Inseln setzte aber bald heftige Gegenwirkung gegen die vorgehenden Truppen ein. Nach kurzer Zeit geriet die Vorbewegung ins Stocken. Am rechten Flügel vermochten Teile der Sl.HIBrig. in die erste und zweite Linie der italienischen Stellungen einzudringen und einzelne Sturmtrupps stellenweise bis nahe an den Isonzo vorzustoßen. Von den Truppen der 33. IBrig. hatte ein Bataillon bis 7h die Höhe -<{>-197 genommen; dagegen kam der linke Flügel wegen des starken Feuers aus den vom Gas anscheinend nicht betroffenen feindlichen Stellungen nicht vorwärts. Nachdem die vorgedrungenen Angriffstruppen in der Flanke und im Rücken von unversehrt gebliebenen feindlichen Maschinengewehren, auf einzelnen Punkten, wie auf der Höhe 197, auch unter dem zusammengefaßten Feuer schwerer und mittlerer Batterien und Minenwerfer sehr beträchtliche Verluste erlitten hatten, mußten sie gegen Mittag in die alten Stellungen zurückgenommen werden. Einzelne der vorstoßenden Abteilungen behaupteten sich inmitten des Feindes heldenhaft bis zum Abend und zogen sich dann erst auf ihre alten Linien zurück.

Der Angriff war dadurch erschwert worden, daß die Truppen zum ersten Male einen Gasangriff durchzuführen hatten, und es scheint erklärlich, daß vielfach unrichtige Vorstellungen über die Wirkung des Gases bestanden. Die vorangegangenen theoretischen Unterweisungen hatten bei vielen Führern ein bestimmtes Bild hervorgerufen, das der Wirklichkeit nicht ganz entsprach, wodurch Enttäuschungen ausgelöst wurden. Denn das verwendete Gas wirkte nicht so rasch, als dies nach der Anlage des Angriffes zu erwarten gewesen wäre. Viele Italiener kämpften noch lange, ehe sie dem Gifte erlagen. Dazu mag, wie schon bemerkt wurde, der Befehl zur Vorsicht im Vorgehen den Willen manches Führers gehemmt haben.

Das ursprüngliche taktische Ziel des Angriffes war zwar nicht erreicht worden, aber der moralische Erfolg war bedeutend 1). Die auf

J) In dem Tagebuch des im Jahre 1917 in Venetien in Gefangenschaft geratenen italienischen GM. Francesco cav. Rocca, der am 29. Juni 1916 Kommandant der Brigade Ferrara (22. ID. des XI. Korps) war, lautet eine Eintragung über diesen Kampftag: „Aber welch schreckliches Ding sind die erstickenden Gase! Wir wurden damit bei Tagesanbruch überrascht und hatten davon vorher keine Ahnung.“ dem Mt. S. Michele eingesetzten vorzüglichen italienischen Truppen waren vollkommen überrascht worden und erlitten, da es an brauchbaren Gasschutzmitteln gebrach, außerordentlich schwere Verluste x).

Der unerträgliche Druck des Feindes auf den schwergeprüften Frontteil hatte sichtlich nachgelassen. Die zunächst eingetretene Ruhe im Nordabschnitt des Karstes bot die Möglichkeit zur Wiederherstellung und zum Ausbau der Stellungen.

Die Kämpfe und Kräfteverschiebungen an der Isonzofront

im Juli 1916

Während die italienische Infanterie im Abschnitte des Mt. S. Michele nach dem Gasangriff durch längere Zeit sehr zurückhaltend blieb, und auch am mittleren und oberen Isonzo die Ruhe nicht ernstlich gestört wurde, hatten sich auf dem Südflügel des k.u.k. VII. Korps neue schwere Kämpfe entwickelt. Denn die bedeutende Schwächung der k.u.k. 5. Armee (S. 185, 189 und 213) war der italienischen Führung nicht entgangen, und es sollte, in Ausnützung der Lage und des Kräfteverhältnisses, nunmehr der verstärkte Südflügel der 3. Armee wichtige Punkte auf den Randhöhen des Karstes zwischen Selz und dem Meere zu gewinnen trachten, um für die später wiederaufzunehmende Offensive gegen Triest günstige Vorbedingungen zu schaffen.

Aber auch die k.u.k. Heeresleitung konnte beinahe als sicher annehmen, daß die Masse der gegen die Heeresfront des Erzherzogs Eugen eingesetzten italienischen Streitkräfte nach dem Festlaufen ihrer Angriffe an den öst.-ung. Stellungen in den Trientiner Alpen noch vor dem frühzeitigen Einbruch der rauhen Jahreszeit im Hochgebirge wieder an der ursprünglichen Hauptfront am Isonzo aufmarschieren und zum Angriff schreiten werde. Manche Anzeichen sprachen dafür. Schon

x) Nach den Angaben in den „Riassunti storici dei corpi e commandi nella guerra 1915/1918“, Bd. I—III (herausgegeben vom Ministero della guerra — Ufficio storico in Rom) betrugen die Gesamtverluste des XI. Korps durch den öst.-ung. Gasangriff 196 Offiziere und 5937 Mann; am härtesten mitgenommen war das IR. 10 der Brigade Regina (21. ID.) auf der Höhe -<J)- 197, das allein 34 Offiziere, 1286 Mann an Toten, 14 Offiziere, 162 Mann an Verwundeten und Gaskranken und 170 Vermißte einbüßte. Die Verluste der öst.-ung. Truppen betrugen: Tote durch Gas 3 Offiziere, 33 Mann; Gaskranke 4 Offiziere, 182 Mann; Gefallene 7 Offiziere, 173 Mann; Verwundete 4 Offiziere, 745 Mann; Vermißte 5 Offiziere, 416 Mann; zusammen 23 Offiziere, 1549 Mann. Nach T o s t i, 168 hatten die 21. und die 22. ID. der Italiener am 29. Juni Gesamtverluste von 182 Offizieren und 6700 Mann.

waren Nachrichten eingelaufen, daß Cadorna starke Kräfte aus den Bergen in die venetianische Ebene zurückgezogen habe, deren Verschiebung in den Raum von Görz jederzeit in kurzer Frist möglich war. Deshalb fand es die k.u.k. Heeresleitung für geraten, der Heeresgruppe in Tirol zwei Divisionen als Verstärkung für die wieder an Bedeutung zunehmende Front am Isonzo zu entnehmen und sie mit einigen schweren Batterien anfangs Juli in den Bereich der 5. Armee zu verlegen.

Indessen hatte das italienische VII. Korps seine am 28. Juni begonnenen Vorstöße (S. 700) gegen die noch in unserem Besitze verbliebenen Teile der italienischen Gräben auf dem Monfalconerücken sowie gegen die Höhen östlich von Selz und unsere Hügelstellungen an der Küste bei Bagni mit äußerster Zähigkeit fortgesetzt. In der Nacht auf den 29. Juni erstürmten nach stärkster Artilleriewirkung Truppen der italienischen 14. ID. einige Kompagnieabschnitte auf der Höhe -c^-70 östlich von Selz. Bei Anbruch des Tages setzte Trommelfeuer gegen die ganze Front der 106. LstlD. ein und im Laufe des Vormittages erneuerten sich die Angriffe gegen die Höhen bei Selz, auf dem Monfalcone^ rücken und bei Bagni nächst der Küste. Im hin- und herwogenden Kampfe vermochten die Verteidiger den Feind aus den Einbruchsstellen zu vertreiben, aber schließlich setzten sich frisch in den Kampf geworfene Kräfte wieder darin fest. Auch am 30. Juni tobte der Kampf unentschieden fort. Während die Hügel bei Bagni fest in unserer Hand verblieben, vermochte der Italiener auf dem Rücken von Monfalcone in mehrtägigem zähem Ringen nach und nach seine ihm im Mai abgenommenen Gräben westlich von der Höhe Al21 zurückzugewinnen. Die von starken feindlichen Kräften anfangs Juli geführten Vorstöße gegen unsere Hauptstellung scheiterten aber unter schwersten Verlusten für den Angreifer an der zähen Ausdauer der k. k. 110. LstlBrig.; an manchen Tagen, so am 3. Juli abends, wurden bis zu sechs starke Angriffe zurückgeschlagen. Noch in der Nacht auf den 8. Juli, in der die Ablösung der erschöpften Truppen erfolgte, kam es zu einem heftigen italienischen Flammenwerferangriff, der, ebenso wie die Anstürme in den vergangenen Tagen, völlig mißlang.

Noch zäher und verbissener wurde von beiden Seiten um die Höhe -6- 70 bei Selz gerungen. Denn die Stoßrichtung des Angreifers führte in den Rücken der Stellungen auf dem Mt. Cosich -<$- 113, von wo die Front leicht aufgerollt werden konnte. Der Gegenangriff, der unter der Leitung des 111. LstlBrigKmdos. zur Vertreibung des Feindes unternommen werden sollte, konnte wegen der Erschöpfung der Truppen durch die dreitägigen verlustreichen Kämpfe nicht ausgeführt werden. Gefangene Italiener kündigten einen allgemeinen Angriff mit neu eingetroffenen Verstärkungen an. Das 5. Armeekmdo. ließ daher am 30. Juni die bei Nabresina zum Abtransport bereitgehaltene 187. LstlBrig. nach Kostanjevica und am 1. Juli nach Brestovica rücken, wo sie der 106. LstlD. unterstellt wurde. Da die am 1., am 2. und am 3. Juli von Teilen der

111. und der 187. LstlBrig. versuchten Gegenangriffe auf der Höhe-c{>-70 nur wenig Raum gewannen, wurde der Frontabschnitt von der Straße Selz—Doberdo bis Sistiana dem Befehle des am 3. Juli eingetroffenen Kommandanten der vorläufig allerdings nur mit drei Regimentern anmarschierenden 9. ID., FML. Schenk, unterstellt.

Nach Bereitstellung von Teilen des IR. 91 wurde durch einen überfallsartigen, ohne Artillerie tollkühn durchgeführten Angriff am 6. Juli vormittags der Feind von der Höhe -<{>-70 geworfen. Um die Mittagsstunde mußten jedoch die fünf stark gelichteten Kompagnien der 91er vor einem mit italienischen Verstärkungen durchgeführten übermächtigen Vorstoß abermals Raum geben. In den bisherigen Kämpfen im Raume Selz—Monfalcone waren Truppen von fünf italienischen Divisionen festgestellt worden1).

Als die am Nachmittage wieder erstürmte Stellung auf der hartumstrittenen Höhe neuerlich verloren ging, befahl das 9. IDKmdo., die schmale Einbruchsstelle von allen Seiten fest abzuriegeln, und so ein Ausbreiten des Feindes zu verhindern. Die erschöpften Truppen der 106. LstlD., die sich in den Kämpfen sehr ausgezeichnet, die aber auch stark gelitten hatten2), mußten durch die inzwischen eingetroffene 9. ID. (ohne IR. 102) abgelöst werden. Im Abschnitt Monfalcone gelangte am 8. Juli an die Stelle der 110. LstlBrig. die 60. IBrig.; die Besatzung des Abschnittes von Selz hatte das IR. 91 und das LstlR. 27 mit dem

17. IBrigKmdo. zu bilden. Die 106. LstlD. bezog bis zum 9. Juli die Reservelager hinter der Front und marschierte nach dem Eintreffen der gleichfalls aus Tirol herangeführten 43.SchD. bei Comen in den Raum nördlich von Triest ab, von wo aus auf Weisung der Heeresleitung am 22. Juli ihr Abrollen auf den russischen Kriegsschauplatz begann.

Am 6. Juli befahl das Armeekmdo. die Teilung der Karstfront in zwei ihm unmittelbar unterstehende Abschnitte. Den Abschnitt III a von der Wippach bis nordöstlich von Vermegliano bildete das VII. Korps mit der 20. und der 17. ID., den Abschnitt III b südlich davon bis ein*) Von der 14., 16., 23. und 49. ID., ferner der 4. KD. zu Fuß.

2) Die 106. LstlD. verlor vom 25. Juni bis zum 9. Juli 4700 Mann.

schließlich Duino die durch die 187. LstlBrig. sowie durch die k. k. LstlR. 11 und 27 verstärkte 9. Division.

Bis zum 10. Juli erloschen die Kämpfe allmählich; um diese Zeit trat an der ganzen Armeefront verhältnismäßig Ruhe ein. Der Kraftzuschuß, den die Armee in der ersten Julihälfte erhalten hatte, bot die Möglichkeit, die 24. LstGbBrig. im Abschnitte des XVI. Korps und die

43. SchD. auf der Karsthochfläche als Armeereserven bereitzustellen. Allerdings mußte in der zweiten Julihälfte auch die 187. LstlBrig. abgegeben werden. Sie war schon längere Zeit einer gründlichen Erholung bedürftig und sollte an der ruhigeren Front der 10. Armee Verwendung finden. Statt ihrer hatte das vierte Regiment der 9. ID. (IR. 102) zur

5. Armee zu gelangen.

Die Ereignisse an der Kärntner Front

Bei der k.u.k. 10. Armee wurde die vorübergehend dem Abschnitt II (92. ID.) angegliederte 59. GbBrig. noch im Mai wieder armeeunmittelbar und bildete wie früher den Abschnitt III. Die 92. ID. bestand zunächst nur aus der 26. Landsturm-Gebirgsbrigade *). Für die nach Tirol abberufenen Marschbataillone der 48. ID. (S. 310) und ein malariaverseuchtes Bataillon des LstlR. 26 stellte das Armeekmdo. zwei Bataillone (k. k. LstlBaone. 10 und 149) im mittleren Gailtale und zwei freiwillige Schützenbataillone (2. Bataillon des frw. Kärntner SchR. und das frw. Salzburger SchBaon.) bei Tarvis als neue Armeereserve bereit. Um die Monatswende erhielt die 10. Armee aus Bosnien das wieder aufgestellte IR. 28 (S. 139) und zwei sehr veraltete 21 cm-Küstenmörserbatterien zugewiesen.

Wie am Isonzo nahm auch an der Front in Kärnten die Kampftätigkeit des Feindes in der zweiten Junihälfte — wohl im Zusammenhänge mit den italienischen Gegenangriffen zwischen der Etsch und der Brenta — wieder zu. Um die Mitte des Monats mußten für die bedrohte Front im Nordosten auch von den schwachen Streitkräften in Kärnten entbehrliche Truppen freigemacht werden. Das Armeekmdo. bestimmte hiezu drei Bataillone (IBaon. 111/96, k. k. LstlBaone. 150 und 153), die bis zum 17. den Armeebereich verließen. An diesem Tage übergab GO. Rohr, der tags zuvor zum Kommandanten der k.u.k.

11. Armee ernannt worden war (S. 344), den Befehl über die 10. Armee

1 j Das 92. IDKmdo. (seit 18. Mai GM. Edl. v. Krasel) hatte außerdem die Ausbildung der Armeereserve und der Marschtruppen zu leiten.

an den mit ihrer zeitweiligen Führung betrauten bisherigen Armeegeneralstabschef FML. Scotti.

Vom 20. Juni an wurde es an der ganzen Armeefront lebhafter. Nach mehrtägiger Beschießung der Höhenstellungen beiderseits vom Plöckenpasse aus schwerem Geschütz, stießen am 23. Abteilungen der italienischen 26. ID. gegen das Lahner Joch und auf dem Kleinen Pal vor, fluteten aber bald im Abwehrfeuer zurück. In Erwartung stärkerer Angriffe bat das Armeekmdo. um den Ersatz der drei zuletzt abgegebenen Bataillone; es erhielt vorerst nur ein Bataillon aus Tirol zugewiesen.

Indessen ging die Beschießung der Hauptstützpunkte unserer Verteidigung im Plöckenraume fort. Am 27. verdichtete sich das Feuer auf den Begleithöhen des Passes. Vom einfallenden Nebel begünstigt, schritten starke feindliche Kräfte zum Angriff. Auf dem Großen Pal und auf dem Freikofel stürmten Alpinibataillone viermal unsere Stellungen. Dort, wo sie einzudringen vermochten, traten ihnen die Reserven der Besatzungen entgegen und in mehrstündigen erbitterten Kämpfen Mann gegen Mann gelang es, den Feind zurückzuwerfen, wobei sich neben der trefflich wirkenden Artillerie der 94. ID. besonders die Bataillone III/7 und 111/57 auszeichneten.

Die Felspyramide des 2226 m hohen Cellonkofels, der westlich vom Plöckenpaß steil emporragt, stand weiter unter schwerstem Feuer. Viele hundert 30.5 cm-Bomben schlugen auf dem Gipfel des Berges ein und hüllten ihn, gleich einem Vulkan, in Rauch und Flammen. Am 29. Juni tobte der Kampf an der ganzen Front der 25. Gebirgsbrigade. Von 9h vorm. bis 4h nachm. brachen auf dem Kleinen Pal, dem Freikofel und auf dem Großen Pal zahlreiche Anstürme der Italiener zusammen. Alle Stellungen waren am Abend dieses Tages fest in der Hand der Verteidiger. Nur vom Cellonkofel langten seit dem Mittag keine Nachrichten ein. Hier hatte der Feind die Besatzung, die während der schweren Beschießung des Gipfels in Unterständen hinter einer Felswand Schutz suchte, im Nebel umgangen und überraschend angefallen. Es kam zu einem kurzen erbitterten Kampf, in dem die Besatzung überwältigt wurde. Nur wenige Leute, durchwegs verwundet, vermochten sich über steile Felswände durchzuschlagen1).

Durch den Gewinn der Cellonspitze gewann der Feind besseren Einblick in und hinter den Plöckenabschnitt. Da die Hangstellungen in

1) Die Verluste der Besatzung an Gefangenen betrugen 156 Mann (darunter 5 Offiziere). Nur 16 Mann kamen zurück.

unserem Besitz verblieben waren, hatte der Erfolg der Italiener aber sonst keine wesentlichen Nachteile für die Verteidigung. Denn ein Vordringen des Feindes konnte durch die Sperrung der steilen Felsabstiege, durch die Anlage einer neuen Stellung auf dem Nordhange und durch das planmäßige Niederhalten der Besatzung auf der Bergspitze mit Artilleriefeuer verhindert werden.

Die Kämpfe im Plöckengebiete veranlaßten die Heeresleitung, der

10. Armee die erbetenen Verstärkungen zuzuführen. Aus den Transporten der von Tirol an den Isonzo fahrenden 9. ID. wurde das IR. 102 abgezweigt (S. 705) und am 2. Juli im Gailtale bei Hermagor ausgeladen. Da im Fleimstale um den 20. Juli neue Kämpfe entbrannten, wurde das Regiment, bevor es noch zum Einsätze gelangt war, am 25. auf Weisung der Heeresleitung wieder nach Tirol zurückgefahren. Gegen Ende Juli folgte dorthin auch das vorübergehend zugewiesene Bataillon V/14. Dafür trafen von der Isonzofront am 19. Juli die ersten Staffeln der 187. LstlBrig. im Gailtale ein (S. 706). Diese Brigade trat als zweite in den Verband der 92. ID.

Die Kampftätigkeit hatte seit Anfang Juli nachgelassen. Erst am

18. griffen wieder Alpiniabteilungen im Abschnitte der 59. GbBrig. unsere Hangstellungen auf dem Schwarzenberg östlich vom Mittagskofel an. Es kam zu harten, die Nacht auf den 19. hindurch andauernden Kämpfen, die mit dem Rückzuge des Feindes endeten. Zahlreiche Tote bedeckten das Kampffeld, zwei Maschinengewehre konnten nebst sonstigen Waffen eingebracht werden.

Nach diesem Gefecht kam es bis zum Monatsende zu keinen größeren Kampfhandlungen mehr.

Die Balkanfront von Mitte Mai bis Ende Juli 1916

Hiezu Beilage 29 Die Begebenheiten in Albanien

In Albanien konnte die zur Besetzung der Vojusafront ausersehene

14. GbBrig. (S. 246) erst Ende Mai je ein Bataillon nach Fjeri und Berat vorschieben. Die Sicherung der Flußlinie mußte auch weiterhin den albanischen Freischaren überlassen werden, von denen aber kaum eine genügende Sicherung, geschweige denn eine ernste Belästigung der feindliehen Front zu gewärtigen war. Eine solche schien gegenüber den zur Zeit auffallend untätigen Italienern aber um so mehr geboten, als die vertraulichen Nachrichten über den Abtransport italienischer Verbände auf den Hauptkriegsschauplatz durch die im Hafen von Va-lona zu beobachtenden Schiffsbewegungen vollauf bestätigt wurden. Tatsächlich hatte Gen. Cadorna nach der 44. (S. 249) am 23. Mai auch noch die 43. ID. abberufen, deren Einschiffung nunmehr voll im Gange war und am 10. Juni beendet wurde1). Bei einem der letzten Transporte wurde der italienische Hilfskreuzer „Principe Umberto“ von einem öst.-ung. Unterseeboot torpediert und ging mit fast 2000 Mann des IR. 55 der Brigade Marche2) in die Tiefe. Überhaupt wurde der feindlichen Schiffahrt durch deutsche und öst.-ung. Unterseeboote empfindlicher Abbruch getan, seit die Einheiten der „U-Bootflottille Mittelmeer“ von ihren Stützpunkten in Pola und Cattaro zum Handelskriege durch die Straße von Otranto ausschwärmten. Diese hatte dadurch als Ausfallstor ins Mittelmeer besondere Bedeutung gewonnen und bildete nunmehr den Schlüsselpunkt des Seekrieges im östlichen Mittelmeer, wo die vereinigte Ententeflotte durch erhöhte Bewachung und Anlage von Sperren die Abriegelung der Adria versuchte. Diese zu stören, um damit die Aus- und Einfahrt für die den Handelskrieg im Mittelmeer führenden Unterseeboote offen zu halten, war der Flaupt-zweck jener gewagten Vorstöße öst.-ung. Flottillen, wobei diese im Vergleich zu früheren und späteren Kampfperioden des Seekrieges in der Adria ein rühmliches Höchstmaß3) von Initiative und staunenswerter Stoßkraft entwickelten.

Um die Italiener bei Valona zu bedrohen, drängte das k.u.k.AOK. schon anfangs Juni, wenigstens die ganze 14. GbBrig. bis an die Vojusa vorzuschieben und womöglich noch eine zweite Brigade über den Škumbi folgen zu lassen. Auch bei den Truppen war der aufrichtige Wunsch nach einem Vorstoß auf Valona seit der Eroberung von Durazzo noch nicht verstummt, zumal man die Widerstandskraft der Italiener infolge ihrer unbegreiflichen Untätigkeit gegenüber den albanischen

x) Cadorna, Altre pagine, 181. Das ital. XVI. Korps bestand daher nur mehr aus der 38. ID., einem Bersaglieriregiment und drei Regimentern Territorialmiliz nebst der in der Kriegsgliederung angeführten Kavallerie, Artillerie und den technischen Truppen; Verpflegsstand rund 100.000 Mann.

2)    Brigate di Fanteria, III, 105 f. — Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 346.

3)    Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—18, 360 ff., 465.

Banden nur gering einschätzte. Wenn sich aber die Führung diesen Forderungen verschließen mußte, so lag der Grund hiefür lediglich in der Nachschubslage, die eine dauernde Versorgung ausreichender Kräfte südlich der Vojusa vollkommen ausschloß. Ungleich günstiger lagen dagegen die Verhältnisse bei den Italienern, die in ihren Stellungen im engeren Hafengebiet von Valona durch einen leistungsfähigen und auch gut gesicherten Nachschub zur See vorzüglich versorgt werden konnten; der Grund ihrer Untätigkeit lag vielmehr in jenen beschränkten Zielen, die von ihrer Heeresleitung gesteckt worden waren (S. 79 und 246), noch unverändert zu Recht bestanden und neuerlich in der Bezeichnung ,,Commando Truppe d’occupazione d’Albania“ sogar äußerlich ihren Ausdruck fanden. Damit setzte sich Gen. Cadorna aber auch zu den großen Zielen seiner Verbündeten auf dem Balkan in klaren Gegensatz.

Bis 12. Juni hatte die 14. GbBrig. die Vojusafront von der Mündung bis Drizare in einer 50 km langen Stellung bezogen, deren Kernpunkte auf den Höhen der Malakastra bei Pojani, Levani-Peštjani, Busmazi und auf der Gradica lagen. Die Italiener standen auf dem Südufer; nur bei Feras hielten sie einen Brückenkopf, der bis Ende Juni wiederholt der Schauplatz kleinerer Scharmützel wurde. Bisher waren größere Unternehmungen mit den geringen hiefür verfügbaren Kräften auch schon deswegen ausgeschlossen gewesen, weil die Vojusa noch immer Hochwasser führte. Aber auch im Laufe des Juli wurde die Ruhe an der Front nur durch demonstratives Geplänkel unterbrochen. Dagegen hatte die Truppe bereits recht empfindlich unter lähmender Hitze und der schier unabwendbaren Malaria zu leiden. So hatte sich der Gefechtsstand des XIX. Korps 1) in der ersten Julihälfte, hauptsächlich durch Malaria, um nahezu 1300 Mann verringert; besonders groß waren die Abgänge bei der 14. GbBrig., die allein einen Verlust von 700 Mann beklagte. Diese drohend wachsende Gefahr versuchte man zunächst durch eine allgemeine Umgruppierung im Raume südlich des Škumbi einzudämmen. Hiebei wurden die Kampfgruppen aus den Uferniederungen der Vojusa auf deren Talhöhen zurückgezogen, während Sicherung und Beobachtung an der Flußlinie nur mehr durch Feldwachen und Patrouillen aufrechterhalten werden sollten. Trotzdem hatte das Sumpffieber schon bis Ende Juli wieder bedenkliche Lücken gerissen. Die vornehmlich dadurch bedingte

1. Juli: 32.092 Gewehre, 18 Maschinengewehre und 129 Geschütze; Yer-pflegsstand: 100.672 Mann, 30.470 Pferde.

Schwäche war zur Zeit um so fühlbarer, als auch die nunmehr der 14. GbBrig. angegliederten Albanerabteilungen bei teilweiser Eidesverweigerung und zunehmender Desertion nur eine recht fragliche Hilfe erwarten ließen; ihre Zahl war bereits auf 2300 Streiter gesunken. Aber auch die in Nordalbanien aufgestellten sechs Ausbildungsbataillone hatten mit ihren 2400 Freiwilligen bisher nur den halben Sollstand erreicht, was bei der sonst so ausgeprägten Kampflust der Ski-petaren nur in deren Abneigung zum geregelten Waffendienst begründet erscheint. Trotzdem mußte der von der Heeresleitung angestrebte Übergang zur allgemeinen Stellungspflicht noch verschoben werden. Man war auch genötigt, sich mit den letzten Weisungen des 47. IDKmdos. zu bescheiden, wonach die 14. GbBrig. bei einem italienischen Vorstoß übet die Vojusa hinter den Semeni zu weichen hatte.

Maßgebend hiefür waren neben der ungeklärten allgemeinen militärischen Lage auf dem Balkan auch noch die unsicheren politischen Verhältnisse in einzelnen albanischen Gebieten, vor allem aber in Montenegro. Obwohl hier bereits 81.000 Gewehre eingezogen worden waren, mußte doch noch mit einer großen Zahl versteckter Waffen gerechnet werden. Hiezu kam noch, daß die männliche Bevölkerung, vollzählig im Lande verblieben war; den mindestens 20.000 wehrfähigen Montenegrinern standen daher seit dem Ende Mai anbefohlenen Abtransport der 28. LstGbBrig. (S. 247) nur 10.000 Gewehre mit vier Geschützen der kaum beweglichen Besatzungen gegenüber. Tatsächlich häuften sich auch schon anfangs Juni im Gebiete Vasojevici die untrüglichen Anzeichen keimender Unruhen, die von auffallend unverhohlener Zuversicht aller Landesbewohner auf baldige Befreiung begleitet waren, worauf vorbeugend die einflußreichsten Verdächtigen ins Hinterland abgeschoben wurden. Als hiebei der ehemalige montenegrinische Kriegsminister, Gen. Vešovic, seinen Begleitoffizier meuchlings ermordete und hierauf flüchtete, mußten Zwangsmaßregeln angeordnet werden, die aber vorläufig auf den Nordosten des Landes beschränkt blieben. Aber erst nachdem es sich einwandfrei herausgestellt hatte, daß ein allgemeiner Aufstand für den 28. Juni1) geplant war, verfügte das AOK. die Marschbereitschaft für zehn Bataillone und drohte mit dem Abschub aller Wehrfähigen, die zunächst jedoch nur im Kreise Kolašin ausgehoben wurden. Daß es aber dessenungeachtet noch immer gärte, bewies der am 5. Juli erfolgte verheerende Anschlag auf das

x) Vidovdan, serbischer Nationalfeiertag zur Erinnerung an die Schlacht auf dem Amselfelde im Jahre 1389.

Arsenal in Cetinje; auch in Albanien lebte das Räuberunwesen allenthalben wieder auf.

Unter diesen Sturmzeichen war es kein Wunder, daß sich die Meinungsverschiedenheiten über die politische Behandlung der eroberten Gebiete zwischen Teschen und dem Ballhausplatz nur verschärften. Während die politischen Kreise selbst die arnautischen Grenzgebiete Montenegros einem künftigen Albanien einzuverleiben gedachten, wollte GO. Conrad einem rein albanischen Verwaltungsgebiet nur dann zustimmen, wenn Montenegro annektiert und die Idee eines selbständigen Albaniens überhaupt aufgegeben würde. Die k.u.k. Regierung beharrte aber auch weiterhin auf der bisher vertretenen Lösung der politischen Balkanfragen (S. 247) und verwarf auch alle widersprechenden Berichte von militärischer Seite.

Lage und Erwägungen bei Freund und Feind

Obwohl man den schon anfangs Juli in Teschen eingelaufenen Kundschafternachrichten über ein großangelegtes Unternehmen der Entente in die Adria keinen rechten Glauben schenken wollte, mußte man sich dennoch entschließen, alle entbehrlichen kampffähigen Verbände im Hafenraume von Cattaro bereitzustellen und auch dem Küstenschutze im allgemeinen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Mittlerweile häuften sich aber die Nachrichten über einen bald bevorstehenden allgemeinen Angriff der Orientarmee von Saloniki her, wobei im Rahmen des Hauptschlages auf Monastir auch die Herstellung der Verbindung mit den italienischen Kräften in Valona angestrebt werden sollte. Bekannt wurde auch, daß die Franzosen auf einen raumgreifenden italienischen Vorstoß im albanischen Küstengebiet hofften, während Gen. Cadorna dort nur eine beschränkte Aktion zugestand; dafür war aber die römische Regierung geneigt, mit einer Brigade im Verbände der Orientarmee an einer Offensive von Saloniki aus teilzunehmen. Bezeichnend war es, daß die von Essad Pascha hiebei angebotene Hilfe mit der Begründung abgewiesen wurde, daß seine bisherige Tätigkeit in seinem Mutterlande „eine tiefe Spur unheilbaren heimlichen Grolles zurückgelassen“ habe. Schließlich erfuhr man noch, daß GLt. Sir William Robertson, der Chef des britischen Generalstabes, den bevorstehenden Feldzug auf dem Balkan vom Eingreifen Rumäniens abhängig machen wollte. Zumindest deuteten alle diese Nachrichten darauf hin, daß ein Losschlagen der Entente, wahrscheinlich bei Anschluß Rumäniens, nicht mehr allzu ferne stand.

Als GFM. Mackensen, der unter den Anzeichen rumänischer Vorbereitungen bereits um die Donaufront besorgt sein mußte, am 22. Juli in Teschen anfragte, welche Abwehrmaßnahmen in Siebenbürgen getroffen worden seien, mußte ihm eröffnet werden, daß bisher nur die wichtigsten Einbruchslinien feldmäßig befestigt wurden und selbst die Verzögerung des ersten feindlichen Vormarsches nur der verstärkten Gendarmerie und der Finanz wache anheimfiele. Der Führer der deutschbulgarischen Kräfte drückte gleichzeitig auch den Wunsch aus, das k.u.k. XIX. Korps möge zu einem demonstrativen Vorgehen auf Valona angewiesen werden, um ein Abziehen italienischer Truppen zur Vereinigung mit den bei Korea stehenden Serben zu verhindern. Hiezu war nämlich der rechte Flügel der bulgarischen 1. Armee allein zu schwach, da er lediglich aus einem Infanterieregiment ohne Artillerie bestand, das noch dazu auf einen großen Raum verteilt war. Ähnlich wie schon Mitte Mai (S. 248) konnte GO. Conrad nur wieder antworten, daß im Falle einer Offensive der Salonikiarmee das XIX. Korps mit seinen unzureichenden Kräften auch gegenwärtig noch zu jedwedem ernsten Vorstoß unfähig sei und selbst den rechten Flügel der Heeresgruppe Mackensen lediglich im Raume westlich des Ochridasees und auch nur im Vereine mit bulgarischen Truppen decken könne.

Inzwischen hatte aber schon Gen. Joffre *) eine großzügige Offensive der Orientarmee erwogen und auch bereits angefragt, wie Gen. Sarrail die bevorstehende rumänische Mobilisierung zu decken und in der Folge ein Zusammenwirken mit der rumänisch-russischen Armee herzustellen gedenke. Auch England hatte sich mittlerweile zur Teilnahme entschlossen, und außerdem sollte noch eine russische Brigade rechtzeitig in Saloniki ausgeschifft werden. Von den nunmehr verfügbaren Kräften (S. 250) beabsichtigte Gen. Sarrail die serbischen Armeen (S. 249) westlich des Vardar mit dem Schwerpunkt am Meridian von Vodena anzusetzen und den Hauptstoß über Huma zu führen, der von der russischen und mindestens einer französischen Brigade in der Richtung auf Ljumica unterstützt werden sollte. Für die im Abschnitte zwischen dem Vardar und dem Dojransee stehenden englischen Kräfte war nur demonstrative Haltung vorgesehen, während sich die östlich anschließenden Franzosen (Abschnitt Dova tepe) lediglich auf die Defensive beschränken sollten. Auch die am rechten Flügel aus dem

3) Franz. Gstb. W., VIII, 511 f.

Raume Rüpel—Poroj gegen das Tal der Strumica geplanten Bewegungen waren nur als Ablenkung gedacht. Dagegen sollte alles „Verfügbare“ entweder im Gebiete des Dojransees oder auf Mačukovo vorstoßen und hiezu auch eine französische Division im Abschnitte Ismailli—Čaušica durch die Engländer freigemacht werden.

Derart hoffte Gen. Sarrail, die Masse der deutsch-bulgarischen Kräfte an der mazedonischen Front nicht nur zu binden, sondern auch noch vor dem Eingreifen der Rumänen ernstlich zu bedrängen. Nach einer Besprechung am 22. Juli erklärten sich auch die obersten Heerführer der Entente mit den beabsichtigten Maßnahmen vollkommen einverstanden, wenn man davon absieht, daß sie auch den Angriff aus dem englischen Abschnitt Dojransee—Vardar forderten; schließlich wurde der Beginn der großen Offensive möglicherweise schon für den

1. August in Aussicht gestellt.

Ende Juli befaßten sich aber auch die bulgarischen Befehlsstellen mit Offensivplänen, um den rechten Flügel ihres Heeres bis Florina und den linken bis an den Tahinosee vorzuverlegen. Nach anfänglichem Widerstreben erklärte sich die DOHL. nunmehr hiemit einverstanden *). So rüsteten auch auf dem Balkan beide Gegner zum Angriff, was naturgemäß zu einer merklichen Spannung an der mazedonischen Kampffront führte.

F a 1 k e n h a v n. Heeresleitung, 217 f., 239.

PROBLEME DER KRIEGFÜHRUNG IM ERSTEN HALBJAHR 1916

Im Schlußkapitel des III. Bandes dieses Werkes ist des ausführlichen das Entstehen der Kriegspläne der Mittelmächte für das Kriegsjahr 1916 dargelegt worden. Nachdem Rußland durch den von Gorlice bis Pinsk reichenden Siegeszug der Verbündeten weit zurückgeworfen und in seiner Angriffskraft scheinbar so geschwächt worden war, daß es ernsthaft nicht mehr befürchtet werden mußte, und nachdem auch auf dem Balkan reiner Tisch gemacht worden war, schlug Conrad eine entscheidende Kriegshandlung aus Südtirol heraus gegen Italien vor. Hiefür erbat er sich deutsche Waffenhilfe. Nach dem Niederwerfen des apenninischen Königreiches war er bereit, öst.ung. Divisionen für einen Angriff an der Westfront beizustellen, wo auch nach seiner Ansicht der Endkampf auszutragen war.

Falkenhayn war aber nicht gesonnen, die von Conrad vorgeschlagene Reihenfolge in der entscheidungsuchenden Bekämpfung der großen Feindmächte einzuhalten. Er hielt schon nach der Eroberung Serbiens den Zeitpunkt für gekommen, um den Sieg im Westen zu erzwingen. Hiezu wollte er, um das als Hauptfeind angesehene England zu treffen, zuerst das französische Heer niederwerfen. Dann sollte der Schlußkampf gegen Großbritannien geführt werden. Schon gleichzeitig mit dem Angriff auf Frankreich sollte der uneingeschränkte Unterseebootkrieg gegen das angelsächsische Inselreich einsetzen1).

Aus Rücksicht auf die noch neutralen Vereinigten Staaten von Nordamerika erwirkte der Reichskanzler Bethmann-Hollweg jedoch einen Aufschub des uneingeschränkten Unterseebootkrieges bis Anfang April2). Der Plan eines Angriffes gegen Frankreich blieb aber aufrecht. Doch auch dieser war nicht als entscheidungbringende Offensive gedacht. Falkenhayn wählte sich in der Festung Verdun einen Angriffspunkt, den die Franzosen schon ehrenhalber unter allen Umständen zu behaupten versuchen mußten, und setzte hier die „Blutpumpe“ an. Er hoffte, daß sich bei diesen möglichst lange andauernden Kämpfen die Verlustzahlen der Deutschen zu jenen der Franzosen wie zwei zu fünf verhalten würden.

Als Conrad nach Beseitigung der zwischen ihm und Falkenhayn

*) Falkenhayn, Heeresleitung, 181.

2) Kuhl, Weltkrieg, I, 374.

entstandenen sechwöchigen Spannung anfangs Februar in Pleß neuerlich die im Jahre 1916 zu unternehmenden Kriegshandlungen zur Sprache brachte, holte er sich wiederum eine Ablehnung seines Vorschlages (S. 173). Hierauf ging er daran, die Offensive gegen Italien mit öst.-ung. Divisionen allein durchzuführen.

So stand das Frühjahr 1916 auf Seite der Mittelmächte im Zeichen getrennter Kriegführung. Die beiden Staaten hatten mit ihren Angriffen wohl die Freiheit des Handelns an sich gerissen, weil sich die Ententemächte nach langwierigen Beratungen anfangs Dezember 1915 schließlich nur dahin geeinigt hatten, die gemeinsame Generaloffensive erst im Sommer einsetzen zu lassen. Die Franzosen und die Engländer sollten am 1. Juli, die Russen schon um zwei Wochen früher beginnen. Doch diesem Vorteil der Mittelmächte stand die Uneinheitlichkeit ihrer nach Zeit und Richtung verschiedenen Angriffe beeinträchtigend gegenüber. Vergessen war der im Sommer 1915 im gemeinsamen Handeln gegen Rußland erkämpfte ungeheure Raumgewinn, vergessen waren die darauf folgenden Siege gegen Serbien, die einheitlichem Ansatz deutscher, öst.-ung. und bulgarischer Divisionen zu danken waren! Der im ersten Halbjahr 1916 begangene Verstoß gegen die Grundregeln jeglicher Heerführung sollte denn auch nicht ohne schwerwiegende Folgen bleiben.

Der Verlauf der öst.-ung. Frühjahrsoffensive gegen Italien und die Gründe für ihre vorzeitige Einstellung sind eingehend geschildert worden. Erheblich fragwürdiger als bei dieser Offensive war der Erfolg des blutigen Ringens um Verdun. Durch den am 21. Februar zunächst nur auf dem östlichen Maasufer angesetzten Angriff, der erst im März auf das Westufer hinübergriff, wurden wohl einige Werke der Nordfront erobert. Die vom Führer der 5. Armee, dem Deutschen Kronprinzen, angestrebte Eroberung der Festung1) glückte aber nicht, zum ersten wegen der außergewöhnlich hartnäckigen Gegenwehr der Franzosen, dann aber auch deshalb, weil Falkenhayn, dem es vornehmlich um einen die Franzosen schädigenden Dauerkampf und weniger um die Besitznahme von Verdun ging, die Reserven nur ratenweise zufließen ließ.

Am selben 24. Juni, an dem Falkenhayn eine Einschränkung der Angriffstätigkeit vor Verdun befahl (S. 522), begann die sechstägige Feuervorbereitung der Westgegner für ihren großen Angriff an der

xj Rosner, Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm (Stuttgart und Berlin 1922, 204 ff. — Kronprinz Wilhelm, Meine Erinnerungen, 161.

Somme. Und als die DOHL. am 11. Juli der Heeresgruppe Kronprinz die „strikte Defensive“ *) vorschrieb, stand es gar nicht mehr in der Macht der Deutschen, die Kämpfe vor Verdun einzustellen, weil das Feuer der Schlacht — nun von den Franzosen geschürt — noch weiterschwelte. Jedenfalls war das von Falkenhayn erhoffte Ausbluten der Franzosen durch Herstellen des vom deutschen Generalstabschef erhofften Verlustverhältnisses 2:5 nicht erzielt worden. Denn bis Ende Juli stand dem Ausfall von 252.000 deutschen Kämpfern bei Verdun auf der Gegenseite ein solcher von bloß 288.000 Franzosen gegenüber2).

Der Angriff aus Südtirol gegen Italien hatte wegen des für Freund und Feind überraschend großen Erfolges der russischen Entlastungsoffensive eingestellt werden müssen. Die schwer bedrohte Ostfront rief nach Verstärkungen. Aber auch die deutschen Angriffe gegen Verdun waren durch den Raumgewinn Brussilows beeinträchtigt worden, da Kräfte von dort abgezogen und dem schwer bedrängten Bundesgenossen zu Hilfe gesandt werden mußten.

Als die Franzosen und Engländer am l.Juli an der Somme zum Angriff schritten, waren die Mittelmächte an allen Hauptfronten in die Nachhand geraten. Etwa 52 Entente di visionen griffen auf beiden Ufern der Somme einen 30 km breiten Abschnitt der deutschen 2. Armee an, der nur von acht Divisionen verteidigt wurde; vier Divisionen standen dahinter in Reserve. Obwohl schon durch das sechstägige Trommelfeuer der Angriffsraum der Anglofranzosen eindeutig zu erkennen war, zögerte Falkenhayn, die weiter nördlich stehenden Reserven heranzuführen. Den Feinden glückte hierauf im ersten Ansturm ein gefährlicher Einbruch, den die südlich der Somme anstürmenden Franzosen alsbald bis zu 7 km vertieften. Die Verluste der Deutschen am ersten Schlachttag haben 50.000 Mann betragen. Die Engländer sollen nach Angabe Winston Churchills am l.Juli allein fast 60.000 Kämpfer eingebüßt haben. Wohl vermochten die Deutschen mit den nunmehr herangeführten Reserven unter schweren Kämpfen die Einbruchsstelle abzuriegeln. Da jedoch die Engländer und Franzosen durch Zuführen von Verstärkungen und durch einen ungeheuren Aufwand an Schießbedarf „die Materialschlacht“ weiternährten, entwickelte sich an der Somme ein Dauerkampf, der außergewöhnlich viel Kräfte verschlang und erst im November erlosch.

So war um die Monatswende Juli-August an allen europäischen

*) Kuhl, Weltkrieg, I, 425.

s) Wendt. 243.

Fronten eine im Weltkriege bisnun noch nie dagewesene Spannung eingetreten, wobei die Mittelmächte an allen Brennpunkten unter das Diktat des Feindes geraten waren. Diese ungünstige Lage war zum größten Teil daraus erwachsen, daß die Mittelmächte ihre frei verfügbaren Kräfte nicht gemeinsam nach einem einvemehmlich gefaßten Plane zur Erreichung eines Zieles angesetzt hatten. „Diese Sünde gegen den heiligen Geist der Kriegführung“, so äußert sich Cramon 1), „führte zu einer Krise, die möglicherweise überhaupt den Verlust des Krieges in sich schloß“. Die Maßnahmen der beiden Generalstabschefs wurden in der Nachkriegszeit begreiflicherweise einer mitunter sogar recht scharfen Kritik unterzogen.

Den meisten Anfechtungen ist wohl die Führung Falkenhayns ausgesetzt. Fast ausnahmslos wird ihm vorgeworfen2), nie auf die völlige Niederwerfung des angegriffenen Feindes hingestrebt, sondern sich meist schon damit begnügt zu haben, diesen lediglich in einer ihm für den jeweiligen Zweck „genügend“ erscheinenden Weise zu schädigen. So hatte er schon im Sommer 1915 nach dem Durchbruch bei Gorlice nach jeder Phase der Offensive diese einstellen wollen und ist nur durch das Drängen der Generale Conrad, Hindenburg und Mackensen jedesmal zur Fortsetzung veranlaßt worden. In ähnlicher Weise hat er während des Balkanfeldzuges 1915 sein Hauptziel nur in der Herstellung der Landverbindung mit der Türkei gesehen, auf die völlige Vernichtung der Serben und auf die Vertreibung der bei Saloniki gelandeten Ententedivisionen aber wenig Wert gelegt.

In sinnfälligster Weise kam diese lediglich auf Schwächung und Lähmung des Feindes abzielende Kriegführung, die Falkenhayn nicht ganz zu Unrecht den Titel eines „Ermattungsstrategen“ 3) eintrug, bei seinem Angriff auf Verdun zum Ausdruck. Wenn der Zeitpunkt für die entscheidungsuchende Offensive gegen die Westmächte zu Anfang 1916 überhaupt schon gekommen war, worüber die Meinungen auseinandergehen, so wird die Wahl von Verdun als Angriffsziel im allgemeinen gebilligt *), doch nur unter der Voraussetzung, daß der Angriff auf die Eroberung der Festung angelegt worden wäre, was bei

r; Cramon, Bundesgenosse, 57 f.

-) Nur Gdl. v. Zwehl versucht in seiner biographischen Studie „Erich von Falkenhayn1' ''Berlin 1926), 222 ff., die gegen Falkenhayn erhobenen Vorwürfe zu entkräften.

3) Delbrück, Ludendorff, Tirpitz, Falkenhayn (Berlin 1920).

!) K a b i s c h, Streitfragen des Weltkrieges 1914—1918 (Stuttgart 1924), 229.— [Ritter], Kritik des Weltkrieges, Von einem Generalstäbler (Leipzig 1920). 161.

gleichzeitigem Ansturm auf beiden Maasufern voraussichtlich zum Ziele geführt hätte1). Der ganzen Kampfhandlung aber lediglich das Ausbluten des französischen Heeres als Zweck zu geben, wird von allen militärischen Fachschriftstellern als verfehlt bezeichnet2). Die oben angeführten Verlustzahlen erhärten diese Behauptung. Ein vernichtendes Urteil fällt GLt. Kabisch, der da schreibt3): „Falkenhayn scheiterte bei Verdun und an Verdun, einmal, weil sein Entwicklungsgang ihm nicht Zeit und Möglichkeit gegeben hatte, sich die geistige Durchbildung zu verschaffen, die für den strategischen Leiter des Krieges notwendig war; sodann aber, weil sein Charakter es ihm unmöglich machte, seine volle Energie, seinen ganzen Willen an ein groß gefaßtes und groß erstrebtes Ziel zu setzen.“

So scharf wie vorstehende, in der Nachkriegszeit geformte Kritik an Falkenhayns Feldherrntum mögen damals im Juli 1916 noch nicht alle einflußreichen Männer Deutschlands geurteilt haben. Sein Stern war aber zweifellos im Sinken, und es waren schon Kräfte am Werke, die seine Enthebung betrieben.

Alle die Feldherrneigenschaften, die vorstehend dem deutschen Generalstabschef abgesprochen werden, besaß GO. Conrad. Es war sicher lieh echtes Feldherrntum, daß er nach den Siegen gegen Rußland und Serbien alle verfügbaren Kräfte der beiden Mittelmächte gegen Italien ansetzen wollte, um dessen Heer aus dem Felde zu schlagen. So schreibt GdI. v. Kuhl, dem in Fragen der Heerführung sicherlich ein zutreffendes Urteil zugebilligt werden kann, daß trotz der naheliegenden Bedenken „der gemeinsame Angriff der Mittelmächte gegen Italien wTohl der beste Entschluß gewesen“ wäre 4). Die Frage, ob Italien nach Niederwerfung seiner Armeen aus der Reihe der Feinde völlig ausgeschieden wäre, kann schon im Hinblick auf seine maritime und wirtschaftliche Abhängigkeit von Großbritannien kaum zuverlässig beantwortet werden. Aber auch die Lahmlegung seines Heeres allein wäre in weiterer Folge dem Entscheidungskampf der Mittelmächte gegen Frankreich sehr zustatten gekommen, gegen das dann auch erhebliche Teile der öst.-ung. Streitmacht hätten eingesetzt werden können.

1)    Kuhl, Weltkrieg, I, 379.

2)    Nowak, K. F., Die Aufzeichnungen des Generalmajors Max Hoffmann (Berlin 1929), I, 116. — Moser, Ernsthafte Plaudereien über den Weltkrieg (Stuttgart 1925), 146. — Z w e h 1, 197. — Kritik des Weltkrieges, 164. — U. a. m.

3)    Kabisch, Streitfragen, 238.

*) Kuhl, Weltkrieg, I, 380.

Die Zweifel an eine Mitwirkung des Bundesgenossen bei einer Offensive gegen Italien hatten Conrad nahezu von Anbeginn mit dem Gedanken ausgesöhnt, auf einen gewiß viel wirksameren Doppelangriff von Tirol und vom Isonzo her zu verzichten und lediglich über die Hochflächen von Folgaria und Lavarone vorzudringen. Doch schloß auch dieser Stoß, wie aufgezeigt wurde, grundsätzlich einen Erfolg keineswegs aus. Daß dieser noch nicht ausgereift war, als im Nordosten Brussilows Schwert niedersauste, und dann auch nicht mehr ausreifen konnte, hatte seine Ursache zuerst in der durch außergewöhnlichen Schneefall hervorgerufenen Verzögerung des Unternehmens und dann wohl auch noch in dessen allzu methodischer Durchführung. Beides kann füglich der k.u.k. Heeresleitung nicht zur Last gelegt werden.

Kaum stichhältig ist auch der weitere Vorwurf, den Kabisch in die Worte kleidet: „Conrads italienischem Krieg und Falkenhayns Verdunschlacht fehlte der Boden, wenn die Ostfront nicht mauerfest stand1).“ Gewiß hatte der italienische Krieg in seiner Gesamtheit zu einer Schwächung der Ostfront geführt und es ist auch richtig, daß durch das Abziehen vieler alpenländischer Truppen diese Abwehrfront besonders wertvoller Stützen verlustig wurde. Aber für die Südtiroler Offensive selbst waren dem russischen Kriegsschauplatz an öst.-ung. Kräften lediglich entnommen worden: Vier Infanteriedivisionen, eine Landsturmgebirgsbrigade und einzelne Truppenteile in der Gesamtstärke einer weiteren Division, wofür aber zwei Landsturmdivisionen zugeführt wurden. Überdies berief die DOHL. aus dem Raume südlich vom Pripjatj drei ihrer Divisionen ab (S. 234 f.). Dennoch stieg durch Auffüllung der Stände die Streiterzahl der dem k.u.k. AOK. unterstehenden Truppen der Ostfront bis zum 1. Juni auf

620.000 Mann, denen die fürs erste 600.000 Gewehre und 60.000 Reiter zählende Heeresmacht Brussilows zu Beginn der schweren Kämpfe zahlenmäßig gewiß nicht überlegen war (Beilage 2, S. 38). Die Heeresleitung konnte nach allem für sich geradezu die Tatsache geltend machen, daß — auch wörtlich — kaum eine zweite Abwehrschlacht des Weltkrieges unter einem für den Verteidiger so günstigen Zahlenverhältnis geschlagen wurde wie die von Łuck und Okna. Ebenso ist zu bemerken, daß an deutsch-alpenländischen Truppen für die Südtiroler Offensive selbst nur mehr die beiden im Rahmen der 3. ID. abgehenden Infanterieregimenter 14 und 59 abgezogen wurden.

x) Kabisch, Streitfragen, 224. — Vgl. noch u. a.: Moser, Plaudereien, 155; Zwehl, 197; Kritik des Weltkrieges, 169.

Nicht minder ist es erwiesen, daß der Angriff der Russen dem Verteidiger keineswegs überraschend kam, sondern daß dieser ihn ziemlich auf die Stunde genau voraus wußte, und daß die Führer dem ersten Ansturme der Russen auch durchaus mit Zuversicht entgegensahen.

Wie es trotz; alldem zu einem so schweren, die gesamte Kriegslage tief beeinflussenden Rückschlag kommen konnte, ist in dem vorliegenden Bande mit möglichster Sachlichkeit erörtert worden. Zuzugeben ist gewiß, daß die hartnäckigen Angriffe, die von den Russen um die Jahreswende in der Bukowina und gar im Frühjahr am Naroczsee unternommen worden sind, wahrlich keinen Anlaß geboten hatten, die Schlagkraft des Feindes zu unterschätzen. Grundsätzlich muß aber doch daran festgehalten werden, daß es gegen alle Regeln der Strategie verstoßen haben würde, wenn die öst.-ung. Heeresleitung nicht versucht hätte, unter Belassung von gerade noch ausreichenden Streitermassen an den Abwehrfronten alle irgendwie erlangbaren Kräfte in der von ihr gewählten Richtung zu einem entscheidenden Stoße zusammenzuraffen. Eine „Sünde wider den Geist jeglicher Kriegführung“ wurde von den Mittelmächten weit mehr dadurch begangen, daß sie die verfügbaren Kräfte an zwei Punkten statt an einem angesetzt hatten.

Wirft man noch einen Blick auf die Ursachen, die auf der Walstatt selbst zu den verschiedenen Enttäuschungen oder Rückschlägen führten, so ist für die Südtiroler Offensive vor allem daran zu erinnern, daß sich die Truppe in den Kämpfen des Jahres 1915 vor allem, und zwar grundsätzlich richtigerweise, daran gewöhnt hatte, die Hauptvorbedingung für den Erfolg eines Angriffes in entsprechend gründlicher Artilleriewirkung gegen den Verteidiger zu erblicken. Die Sorge, daß die eigene Artillerie zu weit Zurückbleiben könnte, nahm dem Vorgehen manchen Schwung, der sonst durchaus dem Temperament der Kämpfer entsprochen hätte. Dazu kam die durchaus menschliche, aber zu Zeiten falsch angewandte Parole, Verluste um jeden Preis zu vermeiden. Beides verleitete die Führung zu einer Methodik, die die Ausnützung der ersten, überaus glänzenden Erfolge beeinträchtigte.

Bei Verdun trugen die Enge der Angriffsfront und die ratenweise erfolgende Zuführung der Reserven den Keim des Mißerfolges in sich. Allerdings war eine Eroberung der Feste, wie schon bemerkt, von Falkenhayn gar nicht beabsichtigt. Freilich hieß es der Truppe allzu viel zumuten, sie für ein so verschwommenes Ziel, wie er es verfolgte, Blut in Strömen vergießen zu lassen. Das war auch für die beste Armee der Welt eine allzu harte Probe.

In der Verteidigung hatten beide Mittelmächte mit ihrem starren Abwehrverfahren und dem Kampf in der am stärksten ausgebauten ersten Linie keine glückliche Wahl getroffen. Die Erfahrungen, die man hiebei machen mußte, waren bei Łuck und Okna (S. 410 und 464 ff.) besonders bitter. Doch auch an der Somme kämpften die Deutschen anfänglich, obwohl die Erfahrungen der Brussilowoffensive schon Vorlagen, noch nach den gleichen Grundsätzen, die dem neuen feindlichen Angriffsverfahren nicht mehr voll entsprachen. Es wird sich am Beginne des VI. Bandes noch die Gelegenheit ergeben, die Wandlungen im Kampfverfahren eingehend zu erörtern.

War im Hochsommer 1916 die Lage an den öst.-ung. Kampffronten eine überaus gespannte, so war sie es auch in der Heimat, aus der dem Heere die Kräfte zur Fortführung des Krieges zufließen sollten.

Der große Menschenverbrauch im ersten Halbjahr 1916 verschärfte die ohnehin seit längerem sehr gespannte • Ersatzlage in hohem Maße. Schon anfangs April hatte man neuerliche Musterungen aller Jahrgänge,, Einschränkung der Enthebungen sowie eine weitere „Austauschaktion“ (S. 89) beschlossen und überdies gleichzeitig auch die Zeitfolge in der Absendung der Marschbataillone auf sechs Wochen ausdehnen müssen.

Die außergewöhnlich hohen Abgänge, die im Juni und Juli auf dem russischen Kampffelde eingetreten waren, ließen aber bald ein rascheres Zufließen von Ersätzen als nötig erscheinen, sollten nicht einzelne Regimenter von der Auflösung bedroht werden. Man erwog daher schon ernstlich die Ausdehnung der Landsturmpflicht auf die Siebzehn- und Fünfundfünfzigjährigen. Auch schien das Einbringen der schon sehnlich erwarteten Ernte in Frage gestellt zu sein, weil man glaubte, Ernteurlaube in erforderlicher Dauer nicht gewähren zu können. Schließlich gelang es mit größter Anstrengung doch, Ende Juli aus Gemusterten aller Jahrgänge für die am meisten notleidende Nordostfront eine Reihe von „außertourlichen“ Marschbataillonen aufzubringen. Ja, man vermochte in der Folgezeit vorübergehend sogar wieder nach je vier Wochen eine Anzahl von freilich bedeutend schwächer gehaltenen Marschbataillonen ins Feld zu stellen, ohne schon auf die Siebzehnjährigen zu greifen.

Doch auch der gesteigerte Menschenzufluß aus der Heimat vermochte nicht zu hindern, daß der Gesamtstand des öst.-ung. Heeres vom l.Juni bis Ende Juli von 3,517.000 auf 3,171.000, das ist um

346.000 Köpfe, sank, und daß der Kampfstand, der anfangs April 1916 mit 1,158.000 Feuergewehren und Säbeln seine größte Höhe erreicht hatte, am 1. August nur mehr mit 927.000 Kämpfern ausgewiesen wurde, damit aber noch lange nicht am Ende seines Rückganges angelangt war. Auch der Ausfall an Maschinengewehren und an Geschützen war groß und hemmte die organisatorische Aufbauarbeit. Obgleich die Rüstungsindustrie in dieser Zeit nahezu das Höchstmaß ihrer Leistungsfähigkeit erreichte, konnte die Feldarmee doch erst bis zum Dezember wieder annähernd auf den gleichen Stand an Maschinengewehren und Geschützen gebracht werden, auf dem sie am 1. Juni war1).

In wirtschaftlicher Hinsicht begann trotz größter Anspannung aller Kräfte der Mangel an Rohstoffen bereits sehr empfindlich zu werden. Die Schwierigkeiten der Ernährung von Heer und Heimat wuchsen, obgleich die Lebensmittel, vor allem Brotfrucht, schon lange planmäßig aufgebracht, durch Vermahlungs- und Vermengungsvorschriften sowie durch Heranziehung von Ersatzstoffen gestreckt und verteilt wurden2). Bisher hatte nur die beträchtliche Einfuhr aus Rumänien die Ernährungslage einigermaßen erträglich gemacht. Wegen der täglich gespannter werdenden Beziehungen zu Bukarest mußte aber auch mit einem Versiegen dieser Quelle gerechnet werden, wozu sich noch ein beträchtlicher Rückgang der heimischen Ernte gesellte.

Die zentrale Leitung von Aufbringung und Verteilung hatte allmählich alle Zweige des Wirtschaftslebens erfaßt und wenigstens bis zu einem gewissen Grade die immer fühlbarer werdenden Auswirkungen der Blockade zu mildern vermacht. Freilich mußten besonders für die Aufbringung der „Sparmetalle“, wie Kupfer, Blei, Zinn und Zink, manche Eingriffe in das Wirtschaftsleben, die bisnun nur vorbereitet waren, in die Tat umgesetzt werden3). Trotzdem hatte in der Donaumonarchie die industrielle Produktion, durch den Kriegsbedarf mächtig gefördert, eine stetige Steigerung erfahren und bis zur Mitte des Jahres 1916 nahezu den Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit erreicht.

Ähnlich wie in Österreich-Ungarn war auch die Wirtschaft in Deutschland aufs höchste angespannt, nur mit dem Unterschied, daß die deutsche Kriegsindustrie auch noch den weniger leistungsfähigen Bundesgenossen, den beiden Balkanstaaten, helfen mußte.

!) Es wurden gezählt: Am 1. Juni 1916 rund 4900 Maschinengewehre und 5800 Geschütze (einschließlich ortsfester Festungskanonen und Infanteriegeschütze); am 1. Dezember 1916 etwa 4800 Maschinengewehre und 5800 Geschütze aller Art.

2)    Loewenfeld-Russ, Die Regelung der Volksernährung im Kriege (Carnegiestiftung, öst.-ung. Serie, Wien 1926), 141 ff.

3)    Riedl, Die Industrie Österreichs während des Krieges (Carnegiestiftung, öst.-ung. Serie, Wien 1932), 291 ff.

Alles in allem war Ende Juli die Kriegslage der Mittelmächte und auch ihrer beiden Verbündeten auf dem Balkan überaus ernst. An der Westfront brannte an zwei Stellen, an der Somme und vor Verdun, ein kräfteverzehrender Kampf. Im Südwesten war es in den Sieben Gemeinden und im Suganatal wohl endlich ruhiger geworden, dafür züngelten in Friaul wieder Flammen auf und verrieten die Anzeichen zu einem neuen Ansturm gegen die Isonzofront. Auch auf dem Balkan spitzte sich nach der monatelangen Waffenruhe die Lage zu, da sich sowohl die Bulgaren als auch die durch die serbischen Divisionen verstärkte Ententearmee mit Angriffsplänen trugen. An der Ostfront südlich vom Pripjatj war durch die zahlreichen herangeführten deutschen und öst.-ung. Divisionen wenigstens in Wolhynien eine gewisse Festigung erzielt worden. Die aufreibenden Kämpfe dauerten aber fort und am 27. Juli stand man am Vorabend eines neuen Generalangriffes der durch unverbrauchte Divisionen, darunter die Garde, verstärkten Heeresmacht Brussilows.

Vom Ausgang dieses Ansturmes hing viel ab. Denn im Hintergründe stand Rumänien, das sich unter dem stetig wachsenden Drucke der Entente immer mehr dem vielstaatigen Feindbunde zuneigte. Am 26. Juli berichtete der Gesandte Czernin aus Bukarest über seine gewonnenen Eindrücke zusammenfassend wie folgt: „Es ist noch kein fait accompli geschaffen und der Ministerpräsident [Bratianu] beabsichtigt, die nächste Zeit noch nicht einzugreifen. Ob die Neutralität anhält und wie lange sie anhält, hängt ausschließlich von den Kriegsereignissen ab.“*■) Denselben Eindruck hatten auch die Leiter der militärischen Operationen der Mittelmächte, wobei Conrad die rumänische Gefahr noch näher sah als Falkenhayn. Die beiden Generalstabschefs waren sich klar darüber, daß nur ein durchschlagender Erfolg in Ostgalizien das Moldaukönigreich vom Eingreifen abhalten könnte. Doch alle Versuche, einen kraftvollen Gegenschlag zu führen, waren nicht zustande gekommen, weil die herangeführten Divisionen zum Ausfüllen der Lücken hatten verwendet werden müssen. Auch für die nächste Zukunft war an der Ostfront keine Änderung dieser nur auf Verhütung weiteren Unheils abzielenden Heerführung zu erwarten.

Es war ein trüber Himmel, unter dem die Mittelmächte der Monatswende Juli-August entgegengingen.

!) Österreichisch-ungarisches Rotbuch bezüglich Rumäniens, 46 f.

PERSONENVERZEICHNIS

UND

VERZEICHNIS DER ÖST.-UNG. UND DER VERBÜNDETEN TRUPPENVERBÄNDE

Personenverzeichnis

A

Abruzzen (Abruzzi) Luigi di Savoia Aosta, duca degli, ital. Vizeadmiral

69 . .

Achmed Bei Mati, alban.

Notabler 246

Albori Eduard Freih. v., Obst. 280, 282

Alexejew Michael Wassil-jewitsch, russ. GdI. 5,

6, 14, 15, 26, 27, 30,

236, 237, 238, 239, 240,

276, 359, 360, 361, 362, 363, 364, 367, 368, 436, 437, 487, 488, 511, 519,

555, 564, 568, 570, 571,

589, 608, 609, 610, 615, 623, 624, 642, 643, 658, 664

Alpi Eduard, Obstlt. 331, 332

Andrian-Werburg Leopold Freih. v., Legationsrat

I. Kat. 111

Aosta Vittorio Emanuele Filiberto di Savoia, duca di, ital. GLt. 164, 166, 170, 192, 275, 276

Arnim Otto v., preuß. Obst. 628

Arz v. Straussenburg Artur, GdI. 11, 14, 427, 428, 429, 435, 452, 453,

461, 463, 600, 601

B

Barton Gottfried, Rtm. 442 Barza Edl. v. Barnhöfft Simon, Obst. 221, 539 Bauer v. Bauernthal Viktor. GM.    382,    383,    389,    393,

401,    404,    405,    406,    409,

472,    473,    481,    482,    491,

492,    494,    496,    527

Baumann Franz, Obst. 257,

323, 331, 343

Baumgartner Emil, GM.

491,    494, 544, 629, 632,

635, 636

Beckmann Max, preuß. GLt.

475,    637

Békési Adalbert, Obst. 567 Below Otto v., preuß. GdI.

623

Beneckendorff, s. Hinden-burg

Beneš v. Czerchow Viktor, Obst. 381 Benigni in Müldenberg Siegmund Ritt, v., FZM.

7, 10, 18, 368, 369, 370,

419. 420, 421, 422, 423,

424, 425, 426, 428, 429, 430, 433, 440, 441, 442, 443, 444, 445, 446, 447, 448, 450, 455, 457, 458,

459, 464, 465, 467, 505, 509, 513, 514, 517, 549, 550, 553, 557, 558, 560, 564, 566, 567, 594, 595, 596, 597, 598, 618, 619, 641

Berndt Otto, GM. 385, 386, 399, 401, 413, 414 Bernhardi Friedrich v., preuß. GdK. 394, 397, 399, 401, 405, 406, 409,

468, 472, 473, 474, 475,

476,    477, 483, 489, 490,

492,    493, 497, 498, 499,

500, 501, 503, 504, 524,

529, 530, 531, 534, 537, 540, 542, 546, 578, 579, 580, 584, 588, 590, 591,

611, 612, 613, 626, 659

Bertotti Emilio, ital. GM.

69, 72, 78 Berzeviczy v. Berzevicze u. Kakas-Lomnitz Béla, Obst. 640 Bethmann-Hollweg Theobald v., Dr., deutscher Reichskanzler 64,    65,

110, 717 Bezobrazow Wladimir Mi-

chailowitsch, russ. GdK.

15, 642, 643, 658, 662 Biss Hermann, preuß. GM.

394, 398, 399, 438 Blum Joseph, GM. 601 Blumenschein David Dr. theol., Prof., Feldkurat

210

Böhm-Ermolli Eduard v., GdK. 20, GO. 370, 372,

379, 380, 381, 393, 407,

439, 468, 469, 470, 471,

477, 484, 485, 510, 511,

553, 602, 615, 632, 635, 636, 637, 651, 652, 654,

655, 656, 658, 659 Bojovic Petar, serbu Gen. 60 Boletini Issa, alban. Bandenführer 61 Bolfras Artur Freih. v., GO. 438 Böltz Eduard, FML. 379, 380

Bolzano Edl. v. Kronstätt Heinrich, Obst. 12, 461 Boog Adolf v., GM. 416,

479, 653, 655 BoroevLc v. Bojna Svetozar, GdI. 169, 185, 190, 212,

311, 412, 696 Boselli Paolo, ital. Ministerpräsident 669 Bothmer Felix Gf. v., bayr. GdI. 233, 380, 428, 431, 432, 433, 435, 451, 452, 454, 455, 459, 460, 461, 462, 463, 466, 509, 513,

553, 554, 557, 562, 565, 600, 601, 604, 616, 617,

618, 650, 654, 656 Bozó v. Dinjeberk Paul, Obstlt. 425, 513 Bratianu Jonel, rum. Ministerpräsident 726 Braun Joseph, FML. 35,

36, 43, 44, 46, 51, 54, 57, 58, 62    _

Brudermann Adolf Ritt, v., FML. 420, 421,    446,


447,    457,    459,    506,    507,

50S,    512,    513,    514,    54S,

549,    551,    556,    559,    560,

5ól,    562,    594,    595.    597,

59S,    603,    606,    607,    608,

619, 620, 621, 622, 638,

639, 641, 646, 647, 648 Brunfaut Alexander de, Obst. 32S, 333 Brusati Roberto, ital. GLt.

152, 153, 200, 201, 231 Brussilow Alexej Alexan-drowitsch, russ. GdK.

6, 28, 242, 245, 359, 360,    361,    362,    364,    365,

366,    367,    36S,    375.    392,

406,    407,    408,    414.    416,

417,    419,    425,    432,    435,

437,    456,    462,    468,    477,

478,    4S2,    4S4,    487,    4S8,

490,    497,    511,    517,    535,

536,    537,    541,    547,    553,

554,    555,    556,    564,    569,

571,    573,    578,    589,    590,

592,    609,    610,    612.    613,    |

615,    623,    625,    627,    63S,    I

642,    643,    649,    652,    65S,    1

659,    660,    661,    662,    719,    !

722,    724,    726

Bulatow Nikolaj Ilitsch, russ. Gen. 579, 5S2 Burián v. Rajecz Stephan Baron, Alinister des Äußern 60, 64, 65, 247. 522    '

c

Cadorna Luigi conte, ital. GLt.    63,    69,    78,    79,

145,    147,    149,    170,    198,

199,    200,    201,    212,    223,

230,    231,    246,    249^    273,

274,    275,    276,    286,    330,

355,    362,    364,    519,    569,

668,    670,    672,    675,    676,

683,    692,    704.    709,    710,

712

Capello Luigi, ital. GLt.

164

Carlotti di Riparbella A. marchese, ital. Botschafter in Petersburg 362, 519

Cavaciocchi Alberto, ital.

Gen. 206 Churchil Winston, engl. Staatsmann 719

Clausius Hermann, preuß.

GLt. 611, 613 Coardi di Carpenetto dei marchesi di Bagnasco nob. Edoardo, ital. GLt. 284 Colard Hermann v., GdI., Statthalter in Galizien 141

Colerus v. Geldern Wendelin, Obst. 35 Conrad v. Hötzendorf Franz Freih., GO. 3, 21, 22,

33, 42, 45, 60. 61, 81, 82, 110, 114, 117, 118, 139, 141, 172, 173, 176, 177, 182, 188, 228, 229, 230, 232, 233, 243, 247, 248, 249, 253, 311, 339, 340, 341, 349, 350, 352, 353, 398, 437, 438, 439,

440, 449, 450, 459, 460,

470, 477, 480, 484, 485, 486, 499, 501, 502, 506,

508, 509, 514, 515, 516,

517, 518, 519, 520, 521,

522, 530, 531, 542, 554,

563, 567, 569, 586, 589, 603, 604, 608, 621, 632, 636, 637, 643, 644, 651, 652, 654, 655, 656, 658,

661, 662, 712, 713, 717,

720, 721, 722, 726 Conta Richard v., preuß.

GLt. 644, 649 Coudenhove Maximilian Gf., Statthalter in Böhmen 141 Cramon August v., preuß. GM. 172, 187, 229, 438,

484, 519, 603, 720 Csanády v. Békés Friedrich, FML. 398,    409,    472,

473, 481, 496, 527, 528,

532, 533, 539, 540, 545 Csicserics v. Bacsány Maximilian, FML. 649 Czernin v. Chudenitz Ottokar Gf., k.u.k. Gesandter in Bukarest 522, 726 Czibulka Klaudius, FML.

479, 636, 651, 653, 655,

656

Czitó Karl, GM. 579, 582,

586

D

Dáni v. Gyarmata Blasius, GM. 11, 452, 463

Dankl Viktor, GdK. 156, 173,    176,    177,    178,    179,

186,    197,    220,    223,    GO.

229,    230,    260,    267,    269,

299,    305,    307,    308,    317,

318,    321,    322,    339,    343,

344,    351,    352,    353

Daubner Samuel, Obst. 463 Dickhuth - Harrach Gustav v., preuß. GLt. 625 Dieffenbach Karl, preuß. GLt. 630, 637, 652, 655,

656, 659 Diller Erich Freih. v., GM., Generalgouverneur in Lublin 11, Statthalter in Galizien 141 Dimitriew Radko, russ. GdI.

623, 624 Ditfurth Kurt v., preuß. GM.

658

Dokonal Rudolf Edl. v., Obst. 422 Dragomirow Abram Mi-chailowitsch, russ. Gen. 572

E

Eccher ab Echo und Marienberg Hermann, GAL 207, 212 Eckhardt v. Eckhardtsburg Friedrich, GM. 295 Eichhorn Hermann v., preuß. GO. 571 Ellison v. Nidlef Otto Ritt., Obst. 280, 282, 285, 286,

288, 289 Elmar Wilhelm, GM. 18, 23, 30, 421 Englert Karl, GM. 321 Enkel Oskar Karlowitsch, russ. Obst., Militärattache in Rom 362 Enrich Alfred. Oblt. i,, d. R.

673    '

Enver Pascha, türk. Vizegeneralissimus 233, 603 Essad Pascha Toptani 37,

68, 71, 78, 712 Eugen Erzherzog, GO. 173,

174,    175,    176,    183,    186,

213,    226,    253,    258,    267,

282,    305,    311,    318,    339,

340,    341,    343,    347,    348,

356,    362,    440,    515,    516,

667,    672,    675,    676,    677,

680,    686,    703


Ewert Alexej Jermolaje-witsch, russ. GdI. 237, 239,    242,    359,    360,    361,

363,    365,    368,    408,    435,

436,    437,    478,    487,    488,

523,    571,    576,    608,    609,

610,    615,    642,    661

F

Fabini Ludwig v., FML.

257, 297, 320, 324 Falkenhayn Erich v., preuß. GdI. 3, 4, 21, 22, 81, 82, 114, 172, 173, 229, 232,    233,    248,    311,    350,

437,    438,    439,    449,    459,

460,    477,    484,    486,    490,

501,    502,    509,    515.    517,

518,    519,    520,    521,    522,

530.    554,    563,    567,    568,

569,    571,    579,    603,    604,

608,    621,    643,    644,    652,

657,    658,    659,    661,    717,

718,    719,    720,    721,    722,

723, 726 FalkenhaynEugenv.,preuß. GdK. 501, 502, 524, 525,

526,    527,    528,    530,    531,

532,    537,    538,    539,    543,

544,    592,    593,    594,    628,

630,    631,    632,    637,    652

Farkas v. Nagy-Jóka Vinzenz, Obst. 71, 73, 75 Fässer Joseph, Obst. 160 Fath Heinrich, GdI. 233, 245,    389,    391,    392,    395,

406,    409,    475,    476,    484,

497,    498,    499,    500,    504,

529,    531,    534,    540,    541,

578,    579,    580,    581,    582,

583,    585,    586,    587,    589,

590,    611,    612,    613,    614,

659

Felix Adalbert v., GM.

641

Ferdinand I. König der Bulgaren 248 Ferdinand König von Rumänien 519 Ferrari Decio, ital. GM.

689, 691 Ferrero Giacinto, ital. GM.

67, 69, 72, 73, 75 Fey Emil, Hptm. 221 Filz Edl. v. Reiterdank Alfred, Obst. 307 Firbas Kamili, Obstlt. 258

Fluck v. Raggamb Adalbert, GM. 433, 446, 447,

448, 550, 649 Foglár Joseph, GM. 8, 23, 567, 619, 640 FJI 56, 130, 136, 141, 356, 485, 518,

519, 563, 655 Friedrich Erzherzog, FM.

374, 450, 515, 660 Friedrich Wilhelm, Kronprinz des Deutschen Reiches und Kronprinz von Preußen 569, 718, 719 Frugoni Pietro, ital. GLt.,

158, 275, 276 Fulöpp Artur, FML. 18,20 Funk Gustav, Obst. 574

G

Gabriel Theodor, FML.

264, 502, 525, 544 Gelb Edl. v. Siegesstern Karl, FML. 301, 699 Gerok Friedrich v., württ.

Gdl. 233 Ghilardi de Gilic Leo, Kapitän und alban. Bandenführer 78, 79, 246 Gillenschmidt Alexander Fedorowitsch v., russ. Gen. 367, 376, 392, 394,

404, 406 Globočnik Gustav, GM.

160

Gnigler Anton, Obstlt. 258 Goiginger Heinrich, FML.

258, 264, 294, 677, 678, 692

Goiginger Ludwig, FML.

207, 208, 694 Goldbach Anton, GM. 385,

386, 496 Göttlicher Karl, Obst. 302 Greger Emil, Obst. 336 Greiner Leo, GM. 160 Gronau Hans v., preuß. GdA. 394, 477, 484, 490,

497, 500, 501, 504, 530,

586, 588, 589, 591, 614,

625, 626 Großmann August, bayr.

Obst. 582, 584 Gruber Richard Ritt, v., GM. 307 Grubić Milan, GM. 376, 390

Guerrini Domenico, ital.

Gen. 60 Guseck Edl. v. Glankirchen Oskar, FML. 322, 672, 677

H

Haas Karl, GM. 407, 408,

469, 470 Háber Johann, GM. 503 Habermann Hugo Edl. v., FML. 424, 549, 556, 557, 559,    560,    561,    564,    565,

566,    567,    605,    606,    607,

619,    638,    646,    647

Hadfy v. Livno Emmerich, FML. 7, 10, 12, 22, 23, 369,    423,    424,    427,    429,

432,    443,    446,    447,    448,

449,    450,    455,    457,    458,

459,    467,    505,    509,    513,

517,    550,    556,    560,    561,

562,    565,    566,    567,    595,

596,    598,    607,    622,    642,

649

Hahndorff Viktor, preuß. GM. 529, 546, 584, 588,

590, 611 Haig Sir Douglas, brit. FM.

237, 570 Hansa Oskar, Konteradmiral 43, 48 Hanzu Alexander, Obstlt.

260, 262 Hässler Hubert, Hptm. 68,

71, 73    _

Hauer Leopold Freih. v., GdK. 233, 245, 392, 394, 406, 409, 475, 476, 484,

497, 498, 500, 504, 530, 531, 534, 540, 546, 579,

580, 581, 582, 585, 586,

587, 588, 589, 591, 610,

611, 612, 613, 626 Haus Anton, Admiral 188 Hausser v. Kapuvár Rudolf, Obst. 35, 36, 43,

44, 55

Haustein v. Haustenau Heinrich, GM. 33, 36, 66

Hazai Samuel Freih. v., GdI. 640 Heim Géza, Oblt. 215 Hell Emil, preuß. Obst.

398, 660 Hellebronth v. Tiszabeö Gustav, Obst. 294


Hellinsrath Philipp v., bavr.

GLt. 591, 611 Henriquez Johann Ritt, v., GdI. 572. 573, 574, 575, 577, 624, 625, 626 Heuduck Hans v., preuß.

GM. 492, 501, 613, 614 Hildebrand Moritz, Mjr. 221, 222 Hiltl Joseph Ritt, v., Obst. 699

Hindenburg Paul v. Be-neckendorff u. v., preuß. GFM. 438,    575,    611,

623, 644, 649, 652, 658,

662, 720 Hinke Alfred Edl. v., GM.

14, 453 Hofmann Peter, FML. 11,

12, 370, 452, 454, 461,

462, 463, 553, 554, 600, 601

Hordt Theodor v., FML.

636, 651, 653, 655 Horsetzky Edl. v. Hornthal Ernst, FML. 257,

259, 297, 299, 324 Horvath Emmerich, Obstlt. 463

Hospodarž Eduard, Obst.

498, 584 Hranilovic-Czvetassin Oskar v., Obst. 264 Hrozný Edl. v. Bojemil Joseph, GM. 296 Huyn Karl Gf., GO., Statthalter in Galizien 141

I

Ismail Kemal Bei Vlora 78 IwanowNikolaj Judowitsch, russ. GdA. 6, 14, 15, 23, 24, 25, 26, 27, 237,

242, 359 Iwański v. Iwanina Artur, GM. 473

J

Jachmann Rodcrich, preuß. Obstlt. 387, 392, 393, 399, 405, 406, 408, 474 Janečka Joseph, Obst. 182, 219, 260, 277, 331, 336 Jankovič Božidar, serb.

Gen. 56 Janky v. Bulcs Gotthard, Obst. 498, 499, 500, 504,

534, 580, 581

Jellenchich Richard, GM. 325

Jemrich von der Bresche Eduard Ritt., GM. 482 Jesscr Moritz, GM. 369,

420, 441, 597, 598 Joffre Joseph, franz. Gen. 237, 238, 239, 249, 569,

570, 571, 713 Joseph Erzherzog, GdK.

192, 699, 700 Joseph Ferdinand Erzherzog, GO. 244, 374, 376,

381, 383, 385, 386, 389, 391, 397, 398, 413 Juriševié Anton, Obstlt. 71,

72, 74, 75

K

Kabisch Ernst, preuß. GLt. und Militärschriftsteller

721, 722

Kaiser Julius, FML. 399, 409,    475,    476,    497,    498,

499,    581,    582,    584,    585,

587

Kaledin Alexej Maximilowitsch, russ. GdK. 242,

364,    365,    371,    375,    376,

382,    388,    392,    394,    395,

403,    404,    406,    407,    436,

474,    475,    478,    479,    482,

483,    487,    493,    497,    523,

526,    535,    536,    541,    578,

588,    590,    591,    592,    610,

612,    613,    627,    633,    660,

661

Kaiser Edl. v. Maasfeld Franz, FML. 533, 539, 540

Kaltenborn Adalbert v., GM. 447, 549, 594

Karg v. Bebenburg Georg Freih., Obstlt. 279

Karl Franz Joseph Erzherzog-Thronfolger, FML. 173, 187, 197, 257, 260, 297, 298, 299, 307, 308, 320, 352, 354, 356, 563, 596, 597, 598, 603, 604, 608, 618, 621, 622, 639,

640, 645, 678

Khayll Friedrich, Obstlt.

470, 472, 480, 489, 502, 531

Kindl Ernst, GM. 219, 221, 222, 272

Kirchbach auf Lauterbach Karl Freih. v., GdK.

307, 344, 608, 622 Kirchner Hermann, Oblt. 263

Kitchener Horatio Herbert, viscount of Khartoum, brit. FM. und Kriegsminister 570 Klein Anton, GM. 384 Klein Rudolf, Obst. 596, 598

Klembowski Wladislaw Na-poleonowitsch, russ. Gen.

6,    407, 536, 594, 643 Kliemann Viktor, Obst.

277, 278, 282, 286, 314,

318, 322, 323, 329 Kneußl Paul Ritt, v., bayr. GLt. 501, 546, 584, 588,

612

Knoch Wilhelm, preuß. GM.

573, 574 Köbe Karl, Obstlt. 338 Kochanowski Edl. v. Kor-winau Alfred, GM. 279, 281, 282, 289, 290, 312 Koennen - Horák Edl. v. Höhenkampf Ludwig, FML. 202, 204 König Götz Freih. v., preuß. GdK. 573, 624 Könneritz Karl Eduard Freih. v., sächs. Obst. 473, 482, 492 Konopicky Theodor, GM. 33

Korda Ignaz Edl. v., GdK.

7,    8, 9, 10, 13, 16, 17,

18,    19,    23,    24,    443,

447,    448,    449,    456,    457,

458,    459,    506,    507,    508,

509,    512,    513,    514,    520,

547,    550,    551,    561,    567

Korzer Karl, Obst. 677 Kosak Ferdinand, FML.

372,    470,    471,    472,    479,

480,    491,    493,    510,    542,

554,    602,    615,    632,    635,

637,    651,    653,    654,    655,

656, 657 Koudelka Alfred Freih. v., Konteradmiral 163 Kövess v. Kövesshaza Hermann, GdI. 33, 38, 42, 57, 59, 60, 61, 70, GO. 77, 187, 291, 292, 305,

307, 318, 333, 339, 346,


347, 353, 608, 622, 641,

644, 645, 649 Kraewel Richard v., preuß. GLt.    565,    566,    567,    595,

596,    598,    604,    607,    622,

642

Králiček Rudolf, FML.

416, 616 Kralowetz v. Hohenrecht Gottlieb, GM. 398 Krammer Emil, Obstlt. 61,

66, 71, 72 Kramsta Leo v., preuß.

GLt. 573, 574 Kranz Moritz, Obst. 369,

446,    450,    506,    508,    513,

549,    556,    561,    620,    649

Krasel Edl. v. Morwitzer Felizian, GM. 706 Kratky Karl, GM. 655,

657

Krauss Alfred, FML. 174, 177, 226, 307, 315, 318, 340, 348, 351 Krauss Rudolf, FML. 329,

621, 639, 641, 647, 648 Krautwald v. Annau Joseph Ritt., FML. 197, 277,

279,    287,    288,    290,    307.

312,    313,    315,    335,    337

Křitek Karl, GdI. 291, 307 Krömer Friedrich, Hptm. 628

Kroupa Joseph, GM. 258,

264, 265, 649 Kuczera Hugo, FML. 160 Kuhl Hermann v., preuß. GdI. und Militärschriftsteller 721 Kuropatkin Alexej Niko-lajewitsch, russ. GdI.

237,    239,    240,    242,    359,

360,    361,    364,    368,    436,

437,    571,    609,    610,    623,

624

Küttner Ferdinand, Obst.

500. 504, 541, 582, 583, 585, 586

L

Lauingen Wilhelm v., GM.

322, 323, 330, 336 Le Gay v. Lierfels Albert Ritt., GM. 525 Lehár Anton, Obstlt. 258 Lehmann Georg Edl. v., FML. 18, 20

Leide Joseph, GM. 432,

448, 557, 559, 562, 565, 567, 595, 596, 600, 645 LeonhardiTheodor Freih.v., FML. 525, 531, 532, 538,

543, 544, 593, 594, 614,

628, 629, 630, 631, 632,

637

Leopold Prinz von Bayern, bayr. GFM. 311, 394,

438, 530, 573, 575, 589,

591, 625, 658 Lequio Clemente, ital. GLt.

276, 315 Lercher Johann, Obst. 684 Lesch Leonid Wilhelmo-witsch, russ. GdI. 478,

523, 535, 536, 572, 578,

590, 591, 610, 612, 613,

626, 627, 642, 643 Letschitzki Platon Alexeje-witsch, russ. GdI. 6, 7,

8, 10, 13, 15, 16, 18,

22, 23, 24, 27, 28, 30,

364,

365,

367,

417,

418,

419,

420, 425,

426, 441,

456,

459, 460,

466,

467,

505,

511,

553,

555,

556,

558,

559,

561,

564, 565,

566,

595,

597,

603,

604,

605,

607,

617,

638,

647,

649,

660,

661

insingen

Alexander

preuß. GdI. 21

22, Rang

eines

GO

139, 233,

235,

378,

242,

245,

373,

377,

384,

385,

388,

389,

390,

394,

395,

397,

398,

399,

401,

403,

404,

405,

407,

413,

437,

438,

439,

467,

468,

469,

471,

472,

473,

478,

474,

475,

476,

477,

479,

480,

481,

482,

484,

486,

489,

490,

491,

492,

493,

494,

495,

496,

497,

499,

500,

501,

502,

503,

504,

505,

506,

517,

520,

522,

524,

525,

526,

528,

529,

530,

532,

534,

537,

540,

541,

542,

543,

544,

545,

546,

547,

567,

578,

579,

580,

582,

585,

586,

587,

588,

589,

590,

591,

593,

602,

603,

608,

611,

626,

612,

613,

614,

625,

629,

631,

633,

635,

636,

637,

650,

652,

655,

657,

658,

659,

660,

661

Lipoščak Anton, FML. 8,

10, 16, 17, 23 Lischka Emil, FML. 580 Löbl Rudolf, Obst. 66 Lörinczy Béla, Obst. 35,

43, 46, 51, 71 Lottspeich Leopold, Obstlt.

34, 43, 44, 46, 47, 48,

49, 50, 51, 54 Lütgendorf Kasimir Freih.

v., FML. 294, 298, 307 Lüttwitz Walter Freih. v., preuß. GLt. 482, 533,

539, 540, 546, 579, 591, 614, 626, 658, 659 Luxardo Eugen Edl. v., GM. 263

M

Mackensen August v., preuß. GFM. 3, 33, 38,    82,

113, 248, 250, 449, 484,

485, 518, 519, 713, 720 Maderspach Karl, Obstlt.

168, 184 Majewski Stephan, Obst.

325, 332, 336, 338, 345, 346

Mambretti Ettore, ital. Gen. 668

Marschall Wolf Freih., preuß. GdK. 234 Marterer Ferdinand Ritt, v., FML. 485 Martiny Hugo, GdI. 372,

376,    377,    383,    385,    386,

390,    391,    396,    397,    398

Marwitz Georg von der, preuß. GdK. 477, 481,

482,    489,    492,    495,    496,

500,    501,    502,    503,    526,

528,    529,    530,    531,    532,

533,    537,    538,    542,    543,

544,    545,    547,    579,    591,

592,    593,    611,    614,    615,

627,    629,    630,    631,    632,

635,    636,    637,    645,    650,

652,    655,    656,    658,    659

Masaryk Thomas Garrigue, tschech. Politiker 142 Merten Eduard Edl. v., Obst. 326, 327, 342, 348 Metzger Joseph, GM. 172, FML. 434 Micewski Siegmund Ritt, v., FML. 470 Mijuškovič N., monten.


Ministerpräsident 53, 59, 64

Milena Königin von Montenegro 58 Mirko Prinz von Montenegro 51, 61, 64 Müller Richard, GM. 259,

261, 262, 298, 300, 325 Müller Rudolf, GM. 669

N

Nagy    Paul    Edl.    v.,    GM.

23, 24, 641 Nemeczek Joseph, FML.

324, 565 Nicolis di Robilant Mario, ital.    GLt.    276

Nikola König von Montenegro 39, 50, 52, 55,

56, 58, 59, 60, 64 Nikolai Nikolajewitsch Großfürst - Generalissimus    109,    486

Nikolaus II. 26, 52, 142, 236,    242,    243,    355,    359,

361,    362,    363,    367,    368,

488,    624,    659,    660

Nivelle Robert Georges, franz. Gen. 240,    366

N jego van Viktor, FML. 645

o

Obauer Edl. v. Bannerfeld Rudolf, GM. 492, 539

Oppeln-Bronikowski Hermann v., preuß. GLt. 452, 453, 454, 461, 462,

463, 509, 553 Ostermuth Johann, FML.

471,    481,    489,    491,    492,

494,    495,    496,    501.    502,

525

Otto Erzherzog 356 Otto Eduard, k.u.k. Gesandter 64

P

Paić Joseph Ritt, v., Obst. 111 ' Papp Daniel, Obstlt. 7,

8, 10, 17, 19, 23, 24,

368,    446,    447,    457,    467,

506,    507,    508,    512,    513,

548,    549,    550,    551,    552,

558,    567,    619

Passy Rudolf, Obstlt. 286, 289

Pecori-Giraldi Gugliclmo conte, nob. e patr. di Firenze, ital. GLt. 231, 274, 276, 670 Pereira - Arnstein Adolf Freih. v., Mjr. 342 Petar Prinz von Montenegro 49, 51 Pfeffer Rudolf, GM. 409, 483, 499, 504, 581, 584,

588

Pflanzer-Baltin Karl Freih. v., GdK. 7, 9, 10, 12,

13, 14, 17, 18, 19, 20,

23, 24, 25, 27, 28, 29,

243,    244,    245,    367,    368,

369,    370,    419,    420,    423,

424,    427,    428,    430,    431,

432,    433,    434,    437,    443,

447,    448,    449,    450,    451,

454,    455,    456,    457,    458,

459,    460,    464,    465,    467,

478,    505,    506,    507,    508,

509,    512,    513,    514,    518,

548,    549,    550,    551,    552,

553,    555,    558,    559,    560,

561,    562,    565,    566,    567,

595,    596,    597,    598,    599,

603,    604,    605,    606,    607,

608,    617,    618,    619,    621,

622,    639,    640,    641,    642,

645,    646,    647,    648,    660

Phleps Julius, GM. 261, 325

Piacentini Settimio, ital.GLt. 79

Pichler Kletus, GM. 177,

227, 268, 271 Pitreich Maximilian Frh. v., Obstlt. 567 Planckh Julius, Obst. 24Í Plehwe Pawel Adamo-witsch, russ. GdK. 237, 359

Podhoránszky Eugen v., FML. 574, 625 Pongrácz de Szent-Miklós et Ovár Heinrich, GM.

579, 585, 613 Porro nob. dei conti di Santa Maria dellaBicocca Carlo, ital. GLt. 276 Portenschlag-Ledermayr Franz Edl. v., Obst. 47,

48, 182, 195 Prey Siegmund, Obst. 539

Promtow Michael Nikolajewitsch, russ. GLt.511,

512,    513,    547,    548,    555,

556,    558,    561,    594,    605,

607

Prusenowsky Konrad, GM.

388, 390 Puchalski Stanislaus v., GM. 579, 582 Puhallo v. Brlog    Paul,    GO.

380,    402,    407,    408,    467,

468,    470,    471,    476,    479,

480,    490,    491,    493,    494,

501,    532,    537,    615,    629,

630,    632,    633,    634,    635,

636,    637,    651,    652,    653,

655

R

Rada Anton, Obst. 279, 281, 282 Radkiewitsch Nikolaj Ale-xejewitsch, russ.    Gen.

571

Ragosa Alexander,    russ.

Gen. 239, 240, 488, 523, 572, 626 Rásky Ladislaus, Obstlt. 398

Rath Paul, Obst. 262 Reinöhl Wilhelm v., GM.

40, 41, 42, 53, 54 Reymann Hugo, GM. 378 Rhemen zu Barensfeld Adolf Freih. v.,    GdI.

427, 428, 429, 430, 433, 434, 599, 600 Robertson Sir William, brit. Gen. und Generalstabs-chcf 570, 712 Robilant s. Nicolis Roeder Dietrich v., preuß.

Obst. 585, 587, 612,659 Rohr Franz, GdK. 156,

159, 162, 212, 214, GO.

344, 696, 706 Roth Josef, GdI. 156, 174, 686, 692, 696 Rotter Gustav, Obst. 258 Rubint Dcsiderius, Obst.

548    _

Ruggieri Laderchi Paolo conte, ital. GM , Militärbevollmächtigter in Rußland 362 Ruiz de Roxas Eugen Chev., GM. 611


Runckel Hermann v., preuß. GM. 501, 524, 628, 629,

630, 637 Rusche Rudolf, preuß. GM.

409,    439,    475,    476,    483,

490,    492,    493,    497,    498,

501,    503,    504,    529,    534,

546,    584,    588,    590,    611,

612, 658 Russ Viktor, Mjr. 420, 619,

638, 641, 646, 647 Ruziczka Karl, Oblt. 605

s

Sacharow Wladimir Victo-rowitsch, russ. GdK.

6, 15, 28, 364, 365, 367, 378, 379, 381, 415, 416, 454, 479, 482, 493, 510,

535, 537, 541, 542, 543,

544, 554, 592, 594, 602,

612, 614, 626, 627, 628,

629, 632, 633, 651, 652,

653, 655, 659 Salandra Antonio, ital. Ministerpräsident 276, 362, 668

Salis - Samaden Heinrich Freih. v., Obst. 340 Salis-Seewis Johann Gf., FML.., Generalgouverneur in Belgrad 115 Sarkotić Stephan v., GdI. 33, 35, 36, 42, 43, 44,

45, 46, 53, 55, 56, 58, 311

Sarrail Maurice, franz. Gen. 82, 234, 249, 250, 713, 714

Sávoli v. Nagyida Johann, Obst. 17, 550, 620, 647 Sawitsch Sergej Sergeje-witsch, russ. Gen. 6 Schamschula Rudolf, GM. 476

Schariczer v. Rény Georg, FML. 574 Schenk Alfred Edl. v., FML. 307, 705 Scheuchenstuel Viktor v., FZM. 39, 42, 197, 258, 296, 298, 307, 566, 567 Schiess Karl, FML. 35, 44, 49, 50, 60. 62, 66 Schiesser Anton, GM. 202, 203

Schilinski Jakow Grigorie-witsch, rusa. GdK. 238

Schmid Hugo, GM. 286, 314

Schmidt Johann, Obstlt.

219, 272, 279 Schneeweiss Albin, Obstlt.

288, 289 Schneider Edl. v. MannsAu Joseph, FML. 279,

281, 282, 283, 337 Schneller Karl, Obstlt. 228,

340, 341, 349, 350 Schölten Erwin Freih. v., Obst. 630, 633 Scholtz Adalbert, Obstlt.

7, 22, 369, 446, 457, 605, 619 Scholz Edl. v. Benneburg Franz, FML. 212 Schön Joseph, FML. 475,

483, 546, 658, 659 Schönburg - Hartenstein Alois Fürst, FML. 312, 314, 328, 334, 678 Schönner Edl. v. Schöndorn Odilo, Mjr. 217,

691

Schtscherbatschew Dimitrij Gregoriewitsch,russ.GdI.

5, 6, 11, 12, 13, 14, 15,

19, 20, 22, 26, 27, 28, 30, 364, 365, 417, 418, 426, 427, 429, 432, 435, 451, 452, 453, 460, 462,

466, 511, 553, 555, 564,

599, 600, 601, 616, 617,

638

Schuschnigg Artur Edl. v., Obst. 158 Schutte Karl, Obst. 247, 311

Schuwajew Dimitrij Sawe-lewitsch, russ. GLt. 359 Schwarz Karl, GM. 36,

40, 53, 58, 66 Schwarzenberg Felix Prinz zu, GM. 634, 635 Scotti Karl, FML. 161, 707 Seeckt Hans v., preuß. GM. 248, 449, 450, 459, 485,

506, 508, 509, 551, 553,

563, 565, 566 Sellner Edmund Edl. v., FML. 383, 385, 386,

387, 393, 396, 397, 399,

401, 404, 472 Sergej Michailowitsch Großfürst, GdA. 359

Severus Edl. v. Laubenfeld Viktor, GM. 493, 654

Seyfried Joseph, Obst. 206 Sipos v. Márkosfalva Julius, Obst. 699 Skanderbeg, eigentlich Georg Kastriota, alban. Freiheitsheld 66 Skulski Miecislaus, Oblt. 311

Škvára Alfred, Obst. 330 Škvor Franz, GM. 294, 317

Slameczka Oskar, Obst. 519 Sloninka v.Holodów Adolf, Obst. 217, 218, 295 Smekal Gustav, FML. 387, 394,    395,    396,    397,    398,

399,    401,    404,    405,    409,

410,    412,    413,    500,    580,

581, 585 Šnjarič Lukas, FML. 36,

39, 420, 421, 422, 440,

441,    442,    443,    465,    549,

550,    556,    560,    561,    565,

567,    596,    597,    598,    599,

607,    622,    640,    641,    642

Sonnino Sidney Baron, ital. Minister für ausw. Angel. 63, 79, 519 Soós v. Bádok Karl, Obst.

138, 344 Sorsich v. Severin Béla, FML. 44, 46, 49, 50, 54, 61, 66, 67, 70, 72,

73, 74.

Spannocchi Lelio Gf., Obst. 593

Spiegel Theodor, Obst. 153, 202, 205 Steinhart Franz Edl. v., GM. 202 Steinitz Eduard Ritt, v., Obst. 406, 476, 483, 493,

498, 503, 504, 581, 582,

584, 588 Steinsberg Alfred, Obst. 307 Stocken Leon v., preuß. GM.

659

Stolzmann Paulus v., preuß.

GM. 245, 398, 401, 413 Stracker Karl, GM. 220 Streith Rudolf, GM. 35, 44, 49, 50, 62, 66 Sündermann Ludwig, Obst. 566, 567


Szeifert Alexander, Obstlt. 444

Székely de Doba Gustav, FML. 383, 3S4, 393,

396, 397, 399, 401, 472 Szurmay Alexander, FML.

234, 244, 372, 373, 376,

377, 385, 386, 387, 38S,

389, 390, 391, 392, 393,

396, 397, 400, 401, 402,

403, 405, 406, 408, 409, 41t, 412, 414, 468. 472, 473, 474, 481, 482, 492,

493, 495, 496, 503, 526,

527, 528, 532, 538, 540,

545, 592, 627, 628. 629

T    k

Tabajdi Koloman, GM. 393, 397, 398, 399. 405, 472

Tanárky Béla, GM. 17 Tenner Heinrich, Obstlt.

289, 311 Tersztyánszky v. Nádas Karl, GdK. 91, GO. 398,

472, 481, 482, 493, 526,

527, 528, 532, 533. 539,

540, 545, 592, 614, 615,

627, 629, 630, 658, 659,

660

Testa Heinrich Freih. v., Obst. 425 Teuš Isidor, Obst. 221, 222 Thun-Hohenstein Franz Fürst, Statthalter in Böhmen 141 Tiszav.Borosjenö etSzeged Stephan Gf., ung. Ministerpräsident 109,138,141 Törk Franz, Obstlt. 35,

43, 44, 46, 49, 51, 54 Trampus Johann, Obst. 290

Trollmann Ignaz, FML. 42, 46, 49, 52, 57, 61, 62, 63, 69, 76, 77 Trupkovic Heinrich, Mjr.

472, 481

U

Urbański v. Ostrymiecz August, GM. 469, 538, 632, 634, 635, 636, 651 Uzelac Emil, Obst. 101

V

Verdross Edl. v. Droßberg Ignaz, FML. 257, 261, 319

Vesovič N., monten. Gen. 711

Vonbank Heinrich, Obst.

207, 212 Vuchetich Lukas v., GM. 42

Vukotič Janko, monten. Ser-dar 55, 58

w

Wach Alois, Obstlt. 260,262 Wadbolskij Nikolaus Pe-trowitsch Fürst, russ. Gen. 541, 543 Waldstätten Alfred Freih. v., Obst. 257, 348, 563, 597

Wasserthal Ritt. v. Zuccari Alexander, GM 163 Wasserthal Ritt. v. Zuccari Konstantin, Obst. 160 Watterich v.Watterichsburg Friedrich, Obst. 602 Weber Edl. v. Webenau Viktor, FML. 44,    45,

52, Generalgouverneur in I Cetinje 116

Weiss-Tihany v. Main-prugg Franz Ritt., GM. 433

Wernitz Theodor v., preuß.

GLt. 577, 624, 625, 659 Werz Emanuel, GM. 12, 20 Wilhelm II. 172, 563 Wilhelm Fürst von Albanien, Prinz zu Wied 78 Willerding Rudolf Ritt, v., GM. 379, 380, 415, 554 Winkler Artur, FML. 480, 525

Wossala Ernst, GM. 273,

291, 292 Woyna Wilhelm v., preuß.

GM. 575, 576, 577, 625, Woyrsch Remus v., preuß. GO. 478, 500, 572, 573,

574, 577, 579, 585. 624, 625, 659

z

Zdarsky Mathias, Alpinist

161

Zechbauer Joseph, Obst.

272, 273, 292 Zeidler Erwin, GM. 164,

165

Zeynek Theodor Ritt, v., Obst. 424, 429, 434,

450, 459, 563 Zhuber v. Okrog Alexander, Obst. 35, 43, 44, 46, 49, 50, 51, 53, 54,

57, 66, 213 Zietlow Konrad, preuß.

GLt. 617 Ziller Karl, Obst. 180, 195 Zloch Viktorin, Obstlt. 66,

69, 71, 73, 77 Zoellner Eugen, bayr. GM. 577, 625


Verzeichnis d

Truppenverbände

I: Korps

I.    267, 268, 305, 309. 310, 333, 335, 336, 343, 344,

345, 347, 348, 516, 642, 672

er öst.-ung.

492, 497, 498, 500, 501, 503, 504, 529, 534, 540, 580, 581, 582, 583, 584,

585, 587, 588, 611, 612

III. („Eisernes“) 162, 166, 167, 168, 172, 173, 176,

179, 184, 194, 195, 196, 197, 218, 224, 225, 227, 228, 230, 253, 254, 256,

257, 262, 267, 269, 270, 273, 274, 277, 278, 279,

280,    281,    282,    283,    285,

286,    287,    288,    291,    298,

299,    305,    307,    310,    312,

314,    323,    327,    329,    331,

333,    337,    345,    347,    352,

353,    354,    355,    669,    672,

674,    675,    678,    679,    680,

681,    682,    686,    687,    688

IV.    235, 370, 379, 416,

462, 632, 654, 656

V.    379, 472, 510, 654. 656


VI.    11, 12, 13, 14, 15,

20, 29, 420, 427, 429, 430, 431, 433, 434, 435,

451, 452, 453, 460, 461,

462, 463, 466, 553, 554,

600, 601, 650

VII.    163, 168, 191, 192,

301, 302, 698, 699, 703,

705

VIII.    33, 34, 35, 38, 39,

40, 41, 54, 55, 62, 63, 173, 176, 178, 179, 184, 196, 197, 227, 228, 229, 253, 254, 255, 256, 257,

258, 260, 263, 265, 266,

267, 268, 269, 270, 293, 294, 296, 298, 306, 307,

308, 309, 310, 317, 321,

324, 326, 343, 352, 559, 566, 567, 595, 596, 597, 607, 608, 617, 618, 619,

622, 640, 641, 642, 644, 647, 649, 670

IX.    370, 416, 454, 462,

509, 600, 601

X.    244,    372,    376,    377,

378, 385, 386, 389, 390, 391, 393, 397, 398, 399,

400, 401, 402, 403, 404,

405, 406, 407, 408, 409, 412, 413, 414, 468, 472, 473, 474, 482, 495, 496,

503, 526, 527, 528, 533,

539, 545, 627, 628

XI.    7, 8, 9, 10, 14, 15,

17, 18, 19, 20, 22, 23,

24, 29, 30, 244, 368,

369, 423, 424, 443, 446,

447, 448, 457, 505, 508,

512, 513, 514, 548, 551,

558, 561, 567, 594, 604, 605, 606, 607, 618, 619, 621, 622, 638, 639, 640, 641, 646

XII.    105, 139, 311, 478,

572, 573, 574, 575, 576, 577, 604, 624, 625, 626, 663

XIII.    7, 10, 11, 14, 20, 368, 369, 417, 420, 426,

428, 429, 430, 431, 432,

433, 434, 448, 451, 452, 454, 455. 460, 461, 465,

511, 513, 557, 567, 596, 599, 600, 601, 649, 650

XIV.    173, 692

XV.    156, 160, 161, 162, 163, 187, 189, 190, 213, 215

XVI.    162, 163, 168, 173, 184, 191, 215, 303, 699, 706

XVII.    176, 178, 179, 217,

220, 253, 267, 271, 272, 273, 274, 277, 279, 291,

292, 347, 669, 671, 672, 674, 675, 679, 686

XVIII.    234, 372, 380, 394,

470, 471, 479, 480, 491,

493, 510, 524, 542, 602,

630, 631, 635, 636, 637, 651, 654, 655, 656

XIX.    35, 43, 46, 49, 52, 54, 55, 57, 58, 61, 62, 63, 66, 76, 77, 78, 79, 245, 710, 713

XX.    173, 176, 179, 184, 196, 197, 207, 225, 227, 228, 230, 253, 254, 255, 256, 257, 259, 260, 261,

262, 266, 267, 268, 269,

270, 274, 277, 279, 287, 296, 297, 298, 299, 305, 306, 307, 308, 309, 318,

319, 322, 323, 325, 326,

327, 342, 343, 345, 348,

352,    353, 354, 355, 563, 667, 670, 672, 677, 678,

683, 684

XXL 267, 268, 294, 306,

308, 309, 310, 317, 321,

353,    670, 672

Gruppe (Korps) Benigni 7,

10, 18, 368, 369. 370,

419, 420, 421, 422, 423, 425, 426, 428, 429, 430,

433, 440, 441, 443, 444,

445, 446, 447, 448, 449, 450, 455, 457, 458, 459, 465, 467, 505, 509, 513, 514, 517, 553, 557, 558,

564, 566, 567

Korps Fath 233, 245, 389,

391, 392, 395, 406, 475,

476, 484, 490, 497, 498,

499, 500, 501, 504, 529,

534, 540, 541, 578, 579, 580, 581, 582, 583, 585,

586, 587, 589, 590, 612,

613, 659

Gruppe (Korps) Hadfy 7,

10,    12,    22,    23,    369,

423, 424, 427, 429, 432,

443, 446, 447, 448, 449, 450, 455, 457, 458, 459,

467, 505, 509, 513, 517, 556, 560, 561, 562, 565,

566, 567, 595, 596, 598, 607, 622, 642, 649 Korps Hofmann 11,    12,

370, 452, 454, 461, 462,

463, 553, 554, 600, 601 Gruppe Kosak 372, 470,

471, 472, 479, 480, 491,

493, 510, 554, 602, 615, 632, 635, 654, 656, 657 Gruppe Šnjarič 550, 560, 561, 565, 567, 596, 597, 598, 599, 607, 622, 640, 641, 642 Korps Szurmay 234, 244,

372,    373, 377, 388, 389,

390,    391, 393, 397, 401,

402, 403, 405, 406, 408, 414, 468, 473, 474, 481, 482, 492, 495, 526, 527,

545, 627, 628

KavKorps Brudermann

446, 447, 457, 459, 506,

507, 508, 512, 513, 514,

548, 549, 556, 559, 560, 561, 562, 594, 595, 597, 598, 603, 606, 607, 608,

620, 621, 622, 638, 639,

641, 646 KavKorps Hauer 233, 245, 392, 394, 406, 409,

475, 497, 498, 501, 504,

525,    530, 534, 540, 546,

579, 580, 582, 586, 587,

588, 589, 591, 610, 611,

613, 626

KavKorps Lehmann 18, 20 KavKorps Ostexmuth, bzw. Leonhardi 481, 489, 491, 492,    494,    495,    501,    525,

526,    531,    532,    538,    543,

593

II: K. u. k. Infanterie-, k. k. Schützen (Lst.)-und k. u. Honvéd-Divisionen

1.    157, 190, 303

2.    234,    370,    371,    372,

373,    375,    377,    378,    382,

383,    384,    385,    387,    388,

391,    410,    411,    473,    474,

482,    492,    527,    528,    533,

540,    545,    592


3. 2

1, 1

73,

184,

194,

234,

254,

256,

257,

260,

262,

296,

297,

316,

320,

324,

325,

326,

354,

373,

404,

670.

672.

, 684,

722

4. 3'

75, 2

!76,

377,

378,

382,

399,

409,

410,

475,

476,

4S3,

498,

499,

500,

504,

529,

534,

580,

581,

582,

584,

587,

588,

590,

659

5. 2:

55, 368,

369,

424,

441,

448,

449,

549,

556,

557,

559,

560,

561,

604,

607,

608,

617,

618,

619,

641,

645,

649

6. 162, 163,

167,

168.

173,

176,

184,

227,

267,

282,

287,

290,

309.

310,

312,

32S,

329,

333,

335,

337,

338,

672,

674,

680,

681,

682,

689

7. 234, 244,

371,

373,

375,

378,

382,

385,

389,

390,

391,

392,

393,

397,

402,

408,

410,

412,

469,

470,

471,

479,

481,

489,

491,

494,

495,

502,

526,

529,

530,

531,

532,

538,

542,

544,

593,

629,

630,

631,

632,

635,

636,

637

8. (KJD.) :

173,

184,

195,

254,

256,

257,

260,

266,

296,

297,

316,

319,

320,

324,

326,

327,

342,

672,

684

9. 163, 168,

184,

192,

213,

305,

307,

322,

347,

515,

516,

672,

674,

676,

705,

706,

708

10. 184, 195,

234,

330,

347,

515,

516,

672,

686,

689

11. 21.

, 22,

25,

184,

234,

235,

242,

244,

245,

371,

372,

376,

383,

386,

390,

391,

396,

397,

400,

402,

405,

409,

410,

412,

474,

482,

492,

527,

528,

533,

539,

540,

545,

592,

615,

628

12. 7,

12,

14,

19,

20,

429,

431,

434,

435,

451,

452,

453,

454,

600,

601,

616,

617,

650

13. Sch

). 235, :

243,

244,

245,

369,

372,

383,

385,

387,

393,

395,

396,

401,

404,    405,    409,    410,    411,

420,    472,    473,    474,    482,

492,    496,    527,    528,    533,

539,    540,    545,    592,    614

14.    510,    521

15.    10,    242,    368,    369,

418,    426,    427,    428,    429,

430,    431,    432,    433.    434,

448,    465,    562,    599,    600

16.    478,    572,    573,    574,

576, 624

17.    165,    168,    214,    301,

302,    303,    697,    699,    705

18.    136,    162,    167,    168.

172,    173,    184,    185,    194,

195,    217,    218,    219,    220,

221,    222,    223,    227,    228,

253,    271,    273,    291,    292,

352, 672

19.    379,    380,    415,    416,

462

20.    H. 165, 168, 214, 303, 699, 705

21.    Sch.    18, 21, 22,    25.

241, 432, 446, 448, 550,

559, 567, 595. 596, 645

22.    Sch.    162,    167,    168,

173,    176, 184, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284, 287, 288, 290, 309, 311, 312, 313, 328, 329, 337, 338, 345, 672, 674, 680, 681, 682, 689

24.    18, 20, 24, 369, 446,

447, 448, 449, 450, 465,

506, 508, 512, 513, 549, 556, 557, 559, 560, 561,

564, 566, 595, 597, 598,

604, 607, 617, 618. 644, 649, 650, 658, 662

25.    234,    235,    372,    378,

380, 381, 387, 394, 416,

471, 479, 480, 491, 501,

542, 602, 653, 654-, 655, 656, 657

26.    Sch.    406,    476,    483,

580, 581, 583, 585, 586, 587, 589, 590, 611, 612,

614

27.    470,511,521,602,654, 656

28.    162, 167, 168, 173, 176, 184, 277, 278, 279, 280,

282, 283, 286, 287, 288,

290, 309, 312, 314, 318, 322, 323, 327, 329, 330,

331, 335, 336,' 337, 338, 344, 345, 346, 354, 672, 674, 675, 677, 689 29. 235, 244, 379, 393,

405, 417, 438, 439, 475,

476,

483,

489, 490,

492,

497, 498, 502, 503,

529,

531,

533,

534,

540,

545,

592,

658,

659

30. 235, 2

!69,

420,

425.

441, 443,

444,

445,

447,

448, 449, 465,

549,

556,

559, 560,

562,

564,

565,

566,

567,

595,

596,

598,

604,

645,

649

31. 25, 510, .

521

32. 25, 234,

379,

380,

415,

416,

454,

462,

554,

601

33. 509, 510,

521,

632,

636,

651,

652,

656,

657,

659

34. 172, 184,

213,

234,

308,

309,

322,

323,

329,

330,

331,

335,

336,

337,

338,

344,

345,

346,

516,

604,

621,

622,

639,

640,

641,

645,

646,

649,

670,

672, 677,

686

35. 572, 573,

574,

575,

576,

577,

624

36. 14, 235, :

369,

420,

428,

429,

430,

431,

451,

434,

435,

445,

448,

465,

549,

550,

565,

597,

599,

600

37. H.

21,

371,

372,

375,

377,

378,

382,

384,

386,

391,

393,

395,

396,

398,

399,

401, 404,

405,

406,

408,

409,

410,

472.

473,

474,

482,

492,

495,

496,

503,

527,

528,

529,

533,

539,

540,

545

38. H.

12,

13, 14, 18

. 20,

234,

235,

244,

379,

398,

428,

451,

454,

462,

600

39. H.

11,

12,

13,

20,

434,

435,

452,

453,

454,

461,

462,

463,

465,

509,

554,

600,

650

40. H.

18,

23,

24,

369,

446,

447,

457,

458,

506,

508,

512,

513,

548,

549,

551,

552,

556,

558,

561,

605,

606,

607,

619,

641


41. H.

21,

377,

382,

391,

399,

400,

401,

410,

475,

476, 483,

493,

498,

503,

504, 529,

534,

540,

546,

581,

584,

587,

590,

611

42. H.

7,

8, IC

, 16,

17,

18,

23,

29,

368,

369,

419, 420, 421, 422,

424,

425, 426, 440,

441,

442,

443,

444,

465,

445,

446,

448,

449,

549,

559,

560,

565,

567,

596,

604,

645

43. Sch

• 12,

184,

195, 207,

234,

330,

335,

336,

344,

345,

346,

515,

516,

672,

677,

686,

705,

706

44. Sch. 156,

157,

160,

161,

184,

195,

268,

306,

307,

309,

324,

325,

326,

330,

331,

332,

336,

345,

347,

516,

518,

520,

548,

552,

557,

559,

560,

564,

565,

597,

566,

567,

595,

596,

598,

603,

604,

645,

649,

667,

670

45. Sch. 235,

245,

388,

476, 483,

500,

580,

587,

581,

582,

583,

585,

589,

590, 610, 612

46. Sch. 185,

234,

235,

372,

394,

397,

479,

402,

469,

470, 471,

480,

481,

491, 494, 495,

501,

502,

524, 532,

538,

542,

544,

592,

593,

632,

602,

629,

630,

631,

634,

635,

636,

637,

651,

652,

653,

656,

659

47. 43,

44,

46, 49, 50, 52,

53,

54, 56, 61, 66,

67,

68

48. 136, 159,

173,

178,

184,

194,

195, 212,

227,

228, 253,

258, 261,

264,

267,

268,

293, 294,

295,

310,

321,

322,

341,

347,

352, 450, 455, 459,

460,

502,

506,

509,

515,

517,

525,

526,

529,

531,

532,

538,

542,

543,

544,

593,

594, 614,

628,

629,

630,

631,

632,

634,

635,

636,

637,

655, 659,

706

50. 303

51. H.

7,

8, 16, 17,

18,

19,

23,

369,

422,

423,

424,

425, 426,

430,

440,

442,

443,

445,

448,

449,

465, 549, 556, 559, 560,

561, 564, 567, 595, 604, 619, 640, 649

53.    33, 39, 54, 57, 233,

406, 476, 498, 499, 579,

580, 582, 583, 585, 586,

587, 589, 590, 610, 612,

613

54.    616

57.    33, 34, 35, 36, 38, 42, 54, 58, 61, 62, 63,

173, 184, 194, 195, 255,

258,    261, 268, 293, 296, 317, 321, 672, 677, 678, 686, 687, 689, 691, 692

58.    162, 165, 166

59.    33, 36, 39, 41. 54,

57, 61, 62, 63, 77, 173,

• 184, 194, 255, 257, 258,

259,    261, 268, 293, 296, 317, 320, 516, 518, 520, 552, 559, 565, 566, 567, 595, 597, 603, 604, 607,

617, 618, 619, 640, 645, 649, 667, 672

61.    168, 214, 311, 330,

341, 439, 470, 480, 481, 489, 491, 494, 495, 4-99,

501, 502, 515, 524, 525,

526, 532, 538, 543, 544,

592, 593, 594, 614, 628, 629, 630, 631, 632, 645, 651, 661

62.    33, 34, 36, 38, 39,

40, 42, 54, 55, 57,, 61, 62, 63, 168, 184

63.    67, 69, 73, 75, 76, 247

70. H.    21,    232,    234,    370,

371,    372,    373,    374,    375,

377,    378,    382,    384,    385,

386,    387,    388,    390,    391,

393,    397,    400,    402,    408,

410,    411,    412,    474,    482,

492,    495,    496,    503,    527,

528,    533,    539,    545,    592,

615

90. 291

92. 160, 213, 706, 708

94. 192, 213, 707

106. Lst. 91, 162, 168, 192,

214,    302,    644,    650,    652,

654,    655,    656,    657,    697,

698,    704,    705

KSchD. 195, 217, 218, 219,

268, 294, 295, 306, 321, 671, 672, 673, 686

Komb. ID. Pustertal 207,

208, 694

Grupp,

e Braun 35, 36,

, 43,

44,

51, 57, 58, 62

Grupp,

e Guseck

672,

677

Grupp,

e Sorsich 44, 49

, 50,

61

III: K. u

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1.

580, 582, 586,

588,

610,

611

2.

18,

20,

235,

428,

429,

432,

433,

434,

451,

465,

599

3.

235, 368, 369,

419,

420,

421,

423,

425,

426,

433,

444,

445,

446,

465,

507,

549,

551,

556,

557,

559,

560,

594,

606,

607,

620,

639,

640,

646,

647,

648

4.

18,

235,

245,

372,

407,

470,

471,

472,

480,

481,

489,

491,

494,

495,

502,

524,

525,

538,

544,

593,

614,

630

5.

H.

7, 17

^3

422,

423,

424,

433,

440,

441,

442,

443,

446,

448,

457,

550,

567,

595,

645,

649

6.

10,

13,

14,

22,

241,

433,

448,

550,

567,

595,

645

7.

18,

25,

381,

470,

472,

473,

480,

481,

489,

491,

494,

495,

502,

525,

538,

544,

593,

614,

628,

629

8.

422,

423,

424,

425,

433,

440,

442,

443,

446,

465,

508,

512,

549,

556,

557,

559,

560,

561,

566,

594,

595,

597,

598,

606,

618,

619,

620,

638,

639,

640,

641,

646

9.

525,

580,

582,

586,

588,

591,

610,

611

10. 235, 244, :

245,

372,

376,

382,

384,

389,

397,

400,

401,

409,

410,

471,

472,

473,

474,

481,

482,

489,

491,

492,

494,

503,

525,

526,

527,

528,

533,

539,

545,

592,

615,

629,

630

li

L H.

394,

579,

580,

582,

583,

585,

586,

588,

591,

610,

611,

613,

645,

658,

661


IV: K. u. k. Infanterie-, k. k. Schützen-, k.u.Honvédinf anterie-, k.u.k. Gebirgs-, k.u.k. Halbbrigaden

3. 384, 409

4. 371, 372, 376,

388,

389,

390, 391, 411,

412

5. 259, 684, 685

7. 406, 476, 581,

584,

588

8. 476

9. 7, 9, 13, 18

19,

23,

162, 163, 423,

424, 440,

442, 557, 561,

595,

596,

597, 649

10. 446, 447,

457,

507,

508, 512. 513,

548,

549,

550, 551, 552, 561,

,594,

605, 619

11. 312, 313,

328,

333,

334, 335

12. 290, 312,

313,

314,

328, 338, 669,

687,

688

14. 391, 469

15. 684

16. 369, 421,

422,

424,

425, 567, 649

17. 168, 192,

213,

307

18. 168, 184,

280,

286,

288, 289, 290,

311,

312,

313, 314, 328,

338,

■ 680

19. 234, 371,

373,

384,

390, 393, 395,

401,

404,

408, 409, 411

20. 184, 348,

516,

672,

682, 688, 689

21. 184, 234,

348,

516,

672, 677

22. 242, 371,

376,

412

25. Sch. 372, 376

, 383, 384,

396, 411, 527,

529,

614

26. Sch. 376, 382,

383,

527,

592, 614

31. 574, 575,

576

32. 574, 575,

576,

624

33. 699, 702

40. H. 476

43. Sch. 168, 184, 280, 285,

286, 288, 290,

312,

313,

328, 674, 680,

681,

682

44. Sch. 325, 326, 345,

552,

558

49. 655, 656,

657

50. 654, 655

51. Sch. 409, 580

52. Sch. 497, 498, 499,

500,

580, 581, 583,

584

55.    279,    281,    286,    338,

674, 677, 679, 689

56.    207,    286,    314,    322,

681

57.    379

58.    684

60.    162,    168,    213,    307,

705

65.    636,    653

67.    322,    329,    330,    331,

639, 641, 646, 647

68.    323,    330,    331,    345,

346, 639, 640, 646, 647, 648

69.    574

70.    574

71.    469,    470

72.    369,    444,    447,    449,

567

73. H.

496

74. H.

495

75. H.

428,

430,

433,

434,

435

76. H.

13,

379,

415

78. H.

463

79. H.

369,

420,

421,

425,

428,

430,

432,

433,

513,

548,

550,

558,

567,

605,

619

80. H.

446,

508,

512,

548,

551,

607,

619

81. H.

699,

702

83. H.

567

86. Sch

. 345

87. Sch

. 325

88. KSch. 176,

202,

295

89. Sch

. 387,

392,

393,

399,

406,

438,

439,

483,

500,

503,

529,

534,

580,

581,

582,

584,

590

90. Sch

. 406,

475,

476,

580,

583,

590

91. Sch

. 634,

635,

636,

637

92. Sch

. 407,

417,

634,

635,

636, 637, 652 96. 207 98. KSch. 295

131.    12,    14,    601

132.    11,    12

179.    690

180.    257,    259,    260,    261,

326, 684

181.    176,    228,    271,    272,

273, 281, 291, 672

200.    H. 9

201.    H. 7, 8, 9, 549, 556, 557

202. H. 7, 8, 16, 17, 18, 23, 24, 424, 425, 446,

448, 508, 512, 513, 548,

549, 551, 606, 607, 618, 619, 620, 622, 639, 640, 646, 647

207.    H. 393

208.    H. 393, 396, 405

215. 567

1.Gb.    221, 271, 273, 292

2.    Gb. 41, 42, 63, 66, 68,

69, 70, 77, 184,    195,

228, 271, 273, 290, 291, 292, 310, 311, 312, 313,

328, 329, 333, 669, 672,

675, 689

3.    Gb. 158, 190, 215

5.    Gb. 699

6.    Gb. 41,    42,    63,    258,

260, 261, 263, 265, 293, 294, 295, 309, 317, 320,

326, 516, 640

8.    Gb. 157, 158, 160, 161,

184, 189, 190, 195, 228, 253, 271, 272, 273, 291,

292,    310, 313, 328, 329, 333, 672, 675, 687

9.    Gb. 36, 39, 40, 41, 42,

54, 56, 58, 61, 62, 63,

260, 261, 263, 264, 265,

293,    294, 296, 317, 321, 692

10.    Gb. 33, 35, 36, 39, 40,

41,    42, 63, 163, 258, 259, 260, 264, 265, 266, 293, 296, 317, 677, 678,

692

11.    Gb. 261, 263, 293, 544,

628, 629

12.    Gb. 261, 264, 265, 266,

293, 317, 544, 628

13.    Gb.    221,    271,    272,    273

14.    Gb.    35,    36,    42,    43,

44, 46, 49, 54, 60, 61, 62, 66, 67, 68, 70, 74, 77, 163, 245, 246, 708, 709, 710, 711

17.    Gb.    36,    39,    40,    41,

42,    57, 233

18.    Gb.    35,    36,    39,    40,

41, 42, 54, 56, 63, 258,

259, 260, 261, 263, 264,

265, 293, 294, 296, 317, 320, 326, 516, 641

21. Gb. 186, 212, 213

25.    Gb. 160, 707

26.    Gb. 160

27.    Gb. 161, 213


55. Gb. 690

57.    Gb. 160

58.    Gb. 342

59.    Gb. 706, 708

Mob. Festungsbrig. Colerus 35, 43, 44, 46, 50, 54, 62, 66 Gruppe Fässer 160 Brig. Papp 7, 10, 17, 19,

23,    24,    368,    446,    447,

457,    467,    506,    507,    508,

512,    548,    549,    550,    551,

552,    558,    567,    619

Gruppe Obst. Wasserthal 160

53. Ha. 693

V: K. k. und k. u. Landsturminfanterie-, (Gebirgs-) brigádě n

K.k. 1. 91, 381, 416, 491,

493, 494, 500, 524, 542, 602, 631, 635, 636, 654,

656

K. u. 16. Gb. 163, 168, 192 K. u. 19. Gb. 91,163, 168, 214

K. k. 20. Gb. 35, 36, 55, 62,

66, 67, 68, 69, 70, 71,

73, 74, 77 K. k. 21. Gb. 25, 33,35, 36,

43, 44, 55, 61, 168, 184,

185, 191, 213, 234, 303

22. Gb. 66, 67, 77, 160 K. u. 23. Gb. 66, 233 K.k.24. Gb. 66,    77,    186,

213, 247, 706 K. k. 26. Gb. 706 K. u.28. Gb. 247, 311, 322, 711

K. k. 110.    704,    705

K. k. 111.    302,    697,    705

K.u.127. 233 128. 233

K.k. 187.    162,    163,    168,

302, 705, 706, 708 K. k. 205.    36,    40,    53,    57,

62, 63, 91 K. k. 206.    163

K. u.209.    42,    57,    58

K. u.210.    66,    67,    68,    69,

70, 71, 74, 77 K. u. 211.    66,    67,    68,    71,

72, 74,    77

K. u. 212.    66

Gruppe Fülöpp 18, 20

Brig. v. Hausser 35, 36, 43,

44, 55

K. u. Haustein, bzw. Löbl 33, 36, 41, 42, 66 Gruppe Lörinczy 35, 43,

46, 51

Gruppe Lottspeich 35, 43,

44, 46, 48, 49, 50, 51, 54

Brig. Schiess 35, 44, 49, 50, 60, 62, 66 Gruppe Scholtz 7, 22, 446, 457, 605, 619 Brig. Schwarz 36, 40, 41,

42, 53, 58, 66 Brig. Streith 35, 44, 49,

50, 62, 66 Gruppe Törk 43, 44, 46,

49, 51, 54 Mobile Gruppe Trebinje

35, 43 Gruppe Vuchetich 42 Gruppe Zhuber 35, 43,

44, 46, 49, 50, 51, 53,

54, 57, 66

VI: Kavalleriebrigaden

4. 376, 401, 405, 409

8. 376, 389, 393, 397, 400,

405, 406, 409

11. 526, 544, 593

18. 471, 525, 526,    593,

614

20.    526

21.    407, 417, 469, -471,

473, 525, 526, 593, 630,

636, 637, 652

Brig. Beneš 381 Brig. Fluck 446, 447, 448,

550, 649 Komb. Brig. Kranz 369, 446, 450, 506, 508, 513, 549,

556, 561, 620

l.LstHusBrig. 381, 470,491, 525

VII: Feldartilleriebrigaden

6. 334

9. 307

10. 516

28. 682

VIII: K. u. k., k. k. und k. u. Fußtruppen IR. 1. 424, 441, 442, 444, 445, 449, 465, 549, 559,

560, 598

I. Baon. 1. 218, 221, 222

IR. 2. 575, 576

RIR. 2. 575, 576

IV. Baon. 3. 184

IR. 4. 480, 653, 654, 657

IV.    Baon. 4. 218, 221

IR. 5. 10, 12, 17, 18, 20, 435 IR. 6. 554

I. Baon. 6. 258 III. Baon. 7. 707 IR. 8. 409, 498, 582, 584 III. Baon. 8. 291, 292 IR. 9. 597

IR. 11. 184, 280, 286

I.    Baon. 11. 328

II.Baon.il.    289

IR. 12. 416, 509, 602, 632, 635, 636, 656 IR. 13. 446, 457, 506, 605, 619, 638, 641, 647

II.    Baon. 13. 646

IR. 14. 256, 257, 259, 260,

261, 262, 300, 325, 326,

684, 722

III.    Baon. 14. 298

V.    Baon. 14. 708

X.    MaBaon. 14    205,    206

IR. 16. 7, 8, 10, 17, 18,

19, 23, 421, 425, 560 IR. 17. 282, 338, 681, 688 IR. 18. 483

IR. 19. 632, 651, 652, 653, 655, 657 IR. 20. 434, 435, 601 IR. 21. 260, 324, 325, 684

IV.    Baon. 22. 221 IR. 24. 346

IV. Baon. 24. 271, 272

IR. 26. 632

IR. 27. 108, 328, 334

III.    Baon. 27.    674,    680

I. Baon. 27. 224, 302

IV.    Baon. 27. 338 IR. 28. 138, 706

XI.    MaBaon. 28. 139

IR. 29. 323, 331, 333, 639

RBaon. 29. 203

IR. 30. 307

IR. 33. 331, 345, 483

III.    Baon. 35. 292 IR. 36. 136

IR. 37. 402

IV.    Baon. 37. 337

3. RBaon. 37. 217, 218

IR. 38. 392

III. Baon. 38. 258


IR. 40. 383, 384, 385, 387, 393, 397, 401 IR. 42. 108. 372, 3S0, 3S1, 393, 470, 4S9, 491, 532,

53S, 630, 631, 634

IV. Baon. 42. 258, 263 IR. 44. 510 IR. 45. 598 IR. 46. 171, 215

III.    Baon. 46. 190

IR. 47. 133, 277, 278, 282, 2S6, 314, 337

I.    Baon. 47. 277, 278

II.    Baon. 47. 337

IV.    Baon. 47. 322, 323

I.    Baon. 48. 264

IR. 49. 498, 582, 584

III.    Baon. 49. 296

IR. 50. 7, 17, 19, 23, 24, 1S4, 203, 204, 257. 260,

261, 300, 325, 684

II.    Baon. 50. '325

IV.    Baon. 50. 258 IR. 51. 577

I.    Baon. 51. 271 IR. 52. 222

II.    Baon. 52. 165 IR. 53. 423, 424, 425

IR. 54. 423, 425, 549, 559 IR. 55. 687, 689 IR. 56. 434, 435, 616 IR. 57. 7, 12, 13, 20, 616

III.    Baon. 57. 707

IR. 58. 385, 386, 388, 389, 393, 396, 400, 411 IR. 59. 256, 257, 259. 260,

261, 262, 674, 684, 686, 722

X. MaBaon. 59.    205, 206,

322, 323, 330, 331, 332

II.    Baon. 60. 263, 317

I.    Baon. 63. 218, 221, 222 IR. 64. 576

III.    Baon. 64. 221, 222 IR. 68. 526

III. Baon. 69. 165 IR.70. 681

II.    Baon. 70. 290, 291

II. Baon. 72. 156

IR. 73. 184, 280, 282, 286,

289, 311, 312, 328

II.    Baon. 73. 688

III.    Baon. 73. 286 IR. 74. 381, 483, 489

IR. 76. 472, 510, 511, 602, 632, 637, 651, 652

III. Baon. 76. 290, 291 IR. 79. 402

IR. 80.

191,

307

IV. Baon.81

. 259

IR. 82.

371,

373,

383.

384,

385,

387,

528

IR. 83.

511,

602,

633.

635,

636,

652

IR. 84.

381,

416,

654.

655,

656,

657

II. Baon. 84.

380

IV. Baon. 84

. 296

V. Baon. 84.

380

VI. Baon. 84,

. 380

IR. 85.

289,

470,

479,

491,

493,

511,

602,

654

IR. 87.

280,

282,

337

III. Baon. 87

. 28C

1, 282

IR. 89.

371,

373,

385,

389,

390,

393,

400

IR. 90.

371,

373,

385,

390,

393,

400,

628

IR. 91.

307,

705

I. Baon

.91.

160

IV. Baon. 91.

. 192

IR. 92.

266,

489

II. Baon. 92.

317

IR. 93.

19, 22, 23

. 24,

423,

424,

425,

549,

559,

598

I. Baon

.93. :

265

IR. 94.

483,

489,

592

IR. 95.

383,

386,

389.

390,

393,

411,

629

IR. 96.

279,

280,

283

III. Baon. 96

. 706

IV. Baon.96

. 184

IR. 97.

23,

369,

421,

425,

567,

597,

649

IR. 99.

406,

409,

476,

483,

498,

499,

503,

504,

584

IR.101

. 322, 323,

330,

333,

336,

338,

346,

639

II. Baon. 101

. 291

, 292

IR.102

. 307, 705,

706,

708

I. Baon

. 102.

271

IR. Trupkovič 472, 481

KJR. 1.

138, 259,

260,

263,

297,

319,

320,

326,

342,

684

II.    Baon. KJR. 1. 319, 320

III.    Baon. KJR. 1. 319

KJR. 2.    259,    260,    261,

320, 326, 684

II. Baon. KJR. 2. 209, 210,

211

KJR. 3.    256, 257, 259,

260, 262, 297, 320, 684 KJR. 4.    260,    319,    326,

342, 684

I.    Baon. KJR. 4. 319 KJStreifkomp. 4. 203 KJStreifkomp. 6. 155 Alpines Detachement III.

695 FJB.1. 422 FJB. 2. 213 FJB. 4. 384, 387 FJB. 7. 277, 278, 286, 338, 688

FJB. 8.    192, 193

FJB. 9.    338, 688

FJB. 10. 651, 653 FJB. 11.    184,    282,    288,

314, 337, 338 FJB. 13. 369, 420, 442 FJB.14. 422 FJB. 15. 259, 264 FJB. 16. 422 FJB. 18. 422, 595 FJB. 20. 160 FJB. 22. 184, 282, 338 FJB. 23. 331, 336 FJB. 24. 282, 314, 337 FJB. 25. 651, 653 FJB. 27. 7, 17, 422 FJB. 28.    331,    336

FJB. 29.    371,    384,    387,

528

FJB. 31.    631,    634

RdfBaon.    Schönner.    217,

219, 221, 222, 691, 692

V. Baon bh. IR. 1. 212 bh. IR. 2. 328, 329, 334

V. Baon. bh. IR. 2. 212, 304

III. Baon. bh. IR. 3.    258

bh. IR. 4. 160, 184, 216

III. Baon. bh. IR. 4.    221

bh. FJB. 3. 212 bh. FJB. 6. 189 bh. FJB. 8.    290,    291

FsJBaon. 6. 184 GrzJKomp. 1. 247 GrzJKomp. 3. 75 GrzJKomp. 4. 247 SchR. 1. 387, 402, 404

II.    Baon. SchR. 1.    384

SchR. 2. 336, 597 SchR. 3. 280, 290, 682

I.    Baon. SchR. 3. 286, 283, 289

II.    Baon. SchR. 3. 286, 288

III.    Baon. SchR. 3. 280,286,

288

SchR. 5. 369,    423,    424,

425, 429, 432, 433, 549, 562

II. Baon. SchR. 5. 212


SchR. 11. 499, 580, 581, 584

SchR. 13. 630, 634 SchR. 14.    382,    383,    384

SchR. 16. 380, 381, 479,

631, 635 SchR. 19. 453, 461, 554 SchR. 20. 336, 338 SchR. 21. 325, 597 SchR. 22. 336, 346 SchR. 24. 629, 631 SchR. 25. 383, 384 SchR. 26. 282, 285, 286,

287,    290,    679,    682

I.    Baon. SchR. 26. 286, 289

II.    Baon. SchR. 26. 286,

289

III.    Baon. SchR. 26. 284, 286, 289

SchR. 30. 580, 581 SchR. 31. 372 SchR. 34. 475 SchR. 36. 207, 208 SchR. 37. 191 I. Baon. SchR. 37.    165

III.    Baon. SchR. 37. 165

IV.    Baon. SchR. 37. 282

V.Baon.    SchR. 37. 212 KSchR. I. 217, 218, 219,

221, 222, 673, 683

I.    Baon. KSchR. I. 221

II.    Baon. KSchR. I. 221, 222

III.    Baon. KSchR. I. 221

IV.    Baon. KSchR. I. 202 KSchR. II. 295 KSchR. III. 207, 208

II. Baon. KSchR. III. 155 GbSchR. 1. 157, 158, 190,

325, 326, 597 I. Baon.GbSchR. 1. 331, 332

I.    Baon.GbSchR. 2. 331, 332 GbSchR. 2. 326

II.    Baon. GbSchR. 2. 332

III.    Baon. GbSchR. 2. 332 HIR. 9. 13

HIR. 11. 463 I. Baon. HIR. 13. 159 HIR. 16. 20

I. Baon. HIR. 18. 382, 384, 387

I.    Baon. HIR. 19. 619

II.    Baon. IHR. 19. 646 HIR. 20. 641

HIR. 21. 20 HIR. 22. 20 HIR. 24. 20

HIR. 26. 18, 19, 22, 420, 423, 424, 425

IV. Baon. HIR. 26. 442 HIR. 27. 422 HIR. 28. 422 HIR. 31. 504 HIR. 300. 598 HIR. 301. 9

HIR. 302. 9, 430, 433, 649 HIR. 305.    17, 422, 423,

425, 442, 465 HIR. 309. 554 HIR. 310. 453 HIR. 312. 388, 389 HIR. 313. 388 HIR. 314. 388 HIR. 315. 388, 389 HIR. Obstlt. Bozó. 425,513 K. k. LstlR. 1. 380, 657

IV. Baon. k. k. LstlR. 2. 208 K. k. LstlR. 6. 302, 697

IV. Baon. k. k. LstlR. 10.

159

K. k. LstlR. 11.    168,    185,

191, 697, 706 K.k. LstlR. 22.    636,    653

K. k. LstlR. 25. 697 K. k. LstlR. 26. 160, 706 K.k. LstlR. 27.    191,    705.

706

K. k. LstlR. 32.    657

IV. Baon. k. k. LstlR. 34.

159

IV. Baon. k. k. LstlR. 39.

213

K. k. LstlR. 409. 40 K. k. LstlBaon. 6.    53,213

K. k.LstlBaon. 10. 706 K. k. LstlBaon. 30. 302 K. k. LstlBaon. 41. 160,216 K. k. LstlBaon. 75. 191 K. k. LstlBaon. 83. 213 K. k. LstlBaon. 149. 706 K. k. LstlBaon. 150. 506,

513, 548, 550, 552, 646,

706

K. k. LstlBaon. 152. 302 K. k. LstlBaon. 153. 506,

513, 549, 556, 706 K. k. LstlBaon. 159. 693 K. k. LstlBaon. 160. 206 K. k. LstlBaon. 161. 205 K. k. LstlBaon. 162. 211 K. k. LstlBaon. 164. 206, 217

K. k. LstlBaon. 165. 304 K. k. LstlBaon. 171. 208 K. u. LstlR. 2. 184, 191, 213

V. Baon. k. u. LstlR. 2. 247, 311

K. u. LstlR. 6. 40

I.    Baon. k. u. LstlR. 7. 159

IV. Baon. k.u.LstlR. 8. 513,

548, 552, 558 K. u. LstlR. 10. 562

VII.    Baon. k. u. LstlR. 17. 213

VIII.    Baon. k. u. LstlR. 17. 247, 311

VIII. Baon. k. u. LstlR. 19.

247, 311 K. u. LstlR. 20. 567

III.    Baon. k. u. LstlR. 20. 247, 311

IV.    Baon. k. u. LstlR. 23.

311

III. Baon. k. u. LstlR. 25. 247, 311

II.    Baon. k. u. LstlR. 30.

311

III.    Baon. k. u. LstlR. 30. 311

I.    Baon. k. u. LstlR. 33. 513,

548, 552, 558

II.    Baon. k. u. LstlR. 33.

513, 548, 552, 558

K. u. LstlR. 34. 575 K. u. LstlR. Békési. 567 Detachement Russ    420,

619, 641, 646, 647 IX:    K.u.k.,    k.k.,    k.u.

Kavallerie DR. 3. 640, 648 DR. 4. 581, 583 DR. 5. 427

5. Schwd. DR. 6. 212 DR. 11. 241, 427 HR. 1. 507, 640 HR. 4. 504, 534, 580 HR. 7. 585 UR. 4. 425, 640 UR. 7. 640 RSchwd. UR. 12. 307 Reit. SchR. 6.    442

KavSchD. 1/2.    433

KavSchD. II/2.    433

KavSchD. III/2. 433 KavSchD. 1/3.    648

KavSchD. III/3. 648 KavSchD. 1/7.    491,    494,

525

KavSchD. II/7.    491,    494,

525    ■

KavSchD. II/8.    442

KavSchD. 10. 401 K. u. KavSchD. 12. 491, 494


X: K.u.k, und k. u. Artille r i e FKnR. 9. 307 FHR. 9. 307 RHFHR. 70. 38S sFAR. 9. 307

1. KnBt. GbAR. 1. 286 GbAR. 2. 263

4.    KnBt. GbAR. 4. 28S

6. KnBt. GbAR. 5. 247, 311 3. KnBt. GbAR. 6. 247,311 3. KnBt. GbAR. 9. 2S8

6. KnBt. GbAR. 12. 213

1. KnBt. GbAR. 21. 213 FsABaon. 1.211

XI: Techn. Truppen

5.    Komp. SBaon. 2. 307 SBaon. S. 241 SBaon. 12. 241 SSpezBaon. 700

XII: Sonstige

Militärkommando Hermannstadt 551, 622, 645

II. Baon. Frw. Kärntner SchR. 706 Öberösterreichisches

FrwSchR. 217, 218, 221,

271, 291, 679 Polnische Legion 92, 541, 579, 582, 583, 585, 5S6,

589, 591, 612, 614

1.    Brig. d. Poln. Leeion.

579, 583

2.    Brig. d. Poln. Legion.

235, 245, 534

3.    Brig. d. Poln. Legion.

579, 583, 586, 588

Rum. FrwBaon. 550 Frw. Salzburger SchB. 706 StSchAbtlg. Bludenz. 217, 221

StSchAbtlg. Enneberg. 211 StSchAbtlg. Kaltem. 217, 221

StSchAbtlg. Meran II. 217, 221

StSchAbtlg. Rattenberg.

217, 221 StSchAbtlg. Reutte II. 217, 221

StSchAbtlg. Silz. 208 StSchAbtlg. Zillertal. 217, 221

Flottenabtlg. in den Bocche.

33, 48, 72

5. Schiffsdivision 43,    44,

47, 58, 74 Kreuzer „Aspern“ 50 Kreuzer „Helgoland“ 37 U-Bottflottille Mittelmeer 709


Verzeichnis de

deutschen Truppenverbande

I: Armeekorps

VI. 477

X. 438, 439, 477, 481,

4S2, 489, 531, 533, 545,

546, 579, 591, 614, 621,

658, 659 AlpenJvorps 233, 644 Beskidenkorps 625 Karpathenkorps 644, 645,

646, 647, 649 Gruppe (Korps) Bernhardi

397, 399, 405, 409, 468,

473, 474, 477, 489, 490, 497, 524, 542, 546, 578,

588,    611, 613 Gruppe (Korps) Eugen

Falkenhayn 502,    524,

525, 528, 530, 531, 532, 544, 593, 594. 631, 632,

637, 652 Gruppe Gronau 394, 477,

484, 490, 497, 500, 501,

504, 530, 573, 586, 588,

589,    591, 614, 625. 626 Gruppe Kraewel 565, 566,

567, 595, 596, 598, 604, 607, 622, 642 Korps Marschall 234 XXII. R. 501

XXIV.    R. 233

XXV.    R. 573, 575 XXXXI. R. 387

1*

LKorps. 478,    573,    576,

577, 625, 626

II: Infanterie-, Kavalleriedivisionen

3. preuß. G. 22, 234

1.1.    21, 233

19.    1. 439, 482, 497, 529,

533, 540, 591, 592

20.    I. 439, 482, 496, 503,

527, 528, 529, 533, 534,

540, 545, 591

22. I. 21, 233, 524, 529,

530,    531, 532, 538, 542,

544, 592, 593, 628, 630,

631, 632, 636, 637, 652,

655, 657, 659

86.1.    577, 624, 625, 659 105. I. 450, 455, 459, 460,

463, 506, 509, 554, 557,

562, 565, 567, 595, 603,

618, 645

107.    I. 468, 475, 477, 524,

529, 531, 534, 540, 546,

584, 588, 590, 611, 612

108.    I. 405, 438, 475, 483,

489, 492, 497, 529, 530,

531,    532, 533, 538, 542,

543, 544, 592, 593. 611,

613, 629, 631, 632, 637

119.1.

554,

559,

562,

565,

567,

595,

596,

603,

645

121. I.

625,

658,

659

201. I.

„Danzig“

625

11. bayr. I.

439,

468,

490,

501,

503,

517,

519,

529,

531,

534,

540,

546,

579,

580,

581,

582,

584,

585,

587,

588,

590,

612

Komb. Clausius 611, 613

Komb. Smekal, bzw. Rusche

388,

394,

395,

396,

397,

398,

399, 409,

410,

475,

412,

413,

439, 468,

476,

477,

483,

490,

492,

493,

497,

498,

501,

529,

531,

534,

540,

546,

584,

588,

590,

612,

658

1. R. 554,

567,

600,

601,

604,

616,

617,

644,

650

5. R. 573,

575,

576,

577,

604,

625

43. R.

490,

501,

502,

517,

519, 524,

525,

526,

531,

532,

538,

543,

544,

592,

593,

594,

614,

628,

630,

631,

635,

637

48. R.

22,

379,

415,

452,

462,

509,

553,

554,

600,

601,

616,

617

49. R.

573,

576,

577,

625

81. R.

408,

500,

505


82. R. 500, 588, 589

3.    L. 576

4.    L. 478

10. L. 650, 657, 658, 659 9. Kav.    489,    492,    495,    496,

501,    502,    524,    525,    532,

538,    543,    544,    545,    592,

593,    611,    613,    614,    626

Bayr. Kav. 591, 610, 611

III: Infanterie-, Kavalleriebrigaden

37. 579, 585, 587, 589,

591, 611, 612, 613. 658,

659

209. 618

2. Jg. 644

Brig. Biss 394, 397, 399, 438

Brig. Jachmann 392, 393,

397, 399, 405, 406, 408, 474

9. R. 573, 574

175. L. 611

9. Lst. 644

2. preuß. GKav. 394, 409,

473, 489, 492, 496, 593,

614, 628

41. Kav. 611

4. bayr. Kav. 591

Kav. Könneritz 482, 489, 492

IV: Fußtruppen

IR. 129. 557, 559, 561, 595, 607, 618 Komb. bayr. IR. Großmann 582, 584, 585 RIR. 3. 601, 616 RIR. 223. 453 RIR.268. 408 Preuß. RJB. 15.    554

LIR. 19. 574 LIR. 37. 574


Verzeichnis der bulgarischen Truppenverbände

Infanteriedivisionen

3. 35, 37, 38, 54

8. 37, 54

Verzeichnis der türkischen Truppenverbände

Korps

XV. 621

DRUCKFEHLERVERZEICHNIS

5.    Zeile    von    unten:    82. ID.    statt    82.    RD.

Seite

5, 10,

17,

18, 23, 75, 90,

135,

217,

221,

236.

237, 276, 280, 313, 320, 367,

367,

375,

376, 376, 385, 392, 402, 422, 433, 447, 560, 636, 660, 705,

14.    ,,    „    oben:    74. ID.    statt    74.    RD.

11.    ,,    „    unten:    5.    statt    11.

3.    „    „    „    74. ID. statt 74. RD.

12.    „    „    oben:    5.    statt    11.

1.    „    „    ,,    Juriševič statt    Jurševič

9.    „    „    „    kennzeichnend    statt kennzeichen

Fußnote1), vorletzte Zeile: wiss. statt will.

9. Zeile    von    oben:    Meran II statt    Meran

16.    ,,    „    „    1/63 statt 1/63

Fußnote1), 1. Zeile: Zajontschkowskij statt Zajontschkowski Fußnote 2): Zajontschkowskij statt Zajontschkowski

1.    Zeile von oben: chiglione statt chilione

„    43. statt 44.

,,    IBrig. statt GbBrig.

,,    Joseph statt Josef

„    77. ID. und der 100. RD. statt 77. und der

100. ID. unten:    RD.    statt    ID.

„    RD.    „    ID.

oben:    RD.    „    ID.

„    RD.    „    ID.

„    RD.    „    ID.

unten: Rożiszcze statt Rożyszcze oben: 46. statt 46 unten: 5. HKD. statt 5. oben: GM. statt Obst. unten: v. Kaltenborn statt Kaltenborn „ seinem statt seinen oben: v. Hordt statt Hordt unten:    Ruska statt ruska

,,    hatten statt hatte

17.

16.

6.

3.

18.

6.

3.

4.

15.

2.

13.

11.

17.

3.

13.

14.

3.

12.

Beilage 1, Kriegsgliederung: bei den Armeeunmittelbaren ist nachzutragen: 5. HKD.: FML. Freih. v. Apór

19. KBrig.: GM. v. Jóny 23. KBrig.: Obst. v. Berzeviczy 1 Baon., 20. Schwd.


1, im Befehlsbereich der 7. Armee, bei Sinkow: 8. KD. statt 6. KD.

1, im Befehlsbereich der 7. Armee, bei Dobronoutz: VoS. statt 1/&5.

1.    in der Nebenskizze „Kämpfe bei Rarancze“: 19. statt 13.

2.    Seite 32, 4. Zeile von oben: Catinelli statt Catinell

4. Tabelle 7, linke Kolonne: bei den Dragoner-, Husaren- und Ulanenregimentern sind einzusetzen: 15, bzw. 16 und 11 Reserveschwadronen. In der Summe: 425 statt 383

4. Tabelle 7, rechte Kolonne: in der vorletzten Horizontalinbrik ist zu setzen: 31 statt 11

4, Tabelle 7, rechte Kolonne: in der vorletzten Ilorizontalrubrik ist zu streichen: 31 Schwadronen

4,    Tabelle 7, rechte Kolonne: in der letzten Horizontalrubrik ist zu setzen: Schützendivisionen statt Schützenschwadronen

5,    Seite 4, 12. Zeile von unten: Kraewel statt Kraewe

n

1

)    Gruppe Traste: eine 7.5 cm-China KnBt., eine 42 cm-Hb., zwei 15 cm-HbBt., zwei 10 cm-FHbBt., zwei 15 cm-russische Kan. und die Werksartillerie von Traste im Raume Traste und Gjuraševič.

Gruppe Vermač: drei 9 cm-KnBt., drei 10 cm-KnBt., je eine 12- und 15 cm-KnBt., acht 15 cm-HbBt., eine 24 cm-MsBt., fünf 30.5 cm-AlsBt., eine 42 cm-Hb. und die Werksartillerie von Gorazda und Vermač im Raume Vermacrücken und Teodo.

Gruppe Orohovac: eine 15 cm-IIbBt., eine 24 cm-MsBt., eine 15 cm-russ. Kn. und die Werksartillerie von Sanik und Goli vrh.

Zur Artillerieaufklärung wurden die Ballonabtlg., drei Flugzeuge und Scheinwerfer zugewiesen.

2

)    Kriegsarchiv (Marinearchiv), Österreich-Ungarns Seekrieg 1914—1918, 264 ff.

3

Serb. Gstb. W., XIV, 63. — 2) Ebenda, XIV, 64.

4

3) Ebenda, XIV, 115. — *) Ebenda, XIV, 116.

5

Cadorna, Altre pagine sulla grande guerra (Mailand 1926), 149.

6

)    Vgl. Foerster, Graf Schlieffen und der Weltkrieg (2. Aufl., Berlin 1925), 185; Kuhl, Der Weltkrieg 1914/18 (Berlin 1929), 294.

7

)    Kuhl, Der Weltkrieg im Urteil unserer Feinde (Berlin 1922), 25 f.

8

)    Vgl. auch Bd. III, S. 569.

9

)    In ähnlicher Weise war auch die Erzeugung von Gewehren fortgeschritten. So hatten die Steyr-Werke ihre Monatsleistung von 22.800 (Oktober 1914) auf 74.500 (April 1916) und die ungarische Waffenfabrik von 11.000 auf 18.000 gehoben. Insgesamt lieferten bis Ende April 1916 jene 1,072.252, diese 349.758, beide zusammen 1,422.010 Gewehre, Karabiner und Stutzen. Die Reparaturleistung im Hinterlande betrug in dieser Zeit die ansehnliche Summe von 1,848.300 Gewehren (Sämtliche Daten nach einem im Kriegsarchiv erliegenden Manuskript des GM. Pflug, seinerzeitigen Artilleriereferenten beim AOK.).

10

)    Um die Jahreswende besaßen an der Südwestfront (ohne Tirol) von 202 Baj-taillonen bereits 160 eine zweite Maschinengewehrabteilung. Tirol war noch besser ausgerüstet; es verfügte bei 90 Bataillonen über 700 Maschinengewehre.

11

   Siehe Blge. 4, Tabelle 7.

12

2)    Vgl. Blge. 4, Tabelle 5. Zum Vergleich mit Kriegsbeginn dürfen die nur vorübergehend zum Kampf, im Wesen aber als Ersätze bestimmten 164 Marschbataillone nicht mitgerechnet werden. Auch bei der Beurteilung der Kampfkräfte im Frühjahr 1916 bleiben die schon in den Armeebereichen befindlichen, aber noch nicht eingesetzten Marschformationen außer Betracht.

13

)    Dem erwähnten Ausbauplane des AOK. gemäß sollte die Divisionsartillerie auf 24 Feldkanonen, 36 leichte Feldhaubitzen und je 4 schwere Feldhaubitzen und 10.4 cm-Kanonen gebracht werden. Über die gleiche Zahl schwerer Geschütze sollten die Korps für jede ihrer Divisionen verfügen.

14

)    Siehe Blge. 4, Tabelle 9.

15

) Vgl. Bd. II, S. 252 und 508; berichtigend ist hervorzuheben, daß sich das Bataillon ausschließlich aus dem alten Ergänzungsbezirk ergänzte, demnach zu 94 v. H. aus Tschechen zusammensetzte. Das Offizierskorps war allerdings zum größten Teile deutscher Zunge.

16

) Hiebei wurden 1 Offizier und 82 Mann gefangen, 4 Maschinengewehre erbeutet. Beim Angreifer fielen 1 Offizier und 4 Mann, 30 Mann wurden verwundet. Bei den Gegenangriffen und Beschießungen vom 13. bis zum 20. Februar wurden 1 Offizier und 26 Mann getötet, 3 Offiziere und 60 Mann verwundet; der Feind büßte insgesamt 18 Offiziere und 384 Mann ein.

17

) Dieses ostgalizische Schützenregiment gehörte organisatorisch zur 43. Schützendivision. Als fünftes Regiment dieser Division wurde es wiederholt von ihr abgetrennt und kam derart auch in die Dolomiten. Die Ruthenen des Regimentes vermochten sich in dem ihnen ungewohnten Hochgebirge nicht so bald zurechtzufinden.

18

) General Capello schreibt in Note di Guerra (Milano 1921), 247, hierüber:

,»Dieser Pseudoingenieur, ein echter Abenteurertyp, . . . brachte eine detaillierte Skizze mit und erklärte sich bereit, die genauesten Angaben über die ihm vollständig bekannten Vorbereitungen der Österreicher zu machen. . . . Seine moralischen Defekte mochten gewiß Verdacht erwecken; doch mußte man sich die Tatsache vor Augen halten, daß seine genauen und konkreten Informationen mit solchen anderen Ursprungs übereinstimmten.“ Außer diesem Baumeister waren auch noch drei andere Verräter übergelaufen.

19

) Der Nachfolgetruppenkörper des DR. 11 im österreichischen Bundesheere, die niederösterreichische Dragonerschwadron Nr. 3, feiert in Erinnerung an das heldenhafte Verhalten ihrer Vorfahren den 19. März als Gedenktag. (Vgl. auch H o e n, Der Winter 1915/16 [Schwarte, V, 198]; Feichtmeier, Nachtgefechte. Der Rückzug der Besatzung der Schanze Uscieczko am 19./20. März 1916 [Mil. wiss. Mitt, Wien, Jahrg. 1926, 141 ff.]).

20

)    Oberleutnant Hermann Kirchner des Bataillons IV/42 zeichnete sich bei dieser Gelegenheit besonders aus, wofür ihm das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens zuerkannt wurde. Vgl.: Der Heimat Söhne im Weltkrieg, Der 42er, Dezemberheft 1932 sowie Jahrgang 1933.

21

)    Die Gebirgsbatterien taten sich bei diesen Kämpfen besonders hervor. Im österreichischen Bundesheere feiern die Gebirgsbatterien des Selbständigen Artillerieregiments als Nachfolger des GbAR. 2 den 17. Mai als Gedenktag.

22

)    Bemerkenswert ist die vom Heeresgruppenkmdo. beantragte Zusammensetzung des Kavalleriekörpers. Es sollte eine Brigade sein zu etwa 8 Schwadronen mit möglichst viel Maschinengewehren und mehreren reitenden Batterien sowie zahlreichen technischen Hilfsmitteln.

23

)    Nach Cadorna, La guerra, I, 233, erfolgte der Rückzug am 27. Mai.

24

   Lemke, 348.

2)    Broussilov, 203.

25

3)    Zajontschkowskij, 16.

26

4)    Klembowski, Beilage 5. — Zajontschkowskij, 20.

27

) Schön, Die 29. ID. am Stochod, 46. — IR. 94 im Weltkriege, 505 ff.

28

“) Sobbe, 283 f.

29

)    Stengel, Das k. bayr. 3. Infanterie-Regiment (München 1924), 67. f. — Mayer, Das k. bayr. 22. Infanterie-Regiment (München 1923), 58.

30

4)    Bernhardi, Denkwürdigkeiten, 437.

31

   Kuh 1, Weltkrieg, I, 492.

32

2)    Schwarte, Der deutsche Landkrieg, II, 478.

33

3)    Klembowski, 73. — K n o x, II, 456.

34

4)    Zajontschkowskij. 43.

35

j Nach K 1 e m b o \v s k i, 80, stellte man folgendes Kräfteverhältnis auf:

3., 8. Armee und Garde ....    247.000 Gewehre gegen 114.000 der Verbündeten

11. Armee..................163.000    „    „    131.000    „    „

7. Armee..................157.000    „    „    87.000    ,,    „

9. Armee..................144.000    „    „    89.000    „    „

Summe .    .    711.000 Gewehre gegen 421.000 der Verbündeten

K 1 e m b o w s k i, 76. — Zajontschkowskij, 48.

36

/ Da über diese Kriegshandlung nur spärliche italienische Quellen vorliegen, ist die Darstellung bei Beurteilung der Kräfteverhältnisse größtenteils auf das seinerzeitige Nachrichtenmaterial des Heeresgruppenkmdos. Erzherzog Eugen angewiesen.

37

) Das Ortlergeschütz wurde in zwei Tagen von seinem 1598 m hoch gelegenen Standpunkt in die auf 3860 m Höhe ausgemittelte Stellung gebracht. Der Transport des zweiten Geschützes wurde in einem Tage bewerkstelligt (Lempruch, Der König der deutschen Alpen und seine Helden [Stuttgart 1925J, 47).

38

j „Die von einem kriegserfahrenen und im Gebirgskrieg geschulten Gegner

39

j Die 106. LstlD. hatte in den dreitägigen Kämpfen Verluste von 70 Toten, 785 Verwundeten und 545 Vermißten zu beklagen.

40

) Eine eingehende Darstellung dieses Gasangriffes, verfaßt von Mjr. des öst. Bundesheeres Dr. R e n d u 1 i ć, ist in den Mil. wiss. Mitt., Wien, Jhrg. 1926. November-Dezemberheft. enthalten.